Inauguraldissertation

zur Erlangung des akademischen Grades

eines Doktors der Philosophie

der Philosophischen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität

Untersuchungen zur Bedeutung von Gewalt und Aggression

im Neolithikum Deutschlands unter besonderer Berücksichtigung Norddeutschlands

von Gundula Lidke Dekan: Dr. Manfred Bornewasser

Erstgutachter: Prof. Dr. G. Mangelsdorf, Greifswald Zweitgutachter: PD Dr. Th. Terberger, Greifswald

Tag der Disputation: 10.06.2005

2 Inhalt

Seite

Kurzzusammenfassung 6 Abstract 6

Vorwort 7 Intro I 8 Intro II 9

1. Einleitung 10 1.1 Einführung 10 1.2 Ziel der Arbeit 11

2. Gegenstand der Arbeit 15 2.1 Material und Methoden 15 2.2 Quellenkritik 16

3. Übergreifende Aspekte 19 3.1 Begriffsdefinitionen und weiterführende Diskussion 19 3.1.1 Aggression 19 3.1.2 Gewalt 22 3.1.3 Krieg 23 3.2 Gewalt und Aggression aus der Sicht der archäologischen Forschung 32 3.3 Gewalt und Aggression aus der Sicht ethnographischer und ethnologischer Forschungen 39 3.4 Läsionen und Manipulationen an Schädeln – Traumata und Trepanationen 46 3.4.1 Traumata – Definition und Erscheinungsformen 46 3.4.2 Trepanationen – Definition und Erscheinungsformen 49 3.4.3 Zum Zusammenhang von Traumata und Trepanationen 53 3.4.4 Häufigkeit von Schädelläsionen in rezenter Zeit 56

4. Belege für Läsionen und Verletzungen im Paläolithikum und Mesolithikum 58 4.1 Paläolithikum 58 4.2 Mesolithikum 61

5. Schädelmanipulationen des Neolithikums in Norddeutschland 72 5.1 Mecklenburg-Vorpommern 72 5.1.1 Material 72 5.1.2 Schädeltrepanationen 73 5.1.3 Schädeltraumata 77 5.1.4 Übersicht und Vergleich 79 5.1.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen 80 5.1.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte 80 5.1.4.3 Chronologische und kulturelle Verbreitung 82 5.1.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial 84 5.2 Schleswig-Holstein 85 5.2.1 Material 85 5.2.2 Schädeltrepanationen 86 5.2.3 Schädeltraumata 88 5.2.4 Übersicht und Vergleich 89 5.2.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen 90 5.2.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte 90

3 5.2.4.3 Chronologische und kulturelle Verbreitung 91 5.2.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial 91 5.3 Niedersachsen 91 5.3.1 Material 91 5.3.2 Schädeltrepanationen 93 5.3.3 Schädeltraumata 95 5.3.4 Übersicht und Vergleich 95 5.3.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen 96 5.3.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte 96 5.3.4.3 Chronologische und kulturelle Verteilung 96 5.3.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial 97 5.4 Brandenburg 97 5.4.1 Material 97 5.4.2 Schädeltrepanationen 99 5.4.3 Schädeltraumata 101 5.4.4 Übersicht und Vergleich 101 5.4.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen 102 5.4.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte 102 5.4.4.3 Chronologische und kulturelle Verteilung 104 5.4.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial 105 5.5 Zusammenfassung 105

6. Schädelmanipulationen im restlichen Bundesgebiet 110 6.1 Baden-Württemberg 110 6.1.1 Schädeltrepanationen 110 6.1.2 Schädeltraumata 110 6.1.3 Übersicht und Vergleich 112 6.2 Bayern 118 6.2.1 Schädeltrepanationen 118 6.2.2 Schädeltraumata 118 6.2.3 Übersicht und Vergleich 119 6.3 Hessen 121 6.3.1 Schädeltrepanationen 121 6.3.2 Schädeltraumata 121 6.3.3 Übersicht und Vergleich 122 6.4 Nordrhein-Westfalen 123 6.4.1 Schädeltrepanationen 123 6.4.2 Schädeltraumata 124 6.4.3 Übersicht und Vergleich 124 6.5 Rheinland-Pfalz 125 6.5.1 Schädeltrepanationen 125 6.5.2 Schädeltraumata 125 6.5.3 Übersicht und Vergleich 125 6.6 Sachsen 126 6.6.1 Schädeltrepanationen 129 6.6.2 Schädeltraumata 126 6.6.3 Übersicht und Vergleich 127 6.7 Sachsen-Anhalt 128 6.7.1 Schädeltrepanationen 128 6.7.2 Schädeltraumata 129 6.7.3 Übersicht und Vergleich 129 6.8 Thüringen 133 6.8.1 Schädeltrepanationen 133 6.8.2 Schädeltraumata 134 6.8.3 Übersicht und Vergleich 135

7. Verletzungen durch Pfeilschuß 140 7.1 Allgemeine Aspekte 140 7.2 Pfeilschußverletzungen im Neolithikum Deutschlands 141

4 8. Postkraniale Verletzungen 146

9. Ergebnisse und Auswertung – Häufigkeit und Verbreitung von Manipulationen 150 9.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen 151 9.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Manipulationen am Schädel 152 9.3 Chronologische und kulturelle Häufigkeit 154 9.4 Geographische Verteilung 167 9.5 Anteil manipulierter Individuem am Gesamtmaterial 169 9.6 Vergleich mit anderen Regionen Europas 172 9.7 Vergleich mit der Frühbronzezeit 176

10. Hinweise auf Aggression und Gewalt im kulturgeschichtlichen Zusammenhang 179 10.1 Indirekte Hinweise zu Gewalt und Aggression im Neolithikum 179 10.1.1 Zur Siedlungsweise des Neolithikums 179 10.1.1.1 Zur Frage von “Besitz” und “Eigentum” 179 10.1.1.2 Siedlungsformen 180 10.1.1.3 Befestigte und angegriffene Siedlungen im Neolithikum? 187 10.1.2 Waffen und Geräte im Neolithikum 190 10.1.2.1 Zur Begriffsdiskussion “Waffe” - “Gerät” - “Werkzeug” 190 10.1.2.2 Äxte, Beile und Keulen 191 10.1.2.3 Pfeil und Bogen 195 10.1.2.4 Messer, Dolche und Schwerter 197 10.1.2.5 Sonstige Waffen und Geräte 198 10.1.2.6 Defensive bzw. Schutzwaffen 199 10.1.3 Kult und Gewalt im Neolithikum 200 10.1.3.1 “Kult” und “Opfer” – Definitionen und weitere Aspekte 200 10.1.3.2 Mit Gewalt verbundene Kulthandlungen im Neolithikum – Sach- u. Tieropfer 203 10.1.3.3 Menschenopfer im Neolithikum? 204 10.1.3.4 Schädelkult und Schädelamulette 210 10.2 Gesellschaftliche Aspekte 212 10.2.1 Behandlung manipulierter Individuen im Totenbrauchtum 212 10.2.2 Gewalt innerhalb und außerhalb der Gruppe 215 10.2.3 Phasen kulturellen Wandels – Phasen der Krise? 217 10.2.4 Zur Rolle der Medizin im Neolithikum 219

11. Zusammenfassung 221

12. Literatur 227

13. Abkürzungsverzeichnis 265

14. Katalog 266

Tafeln 306

Karten 341

Lebenslauf 356

Eidesstattliche Erklärung und Eidesstattliche Versicherung 357

5 Kurzzusammenfassung Neue Entdeckungen haben gezeigt, daß Aggression und Gewalt innerhalb der kulturellen Entwicklung der Jungsteinzeit von Bedeutung waren. Die vorliegende Arbeit analysiert das Ausmaß der an Schädelresten sichtbaren, auf Gewalteinwirkung zurückgehenden Manipulationen (Trepanationen und Traumata) für das Neolithikum Deutschlands. Besondere Berücksichtigung findet Norddeutschland (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg). Für dieses Gebiet konnten 320 Schädel direkt analysiert werden, von denen 28 Manipulationen aufwiesen. Zusätzlich wurden für das restliche Bundesgebiet Belege anhand der Literatur zusammengetragen, so daß insgesamt 178 manipulierte Schädel- und Knochenreste dokumentiert werden können. 132 Fälle von Traumata und 53 Fälle von Trepanationen werden analysiert. Der Zusammenhang zwischen Traumata und Trepanationen wird diskutiert; zahlreiche chirurgische Eingriffe an Schädeln sind als Versorgungen von Kopfverletzungen zu sehen. Darüber hinaus ergab eine Überprüfung von Bereichen wie Siedlungsweise, Waffen- und Gerätespektrum, Kult und gesellschaftlicher Organisation zahlreiche weitere Indizien. Insgesamt können Aggression und Gewalt als Bestandteile neolithischen Lebens betrachtet werden, wobei ihre Häufigkeit in verschiedenen Kulturgruppen unterschiedlich ausfällt.

Abstract New discoveries have shown aggression and violence to be important features of cultural development. This dissertation presents an analysis of traces of manipulation due to violence visible on skull material (trepanations and traumata) from the German Neolithic. Special attention was given to Northern (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, and Brandendenburg). Altogether 320 skulls from this area were analysed, 28 of which showed traces of manipulation. Additionally, cases from the rest of Germany were collected from literature; so altogether 178 individuals with traces of manipulations can be discussed. 132 cases of traumata and 53 cases of trepanations are analysed. The connection between traumata and trepanations is discussed; many surgical interventions on skulls may in fact represent treatment of head wounds. Additionally, Neolithic settlement structures, weapons and tools of the time, ritual acts and social structures were checked for signs of aggression and violence. Altogether aggression and violence are to be regarded as regular features of Neolithic life, with differing amounts among various cultural groups.

6 Vorwort

Diese Arbeit ist aus der mehrjährigen Beschäftigung mit neolithischen Schädel- manipulationen entstanden; Teilaspekte des Themas gingen bereits in meine 1998 vorgelegte Magisterarbeit „Aspekte der Schädeltrepanation im Neolithikum Mecklenburg-Vorpommerns und angrenzender Gebiete“ ein. Die Dissertation wurde im Januar 2005 an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald vorgelegt, die Disputation erfolgte am 10. Juni 2005. Bis zur Vorlage in dieser Form verging geraume Zeit, Änderungen und Ergänzungen konnten jedoch nur in begrenzter Zahl erfolgen.

Für die Betreuung der Dissertation bedanke ich mich sehr herzlich bei Prof. Dr. G. Mangelsdorf, der dem Thema dieser Arbeit sehr aufgeschlossen gegenüberstand und mir stets Rat und Unterstützung zuteil werden ließ. Herzlicher Dank gilt auch PD Dr. Th. Terberger für zahlreiche Ratschläge und Hinweise. Für Informationen und Hinweise zu medizinischen Aspekten des Themas danke ich Prof. Dr. J. Piek.

Außerdem gilt mein Dank den Mitarbeitern der Museen und Institutionen, die mir die Sichtung von Schädelmaterial und zugehörigen Dokumentationen in Mecklenburg- Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg ermöglichten. Zu nennen sind besonders Dr. F. Lüth vom Landesamt für Bodendenkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern, Prof. Dr. C. v. Carnap- Bornheim und Dr. I. Ulbricht vom Archäologischen Landesmuseum Schleswig- Holstein, Prof. Dr. W. Schlüter von der Archäologischen Denkmalpflege Osnabrück, Dr. U. Weller vom Niedersächsischen Landesmuseum Hannover, W. Steinmetz M.A. von der Archäologischen Sammlung der Außenstelle des Braunschweigischen Landesmuseums Wolfenbüttel und Dr. R. Smolnik vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum sowie W. Blaschke vom Heimatmuseum Angermünde. Dr. F. Lüth, Prof. Dr. C. v. Carnap-Bornheim und W. Blaschke gilt besonderer Dank für die Erlaubnis zur Probenentnahme an Schädelmaterial für Radiokarbondatierungen. Die Finanzierung der Datierungen übernahm freundlicherweise Prof. Dr. J. Piek. Schädelmaterial aus Mecklenburg-Vorpommern konnte an der Universität Greifswald radiologisch untersucht werden; hierfür ist Prof. Dr. J. Piek und Dr. U. v. Smekal zu danken. Die Untersuchung eines weiteren Schädels unternahm dankenswerterweise Dr. K.-H. Schweim, . Informationen zu Material stellten auch B. Arndt M.A., Göttingen, Dr. E. Cosack, Hannover, Dr. A. Czarnetzki, Tübingen, K. Hirsch, Kiel, und Dr. R. Kossian, Göttingen, zur Verfügung, wofür ich ihnen ebenfalls danke.

Meinen Eltern danke ich für ihr Vertrauen und ihre Unterstützung; diese Arbeit ist ihnen gewidmet.

Die Arbeit wurde nach den Regeln der alten Rechtschreibung verfaßt.

Gundula Lidke Berlin, im März 2008

7 Intro I

TALKING TO A SKULL

speak to me

your empty eye sockets

staring right through me

your hollow cheeks

ignorant to every touch

your naked teeth

grinning at something

or someone only you know

tell me

what secrets did you whisper

to the sky above you

and what did the darkness reveal to you

during all the long years of earth and stone

while the stars and the oceans

changed their ways?

listen to me ...

Gundula Lidke April 2004

8 Intro II

„Glaubt Ihr denn, daß sich die Menschen schon immer gegenseitig niedergehauen haben, wie heute? Waren sie schon immer Lügner und Betrüger, Verräter, Undankbare, Straßenräuber, Schwächlinge, Flatterhafte, Feiglinge, Neidhammel, Fresser und Säufer, Geizhälse, Ehrgeizlinge, Blutsäufer, Verleumder, Wüstlinge, Fanatiker, Heuchler und Narren?“ „Glaubt Ihr“, fragte Martin, „daß die Sperber immer Tauben schlugen, wenn sie welche fanden?“ „Ja, zweifellos“, antwortete Candide. „Nun denn!“ sagte Martin, „wenn die Sperber immer das gleiche Wesen hatten, warum sollten dann die Menschen das ihre geändert haben?“

Voltaire, CANDIDE , Der Optimismus München 2003, S. 81

9 1. Einleitung

1.1 Einführung Bei der Erforschung der Vorgeschichte ab der Bronzezeit spielt die Betrachtung von Gewaltakten und kriegerischen Handlungen in der Regel eine prominente Rolle; der Nachweis von Waffen unterschiedlicher Art, Rüstungen und Befestigungsanlagen läßt keinen Zweifel an der Existenz derartiger Phänomene zu. Diesem Aspekt bronzezeitlichen Lebens wird auch in Übersichtswerken nahezu selbstverständlich Raum gegeben.1 Für nachfolgende Zeit- und Kulturepochen gilt dies ebenso. Für das vorausgehende Neolithikum ist eine derartige Betrachtungsweise noch immer nicht selbstverständlich.2 Dabei ist es schwer vorstellbar, daß erst mit der Verwendung bronzener Geräte und Waffen Gewaltakte individueller oder gemeinschaftlicher Art Bestandteil der menschlichen Lebenswelt geworden sein sollen. Nachweise von Verletzungen an Skelettresten deuten darauf hin, daß bereits in der Altsteinzeit derartige Ereignisse vorkamen. Für das Mesolithikum liegen eindeutige Belege für aggressive zwischenmenschliche Akte vor, die sich in Verletzungsspuren an Skelettresten äußern. Zahlreiche Befunde legen ein vergleichbares Bild auch für die Jungsteinzeit nahe.

In Mesopotamien führten mindestens seit dem 3. Jt. BC Stadtstaaten Kriege gegeneinander. Gewalt als legitimiertes Mittel politischer Handlungen und Strategien ist seit dem 4. Jt. BC nachgewiesen.3 Grabungen in Hamoukar im Norden Syriens liefern Hinweise, daß organisierte Kriegführung in größerem Maßstab stattfand.4 Sargon von Akkad gründete um 2350 BC auf militärischer Machtbasis ein erstes Großreich, das sich vom persischen Golf bis zum Mittelmeer erstreckte.5 Für Europa, das zu dieser Zeit noch keine schriftliche Überlieferung kannte, legen die archäologischen Befunde einen weniger spezifizierten gesellschaftlichen Rahmen nahe; gleichwohl kann auch hier vom Vorkommen von Aggression und Gewalt in unterschiedlicher Prägung ausgegangen werden.

Prominentestes Opfer einer neolithischen Gewalttat ist zweifellos die Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen. War bereits in ersten Veröffentlichungen die Rede von einem rechtsseitigen Serienrippenbruch, der sich kurz vor dem Tod des Mannes ereignet haben muß,6 allerdings auch Folge eines normalen Sturzes gewesen sein könnte, so zeigten neuere Untersuchungen, daß der „Mann im Eis“

1 Vgl. etwa: Götter und Helden der Bronzezeit 1999, oder Harding 2000, 271-307. 2 Etwa Whittle 1992, der in seinem Überblick zum neolithischen Europa auf Gewalt und Aggression nicht eingeht. Malone 2001 erwähnt in “Neolithic Britain and Ireland“ zwar Zerstörungshorizonte in Hambledon Hill, diskutiert das Phänomen in der Beschreibung von Kultur und Gesellschaft aber nicht näher. 3 In Form bildlicher Darstellungen, etwa Stelen, Reliefs oder Siegelabrollungen, finden sich Zeugnisse für kriegerische Auseinandersetzungen, marschierende Heere, Zweikämpfe und das Töten von Gefangenen. Dazu Heinz 1998. 4 Grabungen der Universität Chicago; u. a. Nachweis von über 2000 Geschossen aus Ton. Quelle: http://www- news.uchicago.edu/releases/05/051216.hamoukar.shtml 5 Egg/Pare 1995, 19. 6 Spindler 1993, 207. 10 definitiv ein gewaltsames Ende fand. Bei einer radiologischen Untersuchung wurde eine 21 mm lange und 17 mm breite Pfeilspitze unter dem linken Schulterblatt entdeckt.7 Darüber hinaus konnten schwere, bis auf den Mittelhandknochen reichende Schnittverletzungen zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand festgestellt werden, die dem Mann wohl ebenfalls kurz vor seinem Tod zugefügt wurden.8 Zu rekonstruieren ist wohl, daß der Mann in Auseinandersetzungen mit wahrscheinlich mehreren Gegnern verwickelt war, in deren Verlauf er im Nahkampf an der Hand und durch einen Pfeilschuß von hinten verletzt wurde; Ursache seines Todes waren Blutungen infolge der Pfeilschußverletzung.9 Auch ein Schlag auf die rechte Schädelseite kann nicht ausgeschlossen werden.10

1.2 Ziel der Arbeit Ziel der Arbeit ist es, durch die Betrachtung direkter und indirekter Nachweise von Gewaltanwendung ein genaueres Bild vom Ausmaß zu gewinnen, in dem Aggression und Gewalt im Neolithikum Deutschlands eine Rolle spielten. Als direkte Belege werden dabei Skelettreste mit Verletzungsspuren gewertet, wobei Läsionen des Schädels – Traumata und Trepanationen – besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, da der Schädel in interpersonellen Auseinandersetzungen regelmäßig als Ziel gilt. Daneben spielen Verletzungen durch Pfeilschüsse, die durch in den den Knochen befindliche Projektile nachgewiesen werden können, eine Rolle. Verletzungen des postkranialen Skeletts sollen nur ansatzweise diskutiert werden, da diese häufig auf Unfälle zurückgehen dürften. Bei der Diskussion der erhobenen Manipulationen sollen anthropologische Aspekte, wie Alter und Geschlecht betroffener Individuen, ebenso eine Rolle spielen wie Aussagen zu Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Läsionen. Daneben sollen die chronologische und kulturelle sowie die geographische Verteilung derartiger Nachweise diskutiert werden. Aussagen zu anderen Regionen Europas und der Vergleich mit Mesolithikum und Frühbronzezeit werden die neolithischen Belege in einen größeren Zusammenhang einordnen. Im Anschluß sollen das Siedlungswesen, das Waffen- und Gerätespektrum sowie Hinweise auf Kulthandlungen auf indirekte Hinweise für Gewalt und Aggression

7 Stockinger 2001. 8 Artikel „Ötzis Tod in neuem Licht“. GEO 5/2001, 196 f. Zur Annahme eines Kampfes unmittelbar vor seinem Tod würde passen, daß der Mann sein Flintmesser offenbar noch bei der Auffindung mit der – verletzten – Hand umklammert hielt. 9 Nach neueren Untersuchungen soll die Wunde an der Hand mindestens 12–18 Stunden alt, aber nicht älter als drei Tage sein. Der Schußkanal der Pfeilwunde zeigt keinerlei Heilungsreaktionen. An der linken Hand, dem rechten Oberarm sowie der linken Brustseite sollen ebenfalls Verletzungen und Hämatome erkannt worden sein. (Engeln 2004, 76-78). Nach Angaben des Pathologen E. Egarter-Vigl, die im September 2006 durch die Presse gingen, ist der Mann nach dem Treffer binnen Minuten verblutet, da die Pfeilspitze die Hauptschlagader unter dem Schulterblatt verletzt hatte. 10 Lippert et al. 2007. 11 überprüft werden. Abschließend werden gesellschaftliche Aspekte der neolithischen Kulturen im Zusammenhang mit Aggression und Gewalt betrachtet.

Zu Beginn der Arbeit soll eine Klärung der Begriffe „Aggression“, „Gewalt“ und „Krieg“ erfolgen. Dabei ist auch nach der Anwendbarkeit bestimmter Begriffe auf den Arbeitszeitraum Neolithikum zu fragen; zudem werden die Begriffe in einem größeren Rahmen diskutiert. Danach sollen Haltung, Stand und Probleme der archäologischen Forschung zu diesem Themenkomplex kurz näher beleuchtet werden. Außerdem werden themenbezogene Informationen aus Ethnologie und Ethnographie vorgestellt; gleichzeitig wird ihre Vergleichbarkeit mit Erkenntnissen zur Jungsteinzeit diskutiert. Da verletzungsbedingte Läsionen und andere Manipulationen an Schädeln im Mittelpunkt der Arbeit stehen, sind diese Phänomene zunächst zu definieren. Dabei wird auf Erscheinungsformen verheilter wie unverheilter Traumata und Trepanationen eingegangen; zudem werden mögliche Zusammenhänge von Schädelverletzungen und operativen Eingriffen an Schädeln besprochen. Außerdem werden Angaben zur Häufigkeit von Traumata und Trepanationen aus Untersuchungen rezenten Materials vorgestellt. Um im Rahmen der Steinzeitforschung Vergleichspunkte für die Einordnung des im Zentrum stehenden neolithischen Materials zu gewinnen, folgen kurze Ausführungen zur Häufigkeit von Verletzungen, besonders des Schädels, die für das Paläolithikum und Mesolithikum gewonnen werden konnten.

Den Hauptteil der Arbeit bildet die Vorstellung und Diskussion von Belegen direkter Gewaltanwendung im archäologischen Fundmaterial des Neolithikums Deutschlands. Dies betrifft menschliche Skeletteile mit Manipulationen, die direkt auf die Anwendung von Gewalt zurückzuführen sind. Im Vordergrund stehen Schädel, die auf Gewalteinwirkung zurückzuführende Verletzungen in verheiltem oder unverheiltem Zustand und operative Eingriffe am Knochen (Trepanationen) aufweisen. Im Rahmen der Untersuchung der Trepanationen soll besonders geprüft werden, ob diese Eingriffe zumindest teilweise auf durch Gewaltanwendung erlittene Verletzungen des Schädels zurückzuführen sind. Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Betrachtung von Schädelmaterial aus Norddeutschland; d.h. den heutigen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein; Niedersachsen und Brandenburg. Hier handelt es sich um Material, das zum Großteil im Original gesichtet und dokumentiert werden konnte. Auch das zum Vergleich heranzuziehende nicht- manipulierte Schädelmaterial konnte für diese Bundesländer meist direkt aufgenommen werden. Zu Vergleichszwecken werden im Anschluß daran Manipulationen an Schädelmaterial (Traumata und Trepanationseingriffe) aus den übrigen Bundesländern Deutschlands vorgestellt. Dabei handelt es sich größtenteils um anhand der Literatur aufgenommene Belege.

12 Eine wesentliche Rolle für die Diskussion spielt insgesamt (sowohl für das direkt gesichtete als auch das anhand der Literatur ermittelte Material) die Betrachtung anthropologischer Aspekte, insbesondere die Ermittlung der Anteile männlicher und weiblicher Individuen mit Schädelmanipulationen. Unterscheiden sich diese bei Trepanationen und anderen Manipulationen an Schädeln? Läßt sich das in bisherigen Studien gewonnene Bild der Trepanation als ein vorwiegend auf männliche Individuen bezogenes Phänomen bestätigen? In welchen Altersgruppen lassen sich Trepanationen nachweisen? Gibt es Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Trepanationen und anderen Auffälligkeiten bzw. Veränderungen im Skelettmaterial, u. a. dem Auftreten von Verletzungen oder Krankheiten? In diesem Rahmen ist die Ermittlung des Anteils von Individuen mit Verletzungen bzw. Trepanationen an der jeweiligen Gesamtmenge von Bedeutung. Läßt sich der entsprechende Anteil manipulierter Individuen an der Gesamtpopulation verläßlich ermitteln? Entspricht ein heute nachweisbarer Anteil dem an der damaligen jeweiligen Gesamtpopulation oder ist mit Verzerrungen aufgrund der Knochenüberlieferung oder bestimmter gesellschaftlicher Aspekte (z.B. unterschiedliche Totenbehandlung aufgrund besonderer Rangstellung oder erlittener Manipulation) zu rechnen? Unterscheidet sich der Anteil dieser Individuen zur jeweiligen Gesamtmenge innerhalb einzelner Kulturgruppen? Ist es möglich, Änderungen dieses Anteils über einen längeren Zeitraum chronologisch zu fassen? Gibt es Kulturen bzw. Kulturgruppen, die sich durch ein erhöhtes Vorkommen derartiger Belege (oder durch ihr Fehlen) auszeichnen? Wie verhalten sich die Fallzahlen zur Menge des insgesamt pro Kultur überlieferten Skelettmaterials? Zeichnen sich Phasen vermehrten Auftretens von Verletzungen und Trepanationen ab?

Außerdem soll auf weitere Arten von Verletzungen eingegangen werden, die am Skelettmaterial zu beobachten sind. Hier stehen Pfeilschußverletzungen im Vordergrund, da sie zum größeren Teil auf gewaltsame Auseinandersetzungen zurückgehen dürften. Als Belege für Verletzungen durch Pfeilschuß gelten hierbei Knochen, in denen sich direkt eingeschossene Projektile nachweisen lassen bzw. Verletzungen, die ihrer Form nach auf Pojektile zurückgehen dürften. Allgemein am postkraniellen Skelettmaterial nachgewiesene Verletzungen wie Brüche sollen im Anschluß nur kurz gestreift werden, da in diesen Fällen wohl in der Mehrzahl von Unfallfolgen auszugehen ist. Weiterhin sollen indirekte Hinweise auf Aggression und Gewaltanwendung im archäologischen Fundmaterial jenseits der Skelettreste betrachtet werden. So werden Erkenntnisse zum Siedlungswesen der neolithischen Kulturen bzw. Kulturgruppen auf Aussagemöglichkeiten zum Thema hin überprüft. Besondere Beachtung verdient dabei das Auftreten befestigter Siedlungen, Höhensiedlungen oder Erdwerke in einzelnen Kulturgruppen. Zudem soll das Gerät- und Waffenspektrum des Neolithikums näher beleuchtet werden. Bei der Betrachtung gesellschaftlicher und sozialer Zusammenhänge gilt es auch Aspekte des kultisch-

13 rituellen Bereichs zu prüfen, etwa Hinweise auf Gewalt im Rahmen von Opferhandlungen. Die möglichst genaue Einordnung der direkten und indirekten Belege für Aggression und Gewaltanwendung in ihren Zusammenhang wird Aufschlüsse über die Häufigkeit von Fällen von Aggression und Gewaltanwendung geben. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage nach einer möglichen Häufung solcher Manipulationen in kulturellen „Übergangsphasen“, die eventuell als Zeiten erhöhten Gewaltpotentials angesehen werden können. Wichtig ist auch die Frage nach dem frühesten Auftreten (erst ab der Jungsteinzeit oder bereits in Wildbeutergemeinschaften?). Ergänzend ist zu prüfen, ob sich Hinweise darauf finden, daß Gewalt im täglichen Leben als etwas „Besonderes“ – im positiven oder negativen Sinne – wahrgenommen wurde und etwa Opfer von Gewalthandlungen eine spezielle Totenbehandlung erfuhren. Außerdem soll nach möglichen Ursachen für die Entstehung von Aggression in neolithischen Gesellschaften gefragt werden. Läßt sich differenzieren, ob Gewalt vorwiegend innerhalb einer Gemeinschaft eine Rolle spielte, oder ob sie primär gegen Mitglieder anderer Gemeinschaften gerichtet war? Kurz wird auch auf Medizin und kuratives Verhaltens allgemein innerhalb der Jungsteinzeit eingegangen. Abschließend erfolgen Zusammenschau und Vergleich der Ergebnisse. Insgesamt sind so Aussagen zur Häufigkeit und Bedeutung von Aggression und Gewaltanwendung im Neolithikum zu erwarten.

14 2. Gegenstand der Arbeit

2.1 Material und Methoden Den Hauptteil der Arbeit bildet die Zusammenstellung einer Übersicht manipulierter Schädel und Schädelreste der Jungsteinzeit, da Schädelläsionen mehr als andere am Skelettmaterial mitunter sichtbare Verletzungen Hinweise auf tätliche Auseinandersetzungen und damit auf Gewalt im menschlichen Leben geben. Dabei werden sowohl Trepanationen als auch Traumata erfaßt.

Das engere Arbeitsgebiet bildet Norddeutschland; darunter wird hier das Gebiet der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Nieder-sachsen und Brandenburg verstanden.11 Für diese vier Bundesländer wurde das vorliegende neolithische Schädelmaterial, soweit möglich, größtenteils im Original gesichtet. Dies betrifft nicht-manipulierte und manipulierte Schädel gleichermaßen.12 Schädel mit Manipulationen wurden, soweit möglich, fotografisch und zeichnerisch dokumentiert. Im Fall der manipulierten Schädel aus Mecklenburg-Vorpommern und eines Schädels aus Brandenburg konnten computertomographische Aufnahmen realisiert werden, was eine genaue Beurteilung und Dokumentation der beobachteten Veränderungen ermöglichte. An den manipulierten Schädeln aus Mecklenburg-Vorpommern sowie an je einem Schädel aus Brandenburg und Schleswig-Holstein konnten zur besseren chronologischen Einordnung Proben für AMS-Datierungen entnommen werden.

Für das restliche Bundesgebiet wurden Schädel des Neolithikums mit Manipulationen in Form von Traumata und Trepanationen anhand der Literatur aufgenommen. Dies dient einer repräsentativen Vorlage manipulierter Schädel für das Neolithikum Deutschlands und ermöglicht Vergleiche mit dem engeren Arbeitsgebiet Norddeutschland. Zusätzlich wurden Belege für Projektilverletzungen auch an postkranialem Skelettmaterial für das Bundesgebiet aufgenommen. Sämtliche Belege (Schädelmanipulationen und Projektilverletzungen) wurden in einem nach Bundesländern geordneten Katalog zusammengestellt. Die jeweils vorliegenden Befunde werden im Text nach diesem Prinzip vorgestellt. Vorangestellt ist dabei das engere Arbeitsgebiet Norddeutschland, dessen Befunde in ihrem jeweiligen Kontext ausführlich diskutiert werden.

11 Die Unterteilung nach modernen politischen Grenzen entspricht naturgemäß nicht neolithischen Kulturraumgrenzen. Sie wurde aufgrund einer besseren Übersichtlichkeit in der Aufnahme und Vorlage des Materials gewählt. Die brandenburgischen Belege stammen aus dem nördlichen Teil dieses Bundeslandes, so daß eine gemeinsame Abhandlung mit den anderen Ländern gerechtfertigt erscheint. Auf die Aufnahme Sachsen-Anhalts in das engere Arbeitsgebiet wurde verzichtet, da hier eine große Anzahl von Schädelmanipulationen aus dem südlichen Teil des Bundeslandes vorliegt, die einem anderen neolithischen kulturellen Rahmen angehören und nicht ohne weiteres mit den norddeutschen Befunden zu vergleichen sind. 12 Die Beschränkung auf Schädel und Schädelreste findet hier ein weiteres Argument, da aus dem engeren Arbeitsgebiet Norddeutschland ein Großteil des Materials aus Megalithgräbern stammt, so daß in der Regel kein Zusammenhang mit postkranialem Skelettmaterial gegeben ist. Auf die Zusammensetzung des Materials wird in den jeweiligen Kapiteln näher eingegangen. 15 Zur Besprechung möglicher indirekter Beleg zum Thema Gewalt und Aggression wurden Informationen und Belege etwa aus den Gebieten Siedlungswesen, Gerätformen und Kulthandlungen aus der Literatur aufgenommen.

Den chronologischen Zeitrahmen der Untersuchungen bildet das Neolithikum (zur chronologischen Übersicht vgl. Tafel 1). Zum Vergleich werden sowohl das Mesolithikum Deutschlands und Skandinaviens als auch die Frühbronzezeit herangezogen.

2.2 Quellenkritik Für die Erhebung von Daten zum Thema ergeben sich verschiedene Probleme, besonders im Hinblick auf Angaben zum Skelettmaterial. Für die Erhaltung von Skelettmaterial ist generell von unterschiedlichen Erhaltungsbedingungen, etwa aufgrund der Bodenbeschaffenheit, auszugehen. In kalkarmen sandigen, leichten Böden werden Knochen rasch zersetzt, so daß die der Forschung verfügbare Menge an Skelettresten – manipuliert und nicht-manipuliert – regional vergleichsweise sehr klein sein kann. Auch bei nur partiell oder schlecht erhaltenen Skelettresten sind die Aussagemöglichkeiten gerade im Hinblick auf Manipulationsspuren oft eingeschränkt. Die Erhaltungsbedingungen des geborgenen Knochenmaterials sind ebenso von Bedeutung. Einige Belege manipulierter Schädel sind durch Transporte bzw. (Um-) Lagerung etc. seit ihrer Erstpublikation beschädigt und liegen nicht mehr im beschriebenen Zustand vor; andere gelten als verschollen. In einigen Fällen ist Skelettmaterial (häufig infolge von Kriegsereignissen) nachweislich komplett zerstört bzw. verschwunden. Manipulationsspuren können so nicht mehr nachvollzogen bzw. überprüft werden. Dies wirkt sich besonders nachteilig in Fällen aus, wo Manipulationsspuren nicht durch Zeichnungen oder Fotos dokumentiert wurden.

Weitere Verzerrungen treten durch kulturelle Gegebenheiten der neolithischen Gemeinschaften auf. Hier sind besonders unterschiedliche Bestattungssitten zu nennen. Brandbestattungen, wie sie etwa die Schönfelder Kultur vornahm, hinterlassen aufwendiger und oft nicht sicher zu beurteilende Überreste. Andere Kulturen fallen durch äußerst vielfältigen Bestattungsbrauch auf. Insgesamt ist für das Neolithikum mit einer Vielzahl möglicher Bestattungssitten zu rechnen, bis hin zu Formen, die keine Spuren im archäologischen Befund hinterlassen.13 Hinzu tritt die ungenügende chronologische Differenzierung der Befunde der einzelnen Kulturen untereinander. Meist können Skelettreste mit Manipulationsspuren nur über Beifunde oder Grabbeigaben chronologisch fixiert

13 Diskutiert werden allgemein u. a. Formen wie Bestattungen in Gewässern, in Bäumen oder auf speziellen Plattformen. Solche und andere Formen sind anhand ethnographischer Nachweise bekannt. Dazu kommen noch Formen wie etwa Aussetzen und absichtliches Nicht-Bestatten von Leichnamen. Zur Diskussion u. a. Peter- Röcher 1997a, b. 16 werden. Hier ist ein Mangel an Direktdatierungen des Knochenmaterials festzustellen. Diese könnten in Fällen, in denen die chronologische und kulturelle Stellung des Materials nicht sicher ist, Klarheit verschaffen,14 und darüber hinaus das Material längerwährender Kulturgruppen, wie etwa der Schnurkeramik, deutlicher voneinander abgrenzen. Damit würden feinchronologische Aussagen möglich, die auch Erkenntnis darüber vermitteln könnten, ob etwa während bestimmter Phasen einer Kultur Gewaltereignisse häufiger auftraten.

Der Forschungsstand zum Neolithikum variiert in verschiedenen Regionen. Traditionell ist gerade der mitteldeutsche Raum Gegenstand zahlreicher Untersuchungen; hier liegt auch eine höhere Anzahl von relevanten Skelettresten vor. Aus Süddeutschland sind durch neuere Forschungen wichtige Befunde bekanntgeworden. Für Gebiete, in denen bestimmte Aspekte des Neolithikums systematisch erforscht wurden, können größere Mengen an Skelettmaterial zugrunde gelegt werden. Hier sei etwa das durch E. Schuldt initiierte Programm zur Erforschung der Megalithgräber in Mecklenburg-Vorpommern erwähnt.15 Es stellt sich die Frage, ob Gegenden, in denen Faktoren wie etwa Bodenbeschaffenheit, variierende Bestattungssitten, Besiedlungslücken oder weniger rege Forschung in einer geringeren Menge auswertbarem Material resultierten, verläßlich mit materialreicheren Gebieten verglichen werden können. Bei der Aufnahme von Material anhand der Literatur, wie für einen Teil dieser Arbeit vorgenommen, ist zum einen der unterschiedlich ausführliche Stand der Angaben zu einzelnen Objekten zu berücksichtigen. Zum anderen ist zu bedenken, daß gerade anthropologische Untersuchungsmethoden ständig verfeinert werden und daher ältere Erkenntnisse zum Teil mit Vorsicht zu betrachten sind. Im Hinblick auf Manipulationsspuren haben Untersuchungen in den letzten Jahre deutlich genauere Ansprachen geliefert.16 Gerade in älterer Literatur finden sich häufig relativ unspezifische Angaben ohne Einzelheiten zu Alter und Geschlecht betroffener Individuen oder zu Größe, Lokalisation und Überleben der Läsionen. Handelt es sich dabei um Skelettmaterial, das aufgrund unterschiedlicher Umstände der Forschung nicht mehr zur Verfügung steht, können derartige Angaben nur unter Vorbehalt in eine Diskussion einbezogen werden. Übergreifende und vergleichende Untersuchungen werden erheblich dadurch behindert, daß ein Teil der manipulierten Schädel bisher nur unzureichend publiziert

14 In Fällen, wo Datierungen des Skelettmaterials erfolgten, wurden Nachweise für Manipulationen zum Teil völlig anderen Kulturgruppen als nach der Analyse der Beifunde zugeordnet. Vgl. Datierungen zu mehreren Schädeln aus Mecklenburg-Vorpommern, die (aus Megalithgräbern stammend und ohne direkte Beigabenassoziation) von Ausgräbern und frühen Bearbeitern der Kugelamphorenkultur zugewiesen wurden, durch AMS-Datierung jedoch der späten Einzelgrabkultur zugeordnet werden konnten. Dazu Terberger/Piek 1997; Lidke/Piek 1998. 15 Zusammenfassend: Schuldt 1972. 16 Nach Angaben von Dr. M. Teschler-Nicola, Wien, während der Tagung der AG Neolithikum in Hannover im Okt. 2004 fällt die Ansprache bestimmter Läsionen selbst in der Untersuchung von Skelettresten versierten Anthropologen teilweise schwer; manchmal werden anhand neuer Erkenntnisse bei der erneuten Durchsicht älteren Materials bestehende Manipulationsspuren neu erkannt. 17 ist, so daß in einigen Fällen wichtige Aussagen nicht getroffen werden können. Darüber hinaus existiert eine unbekannte Anzahl bisher überhaupt nicht vorgelegter Schädel.17 Aussagen zur Gesamtmenge und Anteilen manipulierter Schädel müssen so provisorisch bleiben. Auf der interpretativen Ebene ist erneut die große zeitliche Spanne des Neolithikums zu bedenken. Die jeweiligen Kulturen und Gruppen sind modern definierte und terminierte Einheiten, die auf der jeweiligen archäologisch fassbaren materiellen Kultur basieren und nicht mit ursprünglichen Gegebenheiten sozialer oder kultureller Organisation korrelieren müssen.18 Besonders langwährende Kulturen werden nicht über ihre gesamte Existenzdauer statisch gewesen sein. Gesellschaftliche und ideelle Veränderungen, möglicherweise mit Auswirkungen auf die Akzeptanz und Frequenz von Aggression und Gewalthandlungen, können sich auch im Verlauf einer Kultur abgespielt haben, ohne daß das archäologische Material dies erkennen lassen muß. Die ungenügende chronologische Differenzierung ist hier erneut als Problem zu nennen.

17 Nach mündl. Aussage von Dr. H. Bruchhaus, Jena, trifft dies etwa auf mehrere Schädel aus dem mitteldeutschen Raum zu. 18 Vgl. aber Beran 2000 zur möglichen Interpretation einzelner Gruppen als soziale Einheiten. 18 3. Übergreifende Aspekte

3.1 Begriffsdefinitionen und weiterführende Diskussion 3.1.1 Aggression Aggression kann allgemein als Versuch gesehen werden, eigene Interessen gegen Widerstand unter Androhung oder Anwendung von Gewalt durchzusetzen; sie kann sowohl bedrohlich als auch auf der bedrohten Seite zum Selbstschutz oder zur Selbstbehauptung eingesetzt werden. Unter aggressivem Verhalten wird ein Verhalten verstanden, das primär auf die Zufügung physischen, aber auch psychischen Schadens hinzielt. Allerdings ist die Unterscheidung zwischen absichtlich erfolgter und unabsichtlich bzw. zufällig erfolgter Schädigung nicht immer klar. Auch muß die Schädigung nicht das primäre Ziel einer aggressiven Handlung sein; diese kann Nebeneffekt des eigentlichen Zieles, beispielsweise der Aneignung oder Behauptung von Besitz, sein. Gewalt ist danach der Akt der in der Regel absichtlichen Zufügung eines gewöhnlich physischen Schadens. Ein Konflikt entsteht aus einer Situation differierender Interessen. In der höchsten Steigerung ist dann unter Krieg ein spezieller, gewöhnlich institutionalisierter Aggressionsakt zu verstehen, wobei die involvierten Individuen sich in Gruppen organisieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen.19

Zum Wesen der Aggressivität gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. So wird die Neigung zur Aggression zum einen als primärer Trieb gesehen (wie etwa Nahrungs- und Geschlechtstrieb), zum anderen als Reaktion des Organismus auf Frustration interpretiert und auch als erlerntes Verhalten bzw. Ergebnis eines Anpassungsvorganges erklärt.20 Im Verständnis der Ethologie ist aggressives Verhalten Angriffsverhalten im weitesten Sinn. Es kann sowohl intraspezifisch zwischen Artgenossen als auch interspezifisch zwischen Angehörigen verschiedener Arten vorkommen. Dabei sind Verteidigungsreaktionen und Konkurrenzverhalten sowie das Schädigen von Artgenossen eingeschlossen. Letzteres tritt vor allem auf, wenn eine Konfliktsituation vorliegt, in der um Ressourcen konkurriert wird, die jeweils knapp oder schwer teilbar sind; in der Regel stehen sie im Zusammenhang mit Nahrungsaufnahme bzw. Fortpflanzung. Eine Rolle spielt dabei auch die Abwägung von Kosten und Nutzen einer Auseinandersetzung; Individuen sollten bemüht sein, bei Bedarf Gewinn aus einer aggressiven Auseinandersetzung zu erzielen, die Risiken aber geringstmöglich zu halten. Nichtdestoweniger kommen auch unter Tieren Kämpfe vor, die mit dem Tod einer Partei enden. Dies geschieht meist im Zusammenhang mit Fortpflanzung in Verbindung mit der Eroberung oder Verteidigung eines Territoriums.21 Was aber motiviert aggressive Handlungsbereitschaft? Die Grundlagen der Problematik sind bis heute nicht endgültig geklärt und teilweise immer noch heftig

19 Groebel/Hinde 1989a, 3 ff. 20 Dazu Rauh 1969, 114; Groebel/Hinde 1989b; Herbert 1989; Eibl-Eibesfeld 1997, bes. 41-75. 21 Immelmann et al. 1996, 182. 19 umstritten. Kann von genetischen Grundlagen für Aggressivität ausgegangen werden? Welche Bedeutung haben Beeinflussungen durch Umweltfaktoren? Innerhalb einer Tierart ist das Ausmaß der intraspezifischen Aggressivität offenbar in gewissen Grenzen festgelegt. Populationen scheinen im Laufe der Evolution ein für die ihre ökologischen Bedingungen nützliches, angepaßtes Maß an intraspezifischer Aggression entwickelt zu haben.22 In Tierversuchen ergaben sich Hinweise sowohl auf zentralnervöse als auch hormonale Steuerung.23 Bei vielen Arten wirken Androgene aggressionsfördernd; auch Hormone der Nebenniere und der Hypophyse können offensichtlich die Aggressivität eines Tieres beeinflussen. Die genauen Zusammenhänge sind allerdings noch weitgehend ungeklärt. Von großer Bedeutung ist die in Tierversuchen nachgewiesene Bedeutung von Erfahrungseinflüssen. Dabei wurden in früher Jugend erfolgte Einwirkungen als überaus dauerhaft beschrieben.24 In natürlicher Umgebung sind sicher kognitive Faktoren und Umweltbedingungen gemeinsam verantwortlich.25 Insgesamt mag das Erbgut im Tierreich zwar für die artspezifische Menge der Aggression eine bestimmte Merkmalsbreite festlegen, jedoch wird die individuelle Ausformung von Umwelteinflüssen und der eigenen Erfahrung bestimmt.

In der Verwertung von Ergebnissen solcher Forschungen in der Diskussion um Aggression und Gewalttätigkeit beim Menschen ist zu berückichtigen, daß der Mensch, obwohl primär ein biologisches Wesen, sich in wesentlichen Punkten von anderen Tieren unterscheidet. Hier sind u.a. eine höhere Komplexitätsebene, eine hohe Subjektivität und die Gegenwärtigkeit ethischer Belange zu nennen. Die große Komplexität ist auf die Leistungsfähigkeit des menschlichen Hirns zurückzuführen. Hier besteht selbst gegenüber den höchstentwickelten Menschenaffen ein so großer Unterschied, daß er eher als qualitativ denn rein quantitativ bezeichnet wird. Die Aussagen der Verhaltenslehre, die schon komplexe Verhältnisse bei höheren Wirbeltieren nur vereinfacht wiedergeben können, müssen so zwangsläufig bei der Beschreibung des Menschen noch stärker verallgemeinern. Die Subjektivität sowohl der Forschenden als auch der Probanden läßt weitere Unschärfen im Hinblick auf Untersuchungsergebnisse entstehen. Soziale Verhaltensweisen fremder Kulturen sind nie ganz vorbehaltlos und vorurteilsfrei zu beschreiben. Darüber hinaus vermeidet ethisches Bewußtsein bei Forschungen am Menschen Bereiche wie etwa Leid, Schmerz, sexuelle Gewalt oder Tod.26

22 Ebd., 184. 23 Teils konnte aggressives Verhalten von Katzen und Affen innerhalb gewisser Grenzen durch Stimulation des Hypothalamus gesteuert werden. Allerdings reagierten die per Radiotransmitter stimulierten Tiere nicht in jedem Fall aggressiv, sondern nur, wenn in einer passenden Situation ein entsprechendes Ziel gegeben war; in der Regel ein rangniederer Artgenosse. Dazu Delgado 1969. 24 Immelmann et al. 1996, 185 f. Allgemein steigerten im Tierversuch auch Kampferfolge die spätere Aggression, wohingegen häufige Niederlagen sie dämpften. Je nach angewandter Dosis führen auch Schmerz und Frustration zu erhöhter Aggressivität. 25 Goldstein 1989, 13. 26 Immelmann et al. 1996, 241. 20 Die Frage nach angeborenen und nach erlernten Verhaltensanteilen wird, auch im Hinblick auf das Thema Aggression beim Menschen, besonders intensiv diskutiert. Allerdings gibt es nicht einmal für eher allgemeine Fälle – in der Regel Beobachtungen an Säuglingen und Kleinkindern – gesicherte Befunde über die Ontogenese einzelner Verhaltensleistungen.27 Aufgrund von starken Verflechtungen von Umwelteinflüssen und Erbinformationen ist es überaus schwierig, Aussagen zu erfahrungsunabhängigen bzw. ererbten Verhaltensweisen beim Menschen zu treffen. In einigen Fällen werden genetische Abweichungen für das mögliche Auftreten erhöhter Aggressionsbereitschaft verantwortlich gemacht.28 Für das menschliche Verhalten sind sicher wechselnde Handlungsbereitschaften von Bedeutung. Durch Lernen und Nachdenken läuft Verhalten in der Regel eher reflektiert ab. Zwar liegen wahrscheinlich primitive Steuermechanismen vor, jedoch werden sie meist durch Reflektieren überdeckt und damit kontrolliert. Allerdings mag es Bereiche geben, in denen die primitive Steuerung ein größeres Gewicht gewinnt, etwa in physischen und psychischen Grenzsituationen.29 Studien wie das Milgram- und das Stanford-Experiment30 zeigen zudem, daß Menschen häufig mehr als bereit sind, Mitmenschen ohne Zwang Schmerzen zuzufügen. Zumeist als überholt gilt heute die Anfang der 1960er Jahre von Konrad Lorenz entwickelte Theorie, aggressives Verhalten erfülle Funktionen im Dienste des Überlebens und sei so durch stammesgeschichtliche Anpassung programmiert; ein angeborener Aggressionstrieb treibe zum Kampf mit Artgenossen.31 Diese Theorie beruhte auf Lorenz‘ Beobachtungen an Tieren und wurde von ihm auch auf den Menschen übertragen. Lorenz selbst sprach allerdings nie von einem unbezähmbaren Trieb zur Aggression, sondern hielt sie im Gegenteil für eine große Gefahr, der begegnet werden müsse. Gegensätzlich wird die These vertreten, Aggression beim Menschen sei eine rein erlernte Handlung. Deren Vertreter stützen sich dabei vorwiegend auf Beispiele angeblich vollkommen friedlich lebender rezenter Wildbeuter.32 Es ist nicht zu bestreiten, daß der Mensch aufgrund angeborener Charakteristika zu aggressivem Handeln fähig ist. Die Auffassung, in der Aggression allein eine erlernte Verhaltensweise zu sehen, stellt nur einen Teilaspekt der Gesamtthematik dar, da sie

27 Nur in Sonderfällen ergaben sich relativ sichere Hinweise; so wurde an taubblind geborenen Kindern das Vorkommen mimischer und gestischer Grundmuster beobachtet: Eibl-Eibesfeldt 1973. 28 Die 2001 vorgelegte erste Genomkarte des Menschen zeigt auf, daß der Mensch nur etwa 30.000 Gene aufweist; weit weniger als ursprünglich angenommen. Somit kann Umwelteinflüssen große Relevanz bei der Entwicklung menschlichen Verhaltens zugeschrieben werden. Andererseits können bestimmte genetische Varianten offenbar Ausprägungen von Verhaltensweisen beeinflussen: eine Studie zur Variante des Maoa-Gens stellte fest, daß mißhandelte Kinder im späteren Leben besonders häufig aggressiv reagieren, wenn sie eine bestimmte genetische Variante aufweisen. Auch hier ist allerdings das Zusammenspiel von Gen und eigenem Erleben von Relevanz. Zur Häufigkeit einer Chromosomenabweichung (XYY-Häufigkeit) bei Männern, die mit erhöhter Aggressionsbereitschaft in Verbindung gebracht wird: Goldstein 1989; Manning 1989. Die Bedeutung des Erlernens von aggressivem Verhalten zum Erreichen eigener Ziele wird auch in ethnographischen Studien betont; dazu etwa Fry 1994. 29 Dies umso mehr bei spontanen aggressiven Akten, wie etwa dem Zuschlagen im Jähzorn oder im Rausch. Zur Bedeutung der Angst als Faktor für menschliches Handeln: Eibl-Eibesfeld/Sütterlin 1992. 30 Milgram 1974. Zum Stanford Prison Experiment vgl. www.prisonexp.org. 31 Lorenz 1963. 32 Darauf aufbauend wurde eine friedliche Urgeschichte des Menschen konstruiert. Vgl. etwa Montagu 1974. 21 die evolutionäre Herkunft des Menschen und sein biologisches Erbe negiert. Beim Menschen ist die intraspezifische Aggressivität stark von der jeweiligen Kultur und den Wertesystemen, die ihr zugrundeliegen, geprägt. Die Aggressionstendenz ist bei unterschiedlichen Gruppen, aber auch bei unterschiedlichen Individuen einer Gruppe verschieden ausgeprägt. Bestimmt wird sie durch gewisse Milieufaktoren, wobei Erziehung und soziale Bindungen wesentliche Rollen spielen. Der Mensch ist seinen „aggressiven Möglichkeiten“ nicht biologisch unabdingbar ausgeliefert; er hat die Möglichkeit, reaktiv, durch Lernen und soziale Erfahrung, Einfluß zu nehmen.33

Beobachtungen an freilebenden Schimpansen ergaben bei diesen eine Reihe aggressiver Verhaltensweisen, beispielweise in der Etablierung und Aufrechterhaltung einer Rangordnung innerhalb einer Gruppe, aber auch bei der Jagd auf Beutetiere. Extreme Aggression zeigte sich in einem Zwischengruppenkonflikt, in welchem bei brutalen Angriffen Mitglieder der kleineren Gruppe getötet wurden.34 Der Gebrauch von Steinen als Wurfgeschosse zur Vertreibung von Pavianen ist belegt,35 neueste Beobachtungen weisen darauf hin, daß auch die gesteigerte Form der Innergruppenaggression, der aggressive Gebrauch von Gegenständen gegen Artgenossen, vorkommt.36

3.1.2 Gewalt Der deutsche Begriff Gewalt vereint die lateinischen Begriffe potestas und violentia; ersteres meint die Ausübung von Gewalt im Sinne von Macht, die die Durchsetzung von Normen ermöglicht, letzteres meint mit Verletzung und Zerstörung das genaue Gegenteil. Formal betrachtet umschreibt Gewalt die Fähigkeit, sich gegen Widerstand durchzusetzen.37 In der zwischenmenschlichen Interaktion ist Gewalt eine aggressive Handlung mit Schadensintention. Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit des Menschen, aggressiv zu handeln. Dabei sind verschiedene Abstufungen von psychischer hin zu physischer Schädigung möglich; als höchste Stufe gilt der Krieg.38 Gewalt im Sinne der Gesetzgebung ist jedes Mittel, mit dem auf den Willen oder das Verhalten eines anderen durch ein gegenwärtiges empfindliches Übel eine Zwangswirkung ausgeübt wird, d.h. jedes Vorgehen, das bestimmt oder geeignet ist, einen tatsächlich geleisteten oder als bevorstehend gefürchteten Widerstand des zu Nötigenden dadurch zu überwinden, daß ihm ohne sein Einverständnis die Willensbildung oder Willensbetätigung unmöglich gemacht wird, oder daß ihm durch

33 Feshbach 1989. Dabei kann durch gezielte Einflußnahme umgekehrt auch eine Steigerung der Aggressionsbereitschaft bewirkt werden. 34 Goodall 1988. 35 Ebd., 209. 36 Beobachtungen von R. Wrangham im Kibale-Nationalpark in , wonach ein Schimpansenmännchen wiederholt mit einem Knüppel ein Weibchen verprügelt habe; siehe Neffe 2000, 217. Zum Aggressionspotential von Primaten vgl. auch Wrangham/Peterson 1996. 37 Sieferle 1998, 10 f. 38 Eibl-Eibesfeld 1997; Carman 1997a. 22 Zufügung empfindlicher Übel oder Androhung derselben die Freiheit der Willensentschließung genommen wird.39 Hier also wird psychische Gewalt der physischen ausdrücklich gleichgestellt. Der ursprüngliche Gewaltbegriff älterer Rechtsdefinition meinte eine unter Anwendung von Körperkraft erfolgende Einwirkung auf den Körper des Opfers zur Überwindung eines Widerstandes.40 Als Gewalt definiert wird auch die Entfaltung physischer Kraft, um den Angegriffenen zu einem von ihm ungewollten Handeln zu veranlassen.41 Fraglos können somit Akte wie Körperverletzung, Totschlag oder Mord als Gewaltakte angesprochen werden; die moderne juristische Definition geht mit der Einbeziehung psychischer Gewalt weit über diesen Rahmen hinaus.

3.1.3 Krieg Zwischen 1945 und 1995 wurden weltweit ohne Berücksichtigung anti-kolonialer Befreiungskriege über 160 „bewaffnete Konflikte“ registriert.42 Bis zum Ende des Jahrtausends und darüber hinaus sind nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem damit verbundenen Machtvakuum etwa im Balkanraum sowie durch globale terroristische Bedrohungen eine Vielzahl von Konflikten neu entstanden bzw. erneut ausgebrochen. Somit haben bewaffnete Konflikte, Krieg bzw. kriegerische Auseinandersetzungen bis heute nichts von ihrer Bedeutung verloren und bestimmen in vielen Regionen der Welt das tägliche Leben. Was aber ist Krieg? Krieg als „echter Krieg“ ist nach neuzeitlicher Definition ein regulärer zwischenstaatlicher Konflikt, dessen Erklärung, Austragung und Ende an rechtliche Konventionen gebunden sind. Diese Vorstellung vom Krieg als Rechtszustand zwischen Staaten als geordnete soziale Institution gibt es erst seit etwa 350 Jahren.43 Vor diesem Hintergrund ist auch das berühmte Wort des Generals Carl von Clausewitz aus der ersten Hälfte des 19. Jh. zu sehen, der Krieg sei nur eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln und diene der Wehrlosmachung des Gegners, nicht nur als politischer Akt, sondern als ein politisches Mittel.44 Damit könnte argumentiert werden, daß nicht staatlich organisierte Gemeinschaften echten Krieg nicht kennen; andererseits kann so der staatenlose Zustand auch als ewiger Krieg gesehen werden, da ohne einen übergeordneten Rechtsträger kein Frieden hergestellt werden kann. Die auf dem Staatsbegriff beruhende Definition von Krieg wird dadurch unterminiert, daß etwa 85 % der Konflikte nach 1945 aus der Bevölkerung heraus entstanden, etwa als Revolutionen, Streit um Landrechte, Minderheitenprobleme oder religiöse Konflikte bis hin zu Bürgerkriegen. Nur 15 % involvierten Armeen von zwei oder mehr

39 Schönke/Schröder 2001, Vorbemerkung 6 zu § 234 Strafgesetzbuch. 40 Schönke/Schröder 2001, Vorbemerkung 7 zu § 234 Strafgesetzbuch. 41 Jeschke et al. 1989, Kommentar zu § 240 Strafgesetzbuch. 42 Preuß 2003, 25. 43 Preuß 2003, 26. 44 Clausewitz 1966, 108. 23 Staaten, die sich über Grenzen hinweg bekämpften.45 Ein derartig eng definierter Begriff „Krieg“ ist zudem für historische und besonders archäologische Forschungen unbefriedigend, da er die Existenz von vor- und frühgeschichtlichen, antiken bis hin zu mittelalterlichen Kriegen von vornherein ausschließt.

Die deutsche Sprache differenziert den Begriff „Krieg“ nicht weiter. Die englische Sprache kennt die Begriffe „war“ und „warfare“. „War“ bezeichnet dabei Krieg als solchen, „a state of fighting between nations or groups using military force“; „warfare“ dagegen meint „the activity of fighting a war“, oft einen bestimmten Typ, etwa „guerilla warfare“ oder „biological warfare“.46 Beide Begriffe sind in der englischsprachigen ethnographischen und prähistorischen Literatur präsent.47 Die englische Sprache kennt darüber hinaus den Begriff „feuding“, der Überfälle und ähnliche Aktionen auch in größerem Umfang beschreibt, die vorwiegend persönlichen Motiven innerhalb von Verwandtschaftsgruppen folgen.48 Der deutsche Begriff „Fehde“ ist dagegen historisch stark durch mittelalterliches Rechtsverständnis geprägt.

Krieg wird allgemein auch als eine Form von Konflikt verstanden, als Zusammenstoß widerstreitender Auffassungen, Interessen oder Rechte, in dem sich zwei oder mehr Gruppen, Gemeinschaften oder Reiche gegenüberstehen, wobei das entscheidende Merkmal der Einsatz von Waffengewalt im Rahmen einer größeren militärischen Auseinandersetzung ist, die sich häufig über einen längeren Zeitraum erstreckt.49 Sind mit Waffengewalt geführte, vermutlich meist nur kurze Zeit in Anspruch nehmende Überfälle einzelner Gemeinschaften, wie sie archäologisch, historisch und ethnographisch belegt sind, damit als Krieg zu definieren? Die moderne politologische Kriegsursachenforschung grenzt Bandenkämpfe und vergleichbare bewaffnete Konflikte als unterhalb der Kriegsschwelle liegend aus; Krieg wird hier als Massenkonflikt von zwei oder mehr bewaffneten Streitkräften gesehen, wobei diese auf mindestens einer Seite reguläre Regierungsstreitkräfte sein sollten. Hinzu treten auf beiden Seiten ein Mindestmaß an zentraler Organisation und Operationen nach planmäßiger Strategie.50 Diese Art der Definition lehnt sich erneut stark an neuzeitliche Gegebenheiten sowie den Staatsbegriff an und ist für die Betrachtung des Phänomens speziell in der Vorgeschichte ungeeignet. Zudem wird hier erneut unsinnig zwischen zivilisiertem und primitivem Krieg unterschieden, außerdem werden Ausmaß und Schwere prähistorischer Konflikte sowie ihre Bedeutung für damalige Gesellschaften heruntergespielt.51

45 F. Barnaby, The Gaia Peace Atlas. New York 1988; zitiert nach Sponsel 1994, 3. 46 Oxford Advanced Learner’s Dictionary. 5th ed. (Oxford 1995). 47 Vgl. etwa Otterbein 1994: Feuding and Warfare; Carman/Harding 1999: Ancient Warfare; Osgood et al. 2000: Warfare; Keeley 1996: War before Civilisation. 48 Etwa in Form einer Blutrachespirale infolge eines Mordes oder Todschlags. Dazu Otterbein 1994c. 49 Ohler 1997, 9. 50 Dazu Orywal 1996, 17. 51 So formuliert Preuschoft 1992, 218, Kampfhandlungen von Menschen auf der Stufe der Steinzeit seien nur biologisch und ethologisch interessant, hätten aber mit kultureller Evolution nichts zu tun. Auch Reyna 1993, 37 schreibt: „ ... regardless of how much fighting there was in bands, it was relatively harmless.“ Dieser manchmal 24 H. Turney-High, dessen Buch „Primitive Warfare“ 1949 den Blick der anthropologischen Forschung auf das Phänomen des Krieges zu lenken versuchte, verstand den Krieg als eine soziale, verschiedenen Zwecken dienende Institution und sah das Kennzeichen primitiven Krieges, sogenannter submilitärischer Kämpfe, vor allem im Fehlen spezialisierter Truppen, was zusammen mit einem Mangel an Koordination und Kommandostruktur effektive großräumige Kriegführung unmöglich machte.52 Er beurteilte militärische Effizienz damit nach ihrer Modernität, nicht nach ihren Ergebnissen. Außerdem nahm er an, allerdings ohne dies durch Zahlen zu belegen, primitiver Krieg sei weniger tödlich gewesen als moderner. Ethnographische und archäologische Zeugnisse belegen aber, daß auch nicht-spezialisierte Kämpfer effektiv vorgehen und große Verwüstungen erzeugen können. Es ist daher nicht angebracht zu sagen, eine „zivilisierte Kriegführung“ bringe eine neue Qualität des Tötens; sie bringt tatsächlich nur eine neue Quantität.53

Eine allgemeine Definition des Begriffs Krieg ist schwer zu fassen, da ein solcher Begriff die Gemeinsamkeiten etwa von ethnographisch belegten Stammeskriegen, den Schlachten der Antike oder des Mittelalters bzw. denen des Ersten oder Zweiten Weltkrieges herausstellen sollte. Krieg kann so als eine spezialisierte Form von Aggression gesehen werden, die auf beiden Seiten eine gewisse Teilnehmeranzahl und bestimmte Intentionen voraussetzt. Gute Dienste leistet die von Fergusson erstellte Definition von Krieg als ”organized, purposeful group action, directed against another group that may or may not be organized for similar action, involving the actual or potential application of lethal force.“54 Ähnlich in ihrer Aussage ist eine bereits früher vorgelegte Definition: “Defined groups engage in purposeful, organised and socially sanctioned combat; involving killing each other, ... killing is not regarded as murder.”55 Weitere Definitionen, die im Kern die selbe Aussage beinhalten, sind etwa Auffassungen vom Krieg als menschlicher Aggression, die Gewalt zwischen unabhängigen Gruppen beeinhaltet, oder als sanktionierter Gebrauch tödlicher Waffen durch Mitglieder einer Gemeinschaft gegenüber Mitgliedern anderer Gemeinschaften, oder aber einfach als Aggression zwischen Gruppen.56

auch als „proto-war“ bezeichnete Zustand wird generell als wenig destruktiv gesehen; dabei wird nicht berücksichtigt, daß auf kleine Gemeinschaften schon der Ausfall nur weniger Mitglieder durch kriegerische Auseinandersetzungen verheerende Wirkung haben und eine Gemeinschaft in ihrer Existenz bedrohen konnte. Ember/Ember 1993, 190 stellen dagegen richtig fest, daß sog. „primitive Kriege“ proportionell gesehen durchaus letaler sein konnten bzw. können als sog. „moderne“. 52 Turney-High 1949, 251 f. Außerdem bestanden für ihn Unterschiede in den Gründen, aus denen jeweils Krieg geführt wurde: Staaten führten Kriege aus praktischen, rationalen Gründen; primitive Gemeinschaften aus persönlichen, sozialen Motiven. 53 Dabei ist auch dies relativ zu sehen, da moderne Staaten auf ein größeres Bevölkerungs- bzw. Kämpferpotential zurückgreifen können als vorgeschichtliche oder rezente, nicht staatlich organisierte Gemeinschaften. 54 Ferguson 1984b, 5 sowie 1990. 55 Mead 1968, 215. 56 Vgl. dazu die Diskussion bei McCauley 1990, 1 f; auch Otterbein 1994d. 25 Auch in dieser Arbeit soll Krieg als absichtliche Aggression einer Gruppe gegen eine andere Gruppe unter Einsatz von im Ernstfall tödlicher Gewalt verstanden werden. Krieg wird damit als eine Form der kollektiven, mit Waffen ausgetragenen geplanten Zwischengruppenaggression verstanden. Krieg kann als Ergebnis kultureller Entwicklung gesehen werden. Die Fähigkeit des Menschen, aggressiv zu reagieren, eröffnet ihm die Möglichkeit, Gewalt einzusetzen; die kulturelle Entwicklung brachte es mit sich, Gewalt planvoll und in immer größerem Maßstab einzusetzen. Auf der anderen Seite treiben Kriege in gewissem Maße kulturelle Evolution auch durch Reaktion auf Aggression voran, etwa durch den Bau von Verteidigungswerken, die zu veränderten Siedlungsstrukturen führten. Auf der philosophischen Ebene kann Krieg als unbewußte Reaktion auf das dem Menschen eigene Wissen um die Unausweichlichkeit des Todes gesehen werden, als Erfindung einer Möglichkeit, dem Tod einen Sinn zu geben. Der Krieg als Produkt der Zivilisation leistet auch danach einen Beitrag zu ihrer Weiterentwicklung.57

Noch weiter gefächert als die Begriffsdiskussion ist die Auseinandersetzung um die Ursachen von Kriegen, auf die hier nur überblicksweise eingegangen werden kann. Grundsätzlich stehen sich dabei materialistisch-funktionalistisch-ökonomische und idealistische Richtungen gegenüber. Nach ersteren liegen Konflikt- und Kriegsursachen in infrastrukturellen und strukturellen Gegebenheiten. Auseinandersetzungen führen danach zu biologischer Selektion durch Maximierung der genetischen Repräsentanz bzw. zu kultureller Selektion durch Maximierung der kulturellen Repräsentanz. Hierbei spielt die Verteilung und Verfügbarkeit von Ressourcen zur Lebensführung eine entscheidende Rolle. Ökologische Veränderungen können zu Ressourcenknappheit führen, unterschiedliche Siedlungsgebiete können in ihrer materiellen Ergiebigkeit unterschiedlich sein, so daß benachteiligte Individuen dies zum Anlaß für aggressive Akte nehmen. Gründe für Konflikte werden so vorwiegend bis ausschließlich materialistisch gesehen.58 Idealistisch gesehen liegen die Ursachen dagegen in emotiv-kognitiven Gegebenheiten. Wenn auch materialistische Gegebenheiten, wie etwa Mangel an bestimmten Ressourcen, sicher häufig unmittelbare Auslöser von Konflikten waren, so dürfen doch kognitiv-emotionale Aspekte nicht vernachlässigt werden. In zahlreichen Gesellschaften ist kriegerisches Verhalten bis heute ein positiv besetzter Wert im Fühlen und Denken; Überlegenheitsideale, Feindbilder und Fremdheitsschemata steigern die Gefahren gewaltsamer Auseinandersetzungen. Kulturell tradierte gewalttätige (Männlichkeits-)ideale im Sinne übersteigerter Begriffe wie „Ehre“ und „Rache“ motivieren die Anwendung von Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten.59 Im Spannungsfeld zwischen Bedürfnissen und Überzeugungen60

57 Preuß 2003, 69 f. In diese Ebene ist auch der von Freud postulierte Todestrieb des Menschen einzuordnen, der als nach außen gewandter Destruktionstrieb kriegerische Aktionen bedingt; das Individuum bewahre sein eigenes Leben durch das Zerstören anderer. Dazu Scholz-Strasser 1994. 58 Zu dieser Richtung u. a. Fergusson 1990; 1997, Carneiro 1990 und Haas 1990b. 59 Siehe dazu Orywal 1996. Vergleichbar ist die von Haas 1990 im Vorwort zu dem von ihm herausgegeben Buch „The Anthropology of War“ postulierte „historical school of thought“, die Ursachen von Konflikten im speziellen historischen Kontext der Ereignisse und in den Emotionen der betroffenen Personen sieht. Siehe auch Robarchek 1990. 26 können derartige Vorstellungen von Ehre und Stolz auslösende Momente für Gewalthandlungen sein. Auch gesellschaftliche Erwartungen spielen eine Rolle. B. Ehrenreich formuliert: „Männer führen Krieg, weil der Krieg sie zu Männern macht.“61 Zu hinterfragen ist hier, ob derartige in einer Gemeinschaft entwickelte Ideale zu verstärkter Aggressionsbereitschaft und kriegerischem Verhalten führen, oder ob tatsächliche erlebte gewalttätige Auseinandersetzungen, möglicherweise größeren Ausmaßes, dazu führten, derartige Ideale auszubilden, um für künftige Konflikte besser gewappnet zu sein. Vermutlich bedingt sich beides gegenseitig. In friedlichen Gemeinschaften ohne äußere Bedrohung und Feinde machen derartige, oft übersteigerte, Ideale wenig Sinn; auf der anderen Seite fördert das Erleben von Auseinandersetzungen und kriegerischen Aktivitäten solche Denkwerte, ebenso wie eine derartige Ideologie gewalttätiges Handeln unterstützt. Erfolgreiche Teilnahmen an kriegerischen Auseinandersetzungen können zur Ausbildung soziokultureller Strukturen führen, die die Akzeptanz und das Durchführen derartiger Handlungen zukünftig fördern. Dabei spielt auch die Gewinnung sonst nicht erhältlicher Ressourcen, etwa durch die Kontrolle über Handelsrechte, oder den Handel mit bzw. die eigene Nutzung von Kriegsbeute bis hin zu Sklaven, eine Rolle. Entsteht eine Abhängigkeit von derartigen Gütern, wird auch die militärische Bereitschaft erhöht. Durch Kriegführung entwickelt sich eine Situation, die Zentralisierung und Hierarchie fördert; mit der Zeit werden diese durch Strukturen verfestigt. So entstehen im weitesten Sinne kriegerische Völker.62

Kaum jemals wird ein einziger Punkt allein Auslöser einer kriegerischen Auseinandersetzung gewesen sein, da materielle, umwelttechnische und emotionale Faktoren in der Regel zusammenwirken und so eine Vielzahl von Ursachen zugrunde liegen kann, ohne daß ein einzelner Faktor als Auslöser festgemacht werden könnte. Zur Illustration des Problemfelds führt L. Keeley eine Auseinandersetzung zwischen zwei Dörfern der Jalemo in Neuguinea an, die ihrer Eindringlichkeit wegen hier zitiert werden soll: „Village A owed village B a as reward for B’s help in a previous war in which the latter had killed one of A’s enemies. Meanwhile, a man from village A heard some (untrue) gossip that a man from village B had seduced his young wife; so with the aid of a relative, he assaulted the alleged seducer. Village B then „overreacted“ to this beating by making two seperate raids on village A, wounding a man and a woman. The unpaid debt was acknoledged by both sides as the reason for village B’s disproportionate reaction. These two raids by village B led to a general battle in which several warriors on both sides were wounded, but no one was killed. At this point, with casualties about equal, both sides agreed to suspend the fighting with an indefinite truce. The truce ended later that evening, however, when a warrior from village B, to avenge a wound suffered by one of his kinsmen during the battle, ambushed and wounded a village A resident. The following day battle was resumed, and a B villager was killed. After this death, the war became general; all the warriors of both

60 Ringtved 1998, 361. 61 Ehrenreich 1997, 159. 62 Ferguson 1993, 87. 27 villages, plus various allies, began a series of battles and ambushes that continued intermittendly for two years.“63 Was aber war hier der eigentliche Kriegsgrund? War es die unbeglichene Schuld, war es persönliche Eifersucht oder Rache? Welche Kränkung oder Verletzung – eingebildet oder real – kann als auslösendes Moment betrachtet werden? In ähnlicher Weise ist auch für prähistorische Situationen mit Motivationsverflechtungen zu rechnen. Die Gründe für das Aufrechterhalten von feindseligen Handlungen unterscheiden sich dabei häufig von denen, die zunächst überhaupt zur Entstehung einer derartigen Situation führten. Sind einmal alle Strategien zur Vermeidung von Auseinandersetzungen fehlgeschlagen und ist eine gewalttätige Auseinandersetzung unvermeidlich, richtet sich das Bestreben des Einzelnen auf das Überleben – das wird im Ernstfall durch schonungslose Gewaltanwendung erreicht.

Grundsätzlich sind materielle Gründe allein sicher nicht ausreichend als Grundlagen für aggressives oder kriegerisches Verhalten. Menschen sind aktive Gestalter ihres eigenen Schicksals, sie treffen Entscheidungen, die ihr Verhalten und ihren Lebensweg beeinflussen. Selbst in einer Situation, in der Mangel an Ressourcen vorherrscht, ist es die bewußte Entscheidung der Betroffenen, einen Überfall auf eine Nachbargruppe auszuführen – oder dies nicht zu tun. Die strukturelle Organisation kriegerischer Auseinandersetzungen richtet sich nach den jeweiligen Möglichkeiten der beteiligten Gruppierungen. Je nach Bevölkerungsstruktur, materiellen Ressourcen und logistischen Möglichkeiten sind unterschiedliche Größenordnungen realisierbar.64 Vor diesem Hintergrund gewinnt die These an Wahrscheinlichkeit, daß erst ab einer bestimmten Seßhaftigkeit von kriegerischen Aktionen in größerem Ausmaß auszugehen ist.65 Die Geschichte der Kriege ist somit zumeist eine Geschichte der Verteidigung und Eroberung von Siedlungen.66 Das heißt allerdings nicht, daß Gewaltakte in mobilen Gemeinschaften auszuschließen sind. Mit der Seßhaftigkeit der Betroffenen verbesserten sich die Angriffsmöglichkeiten – der Aufenthaltsort des Gegners war bekannt. Dies führte früh auch zur Anlage von Verteidigungssystemen. Gleichzeitig werden sich Auseinandersetzungen zumindest lokal auch – weg von individuellem Streit und Racheaktionen – auf das eigene, zu

63 Zitiert nach Keeley 1996, 114. Die Ortsnamen sind hier wie dort durch A und B vereinfacht wiedergegeben. 64 Hanson 1995 sieht mit dem Entstehen erster staatlicher Gebilde ab dem 3. Jt. BC eine Veränderung der Kriegführung von scharmützelartigen Auseinandersetzungen hin zu sozial und ökonomisch komplexen Unternehmungen, die, abhängig von Organisation und Logistik, zunehmend weiträumiger wurden. Chaliand 1994 unterscheidet insgesamt je nach Heftigkeit der Auseinandersetzungen mehrere Stufen der Kriegführung, von eher ritualisiert ablaufenden Kämpfen ohne große Verluste bis hin zu Massen- und Bürgerkriegen, die hohen Blutzoll fordern. Noch in angelsächsischer Zeit bestand ein als solches definiertes Heer mitunter nur aus wenigen Dutzend Kämpfern (mindestens 35 Mann). Trotzdem waren auch hier verschiedene Abstufungen kriegerischer Aktionen möglich. Vgl. dazu Halsall 1989; Hooper 1989; Albrethsen 1997; Reuter 1997. 65 In gewissem Gegensatz dazu steht die These, kriegerische Auseinandersetzungen gäbe es erst seit der Ausbreitung von Ackerbau und Viehzucht. Diese beruht auf der Sichtweise, Jäger- und Sammlergruppen seien sämtlich hochmobil und verstreut lebend, so daß von einem äußerst geringen Konfliktpotential ausgegangen wurde. Dazu Ferguson 1997a. 66 Ausnahmen bilden dabei die oft kriegerisch ausgerichteten Reiternomadenkulturen, die in ihren Zusammenstößen mit seßhaften Kulturen meist nicht auf Landgewinn ausgerichtet waren. Dazu Barfield 1993. 28 schützende, und das fremde, durch Gewalthandlungen eventuell zu besetzende, Land gerichtet haben. Dies wird besonders in Situationen bedeutend gewesen sein, in denen nicht genügend Siedlungsland zur Verfügung stand.67 Derartige Entwicklungen sind auf den Südsee-Inseln mit der Entstehung von chiefdoms belegt. Dort führte Bevölkerungswachstum innerhalb begrenzter Landressourcen zu vermehrten Kämpfen, in deren Folge sich zunächst unabhängige Dörfer zu größeren politischen Einheiten zusammenschlossen. Kriege dienten hier als Mechanismen politischer Entwicklung, die auch die Stratifizierung der Gesellschaft selbst beschleunigten.68 Kriegerische Auseinandersetzungen scheinen somit unter bestimmten Voraussetzungen als Mechanismus zu fungieren, der kleine Gemeinschaften zu größeren verschmelzen kann. Andererseits wiederum sind derartige Auseinandersetzungen ohne ausreichende Populationsbasis kaum realisierbar. Insgesamt kann Krieg als kultureller Faktor soziale Gegebenheiten beeinflussen.69 Hier ist auch nach dem Punkt zu fragen, ab wann kriegerische Unternehmungen im Vergleich mit dem einzugehenden Risiko lohnend und gewinnbringend erschienen. Eine Entscheidung für eine derartige Aktion dürfte im materiellen und ideologischen Selbstinteresse der Gemeinschaft bzw. des oder der Entscheidungsträger zu suchen sein. Die Eroberung von Territorien wird dabei wahrscheinlich erst in einem fortgeschritteneren Stadium eine Rolle gespielt haben. Nicht zu unterschätzen ist jedoch die Bedeutung der Beanspruchung eines Territoriums, etwa als Jagdrevier, in dem Fremde ohne Erlaubnis nicht geduldet werden, ohne daß das Gebiet jedoch dauerhaft bzw. dicht besiedelt wäre. In erster Linie wird die Gewinnung beweglicher Güter von Bedeutung gewesen sein, eventuell verbunden mit der Ausübung von Racheakten. Die Bedeutung der Gefangennahme von Mitgliedern unterlegener Gemeinschaft wird heute eventuell unterschätzt. Materielle und ideologische Auswirkungen erfolgreicher Aktionen werden sich in der Entwicklung der betroffenen Gemeinschaft niedergeschlagen haben; im weitesten Sinn ist von politischer Evolution zu sprechen. Dabei scheint die Entwicklung hierarchischer Strukturen mit der Zunahme kriegerischer Handlungen zu korrespondieren.70

67 Dabei entwickelten sich kriegerische Auseinandersetzungen in kultureller Hinsicht hin zu Operationen, die auf Landgewinn und Unterwerfung zielten. Dazu Carneiro 1993. Auch eine Umformung der Jagd ist in Betracht gezogen worden: möglicherweise stellten einige Gruppen nicht mehr dem Wild nach, sondern dem Vieh der Seßhaften, so daß Überfälle/Kriege als wirtschaftlich bedeutsame, neue Formen des Jagens gesehen worden sein könnten. In der Folge mußten die Angegriffenen selbst sowohl defensiv als auch offensiv tätig werden, um die Bedrohung möglichst gering zu halten. Siehe dazu u. a. Ehrenreich 1997, 146. 68 Carneiro 1990; Earle 1997. Krieg als eine Sache der persönlichen Ehre und Macht wurde in den chiefdoms zwar in großem Maß durch Protokoll und Zeremonie bestimmt, trotzdem nahmen die Krieger keine Rücksicht auf Alter oder Geschlecht ihrer Opfer. Kriegsgefangene wurden versklavt oder zu Tode gefoltert, Schädel und andere Körperteile der Opfer als Trophäen aufbewahrt. Das Gefolge eines chiefs bestand z.T. aus professionellen Kriegern, doch konnten auch andere Männer der Umgebung mobilisiert werden. Eine militärische Hierarchie unter der Befehlsgewalt des chiefs unterstützte einen geordneten Ablauf der Operationen. Kampfauslösende Interessen kamen v. a. aus der Klasse der chiefs; Gewalt wurde somit nutzbar, um politische Interessen durchzusetzen und soziale Beziehungen zu konstituieren oder zu verändern. Siehe Carneiro 1990, 199 ff.; 1993, 44 ff. 69 Vayda 1968. 70 Für einen direkten Zusammenhang: Fergusson 1997. Randsborg 1998, 163 verbindet mit dem Auftreten spezifischer Gerät- und Waffentypen die Entstehung von Kriegerideologien, verbunden mit der Existenz einer sozialen Elite. 29 Die Entwicklung einer Hierarchie, die politische Kontrolle und Zwang einschließt, ist der Durchführung kriegerischer Aktionen nützlich, da die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen stark eingeschränkt ist. In egalitären Gemeinschaften kann, auch wenn verwandschaftliche und soziale Beziehungen verpflichtend wirken, niemandem die Teilnahme an einem Raub- oder Kriegszug wirklich aufgezwungen werden. Das aggressive Austragen von Konflikten in Form von Kriegen ist so als Aspekt menschlichen Verhaltens zu werten, wobei Krieg vermutlich eine eigene Rolle in der Ausbildung sozialer Systeme spielte.71 Bedeutsamer als die Frage nach dem ersten Auftreten von Gewaltaktionen, die im weitesten Sinne kriegerisch zu nennen sind, ist vielleicht die nach der Verfestigung derartiger Aktionen im kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhang. Es liegt auf der Hand, daß unterschiedliche Gesellschaften auch jeweils unterschiedliche Arten der Konflikt- und Kriegführung haben, was nicht heißt, daß Bedeutung und Konsequenzen dieser Auseinandersetzungen qualitativ in Stufen voneinander abgrenzbar wären. Auch Wahrnehmung und tatsächliche Ausprägung solcher Konflikte sind oftmals zwei völlig unterschiedliche Dinge. Bereits in der Kriegführung der griechischen Antike konnten einzelne Stadtstaaten durch nur wenige Schlachten im Extremfall so geschwächt werden, daß ihre politische Existenz durch den Ausfall eines Großteils der männlichen Bevölkerung gefährdet wurde.72 Im krassen Gegensatz zum idealisierten und stilisierten Helden- und Ritterbild der populären Wahrnehmung des Mittelalters steht auch die Realität mittelalterlicher Kriegführung. Die Forschung neigt oft zu einer stark harmonisierenden Darstellung und Deutung mittelalterlicher Kriege. Gern werden Schlachten angeführt, in denen es nur wenige Tote gab.73 Gewalt gegen Sachen habe im Vordergrund gestanden, primäres Ziel sei die Gefangennahme von Gegnern zum Zweck der Lösegelderpressung gewesen. Mittelalterlicher Krieg wurde so als kontrolliert, diszipliniert und nur eingeschränkt gewaltsam bzw. blutig beschrieben. Erst in jüngerer Vergangenheit hat sich die mediävistische Forschung der Realität dieses Krieges zugewandt.74 Untersuchungen von Quellen über englische und französische Kriegführung im frühen und hohen Mittelalter zeigten, daß das Verhalten gegenüber besiegten Feinden davon abhing, wie diese wahrgenommen wurden. Gegner, die als kulturell und/oder religiös abweichend (im Sinne von minderwertig) aufgefaßt wurden, etwa Wikinger, Schotten, Iren oder Slawen, konnten nicht mit Schonung oder milder Behandlung rechnen, ebensowenig wie die gemeinen (Fuß-)Soldaten oder Bogenschützen. Freikauf gegen Lösegeld war prinzipiell nur Angehörigen der

71 Dazu ausführlich Keegan 1997. 72 Hanson 1999 über den Fall der Polis Thespiai, die während der Schlacht an den Thermopylen (480 BC) mit etwa 700 Hopliten vermutlich ihr Gesamtkontigent an Schwerbewaffneten verlor und anschließend zerstört wurde. In späteren Auseinandersetzungen (Delion, 424 BC; Nemea, 394 BC) wogen erneut Zerstörungen und der Verlust an Kämpfern so schwer, daß Thespiai 371 BC aufhörte zu existieren. 73 Ohler 1997, 278. 74 Vgl. dazu: Kortüm 2001b, 21 ff. 30 höheren gesellschaftlichen Schicht möglich.75 Im Umgang mit der Zivilbevölkerung wurde Brutalität akzeptiert; oft wurden planmäßig weite Landstriche verwüstet.76 Ein in Næstved, Dänemark, geborgenes Massengrab mit Skelettresten von etwa 60 Gefallenen einer Schlacht um 1350 liefert deutliche Hinweise auf die Realität des Krieges. An den Schädelresten der zumeist unter 25jährigen Männer wurden über 120 Traumata vornehmlich der linken Schädelseite festgestellt. Dazu kommen 68 andere am übrigen Skelettmaterial belegte Verletzungen.77 Skelettreste von Opfern der Schlacht von Wisby aus dem Jahre 1361 wiesen zahlreiche Verletzungen des Schädels und der Extremitäten auf. Die Zahl der Verletzungen pro Individuum lag bei bis zu 15. Verletzungen des Schädels betrafen alle Bereiche, speziell auch das Gesicht. Dabei scheint die Zahl der Schädelverletzungen insgesamt durch das Tragen von Kettenhauben („chainmail coifs“), die teilweise noch mit den Skeletten in den Gräbern entdeckt wurden, geringer ausgefallen zu sein. Eine Besonderheit der Befunde von Wisby liegt im Nachweis von Verletzungen der Schienbeine, was dahingehend interpretiert wird, daß zumindest ein Teil der Kämpfer zu Pferd agierte und dabei von Infanteristen attackiert wurde.78 Auch die Untersuchung der Toten vom Friedhof des Klosters Æbelholt in Dänemark erbrachte zahlreiche Nachweise für in Kampfhandlungen erworbene Verletzungen. 11,2% der männlichen Skelette zeigten Waffenverletzungen; die Zahl der Verletzungen pro Individuum liegt bei bis zu 18.79 Weitere Beispiele für die Brutalität derartiger Kriegführung liefern Überreste der Schlacht von Towton im Jahre 1461; eine entscheidende Schlacht der Rosenkriege und wahrscheinlich die blutigste je auf englischem Boden geschlagene. Die Verluste werden auf mehr als ein Viertel der etwa 100.000 Beteiligten geschätzt. Ein 1996 entdecktes Massengrab mit Opfern dieser Auseinandersetzung enthielt Skelettreste von mindestens 37 Männern im Alter zwischen 18 und 50 Jahren, die tödliche Verletzungen v. a. an den Schädeln aufwiesen. Beobachtet wurden Klingentraumata, verursacht durch Messer und Schwerter, Lochfrakturen durch Kampfhämmer, Penetrationen vorwiegend des Hinterkopfes durch Messer und Pfeilspitzen sowie unspezifische Verletzungen, die durch stumpfe Gewalt hervorgerufen wurden. Viele Schädel zeigten dabei mehrere tödliche Wunden, in einem Fall wurden acht Schädelverletzungen an einer Person registriert. Die Art und Weise der Gesichtsverletzungen läßt auch auf postmortale Verstümmelungen schließen. Postkraniale Verletzungen, die sich auf bis zu neun pro Person belaufen, sind in sämtlichen Körperteilen und Gliedmaßen lokalisiert.80

75 Siehe Strickland 2001. Der „code of knightly values“ galt ausdrücklich nicht für „ordinary soldiers“; als etwa Henry II 1153 die Burg Crowmarch einnahm, schonte er die gegnerischen Ritter, die Bogenschützen hingegen ließ er hinrichten (Gillingham 1999, 83). 76 Housley 1999, 133; Rogers 1999, 151. 77 Vortrag von P. Bennike, Kopenhagen; Workshop „Frühe Spuren der Gewalt – Schädelverletzungen und Wundversorgung an prähistorischen Menschenresten aus interdisziplinärer Sicht“, Warnemünde, 29. Nov. 2003. 78 Knüsel/Boylston 2000, 178 ff. 79 V. Møller-Christensen, Bogen om Æbelholt kloster (Kopenhagen 1958); zitiert nach Kunter 1981, 230. 80 Vgl. dazu: Holst 1999; Knüsel/Boylston 2000; Novak 2000. 31 Selbst in neuzeitlichen Kriegen übertrifft die Zahl der Verwundeten die der Toten. Auch in vorgeschichtlichen und historischen Auseinandersetzungen (mit der Ausnahme von Massakern) wird der Anteil Überlebender höher gewesen sein. Demzufolge ist auch das verstärkte Auftreten verheilter Traumata als Anzeichen für Konflikte und Kriege zu werten.81 Krieg als Gewaltakt betrifft jedoch nicht nur die aktiven Kämpfer. Im Falle einer Niederlage sind es in vielen Fällen gerade die nichtkämpfenden Mitglieder einer Gemeinschaft, die unter der Willkür der Sieger zu leiden haben. In den historischen Reichen Mittel- und Südamerikas wurden nicht nur (Kriegs-)Gefangene oft im Rahmen von Opferhandlungen hingerichtet, auch zivile Handlungsträger der unterlegenen Gemeinschaft wurden bewußt gedemütigt und mißhandelt.82

Die Fähigkeit, in bestimmten Situationen aggressiv zu reagieren und Gegner mit Gewalt anzugreifen, ist im Menschen angelegt. Hierbei spielt besonders die von der Verhaltensforschung herausgearbeitete Angst vor Fremden und die Abneigung gegen „andere“ eine Rolle. Impulse, die derartiges Verhalten zu kriegerischen Auseinandersetzungen steigern können, liegen sowohl in der materiellen als auch der ideellen Umwelt von Individuen und Gruppen.83 Auf einem niedrigen Niveau beginnt Krieg als Gemeinschaftsaktion mehrerer in ihrer Intention übereinstimmender Individuen, die sich gegen andere Individuen richtet (etwa ein Nachbardorf). Ab einer gewissen Stufe wiegen dabei politische Verpflichtungen (etwa gegenüber der Gruppe/dem Stamm) schwerer als verwandschaftliche oder freundschaftliche Beziehungen. Als bedeutender Schritt in der politischen Entwicklung menschlicher Gemeinschaften ist dann das Recht von Anführern zu nennen, ihre Gefolgschaft verpflichtend an sich zu binden und notfalls Zwang auszuüben. Krieg wird so zu einem organisierten gewalttätigen gesellschaftlichen Verhalten einer Gruppe, das sich gezielt gegen „andere“ richtet.

3.2 Gewalt und Aggression aus der Sicht der archäologischen Forschung Bei der Betrachtung von Gewalt und Krieg in der archäologischen Forschung ist grundsätzlich nach Nutzen und Vergleichbarkeit von Darstellungen ethographischer und historischer Situationen zu fragen.84 Außerdem sind Ursachen, Risiken sowie Vor- und Nachteile derartiger Aktivitäten jeweils fallspezifisch zu betrachten. Archäologisch nachweisbar sind Artefakte, die für Gewaltakte nutzbar sind (Waffen) sowie Nutzungsspuren an diesen, Verletzungen an menschlichen Überresten und darüber hinaus Bauwerke etwa im Sinne von Verteidigungsanlagen, die in Konflikten

81 Rogers 2004. 82 Johnston 2001 über den politischen Akt der Verstümmelung und evtl. Opferung der Schreiber des unterlegenen Gegners auf Wanddarstellungen der Maya. Die Schreiber des unterlegenen Gegners sind nackt, mit blutenden Händen und gebrochenen Fingern dargestellt. Dazu treten von anderen Fundorten sog. „finger bowls“, Schalen, die jeweils nur Knochen von (abgetrennten) Fingern enthalten. 83 Nach Sofsky 2002 beruht Kultur auf der Erlaubnis zum Töten, die dem Menschen eine Richtung für seine Lust am Blutvergießen gibt. Vgl. dazu auch Carneiro 1993, 10. 84 Vgl. auch Carman/Harding 1999a. 32 eine Rolle gespielt haben können. Für weitere Aussagen sind Vergleiche mit historischen und ethnographischen Aufzeichnungen und Berichten hilfreich. Allerdings bleiben auch in der Analyse exakte Aussagen zu Motiven, Ursachen und Ergebnissen einzelner Konflikte im Verborgenen. Archäologie als Kulturwissenschaft kann sich dem Zeitgeist der jeweiligen Epoche nicht entziehen. In diesem Zusammenhang sind chronologisch deutliche Paradigmenwechsel in der Betrachtung der vorgeschichtlichen Welt zu verzeichnen. In der Anfangszeit der prähistorischen Forschung gab es durchaus Tendenzen, die Frühzeit als wild und barbarisch zu betrachten. So wurden im 18. und 19. Jh. Fundstücke wie Äxte und Pfeilspitzen als Anzeichen kriegerischer Aktivitäten gewertet, Menschenopfer galten für neolithische Gemeinschaften als selbstverständlich. Die Grundlage dafür bildeten weniger eindeutige Befunde, sondern eher eine interpretative Haltung, die in der Vorgeschichte eine primitive Grundstufe menschlicher Entwicklung sah.85 In der ersten Hälfte des 20. Jh. spielten Invasionstheorien für unterschiedliche geographische Räume und chronologische Phasen eine bedeutende Rolle. Erinnert sei hier nur an die Indogermanenfrage. Derartige Theorien von der Ausbreitung, Verdrängung und Überlagerung (bis hin zur Unterwerfung und Auslöschung) von Kulturen und Völkern beinhalten immer auch den Gedanken der Überlegenheit und aggressiven Ausdehnung bestimmter Gruppen.86 Hier sei ein Grabungsbericht aus dem Jahr 1911 zitiert, der phantasievoll Funde einer einzelgrabzeitlichen bis frühbronzezeitlichen Wohnstation in der Nasensteinhöhle im Ith interpretiert: „Höhlenbewohner ... als südlich vorgeschobene Splitter eines nordischen Stammes, die sich dort mehr oder weniger lange andauernde Jagdstationen gründeten und im Kampf gegen eine stammesfremde, in der Gegend ansässige Bevölkerung von den Erträgen der Jagd lebten und von ihrer durch die Natur selbst zu einer Festung ausgestalteten Höhle aus auch gelegentliche Menschenjagden gegen die eingesessene Bevölkerung unternahmen.“87 Robert Ardrey beschrieb noch eingangs der zweiten Hälfte des 20. Jh. den Frühmenschen aufgrund angeborener Aggression als hoch territorial; er sprach von „man the killer“ und sah schon in den Australopithecinen Vernichter von Mitmenschen.88 Auch die Annahme von regelmäßigen Menschenopfern89 und Kannibalismus90 in neolithischen Kulturen wurde in der Forschung häufig vertreten, wobei der Schauer des Primitiven eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben dürfte.

85 Castleden 1994, 204. – In den Inventaraufnahmen des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde werden entsprechende Artefakte unter der Rubrik „Streitäxte und Streithämmer“ aufgelistet; vgl. z. B. Jb. 4, 1839, 23 f. – Siehe auch etwa Seger 1942, der wohl mesolithische Steingeräte als „Totschläger“ beschrieb. 86 Etwa Kossinna 1921; 1926. 87 Aus dem Grabungsbericht des Apothekers Dr. Joesting, der 1911 dort Grabungen vornahm; zitiert nach Krüger 1980, 231. 88 Ardrey 1966. 89 Siehe Kunkel 1955 zu den Befunden aus der Jungfernhöhle bei Tiefenellern. 90 Zu angeblichem bandkeramischen Kannibalismus: Coblenz 1962; Hoffmann 1971. Zur Diskussion um Kannibalismus: Peter-Röcher 1994. 33 Mit der Abkehr von Invasions- und Einwanderungstheorien wurde die Vorgeschichte in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg allgemein „befriedet“; Aggression und Gewalt spielten in den Darstellungen einzelner Epochen keine Rolle mehr. Dies betraf vor allem die steinzeitlichen Phasen. Der Mythos der aggressionslosen Urgesellschaft wurde besonders auf das Paläo- und Mesolithikum ausgedehnt, Zeitphasen der menschlichen Entwicklung, in denen der zur Verfügung stehende Raum angeblich groß genug war, um allen Konflikten erfolgreich aus dem Weg zu gehen. Die Annahme einer friedlichen Urgesellschaft beruhte auf Darstellungen rezenter, angeblich völlig unaggressiver, nicht-territorialer Jäger- und Sammlervölker, wie etwa die Buschleute der Kalahari oder die Arapesh in Neuguinea. Auch das Neolithikum wurde als eine Phase weitgehend egalitärer Gesellschaften betrachtet, deren friedliches Dorfleben nicht von größeren Auseinandersetzungen gestört wurde. So schrieb U. Schaefer 1978 nach der anthropologischen Auswertung neolithischen Skelettmaterials: „Die Bandkeramik gibt sich in keiner Weise kriegerisch und vermittelt im ganzen das Bild einer ruhig lebenden Bauernbevölkerung.“91 Von paläopathologischer Seite kamen mit der Untersuchung einzelner Befunde von Gewaltakten auch kritische Äußerungen zu dieser Sichtweise. P. Jannsens stellte bereits 1970 fest: „Neolithic people are usually taken to have been peaceful peasants. Surely the study of palaeopathology can prove the opposite.“92 Bei der Betrachtung des Phänomens in der Forschungsgeschichte ist darüber hinaus bis weit in das 20. Jh. hinein auf oft unzureichende Angaben zu Skelett- und anderen Funden hinzuweisen. Als Beispiel sei hier ein Aufsatz von H. Lies aus dem Jahr 1963 angeführt:93 Unter dem Titel „Ein Gefäß der Linienbandkeramik mit reliefierten Gesichtsdarstellungen von Barleben, Kr. Wolmirstedt“ findet sich im Bericht über eben dieses Gefäß auch die Abbildung eines Grabungsauschnitts des betreffenden bandkeramischen Grabensystems. In der Abbildungsunterschrift heißt es nur lapidar: „beiderseits einer torähnlichen Anlage Skelette von sechs erschlagenen Menschen“ – weitere Angaben zu diesen Skelettfunden fehlen völlig.94 Die Schwierigkeit, aggressive zwischenmenschliche Handlungen im Verlauf der Vorgeschichte zu sehen, beruhte besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jh. lange nicht auf einem Mangel an Fakten, sondern eher auf dem Desinteresse der Forschung bzw. einem Widerstand, bekannte Fakten auch anzuerkennen. Systematische Überlegungen zu Gewalt und Aggression als Gegenstand der archäologischen Forschung sind so nur vereinzelt vorgenommen worden. Hier ist v.a. S. Vencl zu nennen, der über einen längeren Zeitraum mit Studien zum Thema hervortrat,95 wobei er sich verschiedenen Zeitepochen von der Steinzeit an widmete und auch Überlegungen zu Waffen und Befestigungen mit einbezog.

91 Schaefer 1978, 85. 92 Jannsens 1970, 32. 93 Lies 1963. 94 Nach mdl. Auskunft von Frau Dr. Teschler-Nicola, Wien, im November 2003 konnte das Skelettmaterial bisher nicht lokalisiert werden, so daß keine Angaben zu den eventuellen Läsionen möglich sind. Aus diesem Grund sind sie im Katalog dieser Arbeit nicht erfaßt worden. 95 Etwa Vencl 1979; 1983; 1984a; 1984b; 1991; 1999. Ein kurzer Überblick auch bei Behrens 1983. 34 Unterstützt durch neue Befunde, und dazu geprägt von (wenn auch meist nur indirekt erlebten) zunehmenden Gewaltereignissen der modernen Welt, spielt die Frage nach der aggressiven, gewalttätigen Komponente des vorgeschichtlichen Lebens in jüngster Zeit wieder verstärkt eine Rolle. L. Keeley bewertet in seinem 1996 erschienenen Buch „War before Civilisation“96 die Vorgeschichte als sehr kriegerisch; er wendet sich heftig gegen die Tendenz der archäologischen und ethnographischen Forschung, die Prähistorie als friedlich- paradiesisch darzustellen und stellt mit zahlreichen Beispielen rezenter Völker, historischen Quellen und archäologischen Befunden ein – überzeichnetes – Bild vor, indem er bereits für die Vorgeschichte konstante, häufige und tödliche Kriege postuliert. Neuere Studien der ethnographisch-ethnologischen Foschung zeigen, daß auch rezente Jäger-/Sammlervölker territorial und aggressiv sein können und Kriege führen;97 dies trifft umso deutlicher auf seßhafte Gruppen zu. Vor diesem Hintergrund ergeben sich neue Möglichkeiten für die Interpretation steinzeitlicher Situationen.

Schlaglichtartig (hier ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit aufgeführt) zeigen archäologische Befunde aus unterschiedlichen Abschnitten der Vor- und Frühgeschichte, daß gewaltsame Handlungen gegen Personen in verschiedenen geographischen Regionen während diverser chronologischer Phasen auftauchten: Aus Wassenaar in den Niederlanden stammt eine bronzezeitliche Mehrfachbestattung mit zwölf Individuen. Ein Mann hatte eine Pfeilspitze zwischen den Rippen, die Schädel von drei weiteren Männern zeigten Hiebspuren. Der Schädel eines Kindes war abgetrennt, dann aber mitbestattet worden.98 Die Knochenfunde aus dem Moor von Vaedebro in Dänemark, Überreste von mindestens 26 Männern im Alter zwischen 17 und 50 Jahren, datieren in das erste Jh. u. Z. und werden als Reste einer Gruppe von Kriegern interpretiert, die einen gewaltsamen Tod fanden. Zwei der Schädel weisen unverheilte Hiebverletzungen auf; ältere, verheilte Verletzungen an anderen Knochen des Fundkomplexes belegen, daß die betreffenden Individuen bereits vorher an gewaltsamen Auseinandersetzungen bzw. Kämpfen beteiligt waren.99 Auch eisenzeitliche Moorleichen weisen oft Belege für Gewalthandlungen auf: Tod durch Erdrosseln ist ebenso belegt wie durchtrennte Kehlen und Schlagverletzungen.100 Ch. Fabech rekonstruiert nach einer Untersuchung von Waffenopferplätzen der Kaiserzeit bis zur frühen Völkerwanderungszeit eine Gesellschaft im Zustand konstanter Kriegführung. Die Beuteopferungen sieht sie eng verbunden mit militärischen Operationen, so daß danach von mindestens 49 Schlachten innerhalb von 300 Jahren ausgegangen werden kann.101 An diesen

96 Keeley 1996. Kritik an der Darstellung Keeleys, die teilweise stark zuspitzt und übertreibt, übt Ferguson 1997b (der allerdings auch zu den von Keeley angegriffenen sogenannten „Befriedern der Vorzeit“ gehört). 97 Schmidt 1993. 98 Louwe Koojmaans 1993; Parker Pearson 1999, 115 ff. 99 Jansen Sellevold et al. 1984, 245 ff. 100 Parker Pearson 1999, 67 f. 101 Fabech 1991. 35 Auseinandersetzungen waren größere Zahlen von Kriegern beteiligt. Im Nydam-Moor geben über 350 Lanzenspitzen einen Anhaltspunkt für die Zahl der unterlegenen Kombattanten, die tatsächliche Zahl der Unterlegenen wird allerdings auf etwa 1000 geschätzt. Auch wenn man berücksichtigt, daß es sich vermutlich um drei oder vier zeitlich differierende Niederlegungen handelt, bleiben die Zahlen beachtlich. Weitere Waffenopferfundplätze dieser Zeit lieferten Fundmaterial in vergleichbaren Ausmaßen.102 Aus England stammt ein in das 2. Jh. zu datierender Schädel mit tödlichen Hiebverletzungen und Spuren von Entfleischung, der als Trophäenschädel angesprochen werden kann.103 Aus der Mitte des 3. Jh. u. Z. stammen aus einer Brunnenverfüllung einer römischen Siedlung Skelettreste von zwei erwachsenen Individuen, die beide durch Schläge gegen den Schädel und den Rest des Körpers getötet worden waren. Die Situation wird mit einem alamannischen Überfall in Verbindung gebracht.104 Bei Rubenheim im Saarland wurde das in das 3.-5. Jh. datierte Skelett eines adulten Mannes entdeckt, dessen Schulterblatt Spuren einer tödlichen scharfen Gewalteinwirkung, wohl eines Schwertstoßes, zeigt.105 Aus dem römischen vicus Vitudurum in der Schweiz stammt das Skelett eines adulten Mannes aus dem 5. oder 6. Jh., dem, wie parallele Schnittflächen an Finger- und Handwurzelknochen belegen, vielleicht im Rahmen einer Folter- oder Strafmethode beide Hände sukzessive abgetrennt wurden – links sind drei, rechts mindestens zwei Hiebe oder Schnitte von der Handinnenfläche zum Handrücken hin belegt.106 Aus der Zeit um 700 vom alamannischen Gräberfeld Herrenberg stammt die Bestattung eines jungen Erwachsenen, dessen linke Hand wohl im Kampf abgetrennt worden war. Die Verletzung wurde über einen längeren Zeitraum überlebt.107 Auch bei der Untersuchung des Skelettmaterials mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Friedhöfe werden immer wieder verheilte und unverheilte Läsionen an Knochen, speziell an Schädeln, beobachtet.108

Die jüngere archäologische Forschung Nordamerikas liefert spektakuläre Befunde zum Thema.109 Eine im archäologischen Befund nachgewiesene Auseinandersetzung beträchtlichen Ausmaßes ereignete sich etwa AD 1325 +/- 55 nahe dem Missouri in South Dakota. Die in der Literatur als „Crow Creek Massacre” beschriebene Situation veranschaulicht deutlich die Dimensionen, die Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Siedlungsgemeinschaften annehmen können. Es handelt sich um eine teilweise archäologisch ergrabene befestigte Siedlung, welche durch ihre Lage zwischen zwei Flußläufen geschützt und zusätzlich durch Graben und Palisade gesichert war. Innerhalb des Grabens wurden Reste von mindestens 486 Individuen entdeckt, die großenteils nachweislich gewaltsam ums

102 Dazu Gebühr 2000, 38. 103 Mays/Steele 1996. 104 Hampel 2001. 105 Reinhard 2002, 49. 106 Langenegger et al. 2002. Der kleine Finger der rechten Hand war, wohl da er reflexartig angezogen wurde, unverletzt – dies wird als Beleg dafür gewertet, daß die Amputation am Lebenden ausgeführt wurde. 107 Wahl et al. 2004. 108 Bspw. Jungklaus 1997. 109 Zur Geschichte und Bedeutung verschiedener Befunde: LeBlanc/Rice 2001. 36 Leben gekommen waren.110 Etwa 40% der Schädel zeigten Frakturen ohne Heilungsreaktionen von teils stumpfen, teils auch axtähnlichen Werkzeugen bzw. Waffen. Zudem fanden sich Pfeilspitzen zwischen den Knochen. Da die Leichen erst einige Zeit nach der Tötung im Graben bestattet wurden, ist es wahrscheinlich, daß ein Großteil möglicherweise verwendeter Pfeile entfernt worden oder herausgefallen ist. Zusätzlich finden sich an über 90% der Schädel Spuren von Verstümmelungen in Form charakteristischer Schnittspuren. Nachgewiesen wurden v.a. Skalpierungen, aber auch Enthauptungen, Abtrennen von Nasen, Herausschneiden von Zungen sowie möglicherweise Abtrennen von Händen und Füßen.111 Von den Vorgängen betroffen waren alle Altersgruppen beider Geschlechter, allerdings sind Frauen im gebärfähigen Alter insgesamt deutlich unterrepräsentiert. Dieser Überfall auf eine Dorfgemeinschaft, bei dem die Siedlung niedergebrannt wurde und der Großteil der Bewohner ums Leben kam, wird mit Bevölkerungswachstum in einer Phase klimatischer Instabilität mit daraus resultierendem zunehmendem Wettstreit um Land und Ressourcen in Verbindung gebracht. Angreifer und Angegriffene werden dabei Teil desselben kulturellen Systems gewesen sein.112 Andere Fundplätze aus Nebraska, Michigan und South Dakota, die in das 11. – 14. Jh. bzw. das 17. Jh. AD datiert werden und ebenfalls Belege für gewaltsame Tötungen und Verstümmelungen geliefert haben,113 zeigen, daß das Crow Creek Massaker keinen Einzelfall darstellt. Aus dem Südwesten der USA stammen mehrere Beispiele für aggressive und kriegerische Handlungen zwischen Individuen bzw. Siedlungsgemeinschaften. Pueblo-Dörfer zeigen ab dem 13. Jh. deutlich defensive Züge; gelegentlich finden sich Belege für das gewaltsame Ende von Siedlungen. Indianische mündliche Überlieferung macht dafür fremde Einwanderer verantwortlich, wahrscheinlicher ist aber Konkurrenzdruck unter einheimischen Kulturgruppen aufgrund einer Klimaverschlechterung.114 Besonders für die zweite Hälfte des 13. Jh. zeigen bildliche Überlieferungen der Anasazi Abbildungen von Schilden und Schildträgern sowie Duell- und Kampfszenen.115 Bestimmte Artefakte des 12. Jh. scheinen auf den Gebrauch spezieller Waffen hinzudeuten.116 Insgesamt läßt sich für den Südwesten jener Zeit ein Bild zeichnen, das alle Aspekte kriegerischer Auseinandersetzungen

110 Zimmerman 1997. 111 Willey 1990, 113 ff. Zwei der Opfer waren bereits zu Lebzeiten einmal skalpiert worden; hier fanden sich charakteristische Heilungsspuren. An Fundplätzen des Western Tennessee Valley ist als weitere Art der Trophäengewinnung die Abtrennung von Unterarmknochen belegt; es finden sich sowohl Skelette mit abgetrennten Unterarmen als auch verzierte Unterarmknochen (wie auch Schädelschalen) in anderen Zusammenhängen, etwa Gräbern. Dazu Smith 1997. 112 Zimmerman 1997, 89 f. 113 Dazu Willey 1990, 94; Wilkinson 1997. 114 Lightfoot/Kuchelman 2001. 115 Crotty 2001. 116 Rice 2001. Es handelt sich dabei um hölzerne keulenartige Geräte, deren Griff hakenförmig ausläuft. In Überlieferungen werden ähnliche Waffen beschrieben: „ ... the pointed hook at the end of the handles of the Marana clubs recalls the Piman descriptions of a difficult but highly valued maneuvre in which the combatant struck the enemy on the head with a downward movement of the club and slashed his abdomen with the pointed end of the club on the return upswing.“ Ebd., 325. 37 beinhaltet, von Überfällen und dem Töten einzelner Mitglieder anderer Siedlungen bis hin zu Massakern und dem Ausrotten ganzer Dörfer.117 Eine Skelettserie von über 750 Individuen aus dem Küstenbereich Südkaliforniens aus dem Zeitraum 6500 BC bis ins 14. Jh. AD zeigte an knapp 17% der Schädel Spuren von Gewaltereignissen, die oft im Frontalbereich lagen und in der Mehrzahl Männer betrafen.118 Auch für das Gebiet der Nordwestküste sind kriegerische Auseinandersetzungen belegt, die nach ethnohistorischen Belegen aus verschiedenen Gründen geführt wurden (wie etwa Rache, Frauenraub, zur Erbeutung von Sklaven und Nahrungsmitteln), aber auch auf Territorialgewinn ausgerichtet waren. Bemerkenswerterweise gingen Auseinandersetzungen dieser Art meist von Gruppen aus, die zahlenmäßig und ökonomisch gut ausgestattet waren, somit also gute Siegchancen hatten. Gemeinschaften, die in Not waren, hatten fast nie die Mittel, einen erfolgreichen Kriegszug zu starten. Hier zeigt sich erneut die Notwendigkeit, archäologische und ethnohistorische Belege, wenn möglich, zu kombinieren.119

Untersuchungen prähistorischen Skelettmaterials australischer Ureinwohner zeigten ebenfalls zahlreiche Frakturen im postkranialen Skelettmaterial und an Schädeln. Erstaunlicherweise waren im untersuchten Material Frauen häufiger von Gewalteinwirkung am Schädel betroffen als Männer;120 ein Ergebnis, das im Gegensatz zu sonst erzielten Resultaten steht und sich auch von statistischen Aussagen zu modernen Schädeltraumata unterscheidet. Eventuell deutet sich hier eine inferiore Stellung weiblicher Individuen an. Meist fanden sich die Verletzungen auf den Scheitelbeinen, wobei Frauen eher auf der rechten, Männer dagegen eher auf der linken Seite betroffen waren. Als verursachende Waffen werden Keulen, Äxte, Schlingensteine, und Grabstöcke genannt. Außerdem unterscheidet sich die Häufigkeit der Schädelverletzungen zwischen einzelnen Regionen des Kontinents.121 Parierfrakturen wurden besonders häufig bei Männern aus der Wüstenregion und bei Frauen aus dem Ostküstengebiet beobachtet, was möglicherweise auf unterschiedliche kulturelle Gegebenheiten hinweist. Jüngst konnten am Skelett eines Mannes aus einer ca. 4000 Jahre alten Bestattung eindeutige Spuren einer Tötung mittels eines Speeres festgestellt werden.122

117 Oliver 2001. Martin 1997, 65 weist darauf hin, daß auch in Regionen, die offensichtlich nicht unter Ressourcenmangel litten, Frakturen an Schädeln beobachtet wurden. Dabei waren häufig Frauen Opfer von Gewalthandlungen, was auf geschlechterbezogene Aktionen im Sinne „häuslicher Gewalt“ hindeuten könnte. 118 Lambert 1997. Verletzungen bei Frauen waren besonders unregelmäßig verteilt, was als Zeichen „häuslicher Gewalt“ interpretiert wird. 119 Viele dieser Kriege und Kriegszüge werden als demographisch fatal gewertet, da aufgrund hoher Mortalitätsraten ganze Gemeinschaften ausgelöscht wurden. Für eine Veränderung des Siedlungsmusters ab etwa AD 200 mit starker Betonung der defensiven Komponente werden neue Waffen- und Angriffstechniken verantwortlich gemacht. Noch im 19. Jh., als die drastisch reduzierte Bevölkerungsdichte kriegerische Handlungen in keiner Weise mehr rechtfertigte, waren Auseinandersetzungen, die zahlreiche Menschenleben forderten, an der Tagesordnung. Das spricht dafür, daß Krieg zu diesem Zeitpunkt bereits seit langem als integraler Bestandteil der Nordwestkultur verstanden wurde. Dazu Maschner 1997. 120 Webb 1989, 139. 121 Ebd., 139 f. Webb vermutet ohne Angabe von Gründen, Frauen hätten sich ihre Verletzungen in gleichgeschlechtlichen Auseinandersetzungen zugezogen. 122 McDonald et al. 2007. 38 Inzwischen herrscht in der Forschung Übereinstimmung darüber, daß Gewalt und kriegerische Auseinandersetzungen in unterschiedlichem Ausmaß Bestandteil der prähistorischen Lebenswelt waren und in der Beschreibung dieser Zeiträume nicht länger vernachlässigt werden dürfen. So werden auch für das Neolithikum Vorderasiens, das lange als friedliche Zeitepoche angesehen wurde, über Defensivstrukturen hinaus zunehmend pathologische und ikonographische Belege, die ursprünglich als Zeugnisse kultischer Handlungen betrachtet wurden, als Hinweise auf gewaltsame Akte in Form kriegerischer Aktionen oder Überfälle interpretiert.123 Die zunehmende Beachtung und Diskussion der Befunde aus der europäischen Jungsteinzeit hat auch dazu geführt, daß beispielsweise in Großbritannien die Zahl der Belege für gewalttätige und kriegerische Auseinandersetzungen während des Neolithikums die für die Eisenzeit, eine Zeitphase, für die das Vorkommen von Kriegen klassischerweise als selbstverständlich gilt, mittlerweile übertrifft.124

3.3 Gewalt und Aggression aus der Sicht ethnographischer und ethnologischer Forschungen Aus ethnographischen und ethnologischen Berichten verschiedener Zeitstellungen liegen zahlreiche Beschreibungen für aggressive Handlungen zwischen Individuen und Gruppen in naturgemäß sehr unterschiedlicher kultureller Ausformung vor. Eine Beurteilung, inwieweit diese Beschreibungen der archäologischen und historischen Aufarbeitung verwandter Phänomene dienlich sein können, ist aufgrund der großen chronologischen Differenz generell schwierig. Auch die geographische Streuung der gesammelten Berichte erschwert die Auswertung in Hinsicht auf Vergleiche mit prähistorischen Gemeinschaften in Europa, die nur über den archäologischen Befund erschlossen werden können. Ebenso müssen die in der Neuzeit erhobenen Beobachtungen nicht unbedingt den natürlichen Zustand der so beschriebenen Gemeinschaften dokumentieren. So sollen in zahlreichen Gemeinschaften, die nach ethnographischer Berichterstattung als kriegerisch erscheinen, diese Verhaltensmuster erst nach dem Kontakt mit kolonisierenden Europäern entstanden sein, die den Einheimischen nicht nur neue Waffen und Strategien vermittelten, sondern sie auch mit neuen Spielarten von ökonomischem und politischem Einfluß vertraut machten.125

123 Müller-Neuhof 2005, etwa zu Jerf-el-Ahmar, Nemrik, Cayönü, Asikli, Tell Bouqras und Catal Höyük. 124 Armit 2001, 10. 125 Vgl. dazu u. a. Whitehead 1990. – Marshall Thomas 1993 berichtet über die Erodierung von Maßnahmen zur Friedensaufrechterhaltung bei den Ju/wasi von Nyae Nyae, die als ursprüngliches Jägervolk mit zunehmender Seßhaftigkeit und Außenkontakt eine erhöhte Gewaltrate zu verzeichnen hatten, wobei ursprünglich nur zur Jagd verwendete Giftpfeile dann auch gegen Menschen eingesetzt wurden. Zu Akkulturationserscheinungen im Kontakt mit Weißen auch Ember/Ember 1997. Zu weit geht die Annahme von Service 1968, Krieg bei primitiven Völkern sei überhaupt erst infolge des Kontakts mit Weißen entstanden; vorher habe es höchstens „Auseinandersetzungen“ in kleinerem Maßstab gegeben. 39 Hinzu kommt, daß Kulturgruppen und Gemeinschaften im Verlauf der Zeit ihre Einstellung zu gewaltsamer Vorgehensweise ändern bzw. Modifikationen aufgrund naturräumlicher Änderungen auftreten können. Zu einem bestimmten Zeitpunkt gewonnene Beobachtungen und Erkenntnisse sind demnach nicht als allgemein für längere Zeiträume gültig zu bewerten.126 Berichte dieser Art sind danach nur sehr eingeschränkt zur Rekonstruktion prähistorischer Situationen zu nutzen. Andererseits fehlt den archäologischen und anthropologischen Befunden die reiche Aussagekraft der ethnographischen Beschreibungen im Hinblick auf Details, spezifische Ereignisse, Absichten und Motivationen. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß gerade kleinere Überfälle und Attacken, die eher sporadisch stattfinden und nur wenig physischen Kontakt der Teilnehmer auf beiden Seiten aufweisen, so gut wie keine Spuren im archäologischen Befund hinterlassen.127

Auch wenn ethnographische Angaben und Beschreibungen – allein schon aufgrund der chronologischen Differenz und geographischen Breite – keine direkte Übertragung auf prähistorische Situationen gestatten,128 können sie doch ein Bild von der Vielfalt der Möglichkeiten im Umgang mit Konflikten geben und einen Eindruck von der möglichen Verwirklichung aggressiver Handlungen, Schlachten und Kriege liefern. Im folgenden wird daher eine begrenzte Auswahl von Beispielen angeführt, die die vielfältigen Möglichkeiten der Ausprägung von Gewalthandlungen und Kriegen illustrieren sollen.

Innerhalb der hierarchisch gegliederten Stammesverbände der Maori Neuseelands wurde Bevölkerungsdruck durch Kriege gegen Nachbarn begrenzt, die im Besitz von Ackerland waren. Dies galt als weniger mühevoll, als selbst Urwald zu roden. Daneben spielten Rachegedanken wegen erlittener oder eingebildeter Kränkungen eine Rolle; oft wurde eine Kränkung willentlich herbeigeführt, um einen Angriffsgrund zu haben. Die Kriegführung war brutal und zielte auf die Tötung möglichst vieler Feinde. Schädel wurden als Trophäen genommen, getötete Feinde angeblich häufig verzehrt. Auch hier zeigt sich das enge Ineinandergreifen materieller und ideeller Werte als Grund für Auseinandersetzungen: von Kindheit an lernten Jungen, daß Beleidigungen nicht hinzunehmen waren und Rache forderten. Einschränkend auf die Auseinandersetzungen wirkte die Existenz von Verteidigungsanlagen, die gewöhnlich auf Hügeln errichtet und mit Gräben, Pfahlwerk und Erdwällen ausgestattet waren, so daß es sich im wesentlichen um Kämpfe in Form von Angriff

126 Außerdem ist gerade in statistischen Zusammenfassungen und Klassifizierungen aufgrund unterschiedlicher Aufnahmemodi und subjektiv ausgewählter Faktoren mit abweichenden Ergebnissen zu rechnen. Schwierig wird es, wenn die jeweils gewonnenen Ergebnisse allgemein gewertet und auch auf andere Zeitphasen angewendet werden. Vgl. etwa Fergusson 1997, 333, der aufgrund ethnographischer Untersuchungen und eines allgemeinen Überblicks über weltweit erhobene Befunde zur Vorgeschichte zum Schluß kommt, „individual killings seem rare and organized killing nearly absent throughout most of our collective past“. 127 Haas 1990b, 172. 128 Zur Diskussion der Anwendbarkeit ethnographischer Beispiele auf archäologisches Material auch Carman 1997b, 222. 40 und Verteidigung von Befestigungsanlagen handelte. Die hohe Zahl solcher Anlagen (etwa 4000 wurden beschrieben) zeigt eindringlich die Bedeutung gewaltsamer Auseinandersetzungen, aber auch den Stand der gesellschaftlichen Organisation, die die Errichtung der Bauwerke ermöglichte. Vorratslager in den Anlagen ermöglichten den Verteidigern, die Verwüstung ihrer Felder zu überstehen, da die Maori offensichtlich nicht über Mittel des Belagerungskrieges verfügten.129 Grausamkeit gegenüber besiegten Feinden bis hin zu Formen ritueller, oft brutalster Tötung sind auch für zahlreiche andere Völker und Kulturgruppen belegt, etwa nordamerikanische Indianerstämme und mittel- und südamerikanische Kulturen.130

Für die Mae Enga im Hochland Neuguineas waren Auseinandersetzungen und Kampfhandlungen innerhalb der einzelnen patrilinearen Clangruppen, wobei Territorien mit festgelegten Grenzen in wechselnden Allianzen angegriffen bzw. verteidigt wurden, noch im 20. Jh. typisch.131 Dabei werden für den Zeitraum zwischen 1900 und 1950 mindestens 84, möglicherweise aber auch bis zu 200 bewaffnete Konflikte erwähnt, deren Ursache in der Mehrzahl in Streitigkeiten um Land lag; andere Gründe waren Viehdiebstahl, aber auch Rache für Morde und andere tätliche Angriffe auf Mitglieder der betroffenen Clangruppe. In einigen Fällen kam es dabei zur totalen Vertreibung einer Clangruppe von ihrem Land. Die Art und Heftigkeit von Angriffen richtete sich jeweils nach dem Verwandschaftsgrad der beteiligten Gruppen: Auseinandersetzungen zwischen Clans der gleichen Abstammungslinie wurden in der Regel abgesprochen, fanden nach festen Regeln statt und dienten bei Teilnahme mehrerer hundert Mitwirkender eher als Show und Prestigefaktor. Kämpfe innerhalb eines Clans galten, solange keine Todesfälle zu beklagen waren und keine Häuser verbrannt wurden, nicht als Krieg. Kam es zu ernsthaften Auseinandersetzungen, die Tote forderten, versuchten die „Big Men“, deren Einfluß und Macht eher auf ihren Positionen in Austauschnetzen als auf militärischem Prestige beruhten, zu vermitteln. Ernsthafte Angelegenheiten waren dagegen Auseinandersetzungen zwischen Clans unterschiedlicher Abstammungslinien. Hier versuchte man durch Überraschungsangriffe und regelrechte Invasionen das Territorium des Feindes zu besetzen; Kult- und Wohngebäude wurden verbrannt, Bäume und Felder zerstört, Vieh getötet. Angegriffen wurden sowohl Kämpfer als auch Nicht-Kombattanden, gefallene Feinde wurden verstümmelt. Meggitt berichtet über 18 solcher Ereignisse, wobei 69 Personen getötet wurden.132 Als Waffen verwendet wurden Steinäxte, deren Tragen für das Selbstverständnis der Männer zentral war, Speere sowie Pfeil und Bogen133;

129 Siehe Keegan 1997, 166 f. 130 Turney-High 1949; Keegan 1997. 131 Meggitt 1977. 132 Die Zahl getöteter Personen pro Überfall betrug dabei bis zu 24. Ebd., 36. 133 Als Pfeilbewehrungen hochgeschätzt waren neben gewöhnlichen Bambusspitzen importierte, mit Widerhaken versehene Projektile aus Palmenholz, seltener ebenfalls erhandelte Spitzen aus menschlichen Knochen. Manchmal wurden Holzspitzen mit Tierklauen überzogen, welche beim Herausziehen des Pfeils in der Wunde verblieben. Ebd., 54 ff. – Pfeilspitzen aus menschlichen Knochen, die nachgewiesenermaßen gegen Menschen eingesetzt wurden, sind auch für die Chamorro des prähistorischen in Mikronesion nachgewiesen. Diese 41 Körperschutz war außer leichten, zähen Schilden aus Borke nicht bekannt. In der Folge trugen viele Kämpfer Narben von Pfeilschüssen; Axthiebe und Speerstöße dagegen waren in der Regel tödlich. Die meisten Wunden wurden auf der linken Körperseite beobachtet. Insgesamt wurden ca. 25% der Todesfälle bei Männern auf das Kampfgeschehen zurückgeführt, bei den Opfern handelte es sich meist um junge, unerfahrene Kämpfer. Die Kämpfe und Auseinandersetzungen bei den Mae Enga werden auf Bevölkerungsdruck in dichtbesiedeltem Gebiet, aus dem keine Expansion nach außen möglich war, zurückgeführt, wobei jedoch aufgrund der vorherrschenden Polygynie trotz einer relativ hohen Ausfallquote an Männern kaum Einfluß auf die Reproduktionsrate zu beobachten war.

Die Kobon im Hochland von Papua-Neuguinea, eine mit Ausnahme der Geschlechterbeziehungen relativ egalitäre Gesellschaft, verfolgen sowohl in Tauschbeziehungen wie auch in Auseinandersetzungen eine „Wie du mir, so ich dir“- Strategie. Eine Gabe bedingt eine Gegengabe, ein Toter in einem Konflikt muß nach dem Äquivalenzprinzip mit einem Toten der Gegenseite gerächt werden. Da als Todesursache häufig Hexerei angenommen wird, sind Racheunternehmungen nicht selten. Die Tötung der als Ziel der Rache festgelegten Person erfolgt dabei nach den Regeln der Tierjagd: man pirscht sich an das Opfer heran und erlegt es mit Pfeil und Bogen oder der Axt. Werden die Rächer dabei überrascht, kann es zu mehrwöchigen Kampfhandlungen kommen. Diese können offiziell durch eine Zeremonie beendet werden, bei unausgeglichener Opferbilanz sind aber weitere Überraschungsangriffe nicht ausgeschlossen.134

Das Volk der Iban auf Borneo ist ausdrücklich mit einem Zelebrieren der Kopfjagd verbunden, die besonders für die Männer zentraler Punkt der Kultur war, da Status und Ansehen auf dem Prestige eines Kriegers beruhten. P. Beavitt postuliert einen engen Zusammenhang zwischen der Einführung der Landwirtschaft in Form des Reisanbaus ab dem 15. und 16. Jh. und der raschen Ausbreitung kriegerischer Aktivitäten. Berichte aus dem 19. Jh. veranschaulichen die Situation: Die Kultivierung des Reises blieb weitgehend den Frauen, Kindern und Alten überlassen, während die jungen Männer zu Kriegszug und Kopfjagd aufbrachen. Bemerkenswert ist dabei besonders das Bestreben der Iban, ihren Reisanbau auf immer neues Land auszuweiten. Jäger-Sammler-Gemeinschaften, die dieses Land ursprünglich besiedelten, waren gezwungen, entweder den Reisanbau und die Iban-Kultur zu übernehmen, oder sie wurden ausgelöscht. Erstere Möglichkeit wurde dadurch befördert, daß die stete Bedrohung ohnehin zu einer mehr seßhaften Lebensweise zwang. Der Niedergang von Konkurrenten wurde auch dadurch unterstützt, daß die

wurden allerdings aus den Knochen der eigenen Verstorbenen hergestellt; dabei spielte möglicherweise die Annahme einer speziellen Macht der Ahnen eine Rolle. Dazu McNeill 2002. 134 Görlich 1996. 42 Iban Gefangene an die Malayen verkauften, wodurch kleinere Gruppen in ihrer Populationsstärke getroffen wurden.135

Das einige tausend Menschen zählende Volk der Yanomamö, das am Oberlauf des Orinoco entlang der Grenze von Brasilien und Venezuela beheimatet ist, wird in der Literatur ebenfalls häufig als auffällig aggressionsbereit beschrieben. N. Chagnon, der die Yanomamö ab Ende der 60er Jahre des 20. Jh. wiederholt studierte, beschreibt verschiedene Konfliktsituationen. Auseinandersetzungen zwischen Dörfern, etwa bei gemeinsamen Festen, konnten in ritualisierter Form nach festen Regeln zwischen einzelnen Individuen erfolgen. Dies reichte in Form von Duellen vom sog. Brustschlagen über das Seitenschlagen bis hin zu Keulenkämpfen. Schwere Verwundungen oder Todesfälle waren bei dieser Form der Auseinandersetzung nicht die Regel.136 Zwischen einzelnen Dörfern kam es aber auch zu Überfällen, die mit dem Ziel, unerkannt Mitglieder der anderen Gruppe zu töten, unternommen wurden. Oft waren triviale Streitigkeiten die Ursache, meist ging es um gekränkte Ehre, Rache und Ehebruchsituationen. Gegenüberfälle der anderen Seite aus Rache waren dann zu erwarten. Der Raub von Frauen war nur selten primäres Ziel, in der Regel aber Nebeneffekt der Unternehmung. Chagnon schätzte, daß etwa 30 % der Todesfälle bei erwachsenen Männern auf Gewalt zurückzuführen waren; ca. 40 % der Männer hatten mindestens einmal an einem Überfall teilgenommen. Zwei Drittel der über 40jährigen hatten mindestens einen Angehörigen durch Gewalt verloren. Das Ausmaß solcher Auseinandersetzungen variierte dabei von Region zu Region.137 Die Kampfesweise der Yanomamö scheint ein kulturelles Phänomen zu sein. Das Territorium der siegreichen Dörfer wird selbst bei Zerschlagung der Siedlungsgruppe des Gegners nicht vergrößert;138 vielmehr scheint es um die Betonung der eigenen Souveränität, des Rufs des Dorfes in der Ethnie zu gehen. Eine militante Ideologie dient dabei dem Erhalt der Unabhängigkeit einzelner Siedlungen im Milieu eines chronischen Krieges, eine abweichende Konfliktgestaltung erscheint nicht realisierbar. Der Krieg ist auch ein Auswahlverfahren im Rahmen der Fortpflanzung, denn das Ansehen von Männern beruht auf dem Kampfverhalten; ein erfolgreicher Krieger hat daher im Regelfall mehr Frauen und Nachkommen.139

In den Auseinandersetzungen der Völker im Küstenregenwaldgebiet Brasiliens und der angrenzenden Savanne ab dem 15. Jh. scheinen vorwiegend die reichen Ressourcen des Meeres und das fruchtbarere Küstenland Kriegsgründe gewesen zu

135 Beavitt 1997. Die Tradition der Kopfjagd bei den Iban scheint wesentlicher älter gewesen zu sein, doch mit der Ausbreitung des Reisanbaus wurde sie offenbar häufiger und aggressiver. Die erbeuteten Schädel wurden präpariert und in unterschiedlicher Form ausgestellt. 136 Chagnon 1992 207; Keegan 1997, 151 f. 137 Chagnon 1992, 239. 138 Dies gilt nur bei Siedlungsgemeinschaften des eigenen Stammes; bei Auseinandersetzungen mit fremden Stämmen erweitern die Yanomamö ihr Territorium anscheinend durchaus. Chagnon 1968, 116. 139 Dazu Chagnon 1990. 43 sein. Kämpfe involvierten jeweils mehrere Gemeinschaften und führten auch zur Verdrängung einzelner Gruppen aus ihren angestammten Siedlungsgebieten.140 Auch für die Stämme der amerikanischen Nordwestküste, für die archäologische Belege endemische Kriege für einen Zeitraum von mindestens 3000 Jahren wahrscheinlich machen, werden v. a. Konflikte um Ressourcen als Auslöser für kriegerische Auseinandersetzungen genannt. Neben der Kontrolle über Fischgründe und Handelsrouten spielten, abhängig von Bevölkerungsstärken und lokalen Gegebenheiten, besonders Raubzüge zur Erbeutung von Nahrung und Sklaven eine Rolle, ebenso wie Racheaktionen der Überfallenen.141

Bei der Beschreibung traditioneller Gesellschaften wird oft Blutjustiz in der Folge von angeblicher Hexerei beschrieben. Dabei werden vor allem verfrühte oder ungewöhnliche Todesfälle auf Hexerei zurückgeführt; prinzipiell kann aber jeder Tod durch Hexerei verursacht sein. Ein solches Vorkommnis fordert dann häufig Blutrache, d. h. den Tod der der Hexerei beschuldigten Person.142 Blutrache ist in einer Vielzahl der beschriebenen Gemeinschaften eine ausgeprägte Ursache für Gewaltverhalten.143 Bei indonesischen Volksgruppen kam es trotz einer Gerichtsbarkeit innerhalb der Gemeinschaften, die auch Todesurteile verhängen konnte, zu Blutracheakten und erbitterten Fehden zwischen Dörfern und Gruppen. Dabei ist zu bedenken, daß derartige Gerichtsbarkeit oft nur in geringem Umkreis, innerhalb der eigenen Gruppe oder des eigenen Stammes, anerkannt ist. Tötungen jenseits der Grenzen wurden demzufolge auch nicht geahndet, da sie als Akte gegen Fremde nicht als Verbrechen gewertet wurden.144 In einem Klima, das allgemein Gewaltanwendung wie etwa Blutrache gutheißt und fördert, findet natürlich erneut ein enges Zusammenspiel mit emotionalen Werten statt. Es wundert daher nicht, daß in einem nächsten Schritt das Töten als Probe der Männlichkeit angesehen wird. Dies äußert sich häufig in Kopfjagden zur Trophäengewinnung, denen auch gänzlich Unbeteiligte zum Opfer fallen können. All diese Beispiele von Gesellschaften, in denen aggressives Verhalten in größerem Maßstab eine Rolle spielt, dürfen nicht so verstanden werden, daß die Mitglieder dieser Gemeinschaften nicht auch andere Verhaltensweisen beherrschten.145 Oft nehmen aber Aggression und Gewalt einen akzeptierten Platz nicht nur im täglichen Erleben, sondern auch im ideellen und kulturellen Kontext einer Gemeinschaft ein. Dabei kann Kriegführung endemisch werden und damit etablierter Teil der Beziehungen zwischen zwei oder mehr Gruppen, wobei erstaunlicherweise oft ein

140 Baleé 1984. 141 Ferguson 1984c. 142 Schott 1992 über afrikanische, Münzel 1992, 130 über südamerikanische Gesellschaften. 143 Blutrache ist eine in archaischen Gesellschaften verbreitete Praxis zur Sühne von Verbrechen oder zur Wiederherstellung der Ehre, die oft in einer ungezügelten Gewaltspirale resultiert. Zentralgewalten, die auch die Rechtsgewalt beanspruchten, versuchten früh, Blutrache einzudämmen; so wurde diese bereits in babylonischen Gesetzestexten verboten. Nichtsdestotrotz ist sie bis heute selbst in Europa nicht völlig verschwunden. 144 Stöhr 1992, 64 ff. 145 So ist u.a. N. Chagnon vorgeworfen worden, das Leben der Yanomamö übertrieben als nur aggressionsdominiert und wenig lebenswert dargestellt zu haben. 44 langandauerndes Gleichgewicht erzielt wird, ohne daß es zur Auslöschung eines Gegners kommt.146

Auch in als generell friedfertig beschriebenen Gemeinschaften sind aggressive Akte bekannt. Bei den Semai Senoi in Westmalaysia sollen Streitigkeiten wegen Landrechten, Diebstahl und ehelicher Untreue zwar durchaus vorkommen, doch in der Regel nicht in Gewalttaten ausarten.147 Andererseits scheinen ebensolche Verhaltensweisen aber nicht unbekannt zu sein. C. Robarchek berichtet über eine Aufforderung zur gütlichen Streitlösung innerhalb einer Beratung; einer der Einflußträger äußerte: „We must get this settled or there will be fighting, people will start cutting down each other’s trees and shooting each other with poisoned .“148 Die Friedfertigkeit einiger in ethnographischen Untersuchungen beschriebener Gemeinschaften wird teilweise auf unbehelligte zufriedenstellende Lebensgrundlagen zurückzuführen zu sein, andererseits spielen aber auch kulturelle Werte und Strategien zur Konfliktlösung eine Rolle.149 Auch hier scheint sich somit eine Verzahnung materialistischer und ideeller bzw. emotionaler Ursachen zur Austragung oder Vermeidung von aggressiven Akten abzuzeichnen. Darüber hinaus scheinen einige Gruppen über wirkungsvollere Mechanismen der Friedensstiftung und –erhaltung zu verfügen als andere. Diese äußern sich oft durch Rituale und Wiedergutmachungszeremonien; allerdings hängt ein positiver Ausgang auch hier davon ab, ob die Kontrahenten eine gemeinsame Basis für die Zukunft, etwa eine Allianz oder Handelsrechte, finden.150

Die frühe ethnographische Forschung hatte ab dem 18. Jh. Berichte geliefert, in denen der Krieg als wesentliches Merkmal der untersuchten Gesellschaften erwähnt wurde. Später traten Beschreibungen vor allem der Strukturen von Kulturen und Gemeinschaften in den Vordergrund; Gewalt, die nun als anti-sozial gesehen wurde, wurde aus der Darstellung verdrängt.151 Die anthropologische Forschung der 2. Hälfte des 20. Jh. trat, ähnlich wie die archäologische, sehr wahrscheinlich unter dem Eindruck der Weltkriege, mit dem Bemühen hervor, die Möglichkeiten friedlicher Koexistenz zwischen Individuen und

146 Orme 1981, 195 f. über die Auseinandersetzungen zwischen Nuer und Dinka in Afrika: Die Nuer verübten regelmäßig Überfälle auf Dinkasiedlungen, stahlen Vieh und erprobten so ihre Männlichkeit. Nützliche Gefangene wurden in die Nuer-Gemeinschaft integriert, alte Frauen oder Kleinkinder getötet. Nur selten versuchten die Dinka eine Verteidigung, nur dann kam es zu festgelegten Schlachten. 147 Robarchek 1994. 148 Robarchek 1990, 58. 149 Etwa Gregor 1990 über die Xingu in Brasilien. Blut gilt dort als rituell unrein, daher ist auch das Töten an sich, besonders das Töten von Menschen, verpönt. Menschen, die getötet haben, werden etwa als Dorfvorsteher oft nicht akzeptiert. Zum Töten von Hexen/Hexern, das manchmal notwendig scheint, sind spezielle Kleidung und Rituale nötig, um den Täter von der Tat zu distanzieren. Andererseits profitieren die Xingu davon, daß ihr Lebensraum isoliert ist und sie darüber hinaus ausreichend versorgt. – Bei den Kapauku Neuguineas sind bei Friedensschlüssen Entschädigungszahlungen von demjenigen zu leisten, der die Auseinandersetzung ausgelöst hat. Aufgrund dieser ökonomischen Belastung fällt offensichtlich die Entscheidung seltener zugunsten aggressiver Akte. Dazu Pospisil 1993, 119 ff. 150 Dazu Goldschmidt 1994. 151 Dazu Keegan 1997, 138. 45 Völkern darzustellen. In diese Spanne fallen Berichte über das aggressionslose Zusammenleben verschiedener traditioneller rezenter Gesellschaften, wie etwa die !Kung-Buschleute,152 die Hadza in Tansania oder die Arapesh in Neu Guinea. Damit verbunden wurde teilweise, v.a. durch den Kreis um A. Montagu, die Existenz von Kriegen in traditionellen Gemeinschaften bestritten: „Wars as a state of prolonged armed hostilities between populations ... are the greatest rarity among traditional indigenous people, if they can be said to occur at all.“153 Bezogen auf die Verhaltensforschung wurde von dieser Seite aus postuliert, es gebe im menschlichen Wesen kein Hindernis zu andauerndem Frieden.154 Es kann nicht bestritten werden, daß Menschen innerhalb ihrer kulturellen Evolution unabdingbare Strategien der Zusammenarbeit, Unterstützung und gegenseitigen Hilfe weiterentwickelt haben, auf denen das soziale Verhalten in Gemeinschaften beruht.155 Andererseits gibt es aber auch keinen Zweifel daran, daß sich Menschen seit ihrer frühesten Geschichte immer wieder in aggressiven Akten gegenüber gestanden haben.

In zahlreichen ethnographischen Berichten ist die Rede von ritualisierten Kämpfen und Schlachten, die an vorher festgelegten Treffpunkten stattfinden, von viel Lärm begleitet werden, aber nur wenig Verwundete oder Tote fordern. Solche Szenarien werden oft zur Interpretation der Vorgeschichte herangezogen, um das geringe Ausmaß der dort vorstellbaren Auseinandersetzungen zu illustrieren. Die angeführten Beispiele zeigen aber, daß der ritualisierte Kampf nur eine Form der ethnographisch belegten Kriegführung ist und daneben weitere, oft wesentlich blutigere Formen der Auseinandersetzung existieren. Diese finden Entsprechungen im archäologischen Befund nicht nur der europäischen Vorgeschichte.

3.4 Läsionen und Manipulationen an Schädeln – Traumata und Trepanationen 3.4.1 Traumata – Definition und Erscheinungsformen Viele gewaltsame Todesarten stehen der Identifizierung im archäologischen Befund nicht zur Verfügung, da insbesondere Weichteilverletzungen keine Spuren hinterlassen. Wie R. Osgood richtig feststellt, gibt es „innumberable ways of killing a person that would leave no trace on the skeleton – absence of damage to a skeleton does not mean that this person had not been killed.“156 Gerade Stichverletzungen,

152 Gerade das Beispiel der !Kung San/Buschleute zeigt die Problematik der Analyse, wenn nur Beobachtungen bestimmter Zeitabschnitte vorliegen. Die Darstellung der !Kung San als friedliches Jäger- und Sammlervolk beruht auf Berichten aus den 1950er/60er Jahren des 20. Jh., die nicht berücksichtigen, daß die !Kung in ihrer Vergangenheit nicht immer Jäger waren, sondern stark mit Herdenvieh in Verbindung standen. Außerdem beschreiben Berichte aus den 1920er Jahren zahlreiche Kämpfe zwischen einzelnen !Kung San-Gruppen. Dazu zeigen Felsmalereien mit Pfeil u. Bogen, Keulen und Schild ausgerüstete Partizipienten von Konflikten und Viehraub. Der relativ friedliche Jäger-/Sammler-Zustand scheint somit nur eine bestimmte Momentaufnahme aus der Geschichte dieses Volkes darzustellen. Siehe dazu Ember/Ember 1997, 2. 153 Montagu 1994, Vorwort zu Sponsel/Gregor 1994. 154 Vgl. auch Carighar 1974 und Gorer 1974. 155 Knauft 1994. 156 Osgood 1998, 21. 46 die oft Brustbereich und Unterleib betreffen und meist mit hohem Blutverlust einhergehen, führen häufig zum Tode, sind aber im archäologischen Befund so gut wie nie nachweisbar.157 Sichere Hinweise auf zu Lebzeiten eines Individuums erlittene, als intravital bezeichnete Verletzungen geben Spuren von Läsionen an Schädeln sowie postkranialem Skeletten, die durch Heilungsreaktionen ein Überleben deutlich anzeigen. Knochenläsionen ohne Heilungsreaktionen werden häufig als perimortal beschrieben; die Wahrscheinlichkeit, daß sie den Tod des Individuums verursachten, ist dabei je nach Lage und Schwere der Läsionen erhöht. Mit Sicherheit nicht überlebte Verletzungen werden als letal bezeichnet. Postmortale Manipulationen an Skelettresten unterscheiden sich von intravitalen und auch perimortalen/letalen in der Regel durch Aussehen und Form, aber auch durch Farbe und Erscheinung der Bruchkanten. Gerade bei stark fragmentierten oder generell schlecht erhaltenen Skelettresten ist aber nicht immer letzte Sicherheit bei der Unterscheidung möglich.

Zwischenmenschliche Aggression, die mit und ohne Waffen ausgetragen wird, hat oft den Kopf zum Ziel; er ist leicht zu treffen, Verletzungen dieser Region sind schmerzhaft, bluten leicht und legen so sichtbar Zeugnis eines Gewalterlebnisses ab. Knochenverletzungen bei Auseinandersetzungen ohne Waffen (Faustkampf; Prügeleien) betreffen dabei häufig die Nasenregion und die Jochbeine.158 Bei Auseinandersetzungen mit Waffen sind bevorzugt die Scheitelbeinregionen und das Stirnbein betroffen. Im Kampf zweier Rechtshänder Mann gegen Mann ist die linke Schädelseite besonders gefährdet, prinzipiell, v. a. in größeren Auseinandersetzungen mehrerer Personen, können aber alle Schädelpartien von Hiebverletzungen betroffen sein. Bei der Beschreibung von Verletzungen wird allgemein nach der Verursachung durch scharfe bzw. halbscharfe sowie stumpfe Gewalt unterschieden. Scharfe bzw. halbscharfe Gewalt bezeichnet schneidende Gewalteinwirkungen, scharfe Hiebe und Stichverletzungen; stumpfe Gewalt meint Verletzungen durch Gegenstände mit wenig ausgeprägten Kanten. Schädelfrakturen entstehen durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung. Direkte Gewalteinwirkung meint das Einwirken eines geformten harten Gegenstandes, das in der Regel in Impressionsfrakturen, Lochbrüchen oder Biegungsbrüchen resultiert. Je kleiner die Oberfläche des auftreffenden Gegenstandes ist, desto größer ist dabei, auch abhängig von der Wucht des Schlages, die Wahrscheinlichkeit einer Perforation des Schädelknochens (zum Aufbau des Schädelknochens vgl. Tafel 2a). Geformte

157 Zum Erscheinungsbild und Verlauf von Stich- und Schnittverletzungen: Watson 1993. Nachweise für Stich- und Schnittwunden sind in der Regel nur bei Weichteilerhaltung möglich; folgerichtig finden sich Belege etwa für durchschnittene Kehlen an nordeuropäischen Moorleichen, wie etwa dem Mann von Grauballe. Vgl. dazu Parker Pearson 1999. Auch der Mann von Neu Versen in Niedersachsen („Roter Franz“) wurde durch einen Kehlschnitt getötet; zusätzlich wies er verheilte Verletzungen des rechten Schlüsselbeins und der Schulter auf. Dazu Pieper 2001. 158 Walker 1997, 160. 47 Impressionen und Lochbrüche lassen aufgrund ihrer Umrißform mitunter Rückschlüsse auf die die Verletzung verursachenden Instrumente zu. Biegungsbrüche entstehen, wenn durch Einwirkung stumpfer Gewalt das Schädeldach abgeflacht und dann eingebogen wird, wobei die Tabula interna auf Zug, die Tabula externa dagegen auf Druck belastet wird, was zur Fraktur des Knochens führt. Das Einwirken indirekter Gewalt führt häufig zu Berstungsbrüchen. Diese gehen auf die Gestaltveränderung des Schädels beim meist großflächigen Einwirken stumpfer Gewalt zurück, wobei der Schädel in Druckrichtung verkürzt wird und bei Überschreiten der Elastizitätsgrenze birst. Ursache kann auch ein Sturz aus größerer Höhe mit Aufschlagen des Kopfes auf einer harten Oberfläche sein.159 Seltener sind indirekte Schädelbasisringbrüche, die entstehen können, wenn ein Sturz auf die Füße oder ein Aufprall auf den Scheitelbereich aus größerer Höhe erfolgt und die Wucht des Aufpralls auf den Basisbereich des Schädels wirkt. Solche Ringfrakturen können als künstliche Erweiterungen des Hinterhauptsloches fehlgedeutet werden. 160 Kriterien zur Bestimmung intravitaler Schädelverletzungen durch direkte Gewalteinwirkung sind neben geformten Bruchkanten vor allem die trichterförmige Erweiterung der Bruchkanten nach innen in Form von Ausbrüchen der Tabula interna. Darüber hinaus können radiäre oder zirkuläre Frakturlinien auftreten, ebenso Risse, die geradlinig vom Defekt ausstrahlen. Bei der Beurteilung der Reihenfolge mehrerer Traumata an einem Schädel wird die Puppesche Regel hinzugezogen, die besagt, daß später entstandene Bruchlinien solche, die vorher bestanden, nie überkreuzen. In einigen Fällen von Schädeltraumata sind Imprimate, d. h. die durch den Hieb ausgestanzten Knochenfragmente des unmittelbaren Defektzentrums, erhalten, die während des Heilungsprozesses unregelmäßig wieder in den Schädelknochen einheilten.161 Mit der Verwendung von Klingenwaffen in Form von Schwertern ab den Metallzeiten treten dann spezifische Verletzungsmuster besonders an Schädeln auf, die oft durch gerade Strukturen gekennzeichnet sind, die im Knochen wie lange Schnitte mit klar definierten Kanten erscheinen. Daneben kommen Abscherläsionen vor, bei denen ein Teil des Knochens flach abgetrennt wird.162 Andererseits können auch durch scharfkantige Waffen stumpfe Verletzungen wie Impressionsfrakturen verursacht werden.

Letale Verletzungen ohne Heilungsreaktionen am Knochen geben sich in der Regel durch scharfe Kanten zu erkennen. Durch die Wucht des auftreffenden Schlages kommt es bei der Durchdringung des Schädelknochens zu Absplitterungen und trichterartigen Ausbrüchen an der Tabula interna, so daß die Läsion an der Schädelinnenseite größer ist. Die Diploe zwischen Tabula externa und Tabula interna

159 Bauer 1991, 47 ff. 160 Teschler-Nicola et al. 1996, 10. 161 Siehe etwa Kat.-Nr. 148 (Schädel von Unseburg) 162 Vgl. dazu Wakely 1997; auch Wenham 1989 zu Verletzungen an angelsächsischen Skelettresten. 48 des Schädelknochens liegt offen. Durch Waffen mit geformten Kanten entstehen charakteristische Bruchformen (vgl. Tafel 2c), größere Waffen oder Geräte (wie etwa Keulen) verursachen unspezifische Trümmerfrakturen. Verheilte, d.h. überlebte Verletzungen sind allgemein gut an der Kallusbildung zu erkennen, die durch die Reaktion des Knochens im Heilungsprozeß entsteht. Dabei entstehen abgerundete Kanten an den ursprünglich infolge der Läsion scharfen Bruchkanten, da das neue Knochengewebe die Tabula interna und Tabula externa des Schädelknochens an der Bruchkante unter Verschluß der dazwischenliegenden Diploe verbindet. Durch die Schlagenergie gelöste Schädelfragmente heilen dabei wieder ein, oft entstehen Vertiefungen im Schädelknochen (Tafel 2b). Bei regelmäßig geformten verheilten Läsionen ohne Imprimateinheilung kann mitunter nicht eindeutig zwischen Trepanation und Trauma unterschieden werden.163 Bei geringer Schlagenergie kommt es manchmal nur zur Verletzung der Tabula externa. Letale Verletzungen können mit postmortalen bzw. taphonomischen Prozessen verwechselt werden; hier ist nicht in allen Fällen eine eindeutige Unterscheidung möglich. Dies trifft besonders in Fällen schlechter Erhaltung zu, wo neben möglichen intravitalen bzw. perimortalen Läsionen auch rezente Beschädigungen vorliegen. Allgemein müssen Verletzungen nicht immer auf intrahumane Gewalt zurückzuführen sein. So können Verletzungen des Schädels auch auf Stürze oder andere Unfälle zurückgehen164, ebenso auf absichtliche Selbstbeschädigungen, z.B. bei Trauerritualen.165 Selbst wenn Läsionen eindeutig auf Gewaltereignisse zurückzuführen sind, geben sie keine Informationen über Verursacher oder Hintergrund des Gewaltereignisses.166

3.4.2 Trepanationen – Definition und Erscheinungsformen Die Geschichte der Erforschung des Trepanationsphänomens beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jh. mit den Arbeiten P. Brocas zunächst zu peruanischen, später dann auch zu europäischen Schädelfunden, welche deutliche Spuren operativer Eingriffe zeigten. In der Folge beschäftigten Fragen nach Motivation, Methodik, Ursprung und Verbreitung solcher Eingriffe die Forschung nachhaltig.167 Besonders die Frage nach einer allgemeingültigen fachübergreifenden Definition des Begriffs konnte bisher

163 Vgl. dazu Bruchhaus/Holtfreter 1989 zum Schädel von Unseburg. 164 Dies betrifft allerdings eher Verletzungen der unteren Schädelhälfte, die bei Stürzen in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach mündl. Information von Prof. Dr. J. Piek, Rostock, kann bei Verletzungen der oberen Schädelhälfte in der Regel von Gewaltanwendung als Ursache ausgegangen werden. 165 Nach Webb 1989, 142 ist das Schlagen des eigenen Schädels mit Steinen oder anderen Gegenständen in Trauerritualen von unterschiedlichen Aboriginal-Gruppen Australiens überliefert. 166 Jackes 2004, 27 über Skelettreste von Opfern der Mau-Mau-Bewegung in Kenja, die zahlreiche Gewaltspuren aufwiesen. Ohne Wissen über die Zusammenhänge würden diese fraglos als Hinweise auf einen Aggressionsakt Fremder gedeutet, dabei handelte es sich um bürgerkriegsähnliche Zustände, die auf eine innere gesellschaftliche Krise zurückgingen. 167 Erste Arbeiten: Broca 1867. Vgl. u.a. auch: Wittwer 1964; Ullrich/Weickmann 1965; Chochol 1966; 1967; Ullrich 1958; 1966; 1971; von Karolyi 1963; 1969; Bruchhaus/Holtfreter 1984; 1985; 1989. 49 nicht befriedigend gelöst werden. Allgemein kann die Trepanation als ein seit der Steinzeit nachweisbarer, in verschiedenen Regionen der Erde ausgeführter, operativer Eingriff am menschlichen Schädel beschrieben werden, dessen Indikation und Methodik regional und chronologisch variieren konnte. Die von H. Ullrich und F. Weickmann vorgelegte Definition168 bezeichnete als „Trepanationen im engeren Sinne“ nur solche Kalottendefekte, die durch planmäßige Eröffnung des intakten und gesunden Schädels zu Lebzeiten des Individuums herbeigeführt worden waren. Die operative Versorgung von Traumata, etwa das Entfernen von Knochensplittern oder Glätten der Wundränder, ist danach nicht als Trepanation anzusehen. Beide Arten von Eingriffen sollten sich anhand bestimmter Kriterien, wie etwa Lokalisation der Manipulationen am Schädel oder auch Aussehen der Böschungsränder, unterscheiden. Allerdings geben Schädelöffnungen in verheiltem Zustand oft keine Hinweise auf das etwaige Vorhandensein einer traumabedingten Vorschädigung, da Knochenwunden durch den operativen Eingriff vollständig überdeckt werden können. Außerdem finden sich (nicht versorgte) Traumata in allen Regionen des Schädels, bevorzugt auch in solchen, in denen Trepanationsöffnungen lokalisiert sind. Darüber hinaus war die Schädeltrepanation in der antiken Heilkunde als Prozedur für den Umgang mit Schädelfrakturen und deren Folgen etabliert.169 In dieser Arbeit wird daher unter dem Begriff „Trepanation“ ein Eingriff im Sinne der von W. Pahl vorgelegten Defintion verstanden: „Der Terminus Schädeltrepanation bezeichnet einen intra vitam vorgenommenen und nach regulärer Beendigung mit einem perforierenden, meistens regelmäßigem knöchernen Substanzdefekt unterschiedlicher Größe und Formgebung einhergehenden planmäßigen Eingriff am menschlichen Kranium, ungeachtet der Indikation und des Schädelzustandes zum Zeitpunkt der Intervention.“170 Da sich ein zu Lebzeiten vorgenommener, allerdings nicht überlebter Eingriff in der Beschaffenheit nicht von einem postmortal vorgenommenen Eingriff unterscheiden muß, bleiben in dieser Hinsicht gewisse Unschärfen. Da den bei Trepanationen gewonnenen Knochenrondellen vermutlich rituelle Bedeutung zukam, können postmortale Eingriffe zur Rondellgewinnung nicht ausgeschlossen werden.171 In West- und Mitteleuropa setzt das Phänomen Trepanation mit dem beginnenden Neolithikum ein.172 Hier treten Belege auf, die für bereits ausgeprägte medizinische und chirurgische Fähigkeiten sprechen. Erwähnt sei der bandkeramische Schädel vom Gräberfeld Ensisheim im Elsaß, der zwei großflächige, verheilte Eingriffe aufweist.173

168 Ullrich/Weickmann 1965. 169 Vgl. dazu Urban et al. 1985, 96; Rocca 2003. 170 Pahl 1993, 359. 171 Grimm 1965 geht von gröberem Vorgehen bei postmortalen Eingriffen aus. Als sicher postmortal sind Eingriffe von der Schädelinnenseite her anzusehen. 172 Aus , Marokko, soll ein trepaniertes Kranium aus dem Epipaläolithikum vorliegen (Pahl 1993, 309 f.), während Lillie 1998; 2003 mögliche Trepanationen des Mesolithikums von ukrainischen Fundplätzen erwähnt. Vom spätmesolithischen portugiesischen Fundplatz Moita do Sebastiao XLI soll ein Trepanationsfall, evtl. eine versorgte Schädelfraktur, vorliegen (Cunha 2004). 173 Alt et al. 1997. 50 Innerhalb Deutschlands ist dieser operative Eingriff für verschiedene neolithische Kulturen belegt, etwa die Trichterbecherkultur, die Walternienburg-Bernburger-Kultur, die Kugelamphorenkultur, die Schnurkeramische Kultur und Einzelgrabkultur. Anhand von Leichenbrandresten ist in einem Fall auch ein Trepanationsfall der Schönfelder Kultur nachgewiesen. Auf die Belege innerhalb der einzelnen Kulturen wird weiter unten ausführlich eingegangen. In späteren Zeitphasen von der Bronzezeit bis in Mittelalter und Neuzeit hinein ist die Trepanation ebenfalls in unterschiedlichen Häufigkeiten nachgewiesen. Aus urnenfelder- und laténezeitlichen Fundkomplexen stammen häufiger Knochenscheiben in Form von Rondellen mit vermutlich ritueller Bedeutung.174 Für die Merowingerzeit, in der zahlreiche Trepanationen posttraumatisch durchgeführt wurden, können anhand hoher Überlebensraten Kenntnisse etwa zur Blutstillung und Verhinderung von Infektionen angenommen werden.175 Vereinzelt sind aus archäologischen Befunden medizinische Geräte und Werkzeuge bekanntgeworden, die auch zu Trepanationszwecken genutzt werden konnten.176

Eine autochthone Entwicklung der fast weltweit anzutreffenden Sitte der Trepanation in verschiedenen Gebieten ist als sicher anzunehmen. Die Entwicklung dieses operativen Eingriffs dürfte auf die Behandlung von Schlagverletzungen zurückzuführen sein. Diese Art der medizinischen Intervention wird in unterschiedlichen Regionen der Welt unabhängig voneinander notwendig gewesen sein. Innerhalb des Neolithikums in Deutschland ist das mitteldeutsche Gebiet schon früh als ein Zentrum der Trepanationssitte herausgestellt worden.177 Besonders die Kultur mit Schnurkeramik wartet dort mit zahlreichen Belegen für derartige Eingriffe auf.

Trepanationseingriffe zeigen sich am Schädel als Öffnungen unterschiedlicher Größe mit – abhängig von der verwendeten Technik – mehr oder weniger steilen Böschungsrändern. Die ältesten verwendeten Trepanationsmethoden dürften Schabetechniken gewesen sein. Beim Flächenschaben wird mittels eines Flintgeräts der Knochen an der betreffenden Stelle vorsichtig abgetragen. Bei dieser Art von Eingriff entsteht eine relativ breite Öffnung, in einigen Fällen sind noch unterschiedliche Steilheitsgrade innerhalb des Böschungsrandes zu beobachten (Tafel 2d). Beim Flächenschaben bleibt keine Knochenscheibe erhalten. Beim Ringzonen-schaben dagegen wird muldenartig eine umlaufende, breite Rille geschabt, bis das zentrale Knochenstück herausgehoben werden kann.178

174 Vgl. dazu Leja 1992; Röhrer-Ertl 1994. 175 Weber et al. 2001. 176 Siehe Como 1925 zum Grab eines römischen Militärarztes; Gibbins 1988 zu römischen medizinischen Werkzeugen. Zu chirurgischen Instrumenten aus dem Alten Ägypten siehe Schwarzmann-Schafhauser et al. 2000. 177 Behm-Blancke 1964. 178 Dazu Ullrich 1971, 48. 51 Eine ebenfalls häufig verwendete Methode stellt die Kehlmethode dar. Hierbei wird mittels eines scharfen Instruments eher ritzend-schneidend eine schmale umlaufende Rinne erzeugt, bis das ovale oder runde zentrale Knochenstück entfernt werden kann.179 Eine weitere Trepanationstechnik bildet das Schneide- oder Sägeverfahren. Hier wird durch tiefe Schnitte mit einem scharfen Instrument ein Knochenstück aus dem Schädel getrennt. Selten nachgewiesen ist das Kreuzschnittverfahren, bei welchem vier gerade, sich im rechten Winkel kreuzende Schnitte auf dem Schädel ausgeführt werden, so daß ein viereckiges Knochenfragment ausgehoben werden kann. Eine derartige Eingriffsweise gilt als sehr gefährlich, da leicht die harte Hirnhaut und das Hirn selbst verletzt werden können. Darüber hinaus gibt es verschiedene Bohrtechniken, die aber wie auch das Aufmeißeln und Aufstanzen für Trepanationen des Neolithikums nicht von Bedeutung sind.180 Die teilweise sehr hohen Überlebensraten prähistorischer Trepanationen lassen sich dadurch erklären, daß derartige Eingriffe lediglich Manipulationen am Schädelknochen darstellten und die darunter liegenden Hirnhäute und das Gehirn selbst nicht beeinträchtigt wurden. Je nach verwendeter Technik werden Flintgeräte unterschiedlicher Form zum Einsatz gekommen sein. Der Umstand, daß eine frisch geschlagene Flintklinge keimfrei ist,181 dürfte sich positiv ausgewirkt haben. Meist findet sich nur ein Eingriff pro Schädel, doch sind auch Schädel mit zwei oder mehr Trepanationen bekanntgeworden. Im Fall einer derartigen Operation gibt vor allem das Knochenwachstum Aufschluß darüber, ob ein Eingriff überlebt wurde.182 Operationen, die der Patient nicht oder nur wenige Tage überlebte, zeigen keine Heilungsreaktionen; Kallusbildung ist nicht zu beobachten, die Diploe zwischen Tabula externa und Tabula interna ist offen. Aussagen darüber, wie lange ein Eingriff überlebt wurde, sind in den meisten Fällen nicht exakt zu treffen. Neueren Studien zufolge setzt die Knochenregeneration erst im Laufe einiger Tage nach dem Eingriff ein. Die Regenerationsgeschwindigkeit sowie auch das Ausmaß der Knochenneubildung können dabei von Patient zu Patient variieren. Eine knöcherne Neuüberdeckung eines Defekts erfolgt in der Regel nicht.183 Bei Defekten mit vollständig verrundeten Rändern, bei denen die Diploestruktur nicht mehr zu erkennen ist, ist daher nur die allgemeine Aussage

179 Dazu Pahl 1993, 24. 180 Bohrtechniken zur Schädelöffnung sind u.a. von keltischen Gräberfeldern in Österreich bekannt. Vgl. dazu Urban et al. 1985. 181 Löwen 1997, 75. 182 Studien zu Knochenwachstum: Bruchhaus/Thieme 1989. 183 Nerlich et al. 2003 über verschiedene Fälle von Traumata und Trepanationen. In einem Fall waren nach 76 Tagen die Frakturteile eines ausgedehnten Schädeltraumas bei einem Mann der senilen Altersstufe deutlich wieder miteinander verbunden. Im Fall einer Trepanation, bei der das abgehobene Stück Knochen wieder eingesetzt wurde (bei einem anderen Mann dieser Altersstufe), waren noch nach sechs Jahren die Knochenstücke nicht komplett miteinander verwachsen. Die Trepanation am Schädel eines adulten Mannes, welche 34 Jahre vor seinem Tod durchgeführt wurde, zeigte glatte, verrundete Ränder; da die Knochenscheibe nicht wieder eingesetzt worden war, blieb die Trepanationsöffnung in ihrer ursprünglichen Ausdehnung erhalten. Ebd., 45-48. 52 möglich, daß der Defekt mindestens mehrere Monate, wahrscheinlich mehrere Jahre, überlebt worden ist.

Öffnungen am Schädel, die im Aussehen Trepanationen ähneln, können durch infektiöse Prozesse wie Tuberkulose, Syphillis, aber auch durch Tumore, Zysten oder Sarkome verursacht werden.184 Durch Syphillis hervorgerufene Läsionen am Schädel äußern sich meist großflächig in Form von Auflösungserscheinungen des Knochens, manchmal auch in Form vieler kleiner Öffnungen, die sich über den ganzen Schädel verteilen. In diesen Fällen ist das Verwechslungsrisiko mit einer Trepanation geringer. Trepanationsähnlicher erscheinen Öffnungen, die durch Tumore im Bereich der Dura mater durch Reaktion mit dem Schädelknochen entstehen, da diese oft ein regelmäßiges Erscheinungsbild mit abgerundeten Kanten aufweisen.185 Trepanationsähnlich sind weiterhin biparietal auftretende Perforationen (Vergrößerungen parietaler Foramina). Da diese aber regelhaft beidseitig auftreten, ist eine Verwechslungsmöglichkeit mit einem Trepanationseingriff wiederum geringer.186 Eine weitere Möglichkeit der Verwechslung besteht bei unverheilten Lochbrüchen, die ebenfalls regelmäßige Konturen aufweisen können. Hier allerdings sollte der Innenrand der Tabula interna leicht ausgesplittert sein und so die Identifikation als Trauma ermöglichen.

3.4.3 Zum Zusammenhang von Schädeltraumata und Trepanationen Im Zusammenhang mit magischen Grundvorstellungen von Krankheiten deuteten frühe Meinungen die Trepanation als Eingriff bei Erscheinungen wie Epilepsie, Krämpfen oder allgemeinen Schmerzzuständen, besonders am Kopf. Auch eine kultische Deutung derartiger Eingriffe, etwa zur Befreiung von bösen Geistern, wurde erwogen,187 ebenso eine besondere symbolische Bedeutung im Sinne eines Rang- oder Würdezeichens.188 Wiederholt ist in Berichten über rezente Völkergruppen und Kulturen die Prozedur der Trepanation als Versorgung von Schädelverletzungen beschrieben worden.189 In

184 Siehe dazu Kaufman et al. 1997. 185 Lisowski 1967, 667; Ortner/Putschar 1985, 186-216. 186 Ortner/Putschar 1985, 351. 187 Vgl. dazu Meschig 1983, 4; Schmidt-Wittkamp 1961. 188 In einer Studie zu italienischem Skelettmaterial des Neolithikums erwägt Robb 1997, 668, daß die intentionelle Entfernung von Schneidezähnen bei Frauen diesen Zweck erfüllt hätte und postuliert eine ähnliche Bedeutung für Trepanationseingriffe bei Männern. 189 Margetts 1967, 674 etwa in Bezug auf Missionsberichte des frühen 19. Jh. für Polynesien. Knochenverluste am Schädel seien dabei durch Einsetzen von Stücken einer Kokosnußschale ausgeglichen worden. Ebenso seien noch Anfang des 20. Jh. Schädelfrakturen in Bolivien durch Trepanation behandelt worden. Weitere Beispiele: West-, nordafrikanische Berber, diverse afrikanische Stämme. Größler 1909, 115 f. zitiert einen Bericht über das in der Südsee dabei geläufige Procedere: Über der Verletzung oder Quetschung wird quer ein Schnitt angelegt, der Skalp wird zurückgezogen, Knochensplitter werden entfernt, die Öffnung an den Rändern glattgeschabt und scharfe Kanten beseitigt. Die Kopfhaut wird zusammengezogen und mittels eines Geflechts fixiert. 53 zahlreichen Fällen waren die Ursachen solcher Eingriffe indessen wenig spezifisch: neben Verletzungen des Schädels werden auch Wahnsinn, Epilepsie und Kopfschmerzen sowie Schwindelgefühl (oft allerdings infolge von Schädeltraumata) genannt. Die Lugbara im östlichen Zentralafrika trepanierten, um böse Geister aus dem Schädel zu entlassen, die Kopfschmerzen verursachen; über die Kisii dagegen heißt es: „Trephining ... is done for the complaint of headache after an injury to the skull, with or without fracture. Trephining is not ordinarily done for headache without previous head injury, and the operation is not customary for psychosis, epilepsy, dizziness or spirit possession.“190 Auch für südamerkanische Trepanationen gelten Frakturen des Schädels als Indikation; hier wird darauf verwiesen, daß diese Art der Chirurgie aus der Notlage andauernder Kriegshandlungen mit zahlreich auftretenden Verletzungen des Schädels entwickelt wurde.191 Schädelverletzungen finden sich in dieser Region regelhaft bei Männern wie Frauen in allen Altersgruppen, was mit kriegerischen Aktivitäten, die ganze Dorfgemeinschaften betrafen, erklärt wird. Etwa ein Viertel der beschriebenen Schädeltrepanationen können mit Traumata in Verbindung gebracht werden, darüber hinaus ist die Verletzung in einer Vielzahl von Fällen sicher durch den chirurgischen Eingriff überdeckt worden. Trepanationen liegen auch hier verstärkt auf der linken Seite des Schädels. In mehreren Fällen konnte dokumentiert werden, daß Eingriffe an bzw. neben Frakturen nicht zu Ende geführt wurden, wohl weil der Patient im Verlauf der Behandlung verstarb.192

Die Folgen von Gewalteinwirkung auf den Schädel können recht unterschiedlich sein. Verletzungen der Kopfhaut, des Schädelknochens, von Blutgefäßen, Hirnhäuten und im schwersten Fall des Gehirns selbst sind möglich. Einerseits kann ohne Schädelbruch der Tod eintreten, andererseits können auch schwere Schädelbrüche ohne Folgeschäden verheilen. Hämatome, Ödeme und ein Anstieg des Hirndrucks stellen nach Einwirkung von Gewalt auf den Schädel gefährliche Erscheinungen dar. Überhöhter Hirndruck kann Hirngewebe in das Foramen magnum pressen, die Blutversorgung des Gehirns unterbrechen und den Hirnstamm schädigen. Eine mit der Fraktur einhergehende Verletzung der Kopfhaut erhöht das Risiko von Entzündungen.193 Außerdem kann im Fall von Schädelverletzungen auch der Knochen unter der verletzten Haut absterben. Eine Abtragung des betroffenen Knochenbereichs fördert hier eine rasche Heilung. Auch in dieser Art des Eingriffs sind erste Schritte der Schädelchirurgie denkbar.194 Es ist nicht in jedem Fall klar, ob der Eingriff bei der Versorgung von Frakturen der Wundsäuberung direkt im Bereich der Verletzung diente oder ob an anderer Stelle

190 Margetts 1967, 683. In diesem Zusammenhang wird auch der Fall eines Mannes beschrieben, der sich 1940 am Türbalken einer Hütte den Schädel anstieß und aufgrund von Kopfschmerzen in den folgenden Jahren mindestens fünfmal trepaniert wurde – mit der Folge, daß seine gesamte obere Schädeldecke entfernt wurde. Sämtliche Eingriffe wurden überlebt. Ebd., 688 ff. 191 Jannsens 1970, 136. 192 Dazu Ortner/Putschar 1985, 98; vgl. auch Verano 2003. 193 Ortner/Putschar 1985; Ironside 1993. 194 Martin 2003, 342. 54 des Schädels eine Öffnung vorgenommen wurde, um Druck und Schwellungen des Hirns zu mildern. Unter Umständen konnte der Eingriff magisch überhöht werden: so sollen Trepanationen in einer bestimmten Weise (Rinnen im Stirnbein) in New Britain und New Ireland in der Südsee eine Zeitlang quasi als Schutzamulett und Unterstützung für ein langes Leben angesehen worden sein. Ein Zusammenhang mit kriegerischen Aktionen ist aber auch hier gegeben, denn interessanterweise sei diese Art Eingriff nicht aufgrund der Unterdrückung einheimischer Medizinpraktiken zurückgegangen, sondern weil die Regierung schließlich Kämpfe mit Steinschleudern verbot.195

Auch die moderne Medizin nennt einen Eingriff zur Versorgung einer Verletzung des Schädelknochens eine Trepanation; ebenso Operationen, die beispielsweise aufgrund von Hirntumoren zur Eröffnung des intakten Schädels führen. Im Fall von Verletzungen dient der Eingriff der Säuberung der Wunde, der Begradigung der Wundränder und der Entfernung von Fremdkörpern sowie Knochensplittern. Auch bei Knochenfissuren von geringer Ausdehnung und ohne Splitterung kann eine Trepanation nützlich sein, um durch Hämatome verursachten epileptischen Anfällen vorzubeugen. Wichtiger Faktor bei derartigen Eingriffen ist auch die Reduzierung des Hirndrucks.196

Es erscheint plausibel, daß sich die Schädeltrepanation als Folge der Behandlung von Schädeldachverletzungen, insbesondere infolge Schlageinwirkung, entwickelt hat. Dabei wird durch die Säuberung der Wunde und die Reduzierung des Hirndrucks in vielen Fällen ein positiver Heilungsverlauf ermöglicht worden sein, der die Überlebenschancen des Patienten verbesserte. Die erfolgreiche Behandlung von Traumata kann dann Anlaß gegeben haben, diese Art einer Behandlung auf weitere, auch anders gelagerte Verletzungen oder Schmerzzustände zu übertragen. Hier kommen zunächst Kopfschmerzen und möglicherweise krankhafte Veränderungen am Schädel in Betracht. Auch Defekte im Kiefer- und Zahnbereich können als Ursache für Trepanationen vermutet werden.197 Zusätzlich kann in einem weiteren Schritt die Trepanation als Behandlung für Läsionen auch in anderen Körperregionen übernommen worden sein. H. Ullrich weist darauf hin, daß zahlreiche Skelette, an deren Schädel operative Eingriffe nachgewiesen werden konnten, auch Frakturen der Gliedmaßen aufweisen.198 Andere Veränderungen am Skelettsystem trepanierter Individuen betreffen Wirbelsäulenverkrümmungen, krankhafte Veränderungen an Wirbelkörpern oder Gelenkverletzungen.199

195 J. Crump, Trephining in the South Seas. Journ. Roy. Anthrop. Inst. 31, 1901, 167; zitiert nach Margetts 1967, 675. 196 Zur Beschreibung der Indikationen zur Trepanation bei Frakturen: Risse 1929. 197 Derartige Defekte können Schmerzen in den Schädeldeckenbereich ausstrahlen lassen. 198 Ullrich 1965; Ullrich 1967. 199 Ullrich 1966, 1282; Behm-Blancke et al. 1967, 254 f. So wird auch für das Skelett eines Mannes aus Crichel Down, Dorset, dessen Schädel eine Trepanation aufweist, eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule im Bereich des vierten und fünften Brustwirbels angenommen (Brothwell 1967, 429.) Dieser becherzeitliche Trepanationsnachweis ist auch deshalb interessant, da hier einer der seltenen Fälle vorliegt, in dem nach einer 55 Im Zusammenhang mit den manchmal beobachteten Gliedmaßenfrakturen fehlen verläßliche Zahlen zur Verknüpfung mit Trepanationsdefekten ebenso wie zum Auftreten derartiger Frakturen innerhalb neolithischer Populationen allgemein. Betroffene Individuen könnten sich parallel zur Gliedmaßenfraktur auch eine Schädelverletzung zugezogen haben, die dann durch den Trepanationseingriff überlagert wurde. Das Problem, daß mit der Versorgung eines Traumas die Spuren desselben völlig überdeckt werden können, besteht grundsätzlich. Aus diesem Grund dient oft die Lokalisation einer Trepanation als Anhaltspunkt für ihre Ursache. Ein Großteil der dokumentierten Eingriffe konzentriert sich in der Stirn- und Scheitelbeinregion. Daher liegt die Vermutung nahe, daß es sich in vielen Fällen um versorgte Traumen handelt, zumal diese Schädelregion bei tätlichen Auseinandersetzungen im Kampf Mann gegen Mann besonders verletzungsgefährdet ist. Schädeltraumata beschränken sich allerdings nicht auf die linke Schädelhälfte, sondern sind bereits im Neolithikum über den gesamten Schädel verteilt nachgewiesen. Somit kann der Gedanke der Traumaversorgung auch für in anderen Schädelregionen lokalisierte Trepanationen prinzipiell in Betracht gezogen werden. Für historische wie für prähistorische Zeiten sind somit verschiedene Ursachen für Eingriffe am Schädel anzunehmen. Es fällt aber auf, daß oft Verletzungen des Schädels bzw. Schmerzen, die auf Beschädigungen des Kopfes zurückgeführt werden, als Auslöser solcher Eingriffe erscheinen.

3.4.4 Häufigkeit von Schädelläsionen in rezenter Zeit Bei einer Untersuchung im Röntgenarchiv des Hamburger Hafenkrankenhauses wurde das Material der Jahrgänge 1979 und 1989 auf mögliche Hinweise auf Gewalteinwirkungen überprüft. Als Formen der Gewalteinwirkung konnten Schuß-, Stich-, Schlag- und Tritt- sowie sonstige Verletzungen beobachtet werden. Der Anteil der wegen Gewalteinwirkung röntgenologisch untersuchten Patienten war in beiden Jahrgängen etwa gleich hoch (1979: 9,93% [807 Fälle]; 1989: 9,14% [772 Fälle]). Die am weitaus häufigsten zu beobachtende Gewalteinwirkung war die infolge von Schlag (1979: 578 Fälle; 1989: 564 Fälle; dazu kamen 1979 noch 75 und 1989 63 Fälle von Schlag mit Gegenstand.) Von den insgesamt erfaßten Schlageinwirkungen war in 64,3% der Schädel betroffen. Bei den röntgenologisch sichtbaren Verletzungen des Schädels (290 Fälle) dominierten Frakturen des Nasenbeins, gefolgt von Frakturen des Unterkiefers, des Jochbeins, des Orbitabodens, des Os frontale, des Os parietale und des Os occipitale. Frakturen im Schädelbereich, wie etwa Brüche des Nasenbeins, des Scheitelbeins oder des Jochbeins, waren auch durch Tritte verursacht worden.200 offensichtlich nicht geglückten Operation das bei der Trepanation herausgetrennte Schädelstück mitbestattet wurde. Vgl. dazu Piggott 1940. 200 Vogel et al. 1997, 213. 56 Bei einer Untersuchung von insgesamt 1024 Patienten, die zwischen 1986 und 1993 im Krankenhaus wegen Schädel-Hirn-Traumata behandelt wurden, waren in 644 Fällen Männer und in 380 Fällen Frauen betroffen. Bei den Wolgaster Patienten konnte in insgesamt 12,7% der Fälle ein Rohheitsdelikt als Ursache ermittelt werden. Bei Männern war diese Ursache eines Schädel-Hirn-Traumas mit 22,2% relativ häufig. Demgegenüber waren Frauen, bei denen 7,9% der Schädel-Hirn-Traumen auf Rohheitsdelikte zurückzuführen waren, seltener betroffen.201 In der dritten Welt sind Hiebverletzungen des Kopfes und besonders der Schädelkalotte bis heute häufig. Verursachende Waffen sind oft Hammerkeulen und Äxte. Verletzungen durch Hammerkeulen lassen im Röntgenbild einen typisch sternförmigen Frakturlinienverlauf erkennen, während es bei Axthiebverletzungen auch zur Absprengung von Teilen der Kalotte, keilförmigen Abhebungen und weitreichenden Frakturlinien kommt.202 Gewaltakte sind heute wie zu allen Zeiten Elemente des Alltagsgeschehens, die allerdings in bestimmten Regionen wesentlich ausgeprägter vorkommen als in anderen. Nach einer Studie der WHO wird alle 60 Sekunden irgendwo auf der Welt ein Mensch ermordet; alle 100 Sekunden stirbt jemand in einem bewaffneten Konflikt. Schätzungen der WHO für das Jahr 2000 gingen davon aus, daß insgesamt etwa 1,6 Mio Menschen einen vorzeitigen gewaltsamen Tod starben.203 Nach statistischen Angaben differiert die Häufigkeit von Gewaltdelikten auch zwischen verschiedenen modernen Staaten erheblich. In Deutschland (Altbundesgebiet) wurden für das Jahr 2000 unter der Rubrik (versuchter) Mord und Totschlag 700 Fälle registriert; in der Rubrik Körperverletzung waren 48.182 Fälle aufgelistet.204 In Mecklenburg-Vorpommern wurden im Jahr 2001 20 Todesfälle durch tätlichen Angriff beobachtet.205 Im statistischen Schnitt der alten EU-Länder kommen pro Jahr 1,5 Morde auf 100.000 Einwohner; für Deutschland liegt der Wert bei 1,1. Berücksichtigt man auch die neuen EU-Beitrittsländer, so erhöht sich der Schnitt auf 2,8. Der höchste Wert liegt mit 10,4 Morden pro 100.000 Einwohner aus Estland vor.206 Die Zahlen für die USA, aber auch afrikanische Länder, liegen bedeutend höher.

201 Heß 1998. Leider gibt die Studie keine Anhaltspunkte zu einer genaueren Aufgliederung der Rohheitsdelikte und unterscheidet auch nicht zwischen den einzelnen betroffenen Schädelregionen. 202 Vogel et al. 1997, 224. 203 Artikel: „WHO-Studie über Gewalt“; Die Welt, 4. Okt. 2002, 32. 204 Zahlen für das alte Bundesgebiet inkl. Gesamt-Berlin; keine Angaben für die neuen Länder. Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland; www.destatis.de. 205 Artikel: „967 unnatürliche Todesfälle“, Ostsee-Zeitung, 11. Sept. 2002, 4. 206 Quelle: http://shortnews.stern.de 57 4. Belege für Verletzungen im Paläo- und Mesolithikum 4.1 Paläolithikum Da das Verhalten von Menschenaffen deutliche Hinweise auf aggressives Verhalten und Gewalt liefert, ist davon auszugehen, daß auch frühe Menschenformen zu derartigen Aktionen befähigt waren. Nach D. Brothwell kann dabei auch die bipedale Fortbewegung eine Rolle gespielt haben, da der Mensch in solchen Fällen nun die Hände effizienter zur Handhabung von Ästen oder Steinen zur Verfügung hatte.207 Ein Argument gegen die mehr als lokale Ausprägung solcher Konflikte liegt in der geringen Populationsdichte jener Phasen. Aggression dürfte sich meist in kleinem Rahmen, mehr als individuelle Streitigkeiten denn Auseinandersetzungen um Territorien, abgespielt haben. Trotzdem sind Verletzungen an Schädeln und übrigem Skelettmaterial, u. a. auch in Knochen eingeschossene und manchmal eingeheilte Projektile, in unterschiedlichen Fallzahlen schon aus der Alt- und Mittelsteinzeit bekanntgeworden. M. Roper konnte bereits Ende der 60er Jahre mehrere Fälle von Verletzungen an paläolithischen Menschenresten auflisten208, die aber nicht in jedem Fall nachweislich auf Gewaltakte zurückzuführen waren, da Läsionen infolge von Unfällen nicht auszuschließen waren. Daraus wurde gefolgert, daß Gewaltaktionen eher lokal begrent waren und sich zwischen Individuen abspielten; kriegerische Aktivitäten konnten nicht belegt werden.209 Allgemein sollen Verletzungen bereits an Australopithecinenschädeln nachgewiesen worden sein, allerdings werden die betreffenden Schädelläsionen eher auf Raubtierangriffe zurückzuführen sein. Die Verletzungen am Schädel des Kindes von Taung, Südafrika, die zunächst als Folge menschlicher Gewalt interpretiert wurden, gelten nun als von einer Raubkatze oder einem Adler verursacht. Bei der Aufnahme derartiger Fälle gerade anhand älterer Literatur ist eine kritische Betrachtung nötig, da oftmals Beschädigungen der Schädelfunde beispielsweise durch Sedimentdruck unkritisch als Zeichen gewalttätiger Handlungen gewertet wurden. Neuere Vorlagen solcher Funde korrigieren dann oftmals das Bild. Als Beispiel sei hier das etwa 250.000 Jahre alte Kalvarium von Steinheim angeführt, dessen Substanzverluste sowohl im Bereich des linken Stirn-, Scheitel- und Schläfenbeins als auch im Bereich der Schädelbasis ursprünglich als Spuren mehrerer Hiebverletzungen interpretiert wurden.210 Neue Untersuchungen allerdings zeigten, daß es sich um Beschädigungen aufgrund von Transport und Lagerung in Sediment handelt.211 In ähnlicher Weise ist sicher Vorsicht geboten bei Beschreibungen großflächiger Substanzverluste und Bruchlinien an mehreren Schädeln von Homo erectus aus Choukoutien/ und Trinil und Sangiran/Java, die auf Gewalteinwirkung

207 Brothwell 1999, 31. 208 Roper 1969. 209 In diesem Sinne auch Mohr 1971. 210 Gieseler 1974. 211 Orschiedt 1996. 58 zurückgehen sollen.212 Sicherer sind Hinweise auf verheilte Verletzungen am Schädel von Swanscombe in Südengland; dort konnten drei Läsionen zwischen zehn und 36 mm Ausmaß dokumentiert werden.213 Auch für Atapuerca (Sima de los Huesos), Spanien, werden für mehrere Schädel Spuren verheilter Verletzungen berichtet.214

Für Neandertalerskelettreste konnten verschiedentlich Knochenbrüche und Verletzungsspuren nachgewiesen werden. Besonders auffällig sind dabei die Skelette von La Chapelle-aux-Saints, Frankreich und Shanidar 1, Irak, die beide zahlreiche verheilte Brüche u. a. im Bereich der Rippen, Oberarme und Fußknochen sowie am Schädel zeigen. So weist Shanidar 1, das Skelett eines 30-40jährigen Mannes, einen verheilten Bruch des linken Wangenbeins auf, der wohl auf einen Stoß oder Schlag zurückgeht und wahrscheinlich auch im Verlust des mitbetroffenen Auges resultierte. Am Skelett aus dem Neandertal wurde neben einer in Fehlstellung verheilten Fraktur des linken Ellenbogengelenks ein verheilter Defekt oberhalb des rechten Auges beobachtet. Am Femur eines Neandertalers vom Fundort Mugharet- es-Skuhl wurde eine Verletzung dokumentiert, die wohl von einem hölzernen Speer herrührte. Am Schädel des jugendlichen Mannes von konnten ebenfalls Läsionen nachgewiesen werden, die auf Gewalthandlungen schließen lassen. So zeigt das rechte Scheitelbein eine große perimortale Trümmerfraktur, auch am linken Scheitelbein wurde eine unverheilte Hiebverletzung beobachtet.215 Insgesamt treten Verletzungen an Skelettresten der Neandertaler gehäuft im Bereich der oberen Extremitäten und des Kopfes auf. Allerdings ist auch bei Schädelverletzungen nicht wirklich gesichert, ob sie auf zwischenmenschliche aggressive Akte zurückgehen, da sie auch aus Jagdunfällen resultieren können.216 Jüngere Forschungen sollen im Fall des Neandertalerskeletts von St. Césaire 1 belegen, daß dessen Schädelverletzung durch eine scharfkantige Waffe verursacht wurde.217 Für Homo sapiens sapiens werden verheilte Schädelverletzungen für Cro-Magnon- zeitliche Funde beschrieben, so etwa für die Funde von Cro Magnon218 selbst wie für das Skelett eines Mannes aus Perigeaux/Dordogne219; auch für Schädel vom Fundplatz Dolni Vestonice werden Verletzungen im Stirn- und Scheitelbeinbereich genannt.220

212 Courville 1967, 606 ff.; Kunter 1981, 226. Nach Brothwell 1999, 31 zeigen Schädelreste von Choukoutien allerdings auch verheilte Verletzungen, was intravital erlittene Läsionen belegt. 213 Brothwell 1999, 32. 214 Thorpe 2005, 7. 215 Darüber hinaus liegen Schnittspuren vor, die eine artifizielle Zerlegung der Skelettreste, etwa eine Dekapitation und Exartikulation des Unterkiefers nahelegen. Dazu Ullrich 2003. 216 Zu Läsionen an Skelettresten von Neandertalern: Ullrich 1989; Frayer 1997; Vencl 1999, 58; Auffermann/Orschiedt 2002, 65 ff. 217 Zollikofer et al. 2002. 218 Jannsens 1970, 26 f. Die linksfrontale, ansatzweise verheilte Läsion am Schädel der Frau von Cro Magnon könnte nach Brothwell 2003 auch als Traumaversorgung in Form einer Trepanation interpretiert werden. 219 Courville 1967, 617. 220 Vlcek 1995. 59 Eine unverheilte Pfeilschußverletzung ist vermittels einer Flintspitze in einem Brustwirbel an einem Kinderskelett aus der „Grotte des Enfants“ belegt. Eingeheilt war dagegen eine Pfeilspitze im Hüftknochen einer Frau von San Teodoro, Sizilien.221 Für das ausgehende Jungpaläolithikum Amerikas ist u. a. das etwa 9000 Jahre alte Skelett des Kennewick Man als Beispiel für diverse Verletzungen am Körper zu nennen. Der zum Zeitpunkt seines Todes etwa 45-50 Jahre alte Mann wies neben mehreren verheilten Rippenbrüchen und einer Armverletzung eine verheilte flache Läsion im linken Stirnbeinbereich und eine heilende Verletzung der Schläfe auf. Darüber hinaus steckte in seinem rechten Hüftknochen ein steinernes Projektil. Auch diese Verletzung war, wie Knochenreaktionen belegen, überlebt worden – die Spitze war in den Knochen eingeheilt.222

Eine andere Art von Manipulation, die aber nicht mit Gewalthandlungen in Zusammenhang stehen muß, stellen Schnittspuren auf Schädeln dar. Von einem Hinterhauptsfragment aus einer Azilien-Schicht (11.-10. Jt. B.C.) aus der Dietfurther Burghöhle werden gleichgerichtete Schnitte auf der äußeren Schädelwölbung im Bereich des Haaransatzes berichtet, die als Spuren einer möglichen Skalpierung betrachtet werden,223 allerdings ist auch eine Entfleischung des Schädels im Rahmen eines mehrstufigen Totenrituals denkbar. Zwei im Durchmesser nur wenige Millimeter große Defekte mit verrundeten Rändern an einem zunächst als jungpaläolithisch eingestuften Schädel eines älteren Mannes vom Fundplatz Paderborn-Sande wurden lange als frühe Belege von Trepanationseingriffen betrachtet; eine Neudatierung des Knochens allerdings ergab ein neuzeitliches Alter des Schädels.224 Nicht auszuschließen ist generell die Möglichkeit von Jagdunfällen. Die Jagd war eine gefährliche Beschäftigung, bei der der Mensch oft genug sein Leben riskierte. Eindrucksvoll zeigt dies der Befund aus der in der Schweiz von etwa 11.700 BP: hier fand sich das Skelett eines Mannes zusammen mit dem einer Bärin. Wirbelknochen der Bärin zeigten Spuren eines von vorn eingedrungenen Geschosses. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um ein Jagdunglück, bei dem sowohl Jäger als auch Jagdbeute ums Leben kamen.225 Unter den Höhlenmalereien des Jungpaläolithikums findet sich in einigen Fällen die „Idee des getöteten Menschen“.226 Bekannt ist die Schachtzszene aus , in der ein Mensch vor einem Stier dargestellt ist. Könnte hier noch ein Jagdunfall oder ein mythisches bzw. symbolisches Geschehen dargestellt sein, so handelt es sich bei der in der Grotte Cosquer dargestellten Situation um einen mit mit Pfeilen versehenen, wahrscheinlich von ihnen durchbohrten menschlichen Körper. Auch hier

221 Orschiedt 2004. 222 Slayman 1997; Thorpe 2005, 8. Vgl. auch: Ch. Reed, Skeleton in the cupboard. The Guardian, 3. Sept. 1997, S. 4; D. Ostermann, Wem gehört der Kennewick Man? Frankfurter Rundschau, 19. Juni 2001, S. 3. 223 Taute 1992. 224 Beschreibung und ursprüngliche chronologische Einordnung des Schädels: Henke 1983. Angaben zur Neudatierung („ca. 200 Jahre alt“) nach frdl. mdl. Mitteilung durch Th. Terberger. 225 Morel 1993. 226 Clottes/Courtin 1995, 156. 60 ist ein mythisch-symbolischer Hintergrund denkbar, aber auch die Interpretation als Widerspiegelung einer realen Kampfszene. Ähnliche Darstellungen stammen aus Pech-Merle und Cougnac.227 Die angeführten Belege, v. a. auf der Basis des Knochenmaterials, können einzelne Gewaltakte gegen Individuen bestätigen. In der Regel dürften diese auf Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Individuen zurückzuführen sein. Sie reichen aber insgesamt nicht aus, derartige Handlungen in größerem Maßstab, etwa bis hin zu kriegerischen Aktionen, nachzuweisen.

4.2 Mesolithikum Als die dem Neolithikum unmittelbar vorangehende Zeitstufe kann das Mesolithikum in puncto Gewalt und Aggression als Vergleichsbasis herangezogen werden. Zu diesem Zweck wurden Angaben zu Skelett-, besonders Schädelresten des Mesolithikums aus Deutschland, Dänemark und Schweden erhoben. Diese wurden anhand der Literatur gesammelt und übersichtsmäßig zusammengestellt.228 Da bei der Betrachtung Verletzungen und Manipulationen an Schädeln bevorzugt im Blickpunkt stehen sollten, wurde bei der Materialaufnahme das Vorhandensein des Schädels bzw. größerer Schädelfragmente als wesentliches Kriterium herangezogen.229 Bei der Betrachtung von in Knochen eingebetteten Projektilen muß berücksichtigt werden, daß unter Umständen ein Teil der Belege auf Unfälle zurückgehen mag. Allerdings ist aufgrund der Lokalisation der Projektile – etwa zwischen Halswirbeln oder im Brustbereich – oftmals von gezielten Handlungen auszugehen. Insgesamt wurden Skelettreste von 243 Individuen aus dem Mesolithikum Deutschlands, Dänemarks und Schwedens aufgenommen (Tab. 1). Das Material setzt sich aus 199 Grabfunden und 44 Einzelfunden bzw. Funden mit unbekanntem Kontext zusammen.

Schädel (-reste) mit Skelett (-resten) Schädel (-reste)

m w K u m w K u Gesamt

DK 25 17 14 4 3 4 2 16 85

S 33 32 7 12 2 - 1 3 90

D 7 5 6 5 10 11 23 1 68

243

Tab. 1 Verteilung der mesolithischen Skelett- und Schädelreste (verändert nach Lidke/Terberger 2001)

227 Ebd., 157. 228 Hier folgt eine überarbeitete Kurzfassung der bereits publizierten Ergebnisse. Vgl. Lidke/Terberger 2001. 229 Einzelfunde von postkranialem Skelettmaterial, Brandbestattungen und schlecht erhaltene Körperbestattungen ohne Schädel blieben unberücksichtigt. Deshalb ergeben sich für einzelne Fundplätze im Vergleich mit anderen Publikationen (vgl. u. a. Grünberg 2000) geringere Individuenzahlen. 61 Bei insgesamt 31 Individuen konnten Schädeltraumata beobachtet werden (Tab. 2; S. 65-67). Das schwedische Material zeigt an sieben Individuen Schädelverletzungen mit Heilungsspuren (Skateholm I, Grab 2, 22, 28, 33 u. 41a; Skateholm II, Grab II; Stora Bjers).230 Es handelt sich in diesen Fällen sämtlich um Männer. Darüber hinaus sollen an den Schädeln zweier Frauen Traumata ohne Heilungsspuren vorliegen (Skateholm I, Grab 14b u. 43).231 Auf das Fundmaterial aus Dänemark entfallen neun Individuen, die insgesamt 13 Verletzungen mit Heilungsspuren zeigen. In vier Fällen sind Männer betroffen (Argus Bank232, Korsør Nor 1 und 2233, Møllegabet II234), in zwei Fällen Frauen (Vedb.- Bøgebakken 3235, Vedb.-Gøngehusvej236). Darüber hinaus liegen dreimal verheilte Schädelverletzungen an anthropologisch nicht bestimmbaren Individuen vor (Korsør Nor 7237, Tybrind Vig238, Ålebæk239). Das für Deutschland nachgewiesene Material zeigt in fünf Fällen verheilte Läsionen. Davon sind dreimal Männer (Hahnöfersand240, Ofnet 2241, Urdhöhle242) und zweimal Frauen (Kolberg243, Ofnet 24244) betroffen. Bei zehn Individuen liegen Traumata ohne jegliche Heilungsreaktionen vor. Dies betrifft acht Individuen der Großen Ofnet-Höhle – vier Männer, eine Frau, drei Kinder – sowie einen Mann und eine Frau aus dem Hohlenstein-Stadel. Möglicherweise ist auch das Kind aus der dreifachen Kopfbestattung im Hohlenstein-Stadel einer Gewalttat zum Opfer gefallen. Der Schädel weist im Bregmabereich eine Beschädigung auf, die u.U. als Schädelfraktur gedeutet werden kann. Jedoch finden sich in diesem Bereich auch postmortale Defekte, so daß nicht sicher von einer auf Gewalt zurückzuführenden Läsion auszugehen ist.245

Das Spektrum der Verletzungen reicht von nur wenige Millimeter messenden Läsionen (z.B. Skateholm I, Grab 22) über Verletzungen von wenigen Quadratzentimetern Fläche (z. B. Korsør Nor) bis hin zu schweren Traumata (z.B. Ofnet 2 und 21). Angaben zu Größe und Lokalisation der Verletzungen sind nicht in jedem Fall zu erheben. Im Überblick überwiegen aber innerhalb des skandinavischen

230 Persson/Persson 1984; Persson/Persson 1988; Grünberg 2000. 231 Persson/Persson 1984; 1988. Im Fall von Grab 14b wurde ein größeres Fragment der linken Schädelhälfte etwas abseits des übrigen Schädels geborgen. Hier könnten u.U. aber auch taphonomische Prozesse verantwortlich gemacht werden. Im Fall von Grab 43 sollen senkrechte Bruchlinien an den Zähnen eine Schlagverletzung der Kieferregion repräsentieren. 232 Fischer 1987; Bennike 1987. 233 Bennike 1997. 234 Grøn/Skaarup 1991. 235 Newell et al. 1979, 77 f. 236 Brinch-Petersen et al. 1993, 68. 237 Bennike 1997. 238 Andersen 1985. 239 Møller-Hansen 2001. 240 Bräuer 1980. 241 Orschiedt 1999. 242 Küßner et al. in Vorb. 243 Grimm 1956. 244 Orschiedt 1999. 245 Dazu jeweils Orschiedt 1999. 62 Materials kleinere und mittlere Verletzungen, die in der Regel überlebt wurden. Aus diesem Schema fällt das Trauma am Schädel einer Frau von Vedbæk-Gøngehusvej heraus. Hier findet sich im Hinterhauptsbereich eine acht Millimeter eingetiefte Impressionsfraktur von 23 x 38 mm Durchmesser, die aber nichtdestoweniger einige Zeit überlebt wurde.246 Das deutsche Material zeigt schwerwiegende Verletzungen von mehreren Quadratzentimetern Größe an verschiedenen Schädeln aus der Großen Ofnet-Höhle und dem Hohlenstein-Stadel. Dabei ist in zahlreichen Fällen das Schädeldach perforiert, so daß von mit großer Wucht ausgeführten Schlägen ausgegangen werden kann. Zwei der Schädel der Großen Ofnet weisen multiple Verletzungen auf (Ind. 2: vier Traumata; Ind. 21: sieben Traumata),247 so daß auf ein hohes Maß an Entschlossenheit und Brutalität seitens der Angreifer geschlossen werden kann. Innerhalb des skandinavischen Materials weisen mehrere Schädel bis zu zwei Verletzungen auf (z. B. Korsør Nor, Vedbæk-Bøgebakken 3, Skateholm 41a). Da die Läsionen sämtlich verheilt sind, kann nicht entschieden werden, ob sie zeitgleich oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten verursacht wurden.

Die einzelnen Schädelregionen sind von Verletzungen unterschiedlich stark betroffen. Läsionen der Scheitelbeine überwiegen, dabei ist das rechte Scheitelbein etwas stärker betroffen als das linke. Auch das Stirnbein ist häufig von Verletzungen betroffen, dabei überwiegen Läsionen der rechten Seite die der linken Seite oder des mittleren Bereichs nur unwesentlich. Die Verletzungsmuster der Großen Ofnet-Höhle zeigen ein abweichendes Bild. Hier ist überwiegend der Hinterhauptsbereich betroffen, gefolgt von Stirn- und linkem Scheitelbein. Weist ein Individuum mehrere Traumata auf, so finden sich diese in der Regel in unterschiedlichen Schädelregionen.

Einige der Verletzungen erlauben Rückschlüsse auf die verwendeten Waffen und Geräte. Die Fraktur der Frau von Vedbæk-Gøngehusvej (Tafel 2b) geht auf ein stumpfes Gerät mit etwa 20 mm Durchmesser zurück,248 möglicherweise den Nacken einer Geweihaxt. Die Verletzung des Mannes aus dem Hohlenstein-Stadel wurde wahrscheinlich durch ein im Querschnitt annähernd rundes Gerät verursacht, vielleicht eine Keule oder eine Geweihhacke.249 Traumata an Individuen der Großen Ofnet zeigen ähnliche Muster, von dort liegen aber auch Frakturen mit spitzovalem Querschnitt vor, die eventuell auf Steinbeile oder Steinhacken zurückzuführen sind.250

An Skelettresten aus Dänemark und Schweden ließen sich in vier Fällen noch in Knochen steckende Projektile nachweisen. Bei dem in Grab 7 von Vedb.- Bøgebakken bestatteten Mann soll ein Trapez in einem Langknochen beobachtet

246 Brinch Petersen et al. 1993. 247 Orschiedt 1999, 136 ff. Zu den Befunden aus der Ofnet-Höhle auch: Frayer 1997; Peter-Röcher 2002. 248 Brinch Petersen et al. 1993, 68. 249 Orschiedt 1999, 133. 250 Ebd., 150. 63 worden sein.251 Dem Mann aus Grab 19 desselben Gräberfeldes steckte eine Knochenpfeilspitze zwischen den Halswirbeln, die sehr wahrscheinlich seinen Tod verursacht hat.252 In Grab 13 von Skateholm I traten disartikulierte Skelettreste eines Mannes zutage; im linken Beckenknochen steckte eine trapezförmige Pfeilspitze.253 Im Beckenknochen des Mannes von Stora Bjers steckte ein Teil einer Knochenspitze mit Flinteinsätzen; neben dem Skelett lagen mehrere Mikrolithen, die offensichtlich aus der Spitze herausgefallen waren.254 Allerdings ist unsicher, ob alle Fälle solcher Art auf tätliche Auseinandersetzungen zurückgehen. Die Möglichkeit von Jagdunfällen muß zumindest in Betracht gezogen werden. Dazu kommen einige Fälle, in denen sich Projektile in Nähe zu Knochen befanden, ohne daß eine Verletzung nachweisbar wäre. Mit hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Pfeilschuß getötet wurde ein etwa 10jähriges Kind vom Fundplatz Tågerup, Schweden. In der Hüftregion des schlecht erhaltenen Skeletts fand sich eine querschneidige Pfeilspitze mit Schußbeschädigung.255 Bei der Frau aus Grab IX von Skateholm II wurde eine ähnliche Pfeilspitze in der rechten Thoraxhälfte geborgen,256 bei einem unbestimmten Individuum aus Grab 34 von Skateholm I lag eine 22 cm lange Knochenspitze in der linken Hälfte des Brustkorbs.257 Es ist denkbar, daß diese Individuen durch die betreffenden Projektile getötet wurden, allerdings läßt sich ein direkter Zusammenhang nicht nachweisen.258 Im Beckenbereich der in sitzender Haltung bestatteten Frau von Bäckaskog259 fand sich eine 23 cm lange Knochenspitze mit Flinteinsätzen, deren Spitze in Richtung Brustkorb zeigte. Auch hier ist an eine Tötung der Frau durch die Spitze gedacht worden,260 allerdings ist auch eine Deutung als normale Grabbeigabe möglich,261 zumal aufgrund weiterer Befunde der Typ der Knochenspitze mit Flinteinsätzen auch als spezielle Frauenbeigabe angesehen wird.262 Eine Deutung als Beigabe ist auch für Fälle wahrscheinlich zu machen, in denen Knochendolche im Bauch- oder Beckenbereich der Bestatteten lagen. Dies betrifft beispielsweise die jüngere der beiden Frauen von Dragsholm263 wie auch einen der Männer von Criewen.264 Einen Sonderfall stellt eine Flintklinge dar, die quer über dem Hals der Frau aus Grab 19 von Vedb.-Bøgebakken lag.265 Da der Mann aus diesem Grab ganz offensichtlich

251 Newell et al. 1979, 49. E. Brinch Petersen (persönl. Mitteilung) bezweifelt allerdings, daß es sich hier um eine Pfeilspitze bzw. eine Schußverletzung handelt. 252 Albrethsen/Brinch Petersen 1976, 14. 253 Larsson 1988a. 254 Newell et al. 1979, 38 f. 255 Karsten/Knarrström 2003, 203-204. 256 Grünberg 200, 274. 257 Persson/Persson 1988, 95. 258 In Fällen, in denen außer dem betreffenden Projektil keine weiteren Beigaben im Grab enthalten sind, ist die Wahrscheinlichkeit der gewaltsamen Tötung erhöht. Vgl. dazu auch Wendorf 1968. 259 Gejvall 1970. 260 Albrethsen/Brinch Petersen 1976, 24. 261 Dazu Tilley 1996, 60. 262 Kannegaard/Nielsen 1993, 81. 263 Brinch Petersen 1974. 264 Geisler/Wetzel 1999; Ullrich 1999. 265 Albrethsen/Brinch Petersen 1976, 14. 64 durch eine Pfeilspitze im Hals ein gewaltsames Ende gefunden hatte, ist es denkbar, daß auch die Frau getötet und das Tatwerkzeug quasi an Ort und Stelle belassen wurde.

Als eine weitere Art der Manipulation wurden an zwölf Schädeln aus Deutschland Schnittspuren beobachtet. Die drei Individuen aus dem Hohlenstein-Stadel (Mann, Frau, Kind) weisen ebenso wie zwei Männer (Ind. 11; 15), vier Frauen (Ind. 3; 4; 24; 25) und zwei Kinder (Ind. 12; 20) Schnittspuren an den erhaltenen Halswirbeln auf, die auf eine Abtrennung des Kopfes hindeuten.266 Diese Schnittspuren sind in Zusammenhang mit den Hinweisen auf getötete Individuen – Ind. 11 und 24 weisen ebenfalls Hiebverletzungen auf – und der speziellen Art der Bestattung zu sehen. Möglicherweise ist an Trophäenschädel zu denken. Eine gezielte Skalpierung zeigen Spuren am Schädel von Drigge. Hier wurde auf dem Schädeldach zunächst ein gerader Schnitt angelegt und dann die Kopfhaut zu beiden Seiten mit weiteren Schnitten gelöst.267 Da eindeutige Schlagverletzungen am Schädel nicht zu belegen sind, kann ein gewaltsamer Tod nicht nachgewiesen werden. Neben einer Abtrennung der Kopfhaut im Rahmen einer mehrstufigen Totenbehandlung können die Schnitte auch auf die Gewinnung des Skalps oder des entfleischten Schädels zu Trophäenzwecken zurückgehen.

Fundort Geschlecht Art der Manipulation Literatur Alter

Argus Bank männlich Schädelverletzung, links frontal, Bennike 1987 20x15 mm; teilweise verheilt Korsør Nor 1 männlich Schädelverletzungen, rechts Bennike 1997 30-50 Jahre parietal und Mitte frontal; verheilt Korsør Nor 2 männlich Schädelverletzungen, rechts frontal, Bennike 1997 40-60 Jahre an rechter Augenhöhle und rechts parietal; verheilt Korsør Nor 7 unbestimmt Schädelverletzung, rechts parietal, Bennike 1997 29x8 mm; verheilt Møllegabet II männlich Schädelverletzung, rechte Schädel- Grøn/ Skaarup ~25 Jahre hälfte; 40 mm lang; verheilt 1991 Tybrind Vig unbestimmt zwei Schädelverletzungen; Andersen 1985 verheilt Vedbæk-Bøgebakken Grab 3 weiblich zwei Impressionen frontal Newell u. a. 1979 40-50 Jahre verheilt Grab 7 männlich Trapez in Femurfragment; Newell u. a. 1979 18-20 Jahre keine Heilungsreaktion Grab 19A männlich Knochenpfeilspitze zwischen Albrethsen/ Brinch 25-30 Jahre Halswirbeln Petersen 1976 Vedbæk- weiblich Schädelverletzung, rechts Brinch Petersen Gøngehusvej ~ 40 Jahre parietal; 23x38 mm, 7 mm u.a. 1993 eingetieft; verheilt

266 Orschiedt 1999, 145. 267 Terberger 1998. Dort auch der Nachweis ähnlicher Schnitte auf einem meso-/neolithischen Schädelfragment von Basedow. 65 Ålebæk III unbest. links parietal verheilte Läsion Møller-Hansen 2001

Skateholm I Grab 2 männlich Verletzungsspuren am Schädel Grünberg 2000 > 60 Jahre Grab 13 männlich Pfeilspitze im Beckenknochen Larsson 1984 30-40 Jahre Grab 14b weiblich durch Schlag auf linke Schläfe Grünberg 2000 17-19 Jahre getötet? (linkes Scheitelbein 6 cm nördlich des Schädels liegend) Grab 22 männlich Impression im Stirnbein; 3 mm Grünberg 2000 >60 Jahre Durchmesser; verheilt Grab 28 männlich Knochenrille von 10 mm Länge Grünberg 2000 >50 Jahre am Unterkiefer, rechts Grab 33 männlich zwei Impressionen im linken Grünberg 2000 50-60 Jahre Stirnbein; verheilt Grab 41a männlich Impressionen links und rechts Persson/ Persson 55-65 Jahre parietal; 5-10 mm; verheilt 1988 Grab 43 weiblich Zähne mit senkrechten Bruch- Persson/ Persson 45-55 Jahre linien; Folge von Schlag auf 1988 Unterkiefer? Skateholm II, G. II männlich Impression im Stirnbein, rechts Grünberg 2000 25-30 Jahre Stora Bjers männlich Teil einer Knochenspitze im Newell u. a. 1979; 35-40 Jahre Beckenknochen; Schädelver- Grünberg 2000 letzung rechts parietal mit beginnender Heilung; Quetsch- verletzung am Unterkiefer

Drigge männlich Schnittspuren auf Schädel Terberger 1999 Große Ofnet Individuum 1 weiblich Schädeltrauma links parietal Orschiedt 1999 inf. I (Ø 36 mm), unverheilt Individuum 2 männlich verheilte Schädelverletzung links Orschiedt 1999 spätadult parietal; Traumata rechts frontal (30x13 mm), links frontal/parietal (37x12 mm), links parietal/occ. (Ø 31 mm), am Unterkiefer rechts; unverheilt Individuum 3 weiblich Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 frühadult Individuum 4 weiblich Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 frühadult Individuum 11 männlich Schädeltrauma rechts parietal Orschiedt 1999 frühadult (Ø 49 mm); unverheilt Schnittspuren an Halswirbeln Individuum 12 weiblich Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 inf. I Individuum 15 männlich Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 frühmatur Individuum 20 unbestimmt Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 inf. II Individuum 21 männlich Schädeltraumata rechts frontal Orschiedt 1999 frühadult (30x18 mm), Mitte frontal (38x 15 mm), rechts und Mitte occ. (37 x14 bzw. 35x17 mm), links 66 parietal (25x11 mm), rechts parietal (29x17 mm), rechts parietal; unverheilt Individuum 24 weiblich verheilte Schädelverletzung links Orschiedt 1999 frühadult parietal; Schädeltrauma rechts occ. (22x7 mm), unverheilt; Schnittspuren an Halswirbeln Individuum 25 weiblich Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 frühadult Individuum 30 unbestimmt Schädeltrauma rechts occ. Orschiedt 1999 inf. I (40 mm lang); unverheilt Individuum 31 unbestimmt mögliches Trauma rechts occ., Orschiedt 1999 inf. I unverheilt Individuum 32 männlich mögliches Trauma occ., Orschiedt 1999 frühadult unverheilt Hahnöfersand männlich Impression auf rechtem Über- Terberger u. a. in adult augenbogen; verheilt Vorb.; Bräuer 1980 Hohlenstein-Stadel Individuum 1 männlich Schädelverletzung, links Orschiedt 1999 adult parietal, 20 mm Durchmesser; unverheilt; Schnittspuren an Halswirbeln Individuum 2 weiblich Schädelverletzung, links Orschiedt 1999 adult parietal/frontal; unverheilt Schnittspuren an Halswirbeln Individuum 3 unbestimmt Schnittspuren an Halswirbeln Orschiedt 1999 inf. I Kolberg weiblich Schädelverletzung rechts frontal Grimm 1956 20-25 Jahre (15x6 mm) Urdhöhle männlich ovale Eindellung am linken Küßner et al. in spätadult Überaugenbogen, 15 mm, verheilt Vorb.

Tab. 2 Übersicht zu Skelettresten des Mesolithikums aus Schweden, Dänemark und Deutschland

Insgesamt liegen 42 Individuen mit direkten Manipulationen vor. In einigen Fällen weisen Inidividuen mehrere Manipulationen auch unterschiedlicher Ausprägung auf. Berücksichtigt man die Gesamtzahl aller aufgenommenen Individuen inklusive Kinder (n = 243), so ergibt sich ein Anteil manipulierter Individuen von 17,3 %. Werden nur erwachsene Individuen berücksichtigt, so liegt der Anteil manipulierter Individuen bei 18,9 % (36 von 190). Zieht man Schlag- und Schußverletzungen in Betracht, so liegt der Anteil insgesamt bei 14 % (34 von 243), ohne Anrechnung der Kinder erhöht er sich auf 16,3 % (31 von 190). Für Schweden liegt die Quote manipulierter Individuen bezogen auf die Gesamtindividuenzahl bei 11,1 %, für Dänemark bei 12,9 % und für Deutschland bei 30,9 %. Legt man nur Schädelverletzungen zugrunde, so liegen die Anteile für Schweden bei 10 % (9 von 90), für Dänemark bei 10,6 % (9 von 85) und für Deutschland bei 19,1 % (13 von 68). Dabei überwiegen in Dänemark und Schweden jeweils verheilte, in Deutschland dagegen unverheilte Traumata. Projektile in Knochen kommen selten vor. Auf der Grundlage des in geringerem Maße

67 vorhandenen relativ vollständigen Skelettmaterials ergibt sich bei jeweils zwei betroffenen Individuen für Schweden ein Anteil von 2,4 %, für Dänemark von 3,3 %.

Traumata an Schädeln treten insgesamt sowohl bei Männern als auch bei Frauen auf, innerhalb des deutschen Materials sind auch Kinder betroffen. In absoluten Zahlen dominieren sowohl verheilte als auch unverheilte Schädelverletzungen bei Männern. In prozentualen Anteilen erscheint das Bild etwas ausgeglichener. So treten Schädelverletzungen in Dänemark (hier sämtlich verheilt) bei 14 % der Männer und 9,5 % der Frauen auf. In Deutschland sind 12,5 % der Frauen und 17 % der Männer von verheilten Verletzungen betroffen, für Schweden liegt der Anteil bei etwa 20 % der Männer. Unverheilte Traumata treten in Schweden bei 6,3 % der Frauen, in Deutschland bei 31 % der Männer und bei 12,5 % der Frauen auf. Allerdings ist die Gesamtmenge der zugrundegelegten Schädelreste insgesamt zu klein, um repräsentative Aussagen treffen zu können. Die Belege zeigen, daß Frauen im Mesolithikum durchaus Opfer von Gewalt werden konnten. Ob sie auch als Täter in Betracht zu ziehen sind, muß offen bleiben. Ethnographische Berichte über rezente Jäger- und Sammlervölker geben nur selten Belege für die aktive Teilnahme von Frauen am Jagdgeschehen;268 Hinweise auf Frauen als „Kriegerinnen“ fehlen. Betroffene stammen aus sämtlichen Altersstufen (von infans I: 1-6 Jahre bis senil: >60 Jahre). Individuen im adulten Alter sind am häufigsten betroffen.269 Kinder mit Hiebverletzungen an Schädeln sind nur unter dem Material aus Deutschland nachgewiesen.

Das Material aus Dänemark und Schweden datiert insgesamt überwiegend in die spätmesolithische Ertebølle-Kultur. Auch die Mehrzahl der Skelettreste mit Verletzungsspuren gehört in diese Zeitphase von ca. 5300 bis ca. 3900 calBC. Für Schweden fällt das Skelett von Stora Bjers mit Projektil im Hüftknochen in die ältere Kongemose-Kultur. Dieser Zeitphase läßt sich innerhalb des dänischen Materials der Schädel mit Verletzungsspuren von Argus Bank zuweisen. Die drei Schädel mit Traumata von Korsør Nor datieren in das Übergangsfeld Kongemose/Ertebølle oder in die frühe Ertebølle-Kultur.270 Auch für das Gräberfeld Skateholm II ist eine Belegung von der späten Kongemose- bis in die Ertebølle-Kultur wahrscheinlich. Insgesamt scheint somit in Dänemark und Schweden die Übergangsphase Kongemose/Ertebølle eine Zeitspanne erhöhten Gewaltaufkommens zu repräsentieren. Belege für gehäuftes Auftreten von Gewaltakten gegen Ende der Ertebølle-Kultur am Übergang zum Neolithikum fehlen dagegen. Möchte man mit aller gebotenen Vorsicht das Auftreten vermehrter Gewalthandlungen mit höherer Seßhaftigkeit in Verbindung bringen, so würde sich ein solcher Schritt im nordischen Mesolithikum bereits mit dem Übergang zur Kongemose-Kultur abzeichnen.

268 Etwa Estioko-Griffin 1990 über die jagenden Frauen der Agta auf den Philipinen. 269 Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Entstehungszeitpunkt verheilter Läsionen nicht nachweisbar ist. Verletzungen an maturen oder senilen Individuen können durchaus in weit jüngerem Alter der Betroffenen entstanden sein. 270 Dazu Schilling 1997, 96. 68 Innerhalb des aus Deutschland überlieferten Materials sind die Schädel aus der Großen Ofnet-Höhle und dem Hohlenstein-Stadel dem Spätmesolithikum zuzuweisen. Allerdings ist mit Daten um 6400 calBC auch hier kein Zusammenhang mit dem Übergang zum Neolithikum (ab etwa 5500 calBC) gegeben, so daß von Gewaltakten von Mesolithikern gegen Mesolithiker auszugehen ist. Mögliche Gewaltakte von Spätmesolithikern gegen Neolithiker spiegeln sich eventuell in der Konstruktionsgeschichte der Siedlung und des Brunnens von Erkelenz- Kückhoven wider. Vor 5062–5052 BC fielen einige Häuser einem Feuer zum Opfer, der Brunnen wurde teilweise zerstört sowie mit Erde und Siedlungsschutt verfüllt. Bruchstücke eines mesolithischen Bogens und ebensolcher Pfeilschäfte geben möglicherweise Hinweise auf die Angreifer.271

Auch aus anderen Regionen Europas sind Nachweise für Gewalthandlungen an mesolithischem Skelttmaterial bekanntgeworden. Am Schädel eines Mannes von Gough’s , Großbritannien, sind u. a. Frakturen der linken Schädelseite nachgewiesen worden.272 Der Schädel eines Mannes von Mannlefelsen, Frankreich, weist Schnittspuren auf.273 Individuen mit Manipulationsspuren liegen auch von den Gräberfeldern Téviec und Hoëdic vor. Während Hoëdic nur den Nachweis einer Unterarmfraktur lieferte, stammen aus Téviec sowohl Belege für Gliedmaßenfrakturen als auch für Schädelverletzungen. Besonders bemerkenswert ist dabei, daß Individuum 16 neben einer verheilten Fraktur im rechten Kieferbereich außerdem zwei Pfeilspitzen in Wirbelknochen aufwies, die wohl seinen Tod verursacht hatten.274 Hier ist also von mehreren, zeitlich differierenden Gewaltereignissen im Leben einer Person auszugehen. Von den mesolithischen Fundplätzen bei Muge in (Moita do Sebastiao; Cabeço da Arruda) vorliegende Nachweise von postkranialen Verletzungen und in einem Fall eines durch Pfeilschuß verletzten Fußknochens geben eventuell Hinweise auf individuelle Gewalthandlungen, können aber auch als Spuren von Unfällen interpretiert werden.275 In seltenen Fällen treten auch hier verheilte Schädelläsionen auf, in einem Fall (Moita do Sebastiao XLI) liegt wohl eine Behandlung einer Verletzung in Form einer Trepanation vor.276 Aus Griechenland stammt aus der Franchthi-Höhle die Bestattung eines Mannes, der an mehreren Hiebverletzungen im Stirnbereich verstarb.277 Das etwa mit Vedbæk zeitgleiche Gräberfeld von Lokomotive am Baikalsee in Rußland, auf dem insgesamt 124 Personen bestattet wurden, weist ebenfalls zwei Individuen auf, die einen gewaltsamen Tod erlitten. In beiden Fällen fanden sich Pfeilspitzen in den Lendenwirbeln der Betroffenen. Bemerkenswert ist dieses Bestattungsareal auch aufgrund des Fehlens von Schädeln; in 29 Fällen waren

271 Allerdings ist auch ein Angriff durch Mitglieder einer anderen bandkeramischen Gruppe nicht auszuschließen. Vgl. dazu Weiner 1998. Zur möglichen Territorialität mesolithischer Gruppen: Cziesla 1999. 272 Newell et al. 1979, 95 f. 273 Newell et al. 1979, 125. 274 Newell et al. 1979, 120-124; 132-137. 275 Jackes 2004. 276 Cunha 2004. 277 Cullen 1995, 275. 69 Individuen ohne Schädel bestattet worden, der meist zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel abgetrennt worden war.278 Die ehemals als mesolithisch angesehenen, nach neuen Datierungen epipäläolithischen279 Gräberfelder Vološskoe, Vasil’evka I und Vasil’evka II in der Ukraine zeigen im Skelettmaterial ebenfalls Hinweise auf Gewaltanwendung. Hier konnten mehrfach Pfeilspitzen in Rippen und Wirbeln nachgewiesen werden, seltener dagegen Spuren von Hiebverletzungen.280 Da der Anteil der Bestatteten, die derartige Manipulationen aufweisen, besonders in Vasil’evka III sehr hoch ist, stellt sich die Frage, ob hier unter Umständen mit einem Sonderbestattungsplatz zu rechnen ist. Auf der anderen Seite ist zu erwägen, ob es an einem strategischen Punkt innerhalb einer begünstigten Landschaft281 generell häufiger zu Gewaltaktionen kam. Auch auf den Fundplätzen am Eisernen Tor (Lepenski Vir, Vlasac) treten Skelette mit Schädelläsionen auf.282

Teilweise in das Mesolithikum datiert werden Felszeichnungen der spanischen Levante, die detailliert und lebendig Menschen in kämpferischer Haltung in Szenen zwischenmenschlicher Auseinandersetzung zeigen. So sind mit Pfeil u. Bogen ausgerüstete Figuren aktiv in offenbar aggressiver Haltung zueinander dargestellt (Morella la Vella; Gasulla-Schlucht). Dazu kommen Abbildungen von Pfeilen getroffener Bogenschützen (Cueva Saltadora, Valltorta-Schlucht) sowie einer Szene, in der mehrere Figuren triumphierend ihre Bögen heben, während in einiger Entfernung vor ihnen eine von mehreren Pfeilen niedergestreckte Gestalt am Boden liegt (Cueva Remigia, Gasulla-Schlucht).283 Die „scenes of execution, skirmishing and warfare“ zeigen zusammen mit Alltagsszenen, die etwa Jagd, Tanz oder Honigsammelei darstellen, „a rational reflection of life“.284 Ähnliche Darstellungen, die in neolithische Horizonte zu stellen sind, sind auch aus Nordafrika bekanntgeworden. Hier sind bspw. Bogenschützen in aggressiver Haltung gemeinsam mit Rindern abgebildet; vielleicht handelt es sich um Szenen des versuchten bzw. vereitelten Viehraubs.285

Insgesamt sprechen die für das skandinavische Mesolithikum erhobenen Belege eher für Auseinandersetzungen unter Einzelpersonen oder aber für Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen auf niedrigem Aggressionsniveau. Der Großteil der Verletzungen wurde überlebt; nur wenige Personen wurden durch Hieb-

278 Bazaliiskiy/Savelyev 2003. 279 Nach Lillie 2004 liegen die Daten für Vasil’evka III zwischen 10.400 und 9200 calBC. 280 Dazu ausführlich Alekšin 1994. 281 Lillie 2004 spricht von einem „focus of activity“ innerhalb guter Fischgründe, der auch strategischer Punkt war, da die Stromschnellen die weitere Passage auf dem Fluß unterbanden. 282 Roksandic 2004b. 283 Müller-Karpe 1974, 147; Stodiek/Paulsen 1996, 60 f. – Aufgrund stilistischer Merkmale datieren neuere Untersuchungen den Großteil der Levante-Darstellungen allerdings erst in das Neolithikum, vgl. etwa Guilaine/Zammit 2005, 119 ff. 284 Nash 2005, 80. 285 Müller-Karpe 1974, 220. 70 oder Schußverletzungen direkt getötet. Männer waren häufiger betrofffen als Frauen; die Lage der Schädelverletzungen vorwiegend im Stirn- und Scheitelbeinbereich spricht für direkte Zweikämpfe. Etwas abweichend stellt sich das für Deutschland ermittelte Bild dar. Bezogen auf die Befunde der Großen Ofnet-Höhle und des Hohlenstein-Stadel liegen deutliche Anzeichen für feindliche Handlungen zwischen Gruppen vor, bei denen auch Frauen und Kinder getötet wurden. Hier zeigt sich eine abweichende Lage der Verletzungen am Schädel, die sich hier auch im Hinterhauptsbereich finden. Das spricht dafür, daß offenbar auch auf am Boden liegende oder flüchtende Opfer eingeschlagen wurde. Mehrfachverletzungen dokumentieren die Heftigkeit der Angriffe. Im übrigen mesolithischen Skelettmaterial aus Deutschland ist die Verletzungshäufigkeit niedriger; dieses entspricht eher dem für Skandinavien entworfenen Bild.

71 5. Schädelmanipulationen des Neolithikums in Norddeutschland

5.1 Mecklenburg-Vorpommern 5.1.1 Material Für das Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern konnten bereits im Jahre 1998 Schädel und Schädelreste des Neolithikums auf Manipulationen untersucht werden. Dabei wurden insgesamt 114 Schädel bzw. Schädelreste aufgenommen.286 Dazu kommen noch einmal vier Schädelreste aus wahrscheinlich spätneolithisch- frühbronzezeitlichen Knochenlagern von Weltzin, Lkr. (Tab. 3).287 Die Schädel und Schädelreste stammten überwiegend aus Megalithgräbern und Flachgräbern; ein geringerer Anteil des Materials wurde ursprünglich aus Komplexen sekundärer Bestattungen in Knochenlagern und Steinkisten geborgen. Einige wenige Exemplare repräsentieren Baggerfunde oder Schädel unbestimmter Herkunft. Das Verhältnis der Anzahl der Fundstellen zur Anzahl der Schädelreste ist dabei jeweils unterschiedlich. So stammen aus 14 Megalithgräbern 39 Schädelreste. Die Anlagen von Alt Reddevitz, Lkr. Rügen, Liepen, Lkr. Bad Doberan, Kruckow, Lkr. Demmin, und Serrahn, Kr. Güstrow, stellen dabei die Mehrzahl der Funde. Von sechs Fundorten von Flachgräbern sind 38 Schädelreste überliefert; hier spielt das Gräberfeld von Ostorf/Schwerin mit über 30 Funden eine besondere Rolle. 26 Schädel stammen aus Knochenlagern vom Fundplatz Groß Upahl, Lkr. Güstrow; vier weitere Schädelfragmente stammen aus Menschenknochenlagern vom Fundplatz Weltzin, Lkr. Demmin. Elf Schädel kommen von sonstigen Fundplätzen, darunter sechs Schädel aus Steinkisten und ein Baggerfund.

Megalith- Flach- Steinkiste Knochen- Bagger- Unbest./ grab grab lager fund Sonstiges Alt Reddevitz 10 Bagemühl 1 Basedow 2 1 Blengow 2 Garvsmühlen 1 Groß Upahl 1 26 Klein Methling 1 Krakow 2 Kruckow 4 Lancken-Granitz 2 Lenzen 1 Liepen 6 Malchin 5

286 Die Untersuchungen beliefen sich insgesamt auf 116 Schädel. Ein spätmesolithischer Schädel (Drigge) sowie ein mittels AMS-Datierung der mittleren Bronzezeit zugewiesener Schädel (Wiligrad) bleiben in dieser Arbeit für Aussagen zum Neolithikum unberücksichtigt. Miteinbezogen wird dagegen ein Schädel, der in die Frühbronzezeit datiert (Pätschow). Vgl. auch Lidke/Piek 1998. 287 Angaben nach: Kurze Fundberichte Jahrb. Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern 44, 1996, 473 und 48, 2000, 448. – In einem Vortrag während des Workshops „Traumatologische und pathologische Veränderungen an prähistorischen und historischen Skelettresten“ in Warnemünde im November 2006 informierte D. Jantzen darüber, daß der Fundplatz Weltzin aufgrund von AMS-Datierungen nunmehr sicher der Bronzezeit um 1320 cal BC zuzuweisen ist. Damit sind die Skelettreste für das Thema dieser Arbeit nicht mehr relevant; aus organisatorischen Gründen wurden sie trotzdem in Tabellen und Katalog belassen. 72 Naschendorf 1 Ostorf 31 1 Passow 1 Pätschow 1 Pisede 3 Plau 1 Roggow 2 Serrahn 4 Sukow 1 Teterow 1 Warchow 1 Waren 1 Weltzin 4 39 38 6 30 1 4 gesamt 118

Tab. 3 Mecklenburg-Vorpommern - Übersicht Gesamtmaterial

Manipulationen konnten in fünf Fällen an Schädeln aus Megalithgräbern beobachtet werden (Kruckow: drei Fälle; Liepen; Serrahn). Dabei handelt es sich ausschließlich um Schädel mit Trepanationen. An Schädeln aus Flachgräbern wurden in drei Fällen Veränderungen in Form von Verletzungen nachgewiesen. Zwei der Schädel stammen vom Gräberfeld Ostorf, ein weiterer aus einem Hockergrab von Groß Upahl. Manipulationsspuren zeigten ferner ein Schädel aus einem Knochenlager von Groß Upahl (Impression), ein Schädel aus einer Steinkiste von Malchin (Hiebverletzung), der Baggerfund von Pätschow (Trepanation) sowie ein auf einer Inselsiedlung ausgegrabenes Schädelfragment von Basedow, Lkr. Güstrow (Schnittspuren). Für zwei Schädelreste vom Fundplatz Weltzin werden Schädelverletzungen berichtet; ein Oberarmknochen desselben Fundplatzes weist eine eingeschossene Flintpfeilspitze auf.

5.1.2 Schädeltrepanationen Am Material aus Mecklenburg-Vorpommern konnten insgesamt sechs Fälle von Schädeltrepanationen beobachtet werden. Unter den Fundorten dieser Schädel spielt das Megalithgrab Kruckow, Lkr. Demmin eine besondere Rolle (Tafel 3). Es handelt sich um einen Großdolmen innerhalb eines trapezförmigen Hünenbettes, der 1969 ergraben wurde.288 Unter den Skelettresten aus der Kammer befinden sich auch drei trepanierte Schädel.289 Bei dem Schädel Kruckow 1 (Kat.-Nr. 98; Tafel 4) handelt es sich um den eines älteren Kindes; das Geschlecht konnte nicht bestimmt werden.290 Die Eingriffsöffnung

288 Hollnagel 1970. 289 Die Lage der Skelettreste ließ auf sekundäre Bestattung schließen; keiner der Schädel befand sich in anatomischem Zusammenhang mit einem Skelett. Zu Fundumständen und Beschreibungen der Schädel vgl. auch: Hollnagel 1970; Lidke/Piek 1998. 290 Anthropologische Bestimmung nach Grimm 1983, 107. 73 mißt etwa 80 x 40 mm und befindet sich im Bereich der Sagittalnaht auf beiden Scheitelbeinen. An den Rändern der Trepanation finden sich umlaufend zahlreiche feine Schnittspuren (Tafel 4b). Die Diploe ist über große Teile sichtbar, so daß davon auszugehen ist, daß der Eingriff nicht über längere Zeit überlebt wurde. Wie die Lage der Öffnung zeigt, handelte es sich um eine sehr riskante Operation, da dabei der große Längsblutleiter Sinus sagittalis superior auf großer Länge freigelegt wurde, was möglicherweise als Todesursache in Betracht zu ziehen ist. Der Längsschnitt durch die Öffnung in der computertomographischen Abbildung (Tafel 4d) zeigt, daß der Böschungsrand des Eingriffs im vorderen Bereich etwas steiler ist als hinten. Insgesamt ist er relativ steil und gleichmäßig; zusammen mit den feinen Ritz- und Schnittlinien um die Öffnung spricht dies für die Anwendung der Kehlmethode. Der Schädel Kruckow 2 (Kat.-Nr. 99; Tafel 5) wurde als der einer Frau im juvenilen Alter bestimmt.291 Die rundlich-längsovale Trepanationsöffnung von 42 x 32 mm Durchmesser befindet sich links occipital und parietal. Die Diploe des Trepanationsrandes ist zum Teil verschlossen, was auf eine gewisse Überlebensdauer hinweist. Auch hier finden sich im Randbereich der Öffnung umlaufend feine Schnittspuren (Tafel 5b). Dies spricht dafür, daß der Überlebenszeitraum nicht allzu lang gewesen sein dürfte. Der Schnitt durch die Öffnung zeigt gerade, relativ steile Böschungsränder (Tafel 5d). Das läßt auch in diesem Fall die Anwendung der Kehlmethode annehmen. Drei von der Trepanation ausgehende Frakturlinien sind wahrscheinlich als Brüche in Folge von Sedimentdruck zu erklären, die von der Eingriffsöffnung als Schwachstelle des Schädels ausgingen. Die Trepanation am Schädel Kruckow 3 (Kat.-Nr. 100; Tafel 6)292 liegt im Bereich des linken Scheitelbeins und ist bei einer Größe von etwa 70 x 55 mm von ovaler Form. An Stellen des Randes der Öffnung zeigen Abrundungen Heilungsvorgänge, so daß der Mann im maturen Alter293 den Eingriff einige Zeit überlebt haben muß. Auch hier kam vermutlich die Kehlmethode zur Anwendung.

Die Ritz- und Schnittlinien an dem Kinder- und dem Frauenschädel sind als Belege der Eingriffstechnik aufzufassen. Die Ränder sind dabei schräg von der Tabula externa zur Tabula interna abfallend (die Läsion der äußeren Knochentafel ist größer), was dafür spricht, daß das Eingriffswerkzeug nicht senkrecht, sondern schräg zur Schädeldecke geführt wurde. Die Schnittlinien sind zum großen Teil auffallend gleichmäßig. Die Öffnungen wurden wahrscheinlich durch regelmäßiges Hin- und Herbewegen des oder der Flintgeräte, in einer Kombination aus Schneiden und Schaben, erzeugt. Der Wechsel der Schnittlinienrichtung um die Öffnungen herum läßt annehmen, daß der Operateur im Verlauf des Eingriffs mehrmals seine Stellung zum Kopf des jeweiligen Patienten hin änderte.

291 Grimm 1983, 107. 292 Dieser Schädel konnte im Archäologischen Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern, Lübstorf, nicht vollständig aufgefunden werden. Unter der betreffenden Fundnummer wurden wenige Schädelfragmente gesichtet, darunter auch eines, das ein Stück eines Trepanationsrandes aufweist. Die Beschreibung der Manipulation bezieht sich daher auf Grimm 1983. 293 Anthropologische Bestimmung nach Grimm 1983, 107. 74 Die drei trepanierten Kruckower Schädel konnten durch AMS-Daten absolutchronologisch fixiert werden. Der Schädel des Mannes (Kruckow 3) konnte auf 3056 +/- 146 BC datiert294 und damit dem Älteren Mittelneolithikum (Jüngere Trichterbecherkultur oder Kugelamphorenkultur) zugewiesen werden. Der Schädel des Kindes (Kruckow 1) ergab ein Datum von 2190 +/- 129 BC, der der Frau (Kruckow 2) ein Datum von 2371 +/- 98 BC. Beide sind damit in die späte Einzelgrabkultur bzw. das Spätneolithikum zu stellen.295

Der Schädel Kruckow 3 lag nach dem Grabungsplan (Tafel 3) relativ isoliert in der Ostecke der Kammer neben einem weiteren Schädel ohne Auffälligkeiten; die beiden jünger datierten Schädel 1 und 2 fanden sich in der nordöstlichen Hälfte der Kammer. Schädel 1 lag neben einem Häufchen unterschiedlicher menschlicher Knochen, zwei Wolfsmetapodien und einem weitmundigen Topf; Schädel 2 fand sich nördlich einer unregelmäßigen Steinpackung mit Skelettresten offenbar mehrerer Individuen. Einige Gefäße, ein Eberzahnanhänger und eine Bernsteinperle können ebenfalls nicht in direkten Zusammenhang mit dem Schädel gebracht werden. Somit ist eine sekundäre Einbringung der Schädel zu unterschiedlichen Zeiten anzunehmen.

Ein weiterer trepanierter Schädel liegt vom Fundort Liepen, Lkr. Bad Doberan (Kat.- Nr. 101; Tafel 9), vor. Dieser Schädel stammt aus dem Ganggrab 1 von Liepen,296 in dessen Kammer sich mehrere Lager menschlicher Gebeine fanden. Bei diesem Schädel, der als der eines Mannes in adultem bis maturen Alter297 bestimmt wurde, handelt es sich um einen Plagiocephalus (Schiefschädel), dessen verschobene Form durch eine Entwicklungsstörung bedingt wurde, die durch die unterschiedliche, nicht symmetrische Anlage bzw. Verknöcherung der Schädelnähte zustande kommt. In den hinteren Bereichen beider Scheitelbeine findet sich der seltene Fall einer nicht in einer vollständigen Öffnung resultierenden Trepanation in Form einer etwa kreisförmigen Rinne von 58-60 mm Durchmesser. Zu beiden Seiten der Rinne steigt der Rand der begonnenen Trepanation gleichmäßig an. Computertomographische Aufnahmen (Tafel 9b-c) zeigen eine Abtragung des Knochens bis etwa zur Lamina interna des Schädelknochens als tiefstem Punkt. Der äußere Rand der maximal 12-15 mm breiten Rinne ist wallartig begrenzt, was im Sinne einer reaktiven Hyperostose gedeutet werden kann. Ritz- oder Schnittspuren sind nicht zu erkennen. Der Eingriff ging offensichtlich in Form eines ringförmigen Schabens vor sich. Die Abtragung von Knochen erfolgte dabei vor allem im Bereich der umlaufenden Rinne, in geringerem Maße wohl auch im Zentrum des

294 Hier wurde zur Datierung ein unter der betreffenden Fundnummer inventarisiertes Schädelfragment herangezogen. Die Zugehörigkeit zum trepanierten Schädel steht damit nicht mit absoluter Sicherheit fest. 295 Vgl. dazu auch Lidke 1999. 296 Zum Grabungsbefund: Schuldt 1966. Die Lage des trepanierten Schädels in der Kammer konnte nicht rekonstruiert werden. 297 Anthropologische Bestimmung nach Grimm 1983, 109. 75 Eingriffsbereichs. Es ist von einem längeren Überleben auszugehen.298 Im Fall dieses Schädels ergab die AMS-Datierung ein Datum von 2972 +/- 91 BC. Damit ist der Schädel der jüngeren Trichterbecherkultur zuzuweisen.

Ein weiterer trepanierter Schädel (Kat.-Nr. 106, Tafel 8) stammt aus einem erweiterten von Serrahn, Lkr. Güstrow (Tafel 7).299 Es handelt sich um den Schädel eines Mannes im spätmaturen Alter,300 der eine längsovale Öffnung von etwa 90 x 65 mm Ausmaß aufweist, die sich im Bereich der Sagittalnaht über beide Scheitelbeine erstreckt, wobei das linke Scheitelbein stärker betroffen ist. Der Trepanationsrand ist leicht unregelmäßig konfiguriert. Die Diploe ist nicht sichtbar, so daß davon auszugehen ist, daß der Eingriff einige Zeit überlebt wurde. Die steilen, schmalen Böschungsränder lassen auch hier die Anwendung der Kehlmethode vermuten. Frakturlinien, die von der Trepanation ausgehen, sind wie im Fall von Kruckow 2 wohl als Folge von Sedimentdruck zu erklären. Der Schädel von Serrahn konnte auf 2304 +/- 110 BC datiert werden und ist damit der späten Einzelgrabkultur zuzuordnen.

Bei Ausbaggerungsarbeiten der wurde der Schädel von Pätschow, Lkr. (Kat.-Nr. 105, Tafel 10), geborgen. Dabei handelt es sich um den Schädel eines Mannes im Alter von 30 bis 35 Jahren.301 Hier findet sich eine querovale Eingriffsöffnung in der rechten Hälfte des Stirnbeins, die eine Ausdehnung von maximal 60 x 40 mm aufweist. Die breiten Ränder des Defekts (Tafel 10b-c) sind glatt und fallen schräg zur Tabula interna ab; Schnittspuren sind nicht zu beobachten. Die Diploe ist nicht sichtbar, der in Schabetechnik durchgeführte Eingriff wurde somit überlebt. Nach der neurochirurgischen Betrachtung durch J. Piek302 macht die Eingriffsöffnung den Eindruck, es habe sich um zwei Eingriffe gehandelt, welche als querovale Öffnungen angelegt und dann zu einer Öffnung verbunden wurden. Die Datierung des Schädels ergab ein Datum von 1707 +/- 110 BC; der trepanierte Schädel von Pätschow ist damit an den Beginn der Bronzezeit zu stellen.

Ein weiterer Beleg für einen Eingriff am Schädelknochen ist mit dem Schädelrondell von Vanselow, Lkr. Demmin, gegeben. Es handelt sich dabei um einen Einzelfund aus Ablagerungen eines Spülfeldes, so daß es keine Anhaltspunkte für eine chronologische Einordnung gibt. Die fast runde Knochenscheibe hat einen Durchmesser von 4,05 bis 4,15 cm und ist auf ihrer Oberfläche mit Punktverzierungen versehen. Aufgrund seiner Beschaffenheit stammt das Rondell

298 Grimm 1983, 140 erwähnt einen zweiten kreissegmentförmigen Knochenwall unterhalb der Hinterhauptsnaht. Dieser kann aufgrund von Beschädigungen in diesem Bereich nicht mehr überprüft werden. 299 Zum Grabungsbefund: Schuldt 1965. 300 Anthropologische Bestimmung nach Grimm 1983, 116. Eine von Grimm 1983, 138, erwähnte verheilte Verletzung des Stirnbeins wurde während der neurochirurgischen Untersuchungen durch Prof. J. Piek nicht bestätigt, ebensowenig eine mutmaßliche Läsion am Schädel einer Frau aus dem Großdolmen von Serrahn. 301 Grimm 1957. 302 Vgl. Lidke/Piek 1998, 67. 76 vermutlich aus dem hinteren Bereich des rechten oder linken Scheitelbeins. Eine genaue chronologische Zuweisung des Stückes ist nicht möglich, eine neolithische Zuordnung zumindest nicht ausgeschlossen.303

5.1.3 Schädeltraumata An einigen weiteren Schädeln aus Mecklenburg-Vorpommern zeigen sich Spuren anderer Auffälligkeiten bzw. Veränderungen. Dabei handelt es sich um auf Unfälle oder direkte Gewalteinwirkung zurückgehende Verletzungen. Spuren von Gewalteinwirkung zeigen sich in besonderer Weise an einem Schädel aus einem Hockergrab von Groß Upahl, Lkr. Güstrow (Kat.-Nr. 96; Tafel 11). Das Grab ist Teil eines mehrperiodigen neolithischen Bestattungsplatzes, der unterhalb eines bronzezeitlichen Grabhügels aufgedeckt wurde.304 Der Schädel eines Mannes im maturen Alter305 weist mehrere verheilte Impressionsfrakturen auf. Rechts parietal hinter der Kranznaht findet sich eine 30 x 20 mm messende Impression von nahezu rechteckiger Ausprägung, deren Ränder knöchern fest überbrückt sind, so daß von einem mindestens ein– bis zweijährigen, wahrscheinlich aber längerem Überleben ausgegangen werden kann. Mittig frontal oberhalb der Orbitalwülste ist eine eher rautenförmige Impression von etwa 50 x 35 mm Ausmaß zu beobachten. Auch hier sprechen die zu beobachtenden Knochenreaktionen für ein längeres Überleben. Links supraorbital findet sich eine deutliche Impression des knöchernen Augenrandes, die ebenfalls deutliche Heilungsspuren aufweist. Dazu tritt eine Verletzung des rechten Oberkiefers sowie eine mögliche Läsion in Form einer Impression oberhalb der erwähnten Stirnbeinverletzung. Auch diese Defekte zeigen Heilungsreaktionen. Aufgrund des etwa gleichen Heilungszustands der Verletzungen ist von gleichzeitiger Entstehung auszugehen. Als Ursache ist erhebliche Gewalteinwirkung durch einen stumpfen Gegenstand anzunehmen, wobei aufgrund der Konfiguration der Verletzungen eventuell eine Knaufhammeraxt anzunehmen ist, mit der mit Nacken und Schmalseite zugeschlagen wurde. Im computertomographischen Schnittbild sind die Impressionen deutlich sichtbar (Tafel 11c). Art und Schwere der Verletzungen lassen auf ein hohes Maß an Brutalität seitens des oder der Angreifer schließen. Die Schädeltraumata werden von Verletzungen der Kopfschwarte (Platzwunden) begleitet worden sein. Eine AMS-Datierung ergab für dieses Skelett ein Datum von 3186 +/- 131 BC. Damit ist der Befund im Rahmen des älteren Mittelneolithikums der Jüngeren Trichterbecherkultur zuzuweisen. Aufgrund der Beigabenlosigkeit des Hockergrabes ist eine Überprüfung des Datums im Vergleich mit Beigaben nicht möglich.

303 Schacht 1982. Im Zusammenhang dieser Arbeit wird das Schädelrondell nicht weiter berücksichtigt. 304 Just 1960; Müller 1960a. 305 Müller 1960b. 77 Ebenfalls vom Fundplatz Groß Upahl, aus einem der späten Einzelgrabkultur zugewiesenen Knochenlager, stammt ein Schädelrest306 (Kat.-Nr. 97), der im hinteren Bereich des rechten Scheitelbeins eine etwa 28 x 33 mm große Impression aufweist. Auch diese ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine überlebte Verletzung zurückzuführen.

Ein Schädel einer spätmaturen Frau307 aus einer Steinkiste von Malchin, Lkr. Güstrow (Kat.-Nr. 102), weist im Bereich des linken Scheitel- und Hinterhauptsbeins ebenfalls eine überlebte Impressionsfraktur auf. Diese Läsion ist bei einer Länge von 30 mm bei maximaler Breite von 15 mm etwa dreiecksförmig. Der verursachende Hieb wurde wohl von hinten seitlich links geführt. Regenerationsspuren am Knochen zeugen von einem längeren Überleben. Durch ein AMS-Datum von 2981+ / -74 BC ist dieser Schädel dem Mittelneolithikum zuzuordnen.

An einem Schädel vom Flachgräberfeld Ostorf bei Schwerin (Kat.-Nr. 103) ist eine verheilte Kiefer- und Jochbeinfraktur der rechten Seite nachgewiesen; ein weiterer Schädel von diesem Gräberfeld (Kat.-Nr. 104) zeigt einen verheilten Defekt im Scheitelbereich, vermutlich aufgrund einer Verletzung, mit Kallusbildung. Die Bestattungen des Gräberfelds kann durch charakteristische Keramikbeigaben der Trichterbecherkultur zugewiesen werden.

Skelettreste mit Manipulationsspuren stammen außerdem auch vom Fundplatz von Weltzin, Lkr. Demmin (Fpl. 20), vom Uferbereich der Tollense mit auffälligen Mengen Menschenknochen. Die Skelettreste, die überwiegend von jungen Männern und vereinzelt von Kindern stammen, lagen meist nicht in anatomischer Ordnung. In einem Oberarmknochen (Kat.-Nr. 109) steckt eine rücklings eingeschossene, langschmale flächenretuschierte Feuersteinspitze; der Schädel eines Mannes (Kat.- Nr. 107) weist eine ovale Impressionsfraktur auf, die durch einen stumpfen Gegenstand hervorgerufen wurde. Diese Indizien geben ebenso wie das Fehlen von Skelettresten von Frauen Hinweise auf die Entstehung der Knochenlager.308 Die Pfeilspitze und mitgefundene Keramik datieren in das ausgehende Neolithikum bzw. die frühe Bronzezeit.309 In geringem Entfernung von diesem Fundplatz wurden weitere Schädelfragmente geborgen (Fpl. 13), zumindest eins davon (Kat.-Nr. 108) weist ebenfalls eine Läsion in Form einer Depression auf.310 Ein Zusammenhang mit den oben genannten Funden ist wahrscheinlich.

306 Es handelt sich dabei um Schädelrest B vom „Kopfende“ des unteren Knochenlagers. Just 1960. 307 Schuldt 1974. Anthropologische Bestimmung nach Grimm 1992, 20. 308 Jantzen 1997. Leider liegt bisher keine ausführliche Publikation des Fundplatzes vor, so daß auch Angaben u.a. zur Gesamtzahl an Individuen fehlen. In die direkten Untersuchungen des Schädelmaterials konnten diese Funde nicht miteinbezogen werden. – Zur nun bronzezeitlichen Einordnung des Fundplatzes um 1320 BC siehe Anm. 287. 309 Kurze Fundberichte Jahrb. Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern 44, 1996, 473. 310 Kurze Fundberichte Jahrb. Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern 48, 2000, 448. 78 5.1.4 Übersicht und Vergleich Insgesamt liegen so für Mecklenburg-Vorpommern 13 Belege von Manipulationen an Schädeln vor (Tab. 4), die zumindest grob dem Neolithikum zuzuweisen sind. Es handelt sich in sechs Fällen um Trepanationen und in sieben Fällen um Verletzungen des Schädeldachs.

Schädel Zustand Datierung Herkunft Manipulation Geschlecht über- (Code) lebt Groß Upahl Kranium, 3186+/- 131 BC Hocker- mehrere Hiebver- männlich ja ALM M-V 59/66 geklebt (UZ-4088) grab letzungen frontal, parietal Groß Upahl Kalotte Spät- Knochen Impression männlich ja ALM M-V 59/66 neolithikum lager rechts parietal

Kruckow 1 Kalvaria, linke 2190+/-129 BC - Trepanation links unbest. nein ALM M-V 69/37, Seite stärker (UZ-4087) grab und rechts 26, Kn 188 beschädigt parietal Kruckow 2 Kalvaria, 2371+/-98 BC Megalith- Trepanation links weiblich ja ALM M-V 69/37, gut erhalten (UZ-4086) grab parietal und 54, Kn 186 occipital Kruckow 3 fragmentiert 3056+/-146 BC Megalith- Trepanation links männlich ja ALM M-V 69/37, (unvollständig (UZ-4122) grab parietal 30, Kn 187 ) Liepen Kalotte, gut 2972+/-91 BC Megalith- Trepanation links männlich ja ALM M-V 65/28, erhalten (UZ-4089) grab u. rechts parietal, 52, Kn 315 occipital Malchin Kalvarium 2981+/- 74 BC Stein- Hiebverletzung weiblich ja ALM M-V Wa IV (ZU-4090) kiste links 71/263 parietal/occipital Ostorf Kalvarium TRB Flach- Kiefer- und unbest. ja ALM M-V 436 grab Jochbeinfraktur

Ostorf Kranium TRB Flach- Verletzung mit männlich ja ALM M-V 61/11,8 grab Kallusbildung

Pätschow Kalvarium, 1707+/-100 BC Fluß/ Trepanation männlich ja ALM M-V Wa IV gut erhalten (UZ-4092) Moor rechts frontal 66/57, 1 Serrahn Kalvaria 2304+/-110 BC Megalith- Trepanation links männlich ja ALM M-V 64/25, 4, (dazu (UZ-4085) grab und rechts Kn 185 Unterkiefer) parietal Weltzin 1 Schädelrest Spätneolithi- Knochen ovale männlich nein? ALM M-V 1996/ kum lager Impressions- 277; 855 fraktur Weltzin 2 Schädelrest Spätneolithi- Knochen Impression ? nein? ALM M-V kum lager 2000/1382, 1-4

Tab. 4 Mecklenburg-Vorpommern – manipulierte Schädel in der Übersicht

Besonders bemerkenswert ist dabei der Befund aus dem Großdolmen von Kruckow, der drei trepanierte Schädel aus unterschiedlichen Zeithorizonten lieferte. Insgesamt liegen Trepanationen nur aus Megalithgräbern und in einem Fall aus einem Baggerfund vor. Verletzungsspuren an Schädeln wurden dagegen an Skelettresten aus Flachgräbern und Knochenlagern beobachtet

79 5.1.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen Neben vier Männern (Kruckow 3; Liepen; Serrahn; Pätschow) waren auch jeweils ein Kind (Kruckow 1) und eine junge Frau (Kruckow 2) von Trepanationen betroffen (Tafel 26a). Damit findet sich keine Bestätigung für die Annahme, Operationen dieser Art seien im Neolithikum ausschließlich an Männern vorgenommen worden.311 Trotzdem können derartige Eingriffe wohl vorwiegend mit der männlichen Lebenswelt in Zusammenhang gebracht werden. Das etwa 10jährige Kind und die Frau im juvenilen Alter fallen auch in der Betrachtung der Altersstufen aus dem Normspektrum heraus. Die Männer dagegen befanden sich sämtlich im Erwachsenenalter, wobei für die Individuen von Kruckow 3 und Liepen ein spätmatures Alter (etwa 50–60 Jahre) angegeben wird, für den Mann von Liepen ein adult–matures Alter (um 40 Jahre) und für den Mann von Pätschow ein spätadultes Alter (etwa 30-35 Jahre). Zu den Individuen mit Verletzungsspuren können nicht in jedem Fall Angaben gemacht werden. Bei den Individuen Groß Upahl 1 und 2, Ostorf 2 sowie Weltzin 1 handelt es sich um Männer, im Fall von Malchin war eine Frau von einer Hiebverletzung betroffen. Zu den Individuen Ostorf 1 und Weltzin 2 liegt keine Geschlechtsangabe vor. Auch Verletzungen dominieren damit an Männerschädeln (Tafel 26a). Bei den Individuen mit Traumata handelt es sich sämtlich um Erwachsene, wobei die Frau von Malchin und der Mann von Groß Upahl 1 der maturen Altersstufe zugeordnet werden. Zu bedenken ist sowohl bei den überlebten Trepanationen als auch den überlebten Verletzungen, daß die jeweilige Läsion durchaus zu einem weit früheren Lebenszeitpunkt des Individuums entstanden sein kann.

5.1.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte Die Trepanationen sind von unterschiedlicher Größe. Neben Eingriffen ab etwa 30 bis 40 mm Ausmaß, wie sie an den Schädeln von Kruckow 2 und Liepen zu beobachten sind, liegen auch wesentlich größere Öffnungen vor. Die Trepanationen an den Schädeln von Kruckow 1, Kruckow 3 und Serrahn messen 80 x 40 mm, 70 x 55 mm bzw. sogar 90 x 62 mm. Der Eingriff von Pätschow liegt mit etwa 60 x 40 mm im Mittelfeld.

Die Verletzungen sind, soweit Angaben erhoben werden konnten, ebenfalls von unterschiedlicher Größe. Die größte Läsion ist mit 50 x 35 mm die im Stirnbereich von Groß Upahl 1 zu beobachtende Verletzung. Das Schädeltrauma am Schädel von Malchin liegt mit 15 x 30 mm im unteren Spektrum.

Der Großteil der Läsionen ist in den Scheitelbeinen lokalisiert (Tab. 5; vgl. auch Tafel 27a, b). Dies betrifft Trepanationen ebenso wie Traumata. Trepanationen finden sich

311 Bach/Bach 1989, 54. 80 vor allem im linken Scheitelbein, teilweise unter Miteinbeziehung des rechten Parietale und des Hinterhauptsbeins. Besonders die großen Eingriffe (Kruckow 1; Serrahn) liegen im Scheitelbereich. Auch im Frontalbereich und rechten Scheitelbein finden sich Manipulationen; hier sind es vor allem Traumata. Der Hinterhauptsbereich wird von zwei Trepanationen und einer Verletzung mit erfaßt; Läsionen, die ausschließlich diese Schädelregion betreffen, finden sich nicht.

Trepanationen Traumata Frontal Groß Upahl 1 Links frontal Groß Upahl 1 Links frontal/par. Links par. Kruckow 3 Groß Upahl 1 Liepen Links par./occ Kruckow 2 Malchin Rechts frontal Pätschow Rechts frontal/par. Rechts par. Groß Upahl 1 Groß Upahl 2 Rechts par./occ. Links/rechts par. Ostorf 2 Links/rechts frontal/par. Kruckow 1 Links/rechts par./occ. Serrahn Occipital

Tab. 5 Verteilung der Manipulationen (Mecklenburg-Vorpommern)

Trepanationen und Traumata befinden sich zumindest teilweise in gleichen Schädelregionen. Dies gibt Anlaß zu der Vermutung, ein Teil der operativen Eingriffe könne auf die Versorgung von durch Kampfhandlungen herbeigeführten Verletzungen zurückzuführen sein. Dafür könnte auch sprechen, daß Männer im Erwachsenenalter den Großteil der Betroffenen stellen. Andererseits sind fallweise Frauen sowohl von (unbehandelten) Traumata als auch von Trepanationen betroffen. Zudem finden sich Traumata, die auch ohne chirurgischen Eingriff heilten (vgl. Groß Upahl 1). Am Schädel von Liepen war möglicherweise die unterschiedliche Verknöcherung der Schädelnähte, was zu einer schiefen Schädelform führte, Anlaß für den Trepanationseingriff. Es ist bemerkenswert, daß es sich hier um einen nicht in einer regulären Öffnung resultierenden Eingriff handelt.

Bei der Verletzung am Schädel Ostorf 1 handelt es sich um eine der eher selten nachgewiesenen Gesichtsverletzungen; hier waren Kiefer und Jochbein der rechten Seite betroffen.

Die aus Mecklenburg-Vorpommern vorliegenden Trepanationen wurden in unterschiedlichen Techniken vorgenommen. Am Schädel von Serrahn wird ebenso

81 wie bei den Schädeln Kruckow 1 und 2 die Kehlmethode zum Einsatz gekommen sein, wobei mittels einer Flintklinge eine schmale umlaufende Rinne erzeugt wird, bis schließlich das in der Mitte stehende Knochenfragment entnommen werden kann. Am Schädel von Pätschow kam das normale Schabeverfahren zum Einsatz; am Schädel von Liepen dürfte mit einer ähnlichen Methode, dem so genannten Ringzonenschaben, gearbeitet worden sein.

Der überwiegende Teil der Manipulationen zeigt Heilungsreaktionen, die auf ein Überleben hindeuten. Dies betrifft sowohl Trepanationen und Traumata, wobei im Bereich der Traumata zu einigen Fällen keine Angaben gemacht werden können. Von den Trepanationen wurde nur der Eingriff am Schädel des Kindes (Kruckow 1) nicht überlebt; alle anderen Schädel zeigten Heilungsreaktionen. Dabei mag das Überleben in einigen Fällen (Kruckow 2; 3) relativ kurzfristig gewesen sein; in anderen Fällen (Liepen; Pätschow) wurde der Eingriff sicher längere Zeit überlebt. Die hohe Überlebensrate (fünf von sechs Fällen: 83,3 %) entspricht der auch in anderen Studien zu Trepanationen ermittelten.312 Mehrere Traumata am Schädel des Mannes von Groß Upahl 1 sind ebenso überlebt worden wie die kleinere Verletzung der Frau von Malchin.

5.1.4.3 Chronologische und kulturelle Verbreitung Die manipulierten Schädel lassen sich unterschiedlichen chronologischen Zeiträumen zuweisen. In Mecklenburg-Vorpommern sind Trepanationen mit dem Befund von Liepen und Kruckow 3 ab etwa 3000 BC nachgewiesen; diese Nachweise fallen in den Komplex der Jüngeren Trichterbecherkultur. Im Fall des Schädels von Liepen kann diese Zuweisung durch Fundmaterial der Trichterbecherkultur aus dem Gang des Ganggrabes belegt werden.313 Im Fall des Schädels von Kruckow 3 ist das Material aus der Kammer chronologisch weniger eindeutig. Neben Material der Trichterbecherkultur liegt hier auch Keramik vor, die der Kugelamphorenkultur zuzuordnen sein könnte.314 Die betreffenden Schädel stammen aus Megalithgräbern; diese sind einige Zeit nach ihrer Errichtung somit auch zur Bestattung manipulierter Individuen genutzt worden. Ebenfalls aus Megalithgräbern stammen die trepanierten Schädel Kruckow 1 und 2 sowie Serrahn. Diese konnten allerdings durch AMS-Datierungen dem Horizont zwischen 2400 und 2200 BC zugewiesen werden. In diesen Fällen können einzelgrabzeitliche (Axt und zwei Becher im Fall von Kruckow) bzw. spätneolithische (Füßchenschale und Knochenringanhänger im Fall von Serrahn) Funde die Datierungen unterstützen. Diese trepanierten Schädel wären somit der späten Einzelgrabkultur zuzurechnen. Es deutet sich an, daß in Mecklenburg-Vorpommern

312 Für Ägypten wurde eine Quote von etwa 71 % (zehn von 14 Fällen) ermittelt; vgl. dazu Pahl 1993, 345. Nach Ullrich/Weickmann 1965 zeigt neolithisches und bronzezeitliches Material in 88 % Heilungsreaktionen. 313 Schuldt 1966. 314 Zur Belegungsgeschichte des Kruckower Großdolmens vgl. Lidke 1999. 82 wie in Dänemark315 mit einem Fortleben der Einzelgrabkultur bis etwa 2200 BC mit zeitweiser Überlappung mit dem Spätneolithikum zu rechnen ist. Die Zuweisung zur Einzelgrabkultur findet auch darin Unterstützung, daß der weiter südlich verbreiteten verwandten Schnurkeramik zahlreiche Trepanationsfälle zuzurechnen sind. Der Schädel von Pätschow liefert den Nachweis einer Trepanation der Frühbronzezeit. In vergleichbare Zeitphasen sind auch die Schädel mit Traumata einzuordnen. Hier fallen besonders der mehrfach traumatisierte Schädel von Groß Upahl 1 und der Schädel von Malchin auf, deren AMS-Daten sie etwa um 3200 BC bzw. 3000 BC einordnen. Groß Upahl 1 wäre somit etwa an den Beginn des Jüngeren Mittelneolithikums im Rahmen der Trichterbecherkultur einzustufen, Malchin etwas jünger. Die Schädel vom Gräberfeld Ostorf sind der Trichterbecherkultur zuzuweisen. Groß Upahl 2 dagegen stammt aus einem im Rahmen sekundärer Bestattung angelegten Knochenlager, das durch einige Scherben zahnstock- und stacheldrahtverzierter Keramik, fein gemuschelte herzförmige Pfeilspitzen und einen Knopf mit V-förmiger Durchbohrung der späten Einzelgrabkultur zugewiesen wird.

Damit spielen in Mecklenburg-Vorpommern für den Nachweis sowohl von Trepanationen als auch von Traumata besonders der Beginn des Jüngeren Mittelneolithikums im Rahmen der Trichterbecherkultur, die späte Einzelgrabkultur und der Übergang zur Frühbronzezeit eine besondere Rolle. Faßt man zumindest einen Teil der Trepanationen als versorgte Schädelverletzungen auf, so wäre der Großteil der Belege auf Gewalthandlungen zurückzuführen. Es liegt nahe, den Beginn des Jüngeren Mittelneolithikums und die Endphase der Einzelgrabkultur im Übergang zu Spätneolithikum und Frühbronzezeit als Phasen kultureller Veränderungen zu deuten, die sich auch durch erhöhte Gewaltbereitschaft auszeichneten. Allerdings ist anzumerken, daß der Großteil der erlittenen Läsionen nicht allzu schwer war, wie Heilungsreaktionen in zahlreichen Fällen belegen. Unklar bleibt bislang die Situation des Fundplatzes Weltzin. Hier könnte sich eine Situation abzeichnen, die für ein Gewaltereignis größeren Ausmaßes steht.

Vom Fundplatz Ziesendorf bei Rostock liegt ein spätneolithischer Befund vor, der möglicherweise ebenfalls Hinweise auf Manipulation liefern könnte. Leider ist das Skelettmaterial nicht erhalten, so daß keine eindeutigen Aussagen getroffen werden können. Es handelte sich hier um zwei Tote innerhalb eines Steinpackungsgrabes mit Lehmschichten, die antipodisch zueinander beigesetzt worden waren. Besonders bei Skelett II soll es sich um einen extremen Hocker gehandelt haben, dessen untere Extremitäten quer zur Körperachse lagen, was an Fesselung denken ließe. Zudem lag der Schädel des Skeletts nicht an der natürlichen Stelle, sondern rückwärts gedreht im Bereich der Rippen, wobei aufgrund der festen Lehmpackung im Grab

315 Vandkilde 1996, 163. 83 eine spätere Störung ausgeschlossen scheint.316 Ein verzierter Becher mit Griffzapfen läßt eine Datierung in eine späte Phase der Einzelgrabkultur annehmen. Diese Stufe ist, wie auch das Spätneolithikum allgemein, häufiger durch Schädelmanipulationen und andere Belege für Gewalthandlungen gekennzeichnet. Allerdings fehlen im Fall des Ziesendorfer Befundes mit dem Skelettmaterial auch sämtliche ursprünglich daran vielleicht vorhandenen Belege.

Die Kartierung der Manipulationen an Schädel- und Skelettmaterial (vgl. Karte 1) zeigt für dieses Bundesland eine Konzentration in Vorpommern. Dazu tragen sowohl die trepanierten Schädel aus dem Großdolmen von Kruckow wie auch der Fundort Weltzin mit Belegen für zwei Schädelverletzungen und eine Pfeilschußverletzung wesentlich bei. Da diese Nachweise aus ganz unterschiedlichen Zeitphasen stammen, ist von einer zufälligen Häufung auszugehen.

5.1.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial Insgesamt konnten für Mecklenburg-Vorpommern 118 Schädel zugrunde gelegt werden.317 Davon weisen 13 Manipulationsspuren in Form von Trepanationen und Traumata auf. Dies entspricht einem Anteil von 11 %. Trepanationen treten in sechs Fällen auf (5,1 %), Traumata in sieben Fällen (5,9 %). Dazu kommt ein Fall einer in einen Armknochen eingeschossenen Pfeilspitze. Berücksicht man nur sicher neolithisches Material (unter Abrechnung der Schädel von Weltzin und Pätschow), so ergeben zehn manipulierte auf insgesamt 113 Schädel einen Anteil von 8,8 %; dabei entfallen auf Trepanationen (5 Fälle) ebenso wie auf Traumata (5 Fälle) jeweils 4,4 %. Bei der statistischen Auswertung ist zu beachten, daß das Schädelmaterial insgesamt einen Zeitraum von mehr als 1500 Jahren repräsentiert und allein aus diesem Grund keine sicheren Aussagen zum Anteil manipulierter Individuen möglich sind, da es kein verläßliches Gesamtbild neolithischer Populationen widerspiegelt. Allerdings beträgt der Anteil trepanierter Schädel in Dänemark ebenfalls etwa 4,5 % (zwölf Belege bei insgesamt 267 Schädeln).318 Hier wie dort stammt der überwiegende Teil der trepanierten Schädel aus Megalithgräbern. Möglicherweise stand die Möglichkeit einer Bestattung im Megalithgrab nicht allen Mitgliedern einer Gemeinschaft offen, sondern war von bestimmten sozialen Faktoren abhängig.319

316 Vgl. dazu Nilius 1967: Beide Schädel machten danach bei der Auffindung einen zertrümmerten, eingedrückten Eindruck. Dies könnte aber auch auf die Lagerung innerhalb der festgefügten Steinpackung zurückzuführen sein. Das Skelettmaterial der Bestattung wurde an Ort und Stelle wieder begraben und steht somit für Untersuchungen nicht zur Verfügung.. 317 Hier nicht berücksichtigt wurden Neufunde wie der Schädelrest eines älteren Mannes aus einer trichterbecherzeitlichen Grube von Sildemow, Lkr. Bad Doberan (Kuhlmann 2002, 47), oder ein ebenfalls trichterbecherzeitlicher Schädelrest aus der Hansestadt Stralsund (Kaute et al. 2004). 318 Bennike 1985, 93. 319 In einer Untersuchung des Skelettmaterials aus Megalithgräbern der Orkneys in Schottland sieht Barber 2000 nicht einmal ansatzweise eine überlebensfähige Population in den Bestattungen in den Kammern repräsentiert; die Bestatteten könnten so entweder als „high-prestige-persons“ oder „the unaccepted dead“ angesehen werden. 84 Vielleicht stellten auch Trepanationseingriffe ein solches Auswahlkriterium dar; dann wäre damit zu rechnen, daß der in Megalithgräbern repräsentierte Anteil trepanierter Individuen höher ist als ihr tatsächlicher Anteil an der damaligen Bevölkerung.

5.2 Schleswig-Holstein 5.2.1 Material Der überlieferte Bestand an neolithischem Skelettmaterial aus Schleswig-Holstein ist gering. Dies ist besonders auf die Bodenbeschaffenheit zurückzuführen; in den vorherrschenden eher sandigen Böden ist die Möglichkeit der Knochenüberlieferung generell schlecht. Insgesamt konnten der Untersuchung nur elf Schädel bzw. –reste zugrundegelegt werden (Tab. 6), die aufgrund der Recherche anthropologischer und archäologischer Literatur ermittelt wurden. Nur wenige dieser Schädelreste konnten auch tatsächlich im Original besichtigt und dokumentiert werden.

Megalith- Flach- Steinkiste Knochen- Bagger- Unbest./ grab grab lager fund Sonstiges Matzwitz 1 Nebel 5 Rastorf 1 Ratekau 2 Wittenborn 2 gesamt 11

Tab. 6 Schleswig-Holstein - Übersicht Gesamtmaterial

Es fällt auf, daß das gesamte zu berücksichtigende Material aus Megalithgräbern stammt. Das Skelettmaterial des Megalithgrabs von Matzwitz befindet sich zur Zeit noch in der anthropologischen Auswertung; Angaben zur Zahl der vertretenen Individuen liegen nicht vor. Aussagen sind daher nur zum Schädel mit Trauma möglich; auch kann bisher nur dieser in eine Zählung des Gesamtmaterials integriert werden.320 Die anthropologische Untersuchung der Skelettreste der Kammer von Nebel beschreibt fünf Schädel, von denen allerdings zwei nur fragmentarisch erhalten waren.321 Für das Megalithgrab von Rastorf, Kr. Plön, wird der Fund eines Schädels erwähnt.322

Darüber hinaus ist mit Um- und Ausräumungsprozessen zu rechnen, so daß zum Ende einer Grabbelegung nur ein Bruchteil der ursprünglich dort bestatteten Individuen als Skelettmaterial repräsentiert ist. 320 Angaben zu diesem Schädel nach frdl. Informationen von Dr. I. Schröder, Anthropologisches Institut Kiel, und K. Hirsch M.A. 321 Schaefer 1964. Im Landesmuseum Schleswig-Holstein, Schloß Gottorf, konnten nur die drei besser erhaltenen Schädel begutachtet werden. 322 Roß 1992. 85 Aus dem erweiterten Dolmen von Ratekau stammen einige kraniale Skelettreste von mindestens zwei Individuen, wahrscheinlich Männern im Erwachsenenalter, die vermutlich der Einzelgrabkultur zuzuweisen sind.323 Der Dolmen von Wittenborn enthielt wenige Skelettreste, darunter Zähne und Fragmente von Schädeldecken und Unterkiefern. Die durch Schädel repräsentierte Mindestindividuenzahl wird hier mit zwei angegeben.324 Weitere neolithische Schädel bzw. -reste, die mitunter in der Literatur genannt werden, konnten weder anhand anthropologischer Arbeiten noch im Original beurteilt werden.325

5.2.2 Schädeltrepanationen Eine in ihrer Art nicht genau zu definierende, möglicherweise als Trepanation zu deutende Schädelmanipulation liegt an einem Schädel aus einem Megalithgrab von Nebel, Insel Amrum (Kat.-Nr. 151; Tafel 12-13), vor. Es handelt sich um den Schädel eines Erwachsenen der frühadulten Altersstufe mit Merkmalen, die für eher männliches Geschlecht sprechen. Etwa mittig im Stirnbein findet sich eine Öffnung von 28 x 25 mm Ausmaß mit sehr steilen Rändern (Tafel 12c). Ritz-, Schnitt- oder Kratzspuren im Defektbereich sind nicht zu beobachten. Der Rand erscheint schwach unregelmäßig gezackt. Zum Stirnbein und zur linken Schläfe hin zieht der Rand der Läsion an der inneren Knochentafel leicht trichterartig ein; die innere Längsachse der Öffnung ist ca. 2-3 mm länger als die äußere. Die Diploe ist im Bereich der gesamten Öffnung sichtbar; Kallusbildung hat nicht stattgefunden. Sollte es sich um eine Manipulation am Schädel eines Lebenden gehandelt haben, so ist sie nicht oder nur sehr kurzfristig überlebt worden. U. Schaefer interpretierte diese Läsion im Rahmen der anthropologischen Untersuchung als Trepanation mittels einer Bohr- oder Fräsmethode.326 Tatsächlich macht die Öffnung in Längsrichtung einen etwas nach hinten verschobenen Eindruck, als sei ein Trepanationsgerät beim Erzeugen der Öffnung leicht verrutscht. Schwierigkeiten bereitet hier die Datierung des Schädels: Mit einem AMS-Datum von 2576-2506 cal BC ist dieser Schädel dem Neolithikum, genauer der Einzelgrabkultur, zuzuordnen. Trepanationseingriffe ähnlicher technischer Ausprägung sind für diesen Zeitraum nicht bekannt.

323 Henke 1981; Kühn 1981. 324 Aner 1951; Schaefer 1970. 325 In der Literatur – etwa Kühn 1979 – finden sich Angaben zu möglicherweise neolithischen Schädelfunden von Hanerau-Hademarschen und Tensfelderau. Die Ortsakten (OA) und Bestände des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein, Schloß Gottorf, geben keinen Aufschluß über das Vorhandensein solcher Funde. Möglicherweise handelte es sich um geringe Reste, die nur bei der Grabung beobachtet wurden und nicht erhalten sind. Außerdem nennen die OA den (unpublizierten?) Fund von drei Schädeln aus dem Megalithgrab Bohnert, Kr. Rendsburg-Eckernförde. Diese Schädel sind in der Sammlung ebenfalls nicht vorhanden; möglicherweise handelt es sich hier um einen Kriegsverlust. – Unsicher datierte Funde wie Ellerbek, Fehmarn, Holtenau, Kaiser-Wilhelm-Kanal, Kettelsby, Loiter Au, Rheiderau (nach Schwantes 1939; Schaefer 1964, 92), die während des Krieges verloren gingen, wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. 326 Schaefer 1958, 32. 86 Als weitere Möglichkeit der Defektentstehung wäre ein Trauma in Betracht zu ziehen. Allerdings sollten die Ränder in diesem Fall weniger steil erscheinen und deutlicher trichterartig nach innen einziehen. Außerdem wäre im Falle eines perforierenden Traumas dieses Ausmaßes, verursacht eventuell durch einen Schleuderstein, mit von der Öffnung ausgehenden Bruchlinien zu rechnen. Rezente, heller erscheinende Beschädigungen der Schädeloberfläche betreffen partiell auch die Umgebung der Manipulation. Die Wände der Öffnung sind allerdings etwas dunkler. Eine Deutung der Läsion als moderne Beschädigung ist so zumindest nicht völlig auszuschließen. Hier allerdings stellt sich die Frage nach Ursache und Ablauf einer rezenten Beschädigung. Druckeinwirkung auf nicht frischen Knochen würde nicht in einer so regelmäßig umschriebenen Öffnung resultieren. Im Aussehen vergleichbare Defekte, die sicher auf Trepanationen zurückgehen, sind von Schädeln präkolumbianischer Fundplätze der Zeitphase AD 500–900 in Mexiko beschrieben worden. Dabei wurden kreisrunde Löcher von im Schnitt etwa 16 mm Durchmesser beobachtet, die auf eine spezielle Bohrmethode zurückgehen. Dabei wurde der Schädel durch einen aus einem Bambusrohr oder Röhrenknochen gefertigten Hohlbohrer geöffnet; der Bohrprozeß wurde dabei vermutlich durch Verwendung von Wasser und Sand als Schleifmittel unterstützt. Das älteste in der Region bekannte Metall ist Kupfer; es taucht nicht vor AD 900 auf. Die Technik des Hohlbohrens ist dagegen mit Funden von gebohrten Steinen und Muscheln bereits seit etwa 1000 BC nachgewiesen. Schädeleingriffe dieser Art konnten in 16 Fällen dokumentiert werden; nur in einem Fall wurden mögliche Heilungsspuren beobachtet.327 Da das Hohlbohren im Neolithikum Deutschlands bekannt war, wäre auch ein Trepanationseingriff dieser Art technisch realisierbar gewesen.

Die teilweise beschädigte Kalvaria weist neben dieser Läsion einige weitere Auffälligkeiten auf. Eine perforierende Läsion in Form eines Traumas ist im oberen Bereich der Hinterhauptsschuppe zu beobachten (Tafel 13b). Sie ist etwa rautenförmig, mißt 20 x 13 mm und ist durch scharfkantig ausgebrochene Ränder, an denen die Diploe sichtbar ist, gekennzeichnet. Die Bruchkanten an der Tabula interna ziehen trichterförmig nach innen ein, hier ist die Diploe auf bis zu 10 mm Breite sichtbar. Unten an der Öffnung befindet sich eine möglicherweise alte Frakturlinie. Eine in der Form sehr ähnliche Beschädigung, die aber nur die äußere Knochentafel betrifft, befindet sich im hinteren linken Scheitelbein (Tafel 13c). Diese mißt 15 x 13 mm. Entlang ihrer Längsachse ist sie am tiefsten in die Tabula externa eingedrückt, an der Tabula interna sind keine Spuren zu beobachten. Möglicherweise wurden beide Beschädigungen von demselben Gegenstand verursacht. Unvollständig erhalten ist eine weitere Läsion im linken Scheitelbein328. Die Länge der erhaltenen Kanten oben und unten beträgt ca. 44 und 35 mm; im hinteren

327 Angaben nach Stone/Urcid 2003, 204 f., 245 f. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß es sich vornehmlich um eine postmortal angewandte Methode zur Amulettgewinnung handelte. 328 Von Schaefer 1958, 29; Schaefer 1964, 86 bereits als mögliches Trauma beschrieben. 87 Bereich befindet sich eine Frakturlinie von 25 mm Länge (Tafel 13a). Möglicherweise handelt es sich insgesamt um mehrere überlappende Läsionen zum Frontale hin; auch dort ist eine Bruchlinie sichtbar. Der erhaltene Teil zieht zur Tabula interna hin trichterförmig ein; die Diploe ist überall sichtbar. Einige Bruchlinien in diesem Bereich erscheinen recht frisch und von hellerer Farbe. Da außerdem die Parietalschuppe der Schädelnaht folgend vom Stirnbein abgelöst ist, ist zumindest die jüngste Beschädigung des Bereichs eher auf Druck während der Lagerung des Schädels im Sediment zurückzuführen und somit als taphonomisches Ereignis zu verstehen. Im Zusammenhang mit den sicher (rautenförmige Läsionen links parietal und occipital) oder wahrscheinlich (Läsion links parieal) als Traumata anzusprechenden Manipulationen am Schädel gewinnt die Interpretation der kreisförmigen Öffnung im Frontale als Trepanation an Wahrscheinlichkeit. Da alle Manipulationen keinerlei Heilungserscheinungen zeigen, ist (neben einem erfolglosen Behandlungsversuch) ein peri- oder postmortaler Eingriff zur Gewinnung einer Knochenscheibe in Betracht zu ziehen. Weiterhin beobachtete Schaefer im hinteren rechten Abschnitt des Stirnbeins Kerben in Form eines gitterartigen Musters im Schädelknochen (Tafel 13d), die er vorsichtig als mögliche Trepanation im Kreuzschnittverfahren ansprach.329 Diese Linien finden sich in einem sehr stark verwitterten Bereich des Schädels und sind zudem nicht wirklich gerade; hier ist die Ursache wohl in Lagerungsereignissen im Sediment zu suchen.

5.2.3 Schädeltraumata Auch aus dem in den 80er Jahren untersuchten Megalithgrab von Panker/Matzwitz, Kr. Plön (Kat.-Nr. 152; Tafel 14) liegt ein Schädelfragment mit Manipulationsspuren vor.330 Dieses weist ein bemerkenswertes Trauma in Form einer verheilten Impressionsfraktur am Hinterkopf auf. Die Verletzung verheilte vollständig und verlief, nach dem Zustand der Schädelinnenfläche zu urteilen, auch ohne größere Einblutungen. Innerhalb der Traumafläche ist eine deutliche Einsenkung des Knochens unter das eigentliche Schädelniveau zu beobachten. Zusätzlich zeigt das Kalottenfragment noch eine weitere Auffälligkeit: Auf dem linken Os par. befindet sich eine längsovale 50 x 30 mm große muldenförmige Eindellung. Die anthropologische Bearbeiterin möchte hier aufgrund der Beschaffenheit des Defekts nicht von einer weiteren Impressionsfraktur ausgehen, da keine umschriebenen Grenzen feststellbar und auch an der Schädelinnenseite keine Veränderungen zu erkennen sind. Hier wird die Möglichkeit einer Verformung durch andere Mechanismen erwogen; eventuell sei der Defekt durch Druck auf den kindlichen und noch verformbaren

329 Schaefer 1964, 97. 330 Zu den Grabungsbefunden: Hirsch 2001. 88 Schädel entstanden, womit etwa ein Geburtstrauma vorliegen könnte.331 Grundsätzlich auszuschließen ist eine Verletzung des Schädels zu einem späteren Lebenszeitpunkt aber nicht. Eine direkte Datierung des Schädelrests liegt nicht vor. Aufgrund der Funde aus der Kammer kann die Belegung des Grabes innerhalb des Mittelneolithikums durch Trichterbecher- und besonders Kugelamphorenkultur eindeutig belegt werden; weniger sichere Hinweise deuten auch eine mögliche Nutzung innerhalb der Einzelgrabkultur bzw. des Spätneolithikums an.332 Die Stellung des manipulierten Schädels innerhalb dieses chronologischen Rahmens kann ohne Datierung nicht genauer fixiert werden. Die wahrscheinlichen Traumata am Schädel von Nebel (Kat.-Nr. 151) sind w.o. bereits beschrieben worden.

5.2.4 Übersicht und Vergleich Für das Neolithikum Schleswig-Holsteins liegen somit nur zwei manipulierte Schädel vor (Tab. 7).333 Im Fall des Schädels von Matzwitz liegt mindestens eine verheilte Hiebverletzung vor. Am Schädel von Nebel liegen vermutlich mehrere traumatische Läsionen ohne Heilungsreaktionen vor, verbunden mit einem wahrscheinlichen Trepanationseingriff zur Gewinnung einer Knochenscheibe.

Schädel Zustand Datierung Herkunft Manipulation Geschlecht über- (Code) lebt Matzwitz/ Kalotten- Mittelneol. IV, Megalith- Hiebverletzung ? ja Panker fragment Kugelamphoren- grab (en) kultur ? Nebel/ Kalvarium 2576-2506 BC Megalith- Öffnung frontal eher nein Insel (KIA 17089), grab Trepanation ? männlich Amrum Einzelgrabkultur 2-3 Traumata K.S. 20812 links par./occ.

Tab. 7 Schleswig-Holstein – manipulierte Schädel in der Übersicht

331 Die Bearbeitung der Skelettreste aus dem Megalithgrab von Panker/Matzwitz ist noch nicht abgeschlossen. Anthropologische Angaben zum Schädel nach frdl. Informationen von Frau Dr. I. Schröder, Anthropologisches Institut der Universität Kiel. 332 Dazu Hirsch 2001. 333 Ein bei Kühl 1988 beschriebener weiterer trepanierter Schädel, der ursprünglich wohl aus einer Privat- sammlung stammt, läßt sich in keinen chronologischen Zusammenbring bringen. Hier handelt es sich um eine runde Trepanationsöffnung mit senkrechten Wänden im linken Stirnbeinbereich. 89 5.2.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen Beide Individuen befanden sich im Erwachsenenalter. Im Fall des Schädels von Nebel sprechen die Merkmale für eher männliches Geschlecht; im Fall des Kalottenfragments von Panker/Matzwitz konnte eine Geschlechtsbestimmung nicht erfolgen (Tafel 26b).

5.2.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte Die Defekte an beiden Schädeln sind von unterschiedlicher Größe, lassen sich jedoch gut in das Normspektrum ähnlicher Läsionen einordnen. Die unverheilte Öffnung am Nebeler Schädel ist mit 25 x 28 mm nahezu kreisrund. Sie zeichnet sich durch scharfe offene Knochenränder aus; hier verstarb das Individuum entweder während oder kurz nach der Intervention am Schädeldach, oder die Manipulation wurde postmortal ausgeführt. Auch die weiteren Defekte am Schädel zeigen keine Heilungsreaktionen. Zwei rautenförmige Läsionen von 20 x 13 mm bzw. 15 x 13 mm könnten vom selben Gegenstand verursacht worden sein. Im Fall von Panker/Matzwitz liegen zwei Defekte am Schädel vor. Die mit 50 x 80 mm größere Läsion befindet sich im Bereich des Hinterhauptsbeins und geht sicher auf ein traumatisches Ereignis zurück. Möglicherweise ist auch der zweite, im linken Scheitelbein lokalisierte Defekt als verheiltes Trauma anzusprechen. Diese etwa 50 x 30 mm messende Läsion zeigt wie die erste deutliche Spuren eines längeren Überlebens. Insgesamt finden sich die Läsionen in dafür typischen Schädelregionen (Tab. 8; vgl. auch Tafel 27c, d).

Trepanationen Traumata Frontal Nebel (?) Links frontal Links frontal/par. Links par. Matzwitz; Nebel (2) Links par./occ Rechts frontal Rechts frontal/par. Rechts par. Rechts par./occ. Links/rechts par. Links/rechts frontal/par. Links/rechts par./occ. Occipital Matzwitz; Nebel

Tab. 8 Lokalisation der Manipulationen (Schleswig-Holstein)

90 5.2.4.3 Chronologische und kulturelle Einordnung Beide Schädel wurden aus Megalithgräbern geborgen. Die Beifunde können dabei nur vage Hinweise zur chronologischen Einordnung geben. Die wenigen Funde aus der anscheinend nicht sehr sorgfältig errichteten Kammer des Nebeler Megalithgrabs sind chronologisch nicht besonders aussagekräftig. Bernsteinperlen, Keramik und querschneidige Pfeilspitzen sprechen für eine Belegung während des Nordischen Mittelneolithikums, wohingegen ein Feuersteindolch und herzförmige Pfeilspitzen auch eine Nutzung während späterer Phasen anzeigen. Abhilfe brachte hier eine AMS-Datierung einer Schädelprobe.334 Mit einem Datum von 2575-2506 cal BC ist der Nebeler Schädel der mittleren Einzelgrabkultur zuzuordnen. In Mecklenburg-Vorpommern zeichnet sich die späte Einzelgrabkultur durch das Vorkommen mehrerer trepanierter Schädel in Megalithgräbern aus. Für den Schädel von Panker/Matzwitz wird eine Zuweisung zur Kugelamphorenkultur erwogen, die in der Kammer des Grabes durch Fundmaterial gut dokumentiert ist.335 Die Kammer des Megalithgrabes lieferte aber auch Fundmaterial anderer Zeitphasen. In Anlehnung an Befunde aus anderen Regionen wäre auch eine Zuordnung zur Trichterbecherkultur oder zur Einzelgrabkultur zu erwägen.

5.2.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial In Anbetracht der geringen Menge an Schädeln, die zugrunde gelegt werden kann, wird auf eine zahlenmäßige Aufgliederung der Manipulationshäufigkeit verzichtet. Der jeweils zu ermittelnde prozentuale Anteil würde keinesfalls der neolithischen Realität der Häufigkeit solcher Manipulationen entsprechen. Es ist allerdings bemerkenswert, daß sich trotz der insgesamt geringen Materialmenge eindeutige Manipulationen nachweisen lassen.

5.3 Niedersachsen 5.3.1 Material Aus Niedersachsen liegt ein wiederum größerer Bestand an neolithischen Skelettresten vor, was auf das Vorhandensein von Kollektivgräbern und Gräberfeldern zurückzuführen ist, die Knochenmaterial in unterschiedlichem Erhaltungszustand lieferten. Für die Gesamtübersicht in Tab. 9 wurden Skelettreste aus Kollektivgräbern, wie Megalithgräbern oder größeren Steinkistengräbern, zusammengefaßt. Darüber hinaus wurden Skelettreste aus Flachgräbern sowie Siedlungsfunde erfaßt.

334 Probenentnahme durch das Archäologische Landesmuseum Schleswig. Für die Finanzierung der Datierung gilt Prof. Dr. Piek, Rostock, herzlicher Dank. 335 Frdl. mündl. Information durch K. Hirsch, M.A.. 91 Die Aufnahme der Schädel erfolgte teils anhand der Sichtung und Beurteilung der Skelettreste im Original in den entsprechenden Museen; ein Teil konnte nur anhand anthropologischer Literatur aufgenommen werden.336

Kollektivgrab Flachgrab Siedlungs- Unbest./ fund Sonstiges Bredelem 13 Dümmer/Huntedorf 5 Esbeck/Schöningen 1 Fallingbostel 5 Göttingen 1 Göttingen-Grone 18 Groß Biewende 1 Hasbergen 1 Hilter 2 Hoiersdorf 2 Kleinvahlberg 2 Liebenburg 2 Metzendorf-Voxdorf 1 Nasensteinhöhle 1 Odagsen 15 Sorsum 60 Wittmar 40 97 66 5 2 gesamt 170

Tab. 9 Niedersachsen - Übersicht Gesamtmaterial

Für die hohe Zahl der zugrundeliegenden Schädelreste zeichnen vor allem Kollektivgräber in Form von großen Steinkisten (Bredelem, Liebenburg,337 Odagsen,338 Sorsum) und Megalithgräbern (Fallingbostel, Hilter339) verantwortlich. Eine größere Anzahl von Skelettfunden liefern auch Flachgräberfelder wie Göttingen- Grone oder Wittmar; dazu kommen einige Überreste aus einzelnen Grabfunden (Esbeck/Schöningen; Göttingen340; Groß Biewende; Hasbergen; Kleinvahlberg;341 Hoiersdorf342). Im Fall von Göttingen-Grone liegen bandkeramische Skelettreste vor. Es handelt sich dabei um die Bestattungen von 18 Individuen im Altersspektrum zwischen sechs

336 Da die Beurteilung der Schädel im Vordergrund steht, wurden in der Tabelle nur erhaltene Schädel zugrunde gelegt. Die Individuenzahlen sind daher geringer als die Mindestindividuenzahln in betreffenden archäologischen oder anthropologischen Veröffentlichungen. Stark fragmentarisch erhaltene Schädelreste, wie etwa aus dem Kollektivgrab Großenrode (dazu Heege 1992; Rinne 2003), wurden nicht berücksichtigt. 337 Zu Bredelem und Liebenburg: Tode 1965. 338 Dazu Rinne 2003; Grupe 1989. Grupe/Herrmann 1986 erwähnen eine Knochenentzündung an einem Schädelrest von Odagsen; da aber weitere Aussagen hierzu fehlen und unter den im Museum Wolfenbüttel gesichteten Schädeln und Schädelresten kein traumatisiertes Exemplar entdeckt wurde, wird dies hier nicht berücksichtigt. 339 Wilbers 1980. 340 Wulf et al. 1980; Caselitz 1980. 341 Schaefer 1978, 71. Es handelt sich um eine Doppelbestattung der Glockenbecherkultur. 342 Körperbestattungen der Glockenbecherkultur. Dazu Nelson 1997; Teegen 1997. 92 Monaten und 72 Jahren.343 Einen ungewöhnlichen Befund stellte das Skelett eines Mannes dar, der im Wandgraben eines aufgegebenen Hauses in Bauchlage bestattet worden war. Unter dem linken Schulterblatt fand sich ein Quarzitabschlag. Ob dieser einst im Körper steckte und somit den Tod verursachte, läßt sich nicht mehr feststellen.344 Da es sich nicht um eine eigentliche Pfeilspitze handelt, ist eher ein Einsinken des Abschlags in den Brustkorb durch taphonomische Prozesse anzunehmen. Das Skelett eines weiteren Mannes fand sich eng in eine Grube gezwängt; von einer regulären Bestattung ist hier wohl nicht auszugehen. Beide Unterschenkel und Füße sowie der linke Arm fehlten. Der Grund für den Verlust der Extremitäten, und ob darin die Todesursache zu sehen ist, konnte auch durch paläopathologische Untersuchungen nicht geklärt werden.345 Das Gräberfeld Wittmar lieferte Bestattungen der Linien- und Stichbandkeramik sowie der Rössener Kultur.346 Vom Fundplatz Metzendorf-Voxdorf liegt eine Schädelbestattung der Einzelgrabkultur vor.347 Aus der Nasensteinhöhle stammt der Einzelfund einer wahrscheinlich neolithischen Schädelkalotte.348

5.3.2 Schädeltrepanationen Vom Fundplatz Hasbergen bei Osnabrück stammt eine Doppelbestattung zweier Männer aus einem Hügelgrab der Einzelgrabkultur. Das Kranium des Skeletts 1 (Kat.-Nr. 113; Tafel 15) weist eine Trepanation im vorderen Bereich des rechten Scheitelbeins auf.349 Die Eingriffsöffnung mißt insgesamt etwa 45 x 45 mm; der Innendurchmesser beträgt 35 x 28 mm. Der Böschungsrand mißt im hinteren Bereich der Trepanation stellenweise bis etwa 10 mm. Zum Stirnbein hin ist er steiler und höchstens 5 mm breit. Hier ist die Schädelnaht durch den Eingriff weitgehend erodiert. Wahrscheinlich kam bei der Realisierung des Eingriffs die Kehlmethode zum Einsatz, wobei das verwendete Werkzeug stellenweise auch eher schabend verwendet wurde. Der Zustand der Knochenränder mit stellenweise sichtbarer Diploe, aber auch deutlichen Heilungsreaktionen deutet darauf hin, daß die Operation um etwa sechs Monate überlebt wurde.

343 Diese Fundstelle konnte nur anhand von Literatur aufgenommen werden. Die Bearbeitung des Gräberfeldes ist noch nicht abgeschlossen. Die Knochenerhaltung an der Fundstelle war für einen Lößboden relativ gut; trotzdem konnten einige Skelettreste nur anhand der Präparierung im Gelände beurteilt werden, eine Bergung war kaum möglich. Für Informationen zum Sachverhalt gilt B. Arndt M.A., Stadtarchäologie Göttingen, herzlicher Dank. 344 Arndt 1998, 17. 345 Arndt 1998, 18, sowie frdl. schriftl. Informationen durch B. Arndt M.A.. 346 Röttig et al. 1979 erwähnen 51 Grabstellen; im Braunschweigischen Landesmuseum Wolfenbüttel konnten 40 Schädel dieses Fundkomplexes begutachtet werden. 347 Wegewitz 1960. 348 Krüger 1980. 349 Zu Fundplatz und Fundumständen: Schlüter 2000. 93 Die Ursache für den Eingriff läßt sich nicht sicher definieren; möglicherweise wurde die Trepanation aufgrund einer Schädelfraktur vorgenommen.350 Der Trepanationsrand ist nicht in allen Bereichen vollständig erhalten. Von der Eingriffsöffnung ausgehende Bruchlinien (Tafel 15b) können auf Sedimentdruck zurückzuführen sein. Darüber hinaus zeigt das Skelett des Mannes im adulten Alter gut verheilte Brüche der rechten Elle und Speiche. Dieser Bruch des rechten Unterarms dürfte dem Eingriff am Schädel einige Zeit vorausgegangen sein. Skelett 2, wohl ebenfalls das eines Mannes, war schlecht erhalten; über Verletzungen ist hier nichts bekannt. Beide Männer wurden antipodisch in Hockerlage auf einem Totenbrett in einer ebenerdigen hölzernen Grabkammer beigesetzt. Grabtypus und Beigaben weisen auf einen frühen bis mittleren Horizont der Einzelgrabkultur. Bei Skelett 2 fanden sich ein Fischgrätenbecher, ein nicht überschliffener Spandolch, ein Flintbeil sowie ein Rechteckbeil aus Felsgestein. Skelett 1 war mit einem überschliffenen Flintspandolch, einem Flintbeil und zwei totalschnurverzierten Bechern ausgerüstet; daneben trug er einen Brustschmuck aus zwölf Eberzahnlamellen (Tafel 16).351

Untersuchungen des Materials, das zwischen 1938 und 1940 auf dem neolithischen Siedlungsplatz „Huntedorf 1“ am Dümmer See ergraben wurde, brachten auch menschliche Skelettreste in den Blickpunkt. Ein in größeren Fragmenten vorliegender Schädel (Kat.-Nr. 111), wohl der eines Mannes im adulten Alter, der wie auch weitere Schädel und Extremitätenknochen zwischen dem Siedlungsabfall entdeckt worden war, zeigt offenbar eine verheilte operative Öffnung im linken Scheitelbeinbereich.352 Eine operativ versorgte und damit als Trepanation anzusprechende Schädelfraktur wird auch für einen der Trichterbecherkultur zuzuordnenden Schädel einer Frau (Kat.-Nr. 114) aus dem Steinkistengrab von Sorsum bei Hildesheim erwähnt. Hier befindet sich im Bereich des linken Scheitelbeins ein rundlicher Defekt der äußeren Knochentafel von 67 x 54 mm Ausmaß, dessen Mitte eine von Verdickungen umgebene etwa 14 mm im Durchmesser aufweisende Öffnung auch der inneren Knochentafel aufweist. Rinnenartige Vertiefungen, die vom Defekt aus in den übrigen Schädel ausstrahle, stellen veheilte ossifizierte Frakturlinien dar. Offensichtlich wurde hier eine wohl durch stumpfe Gewalt verursachte Verletzung chirurgisch versorgt und der Defektrand geglättet. Fragmente des Knochens allerdings wurden in der Wunde belassen oder auch wieder eingesetzt, um eine größtmögliche knöcherne Bedeckung des Wundraums zu gewährleisten.353 Aus dem gleichen Grab stammt der Schädel eines Mannes (Kat.-Nr. 115), welcher ebenfalls eine Manipulation aufweist. Hier

350 Die Möglichkeit einer Fraktur wird diskutiert. Nach einer Tafel im Mus. Osnabrück zur anthropologischen Untersuchung des Befundes nimmt H. Schutkowski eine Fraktur als Ursache an; S. Berg dagegen hält eine Fraktur für nicht nachweisbar. 351 Schlüter 2000, 25. 352 Zum Fundplatz: Kossian/Lönne 2003. Die Skelettreste werden z.Zt. neu anthropologisch untersucht, daher beruhen Angaben zu Alter, Geschlecht etc. bislang noch auf Untersuchungen, die in den 40er Jahren des 20. Jh. durchgeführt wurden. Für Informationen hierzu gilt Dr. R. Kossian, Göttingen, herzlicher Dank. 353 Czarnetzki/Pusch 2006, 83 f. 94 handelt es sich um eine in Schabetechnik vorgenommene Trepanation im linken Scheitelbein, die ein Ausmaß von 46 x 32 mm erreicht.354 Beide Eingriffe zeigen Heilungsspuren.

5.3.3 Schädeltraumata Das Schädeltrauma am Schädel der Frau aus dem Kollektivgrab von Sorsum (Kat.- Nr. 114), das eine erfolgreiche operative Versorgung erfuhr, wurde bereits erwähnt. Ein weiterer Schädel mit Trauma stammt aus einer Bestattung der Kugelamphorenkultur vom Fundplatz Groß Biewende, Lkr. Wolfenbüttel (Kat.-Nr. 112). Hier wird für den hinteren Bereich des rechten Scheitelbeins eine Öffnung von 28 x 30 mm Größe beschrieben, die wohl eine tödliche Hiebverletzung darstellt. Bei dem betroffenen Individuum handelte es sich um einen etwa 20jährigen Mann.355

5.3.4 Übersicht und Vergleich Tab. 10 zeigt insgesamt fünf aus Niedersachsen vorliegende Schädel mit Manipulationsspuren. In vier Fällen liegen Trepanationseingriffe vor, wobei einmal mit Sicherheit davon auszugehen ist, daß eine Fraktur operativ versorgt wurde. Daneben konnte ein Fall einer nicht verheilten Hiebverletzung registriert werden.

Schädel Zustand Datierung Herkunft Manipulation Geschlecht über- lebt Dümmer/ Kalotte Neolithikum Siedl.- Trepanation links eher ja Huntedorf 1 fund frontal/par. männlich Nieders. LM Hannover Groß Kranium KAK Flach- Hiebverl. rechts eher nein Biewende grab parietal männlich (verschollen) Hasbergen Kranium EGK Flach- Trepanation rechts männlich ja Mus. grab par. Osnabrück 45 x 45 mm Sorsum 1 Kalotte TRB Kollektiv- Trepanation weiblich ja Osteol. Slg. grab links parietal Univers. (Traumaversorg.) Tübingen 67 x 54 mm Sorsum 2 Kalotte TRB Kollekiv- Trepanation männlich ja Osteol. Slg. grab links parietal Univers. 46 x 32 mm Tübingen

Tab. 10 Niedersachsen – manipulierte Schädel in der Übersicht

354 Czarnetzki/Pusch 2006, 84 f. 355 Dazu May/Burkhardt 1978. Das Skelettmaterial ist verschollen. 95 5.3.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen Auch hier handelt es sich beim Großteil der betroffenen Individuen um Männer im Erwachsenalter (Tafel 26c). In einem Fall ist eine Frau von einem durch eine Trepanation chirurgisch versorgten Trauma betroffen.

5.3.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte Auch das niedersächsische Material zeigt eine Häufung von Schädelmanipulationen in den Scheitelbeinen (Tab. 11; vgl. auch Tafel 28a, b). Beide Sorsumer Eingriffe sind im linken Parietale lokalisiert; die Verletzung am Schädel von Groß Biewende wie auch dieTrepanation von Hasbergen liegen im rechten Scheitelbein. Der Defekt am Schädel vom Dümmer See betrifft das linke Stirn- und Scheitelbein und greift teilweise auch ins rechte Scheitelbein über.

Trepanationen Traumata Frontal Links frontal Links frontal/par. Links par. Sorsum 1 Sorsum 1 Sorsum 2 Links par./occ Rechts frontal Rechts frontal/par. Rechts par. Hasbergen Groß Biewende Rechts par./occ. Links/rechts par. Links/rechts frontal/par. Dümmer Links/rechts par./occ. Occipital

Tab. 11 Lokalisation der Manipulationen (Niedersachsen)

Die Größe der Defekte variiert zwischen etwa 30 mm bis hin zu knapp 70 mm Länge; sowohl Verletzungen als auch Trepanationen liegen somit im Spektrum des auch sonst Bekannten. Auch das niedersächsische Material bestätigt die gute Überlebensrate neolithischer Trepanationen. Sämtliche dokumentierten Fälle zeigen deutliche Heilungsreaktionen. Nicht überlebt wurde hingegen die traumatische Läsion am Schädel von Groß Biewende.

5.3.4.3 Chronologische und kulturelle Einordnung Die fünf Fälle sind unterschiedlichen Zeitphasen zuzuordnen. Ein Traumageschehen mit letalem Ausgang ist für die Kugelamphorenkultur dokumentiert. Ein im Rahmen

96 einer Trepanation versorgtes Trauma ist der Trichterbecherkultur zuzuweisen, ebenso eine weitere Trepanation aus dem selben Kollektivgrab. Der trepanierte Schädel von Hasbergen datiert in die Einzelgrabkultur. Der Schädel vom Fundareal des Dümmer Sees kann ohne eine exakte Datierung nur grob dem Neolithikum zugewiesen werden. Somit sind mit der Trichterbecher- und der Kugelamphorenkultur wiederum Kulturgruppen betroffen, die auch in anderen Regionen durch das Auftreten von Schädelmanipulationen gekennzeichnet sind. Hinzuweisen ist auf das herausragende Beigabeninventar der Bestattung von Hasbergen. Es handelt sich um eine bodengrabzeitliche Nachbestattung in einem Hügel der Einzelgrabkultur. Den beiden auf einem Totenbrett antipodisch zueinander beigesetzten Männern waren Flintspandolche, - und Felsbeile sowie Keramik in Form von Bechern beigegeben worden; das trepanierte Individuum trug zudem einen Brustschmuck aus zwölf Eberzahnlamellen.

5.3.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial Mit aller Vorsicht soll hier der Anteil der Individuen mit Schädelmanipulationen am vorliegenden Gesamtmaterial erfaßt werden. Es gilt erneut, was schon für Mecklenburg-Vorpommern ausgesagt wurde: Das Skelettmaterial repräsentiert insgesamt einen großen Zeitraum, aus dem zusammen nur wenig Material überliefert ist. Statistische Angaben besitzen daher in Bezug auf die neolithische Realität nur Hinweischarakter. Bezogen auf 170 durch Schädel bzw. –reste vertretene Individuen repräsentieren fünf Nachweise für Manipulationen an Schädeln einen Anteil von 3 %. Trepanationen machen dabei mit vier Fällen 2,4 % aus, Traumata mit nur einem Fall 0,6 %. Diese Zahlen liegen deutlich niedriger als etwa die für Mecklenburg-Vorpommern ermittelten.

5.4 Brandenburg 5.4.1 Material Aus Brandenburg liegen insgesamt nur wenige beurteilbare Schädelreste des Neolithikums vor (Tab. 12). Dies ist in hohem Maße auf die Bodenbeschaffenheit zurückzuführen; in den kalkarmen Sanden sind Knochenreste aus Körperbestattungen meist völlig vergangen.356

356 In zahlreichen Fällen sind nur Zahnreste oder Leichenschatten erhalten, so etwa bei der kürzlichen Entdeckung einer Bestattung der Schnurkeramik in Forst; siehe Faulstich/Buchert 1999. 97 Kollektivgrab Flachgrab Siedlungs- Unbest./ fund Sonstiges Angermünde 1 Bölkendorf 1 Crussow 1 Falkenwalde 4 Ketzin 10 Milow 1 Passow 1 Potsdam 1 Stolpe 1 Gesamt 21

Tab. 12 Brandenburg – Übersicht Gesamtmaterial

Besonders bemerkenswert nicht nur in Bezug auf Knochenüberlieferung ist das kugelamphorenzeitliche Gräberfeld Ketzin, Lkr. Havelland.357 Da für die brandenburgische Kugelamphorenkultur sonst Einzelgräber typisch sind,358 stellt schon die Existenz eines Bestattungsareals mit mehr als zehn Körpergräbern einen Sonderfall dar. Hervorzuheben ist ebenfalls der Schädel von Bölkendorf, Lkr. Barnim, der als einziger Skelettrest eines 1921 durch Steinschläger zerstörten Gräberfelds erhalten blieb. Flachgräber der Havelländischen Kultur liegen von den Fundplätzen Falkenwalde, Lkr. , und Passow, Lkr. Uckermark, vor,359 ein Flachgrab der Bernburger Kultur konnte am Fundplatz Milow geborgen werden.360 Weitere Skelettreste aus dem Landkreis Uckermark stammen von den Fundplätzen Stolpe und Crussow. Aus Angermünde liegt das Skelett einer spätneolithisch/frühbronzezeitlichen Hockerbestattung vor, das auf 1939 cal BC datiert werden konnte.361 Zu erwähnen ist weiterhin ein fraglich neolithisches Skelett aus einer Hockerbestattung aus Potsdam (Albert-Klink-Straße; ehemals Scharrenstraße).362 Kirsch erwähnt das Grab in seinem Katalog der mittelneolithischen Funde Brandenburgs, weist aber zugleich darauf hin, daß es auch im Zusammenhang mit einem nahegelegenen slawischen Körpergräberfeld stehen und das Grab mit dem mutmaßlich trepanierten Individuum somit auch als slawische Sonderbestattung gedeutet werden könnte.363 Der überwiegende Teil der Skelettreste stammt aus Flachgräbern, wobei dem Gräberfeld von Ketzin eine besondere Rolle zukommt.

357 Grebe 1962; Ullrich 1971; Cziesla 1995. 358 Kirsch 1991. 359 Becker 1998; Gringmuth-Dallmer/Schultze 1998. 360 Wetzel 1972. 361 KIA 9360: BP 3592 +/- 43. Für Informationen zu diesem Befund und die Übermittlung des Datierungsergebnisses gilt W. Blaschke, Heimatmuseum Angermünde, herzlicher Dank; ebenso für Angaben zu den Skelettfunden von Crussow und Stolpe. 362 Geisler 1961. 363 Kirsch 1993, 299. 98 5.4.2 Schädeltrepanationen Am Schädelmaterial aus Brandenburg sind mehrere Trepanationsfälle belegt. Der Schädel von Bölkendorf, Lkr. Barnim (Kat.-Nr. 82; Tafel 18–20) stammt von einem 1921 durch Steinschläger zerstörten Gräberfeld.364 Sehr wahrscheinlich handelt es sich um den Schädel eines Mannes der adulten Altersstufe. Eine Manipulation am Schädel stellt eine Trepanation hoch im Bereich des linken Stirnbeins dar. Die Öffnung im Knochen selbst mißt 30 x 25 mm, der Außenrand der Trepanation weist eine Länge von 53 mm und eine Breite von 50 mm auf. Der Rand der Öffnung läuft bei einer Breite von 10–12 mm trichterförmig nach innen zu. Die Diploe ist nicht sichtbar, der Zustand der Trepanation deutet auf langes Überleben hin. Die Konfiguration des Defektes und die Schrägung des Randes lassen darauf schließen, daß der Eingriff in Schabetechnik vorgenommen wurde. Eine weitere Manipulation findet sich links parietal und occipital im Bereich der Lambdanaht. Es handelt sich um eine 35 x 24 mm messende Impression von etwa 10 mm Tiefe, die im Bereich des Hinterhauptsbeins aufgrund einer Beschädigung des Schädels nicht vollständig erhalten ist. Die Impression besteht aus drei knöchern fest miteinander verwachsenen Fragmenten. Auch hier ist von einem langen Überleben auszugehen. Aufgrund des Verwachsungszustandes ist anzunehmen, daß Impressionsverletzung und Trepanation etwa gleichzeitig entstanden sein können. CT-Aufnahmen des Schädelbereichs unmittelbar vor der Trepanation ließen zunächst vermuten, daß auch hier eine alte verheilte Frakturlinie im Schädelknochen vorliegt. Damit wäre eine direkte Versorgung einer Schädelverletzung durch einen operativen Eingriff belegt.365 Insgesamt ist vielleicht zu vermuten, daß der Mann zwei Schädelverletzungen (gleichzeitig) erlitt, von denen eine – aufgrund ihrer Schwere? – mittels Trepanation versorgt wurde, während die andere auch ohne medizinische Intervention verheilte. Alternativ wäre an zwei unterschiedliche Traumaereignisse zu denken, die chronologisch eventuell nicht allzu weit voneinander entfernt lagen, und von denen nur eines operativ versorgt werden konnte oder mußte. Daneben ist auch eine Trepanation des intakten Schädelknochens aufgrund der occipital gelegen Schädelverletzung in Betracht zu ziehen; der Eingriff hätte dann vorwiegend Komplikationen infolge erhöhten Hirndrucks vorgebeugt. Durch eine AMS-Datierung konnte der Schädel von Bölkendorf absolutchronologisch auf etwa 1940 BC cal fixiert werden. Damit ist er in den Übergangshorizont Spätneolithikum/Frühbronzezeit einzuordnen.

Weitere Trepanationen sind am Skelettmaterial des kugelamphorenzeitlichen Gräberfeldes von Ketzin, Lkr. Havelland, bekanntgeworden.

364 Aufgrund der Auffälligkeit der Trepanation ist dieser Schädel als einziger des Gräberfeldes erhalten geblieben. Er wird bei Jahnke 1958 und Kirsch 1993 erwähnt, wobei die Trepanation – im Gegensatz zur Verletzung des Schädels – jeweils registriert ist. Eine ausführliche Publikation existiert nicht. 365 Mündl. Information anhand von CT-Aufnahmen durch Prof. Dr. J. Piek, Rostock, vom Februar 2002; Piek et al. in Vorb. 99 Der Schädel einer Frau (Kat.-Nr. 84; Tafel 21a) aus einer 1898 aufgedeckten Dreifachbestattung weist eine Trepanation im Bereich des linken, teilweise auch des rechten Scheitelbeins auf. Die Maße der Öffnung werden mit 58 x 65 mm angegeben. Der vernarbte Böschungsrand des Defekts zeigt, daß der in Schabetechnik ausgeführte Eingriff längere Zeit überlebt worden ist.366 Eine mehrfache Trepanation konnte am Schädel eines Mannes (Kat.-Nr. 86; Tafel 21b) beobachtet werden. Die Eingriffsöffnung am Schädel mißt insgesamt etwa 85 x 90 mm. Die erste Trepanation mit einem Ausmaß von etwa 50 x 35 mm ist auf dem rechten Scheitelbein lokalisiert. Heilungsreaktionen am Knochen belegen ein längeres Überleben. Die zweite Trepanation befindet sich im linken Scheitel- und dem angrenzenden Stirnbein. Diese Öffnung ist ursprünglich wohl etwa 85-90 x 45- 50 mm groß gewesen; ihr genaues Ausmaß ist aufgrund von Beschädigungen nicht mehr rekonstruierbar. Auch dieser Eingriff ist überlebt worden, allerdings deutet der Zustand des Knochen hier eine kürzere Frist an als beim rechtsparietalen Eingriff. Dies spricht dafür, daß die zweite Trepanation einige Zeit nach der ersten vorgenommen wurde. Etwas später erfolgte wahrscheinlich ein dritter Eingriff, bei dem der Knochensteg zwischen beiden Öffnungen sowie durch Osteomyelitis veränderte Knochenbezirke entfernt wurden.367 Zwei unvollendete, nicht in Perforationen des Schädeldachs resultierende Trepanationen zeigt ein weiterer Männerschädel des Fundplatzes (Kat.-Nr. 88; Tafel 21c). In der Bregmagegend findet sich ein unregelmäßiger, etwa 2 mm eingetiefter Kreisbogen. Angrenzend im rechten Scheitelbein ist ein längsovaler Defekt in Form einer bis zu vier Millimeter eingetieften muldenartigen Ringzone von etwa 100 x 80 mm Ausmaß beobachtet worden, deren äußere Begrenzung wallartig verdickt ist. Diese beiden nicht vollendeten Trepanationseingriffe sind allem Anschein nach mindestens einige Jahre überlebt worden.368

Eine überlebte Trepanation soll auch am Schädel eines Mannes aus der Hockerbestattung aus Potsdam (Kat.-Nr. 89) vorliegen. Eine Abbildung der Befundsituation369 läßt einen regelmäßig geformten, etwa ovalen Defekt im linken Hinterkopfbereich erkennen. Aufgrund der unsicheren chronologischen Zuordnung und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Schädel bei der Materialaufnahme nicht identifiziert werden konnte,370 kann dieser Schädel nur unter Vorbehalt in eine Diskussion miteinbezogen werden.

366 Ullrich 1971, 46. 367 Ullrich 1971, 47 f. 368 Ullrich 1971, 48 f. Dieser Schädel war bei der Materialaufnahme im Archäologischen Landesmuseum Wünsdorf nicht auffindbar und konnte daher nicht im Original gesichtet werden. Die Beurteilung der Manipulation bezieht sich auf die Publikation von Ullrich 1971. 369 Geisler 1961; Ullrich 1964. 370 Bei der Materialaufnahme im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg in Wünsdorf konnte unter „Potsdam-Scharrenstr.“ nur ein größeres Konglomerat von kranialen und postkranialen Skelettresten gesichtet werden, das sehr wahrscheinlich auf das slawische Bestattungsareal zurückgeht. Ein mit der Aufschrift „1960:4/1 Neolith.“ versehener Karton enthielt einen links parietal stark beschädigten Schädel, der jedoch nicht mit dem bei Geisler 1961 abgebildeten, mutmaßlich trepanierten Schädel identisch ist. 100 5.4.3 Schädeltraumata Die am Bölkendorfer Schädel (Kat.-Nr. 82) beobachtete Impressionsfraktur im Bereich des linken Scheitel- und Hinterhauptsbeins ist bereits weiter oben beschrieben und diskutiert worden. Deutlich zeigt sich hier eine Eintiefung des Läsionsbereichs unter das eigentliche Schädelniveau (Tafel 20a). Darüber hinaus liegen auch vom Gräberfeld Ketzin Schädel mit Verletzungen vor. Der Schädel eines Mannes (Kat-Nr. 83) aus der 1898 entdeckten Dreifachbestattung soll eine vernarbte Vertiefung im Bereich des Stirnbeins aufgewiesen haben. Der Schädel einer Frau im frühmaturen Alter (Kat.-Nr. 85) zeigt im Bereich des rechten Scheitel- und Stirnbeins eine etwa fünfeckige Impression von 29 x 21 mm Ausmaß. Nach hinten zu befindet sich eine Vertiefung, die auf einer wenige Millimeter messenden Fläche das Schädeldach perforiert. Heilungsspuren sind nicht erkennbar. Es handelt sich somit um eine wohl mit einem stumpfen Gegenstand ausgeführte tödliche Hiebverletzung.371 Eine weitere Verletzung ist am Schädel eines etwa 40jährigen Mannes (Kat.-Nr. 87) zu beobachten. Hier liegt eine etwa 3 mm eingetiefte längsovale Läsion von 11 x 9 mm im rechten Scheitelbeinbereich. Der äußere Rand zeigt Heilungsspuren, allerdings sind noch größere Diploeöffnungen sichtbar. Es handelt sich um eine noch nicht vollständig verheilte Impressionsfraktur, die wohl durch einen eher spitzen Gegenstand verursacht wurde.

5.4.4 Übersicht und Vergleich Insgesamt liegen acht Schädel mit Manipulationen vor (Tab. 13). Fünf Schädel weisen Trepanationen auf; an zwei der Ketziner Schädel sind dabei jeweils zwei Eingriffe dieser Art dokumentiert. Im Falle von Ketzin G V (Kat.-Nr. 83) handelt es sich dabei um nur selten nachgewiesene begonnene, nicht in der Perforation des Schädelknochens resultierende Trepanationen. In vier Fällen wurden Verletzungen des Schädels beobachtet. Am Schädel von Bölkendorf wurde dabei sowohl eine Trepanation als auch eine Impressionsfraktur nachgewiesen.

Schädel Zustand Datierung Herkunft Manipulation Geschlecht über- (Code) lebt Bölkendorf Kalotte 1940 BC Flach- Trepanation links männlich ja (KIA 16970) grab frontal; Hiebverl. ANG IV/38 1963 links par./occ. Ketzin Kalvarium KAK Flach- Impressionsverl. männlich ja 1898 grab frontal verschollen Ketzin Kalvarium KAK Flach- Trepanation links/ weiblich ja III/1898 grab rechts parietal verschollen?

371 Ullrich 1971, 40. 101 Ketzin Kalvarium KAK Flach- Impressionsverl. weiblich nein G II/Ind. 1 grab rechts frontal/par. Mus. Wünsdorf Ketzin Kranium, KAK Flach- 2 Trepanationen; männlich ja G II/Ind. 2 beschädigt grab rechts par.; links Mus. Wünsdorf par./frontal Ketzin Kalotte KAK Flach- Impressions- männlich ja, G IV/Ind. 2 grab fraktur rechts par. kurz Mus. Wünsdorf Ketzin Kalotte KAK Flach- zwei begonnene männlich ja G V grab Trepanationen, rechts/links par.; Mus. Wünsdorf occipital Potsdam Kranium Neo- Flach- Trepanation (?) männlich ja lithikum grab hinten links verschollen? parietal

Tab. 13 Brandenburg – Übersicht manipulierte Schädel

5.4.4.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen Bei allen Betroffenen handelt es sich um Individiduen im Erwachsenenalter; der Großteil befand sich sich am Übergang von der adulten zur maturen Altersstufe. In wenigen Fällen liegen keine genaueren Angaben vor. Von den Manipulationen sind überwiegend Männer betroffen. Es liegen insgesamt acht Individuen mit Schädelmanipulationen vor; sechs davon wurden als männlich bestimmt. Trepanationen kommen in vier Fällen bei Männern vor372; in einem Fall ist eine Frau betroffen. Auch Frakturen des Schädeldachs wurden mit drei Fällen hauptsächlich an männlichen Individuen beobachtet; nur ein als weiblicher bestimmter Schädel wies eine Impression auf (Tafel 26d).

5.4.4.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Defekte Das Ausmaß der Trepanationen variiert zwischen etwa 20 x 30 mm bis hin zu über 100 x 84 mm messenden Öffnungen. Bemerkenswert ist, daß mit den beiden Doppeltrepanationen vom Gräberfeld Ketzin jeweils relativ große Eingriffe vorliegen. Auch die Traumata unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Größe. Es liegt eine kleinere Läsionen von knapp 11 mm Länge vor, wie auch etwas größere Verletzungen in Form von Impressionen von etwa 20 bis 30 mm Ausmaß. Auch wenn nicht in jedem Fall Angaben zur Größe der Läsionen erhoben werden konnten, so lassen sich doch die meisten Defekte in den Normalbereich derartiger Läsionen einordnen. Ausnahmen bilden hier nur die beiden doppelt trepanierten Schädel von Ketzin; besonders die beiden nicht in Öffnungen des Schädeldachs resultierenden Eingriffe fallen durch ihre Größe auf.

372 Der Schädel von Bölkendorf weist sowohl Trepanation als auch Trauma auf. 102 Die Lokalisation der Manipulationen am Schädel ist unterschiedlich (Tab. 14; vgl. auch Tafel 28c, d). Die linke Schädelseite ist häufiger betroffen, doch finden sich auch Läsionen der rechten Schädelseite. Auch Stirn- und Hinterhauptsbein sind betroffen. Einige erstrecken sich über mehrere Schädelregionen; dies betrifft besonders die großen Trepanationen der Ketziner Schädel (Kat.-Nr. 81 und 83).

Trepanationen Traumata Frontal Ketzin (Kat.-Nr. 83) Links frontal Bölkendorf Links frontal/par. Ketzin (Kat.-Nr. 86) Links par. Links par./occ Potsdam Bölkendorf Rechts frontal Rechts frontal/par. Ketzin (Kat.-Nr. 85) Rechts par. Ketzin (Kat.-Nr. 86) Ketzin (Kat.-Nr. 87) Ketzin (Kat.-Nr. 88) Rechts par./occ. Links/rechts par. Ketzin (Kat.-Nr. 84) Links/rechts frontal/par. Ketzin (Kat.-Nr. 88) Links/rechts par./occ. Occipital

Tab. 14 Lokalisation der Manipulationen (Brandenburg)

Trepanationen betreffen tendentiell eher die linke Schädelhälfte bzw. ziehen diese zumindest partiell in Mitleidenschaft; Verletzungen bieten ein weniger differenziertes Bild.

Der Großteil aller Manipulationen zeigt mit Heilungsreaktionen deutliche Spuren eines längeren Überlebens. Dies gilt für alle Trepanationseingriffe. Nicht überlebt wurde hingegen die Schädelverletzung der Frau aus Grab II von Ketzin. Da es sich hier um eine Doppelbestattung mit einem Mann handelt, kann über eine Tötung der Frau im Rahmen der Totenfolge spekuliert werden. Auch die Impression am Schädel des Mannes aus Grab IV zeigt Spuren eines nur kurzfristigen Überlebens; zur vollständigen Ausheilung der Verletzung kam es in diesem Fall nicht. Heilungsspuren wurden dagegen an der Verletzung des Stirnbeins des Mannes aus Grab I/1898 beobachtet. Lange Zeit überlebt wurde auch die Fraktur am Schädel von Bölkendorf; ebenso wie der Trepanationseingriff an diesem Schädel zeigt auch die Impression am Hinterkopf eindeutige Anzeichen langen Überlebens. Der Schädel von Bölkendorf ist einer der wenigen Belege, wo Trauma und Trepanation am selben Individuum belegt sind. Das Erscheinungsbild beider Läsionen spricht für eine etwa zeitgleiche oder zumindest zeitnahe Entstehung beider Manipulationen.

Die Trepanation am Frauenschädel von 1898 von Ketzin weist eine etwas unregelmäßige Form mit einer Ausbuchtung ins rechte Scheitelbein auf.

103 Möglicherweise handelte es sich hier nicht um einen Eingriff am intakten Schädelknochen, sondern um die operative Versorgung einer Fraktur.

Hinzuweisen ist auch auf die verheilte Ulnafraktur des Mannes aus Grab II (Kat.-Nr. 86). Möglicherweise erfolgten die Trepanationseingriffe hier im Rahmen einer eher symbolischen Behandlung der Verletzung des Arms; auch ein gleichzeitiges Zuziehen der Ulnafraktur und einer möglichen Schädelverletzung ist denkbar, da die erste Trepanation Anzeichen längeren Überlebens zeigt. Auch eine Verletzung des Schädels zu einem späteren Zeitpunkt oder andere Schmerzzustände sind als Eingriffsursache nicht auszuschließen.

5.4.4.3 Chronologische und kulturelle Einordnung Der Großteil der aus Brandenburg vorliegenden Schädel mit Manipulationen (sechs Fälle) kann dem Komplex der Kugelamphorenkultur zugeordnet werden. Alle diese Fälle stammen vom Gräberfeld Ketzin, Lkr. Havelland. Die kulturelle Zuweisung der Bestattungen wird durch ein reiches Beigabeninventar, u.a. charakteristische Keramik, unterstützt. Für die brandenburgische Kugelamphorenkultur sind sonst Einzelgräber typisch; das Vorkommen eines kleinen Gräberfelds stellt somit schon für sich genommen eine Besonderheit dar. Diese Sonderrolle wird noch verstärkt durch die hohe Frequenz der dort beobachteten Schädel mit Manipulationen; denn insgesamt liegen von diesem Areal drei Schädel mit Trepanationen und drei Schädel mit Traumata vor. Damit scheint eine Interpretation als Sonderbestattungsplatz naheliegend. In einen jüngeren chronologischen Zusammenhang ist der Schädel von Bölkendorf einzuordnen. Eine AMS-Datierung auf 1940 cal BC weist ihn einem Übergangshorizont zwischen Spätneolithikum und Frühbronzezeit zu. Da weder weitere Skelettreste noch Beigaben des zerstörten Gräberfelds geborgen wurden, entfällt hier die Möglichkeit genauerer kultureller Zuordnung.373 Die beigabenlose Bestattung vom Fundplatz Potsdam kann nicht näher chronologisch oder kulturell zugewiesen werden.

Die manipulierten Schädel wurden sämtlich aus Grabzusammenhängen geborgen. Bemerkenswert ist das Gräberfeld Ketzin als vermutlicher Sonderbestattungsplatz mit gleich mehreren manipulierten Individuen. Besonders auffällig ist dabei Grab II mit zwei Individuen mit Schädelmanipulationen. Es handelt sich um die Doppelbestattung eines Mannes und einer Frau. Beide wurden in Rückenlage bestattet; an Beigaben wurden eine Kugelamphore, ein weitmundiger Topf, eine Henkeltasse sowie Schweineknochen beobachtet. Am Schädel des Mannes wurden

373 Ein 1992 im Stadtgebiet von Angermünde, Uckermark, geborgenes Skelett, das auf 1939 cal BC (KIA 9360) datiert werden konnte, wird aufgrund der Beigabe eines Bronzeohrringes bereits der Frühen Bronzezeit zugewiesen. (Freundliche Information durch W. Blaschke, Heimatmuseum Angermünde). Allerdings ist auch in Brandenburg der Übergang vom Spätneolithikum zur Bronzezeit chronologisch nicht genau faßbar; mit Überlappungserscheinungen ist zu rechnen. 104 zwei größere Trepanationseingriffe beobachtet, die zum Zeitpunkt seines Todes verheilt waren. Der Schädel der Frau zeigt rechts frontal und parietal eine Impression in Form einer mit einem stumpfen Gegenstand ausgeführten tödlichen Hiebverletzung. Auf die Interpretation der Tötung der Frau im Rahmen einer Totenfolge ist weiter oben bereits hingewiesen worden.

5.4.4.4 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial Aussagen zur Häufigkeit von Manipulationen im insgesamt vorhandenen Schädelmaterial Brandenburgs sind aufgrund der geringen Zahl an aussagekräftigen Skelettresten nicht möglich. Bei insgesamt 21 vorliegenden Schädeln entspräche der Anteil von acht manipulierten Individuen 38 %; ein Anteil, der sicherlich zu hoch liegt und nicht die neolithische Realität widerspiegelt. Hier ist noch einmal auf das Gräberfeld Ketzin hinzuweisen, das nicht nur den Großteil der insgesamt vorliegenden Skelettreste liefert, sondern auch die Mehrzahl der manipulierten Individuen.

5.5 Zusammenfassung Insgesamt konnten für das engere Arbeitsgebiet Norddeutschland, welches in dieser Arbeit Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg umfaßt, Schädel bzw. Schädelreste von 320 Individuen ermittelt und der Auswertung zugrundegelegt werden. Dabei handelt es sich um Schädelfunde aus unterschiedlichen Fundzusammenhängenn, die je nach der kulturellen Entwicklung des Gebietes im Neolithikum variieren. Für Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen stammt ein großer Teil der jeweiligen Schädelreste aus Kollektivgräbern, speziell Megalithgräbern. Für Niedersachsen und Mecklenburg- Vorpommern, die im Gegensatz zu den beiden anderen Bundesländern vergleichsweise zahlreiches Schädelmaterial lieferten, spielen auch weitere Fundzusammenhänge eine Rolle, wobei besonders Flachgräber ins Gewicht fallen. Diese bilden dagegen in Brandenburg die ausschließliche Fundkategorie. Für Mecklenburg-Vorpommern sind weiterhin Knochenlager zu nennen, wobei es sich im Fall von Groß Upahl um ausgewählte Skelettreste in sekundärem Bestattungszusammenhang handelt. Für die Knochenlager von Weltzin, die aus Uferböschungen und Spülfeldern der Peene geborgen wurden ist hingegen aufgrund des Forschungsstandes nicht klar, ob es sich um Bestattungssituationen oder um eine eher zufällige Knochenansammlung (eventuell in Folge eines gewaltsamen Ereignisses, „Schlachtfeldsituation“) handelt.

105 Auch chronologisch deckt das Schädelmaterial aus den genannten vier Bundesländern einen großen Rahmen ab. Aus Niedersachsen liegt bereits bandkeramisches Skelettmaterial vor; der Großteil der Skelettreste verteilt sich insgesamt aber auf die folgenden neolithischen Kulturen bis hin zu Glockenbecherkultur, dem Spätneolithikum und dem Übergang zur Frühbronzezeit.

Insgesamt konnten von den 320 zugrundegelegten Schädeln bzw. –resten 28 als manipuliert eingestuft werden (Tafel 32a). Dies entspricht einem Anteil von 8,75 %. Der Schädel von Bölkendorf weist getrennt voneinander sowohl Trepanation als auch Trauma auf; am Schädel Sorsum 1 liegen überlagernd Trauma und Trepanation vor. Am Schädel von Nebel findet sich neben mehreren Traumata eine mutmaßliche Trepanation. Trepanationen wurden an 15 Schädeln (16, wenn man den Nebeler Schädel mit einschließt) beobachtet, was einen Anteil von etwa 4,7 % (5 %) ergibt; Traumata liegen an 15 Schädeln (4,7 %) vor (Tafel 32b). Dabei ist zu berücksichtigen, daß am Schädel von Bölkendorf wie auch am Schädel von Nebel sowohl Trepanation als auch Trauma zu verzeichnen sind. Am Schädel von Sorsum wurde offenbar ein Trauma durch einen operativen Eingriff im Sinne einer Trepanation überdeckt; auch dieser Schädel wird daher sowohl in der Kategorie Trauma als auch Trepanation geführt.

Sowohl Trepanationen als auch Traumata wurden überwiegend an männlichen Individuen registriert. Trepanationen kommen in elf Fällen bei Männern vor. Dies betrifft die Schädel von Kruckow 3, Liepen, Pätschow und Serrahn aus Mecklenburg-Vorpommern, Dümmer, Hasbergen und Sorsum 2 aus Niedersachsen sowie Bölkendorf, Potsdam und zwei Schädel vom Gräberfeld Ketzin aus Brandenburg. Rechnet man auch die kreisförmige Manipulation am Nebeler Schädel als Trepanation, so handelt es sich insgesamt um zwölf betroffene Männer. In drei Fällen treten Trepanationen an Schädeln von Frauen auf. Dabei handelt es sich um die Schädel von Kruckow 2, Sorsum 1 und einen Schädel vom Gräberfeld Ketzin. Im Fall von Kruckow 3 war ein Kind betroffen. Traumata wurden in neun Fällen an Männerschädeln beobachtet (Groß Upahl 1 und 2, Ostorf 2, Weltzin 1 für Mecklenburg-Vorpommern, Nebel für Schleswig-Holstein, Groß Biewende für Niedersachsen und Bölkendorf sowie zwei Schädel vom Gräberfeld Ketzin für Brandenburg). Frauen hatten in drei Fällen Traumata erlitten (Malchin; Ketzin; Sorsum 1), wobei die Verletzung am Schädel der Frau von Sorsum durch einen Trepanationseingriff überdeckt wurde. Die Schädel(reste) von drei Individuen im Erwachsenenalter (Matzwitz; Ostorf 1; Weltzin 2) konnten hinsichtlich ihrer Geschlechtszugehörigkeit nicht eingeordnet werden. Insgesamt scheint Gewalt als Ereignis so eher zum männlichen Lebensbereich gehört zu haben (Tafel 32c). Daß Frauen daran ebenfalls Anteil hatten, zeigen Läsionen an als weiblich bestimmten Schädeln. Sogar ein Nachweis eines chirurgischen Eingriffs zur Versorgung eines Traumas stammt vom Schädel einer Frau (Sorsum 1). Es kann

106 auch nicht gesagt werden, daß Frauen häufiger unverheilte Schädelverletzungen aufweisen, denn zwei der drei beobachteten Verletzungen wurden überlebt.

Der Großteil der Läsionen insgesamt wurde überlebt; dies gilt für Trepanationen und Traumata gleichermaßen. Bei den Trepanationen zeigt der Schädel des Kindes von Kruckow 1 keine Heilungsspuren, was vermutlich auf die Lokalisation der Öffnung im Bereich eines der Hauptblutleiter zurückzuführen sein wird; Komplikationen in Form starker Blutungen können als Todesursache vermutet werden. Auch die mutmaßliche Trepanation am Nebeler Schädel zeigt keine Heilungsspuren. Hier ist an eine postmortale Manipulation zu denken. Im Bereich der Traumata sind es die Schädel der Männer von Nebel und Groß Biewende sowie der Schädel der Frau von Ketzin, die keine Spuren eines Überlebens zeigen. Auf die These, die Frau sei eventuell im Rahmen einer Totenfolge getötet worden, ist weiter oben bereits hingewiesen worden. Insgesamt findet sich in der Regel nur eine Manipulation pro Schädel. Aus dem Rahmen fällt hier der Schädel von Bölkendorf, der unabhängig voneinander sowohl eine Trepanation als auch ein Trauma aufweist, wie auch der Schädel von Nebel mit Traumata und mutmaßlicher Trepanation. Am Schädel von Sorsum wurde ein Trauma durch einen Trepanationseingriff überdeckt. Hervorzuheben ist auch der Schädel von Groß Upahl 1 mit diversen überlebten Hiebverletzungen. Dazu kommen zwei Männerschädel vom Gräberfeld Ketzin, die jeweils zwei Trepanationseingriffe zeigen. Bemerkenswert ist die chronologische Einordnung der manipulierten Schädel. Einige der chronologischen Zuweisungen erfolgen über Beigaben, in anderen Fällen konnten AMS-Datierungen374 die manipulierten Schädel klar zeitlich einordnen (Tab. 15).

Fundort Code Datum Groß Upahl 1 UZ-4088 3186 +/- 131 cal BC Kruckow 3 UZ-4122 3056 +/- 146 cal BC Liepen UZ-4089 2984 +/- 123 cal BC Malchin UZ-4090 2981 +/- 74 cal BC Nebel KIA 17089 2576 –2506 cal BC Kruckow 2 UZ-4086 2366 +/- 102 cal BC Serrahn UZ-4085 2291 +/- 106 cal BC Kruckow 1 UZ-4087 2228 +/- 117 cal BC Bölkendorf KIA 16970 1940 cal BC Pätschow UZ-4092 1726 +/- 95 cal BC

Tab. 15 AMS-Datierungen manipulierter Schädel aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein

Betrachtet man die Verteilung der trepanierten Schädel (Tab. 16), so fallen Häufungen im Bereich der Trichterbecherkultur (Liepen, wahrscheinlich Kruckow 3,

374 Für die Finanzierung der Datierungen gilt Prof. Dr. J. Piek, Rostock, herzlicher Dank. 107 Sorsum 1 und 2), der Kugelamphorenkultur (3x Ketzin) sowie der Einzelgrabkultur (Hasbergen, mutmaßlich Nebel) im Übergang zum Spätneolithikum (Kruckow 1 und 2, Serrahn) auf. Der Schädel von Bölkendorf ist an den Übergang vom Spätneolithikum zur Frühbronzezeit zu stellen; der von Pätschow datiert in die frühe Bronzezeit. Die Schädel von Dümmer und Potsdam können innerhalb des Neolithikums nicht genauer eingeordnet werden.

Frühbronzezeit Pätschow Spätneolithikum 2000 Bölkendorf BC Groß Upahl 2 Kruckow 1 u. 2; Serrahn Einzelgrabkultur Nebel 2500 Hasbergen BC Kugelamphorenkultur Ketzin 1-6; Groß Biewende; Matzwitz?

Jüngere 3000 Groß Upahl 1; Kruckow 3; Liepen; Malchin Trichterbecherkultur BC Sorsum 1 u. 2; Ostorf 1 u. 2

Tab. 16 Einordnung der manipulierten Schädel in chronologische Zusammenhänge

Eine ähnliche Verteilung zeigen auch die Schädel mit traumatischen Läsionen (vgl. Tab. 16). Der Trichterbecherkultur zuzuordnen sind die Schädel Sorsum 1, Malchin, Ostorf 1 und 2 sowie der mehrfach traumatisierte Schädel Groß Upahl 1. Der Kugelamphorenkultur zuzuweisen sind drei Schädel von Ketzin sowie der Schädel von Groß Biewende. Nebel ist der mittleren Einzelgrabkultur zuzuordnen, Groß Upahl 2 in die späte Einzelgrabkultur zu stellen. Der Bölkendorfer Schädel gehört in das Übergangsfeld Spätneolithikum/ Frühbronzezeit. Der Schädel von Matzwitz, der aus einer megalithischen Kammer geborgen wurde, die Fundmaterial verschiedener neolithischer Kulturen lieferte, kann ohne Direktdatierung nicht näher chronologisch fixiert werden.

Die Schädel mit Manipulationen aus Norddeutschland stammen aus unterschiedlichen Fundzusammenhängen. Der Großteil wurde aus Gräbern geborgen, wobei Megalithgräber in Mecklenburg- Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen eine besondere Rolle spielen. So stammen die Schädel von Sorsum (n=2), Kruckow (n=3), Serrahn, Liepen, Nebel und Matzwitz aus Großsteingräbern. Ein Teil wurde in Flachgräbern entdeckt, etwa die Bestattungen von Ostorf (n=2), Groß Upahl 1, Ketzin (n=6), Potsdam, Bölkendorf und Groß Biewende. Im Fall von Hasbergen handelte es sich um eine bodengrabzeitliche Nachbestattung in einem älteren Hügelgrab. Der Schädel von Malchin entstammt einer Steinkiste. 108 Bei Pätschow handelt es sich um einen Baggerfund; der Schädel vom Dümmer See wurde innerhalb von Siedlungsmaterial geborgen. Bei den Schädeln aus Megalithgräbern kann keine direkte Korrelation mit Beigaben erfolgen, da die Kammern in der Regel von verschiedenen Kulturen genutzt wurden. In den Fällen von Kruckow, Liepen und Serrahn in Mecklenburg-Vorpommern können die direkt an den Schädeln gewonnenen AMS-Daten durch Fundmaterial aus den Kammern unterstützt werden. In Fällen, wo Material unterschiedlicher Kulturen vorliegt (Matzwitz), kann keine feinchronologische Zuweisung der Manipulation erfolgen. Insgesamt bieten sich so wenig Hinweise auf die Stellung der manipulierten Individuen in der Gemeinschaft. Bessere Hinweise in dieser Hinsicht lieferte die bodengrabzeitliche Bestattung von Hasbergen, in welcher sich zwei Männer antipodisch zueinander auf einem Totenbrett fanden. Beide waren mit Spandolch, Beilen, Gefäßbeigaben und Speisebeigaben ausgerüstet. Bei dem trepanierten Individuum fand sich zudem ein Brustschmuck aus zwölf Eberzahnlamellen. Reiche Beigaben zusammen mit einem außergewöhnlichen Schmuckensemble scheinen auf ein herausragendes Mitglied der Gemeinschaft hinzudeuten. Die kugelamphorenzeitlichen Individuen mit Schädelmanipulationen von Ketzin und Groß Biewende waren in kulturtypischer Weise in Flachgräbern in Hockerlage bestattet und mit Beigaben versehen worden. Dem Mann von Groß Biewende, der in einem Steinplattengrab beigesetzt war, waren zwei Gefäße, darunter eine Kugelamphore, Flintwaffen und ein Eberhauer beigegeben worden.375

Darüber hinaus liegen aus dem engeren Arbeitsgebiet Norddeutschland zwei Nachweise von Projektileinschüssen in postkraniales Skelettmaterial vor, auf die weiter unten genauer eingegangen wird. Im Fall von Bavenstedt (Niedersachsen, Kat.-Nr. 110) liegt eine Pfeilspitze in einem Wirbel vor, in Fall von Weltzin (Mecklenburg-Vorpommern, Kat.-Nr. 109) handelt es sich um einen Einschuß in einen Oberarmknochen.

375 Rosenstock 1970. 109 6. Schädelmanipulationen im restlichen Bundesgebiet Im folgenden werden Schädelmanipulationen aus den übrigen Bundesländern anhand von Literaturaufnahmen vorgestellt, so daß insgesamt ein Überblick für das Neolithikum Deutschlands gegeben werden kann.

6.1 Baden-Württemberg 6.1.1 Schädeltrepanationen Schädel mit Trepanationen stammen überwiegend aus Bestattungen der Schnurkeramik: Dittigheim, Main-Tauber-Kreis (Kat.-Nr. 2; 5)376, Heddesheim, Rhein- Neckar-Kreis (Kat.-Nr. 12)377, Lauda-Königshofen, Main-Tauber-Kreis (Kat.-Nr. 21)378, Stetten an der Donau, Lkr. Tuttlingen (Kat.-Nr. 28; Tafel 22a)379 und Tauberbischofsheim „Kirchelberg“, Main-Tauber-Kreis (Kat.-Nr. 57) 380. Ein trepanierter Schädelrest, der allgemein dem Neolithikum zugeordnet wird, stammt vom Fundplatz Stuttgart-Bad Cannstadt (Kat.-Nr. 33).381

6.1.2 Schädeltraumata Verletzungen des Schädels liegen in besonderem Maße aus dem bandkeramischen Massengrab von Talheim, Kr. Heilbronn (Kat.-Nr. 36–55) vor. 18 Schädel zeigten Spuren schwerer, unverheilter Schädeltraumata; bei zwei weiteren Schädeln kann aufgrund des unvollständigen Erhaltungszustandes von wahrscheinlichen Traumata ausgegangen werden. Bei einer Mindestindividuenzahl von 34 entspricht dies einem Anteil traumatisierter Individuen von 59 %. Da die Schädelreste in einigen Fällen nur sehr unvollständig erhalten sind, kann vermutlich von einer ursprünglich höheren Anzahl ausgegangen werden. Zudem sind am Knochenmaterial nicht sichtbare Weichteilverletzungen in Betracht zu ziehen, auch wenn der Anteil postkranialer Traumata am Talheimer Material eher gering ausfällt. Es ist wahrscheinlich, daß sämtliche im Massengrab bestattete Individuen gleichzeitig einem Gewaltereignis zum Opfer fielen. Zehn Individuen weisen Mehrfachverletzungen auf, in fünf Fällen sind drei und mehr Defekte an einem Schädel belegt. Dazu kommen einige Pfeilschußverletzungen, die teilweise Traumata an Schädeln verursachten; in einem Fall liegt ein Brustwirbel mit eingeschossenem Projektil vor (Kat.-Nr. 56).382

376 Dresely 1993, 252 f., 559 f., 578 f. 377 Gerhardt 1965, 69. 378 Oeftiger 1999; 2000. 379 Wahl et al. 1990. 380 Dresely 1993, 252 u. 542. 381 Gaebele1968, 46. 382 Dazu Wahl/König 1988, besonders 129-165, 172 f. Die Situation wird allgemein mit einem Überfall auf eine Siedlungsgemeinschaft in Verbindung gebracht, deren Mitglieder größtenteils erschlagen und verscharrt wurden, während die Angreifer das Siedlungsareal in Anspruch nahmen. Zu abweichenden Interpretationsmöglichkeiten, etwa der rituellen Tötung Gefangener: Narr 1993. 110 Schädelfragmente aus dem Graben des bandkeramischen Erdwerks von Heilbronn- Neckargartach (Kat.-Nr. 18) zeigen mehrere Hiebverletzungen.383 Der Linienbandkeramik sind zwei Schädel vom Gräberfeld Stuttgart-Mühlhausen zuzuordnen (Kat.-Nr. 34; 35). Bei Kat.-Nr. 35 handelt es sich um eine relativ selten nachgewiesene Fraktur des Gesichtsschädels, welche hier mit einer Deformation der knöchernen Nase sowie der Augenhöhle einherging.384 Zwei weitere Schädel mit Verletzungen liegen aus den Grabbefunden aus dem bandkeramischen Erdwerk von Vaihingen an der Enz, Kr. Ludwigsburg, vor (Kat.-Nr. 60; 61).385 Hinzu treten Beobachtungen von Verletzungen ohne Heilungsspuren an Schädeln der Michelsberger Kultur: Goldberg (Kat.-Nr. 9), Bruchsal „Aue“ (Kat.-Nr. 1)386, Heidelberg-Handschuhsheim (Kat.-Nr. 13–16; Tafel 23)387, Neckarsulm-„Hetzenberg“ (Kat.-Nr. 24–26)388. Aus dem Graben eines Erdwerks wurde der Schädelfund von Ilsfeld, Kr. Heilbronn (Kat.-Nr. 19) geborgen. Das Kalvarium eines robusten Mannes weist zwei unverheilte Hiebverletzungen auf. Darüber hinaus war der Schädelknochen im Scheitelbereich von innen nach außen durchstoßen; wahrscheinlich war der Schädel einst im Eingangsbereich des Erdwerks aufgespießt ausgestellt worden.389 Aus dem gleichen Erdwerk stammt der Schädel einer Frau (Kat.-Nr. 20), für den eine großflächige Zertrümmerung der linken Schädelhälfte als Todesursache angegeben wird.390 Schädel der Schnurkeramik zeigen in mehreren Fällen verheilte oder unverheilte Hiebverletzungen: Dittigheim (Kat.-Nr. 3; 4)391, Grünsfeld-Krensheim, Main-Tauber- Kreis (Kat.-Nr. 11) 392, Mannheim-Sandhofen (Kat.-Nr. 22) und Mannheim-Wald (Kat.- Nr. 23)393, Stetten an der Donau, Kr. Tuttlingen, (Kat.-Nr. 28)394, Tauberbischofheim „Burgweg-Krautgärten“ (Kat.-Nr. 58; 59)395. Weitere Schädel vom Goldberg, Ostalbkreis, die bisher nur allgemein dem Neolithikum zugewiesen werden, zeigen Läsionen ohne Heilungsreaktionen (Kat.-Nr. 7; 8; 10).396 In einigen Fällen liegen weitere mutmaßliche Schädelverletzungen vor: Fellbach, Rems-Murr-Kreis (Kat.-Nr. 6)397, Heilbronn (Kat.-Nr. 17)398, Offenau, Kr. Heilbronn

383 Schmidgen-Hager 1992. 384 Bulla 1998, 426; 433. 385 Welge 1998, 97. An letzterem Skelett wurde auch eine Parierfraktur der linken Ulna beobachtet: ebd. 386 Wahl 1999, 97. 387 Wahl/Höhn 1988. 388 Wahl 1999, 97. 389 Wahl 1995. 390 Wahl 1999, 94. 391 Dresely 1993, 261 f., 563 f. 392 Dresely 1993, 261 u. 524. 393 Gerhardt 1965, 68 u. 71. 394 Wahl et al. 1990. Hier liegt ein operativ versorgtes Trauma vor, das somit auch als Trepanation klassifizierbar ist. 395 Gerhardt 1965, 62 u. 72; Dresely 1993, 261 u. 535. 396 Gaebele 1968, 14-22. – Neue 14C-Datierungen an den Schädeln Goldberg 3, 9 und 12 konnten die chronologische Zuweisung klären. Danach datiert Goldberg 12 um 4300-4000 cal BC, Goldberg 9 um 4000- 3500 cal BC (Michelsberger Kultur) und Goldberg 3 um 3000 cal BC. Daten nach Vortrag von L. Fibiger, Oxford, auf der Tagung „Neolithic Violence in a European Perspective“, Oxford, 14./15. März 2008. 397 Gaebele 1968, 12 f. 111 (Kat.-Nr. 27)399, Stetten ob Lonetal, Kr. Heidenheim, (Kat.-Nr. 2932)400, Waiblingen, Rems-Murr-Kreis (Kat.-Nr. 62)401.

6.1.3 Übersicht und Vergleich Tab. 17 zeigt den Bestand an Schädelmanipulationen an aus Baden-Württemberg vorliegendem neolihtischem Skelettmaterial. Dabei sind sowohl Trepanationen als auch Traumata vertreten. Der Fall Stetten an der Donau zeigt den seltenen Nachweis einer durch eine Trepanation operativ versorgten Schädelfraktur.

Schädel Manipulation überlebt Geschlecht / Herkunft chronol. ? Alter Einordnung Bruchsal „Aue“ div. Hiebverl. nein m / adult Erdwerk Michelsberger links Kultur Dittigheim 14 beg. Trep. im ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik Scheitelber. (Hockerlage) Dittigheim 18/1 Hiebverl. im nein w / adult Flachgrab Schnurkeramik Lambdaber. (Hockerlage) Dittigheim 27 Hiebverl. links nein w / matur Flachgrab Schnurkeramik frontal (Hockerlage) Dittigheim 32 2 Trep. links + ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik rechts par. (Hockerlage) Fellbach 2 Defekte rechts nein - / juven. Flachgrab Neolithikum par. (Hockerlage) Goldberg 3 Hiebverl. rechts nein - / inf II Siedlungs- Neolithikum par. grube Goldberg 6 Verl. links par. + nein - / inf.-juv. Siedlungs- Neolithikum frontal grube Goldberg 9 mehrere nein m / adult Grabenwerk Michelsberger Läsionen links + Kultur rechts par. Goldberg 12 Verl. rechte nein m / adult Flachgrab Neolithikum Schläfe Grünsfeld- Verl. rechts ja m / adult Einzelfunde Schnurkeramik Krensheim frontal (Best.?) Heddesheim Trep. links frontal ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik (Hockerlage) Heidelberg- Lochbruch rechts nein eher m / Mehrfachbest. Michelsberger Handsch. 1a par. inf II Kultur Heidelberg- Lochbruch links nein m / matur Mehrfachbest. Michelsberger Handsch. 2 occ. Kultur Heidelberg- 2 Lochbrüche nein w / adult Mehrfachbest. Michelsberger Handsch. 3 links par. Kultur Heidelberg- Lochbruch rechts nein m / matur Mehrfachbest. Michelsberger Handsch. 4 frontal Kultur Heilbronn Defekt rechts mögl. m / adult Einzelfund Neolithikum

398 Möglicherweise ist der Fund einem nahegelegenen Gräberfeld der Hinkelsteingruppe zuzuordnen. Dazu Gaebele 1968, 24. 399 Gaebele 1968, 34 f. 400 Gaebele 1968, 24. Im Fall von Stetten 2 ist aufgrund der Beschreibung der Läsion als Lochdefekt mit glatten Rändern und Absprengungen der Tabula interna eine Ansprache als Hiebverletzung wahrscheinlicher als bei Stetten 1, wo nur von Fissuren die Rede ist. Abgebildet wird dort nur Stetten 1 (Tafel 18); die linke Schädelseite ist beschädigt und anhand des Fotos nicht zu beurteilen. 401 Gaebele 1968, 66 f. 112 Heilbronn- mehrere m / matur Grabenwerk LBK Neckargartach Hiebverl. Ilsfeld 1 2 Hiebverl. nein m / adult Grabenwerk Michelsberger Kultur Ilsfeld 2 Hiebverl. links nein w / juvenil Grabenwerk Michelsberger Kultur Lauda- Trep. links + ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik Königshofen rechts par. (Hockerlage) Mannheim- Verl. rechts ja m / matur- Flachgrab Schnurkeramik Sandhofen frontal senil Mannheim- Verl. rechts ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik Wald frontal Neckarsulm drei Hiebverl. nein - / inf I Grabenwerk Michelsberger „Hetzenberg“ 1 rechts Kultur Neckarsulm Fraktur rechts nein - / inf I Grabenwerk Michelsberger „Hetzenberg“ 2 Kultur Neckarsulm zwei Hiebverl. nein - / inf I Grabenwerk Michelsberger „Hetzenberg“ 3 rechte Schläfe Kultur Offenau 2 Verl. rechts kurz? m / matur Flachgrab Neolithikum par. Stetten a.d. versorgtes ja w / adult Flachgrab Schnurkeramik Donau Trauma links par. (Hockerlage Stetten ob Verl. d. Schläfe ? ? m / juv.-adult Flachgrab Neolithikum Lonetal 1 Stetten ob Verl. ? ? m / juv.-adult Flachgrab Neolithikum Lonetal 2 Stetten ob Läsion d. Tab. ? m / matur Flachgrab Neolithikum Lonetal 3 ext. par. Stetten ob Defekt d. Tab. ? - / juv.-adult Flachgrab Neolithikum Lonetal 4 ext. par. Stuttgart-Bad Trep. frontal, kurz m / adult k.A. Neolithikum Cannstadt links + rechts par. Stuttgart- Verl. links par. ja m / adult Flachgrab LBK Mühlhausen 22 (Hockerlage) Stuttgart- Fraktur linke ja m / matur Flachgrab LBK Mühlhausen 38 Gesichtshälfte (Hockerlage) (ua Nasenbein) Talheim 84/4 2 Verl. links par. nein w / adult Mehrfachbest. späte LBK Talheim 84/10 3 Verl. links + nein eher m / Mehrfachbest. späte LBK rechts par. inf II Talheim 84/23 2 Verl. rechts nein eher m / Mehrfachbest. späte LBK frontal inf II Talheim 84/24 Verl. im hint. nein eher m / inf I Mehrfachbest. späte LBK Scheitelber. Talheim 84/28 3 Verl. links occ. nein eher w / Mehrfachbest. späte LBK + par. inf II Talheim 83/3A Verl. links par. ja m / matur Mehrfachbest. späte LBK Verl. rechts par. nein Talheim 83/3B Verl links par. nein m / adult Mehrfachbest. späte LBK Talheim 83/8 Verl. links par. nein m / matur- Mehrfachbest. späte LBK (Pfeilschuß) senil Talheim 83/11 Verl. links frontal; nein m / adult Mehrfachbest. späte LBK Bruch d. Unterkiefers Talheim 83/12 2 Verl. im nein m / adult Mehrfachbest. späte LBK Scheitelber. u. occ (Pfeilsch.) Talheim 83/15A 2 Verl. rechts nein eher w / Mehrfachbest. späte LBK occ. inf II

113 Talheim 83/15B Verl. links par. + nein eher m / Mehrfachbest. späte LBK occ. inf II Talheim 83/18A Verl rechts occ. nein eher w / Mehrfachbest. späte LBK matur-senil Talheim 83/20A Verl. rechts nein w / adult Mehrfachbest. späte LBK frontal Talheim 83/20C 2 Verl. rechts nein w / adult Mehrfachbest. späte LBK par. + frontal Talheim 83/22A 3 Verl. rechts nein eher w / juv. Mehrfachbest. späte LBK par. + occ. Talheim 83/22C 3 Verl. links nein m / adult Mehrfachbest. späte LBK frontal, rechts par., occ. Talheim Verl. rechts par. nein eher w / Mehrfachbest. späte LBK

83/22C2+3C inf II Talheim 83/22D fragl. Trauma nein w / matur Mehrfachbest. LBK rechts occ. Talheim fragl. Trauma nein eher m / inf I Mehrfachbest. LBK 83/19+20B links par. Tauberb.- 2 Trep. links par. ja m / adult Mehrfachbest. Schnurkeramik Kirchelberg Tauberb.- Verl. d. linken ja m / adult- Flachgrab Schnurkeramik Burgweg 1 Schläfe matur (Hockerlage) Tauberb.- Verl. rechts par. ja w / adult Flachgrab Schnurkeramik Burgweg 2 (Hockerlage) Vaihingen a.d. Verl. occ. nein w / adult Grabenwerk LBK Enz 4 Vaihingen a.d. Verl. rechts ja eher w / Erw. Grabenwerk LBK Enz 62 frontal Waiblingen Verl. rechts par. mögl. m / matur Flachgrab BK (Hockerlage)

Tab. 17 Baden-Württemberg – Übersicht manipulierte Schädel

Trepanationseingriffe sind insgesamt neunmal an sechs Schädeln aus Baden- Württemberg belegt. In zwei Fällen (Kat.-Nr. 5 und 57) sind dabei jeweils zwei Eingriffe am Schädel zu verzeichnen. Am Schädel von Dittigheim liegen dabei nebeneinander eine vollendete und eine nur begonnene Trepanation vor. Ein nicht in der Perforation des Knochens resultierender Eingriff wurde auch an einem weiteren Schädel von Dittigheim beobachtet (Kat.-Nr. 2). Bemerkenswert ist die Größe der Eingriffszonen, die an diesen Schädeln bis zu 70 x 30 mm reicht. Auch die Trepanation am Schädel von Stuttgart-Bad Cannstadt liegt mit 50 x 70 mm Ausmaß im oberen Bereich. Im Fall von Heddesheim (Kat.-Nr. 12) liegt links frontal ein muldenförmiger Defekt von 60 x 35 mm vor, mit einer kleinen Öffnung auch der Tabula interna im Zentrum. Von besonderer Bedeutung ist die Öffnung am Schädel von Stetten an der Donau. Hier wurde offensichtlich ein im hinteren linken Scheitelbein gelegener Traumadefekt mittels einer chirurgischen Intervention versorgt, wofür die etwas unregelmäßige Form der Öffnung und ihre im Gesamtbild aber ebenmäßigen Ränder sprechen. In diesem Fall kann von einer durch Trepanation versorgten Verletzung ausgegangen werden.

114 Die Scheitelbeinregion ist in Hinsicht auf die Lokalisation der Trepanationen eindeutig bevorzugt. Die Eingriffe beziehen in fast allen Fällen das linke Scheitelbein mit ein bzw. liegen ausschließlich auf diesem (Tab. 18; Tafel 29a).

Trepanationen Traumata Frontal Stetten ob Lonetal 1 Stetten ob Lonetal 2 Links frontal Heddesheim Bruchsal „Aue“ Dittigheim 27 Heidelb.-Handsch. 3 Tauberb.-Burgweg 1 Links frontal/par. Links par. Dittigheim 32; I Goldberg 6 (2x) Stetten an der Donau Goldberg 9 (2x) Tauberbischofsheim I; II Heidelb.-Handsch. 3 Ilsfeld 2 Stetten an der Donau Stuttgart-Mühlhausen Links par./occ Rechts frontal Goldberg 12 (?) Grünsfeld-Krensheim Heidelb.-Handsch. 4 Mannheim-Sandhofen Mannheim-Wald Neckarsulm 3 Vaihingen 32 Waiblingen Rechts frontal/par. Rechts par. Dittigheim 32; II Fellbach (2x) Goldberg 3 (2x) Goldberg 9 (2x) Heidelb.-Handsch. 1a Neckarsulm 2 u. 3 Offenau Tauberb.-Burgweg 2 Rechts par./occ. Links/rechts par. Dittigheim 14 Lauda-Königshofen Links/rechts frontal/par. Stuttgart-Bad Cannstadt Dittigheim 18/1 Links/rechts par./occ. Occipital Heidelb.-Handsch. 2 Vaihingen 4

Tab. 18 Lokalisation der Trepanationen und Traumata, soweit bekannt (außer Talheim)

Die Eingriffe sind – durch Heilungsreaktionen belegt – in allen Fällen überlebt worden. Im Fall des Schädels von Stuttgart-Bad Cannstadt mag das Überleben vergleichsweise nur kurzfristig gewesen sein. Betroffen waren überwiegend Männer; in einem Fall ist am Schädel einer Frau eine Verletzung durch einen chirurgischen Eingriff versorgt worden. Die Individuen befanden sich im frühadulten bis maturen Alter.

115 Die Schädel mit Trepanationen sind, soweit sie chronologisch zuzuordnen sind, der Kultur mit Schnurkeramik zuzuweisen. Der Schädel von Stuttgart-Bad Cannstadt, dessen nähere Fundumstände nicht bekannt sind, wird allgemein ins Neolithikum datiert.402

Die schnurkeramischen trepanierten Individuen wurden allgemein kulturspezifisch bestattet. Der Mann von Tauberbischofsheim wurde aus einer Mehrfachbestattung geborgen; seine Skelettreste lagen nicht in anatomischer Ordnung, da sie vermutlich bei späteren Bestattungen beiseite geräumt wurden. Beim Schädel lagen als Beigaben ein Becher, zwei Steinbeile und ein Silexmesser. Der Mann von Dittigheim, Grab 14, wurde in Hockerlage geborgen; ihm waren u.a. zwei Steinbeile und Knochenmeißel beigegeben worden. Dem doppelt trepanierten Mann vom selben Gräberfeld, Grab 32, war ebenfalls ein Steinbeil beigegeben.403 Etwas abweichend vom normalen schnurkeramischen Bestattungsmuster war das Individuum von Lauda-Königshofen bestattet worden. Ein Steinbeil als Beigabe und die anthropologische Bestimmung sprechen für einen Mann, doch war die Person in sonst weiblichen Individuen vorbehaltener linksseitiger Hockerlage mit Kopf im Osten bestattet worden. Da es sich bei dem etwa 50jährigen Mann um ein überaus robustes und muskelstarkes Individuum von etwa 1,80 m Körpergröße handelte, das sich morphologisch von den übrigen bekannten Schnurkeramikern unterscheidet,404 können diese Besonderheiten, möglicherweise auch im Zusammenhang mit der Trepanation, die abweichende Bestattungslage erklären. Interesant ist auch der Fall der Frau von Stetten an der Donau, bei der es sich um eine der wenigen Frauen mit Schädelläsion handelt. Zudem wurde in diesem Fall offensichtlich ein Trauma durch einen operativen Eingriff in Schabetechnik direkt versorgt. Bestattet wurde die etwa 30jährige Frau in Hockerlage gemeinsam mit einem Säugling; das Grab war von einem Kreisgraben umgeben.405

Schädelverletzungen konnten in insgesamt 56 Fällen im Material aus Baden- Württemberg beobachtet werden; beim Schädel von Stetten an der Donau wurde ein Trauma durch einen Trepanationseingriff überdeckt. Hier ragt eindeutig der Befund von Talheim mit 20 zum Teil mehrfach traumatisierten Schädeln heraus. Es ist bemerkenswert, daß eines der betroffenen Individuen (Kat.- Nr. 41) außer offensichtlich tödlichen Verletzungen auch eine verheilte Läsion im linken Scheitelbein aufwies; also bereits zu einem früheren Zeitpunkt seines Lebens von einem Gewaltereignis betroffen war. Die an den Talheimer Schädeln beobachteten Traumata finden sich bevorzugt in den Scheitelbeinregionen und dem Hinterhauptsbereich. Das rechte Scheitelbein ist

402 Grundsätzlich wäre auch eine andere chronologische Zuordnung, etwa zur Bronzezeit, denkbar. Das Aussehen des Eingriffs entspricht allerdings dem anderer neolithischer Trepanationen, so daß eine Zuweisung zum Neolithikum, auch aufgrund der in dieser Periode höheren Fallzahlen, vertretbar ist. 403 Dresely 1993. 404 Anthropologische Bestimmung durch J. Wahl, zitiert bei Oeftiger 1999, 43. Das Grab lag zudem relativ randlich im Gräberfeld und war nicht von einem Kreisgraben umgeben (ebd., 45). 405 Wahl et al. 1990. 116 dabei häufiger betroffen als das linke. Die Frontalregion und das Gesichtsskelett zeigen nur wenige traumatische Einwirkungen. Somit wurde die Mehrzahl der Talheimer wohl von hinten rechts erschlagen. Einige Hiebe sind mit Sicherheit auch auf bereits am Boden liegende Opfer abgegeben worden. Die die Verletzungen verursachenden Waffen konnten anhand des typischen Aussehens der Defekte identifiziert werden. Danach wurden zumeist Flachhacken, seltener Schuhleistenkeile verwendet. Ein Teil der Läsionen ist nur grob auf unspezifische stumpfe Gewalt zurückzuführen; hier wurden wohl auch Längsseiten, Nacken oder Schäftungen der Geräte eingesetzt. In geringerem Maße kamen Pfeil und Bogen zum Einsatz.406 Insgesamt kann im Fall Talheim davon ausgegangen werden, daß eine ganze Siedlungssgemeinschaft Opfer eines Gewaltereignisses wurde.407

Abgesehen von Talheim wurden in 36 weiteren Fällen Traumata (bzw. mutmaßliche Traumata) an Schädeln registriert. Hervorzuheben ist der Fall der Mehrfachbestattung von Heidelberg- Handschuhsheim, die mehrere Individuen mit traumatischen Schädelmanipulationen aufwies. Gingen erste Untersuchungen hier noch von der Gleichzeitigkeit der Skelette mit einer größeren Anzahl Michelsberger Keramik aus, so bestehen an dieser Auffassung mittlerweile Zweifel. Danach stellt der Befund wohl keine Bestattung mit Beigaben, sondern eher eine Entsorgung der Toten in einer bereits bestehenden Grube dar.408 Damit befände sich der Befund auch in dieser Hinsicht in Übereinstimmung mit ähnlichen Massakersituationen. Weitere Verletzungen ohne Heilungsspuren treten an Individuen der Michelsberger Kultur (Bruchsal „Aue“, Ilsfeld 1-2, Neckarsulm „Hetzenberg“ 1-3) auf. Tab. 18 zeigt die Lokalisation der Traumata (ohne Talheim; vgl. auch Tafel 29b). Hier ist eine deutliche Häufung in den beiden Scheitelbeinen und dem Frontalbereich zu erkennen, wobei die rechte Schädelseite tendentiell etwas häufiger betroffen ist. Der Hinterhauptsbereich ist im Gegensatz zu den Talheimer Schädeln nur selten von Verletzungen betroffen. Im Gegensatz zu den Trepanationen sind Traumata (außer denen von Talheim) häufig auch im Frontalbereich, besonders der linken Hälfte, angesiedelt, ebenso wie im rechten Frontalbereich, dem rechten Scheitelbein und dem Hinterhauptsbein. Angesichts der wesentlich höheren Fallzahlen traumatisierter Schädeln sollen diese Ergebnisse aber nicht überbewertet werden. Die Größe dieser Läsionen liegt im Normbereich; in den meisten Fällen ist nur eine Verletzung pro Schädel zu beobachten. In einigen Fällen treten zwei Traumata auf; nur im Fall des Schädels Goldberg 9 (Kat.-Nr. 9) und des Schädels von Bruchsal „Aue“ (Kat.-Nr. 1) sollen bis zu vier Läsionen vorliegen.

406 Dazu Wahl/König 1988, 173-177. Verhältnis von Verletzungen durch Flachhacken : Schuhleistenkeile : unspezif. stumpfe Gewalt : Pfeilschüsse = 22 : 4 : 14 : 2. Ebd., 173. 407 Die Alters- und Geschlechtsverteilung weist auf eine relativ geschlossene Bevölkerung hin. Nur Neugeborene und Kleinkinder fehlen. Junge Frauen sind leicht unterrepräsentiert, dies kann möglicherweise als Hinweis auf Frauenraub interpretiert werden. Wahl/König 1988, 181 ff. 408 Vgl. dazu Behrends 1998. 117 Bemerkenswert ist im Vergleich zwischen Trepanationen und Traumata der Unterschied in der chronologischen Zuweisung der Läsionen. Trepanationen sind vorwiegend aus schnurkeramischen Zusammenhängen bekannt, während Traumata nicht nur für die Schnurkeramik, sondern auch für die späte Linienbandkeramik und die Michelsberger Kultur häufiger nachgewiesen sind.

6.2 Bayern 6.2.1 Schädeltrepanationen Für das Gebiet dieses Bundeslandes konnten bisher keine neolithischen Schädeltrepanationen festgestellt werden.

6.2.2 Schädeltraumata Insgesamt konnten für Bayern 13 Fälle von Schädeltraumata nachgewiesen werden; die Belege stammen von acht Fundplätzen. Darunter befindet sich auch eine wahrscheinliche Pfeilschußverletzung an einem Schädel der Chamer Gruppe. Der Bandkeramik zuzuweisende Schädelreste mit Läsionen stammen von den Fundorten Hanseles Hohl, Lkr. Dillingen (Kat.-Nr. 67)409 sowie Jungfernhöhle Tiefenellern, Lkr. Bamberg (Kat.-Nr. 74)410. Ein Scheitelbeinrest aus einem Erdwerk der Chamer Gruppe in Moosham, Lkr. Regensburg-Süd (Kat.-Nr. 76), zeigt eine spitzovale Öffnung von 12 x 8 mm Ausmaß, die als Resultat einer Pfeilschußverletzung interpretiert wird.411 Vom Fundplatz Großmehring, Lkr. Eichstätt, stammen vier Individuen der Münchshöfener Kultur mit Verletzungen des Schädels (Kat.-Nr. 63 bis 65). Die Skelette wurden zusammen mit den Resten von zwei Neugeborenen in einer Grube entdeckt. Aufgrund der Zusammensetzung der Totengemeinschaft ist eine Familientragödie denkbar: So könnte aufgrund der Geburt von Zwillingen, die, wie völkerkundliche Quellen zeigen, oft als unheilvoll betrachtet wurde, eine ganze Familie ausgelöscht worden sein.412 Für den Fundplatz Wildenberg, Lkr. Kelheim (Kat.-Nr. 81), wird ein ebenfalls der Münchshöfener Kultur zugewiesener Schädelrest mit unverheilter Hiebmarke im unteren Hinterhauptsbereich erwähnt.413 Aus einer Bestattung der Schnurkeramik vom Fundplatz Tiefbrunn, Lkr. Regensburg, stammen drei Skelette, deren Schädel Traumaspuren zeigen (Kat.-Nr. 78-80)414. Eine Siedlungsgrube vom Fundplatz Pilsting, Lkr. Dingolfing-Landau, aus dem Übergangshorizont Glockenbecherkultur/Frühe Bronzezeit erbrachte das

409 Orschiedt 1999. 410 Orschiedt 1999. 411 Probst 1991, 368. 412 Schröter 1997. Eine Verwandschaft zwischen dem älteren Mann und der Frau ist wahrscheinlich; beide weisen ein zweigeteiltes Stirnbein auf. Ebd., 42. 413 Rind 1996, 114 f. 414 Schröter 2002. 118 Schädeldach einer Frau (Kat.-Nr. 77) mit unverheilter Impressionsfraktur im linken Scheitelbein.415 Fragliche Traumaspuren weist ein Schädel einer Frau vom bandkeramischen Fundplatz Kirchamper, Lkr. Freising (Kat.-Nr. 75), auf. Hier sollen eine Kieferfraktur sowie mehrere Lochdefekte mit unregelmäßigen Rändern vorliegen. Allerdings kann auch auf postmortale Manipulationen geschlossen werden.416 Dazu kommen sechs Fälle nicht zu bewertender angeblicher Hiebverletzungen aus einer Mehrfachbestattung der Michelsberger Kultur von Inningen bei Augsburg (Kat.- Nr. 68 bis 73). Hier sollen an insgesamt sechs Schädeln unverheilte Traumata vorliegen. Das Schädelmaterial ist verschollen; die Abbildungen der Publikation von 1965 lassen keine Rückschlüsse auf traumatische Ereignisse an den Schädeln zu.417 Aufgrund dieser Einschränkungen kann der Befund nur unter Vorbehalt in die Diskussion einbezogen werden.

6.2.3 Übersicht und Vergleich Bei den beobachteten Schädelverletzungen handelt es sich um Traumata ohne Heilungsspuren (Tab. 19). Im Fall der mutmaßlichen Pfeilschußverletzung liegen keine Angaben zum Überleben vor. Betroffene Individuen sind nachweislich in sechs Fällen Frauen vorwiegend der adulten Altersstufe, in vier Fällen Männer im Erwachsenenalter sowie in zwei Fällen Kinder. Auch der Pfeilschuß wurde an einem Erwachsenen dokumentiert. Zu den fraglichen Inninger Fällen liegen keine Angaben zu Alter und Geschlecht der Individuen vor.

Schädel Manipulation überlebt? Geschlecht/ Herkunft chronol. Alter Einordnung

Großmehring A 2 Lochbrüche nein unbest. / inf. Mehrfachbest. Münchshöfener links par. Kultur Großmehring B Schädelfraktur nein m / adult Mehrfachbest. Münchshöfener Kultur Großmehring C Schädelfraktur nein m / matur Mehrfachbest. Münchshöfener Kultur Großmehring D Schädelfraktur nein w / adult Mehrfachbest. Münchshöfener Kultur Hanseles Hohl 2 Hiebverl. links nein w / adult Sekundärbest. LBK par. u. frontal Inningen fragl. tödliche nein unbest. Mehrfachbest. Michelsberger Hiebverl. Kultur

415 Ein weiterer Defekt am linken Stirnbein, der nur die äußere Knochentafel betrifft, wurde vom Ausgräber zunächst als symbolische Trepanation oder Wundversorgung angesprochen, nach einer anthropologischen Untersuchung aber als postmortale Verwitterung interpretiert. Fischer/Kreiner 1995. 416 Veit 1996, 189. 417 Vgl. dazu Maier 1965. Der dort zitierte anthropologische Bearbeiter ging von tödlichen Verwundungen aufgrund gezielter Keulenschläge aus. Die beigegeben Abbildungen der Skelette lassen allerdings keine eindeutigen Traumaspuren an den teilweise gut erhaltenen Schädeln erkennen. 119 Inningen fragl. tödliche nein unbest. Mehrfachbest. Michelsberger Hiebverl. Kultur Inningen fragl. tödliche nein unbest. Mehrfachbest. Michelsberger Hiebverl. Kultur Inningen fragl. tödliche nein unbest. Mehrfachbest. Michelsberger Hiebverl. Kultur Inningen fragl. tödliche nein unbest. Mehrfachbest. Michelsberger Hiebverl. Kultur Inningen fragl. tödliche nein unbest. Mehrfachbest. Michelsberger Hiebverl. Kultur Jungfernhöhle Hiebverl. rechts nein w / matur Sekundärbest. LBK Tiefenellern par. Kirchamper Lochdefekte – nein w / adult Siedlungsbest. LBK Hiebverl.? Moosham Pfeilschußverl. nein ? - / Erw. Einzelfund aus Chamer Gruppe im Scheitelbein Erdwerk Pilsting- Impressions- nein w / adult Siedlungs- GBK / FrühBZ Kellerfeld fraktur links grube par. Tiefbrunn 1 3 Hiebverl. nein m / Erw. Mehrfachbest. Schnurkeramik rechts Tiefbrunn 2 Hiebverl. rechts nein unbest. / inf. Mehrfachbest. Schnurkeramik

Tiefbrunn 3 Hiebverl. links nein w / adult Mehrfachbest. Schnurkeramik

Wildenberg Hiebverl. occ. nein m / adult Siedlungs- Münchshöfener unten grube Kultur

Tab. 19 Bayern – Übersicht manipulierte Schädel

Die Anzahl der Verletzungen pro Schädel ist unterschiedlich. Meist liegt nur ein Defekt vor, in einigen Fällen kommen zwei (Großmehring A, Hanseles Hohl), einmal auch drei Läsionen vor (Tiefbrunn 1).

Angaben zur Lokalisation der Defekte liegen nicht in jedem Fall vor. Die Mehrzahl der Läsionen findet sich in den Parietalia; generell sind die linke und rechte Seite etwa gleich häufig betroffen. Je einmal wurden Verletzungen im Stirn- und Hinterhauptsbein beobachtet (Tab. 20; Tafel 29c).

Trepanationen Traumata Frontal Links frontal Hanseles Hohl Links frontal/par. Links par. Großmehring 1 (2x) Hanseles Hohl Tiefbrunn 3 Links par./occ Rechts frontal Rechts frontal/par. Rechts par. Jungfernhöhle Tiefenellern

120 Tiefbrunn 1 (3x) Tiefbrunn 2 Rechts par./occ. Links/rechts par. Links/rechts frontal/par. Links/rechts par./occ. Occipital Wildenberg

Tab. 20 Bayern - Lokalisation der Läsionen (soweit bekannt)

Genauere Angaben zur Größe der Defekte liegen in drei Fällen vor. Die Läsionen am Schädel von Hanseles Hohl messen 60 x 30 mm sowie 25 mm im Durchmesser; die nicht vollständig erhaltene Verletzung am Scheitelbein aus der Jungfernhöhle Tiefenellern wird ursprünglich etwa 65 mm lang gewesen sein. Die Pfeilschußverletzung am Schädelrest von Moosham ist mit 12 x 8 mm erwartungsgemäß von geringerer Dimension. Heilungsreaktionen sind in keinem Fall zu beobachten. Die Schädel mit Traumata sind unterschiedlichen Kulturgruppen zuzuordnen. Die Belege von Hanseles Hohl und Tiefenellern sind der Linienbandkeramik zuzuweisen, wobei auffällt, daß beide aus Sekundärbestattungen stammen. Ebenfalls in die Linienbandkeramik zu stellen ist der mutmaßlich verletzte Schädel von Kirchamper. Die vier Schädel von Großmehring werden ebenso wie der von Wildenberg in die Münchshöfener Kultur datiert. Zum Komplex der Schnurkeramik gehören die manipulierten Schädel von Tiefbrunn, wohingegen der manipulierte Schädel von Pilsting dem Übergangshorizont von der Glockenbecherkultur zur Frühbronzezeit zuzuordnen ist. Auffallend ist, daß mit Großmehring und Tiefbrunn zwei allerdings chronologisch differierende Fundkomplexe Mehrfachbestattungen darstellen, in denen möglicherweise Mitglieder von Familiengruppen beigesetzt wurden, die sämtlich Opfer gewaltsamer Handlungen wurden. Eine Mehrfachbestattung liegt auch im Fall des Befundes von Inningen vor; dieser Komplex wird aufgrund keramischer Beigaben der Michelsberger Kultur zugewiesen.

6.3 Hessen 6.3.1 Schädeltrepanationen Neolithische Trepanationen sind aus Hessen bisher nicht bekannt.

6.3.2 Schädeltraumata Der Linienbandkeramik zuzuordnende Schädel mit Traumaspuren liegen aus Frankfurt-Praunheim (Kat.-Nr. 91)418, Butzbach (Kat.-Nr. 90)419 und Tillpetersrech,

418 Veit 1996, 189. 121 Wiesbaden-Erbenheim (Kat.-Nr. 94) vor. In letzterem Fall handelt es sich um eine Kopfbestattung; das Kranium mit verheilter Verletzung und die ersten Halswirbel wurden separat in einer Grube neben einem Hausbefund entdeckt.420 Ein Schädel vom Gräberfeld Trebur, Kr. Groß-Gerau (Kat.-Nr. 95) wird in die Großgartacher Gruppe datiert.421 Überreste zweier Schädel mit tödlichen Verletzungen stammen aus Steinkammergrab der Wartberg-Gruppe von Niedertiefenbach (Kat.-Nr. 92; 93).422

6.3.3 Übersicht und Vergleich Insgesamt liegen sechs Fälle von Verletzungen an Schädeln vor (Tab. 21).

Schädel Manipulation über- Geschlecht/ Herkunft chronol. lebt? Alter Einordnung

Butzbach Verletzung d. ja w / Flachgrab LBK rechten Schläfe adult-matur Frankfurt- Verletzung d. nein - / - Flachgrab LBK Praunheim rechten Schläfe (Hockerlage) Niedertiefen- Schlagspuren nein m / Erw. Steinkammer- Wartberg- bach 1 links parietal grab Gruppe Niedertiefen- Schlagspuren nein - / Kind Steinkammer- Wartberg- bach 2 grab Gruppe Trebur Impression links ja m / senil Flachgrab Großgartacher Grab 29 frontal Gruppe Tillpetersrech Hiebverletzung ja m / adult Kopfbest. in LBK frontal Grube

Tab. 21 Hessen – Übersicht manipulierte Schädel

In drei Fällen waren Männer im frühadulten bzw. senilen Alter betroffen, darüber hinaus eine Frau sowie ein Kind. Die Verletzung des Individuums von Frankfurt-Praunheim befand sich im Bereich der rechten Schläfe und zeigte keine Spuren einer Heilung. Die Läsion am Butzbacher Schädel in ähnlicher Position war dagegen anscheinend überlebt worden. Auch die Traumata von Trebur und Tillpetersrech waren offensichtlich verheilt. Beide Verletzungen befinden sich in typischer Lage im Stirnbein (Tab. 22; vgl. auch Tafel 31c). Im linken Scheitelbein befanden sich die Verletzungen des Mannes aus dem Steinkammergrab Niedertiefenbach; die Lage der Läsion(en) am Schädel des Kindes vom selben Fundort bleibt unklar.

419 Preuschoft 1962; Schaefer 1978, 74. Bemerkenswert ist dabei, daß das anscheinend weibliche Individuum mit einem Schuhleistenkeil als Beigabe bestattet wurde. 420 Orschiedt 1999, 274. 421 Jacobshagen/Kunter 1999, 291. 422 Czarnetzki 1963; 1978. 122 Trepanationen Traumata

Frontal Tillpetersrech Links frontal Trebur Links frontal/par. Links par. Niedertiefenbach 1 (2x) Links par./occ Rechts frontal Butzbach Frankfurt-Praunheim Rechts frontal/par. Rechts par. Rechts par./occ. Links/rechts par. Links/rechts frontal/par. Links/rechts par./occ. Occipital

Tab. 22 Lokalisation der Manipulationen (soweit bekannt)

Die Individuen von Frankfurt-Praunheim, Butzbach und Tillpetersrech sind der Linienbandkeramik zuzuordnen, die insgesamt durch zahlreiche Fälle verheilter und unverheilter Traumata gekennzeichnet ist. Mit dem Mann vom Gräberfeld Trebur ist eine verheilte Verletzung auch für die zeitlich folgende Großgartacher Gruppe belegt. Verletzungen innerhalb der Wartberg-Gruppe werden durch die beiden Individuen aus Niedertiefenbach belegt. Aus Tillpetersrech liegt eine ungewöhnliche Art der Bestattung vor: Hier handelt es sich um eine regelrechte Kopfbestattung, wobei Schädel und erste Halswirbel sich noch im anatomischen Verband befanden.

6.4 Nordrhein-Westfalen 6.4.1 Schädeltrepanationen Aus dem Megalithgrab IV von Warburg, Kr. Höxter, stammt der in die Wartberg- Kultur zu datierende Schädel eines Mannes (Kat.-Nr. 117; Tafel 22b), welcher im Scheitelbereich einen nur unscharf umgrenzten verheilten Trepanationsdefekt zeigt. Der in Schabetechnik vorgenommene Eingriff am Schädel wurde eventuell ausgeführt, um intrakraniellem Druck zu begegnen, der, wie Spuren an der Schädelinnenfläche vermuten lassen, wohl durch einen gutartigen Tumor ausgelöst worden war.423

423 Löwen 1997. Die Öffnung ist vollständig mit einer dünnen Knochenlamelle überdeckt, was der Bearbeiter als Zeichen vollständiger Heilung wertet (ebd., 75). Alternativ ist an eine nicht beendete Trepanation zu denken, die nicht in einer vollständigen Perforation des Schädelknochens resultierte. 123 6.4.2 Schädeltraumata Aus dem trichterbecherzeitlichen Steinkammergrab von Henglarn, Kr. Paderborn (Kat.-Nr. 116) liegt ein Unterkieferknochen vor, dessen linker Ast einen gut verheilten Bruch zeigt.424

6.4.3 Übersicht und Vergleich Neben einem manipulierten Schädel mit einer Trepanation liegt ein Unterkiefer mit verheilter Bruchstelle vor (Tab. 23).

Schädel Manipulation überlebt Geschlecht / Herkunft chronol. ? Alter Einordnung

Henglarn Unterkiefer- ja - / Erw. Steinkammer- Trichterbecher- bruch grab kultur Warburg Trepanation ja m / adult Megalithgrab Wartberg-Kultur rechts par.

Tab. 23 Nordrhein-Westfalen – Übersicht manipulierte Schädel

Die Tepanation kann mit einer Lokalisation im Scheitelbereich (Tafel 31b) in das typische Spektrum solcher Eingriffe eingeordnet werden. Betroffen war ein männliches Individuum in adultem Alter; dies fügt sich nahtlos in das Schema typischer Trepanationen ein. Ungewöhnlich ist an diesem Fall, daß offensichtlich die Ursache des Eingriffs in einem gutartigen Hirntumor lag und durch die Operation Entlastung geschaffen werden sollte. Damit lag die Indikation für diesen Trepanationseingriff auch hier im medizinischen Bereich, allerdings aufgrund einer organischen Ursache und nicht aufgrund eines Traumas am Schädel. Der Unterkieferbruch ist gut als Folge eines traumatischen Ereignisses denkbar; er könnte jedoch ebenso auf einen Unfall zurückzuführen sein. Hier liegt einer der selteneren Fälle einer Frakturierung des Kiefer- und damit des Gesichtsbereiches vor. Sowohl die Verletzung als auch die Trepanation wurden überlebt.

Beide manipulierten Schädel wurden aus Steinkammergräbern geborgen. Der Schädelrest von Henglarn wird grob dem Komplex der Trichterbecherkultur zugeordnet; der trepanierte Schädel von Warburg kann der Wartberg-Gruppe zugewiesen werden.

424 Probst 1991, 324. – Eckert 2005 erwähnt einen Unterkiefer mit verhielter Bruchstelle für das Megalithgrab von Rheine. Dieser wurde nicht mehr gesondert für den Katalog aufgenommen. Evtl. liegt auch eine Fundortverwechslung vor. 124 6.5 Rheinland-Pfalz 6.5.1 Schädeltrepanationen Schädel mit Trepanationen konnten bisher nicht registriert werden.

6.5.2 Schädeltraumata Aus einem Grabenwerk der Linienbandkeramik von Herxheim, Kr. Südliche Weinstraße, stammt u. a. eine Kalotte (Kat.-Nr. 118) eines Individuums unbestimmten Geschlechts, welche drei verheilte Verletzungen im linken Scheitel- und Stirnbein sowie im Bereich der Sagittalnaht aufweist. Zusätzlich ist der Schädelrest durch gezielte Bearbeitung offenbar noch als „Schale” zugerichtet worden.425 Vom Fundort Mertloch, Kr. Mayen-Koblenz (Kat.-Nr. 119) liegt ein Unterkiefer mit einer Ausbuchtung im Kinnbereich vor, oberhalb derer eine glatte Schnittfläche sichtbar ist. Glätte und Abrundung der Kanten sprechen für eine intra vitam erlittene Verletzung, die durch einen scharfkantigen Gegenstand verursacht wurde und anschließend sauber verheilte. Die chronologische Zuordnung der Bestattung erweist sich aufgrund des Fehlens von Beigaben als schwierig; eine Zuweisung zur Glockenbecherkultur ist zumindest wahrscheinlich.426

6.5.3 Übersicht und Vergleich Es konnten zwei publizierte Fälle von Manipulationen registriert werden (Tab. 24).

Schädel Manipulation überlebt Geschlecht / Herkunft chronol. ? Alter Einordnung Herxheim Verl. links par. + ja - / Erw. Grabenwerk LBK frontal Mertloch Verl. am Kinn ja m / senil Flachgrab GBK

Tab. 24 Rheinland-Pfalz – Übersicht manipulierte Schädel

Mit dem nur vorläufig vorgelegten Schädelrest von Herxheim ist erneut ein Beleg für ein der Linienbandkeramik zuzuweisendes Traumageschehen dokumentiert. Das Grabenwerk von Herxheim erfüllte vermutlich hauptsächlich kultische Funktionen im Rahmen des Totenrituals. Geborgen werden konnten allein 447 Schädelkalotten; insgesamt ist wohl von rund 1000 Individuen auszugehen. Die Kalotten fanden sich teils in regelhaften Stapeln und waren oft als Schalen zugerichtet, wobei die Gesichtsschädel abgetrennt und die Kanten begradigt wurden. Ein Teil der

425 Häußer 2000; Orschiedt et al. 2006; Zeeb-Lanz et al. 2006. 426 Ament/Lange 1976. 125 Schädelfunde soll darüber hinaus weitere verheilte Traumata aufweisen.427 An den Skelettresten wurden teilweise perimortale Schlag- und Schnittspuren festgestellt.428 Erst die noch ausstehende abschließende Bearbeitung des menschlichen Skelettmaterials wird zeigen, in welchem Ausmaß traumatisches Geschehen für den Befund Herxheim eine Rolle spielt.

Im Fall von Mertloch handelt es sich um den Schädel eines Mannes in fortgeschrittenem Alter, dessen Unterkiefer eine verheilte Verletzung aufweist. Verletzungen des Gesichtsschädels werden im Gegensatz zu solchen des Schädeldachs relativ selten beobachtet. Eine genaue chronologische Zuweisung ist nicht eindeutig möglich, eine Zuweisung zur Glockenbecherkultur wahrscheinlich.

Die Verletzungen am Schädel von Herxheim liegen im Stirnbein, linken Scheitelbein und Scheitelbereich und damit im typischen Spektrum derartiger Läsionen (Tafel 31a).

6.6 Sachsen 6.6.1 Schädeltrepanationen Der in Bruchstücken vorliegende Schädel einer dem Neolithikum, eventuell der Baalberger Kultur zuzuweisenden Hockerbestattung von Zauschwitz, Lkr. Leipziger Land (Kat.-Nr. 120), zeigt zwei Läsionen im Stirnbeinbereich. Art und Beschaffenheit der Öffnungen, wie Schnittspuren an der Tabula interna sowie ein größerer Innen- als Außendurchmesser, sprechen dafür, daß es sich hier um postmortale Manipulationen am Schädel handelt, die wohl in der Herstellung von Knochenscheiben resultieren sollten.429 Aufgrund der trichterartigen Einziehung der Öffnungen wäre alternativ auch an Verletzungen des Schädeldachs zu denken.430 Aus einer Siedlungsgrube vom selben Fundplatz (Kat.-Nr. 121), stammt ein Scheitelbein mit einer verheilten Trepanation. Die Zuweisung des Fundstückes zum Neolithikum ist nicht gesichert, auch eine Datierung in die Bronzezeit ist möglich.431

6.6.2 Schädeltraumata Die Defekte am Schädel Zauschwitz 1 (Kat.-Nr. 120) sind teils auch als letale Hiebverletzungen interpretiert worden.

427 Orschiedt et al. 2006; Zeeb-Lanz et al. 2006. 428 Häußer 1998b. 429 Grimm 1964. Die Spuren am Schädel zeigen danach, daß die Entnahme der mittig-links gelegenen Knochenscheibe mißlang. Ebd., 61. 430 Ullrich/Weickmann 1965 interpretieren die Defekte in diesem Sinne als letale Hiebverletzungen. 431 Grimm 1997, 48. 126 6.6.3 Übersicht und Vergleich Insgesamt konnten Überreste von zwei manipulierten Schädeln registriert werden (Tab. 25).

Schädel Manipulation überlebt Geschlecht / Herkunft chronol. ? Alter Einordnung Zauschwitz 1 2 Läsionen frontal nein k. A. Flachgrab Neolithikum – postmortale (Hockerlage) (Baalberger Trep. o. Verl.? Kultur ?) Zauschwitz 2 Trepanation links ja unbest. / Siedlungs- Neolithikum ? par. adult grube

Tab. 25 Sachsen – Übersicht manipulierte Schädel

In einem Fall (Kat.-Nr. 121) handelt es sich, wie Heilungsreaktionen zeigen, um eine sicher am Lebenden vorgenommene Trepanation; im anderen Fall liegen entweder postmortale Eingriffe, die zur Gewinnung von Knochenscheiben dienen sollten, oder unverheilte Hiebverletzungen vor. Die anthropologischen Angaben zu beiden Individuen sind nur spärlich; im Fall der überlebten Trepanation handelt es um ein frühadultes Individuum unbestimmten Geschlechts, wohingegen zum zweiten Fall keinerlei Angaben vorliegen. Die am Lebenden vorgenommene Operation liegt typisch im linken Scheitelbein und ist mit 24 x 16 mm Ausmaß von eher geringer Größe. Die wohl postmortal durchgeführten Knocheneingriffe sind beide im Stirnbein lokalisiert (Tafel 31d). Auch die chronologische und kulturelle Zuordnung der beiden Schädel muß unsicher bleiben. Der wohl postmortal manipulierte Schädel stammt aus einer Bestattung, die sich innerhalb des Neolithikums nicht eindeutig zuweisen läßt.432 Auch beim Scheitelbein mit verheilter Trepanation aus einer Siedlungsgrube ist der chronologische Zusammenhang nicht exakt zu fixieren. Dieser Eingriff läßt sich unter Umständen dem späten Neolithikum oder der Frühbronzezeit bzw. dem Überganshorizont zwischen beiden Stufen zuordnen. Das Auftreten von operativen Eingriffen an Schädeln ist in dieser Phase auch aus anderen Regionen häufiger belegt.

Der Fundplatz Zauschwitz fällt nicht nur durch das Auftreten von zwei manipulierten Schädeln auf. Hier finden sich von der Bandkeramik an verschiedene Fundplätze der unterschiedlichen neolithischen Kulturen, die immer wieder mit kultischen Handlungen in Verbindung gebracht wurden.

432 Grimm 1964 spricht von einer möglichen Zuweisung zur Baalberger Kultur, liefert aber keine Anhaltspunkte für diese Datierung. 127 6.7 Sachsen-Anhalt 6.7.1 Schädeltrepanationen Aus dem Mauerkammergrab der Walternienburg-Bernburger Kultur von Börnecke stammen zwei Schädel mit Trepanationen. Schädel A (Kat.-Nr. 126; Tafel 24a) weist einen Eingriff mit Heilungsreaktionen im hinteren Scheitelbereich auf. An Schädel B (Kat.-Nr. 127; Tafel 24b) ist ein nicht überlebter Eingriff nachgewiesen. Diese Trepanation wurde offensichtlich in Kehltechnik vorgenommen, die dabei gelöste Knochenscheibe fand sich ebenfalls im Grab.433 Weitere Trepanationen sind der schnurkeramischen Kultur zuzuordnen: , Lkr. Aschersleben-Staßfurt (Kat.-Nr. 123)434, Braunsdorf, Lkr. Merseburg-Querfurt (Kat.-Nr. 129)435, Hausneindorf, Lkr. Quedlinburg (Kat.-Nr. 136)436, Kleinpaschleben, Lkr. Aschersleben-Staßfurt (Kat.-Nr. 137)437, Königsaue, Lkr. Aschersleben-Staßfurt (Kat.-Nr. 138)438, Laucha-Dorndorf, Lkr. Merseburg- Querfurt (Kat.-Nr. 139)439, Peißen im Saalkreis (Kat.-Nr. 143)440, Pritschöna, Lkr. Merseburg-Querfurt (Kat.-Nr. 145)441, Roßbach, Lkr. Merseburg-Querfurt (Kat.-Nr. 146)442, Schafstädt, Lkr. Merseburg-Querfurt (Kat.-Nr. 147)443, Wiedebach, Lkr. Weißenfels (Kat.-Nr. 149)444, Wulfen, Kr. Köthen (Kat.-Nr. 150)445. Eine nicht überlebte Trepanation konnte an Schädelfragmenten aus einer Brandbestattung der Schönfelder Kultur von Polkern, Lkr. Stendal (Kat.-Nr. 144), beobachtet werden.446 Ein dem Neolithikum zuzuweisender Schädelrest vom Fundplatz Bennungen, Kr. Sangerhausen (Kat.-Nr. 125), weist eine ovale, etwas über 30 mm lange Verletzung mit deutlichen Heilungsspuren im Bereich der linken Schläfe auf. Diese wurde offensichtlich operativ versorgt, womit der Defekt nach der hier angewandten Definition als Trepanation anzusprechen ist.447 Zwei mutmaßlich neolithische Schädel von Barby, Kr. Schönebeck (Kat.-Nr. 124), und Frankleben, Kr. Merseburg (Kat.-Nr. 133), zeigen jeweils überlebte Trepanationen.448

433 Krone 1935; Nemeskéri 1976; Busch et al. 1997. 434 Matthias 1967; Matthias/Ullrich 1968. 435 Bruchhaus/Holtfreter 1885. 436 Heberer 1938, 17; Matthias/Ullrich 1968. 437 Matthias/Ullrich 1968. 438 Matthias/Ullrich 1968. 439 Bruchhaus/Holtfreter 1985. 440 Matthias/Ullrich 1968. 441 Heberer 1938; Matthias/Ullrich 1968; Schafberg 2001. 442 Heberer 1938; Matthias/Ullrich 1968. Da nur ein Kalottenbruchstück vorliegt, liegt keine exakte Geschlechtsbestimmung vor. Heberer ordnete den Schädel aufgrund der vorgenommenen Trepanation als männlich ein. 443 Grimm/Asamoa 1964; Matthias/Ullrich 1968. 444 Heberer 1938; Matthias/Ullrich 1968. 445 Fischer 1956; Matthias/Ullrich 1968. 446 Wetzel 1973; Grimm 1974. 447 Ullrich 1965, 176; Ullrich 1997, 17 f. 448 Ullrich/Weickmann 1964. 128 6.7.2 Schädeltraumata Eine verheilte Impression wurde an einem stichbandkeramikzeitlichen Schädel von Großkorbetha, Lkr. Weißenfels (Kat.-Nr. 135) beobachtet.449 Der Bernburger Kultur ist ein Stirnbein mit Impression von Derenburg, Kr. Wernigerode (Kat.-Nr. 132)450, zuzuweisen, ebenso ein Schädelrest aus dem Mauerkammergrab von Börnecke (Kat.-Nr. 128; Tafel 24c) mit einer geringfügigen Eintiefung. Für die Kugelamphorenkultur sind Traumafälle aus Deesdorf, Lkr. Halberstadt (Kat.-Nr. 131)451 sowie (Kat.-Nr. 140)452 belegt. Traumata wurden auch an mehreren schnurkeramischen Schädeln beoachtet: Allstedt, Lkr. Sangerhausen (Kat.-Nr. 122)453, Braunsdorf, Lkr. Merseburg-Querfurt (Kat.-Nr. 130)454, Laucha-Dorndorf (Kat.-Nr. 139)455, Schafstädt (Kat.-Nr. 147)456, Unseburg, Lkr. Aschersleben-Staßfurt (Kat.-Nr. 148; Tafel 22c)457. Für die Glockenbecherkultur sind zweimal Läsionen des Gesichtsschädels dokumentiert: im Fall von Grochlitz/Naumburg im Burgenlandkreis (Kat.-Nr. 134) liegt eine in Fehlstellung verheilte Deformierung der knöchernen Nase infolge traumatischer Einwirkung vor,458 mutmaßlich geht auch die Stauchung der Nasenbeinwurzel des Individuums aus einem Grab der Glockenbecherkultur aus Merseburg-Kötzschen (Kat.-Nr. 142) auf eine Verletzung zurück.459 Ebenfalls glockenbecherzeitlich datiert ein Schädel von Merseburg, Lkr. Merseburg-Querfurt (Kat.-Nr. 141).460

6.7.3 Übersicht und Vergleich Tab. 26 zeigt die insgesamt 29 aus Sachsen-Anhalt vorliegenden Schädel mit Manipulationen im Überblick.

Schädel Manipulation überlebt Geschlecht / Herkunft chronol. ? Alter Einordnung Allstedt Verl. links nein m ? / Erw. Best. in Stein- Schnurkeramik occ., par. platten-kammer Aschersleben Trepanation ja m / Erw. Flachgrab Schnurkeramik rechts par. (Hockerbest.)

449 Bach 1978. 450 Bach 1981, 73. 451 Ullrich 1971, 52; Beier 1988, 107. 452 Beier 1988, 101. 453 Bruchhaus/Holtfreter 1985. 454 Heberer 1938; Zuhrt 1962. 455 Bruchhaus/Holtfreter 1985. 456 Grimm/Asamoa 1964. 457 Bruchhaus/Holtfreter 1989. Hier wurde ein – mehrfach in sich frakturiertes – Knochenstück ausgestanzt und in Richtung des Gehirns eingesenkt. In dieser Stellung verheilte das Imprimat mit dem angrenzenden Schädelknochen. 458 Gerhardt 1953, 181. 459 Dieses Individuum wies darüber hinaus auch verheilte Brüche des linken Unterarms und Wadenbeins sowie einer Rippe auf. Dazu Saal 1967. 460 Gerhardt 1953, 181. 129 Barby Trepanation ja m / Erw. ? Neolithikum? rechts. par. Bennungen Verletzung d. ja m / Flachgrab Neolithikum linken Schläfe adult-matur (Hockerbest.) Börnecke A Trep. links + ja m / matur Kollektivgrab WBK rechts par. Börnecke B Trepanation nein m / ad.-mat. Kollektivgrab WBK links par. Börnecke 2c Defekt rechts ja - / Erw. Kollektivgrab WBK frontal – Verl.? Braunsdorf Trep. rechts + ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik links par. (Hockerbest.) Braunsdorf II doppelseit. ja w / adult Flachgrab Schnurkeramik Unterkiefer- (Hockerbest.) bruch ? Deesdorf Verl. frontal + ? w / adult Hocker in KAK links par. Steinkiste Derenburg Verletzung ja? m / Erw. Kollektivgrab frontal Frankleben Trepanation ja m / Erw. ? Neolithikum? rechts par. Grochlitz Nasenbein- ja m / adult Flachgrab GBK bruch (Hockerbest.) Großkor-betha Impression ja m / adult Flachgrab StBK links frontal + (Hockerbest.) par. Hausneindorf Trep. rechts ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik frontal + par. (Hockerbest.) Kleinpasch- Trep. links + ja m / Erw. Flachgrab Schnurkeramik leben rechts par., (Hockerbest.) frontal Königsaue Trep. rechts ja m / adult Flachgrab Schnurkeramik par. (Hockerbest.) Laucha- Trep. rechts ja m / adult- Flachgrab Schnurkeramik Dorndorf par.; 2 Läs. matur (Hockerbest.) links par. Magdeburg Impressionen nein w / juvenil Flachgrab KAK (Hockerbest.) Merseburg Impression ja w / matur Hocker in GBK links par. Steinkiste Merseburg- Stauchung ja m / senil Flachgrab GBK Kötzschen Nasenbein- (Hockerbest.) wurzel Peißen Trep. links ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik frontal + par. (Hockerbest.) Polkern Trep. frontal, nein eher m / adult Brandbest. Schönfelder tw. links + Kultur rechts par. Pritschöna 2 Trep., ja m / matur Hockerbest. mit Schnurkeramik ? frontal; rechts Kopf n. unten par. Roßbach Trep. links ja m ? / matur Flachgrab Schnurkeramik ? frontal (Hockerbest.) Schafstädt Trep. links ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik par. + frontal; (Hockerbest.) Verl. oberh. d. Trep. Unseburg Impr.fraktur ja m / adult Flachgrab Schnurkeramik links par.

130 Wiedebach Trep. links ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik frontal (Hockerbest.) Wulfen Trepanation? ja - / Erw. Flachgrab Schnurkeramik (Hockerbest.)

Tab. 26 Sachsen-Anhalt – Übersicht manipulierte Schädel

An 17 Schädeln konnten Trepanationseingriffe beobachtet werden. Im Fall von Pritschöna ist eine zweifache Trepanation belegt. Am Schädel von Bennungen liegt der Nachweis einer operativen Versorgung einer Verletzung mittels eines Trepanationseingriffs vor. Auch bei dem nicht sicher zu interpretierenden Defekt am Wulfener Schädel handelt es sich wohl um eine Trepanation.

Die sicher trepanierten Individuen wurden sämtlich als männlich bestimmt,461 bei allen handelt es sich um Erwachsene im adulten bis maturen Alter. Die operativen Eingriffe sind in mehreren Fällen nicht genau einer Schädelregion zuzuweisen, da sie sich über größere Flächen erstrecken. Insgesamt sind erneut die Scheitelbeine in erheblichem Maß involviert (Tab. 27, Tafel 30a), wobei das rechte Scheitelbein häufiger von Trepanationen betroffen ist – im Gegensatz zu den Traumata. In einigen Fällen greifen Trepanationen auf das Stirnbein über. Die Hinterhauptsregion ist in den Fallbeispielen aus Sachsen-Anhalt nicht von Trepanationen betroffen.

Trepanationen Traumata Frontal Pritschöna Links frontal Bennungen (Bennungen) Roßbach Deesdorf (2x) Wiedebach Links frontal/par. Peißen Großkorbetha Schafstädt Laucha-Dorndorf Links par. Börnecke B Allstedt Deesdorf Laucha-Dorndorf Merseburg Schafstädt Unseburg Links par./occ Rechts frontal Börnecke c Deesdorf Rechts frontal/par. Hausneindorf Rechts par. Aschersleben Barby Frankleben Königsaue Laucha-Dorndorf

461 Beim Schädel von Roßbach gab dabei nach Heberer 1938 erst die Trepanation den Ausschlag zur Bestimmung des „eher männlichen“ Schädels. Beim Schädelrest von Polkern erfolgte aufgrund des fragmentierten Erhaltungszustandes eine Bestimmung nur als „eher männlich“. Zum Schädel von Wulfen liegt keine anthropologische Bestimmung vor. 131 Pritschöna Rechts par./occ. Links/rechts par. Börnecke A Braunsdorf Links/rechts frontal/par. Kleinpaschleben Polkern Links/rechts par./occ. Occipital Allstedt

Tab. 27 Lokalisation der Trepanationen und Traumata (Sachsen-Anhalt)

In zwei Fällen (Börnecke B; Polkern) fanden sich keine Spuren von Heilungsreaktionen, alle anderen Eingriffe wurden überlebt. Der überwiegende Teil der Trepanationsfälle ist der Schnurkeramik zuzuordnen (elf Belege), in zwei Fällen (Börnecke A und B) datieren die Eingriffe in die Walternienburg-Bernburger Kultur. Auch die durch Trepanation versorgte Verletzung am Schädel von Bennungen ist in die Bernburger Kultur zu stellen. Im Fall von Polkern gelang der Nachweis einer Schädeltrepanation an Leichenbrand einer Brandbestattung der Schönfelder Kultur. Zwei Eingriffe datieren mutmaßlich neolithisch. Die betroffenen Individuen wurden mehrheitlich nach kulturspezifischen Regeln mit Beigaben bestattet. Aus dem Rahmen fällt der Mann von Pritschöna, der beinahe senkrecht mit dem Kopf nach unten begraben wurde.

An 15 Schädeln wurden traumatische Läsionen beobachtet. Bemerkenswert ist der bereits erwähnte Schädel von Bennungen, an dem eine Fraktur in der Schläfengegend erfolgreich operativ durch einen Trepanationseingriff versorgt wurde. Auch die Schädel von Laucha-Dorndorf und Schafstädt nehmen eine besondere Stellung ein. Am Schädel von Laucha-Dorndorf wurden neben der Trepanation zwei Läsionen dokumentiert, die wohl auf Verletzungen zurückgehen. Im Fall von Schafstädt liegt oberhalb des operativen Eingriffs eine verheilte Hiebverletzung vor. Traumata im Bereich des Gesichtsschädels sind in der Regel nur selten erhalten. Hervorzuheben ist eine verheilte Nasenbeinfraktur am Schädel von Grochlitz; daneben findet sich eine ebenfalls verheilte Stauchung der Nasenbeinwurzel am Schädel von Merseburg-Kötzschen. Für die Fehlstellung am Schädel von Braunsdorf II (Kat.-Nr. 130) wird in der Literatur oft eine doppelseitige Unterkieferfraktur verantwortlich gemacht. Ursache des Bruches könnte ein Sturz, genauso aber ein frontal wirkender heftiger Hieb gewesen sein.462 Als andere Möglichkeit der Verursachung ist allerdings auch eine embryonale Entwicklungsstörung angesprochen worden, so daß dieser Schädel nur unter Vorbehalt in die Diskussion einzubeziehen ist.463

462 Vgl. Zuhrt 1962. 463 Bach 1978. Bruchhaus/Neubert 1999 führen den Schädel ebenfalls als Beispiel einer Unterkieferfraktur auf, erwähnen aber auch die Möglichkeit einer Fehlbildung. 132 Auch die traumatischen Läsionen finden sich überwiegend an Männerschädeln; nur in drei Fällen (Deesdorf; Magdeburg; Merseburg) sind Traumata an Schädeln von Frauen beobachtet worden. Lokalisiert sind die Traumata überwiegend im linksparietalen Bereich, oft auf das Stirnbein übergreifend, bzw. in einigen Fällen nur im Frontalbereich (Tab. 27; vgl. auch Tafel 30b). Das Hinterhauptsbein ist nur im Fall des Schädels von Allstedt betroffen. Im rechten Scheitelbeinbereich, der innerhalb des aus Sachsen-Anhalt vorliegenden Materials häufiger von Trepanationen betroffen ist, finden sich keine Traumata. Auch die Mehrzahl der Traumata wurde überlebt. Im Falle des Schädels von Deesdorf scheint eine eindeutige Beurteilung nicht möglich,464 bei den Schädeln von Allstedt und Magdeburg wurden keine Heilungsreaktionen beobachtet. Den Trepanationen vergleichbar ist mit fünf sicher zuweisbaren Fällen auch der Großteil der Traumata der Kultur mit Schnurkeramik zuzuordnen. Den ältesten Befund einer Schädelläsion liefert Großkorbetha mit einer Zuweisung zur Stichbandkeramik. Die Walternienburg-Bernburger Kultur ist mit drei Fällen vertreten (Bennungen; Börnecke c; Derenburg). Die Glockenbecherkultur liefert ebenfalls drei Nachweise (Grochlitz; Merseburg; Merseburg-Kötzschen). In zwei Fällen liegen Traumata an kugelamphorenzeitlichen Schädeln vor (Deesdorf; Magdeburg). Bemerkenswert ist, daß zwei der Glockenbecherkultur zuzuordnende Schädel eher selten nachgewiesene Frakturen im Bereich des Gesichtsschädels aufweisen, die jeweils den Nasenbereich betreffen. Dies könnte eventuell auf waffenlos geführte tätliche Auseinandersetzungen (Faustkampf) hindeuten. Da in einem Fall (Merseburg; Kat.-Nr. 141) eine Frau betroffen war, ist auch geschlechterbezogene (familiäre?) Gewalt nicht auszuschließen.

6.8 Thüringen 6.8.1 Schädeltrepanationen Eine bemerkenswert große Trepanationsöffnung wurde am Schädel eines adulten Mannes aus dem walternienburg-bernburgzeitlichen Kollektivgrab von Nordhausen, Kr. Nordhausen (Kat.-Nr. 167; Tafel 25a) beobachtet. Es handelt sich dabei um einen Eingriff, der bei einer Größe von 165 x 130 mm das Stirnbein, beide Scheitelbeine und das Hinterhauptsbein involvierte. Die Trepanation, die anscheinend in mindestens zwei Schritten vorgenommen wurde, wurde zumindest kurzzeitig überlebt.465 Weitere drei Schädelreste (Kat.-Nr. 166; 168; 170) aus diesem Kollektivgrab weisen Defekte auf, die in der Literatur als „Hiebverletzungen oder Trepanationen“ angesprochen werden; eine genaue Zuweisung scheint nicht möglich.466

464 Nach Ullrich 1971, 52 sind die Defekte verheilt; nach Beier 1988, 107 zeigen sie keinerlei Heilungsspuren. 465 Ullrich 1964; Feustel/Ullrich 1965. 466 Feustel/Ullrich 1965. Vgl. dazu auch weiter unten. 133 In die Schnurkeramik zu datierende Schädel weisen in folgenden Fällen Trepanationen auf: Erfurt (Kat.-Nr. 154)467, Haindorf, Lkr. Weimarer Land (Kat.-Nr. 157)468, Helmsdorf, Kr. (Kat.-Nr. 158)469, Nerkewitz, Saale-Holzland-Kreis (Kat.-Nr. 160)470, Niederbösa, Kyffhäuserkreis (Kat.-Nr. 165; Tafel 25b)471, Stobra, Kr. Weimarer Land (Kat.-Nr. 175)472, Straußfurt, Kr. Sömmerda (Kat.-Nr. 176)473, Wechmar, Kr. Gotha (Kat.-Nr. 177; Tafel 25c)474.

6.8.2 Schädeltraumata Am bandkeramikzeitlichen Schädel eines Mannes von Roßleben, Kyffhäuserkreis (Kat.-Nr. 172), liegt im Lambdabereich ein Defekt vor, der als Hiebmarke gedeutet wird.475 Vom linienbandkeramischen Fundplatz Bad Sulza, Kr. Weimarer Land (Kat.- Nr. 153), stammt der Schädel eines Mannes, der wohl infolge einer traumatischen Einwirkung die beiden ersten unteren Schneidezähne verlor.476 Aus Kollektivgräbern der Walternienburg-Bernburger Kultur von Niederbösa im Kyffhäuserkreis (Kat.-Nr. 161-163)477 und Nordhausen, Kr. Nordhausen(Kat.-Nr. 166; 168-170), liegen ebenfalls Schädel mit Manipulationsspuren vor.478 Die Totenhütte von Schönstedt, Unstrut-Hainich-Kreis, lieferte Schädel mit unverheilten Hiebmarken (Kat.-Nr. 173; 174).479 Aus einem Flachgrab der Bernburger Kultur von Nordhausen stammt der Schädel einer Frau (Kat.-Nr. 171) mit unverheilten Traumata.480 Verheilte Läsionen zeigt der Schädel aus der Hockerbestattung eines Mannes der Kugelamphorenkultur von Kalbsrieth, Kyffhäuserkreis (Kat.-Nr. 159).481 An einem Individuum der Schnurkeramik aus Greußen, Kyffhäuserkreis (Kat.-Nr. 156) wurde eine verheilte Hiebverletzung beobachtet.482

467 Bach 1978. 468 Northe et al. 2001. Auf dem spätneolithisch-frühbronzezeitlichen Gräberfeld wurden Skelettreste von 28 Individuen geborgen. Diese zeigen nach ersten vorläufigen Untersuchungen Spuren sowohl von verheilten Gliedmaßenfrakturen wie auch impressionsartige Veränderungen an Schädeln. Die Bearbeitung des Fundmaterials ist nicht abgeschlossen; es liegt nur ein vorläufiger Bericht vor. Möglicherweise ist die Zahl der Individuen mit Schädelmanipulationen höher. 469 Heberer 1938, 12 f. Ullrich 1965 erwähnt die Läsion als versorgtes Trauma. 470 Peschel et al. 1963. 471 Feustel/Ullrich 1965. Das Individuum war in einem Kollektivgrab der Walternienburg-Bernburger Kultur nachbestattet worden. 472 Behm-Blancke et al. 1967. 473 Bücke et al. 1989, 60 u. 67. 474 Bach 1963; Matthias/Ullrich 1968. An diesem Schädel wurden zwei Trepanationen beobachtet; als Ursache für die Eingriffe ist möglicherweise ein Tumor in Betracht zu ziehen. 475 Bach 1978 erwähnt auch die Möglichkeit einer Grabungsbeschädigung. Anhand der dortigen s/w-Abbildung kann ein größerflächiger Defekt angenommen werden. 476 Bach 1978. 477 Feustel/Ullrich 1965. 478 Feustel/Ullrich 1965. 479 Bach/Bach 1972. 480 Stolberg 1932; Ullrich 1997, 17. 481 Ullrich 1971, 52; Beier 1988, 129. Diese Schädelläsion wurde früher (zuletzt Ullrich/Weickmann 1964) auch als Trepanation beschrieben. 482 Feustel et al. 1966, 126. 134 Den Trepanationseingriffen an den Schädeln von Haindorf (Kat.-Nr. 157) und Helmsdorf (Kat.-Nr. 158) lagen wahrscheinlich ebenfalls Traumata zugrunde. Der bereits erwähnte trepanierte Schädel von Nerkewitz (Kat.-Nr. 160) weist darüber hinaus auch eine in ihrem Ausmaß nicht mehr rekonstruierbare Verletzung auf.483 Ein Schädel aus einer Bestattung der Glockenbecherkultur in Weimar (Kat.-Nr. 178) zeigt mehrere unverheilte Defekte im linken Scheitelbein.484

6.8.3 Übersicht und Vergleich Tab. 28 zeigt den Bestand an insgesamt 24 manipulierten Schädeln bzw. Schädelresten für Thüringen.485

Schädel Manipulation überlebt Geschlecht / Herkunft chronol. ? Alter Einordnung Bad Sulza Schneidezahn- ja ? m / adult Flachgrab LBK verlust infolge Trauma Erfurt Trepanation links ja m / Erw. Flachgrab Schnurkeramik par. (Hockerlage) Greußen Hiebverl. am ja m / adult Flachgrab Schnurkeramik Hinterkopf (Hockerlage) Haindorf Trepanation ja m / Erw. Flachgrab Schnurkeramik frontal, links + (Hockerlage) rechts par. Helmsdorf Trepanation links ja m / Erw. Hockerbest. Schnurkeramik par. in Steinkiste Kalbsrieth 2 Hiebverl. rechts ja m / adult Flachgrab KAK par. (Hockerlage) Nerkewitz Hiebverletzung ja m / adult Brandbest. Schnurkeramik rechts par.; Trepanation Niederbösa 1 Hiebverletzung ? - / inf II Kollektivgrab WBK Niederbösa Hiebverletzung ? m / adult Kollektivgrab WBK 32 Niederbösa Hiebverletzung ? m / adult Kollektivgrab WBK 47 Niederbösa Trepanation ja (kurz) m / Erw. Kollektivgrab Schnurkeramik Nachbest. 2 frontal Nordhausen Defekt frontal ? - / Erw. Kollektivgrab WBK 25 Trep. o. Verl.? Nordhausen Trepanation ja (kurz) m / adult Kollektivgrab WBK 30 frontal, par., occ. Nordhausen Defekt frontal ? - / Erw. Kollektivgrab WBK 35 Trep. o. Verl.?

483 Peschel et al. 1963. 484 Bach 1965. 485 Ullrich/Weickmann 1976 erwähnen weiterhin ein unsicher datiertes Schädelbruchstück von Nohra, Kr. Nordhausen, das einen Trepanationsrand zeigen soll. Da zu diesem Fund keine näheren Informationen erhoben werden konnten, ist er in der Aufnahme für den Katalog nicht berücksichtigt worden. 135 Nordhausen Läsion d. ja m / Erw Kollektivgrab WBK 35/1 Augenhöhle links u. d. Nasenbeins Nordhausen Defekt rechts ja - / Erw. Kollektivgrab WBK 44 par. – Trep. o. Verl. ? Nordhausen II Traumata rechts nein w / Erw. Flachgrab WBK par. + occ. (Doppelbest.) (Bernburg) Roßleben Hiebverletzung ? m / adult Flachgrab LBK im Lambdaber. Schönstedt Hiebmarke occ. nein m / matur Kollektivgrab WBK 23 Schönstedt Hiebmarke im nein m / matur Kollektivgrab WBK 44 Scheitelber. Stobra Trepanation links ja m / adult Brandbest. Schnurkeramik u. rechts par. Straußfurt mutmaßl. ? m / adult- Flachgrab Schnurkeramik Trepanation matur (Hockerlage) Wechmar 2 Trep., links par. ja m / matur Flachgrab Schnurkeramik u. Lambdaber. (Hockerlage) Weimar Traumata links nein m / adult Flachgrab GBK par. (Hockerlage)

Tab. 28 Thüringen – Übersicht manipulierte Schädel

An neun Schädeln liegen Trepanationen vor, wobei im Falle von Wechmar der seltene Fall einer zweifachen Trepanation belegt ist. Beim nur vorläufig publizierten Schädel von Straußfurt wird von einem mutmaßlichen Trepanationseingriff ausgegangen. Die Eingriffe wurden auch hier sämtlich an Männern im Erwachsenenalter beobachtet. Die Lokalisation der Eingriffe spiegelt ebenfalls das aus anderen Regionen bekannte Bild (Tab. 29; vgl. auch Tafel 30c); denn die Schädeldefekte liegen, soweit Angaben dazu vorhanden sind, auch hier bevorzugt in den Parietalia, wobei das linke Scheitelbein etwas häufiger betroffen ist. Die außerordentlich große Trepanation am Schädel von Nordhausen betrifft den gesamten oberen Scheitelbereich und erstreckt sich über das hintere Stirnbein, beide Scheitelbeine bis in den Hinterhauptsbereich. Auch andere Eingriffe liegen im Scheitelbereich und betreffen so beide Parietalia.

Trepanationen Traumata Frontal Niederbösa Nordhausen 25 Nordhausen 35 Links frontal Links frontal/par. Links par. Erfurt Nerkewitz Wechmar Weimar Links par./occ Rechts frontal Rechts frontal/par. Nordhausen 44 Rechts par. Kalbsrieth Nordhausen II Rechts par./occ. Links/rechts par. Helmsdorf (Helmsdorf) Stobra Schönstedt 44

136 Wechmar Links/rechts frontal/par. Haindorf (Haindorf) Links/rechts par./occ. Greußen Roßleben Links/rechts front./par./occ. Nordhausen Occipital Nordhausen II Schönstedt 23

Tab. 29 Lokalisation der Trepanationen und Traumata (soweit bekannt)

Die Größe der Eingriffe variiert. Die meisten fallen mit einigen Zentimetern Länge und Breite normal aus. Die Trepanation am Schädel von Niederbösa erreicht eine Kantenlänge von 94 mm, und auch die Eingriffe am Wechmarer Schädel sind mit 49 x 98 mm und 75 x 48 mm etwas größer. Hervorzuheben ist der Schädel von Nordhausen, welcher eine Trepanation von ungewöhnlicher Größe aufweist. Diese erstreckt sich mit einer Länge von 165 x 130 mm über das gesamte Schädeldach. Ein nur wenig kleinerer Eingriff liegt am Schädel von Haindorf vor. Hier dürfte eine Verletzung des Schädels Ursache für die Trepanation gewesen sein. Alle Eingriffe wurden wenigstens kurzzeitig, in den meisten Fällen aber sicher langfristig überlebt.

Ursachen für die Eingriffe wurden in einigen Fällen diskutiert. Im Fall des in verbrannten Bruchstücken vorliegenden Schädels von Nerkewitz wurde außer der Trepanation auch eine Hiebverletzung dokumentiert. Für die Eingriffe am Schädel von Wechmar wurde ein Abszeß oder Tumor als auslösendes Moment in Betracht gezogen; das Skelett weist außerdem eine verheilte Fraktur des linken Radius auf. Möglich wäre auch ein Traumageschehen am Schädel, eventuell gemeinsam mit der Radiusfraktur entstanden, das durch den Eingriff versorgt wurde. Am trepanierten Schädel von Niederbösa wurde eine Unterkieferfraktur beobachtet; auch hier könnte der operative Eingriff der Behandlung im weitesten Sinne gedient haben, denkbar ist ebenso ein zusammen mit der Kieferfraktur erlittenes Schädeltrauma, welches dann direkt durch eine Trepanation versorgt wurde. Der Eingriff am Schädel von Helmsdorf ist nach der engen Defintion von Ullrich als versorgtes Schädeldachtrauma angesprochen worden,486 nach der in dieser Arbeit verwendeten Definition liegt hier eine Trepanation vor, die zur Behandlung und Versorgung eines Traumas erfolgte. Auch die große Läsion am Schädel von Haindorf wird von den Bearbeitern primär als Schädeldachtrauma interpretiert, wobei sie jedoch die Wahrscheinlichkeit der Wundversorgung einräumen und eine am intakten Kranium vorgenommene Trepanation nicht ausschließen.487 Die regelmäßige Form der Öffnung spricht eher nicht für ein unversorgtes Trauma. Ein Trepanationseingriff wird als wahrscheinlich angenommen; vermutlich erfolgte dieser nach einer vorhergehenden Verletzung. Damit wäre auch hier eine operative Versorgung einer Fraktur nachgewiesen. Knochenreaktionen belegen eine längere Überlebenszeit.

486 Ullrich 1965. 487 Northe et al. 2001, 58. 137 Die Schädel mit Trepanationen lassen sich den kulturellen Komplexen der Walternienburg-Bernburger Kultur sowie der Schnurkeramik zuweisen. Der Schnurkeramik kommt dabei die größere Bedeutung zu, auf sie entfallen acht der neun Schädel mit derartigen Eingriffen. Der Schädel aus dem Kollektivgrab von Nordhausen stellt mit seiner Größe einen außergewöhnlichen Trepanationsbeleg dar. Bestattet wurden die betroffenen Individuen in der Regel auf kulturspezifische Weise. Aus dem Rahmen fällt der Befund von Niederbösa; hier wurde ein der Schnurkeramik zuzuweisendes trepaniertes Individuum in einer walternienburg-bernburgzeitlichen Totenhütte nachbestattet.

Neben den Trepanationen liegen an 16 Schädeln Nachweise von Traumata vor. Am bereits erwähnten Schädel von Nerkewitz konnte neben dem operativen Eingriff auch der Rest einer verheilten Hiebmarke beobachtet werden. An den Schädeln von Haindorf und Helmsdorf lagen den Trepanationen offenbar Schädelverletzungen zugrunde. In drei Fällen wurden an Schädeln aus Nordhausen Defekte dokumentiert, die möglicherweise Trepanationen, eher aber Traumata darstellen; hier finden sich nur unzureichende Angaben zu Alter und Geschlecht der Individuen sowie zum Überleben der Eingriffe. Bemerkenswert sind vor allem die selten zu beobachtenden Frakturen im Bereich des Gesichtsschädels. Im Fall von Bad Sulza verlor das Individuum mehrere Schneidezähne infolge eines Traumas, und am Schädel Nordhausen 35/1 konnte neben einer Verletzung der Augenhöhle auch der Bruch des Nasenbeins dokumentiert werden. Am trepanierten Schädel von Niederbösa wurde zusätzlich eine verheilte Fraktur des linken Unterkiefergelenks beobachtet.

Nicht in allen Fällen liegen Angaben zur Lokalisation der Traumata vor. Mehrfach sind auch hier die Scheitelbeine betroffen, wobei Fälle im rechten Parietale überwiegen. Hinzu kommen mehrere Verletzungen des Stirnbeins und Hinterhauptsbereichs (Tab. 29, Tafel 30d).

Soweit Angaben zu Alter und Geschlecht vorliegen, sind überwiegend männliche Individuen betroffen. In einem Fall (Niederbösa 1; Kat.-Nr. 161) soll eine Verletzung am Schädel eines Kindes vorliegen. Ebenfalls in nur einem Fall (Nordhausen II) war eine Frau betroffen. Bemerkenswert ist dabei, daß in diesem Fall zwei Traumata beobachtet wurden, die zudem nicht überlebt wurden. Die gemeinsame Bestattung mit einem weiteren Individuum in einem Doppelgrab läßt hier an eine Tötung im Rahmen einer Totenfolge denken. Letale Verletzungen liegen an den Schädeln von Schönstedt 23 und 44 sowie Weimar vor, wobei auch letzterer Schädel mehrere Traumata zeigt. Die ältesten Belege für Verletzungen stammen aus der Linienbandkeramik (Bad Sulza; Roßleben). Die Walternienburg-Bernburger Kultur ist mit zahlreichen Belegen

138 vertreten, zu denen aber nicht in jedem Fall zuverlässige Angaben zu den besprochenen Aspekten vorliegen. Die verheilten Hiebverletzungen am Schädel von Kalbsrieth dokumentieren Traumageschehen für die Kugelamphorenkultur. In der Schnurkeramik treten im Thüringer Raum Verletzungen ohne operative Versorgung gegenüber den Trepanationen zurück; sie sind nur in zwei Fällen belegt. Ein Traumaereignis innerhalb der Glockenbecherkultur repräsentiert der mehrfach verletzte Schädel aus Weimar.

Auch die Individuen mit Schädeltrauma wurden meist regelgerecht bestattet; die Individuen der Walternienburg-Bernburger Kultur finden sich in Totenhütten, die den anderen Kulturgruppen zuzuordnenden Skelettreste wurden in typischen Flachgräbern entdeckt. Auffällig ist hier die Positionierung der beiden Männer mit tödlichen Hiebverletzungen von Schönstedt: einer der Toten wurde in Bauchlage, der andere dicht an der östlichen Wand der Totenhütte beigesetzt.488 Das Skelett der ebenfalls tödlich verletzten Frau von Nordhausen II wurde in einer Doppelbestattung entdeckt; hier ist vielleicht von Totenfolge auszugehen. Im Fall des Mannes von Kalbsrieth handelte es sich um eine reich ausgestattete Bestattung in einer großen Steinkiste. Gemeinsam mit dem Mann war auch ein kleines Kind bestattet worden. Die der Schnurkeramik zuzuweisenden Schädelreste von Nerkewitz (Verletzung und Trepanation) und Stobra (Trepanation) stammen aus Brandbestattungen.

Insgesamt zeigt sich auch am thüringischen Material deutlich, daß sowohl Verletzungen als auch Trepanationen an Schädeln überwiegend mit der männlichen Lebenswelt zu verbinden sind; unter den 24 hier beschriebenen Individuen mit Schädelläsionen befindet sich nur eine Frau.

488 Bach/Bach 1972. 139 7. Verletzungen durch Pfeilschuß 7.1 Allgemeine Aspekte Pfeilschußverletzungen stellen unangenehme und schmerzhafte Wunden dar. Leichte Steckschüsse lassen sich relativ einfach entfernen, Spitzen mit Widerhaken dagegen vergrößern die Wunde beim Herausziehen des Pfeiles. Ist das Projektil nur lose auf den Schaft aufgesetzt, verbleibt es beim Herausziehen des Schafts in der Wunde und läßt sich nur schwer entfernen.489 Der mögliche Einsatz von Pfeilgift schmälert die Überlebenschancen betroffener Individuen zusätzlich. Verletzungen durch Pfeilschüsse sind für das Neolithikum nicht allzu häufig belegt. Dabei ist zu bedenken, daß tödliche Pfeilschußverletzungen häufig den Brustbereich und Unterleib betreffen, wobei meist keinerlei Spuren am Skelettmaterial entstehen. Auch bei der Ansprache von Knochenläsionen als Pfeilschußverletzungen ist Vorsicht geboten. So stellte sich eine zunächst als Projektilverletzung interpretierte Perforation des Schädeldachs eines maturen Individuums vom Gräberfeld Trebur in Hessen als postmortale Veränderung durch Bodeneinfluß heraus.490

Befunde stammen vor allem aus Bestattungen, wobei vollständig erhaltene Skelette ebenso vorkommen wie Einzelknochen aus Kollektivgräbern. Neben in Knochen eingeschossenen Projektilen, die als direkter Nachweis solcher Verletzungen – teils in verheilter, teils in unverheilter Form – dienen, kommen seltener durch Pfeilschüsse verursachte Traumata an Schädelknochen vor. Darüber hinaus gibt es Fälle, wo Projektile in unmittelbarer oder relativer Knochennähe entdeckt wurden.491 Hier werden gern Pfeilschüsse als Todesursache angesehen, der Nachweis kann in diesen Fällen allerdings nicht erbracht werden. In einigen dieser Fälle mag eine letale Weichteilverletzung durch Pfeilschuß vorgelegen haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür scheint besonders dann erhöht, wenn eine Bestattung außer dem betreffenden Projektil keine weiteren Gegenstände enthält, die als Beigaben angesprochen werden können. Die eingangs erwähnte Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen, unter deren Schulterblatt eine Silexpfeilspitze entdeckt wurde, kann als Beispiel für diese „Grauzone“ von Pfeilschußverletzungen angeführt werden: Läge nicht eine Mumie, sondern ein eventuell partiell schlecht erhaltenes Skelett vor, würde die Verletzung sicher nur als „möglich“ angesprochen. Als besonders bekanntes Beispiel für Pfeilschußverletzungen gilt das wahrscheinlich frühneolithische Skelett des Mannes von Porsmose aus Dänemark. Dieser wurde durch zwei Knochenpfeilspitzen verletzt, deren eine durch die Nasenhöhle in den Rachenraum eindrang, wohingegen die zweite das Brustbein durchbohrte. Dieses zweite Projektil hat sicher den Tod des Mannes verursacht; die Verletzung von Gesicht und Rachen wäre nicht notwendigerweise tödlich gewesen.492 Ebenfalls aus Dänemark stammt das Skelett eines adulten Mannes, das bei Gjerrild in einer

489 Dies ist wahrscheinlich auch bei der Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen der Fall gewesen. 490 Jacobshagen/Kunter 1999, 291. 491 Bspw. eine Flintspitze im Oberkörperbereich eines Skeletts aus der Totenhütte von Arnstadt-Rudisleben: Grasselt 2005. 492 Bennike 1985, 110-112. 140 Steinkiste der Einzelgrabkultur entdeckt wurde. Im Brustbein dieses Individuums steckt eine von vorn eingeschossene grübchenkeramische Pfeilspitze; die Verletzung wurde nicht überlebt.493 Auf dem neolithischen Gräberfeld Hönheim-Suffelweyersheim im Elsaß (Frankreich) wurde eine Pfeilspitze im Knie eines Skeletts entdeckt.494 Aus Fundkomplexen in Frankreich liegen häufiger Nachweise für etwa in Wirbel oder Unterarmknochen eingeschossene Projektile vor;495 eine kürzlich erstellte Liste enthält 43 sichere Belege für derartige Verletzungen.496 Ein weiteres prominentes Beispiel stellt das becherzeitliche Skelett von in Südengland dar, in dessen Brustbein und vierter linker Rippe Flintpfeilspitzen entdeckt wurden, die – offenbar von hinten auftreffend – den Tod des Mannes herbeigeführt hatten.497 Weitere Belege für Pfeilschußverletzungen aus Großbritannien finden sich in den Skeletten zweier Männer von Hambledon Hill, Dorset, die Pfeilspitzen in Brusthöhle und Hals aufwiesen498, sowie in einem Skelett eines adulten Mannes von Fengate, Peterborough, in dessen Rippenknochen eine Pfeilspitze nachgewiesen wurde.499 In einer Steinkiste von Ascot-under-Wychwood, Oxfordshire, wurde das Skelett eines Mannes entdeckt, zwischen dessen Lendenwirbeln eine blattförmige Pfeilspitze steckte. Ein ähnliches Projektil fand sich auch im Halswirbel eines Erwachsenen von Tulloch of Assery. Diese Verletzungen zeigten keine Heilungsreaktionen. Als Hinweise auf wahrscheinliche Pfeilschußverletzungen seien ein weiteres Skelett von Ascot-under-Wychwood, unter dessen Rippen ein Projektil entdeckt wurde, sowie das Skelett eines älteren Mannes aus dem Langhügel von West Kennet, in dessen Halsregion eine Pfeilspitze lag, angeführt.500 Aus Spanien sind mehrere Fälle von Verletzungen durch Pfeilschüsse für den kupferzeitlichen Fundplatz San Juan ante Portem Latinam dokumentiert. Hier fanden sich sowohl verheilte Verletzungen, wobei die Projektile in den betreffenden Knochen engeheilt waren, als auch tödliche Läsionen.501

7.2 Pfeilschußverletzungen im Neolithikum Deutschlands Im Verhältnis zu Schädelläsionen sind in Knochen eingeschossene Projektile oder eindeutig durch solche verursachte Knochenverletzungen eher selten zu beobachten (Tab. 30).

493 Bennike 1985, 104 f. 494 Eckhardt 1996, 141. 495 Jannsens 1970, 36. 496 Übersicht „Evidence of -inflicted injuries from the Neolithic Age in ”, von M. Naudet u. R. Vidal, Appendix A in Guilaine/Zammit 2005, 241-249. 497 Osgood et al. 2000, 20. 498 Mercer 1999, 154. 499 Pryor 1976. 500 Mercer 1999, 149. 501 Etxeberri et al. 1995; Guilaine/Zammit 2005, 154 f. 141 Fundort Lokalisation und Alter/ verheilt/ Datierung Kat-Nr. Art der Verletzung Geschlecht überlebt?

Bavenstedt; Ind. 2 Flintpfeilspitze zwischen spätadult nein MN/SN 110 8. und 9. Brustwirbel männlich

Gotha-Siebleben Pfeilspitze in linker Rippe Erw. ja WBK 155 -

Heilbronn fragl. Pfeilschußverl. am adult ? Neol. ? 17 rechten Stirnbein männlich

Moosham mögl. Pfeilschußverl. auf Erw. nein ? Chamer 76 Scheitelbein - Gruppe

Niederbösa; Pfeilspitze 3,1 cm adult ja WBK 164 Ind. 51 tief im proximalen männlich Gelenk des rechten Humerus

Talheim; Ind. 83/8 Pfeilschußverletzung in ~ 60 Jahre nein LBK 43 Form von Trauma im männlich hinteren Schädelbereich

fragl. Pfeilschußverl. in Lendenwirbel

Talheim; Ind. 83/12 Pfeilschußverletzung in frühadult nein LBK 45 Form von Trauma im männlich hinteren Schädelbereich

Talheim; Ind. 83/23 Brustwirbel mit unbest. nein LBK 56 waagerecht von hinten eingedrungener Pfeilspitze

Weltzin Erw. nein SN / BZ 109 Silexpfeilspitze in - Humerus

Tab. 30 Pfeilschußverletzungen im Neolithikum Deutschlands

Bedeutsam für das Arbeitsgebiet Norddeutschland ist besonders eine Doppelbestattung innerhalb einer kleinen Gräbergruppe von Bavenstedt in Niedersachsen. Es handelt sich um zwei Männer im Alter von 35-45 (Ind. 1) bzw. 30- 40 Jahren (Ind. 2). Bei der Freilegung des Grabes wurden zwei Pfeilspitzen entdeckt: Im Fall von Individuum 1 lag das Projektil in der oberen Unterleibsregion, im Fall von Individuum 2 (Kat.-Nr. 110; Tafel 17) steckte eine Pfeilspitze in Form eines gleichseitigen Dreiecks von 24 mm Kantenlänge zwischen achtem und neuntem

142 Brustwirbel. Dieses Projektil war von hinten bis in den Rückenmarkkanal eingedrungen. Die Todesursache des Mannes ist nicht völlig klar; eine Verletzung des Rückenmarks ist hier ebenso wie eine Meningitis durch bakterielle Infektion denkbar; daneben kommt auch eine weitere, am (schlecht erhaltenen) Skelett nicht zu beobachtende letale Weichteilverletzung in Betracht. Ausgehend von diesem Befund und dem Fehlen eigentlicher Beigaben im Grab ist wahrscheinlich auch die im Unterleibsbereich von Ind. 1 entdeckte Pfeilspitze als Tötungsinstrument anzusehen. In diesem Fall traf das Projektil nicht auf Knochen, sondern verursachte Verletzungen der Eingeweide sowie innere Blutungen, in deren Folge der Mann verstarb.502 Die ursprünglich erfolgte Zuweisung der Gräbergruppe zur Einzelgrabkultur wurde inzwischen revidiert; wahrscheinlich ist der Befund dem Mittelneolitikum zuzuordnen.503 Aus Mecklenburg-Vorpommern ist der Oberarmknochen von Weltzin, Lkr. Demmin (Kat.-Nr. 109), zu erwähnen, der eine rücklings eingeschossene langschmale, flächenretuschierte Feuersteinspitze aufweist. Aus Schleswig-Holstein und Brandenburg liegen bisher keine Nachweise für neolithische Pfeilschußverletzungen vor. Der Fall einer knöchernen Flügelpfeilspitze in Halswirbeln eines menschlichen Skeletts von Müncheberg, Lkr. Märkisch-Oder, in Brandenburg, der früher dem Neolithikum zugewiesen wurde, wird jetzt in die jüngere Bronzezeit datiert.504 Aus Deutschland insgesamt sind einige weitere Fälle von Verletzungen durch Projektile zu nennen. Im Falle eines adulten Mannes aus der in die Walternienburg- Bernburger Kultur datierenden Totenhütte von Niederbösa (Ind. 51; Kat.-Nr. 164) wurde eine abgebrochene Pfeilspitze 3,1 cm tief im proximalen Gelenk des rechten Humerus entdeckt. Die verrundeten Ränder der Öffnung lassen auf einen komplikationslosen Heilungsprozeß schließen. Dieser wurde möglicherweise dadurch begünstigt, daß das Projektil in Holzteer eingebettet war, der eine aseptische Wirkung aufweist.505 Ebenfalls dieser Kulturgruppe zuzuweisen ist das Fragment einer linken menschlichen Rippe mit eingeheilter Silexpfeilspitze aus einer Totenhütte von Gotha- Siebleben (Kat.-Nr. 155).506 Die Befunde aus dem bandkeramischen Massengrab von Talheim lieferten einzelne Nachweise von Pfeilschußverletzungen. Individuum 83/8 (Kat.-Nr. 43), ein etwa 60jähriger Mann, wies ein durch einen Pfeilschuß verursachtes Trauma hinter dem linken Ohr in Form eines lanzettförmigen Lochbruchs von 15 x 7 mm auf. Der Schuß traf wahrscheinlich waagerecht von hinten. Dazu wird für dieses Skelett eine fragliche Pfeilschußverletzung an einem Lendenwirbel erwähnt.

502 Schutkowski et al. 1996. 503 Frdl. Hinweis von Dr. E. Cosack, Archäol. Denkmalpflege Hannover, 2002. Dr. Cosack wies auch darauf hin, daß das inzwischen geborgene Material des zugehörigen Siedlungsplatzes der Walternienburg-Bernburger Kultur zuzuordnen sei und somit in Niedersachsen sonst fremdes Material repräsentiert. Eventuell zeigt die Situation somit einen mißglückten Besiedlungsversuch durch aus Mitteldeutschland stammende Menschen. 504 Ursprüngliche Zuweisung: Götze 1920, 57; zur Neudatierung Heske 2000, 217. 505 Feustel/Ullrich 1965, 195. 506 Bach et al. 1987, 58. 143 Der Schädel von Individuum 83/12 (Kat.-Nr. 45), einem Mann im frühadulten Alter, zeigte neben einem durch ein Steinbeil verursachten Lochbruch auch ein Trauma infolge eines Pfeilschusses, welcher ebenfalls von hinten traf. Diese Läsion äußert sich als kirschkerngroßer, an der äußeren Knochentafel etwa dreieckiger, unvollständiger Lochbruch im mittleren unteren Hinterhauptsbein. Weiterhin liegt aus dem Knochenmaterial noch ein Brustwirbel (Ind. 83/23; Kat.-Nr. 56) mit waagerecht von hinten eingeschossener Pfeilspitze vor.507 Vom Fundplatz Moosham, einem Erdwerk der Chamer Gruppe, in Bayern stammt ein Schädelbruchstück (Kat.-Nr. 76), das im Scheitelbeinbereich eine spitzovale Öffnung von 12 x 8 mm aufweist; wahrscheinlich handelt es sich auch hier um eine Schädelverletzung infolge eines Pfeilschusses. Eine kraterförmige Vertiefung am rechten Processus zygomaticus des Stirnbeins eines adulten Mannes von Heilbronn (Kat.-Nr. 17), wurde ebenfalls als durch einen Pfeilschuß verursachte Verletzung interpretiert.508

Zusätzlich liegen eventuell weitere Pfeilschußverletzungen vor, die aufgrund der unsicheren Zuweisung nicht im Katalog dokumentiert wurden. Mögliche Spuren einer Pfeilschußverletzung stammen etwa mit einer 14 mm langen Kerbe ohne Heilungsspuren vom Wirbelkörper Nr. 29 von Niederbösa; eine in ihrer Art nicht genau zu definierende Verletzung findet sich in Form einer vernarbten Kerbe am Bruchstück eines Kreuzbeinsegments von Skelett 40 von Nordhausen. Diese Fälle sind der Walternienburg-Bernburger Kultur zuzuordnen.509

Nicht auf einen Pfeilschuß zurückzuführen ist anscheinend eine Knochenspitze in der Halswirbelsäule eines der Linienbandkeramik zuzuordnenden Skeletts von Ahlsdorf, Lkr. Mansfelder Land. Es handelt sich um einen Mann von 20-25 Jahren, in dessen drittem Halswirbel 15 mm einer insgesamt 71 mm langen pfriemähnlichen Knochenspitze steckten. Am Wirbel wurden keine Beschädigungen beobachtet. Die Spitze ist in einem Winkel eingeführt, der während des Einbringens einen weit auf die Brust gesenkten Kopf erforderte. Die Spitze selbst erscheint als Pfeilspitze ungeeignet, ihre Form jedoch läßt auf eine gute Verwendbarkeit als Handwerkszeug schließen. Wahrscheinlich wurde die Spitze in den Nacken einer Leiche eingebracht, um die vorliegende abweichende Blickrichtung zu fixieren. Eventuell ist die Spitze einem Lebenden (möglicherweise in Form einer Hinrichtung) in den Halswirbel getrieben worden.510

Von Pfeilschußverletzungen sind im vorliegenden Material sämtlich Individuen im Erwachsenenalter betroffen. Soweit anthropologische Bestimmungen möglich waren, handelt es sich bei den Betroffenen um Männer. Auch hier scheinen die Läsionen also im Zusammenhang mit einem vorwiegend männlichen Tätigkeitsbereich zu

507 Zu den Pfeilschußverletzungen von Talheim: Wahl/König 1987, 142; 146; 166; 178 f. 508 Gaebele 1968, 24. 509 Feustel/Ullrich 1965, 197. 510 Schafberg 1996, 12 ff. 144 stehen. Bestattungen von Frauen mit Flintprojektilen im Beigabeninventar, wie sie etwa vom trichterbecherzeitlichen Gräberfeld Ostorf in Mecklenburg-Vorpommern vorliegen, zeigen, daß Frauen der Zugang zu dieser Waffe nicht grundsätzlich verwehrt war; allerdings wird die Verwendung von Pfeil und Bogen typischerweise der Lebenswelt des Mannes zuzurechnen sein. Jagdunfälle können bei Projektilverletzungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden, doch dürfte ein Großteil der Verletzungen auf gewalttätige Auseinandersetzungen zurückzuführen sein. Dies kann zumindest für die Talheimer Belege sicher angenommen werden. Diese belegen zudem durch Projektilverletzungen des Schädeldachs, daß Pfeilschüsse nicht nur auf Körper und Extremitäten zielten, sondern auch der Kopf als Ziel galt.

Auch wenn nur eine geringe Menge an Fällen zugrundegelegt werden kann, fällt auf, daß die Mehrzahl der Läsionen keine Spuren von Heilung und Überleben zeigt. Möglicherweise wird hier aber das Gleichgewicht durch die nicht überlebten Belege des Massakers von Talheim verschoben. Fälle wie Gotha-Siebleben und Niederbösa zeigen, daß in Knochen eingeschossene Projektile dort mitunter komplikationslos einheilten. In der chronologischen Verteilung der Belege läßt sich kein Muster erkennen. Die insgesamt vier Belege von Talheim weisen den kriegerischen Gebrauch von Pfeil und Bogen während der Bandkeramik nach; zwei weitere Fälle datieren in die Walternienburg-Bernburger Kultur. Darüber hinaus sind chronologisch nicht eindeutig zuweisbare Fälle bekannt. Die beiden Skelette von Bavenstedt könnten das Ergebnis eines mißglückten Besiedlungsversuchs durch Ortsfremde widerspiegeln. Hinzuweisen ist auf das Fehlen von Pfeilschußverletzungen für die Glockenbecherkultur, deren Beigabeninventar mit Armschutzplatten und Flintprojektilen stark von Bogenschützenausrüstung geprägt ist.

Die Belege streuen locker über ganz Deutschland (Karte 15), nur im mittleren Neckargebiet ist, bedingt durch den Talheimer Befund, eine gewisse Konzentration zu erkennen.

Mit Einsetzen der Bronzezeit sind es dann bevorzugt metallene Projektile, die verschiedentlich in Skelettzusammenhängen beobachtet werden.511

511 Beispiele dazu u.a. bei Eckhardt 1996; Osgood 1998. 145 8. Postkraniale Verletzungen Brüche des postkraniellen Skeletts sollen hier allgemein nicht als Indizien für gewalttätige Handlungen betrachtet werden, da sie in der Mehrzahl wahrscheinlich eher auf Unfälle zurückgehen dürften. Sichere Kriterien zur Unterscheidung von Läsionen, die auf Gewaltereignisse zurückzuführen sind, von Verletzungen aufgrund von Unfällen gibt es nicht. Mit einiger Wahrscheinlichkeit als Ergebnisse von Gewaltaktionen sind die sogenannten Parierfrakturen im Bereich der Unterarme anzusprechen. Diese Frakturen betreffen meist nur die Ulna und sind in der Regel Folge eines Schlages auf den abwehrend oder schützend vor das Gesicht erhobenen Arm, wobei die Gewalt quer zur Längsachse des Röhrenknochens einwirkt und einen keilförmigen Bruch hervorruft.512 Eine solche verheilte Parierfraktur der linken Ulna wurde für das Skelett eines eher weiblichen Individuums aus dem bandkeramischen Erdwerk von Vaihingen an der Enz nachgewiesen, das auch eine verheilte Impressionsfraktur am Schädel aufweist.513 Möglicherweise sind beide Läsionen auf ein und dasselbe Gewalterlebnis zurückzuführen. Eine Parierfraktur, die in Fehlstellung verheilt war, konnte am Skelett einer maturen Frau von Bad Nauheim in Hessen beobachtet werden. Dieser Befund kann durch die Grabbeigabe von zwei Glockenbechern der Spätphase dieser Kultur zugeordnet werden.514 Eine verheilte Fraktur wurde auch für die linke Ulna eines maturen, wohl männlichen Individuums vom wohl neolithischen, eventuell bandkeramischen Fundplatz Markgröning, Baden-Württemberg, wahrscheinlich gemacht.515 Eine weitere eventuelle verheilte Ulnafraktur stammt von einem der Großgartacher Gruppe zugewiesenen Skelett einer frühadulten Frau vom Gräberfeld Trebur in Hessen.516 Verletzungen dieser Art scheinen so häufiger bei Frauen aufzutreten.517

Brüche an gut erhaltenem Skelettmaterial sind in der Literatur für so gut wie alle neolithischen Kulturen häufiger beschrieben; betroffen sind häufig die Gliedmaßenknochen, aber auch Schlüsselbeine, Wirbel, Rippen bis hin zu Fingern und Zehen.518 Für Kulturen, die sich durch das Vorkommen von Schädelmanipulationen auszeichnen, wie etwa die mitteldeutsche Walternienburg-Bernburger Kultur519 oder

512 Berg et al. 1981, 48. Brüche infolge eines Sturzes auf die Hand betreffen in der Regel beide Unterarm- knochen und finden sich dicht oberhalb des Handgelenks. 513 Welge 1998, 97. 514 Kunter 1971. 515 Gaebele 1968, 31. Aufgrund einer modernen Beschädigung des Knochens konnten die beiden Bruchenden nicht exakt aneinandergepaßt werden. 516 Ind. 119; Jacobshagen/Kunter 1999, 291. 517 Dagegen Kunter 1981, 232, der in einer Studie an prähistorischen Skelettresten aus dem Vorderen Orient, Ägypten und Europa Parierfrakturen vorwiegend bei Männern feststellte. Die im Gegensatz zur heutigen Zeit hohe Frequenz derartiger Frakturen wertet er als Zeichen erhöhter Gewaltbereitschaft. 518 Probst 1991, 228; Gaebele 1968; Schaefer 1978. 519 Vgl. Bach/Bach 1972 (Schönstedt: verheilte Fraktur der linken Tibia und Fibula); Bach 1981, 73 (Derenburg: verheilte Ulnafraktur) 146 die Schnurkeramik,520 werden ebenso einzelne Gliedmaßenfrakturen, die in der Regel Heilungsspuren zeigen, beschrieben. Einige wenige Skelettreste aus dem Massengrab von Talheim in Baden- Württemberg belegen Spuren von Verletzungen auch des postkraniellen Skeletts. Das Skelett eines Mannes zeigte eine Beschädigung einer Beckenschaufel, die vielleicht durch einen schweren Tritt verursacht wurde, und das linke Schienbein eines weiteren Mannes wies eine durch stumpfe Gewalt hervorgerufene Biegefraktur des rechten Schienbeins auf. Weitere mögliche Frakturen stammen von Skeletten zweier Frauen. Hier handelt es sich in einem Fall um einen Bruch eines Oberarms sowie im anderen Fall um den Bruch einer Elle und Speiche; bei letzterer Fraktur ist eine Parierfraktur (s. o.) nicht auszuschließen. Insgesamt überrascht es, wie wenig Hinweise auf postkranielle Verletzungen dieser Befund im Vergleich zu den Schädelläsionen liefert. 521 Aus dem Galeriegrab von Calden in Niedersachsen wurden Skelettreste mit Brüchen beschrieben: im Fall einer Fibula und eines Radius handelte es sich um Brüche mit Dislokation, die offenbar nicht gerichtet wurden, was im Verlauf des Heilungsprozesses zu einer Verkürzung der Gliedmaßen und damit zu einer gewissen Behinderung der betroffenen Individuen führte. Verheilte Frakturen ohne Dislokation wurden an einer Tibia und einer Fibula beobachtet; drei Metatarsalia mit Bruchspuren repräsentieren möglicherweise ein Individuum mit einer Serienfraktur.522 Auch das Kollektivgrab Odagsen enthielt mehrere Skeletteile, besonders Gliedmaßenknochen, mit Frakturspuren.523 Aus dem Megalithgrab von Panker/Matzwitz in Schleswig-Holstein liegt eine Kniescheibe mit verheilter Fraktur vor.524 H. Grimm, der sich Anfang der 80er Jahre des 20. Jh. mit dem aus den Megalithgräbern Mecklenburg-Vorpommerns Skelettmaterial beschäftigte, fand kaum Anzeichen für traumatische Ereignisse im Langknochenmaterial; lediglich ein Bruchstück eines Humerus aus Burtewitz weist vermutlich eine gut verheilte Fraktur auf.525

An Skeletten von Individuen, deren Schädel Manipulationen aufweisen, sind in einigen Fällen weitere Verletzungen dokumentiert (Tab. 31).

Kat.-Nr. Individuum Schädelläsion Geschlecht chronolog. Zush. weitere Verletzung 3 Dittigheim letale weiblich Schnurkeramik Fraktur des li. Grab 18,1 Hiebverletzung Handgelenks 5 Dittigheim verheilte männlich Schnurkeramik verheilte Fraktur Grab 32 Trepanation der rechten Ulna 12 Heddesheim verheilte männlich Schnurkeramik verh. Fraktur d. re. Trepanation Tibia u. Fibula

520 Bach et al. 1975. 521 Talheim 84/21, 84/2, 83/6. Wahl/König 1987, 166 f. Bei diesen Individuen handelt es sich den Angaben zufolge nicht um Personen mit Schädelläsionen. 522 Pasda 2000, 327. 523 Grupe/Herrmann 1986. 524 Frdl. Mitteilung Frau Dr. I. Schröder, Anthropologisches Institut der Universität Kiel. 525 Grimm 1983, 146. 147 16 Heidelb.- letale männlich Michelsberger Fraktur d. li. Handsch. 4 Hiebverletzung Kultur Humerus u. Schulterblatt 61 Vaihingen 62 verheilte weiblich LBK verheilte Fraktur d. Hiebverletzung linken Ulna 86 Ketzin II/2 verheilte männlich KAK verheilte Trepanation Ulnafraktur 113 Hasbergen verheilte männlich EGK verheilte Fraktur d. Trepanation rechten Unterarms 136 Hausneindorf verheilte männlich Schnurkeramik verh. Fraktur d. li. Trepanation Femur u. re. Knies 142 Merseburg- verheilte männlich GBK Fraktur d. li. Kötzschen Nasenbein- Unterarms, fraktur Wadenbeins, einer Rippe 177 Wechmar verheilte männlich Schnurkeramik verheilte Fraktur d. Trepanation linken Radius

Tab. 31 Individuen mit Schädelmanipulationen und weiteren Verletzungen

In den meisten dieser Fälle liegen verheilte Schädelläsionen zusammen mit ebenfalls verheilten Frakturen am postkranialen Skelett vor. Eventuell entstanden beide Arten von Verletzungen zum gleichen Zeitpunkt; ebenso sind aber zeitlich differierende Ereignisse denkbar. In Fall von Merseburg-Kötzschen scheint ein größerer Gewaltakt vorzuliegen (oder aber wiederholte Traumaereignisse), wobei neben dem Schädel auch das übrige Skelett in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im Fall von Heidelberg- Handschuhsheim sind sämtliche Läsionen (Schädeltrauma und Frakturen des linken Oberarms und der Schulter) auf das Gewaltereignis zurückzuführen, dem der betroffene Mann zum Opfer fiel. H. Ullrich thematisiert wiederholt Frakturen des postkranialen Skeletts als Eingriffsursachen für Schädeltrepanationen.526 Allerdings ist nicht zu belegen, daß die Verletzungen des postkranialen Skeletts den Anlaß für die Trepanationen am Schädel geliefert haben müssen. Es ist ebenso denkbar, daß neben der postkranialen Verletzung auch eine Schädelverletzung vorlag, die dann operativ versorgt wurde. Darüber hinaus liegen zahlreiche Individuen vor, bei denen eine Verletzung des postkranialen Skeletts offenbar nicht zum Anlaß für eine Trepanation genommen wurde. Schädeltraumata, die an auch anderweitig verletzten Individuen beobachtet wurden, heilten in mehreren Fällen ohne chirurgische Intervention. Dazu kommt, daß an einer Vielzahl von Individuen mit trepanierten Schädeln keine weiteren Verletzungen dokumentiert werden konnten. Da aber der Gedanke einer Behandlung verschiedener Symptome mittels Trepanation des Schädels durchaus auch auf Verletzungen oder Brüche der Gliedmaßen oder anderer Knochen ausgedehnt worden sein kann, soll diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden. Grundsätzlich dürfte die Ursachen der Traumata, die das ganze Skelett betreffen, sehr vielfältig gewesen sein. Gewaltereignisse stellen hier nur eine Möglichkeit dar.

526 Etwa: Ullrich 1966. 148 Die angeführten Beispiele zeigen, daß in einigen Fällen Verletzungen des Schädels durchaus mit postkranialen Läsionen zusammenfallen können. Eine verläßliche Aussage zur Häufigkeit dieses Phänomens erfodert weitere Materialstudien unter Einbeziehung postkranialer Skelettreste.

149 9. Ergebnisse und Auswertung – Häufigkeit und Verbreitung von Manipulationen In der Gesamtmaterialaufnahme für das Neolithikum Deutschlands unter Einbeziehung des engeren Arbeitsgebietes Norddeutschland wurden hauptsächlich Schädel mit Spuren von Traumata und Trepanationen registriert. In wenigen Fällen handelt es sich bei den Verletzungen der Schädel um Verletzungen durch Pfeilschüsse; mehrheitlich sind Hiebverletzungen dokumentiert. Daneben wurden auch einige Einzelknochen mit eingeschossenen Projektilen registriert. Insgesamt weist der Katalog 178 Einträge manipulierter Individuen auf. Den Großteil der Manipulationen stellen Veränderungen an Schädeln dar. Diese – Traumata und Trepanationen – wurden an 173 Individuen beobachtet. Hinzu treten fünf Fälle, in denen Pfeilschußverletzungen an Extremitätenknochen beobachtet wurden. An den 173 Schädeln mit Läsionen wurden in 53 Fällen Trepanationen beobachtet, an 132 Schädeln konnten traumatische Ereignisse dokumentiert werden (vgl. Tab. 47 im Anhang zum Katalog). (Die verschollenen Schädel von Inningen [Kat.-Nr. 68-73], deren Manipulationen nicht beurteilt werden können, werden in diese Gesamtberechnung mit einbezogen.) Die Überschreitung der Gesamtzahl n=173 kommt dadurch zustande, daß an einigen Schädeln nebeneinander sowohl Verletzungen als auch Trepanationen belegt werden konnten. Mehrere Schädel (Bölkendorf [Kat.-Nr. 82]; Laucha-Dorndorf [Kat.-Nr. 139]; Schafstädt [Kat.-Nr. 147]; Nebel [Kat.-Nr. 151], Nerkewitz [Kat.-Nr. 160]; Niederbösa [Kat.-Nr. 165]) weisen unabhängig voneinander sowohl Trepanation als auch Trauma auf. Dazu kommen Fälle (Stetten an der Donau [Kat.-Nr. 28]; Sorsum 1 [Kat.-Nr. 114]; Bennungen [Kat.- Nr. 125] und Haindorf [Kat.-Nr. 157]), bei denen sicher davon ausgegangen wird, daß ein Trauma durch eine Trepanation versorgt und damit überdeckt wurde. Dies ist auch für den Schädel von Helmsdorf (Kat.-Nr. 158) anzunehmen. Die Dunkelziffer in diesem Bereich dürfte relativ groß sein, da auch andere Trepanationseingriffe von eher unregelmäßiger Form den Eindruck erwecken, daß in diesen Fällen Traumata den Eingriffen zugrunde lagen. Dies trifft etwa auf den Schädel Kruckow 3 zu (Kat.- Nr. 100); ebenso können die relativ unregelmäßig geformten Eingriffsöffnungen an den Schädeln von Wechmar (Kat.-Nr. 177; Eingriff im hinteren Scheitelbereich) und Laucha-Dorndorf (Kat.-Nr. 139) auf versorgte Traumata zurückgehen. Auch für den Schädel von Hasbergen (Kat.-Nr. 113) kann eine der Trepanation ursächlich zugrundeliegende Fraktur des Schädels vermutet werden. Ein Schädel von Talheim (Kat.-Nr. 41) weist neben einem unverheilten Trauma auch ein älteres mit deutlichen Heilungsreaktionen auf. Das fallweise Problem der Unterscheidung verheilter Traumata und Trepanationen ist weiter oben bereits erwähnt worden.527 Berücksichtigt man, daß Verletzungen des Schädeldachs durch operative Eingriffe vollständig überdeckt werden können, so

527 Bruchhaus/Holtfreter 1989 zum Schädel von Unseburg, in dessen unversorgtem Traumabereich mehrere Imprimatstücke erhalten waren. Ohne diese wäre die regelmäßige Öffnung von einer Trepanation kaum zu unterscheiden. Vgl. auch Neubert/Bruchhaus 1999, die insgesamt nur noch von versorgten Schädeltraumata sprechen. – Dem entspricht allerdings auch die in dieser Arbeit verwendete Definition von Trepanation, die versorgte Traumata mit einschließt. 150 dürfte die Zahl der Schädel, die aufgrund einer Verletzung in diesem Bereich trepaniert wurden, höher sein. Die Tatsache, daß Schädel vorliegen, bei denen dieser Ablauf dokumentiert werden kann, erhärtet diese These. In vier Fällen handelte es sich bei den traumatischen Läsionen an den Schädeln um Verletzungen, die durch Pfeilschüsse verursacht worden waren. Dies betrifft zwei Schädel von Talheim (Kat.-Nr. 43 und 45) und den Schädel von Moosham (Kat.-Nr. 76) sowie mutmaßlich den Schädel von Heilbronn (Kat.-Nr. 17). Traumata und Trepanationen treten innerhalb der einzelnen Kulturen in unterschiedlicher Verteilung auf (Tafel 34a). So sind für die Bandkeramik, die Großgartacher Gruppe, die Münchshöfener Kultur und die Michelsberger Kultur für Deutschland ausschließlich Traumata belegt; Trepanationen treten hier nicht auf. Beispiele etwa aus Frankreich belegen jedoch, daß auch die Linienbandkeramik und die Michelsberger Kultur Trepanationseingriffe kannten. In zahlreichen anderen Kulturen sind Trepanationen neben Traumata vertreten (Tafel 34a); die operativen Eingriffe treten jedoch zahlenmäßig oft hinter den Verletzungen zurück.528 Ein abweichendes Bild vermittelt der Komplex Schnurkeramik/Einzelgrabkultur; hier überwiegt die Zahl der Trepanationsfälle die der Traumata. Innerhalb der Schnurkeramik sind allerdings fast genauso viele Verletzungen wie operative Eingriffe am Schädel erfaßt. Dazu kommen gerade hier mehrere Fälle, in denen beide Läsionen nebeneinander am Schädel vorliegen bzw. in denen eine Verletzung durch eine Trepanation versorgt wurde.

9.1 Alter und Geschlecht betroffener Individuen In der Mehrzahl wurden Schädelmanipulationenen an Erwachsenen beobachtet. Männer sind häufiger betroffen, doch finden sich Beispiele von Traumata und Trepanationen auch an Frauenschädeln (vgl. Tab. 47 im Anhang zum Katalog). Verheilte Trepanationen wurden in 41 Fällen bei Männern, in vier Fällen bei Frauen und in zwei Fällen bei unbestimmten Individuen beobachtet. Trepanationen ohne Heilungsreaktionen fanden sich in drei Fällen bei Männern, in zwei Fällen bei unbestimmten Individuen, darunter einem Kind. In einem Fall liegen keine Angaben zum Überleben vor. Traumata mit Heilungsspuren wurden in 36 Fällen bei Männern, in acht Fällen bei Frauen und in fünf Fällen bei unbestimmten Individuen nachgewiesen. Unverheilte Traumata liegen in 28 Fällen an als männlich bestimmten Individuen vor (darunter sechs Kinder), in 24 Fällen an weiblichen Individuen (darunter 3 Kinder) sowie in zehn Fällen an unbestimmten Individuen (darunter acht Kinder). In 21 liegen keine bzw. unklare Angaben zum Überleben vor; die trifft auf acht männliche, ein weibliches und zwölf unbestimmte Individuen zu.

528 Bei den Angaben zur Walternienburg-Bernburger Kultur ist zu berücksichtigen, daß eine Reihe nicht genau anzusprechender Läsionen vorliegt, etwa aus dem Kollektivgrab Nordhausen. Diese wurden für die tabellarische Darstellung als Traumata erfaßt. 151 Die Relation zwischen den Geschlechtern fällt kulturell unterschiedlich aus (Tafel 33b). Innerhalb der Bandkeramik erscheint das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen betroffenen Individuen529 annähernd ausgeglichen, wohingegen in der Schnurkeramik ein deutliches Übergewicht an Männern mit Schädelmanipulationen gegenüber Frauen zu verzeichnen ist. Auch in den anderen Kulturen sind Männer stets häufiger betroffen als Frauen. Für die Michelsberger und die Walternienburg- Bernburger Kultur liegt dabei jeweils auch eine Anzahl anthropologisch nicht bestimmter Individuen vor. Kinder sind in einigen Fällen der Bandkeramik, der Michelsberger Kultur, der Münchshöfener Kultur, Walternienburg-Bernburger Kultur, der Wartberggruppe und Schnurkeramik von Traumata betroffen (Tafel 34b). Hier handelt es sich vorwiegend um Individuen aus Mehrfachbestattungen, die insgesamt alle Altersstufen enthielten (etwa Talheim: 8 Kinder; Heidelberg-Handschuhsheim: 1 Kind; Großmehring: 1 Kind; Tiefbrunn: 1 Kind) . Dazu kommen Kinderschädel aus Erdwerksgräben der Michelsberger Kultur (Neckarsulm-Hetzenberg: 3 Kinder). Zwei Fälle vom Goldberg sind allgemein dem Neolithikum zuzuordnen. In allen Fällen handelt es sich um letale Läsionen. Trepanationen an Kinderschädeln sind selten nachgewiesen. Innerhalb des hier vorgestellten Materials stellt nur Kruckow 1 eine solche Manipulation dar. Es ist bemerkenswert, daß dieser Eingriff zu den nicht überlebten zählt. Trepanationen an Kinderschädeln sind auch im europäischen Material selten; ein weiterer derartiger Eingriff ist etwa an einem Schädel aus dem Michelsberger Erdwerk von Maizy in Frankreich dokumentiert.530

Die überwiegende Mehrzahl der manipulierten Individuen befand sich im Erwachsenenalter zwischen der adulten und der maturen Stufe. Nur in Ausnahmefällen sind juvenile oder senile Individuen belegt.

9.2 Größe, Lokalisation und Überlebensrate der Manipulationen am Schädel Die Größe der Manipulationen variiert stark. Sie reicht von nur wenige Millimeter messenden Verletzungen der äußeren Knochentafel bis hin zu Eingriffen, die das gesamte Schädeldach betreffen. Als Beispiele für die beiden Enden der Skala seien hier Börnecke c (Kat.-Nr. 128) mit einer minimalen Impression der Tabula externa und Nordhausen 30 (Kat.-Nr. 167) mit einer das ganze Schädeldach betreffenden Trepanation von 165 x 130 mm Ausmaß genannt. Andere Läsionen fallen in den Bereich dazwischen; als Mittelwert kann ein Ausmaß zwischen 30 und 50 mm angenommen werden.

529 Männliche und weibliche Individuen der Bandkeramik in Tafel 33b schließen auch geschlechtsbestimmte Kinder ein; für andere Kulturen fallen Kinder in der Regel unter die als anthropologisch unbestimmten Individuen. 530 Bertemes 1991, 449. 152 Lokalisiert sind sind die Manipulationen in unterschiedlichen Schädelbereichen (vgl. Tafeln 27-31). Sowohl Traumata als auch Trepanationen finden sich häufig in den Scheitelbeinen, wobei Trepanationseingriffe oft direkt den Scheitelbereich betreffen. Tendentiell ist die linke Schädelseite häufiger von Trepanationen betroffen als die rechte; das Hinterhauptsbein wird hier nur selten mit einbezogen. Traumata streuen etwas weiter über den gesamten Schädelbereich, auch der Hinterhauptsbereich ist hier häufiger betroffen. Zahlreiche Verletzungen finden sich im Stirnbeinbereich. Am Verbreitungsbild der Läsionen aus Baden-Württemberg (Tafel 29b) wird deutlich, daß bei einer genügend großen Materialmenge alle Schädelregionen von Verletzungen betroffen sind.

Trepanationen wurden im überwiegenden Teil der Fälle überlebt (47 von 53 Fällen; Tafel 35a). Dies entspricht einem Anteil von 88,7 %. In wenigen Fällen (etwa Stuttgart-Bad Cannstatt oder Kruckow 2) wird das Überleben als relativ kurz beschrieben, da sich am Knochen der Öffnung noch keine durchgehenden Regenerationserscheinungen abzeichneten. Die hohe Überlebensrate dürfte darauf zurückzuführen sein, daß es sich in der Regel um Eingriffe am Schädelknochen handelte, die nicht das Gehirn betrafen. Risiken bestanden besonders bei Operationen im Bereich der großen Blutleiter; in einigen Fällen (Kruckow 1) kann das Nichtüberstehen des Eingriffs vielleicht auf Verletzungen der Ader und unkontrollierbare Blutungen zurückgeführt werden. Dagegen zeigen andere Fälle von Trepanationen in diesen Bereichen (etwa Serrahn), daß auch dort erfolgreich großflächige Eingriffe realisiert werden konnten. Fälle, in den Schädeleingriffe nicht überlebt wurden, können eventuell auch auf ein vorausgegangenes, dann durch die Trepanation überdecktes Trauma bzw. auf andere erlittene Verletzungen zurückzuführen sein.

Traumata wurden in geringerer Fallzahl überlebt (Tafel 35b; vgl. auch Tab. 47 im Anhang zum Katalog). Derartige Läsionen zeigen in 49 Fällen Heilungsreaktionen, was bei 132 nachgewiesenen Fällen 37,1 % entspricht. 62 Individuen überlebten Verletzungen nicht; dies entspricht einem Anteil von ca. 47 %. Hier fallen natürlich die Individuen aus Massakerbefunden besonders ins Gewicht. Zu 21 Individuen liegen keine oder unklare Angaben zum Überleben vor (ca. 15,9 %); in dieser Häufung dürften sich aber mehr letale als verheilte Läsionen verbergen. Verheilte Läsionen dominieren bei männlichen Individuen; hier stehen 36 Männer acht Frauen und fünf unbestimmten Individuen gegenüber. Unverheilte Verletzungen sind dagegen häufig auch bei Frauen und Kindern dokumentiert; hier finden sich 28 männliche Individuen (22 Erwachsene, sechs Kinder) und 24 weibliche (21 Erwachsene, drei Kinder), außerdem zehn unbestimmte Individuen, darunter acht Kinder.

153 9.3 Chronologische und kulturelle Häufigkeit Bereits für die erste in Deutschland verbreitete neolithische Kulturgruppe, die Bandkeramik,531 lassen sich zahlreiche Fälle von Schädelmanipulationen beobachten (Tab. 32). Insgesamt konnten 36 Individuen mit Schädelmanipulationen, sämtlich Traumata, ermittelt werden. Der Fundort Talheim nimmt mit 20 Belegen eine herausragende Stellung ein, aber auch von anderen Fundplätzen in Süd- und Mitteldeutschland sind Belege für Verletzungen an Schädeln nachgewiesen.532

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Bad Sulza + männlich wahrsch. 153 Butzbach + weiblich ja 90 Frankfurt-Praunheim + unbest. nein 91 Großkorbetha + männlich ja 135 Hanseles Hohl + weiblich nein 67 Heilbronn- +++ männlich ? 18 Neckargartach Herxheim + unbest. ja 118 Jungfernhöhle + weiblich nein 74 Kirchamper + weiblich nein 75 Roßleben + männlich ? 172 Stuttgart-Mühlhausen + männlich ja 34 22 Stuttgart-Mühlhausen + männlich ja 35 38 Talheim 84/4 ++ weiblich nein 36 Talheim 84/10 +++ männlich nein 37 Talheim 84/23 ++ männlich nein 38 Talheim 84/24 + männlich nein 39 Talheim 84/28 +++ weiblich nein 40 Talheim 83/3A + / + männlich ja / nein 41 Talheim 83/3B + männlich nein 42 Talheim 83/8 + männlich nein 43 Talheim 83/11 ++ männlich nein 44 Talheim 83/12 +++ männlich nein 45 Talheim 83/15A ++ weiblich nein 46 Talheim 83/15B (diverse +) männlich nein 47 Talheim 83/18A + weiblich nein 48 Talheim 83/20A + weiblich nein 49 Talheim 83/20C ++ weiblich nein 50 Talheim 83/22A +++ weiblich nein 51 Talheim 83/22C +++ männlich nein 52 Talheim 83/22C2 + weiblich nein 53 Talheim 83/22D + weiblich nein 54 Talheim 83/19+20D + männlich nein 55 Tillpetersrech + männlich ja 94 Vaihingen 4 + weiblich nein 60 Vaihingen 62 + weiblich ja 61 Waiblingen + männlich wahrsch. 62

Tab. 32 Schädelmanipulationen innerhalb der Bandkeramik

531 Die weitaus meisten Fälle fallen in die Linienbandkeramik, besonders in deren Spätphase. Die wenigen stichbandkeramischen Belege werden hier mit einbezogen. 532 In den Tabellen bezeichnet + jeweils eine Manipulation, (+) eine wahrscheinliche und (?) eine fragliche oder nicht genau anzusprechende Manipulation. 154 Das bisher aus Deutschland vorliegende bandkeramische Schädelmaterial zeigt keine Nachweise von Trepanationseingriffen. Trotzdem waren derartige Operationen dieser Kultur nicht unbekannt. Der Schädel eines etwa 50jährigen Mannes vom Gräberfeld Ensisheim im Elsaß weist gleich zwei derartige Eingriffe auf, die sich zudem durch außergewöhnliche Größe auszeichnen. Die beiden Trepanationen messen etwa 60 x 65 mm sowie 90 x 95 mm und zeigen beide deutliche Spuren eines langen Überlebens.533 Vom Gräberfeld Vedrovice in Mähren, das um 5500 BC datiert, liegt der Schädel eines Mannes mit verheiltem Trepanationseingriff vor, der vermutlich zur Versorgung einer Schädelfraktur vorgenommen wurde.534 Aufgrund des Talheimer Befundes handelt es sich mehrheitlich um letale Verletzungen. Jedoch liegen auch verheilte Traumata vor, in einem Fall sogar an einem der Schädel aus Talheim selbst. Hier war ein Mann (Kat.-Nr. 41) zweimal in seinem Leben von einem Gewaltereignis betroffen; das zweite überlebte er nicht. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen; innerhalb der Massakersituation Talheim fielen auch Kinder Hiebverletzungen zum Opfer.

Die soziale Gesellschaftsstruktur der Bandkeramik ist trotz umfangreicher Forschungen umstritten.535 Meist wird von einer segmentären, gering arbeitsteiligen und weitgehend egalitären Gesellschaftsform ohne große soziale Differenzierung ausgegangen. Ein Bestattungsdefizit von ca. 80 % läßt eine reguläre Bestattung auf einem Gräberfeld als Privileg erscheinen, das auf einer statusdefinierten Auswahl beruhen könnte. Andererseits gibt es durchaus beigabenlose bzw. ärmlich ausgestattete Gräber. Alternativ kann die ebenfalls nachgewiesene Brandbestattung als statusbedingt gesehen werden. Darüber hinaus sind vielfältige weitere Bestattungssitten, etwa im Rahmen mehrstufiger Riten, anzunehmen. Belegt ist u.a. die Deponierung entfleischter Skelettreste in Höhlen oder Erdwerken. Auch die manipulierten Individuen stammen aus unterschiedlichen Befundzusammenhängen. Talheim stellt eine Massakersituation mit anschließender Entsorgung der Toten dar. Andere Individuen stammen aus Erdwerksgräben oder Sekundärbestattungen in Höhlen. Daneben sind jedoch auch reguläre Gräberfeldbestattungen belegt. Bemerkenswert ist der separat bestattete Schädel von Tillpetersrech. Vergleichbar ist die Kopfdeponierung von Trimbs; in diesem Fall wurden allerdings keine Spuren von Gewalt am Schädel beobachtet.536 Schädelbestattungen kommen in der

533 Alt et al. 1997. Der Bearbeiter K. Alt geht davon aus, daß beide Eingriffe im Kreuzschnittverfahren durchgeführt und die Knochenstücke entnommen wurden, worauf die Läsionen im Verlauf des Heilungsprozesses erneut vollständig knöchern überbrückt worden seien. Dies wäre nach neurochirurgischer Auffassung aber nur dann möglich, wenn die Eingriffe im Kindesalter erfolgt seien. In der Regel werden Schädeldachdefekte nicht neu knöchern überdeckt. Alternativ ist an die Interpretation der beiden Eingriffe als unvollständige Trepanationen zu denken, die nicht in der Freilegung der Dura mater resultierten und im weiteren Verlauf problemlos im Bereich der gesamten Eingriffsfläche heilten. 534 Crubézy 1996, 329. 535 van de Velde 1990. 536 Orschiedt 2005. 155 Bandkeramik wiederholt vor; betroffen sind Individuen verschiedener Altersstufen, darunter auch Kinder.537

Möglicherweise war bereits der Beginn der Bandkeramik in bestimmten Siedlungsgebieten von Konflikten mit mesolithischer Restbevölkerung geprägt. So werden einige Erdwerke der westlichen Linienbandkeramik als befestigte Grenzsiedlungen interpretiert; Brandhorizonte in Siedlungen stellen danach Anzeichen von Überfällen durch mesolithische Gruppen dar.538 Auch die Zerstörung des Brunnens von Erkelenz-Kückhofen kann eventuell mit einem Angriff von Mesolithikern auf die bandkeramische Siedlung erklärt werden. 539 Ganze Gräberfelder aus dem Verlauf der Bandkeramik zeigen jedoch immer wieder auch Skelette ohne jegliche Spuren von Traumata,540 so daß davon ausgegangen werden kann, daß zahlreiche Individuen während ihres Lebens und Gemeinschaften während ihrer Existenz mit diesen Phänomenen nie konfrontiert wurden. Deutliche Anzeichen für eine höhere Frequenz von Gewaltakten auch größeren Ausmaßes liegen aus der Spätphase dieser Kultur vor. Hier ist besonders der Befund von Talheim zu betonen, wo offensichtlich eine gesamte Dorfgemeinschaft einem Gewaltereignis zum Opfer fiel. Ein vergleichbares Ereignis ist in den Befunden aus der ebenfalls spätbandkeramischen Grabenanlage von Asparn/Schletz an der Zaya (Österreich) überliefert. Auch dort fanden sich Dutzende Skelette mit Spuren von Gewalteinwirkung an den Schädeln, die größtenteils auf Angriffe von rechts hinten zurückzuführen sind. Im Gegensatz zu den Talheimern Opfern, in deren Fall sich die Aggressoren wohl des Siedlungsareals bemächtigten, wurden die Getöteten von Asparn nicht bestattet bzw. verscharrt, sondern offen in den Gräben liegengelassen.541 In einigen Regionen ist die letzte Phase der Bandkeramik nur spärlich vertreten, so am Kaiserstuhl am südlichen Oberrhein; die letzten Siedlungen befinden sich dort in extremer Lage im Inneren des Gebirges. Möglicherweise wurden die Siedler in der Schlußphase dieser Kultur aus der Ebene verdrängt.542 Im Zusammenhang mit Klimaveränderungen543 könnte Bevölkerungsdruck gegen Ende dieser Kultur krisenhafte Zustände erzeugt haben, die mit Ressourcenverknappung und Notsituationen Spannungen in Form gewalttätiger Auseinandersetzungen begünstigten. Dazu kommt eine in den späteren Phasen der Bandkeramik verstärkt zu beobachtende Regionalisierung der Keramikstile, die unter

537 Dabei handelt es sich um Bestattungen von Schädelknochen ohne zugehörige Halswirbel (vgl. Hoffmann 1971; Gerhardt 1981). 538 Keeley 1996, 137 f. Zur Funktionsweise von bandkeramischen Erdwerken allgemein vgl. aber auch Lüning 1988. 539 Weiner 2000, 101 ff. Fragmente eines Bogens und von Pfeilen aus der Verfüllung des Brunnens werden als Waffenreste der Angreifer angesprochen. Allerdings liegen keine Hinweise auf getötete Personen vor. 540 So konnten etwa an den Skelettresten der Gräberfelder Aiterhofen-Ödmühle, Sengkofen, Mangolding und Dillingen-Steinheim in Bayern (Nieszery 1995) keine traumatischen Spuren beobachtet werden. 541 Ausführliche Angaben zum Befund siehe weiter unten unter Siedlungsweise. Angaben nach Spatz 1998, 11 ff.; Teschler-Nicola et al. 1996. 542 Stöckl 1994. 543 Schmidt et al. 2004 postulieren anhand des Wachstums von Baumjahresringen ab etwa 5200 cal BC eine deutlich trockenere Klimaphase. 156 Umständen ein verstärktes Terriorialbewußtsein einzelner Siedlungsgemeinschaften symbolisiert. Für die Spätphase wird die Existenz regelrechter Stammesgebiete in Form geschlossener Kommunikationsbereiche mit ausgeprägtem Identitätsbewußtsein postuliert; auch dies hätte bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten verstärktes Konfliktpotential geboten. Im Verlauf der Bandkeramik wurden die sozialen Netzwerke anscheinend lokal und regional kleinräumiger, Fernkontakte nahmen ab, es kam zu Veränderungen in der Versorgung mit Silex. So wurde u.a. Rijckholt-Flint durch Lokalmaterial, Amphibolit durch schlechtere Quarzite und Lydit ersetzt. Insgesamt kam es gegen Ende der Bandkeramik generell zu einem Rückgang von Siedlungen; Pollenprofile zeigen eine kurze Phase der Walderholung.544

Die schwierige und oft differierende Interpretation bandkeramischer Knochenbefunde im Zusammenhang mit Gewalt und Aggression, aber auch dem gern bemühten Kannibalismus, zeigt sich beispielhaft an der „Schüttgrube“ von Zauschwitz. Schmauchspuren und angebliche Stichkanäle gaben Anlaß zur Annahme von zumindest Leichenzerstückelung, wenn nicht Kannibalismus.545 Nach J. Orschiedt sind alle Veränderungen an den Knochen durch taphonomische Prozesse erklärbar,546 wohingegen J. Petrasch die Möglichkeit in Betracht zieht, die Skeletteile stammten von Opfern von Gewalttätigkeiten. Er rekonstruiert einen Überfall auf eine bandkeramische Siedlung, in dessen Verlauf die Angreifer Feuer legten und ihre Opfer liegenließen. Bei einer späteren Wiederbesiedelung des Platzes seien dann noch vorhandene Reste in eine Grube einplaniert worden.547 Da an den Schädelresten keine direkten Hiebspuren beobachtet werden konnten, muß diese Interpretation ungesichert bleiben. Weiterer Forschung kommt aber auch im Rahmen der Neuaufnahme ähnlicher Befunde eine große Rolle zu.

Für die auf Stichbandkeramik und Hinkelstein folgende Großgartacher Gruppe konnte in einem Fall eine Verletzung des Schädels beobachtet werden (Tab. 33).

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat-Nr. Trebur + männlich ja 95

Tab. 33 Schädelmanipulationen der Großgartacher Gruppe

Insgesamt liegen vom Gräberfeld Trebur 51 Individuen dieser Gruppe vor; ein manipuliertes Individuum entspräche damit einem Anteil von etwa 2 %.

Für die Rössener Kultur konnten in Deutschland bisher keine Manipulationen an Schädeln ermittelt werden. Vom Gräberfeld Lingolsheim im Elsaß, Frankreich, stammt allerdings das Skelett eines Mannes mit zweifacher Schädeltrepanation. Ein

544 Dazu Spatz 1998, 15. 545 Grimm 1991, 11. 546 Orschiedt 1999. 547 Petrasch 2000, 362. 157 Eingriff war zu Lebzeiten vorgenommen worden und zeigte deutliche Heilungsspuren, der zweite wurde vermutlich postmortal vorgenommen. Die reiche Beigabenausstattung des Mannes weist auf eine prominente Stellung in der Gemeinschaft hin.548

Für die zwischen 4300 und 3900 BC vorwiegend in Niederbayern verbreitete Gruppe der Münchshöfener Kultur sind Skelettreste eher selten belegt. Trotzdem liegen ebenfalls Nachweise für Schädeltraumata vor (Tab. 34), die allerdings zum Großteil aus einer Kollektivbestattung stammen. Trepanationsfälle sind bisher nicht bekannt.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Großmehring A + unbest. nein 63 Großmehring B + männlich nein 64 Großmehring C + männlich nein 65 Großmehring D + weiblich nein 66 Wildenberg + männlich nein ? 81

Tab. 34 Schädelmanipulationen der Münchshöfener Kultur

Einen größeren chronologischen Raum nimmt die vermutlich aus der Rössener Kultur hervorgegangene Michelsberger Kultur ein, die zwischen 4300 bis etwa 3500 BC in weiten Teilen Süd- und Mitteldeutschlands bis nach Holland, Belgien und Nordostfrankreich verbreitet war. An elf Individuen konnten letale Schädelläsionen nachgewiesen werden; für weitere sechs können diese vermutet werden. Auch hier sind ausschließlich Traumata an Schädeln zu verzeichnen (Tab. 35). Für die Fallzahl spielen die Befunde von Heidelberg-Handschuhsheim und Inningen eine besondere Rolle, daneben liegen traumatisierte Schädel aus verschiedenen Erdwerken vor. Die Befunde von Inningen sind als unsicher zu bewerten, da keine gesicherten Erkenntnisse zu den mutmaßlichen Manipulationen vorliegen.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Bruchsal „Aue“ +++++ männlich nein 1 Goldberg 9 ++++ männlich nein 9 Heidelb.-Handsch. 1a + unbest. nein 13 (Kind) Heidelb.-Handsch. 2 + männlich nein 14 Heidelb.-Handsch. 3 + weiblich nein 15 Heidelb.-Handsch. 4 + männlich nein 16 Ilsfeld 1 + + männlich nein 19 Ilsfeld 2 + weiblich nein 20 Inningen 1 + (?) k.A. nein ? 68 Inningen 2 + (?) k.A. nein ? 69 Inningen 3 + (?) k.A. nein ? 70 Inningen 4 + (?) k.A. nein ? 71 Inningen 5 + (?) k.A. nein ? 72 Inningen 6 + (?) k.A. nein ? 73 Neckarsulm +++ unbestimmt nein 24

548 Müller-Karpe 1989, 526. 158 „Hetzenberg“ 1 (Kind) Neckarsulm + unbestimmt nein 25 „Hetzenberg“ 2 (Kind) Neckarsulm ++ unbestimmt nein 26 „Hetzenberg“ 3 (Kind)

Tab. 35 Schädelmanipulationen innerhalb der Michelsberger Kultur

Für die Michelsberger Kultur, der ein einheitliches Bestattungsritual zu fehlen scheint, ist ein breites Spektrum von Skelettfunden aus unterschiedlichen Zusammenhängen bekanntgeworden. Vollständige und Teilskelette stammen etwa aus Erdwerksgräben, Siedlungsgruben oder Höhlen.549 Dieses Bild vermitteln auch die Individuen mit Schädelläsionen. Bestattungen in Erdwerksgräben erfolgten teils in unnatürlicher, verrenkter Lage, so daß auch für die Niederlegung der Toten mit Gewaltanwendung zu rechnen ist.550 Von Manipulationen in Form von Verletzungen betroffen sind sowohl Kinder als auch Männer und Frauen verschiedener Altersstufen. Es fällt auf, daß alle dokumentierten Fälle letaler Art sind, verheilte Läsionen liegen offensichtlich nicht vor. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob nicht einige der getöteten Individuen (eventuell besonders die Kinder?) in einen Zusammenhang mit Opferhandlungen zu bringen sind. Bemerkenswert ist Schädel 1 von Ilsfeld, der wahrscheinlich als Trophäenschädel im Zugangsbereich des Erdwerks ausgestellt war. In dieser Funktion können vielleicht auch zwei Frauenschädel aus dem Erdwerk Bruchsal „Aue“ gesehen werden.551

Für die Trichterbecherkultur552 sind mehrere Belege sowohl für Verletzungen als auch Trepanationen nachgewiesen worden (Tab. 36).

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Groß Upahl 1 +++ (++) männlich ja 96 Henglarn + unbest. ja 116 Kuckow 3 + männlich ja 100 Liepen + männlich ja 101 Malchin + weiblich ja 102 Ostorf 1 + unbest. ja 103 Ostorf 2 + männlich ja 104 Sorsum 1 + + weiblich ja 114 Sorsum 2 + männlich ja 115

Tab. 36 Schädelmanipulationen innerhalb der Trichterbecherkultur

549 Vgl. Nickel 1997 und 1998. Ein dort erwähnter Schädelrest von Untergrombach, der als fraglich beschädigt gilt, wird im Katalog dieser Arbeit nicht aufgeführt. Schädelreste der Michelsberger Kultur mit sicheren Hiebspuren stammen weiterhin aus Frankreich; auch dort sind Individuen aller Altersstufen vertreten. 550 Nickel 1998, 154 zur Bestattung einer 60jährigen Frau im Graben der Anlage von Bruchsal in stark unnatürlicher Haltung. 551 Wahl 1999, 98. Beide Schädel (ohne Verletzungen) zeigen Ausbrüche im Bereich des Foramen magnum und deutliche Verwitterungserscheinungen sowie Abtragungen infolge längerer obertägiger Lagerung. 552Jankowska 1990; Midgley 1992. 159 Verletzungen an Schädeln überwiegen leicht gegenüber Trepanationseingriffen; insgesamt sind Männer häufiger betroffen. Bemerkenswert ist zudem, daß sämtliche Manipulationen, ob Trepanationen oder Traumata, überlebt wurden. Auch schwere Impressionsverletzungen, wie am Schädel von Groß Upahl 1, zeigen Spuren langfristigen Überlebens. Im Fall des Liepener Schiefschädels kann eine medizinische Indikation als Trepanationsursache vermutet werden. Am Schädel Sorsum 1 lag dem Trepanationseingriff ein Trauma zugrunde. Für den langen chronologischen Zeitrahmen sowie für den großen geographischen Raum, den diese Kultur einnimmt, erscheinen die Belege insgesamt wenig zahlreich. Hier ist sicherlich mit Verschiebungen aufgrund der vorwiegenden Bestattungsweise in Megalithgräbern zu rechnen, wobei aufgrund von Auswahlverfahren und Umräumungs- und Neubelegungsprozessen in den Kammern nur ein Bruchteil der Individuen überliefert ist. Trotzdem stammt ein nicht unerheblicher Teil der manipulierten Schädel aus Megalithgräbern; für Schädel mit Trepanationen gilt dies ausschließlich. Manipulierte Individuen sind aber auch in Flachgräbern (Groß Upahl; Ostorf) bzw. in Steinkisten (Malchin) bestattet worden.

Für die eher lokale, von etwa 3500 bis 2700 BC vorwiegend in Bayern verbreitete Chamer Gruppe konnte eine Pfeilschußverletzung am Schädel eines erwachsenen Individuums nachgewiesen werden (Tab. 37).

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Moosham + unbest. nein ? 76

Tab. 37 Schädelmanipulation der Chamer Gruppe

Bemerkenswert ist dieser Schädelrest auch aufgrund seiner Fundumstände, denn das Knochenfragment wurde innerhalb einer befestigten Anlage entdeckt. Bestattungen der Chamer Gruppe sind bisher nicht bekanntgeworden, es liegen nur vereinzelte menschliche Skelettreste aus Erdwerken vor. Da diese mit Gräben und Palisaden gesicherten, oft fortifikatorisch günstig gelegenen Anlagen in der Chamer Gruppe nicht nur häufiger auftreten, sondern in einigen Fällen deutliche Zerstörungshorizonte durch Feuer zeigen,553 kommt einem innerhalb eines solchen Erdwerks entdeckten Skelettrest mit Hinweis auf eine Gewalthandlung besondere Bedeutung zu.

Der interessante Fall eines wohl aufgrund einer medizinischen Indikation trepanierten Schädels stammt aus der Wartberg-Gruppe, die zwischen 3500 und 2800 BC in Teilen von Hessen und Nordrhein-Westfalen ausgeprägt war. Dazu kommen zwei Fälle von Verletzungen an Schädeln (Tab. 38).

553 Probst 1991, 369. 160 Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr Niedertiefenbach 1 ++ männlich nein 92 Niedertiefenbach 2 + unbest. nein 93 Warburg + männlich ja 117

Tab. 38 Schädelmanipulationen innerhalb der Wartberg-Gruppe

Die Walternienburg-Bernburger Kultur weist wiederum Fälle sowohl von Trepanationen als auch vermehrt von Traumata an Schädeln auf (Tab. 39). Die explizit der Bernburger Kultur zugewiesenen Fälle von Bennungen und Nordhausen II sind der Übersichtlichkeit halber hier mit eingeordnet.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Bennungen + + männlich ja 125 Börnecke Ind. A + männlich ja 126 Börnecke Ind. B + männlich nein 127 Börnecke + unbest. ja 128 Derenburg + männlich ? 132 Niederbösa 1 + (?) unbest. ? 161 Niederbösa 32 + (?) unbest. ? 162 Niederbösa 47 + (?) unbest. ? 163 Nordhausen 25 + (?) unbest. ? 166 Nordhausen 30 + männlich ja 167 Nordhausen 35 + (?) unbest. ? 168 Nordhausen 35/1 + männlich ja 169 Nordhausen 44 + (?) unbest. ja 170 Nordhausen II ++ weiblich nein 171 Schönstedt 23 + männlich nein 173 Schönstedt 44 + männlich nein 174

Tab. 39 Schädelmanipulationen der Walternienburg-Bernburger Kultur

Bemerkenswert ist besonders der Schädel von Bennungen, wo offenbar ein Trauma durch einen Trepanationseingriff versorgt wurde. Betroffen sind erneut überwiegend Männer; allerdings ist hier auf den hohen Anteil von Individuen hinzuweisen, zu denen keine anthropologische Bestimmung vorliegt. Eine Frau ist nur im Fall von Nordhausen II betroffen, in diesem Fall sind zwei letale Verletzungen dokumentiert. Da es sich um ein Individuum aus einer Doppelbestattung handelt, besteht hier die Möglichkeit der Interpretation einer Tötung der Frau im Rahmen einer Totenfolge. Für die Walternienburg-Bernburger Kultur sind neben Einzelgräbern vor allem Kollektivbestattungen in Totenhäusern typisch. Diese Situation spiegelt sich auch in der Herkunft der Skelettreste manipulierter Individuen wider. Die Mehrzahl der Schädel mit Trepanationen und Traumata stammt aus derartigen Kollektivbestattungen, wobei besonders Nordhausen durch die Zahl der Nachweise

161 auffällt. Aus der Totenhütte, die aufgrund von Keramikfunden wohl der Stufe Walternienburg II zugewiesen werden kann, liegen insgesamt 30 Schädel bzw. größere Schädelreste vor; daneben weitere 18 isolierte Schädelreste.554 Darauf bezogen entsprechen fünf Nachweise einem Anteil von 10,4 %. Auch aus Niederbösa liegen zahlreiche Schädelreste vor. Hier können 55 Individuen zugrunde gelegt werden; zwei dieser Kultur zuzuweisende manipulierte Schädel ergeben einen Anteil von 3,6 %. Mit Börnecke, Derenburg und Schönstedt liegen weitere Kollektivbestattungen vor, die auch manipulierte Schädel lieferten. Hier ist besonders Börnecke mit zwei trepanierten und einem wohl verletzten Schädel hervorzuheben. Mit Bennungen und Nordhausen II liegen auch Einzelbestattungen manipulierter Individuen vor.

Die Kugelamphorenkultur555 kann ebenso mit einigen Beispielen manipulierter Schädel aufwarten (Tab. 40). Im Gesamtbild treten hier die Trepanationen hinter den Traumata zurück.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Deesdorf ++++ weiblich nein? 131 Groß Biewende + männlich nein 112 Kalbsrieth ++ männlich ja 159 Ketzin 1/1898 + männlich ja 83 Ketzin 2/1898 + weiblich ja 84 Ketzin II/1 + weiblich nein 85 Ketzin II/2 ++ männlich ja 86 Ketzin IV/2 + männlich ja (kurz) 87 Ketzin V ++ männlich ja 88 Magdeburg + weiblich nein? 140 Panker/Matzwitz (?) + unbestimmt ja 152

Tab. 40 Schädelmanipulationen innerhalb der Kugelamphorenkultur

Die Nachweise stammen überwiegend von Individuen, die in kulturtypischen Einzelgräbern, zum Teil mit Steinplatteneinbau, bestattet worden waren. Dabei fällt besonders die reiche Bestattung des Mannes von Kalbsrieth auf, dem u.a. fünf Gefäße, Knochengeräte und Eberzahnschmuck beigegeben waren; daneben fanden sich auch Skelettreste eines Kleinkindes in der Steinplattenkiste. Auf die Sonderrolle des Gräberfelds Ketzin ist bereits hingewiesen worden. Nicht eindeutig in seiner chronologischen Zuweisung ist der Schädel von Matzwitz; hier handelt es sich um einen Fund aus der Kammer eines Megalithgrabes, das zwar reiches Fundmaterial der Kugelamphorenkultur, aber auch Material anderer Kulturen enthielt.556 Auffällig innerhalb dieser Kultur ist das verhältnismäßig häufige Auftreten von Traumata an Schädeln weiblicher Individuen. Bemerkenswert ist dabei besonders

554 Feustel/Ullrich 1965. 555 Nagel 1985; Beier 1988. 556 Datierungen von Schädelresten aus Megalithgräbern Mecklenburg-Vorpommerns haben gezeigt, daß auch dort ursprünglich der Kugelamphorenkultur zugeordnetes Material in einigen Fällen der Trichterbecherkultur, in anderen der ebenfalls nachbestattenden Einzelgrabkultur zuzuordnen ist. 162 der Schädel von Deesdorf mit vier Läsionen. Verletzungen wurden in drei Fällen an weiblichen Schädeln (gegenüber sechs Fällen an männlichen Schädeln) registriert. Auf Frauen entfällt auch der größere Teil der offensichtlich nicht überlebten Verletzungen. Dies läßt Vermutungen über eventuell innerkulturell geschlechtsspezifisches Gewalterleben zu.

Eine größere Zahl von Nachweisen sowohl von Traumata als auch Trepanationseingriffen liegt aus dem Komplex der Schnurkeramik vor (Tab. 41). Hier handelt es sich insgesamt um 40 Individuen mit Schädelmanipulationen.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Allstedt ++ männlich nein 122 Aschersleben + männlich ? 123 Braunsdorf + männlich ja 129 Braunsdorf II + (?) weiblich ja 130 Dittigheim 14 + männlich ja 2 Dittigheim 18 + weiblich nein 3 Dittigheim 27 + weiblich nein 4 Dittigheim 32 ++ männlich ja 5 Erfurt-Güntherstr. + männlich ja 154 Greußen + männlich ja 156 Grünsfeld-Krensheim + männlich ja 11 Haindorf + + männlich ja 157 Hausneindorf + männlich ja 136 Heddesheim + männlich ja 12 Helmsdorf + + männlich ja 158 Kleinpaschleben + männlich ja 137 Königsaue + männlich ja 138 Laucha-Dorndorf + + männlich ja 139 Lauda-Königshofen + männlich ja 21 Mannheim-Sandhofen + männlich ja 22 Mannheim-Wald + männlich ja 23 Nerkewitz + + männlich ja 160 Niederbösa + + männlich ja (kurz) 165 Peißen + männlich ja 143 Pritschöna ++ männlich ja 145 Roßbach + männlich ja 146 Schafstädt + + männlich ja 147 Stetten a. d. Donau + + weiblich ja 28 Stobra + männlich ja 175 Straußfurt + männlich ? 176 Tauberb.-Kirchelberg ++ männlich ja 57 Tauberb.-Burgweg 1 + männlich ja 58 Tauberb.-Burgweg 2 + weiblich ja 59 Tiefbrunn 1 + männlich nein 78 Tiefbrunn 2 + unbest. nein 79 Tiefbrunn 3 + weiblich nein 80 Unseburg + männlich ja 148 Wechmar ++ männlich ja 177 Wiedebach + männlich ja 149 Wulfen + (?) unbest. ja 150

Tab. 41 Schädelmanipulationen innerhalb der Schnurkeramischen Kultur

163 Auffallend ist die geringe Zahl betroffener Frauen (sechs) gegenüber der der Männer (32). Eine Trepanation ist in nur einem Fall an einem weiblichen Schädel belegt (Stetten an der Donau); hier handelt es sich zugleich um ein Trauma, welches durch einen chirurgischen Eingriff versorgt wurde. An allen anderen Frauenschädeln wurden unversorgte Verletzungen registriert. Traumata und besonders Trepanationen erscheinen somit innerhalb der Schnurkeramik deutlich der männlichen Lebenswelt verbunden. Bemerkenswert ist weiterhin, daß die Läsionen an der Hälfte der als weiblich bestimmten Schädel nicht überlebt wurden. Demgegenüber zeigt der Großteil der an Männerschädeln beobachteten Läsionen (Trepanationen und Traumata) Heilungsreaktionen. Die feinchronologische Einordnung manipulierter Schädel im Rahmen der Schnurkeramik ist nur in Einzelfälllen möglich. So liegt für das Skelett mit mutmaßlich trepaniertem Schädel von Straußfurt ein Datum von 2560–2360 cal BC vor; das Skelett mit trepaniertem Schädel von Hausneindorf wurde auf 2460–2280 cal BC datiert.557 Beide Belege wären damit jüngeren Kulturzusammenhängen der Schnurkeramik zuzuweisen. Insgesamt sind Trepanationen im mitteldeutschen Raum sowohl in der älteren als auch der jüngeren Schnurkeramik zu finden. Facettenäxte treten als Elemente eines älteren Horizontes als Beigaben in den Bestattungen von Schafstädt und Wiedebach auf, Keramikfunde verweisen auch den Befund von Peißen in diese Phase. Eine jüngere Stufe ist bspw. durch die Keramikbeigaben der Bestattung von Hausneindorf belegt.558 Die gesellschaftliche Struktur dieser Kultur ist erneut nur unzureichend belegbar. Das weitgehende Fehlen von Siedlungen erschwert eine Deutung zusätzlich. Die Bestattungssitten zeigen eine Betonung des Individuums mit deutlicher geschlechtsspezifischer Unterscheidung. Generell werden Äxte und Beile Männern zugeschrieben; in zahlreichen Fällen konnten diese als Grabbeigaben auch anthropologisch als männlich bestimmten Skeletten zugeordnet werden.559 Sie kommen sowohl in reich ausgestatteten Gräbern vor als auch in Bestattungen, deren einzige Beigabe sie bilden. Somit ist die Existenz einer herausgehobenen Personenklasse, die durch Axtbesitz gekennzeichnet ist, fraglich. Trotzdem können diese Geräte in gewisser Weise wohl als Statussymbole betrachtet werden.560 Es ist anzunehmen, daß sie für einen Großteil der an schnurkeramikzeitlichen Schädeln beobachteten Läsionen verantwortlich sind, auch wenn sie mitunter als

557 Müller 1999, 83. Hausneindorf: 2460-2280/ KN 4893; Straußfurt: 2560-2360/ KI 4158. Vgl. auch Müller 2001b. 558 Matthias/Ullrich 1968, 38. Die Keramikzuweisung für Hausneindorf findet Entsprechung in dem unter der obigen Fußnote zitierten Datum. 559 Trotzdem sollte man sich vor Zirkelschlüssen hüten. Vgl. etwa Drenth 1992, der vermerkt, daß in Gräbern der Einzelgrabkultur in den Niederlanden nur selten Skelettmaterial erhalten ist, aber trotzdem schlußfolgern kann, daß Streitäxte und Pfeilspitzen ausschließlich in Männergräbern vorkommen, und Männer somit die wichigsten sozialen Positionen der Gesellschaft besetzten. 560 Goeres/Pfeiffer 1996. 164 „impractical and useless weapons“ beschrieben werden, die nur als Statusobjekte gedient hätten.561

Als nördlicher Zweig des schnurkeramischen Kulturkomplexes weist auch die Einzelgrabkultur562 mehrere Belege für Schädelmanipulationen auf (Tab. 42). Hier überwiegen Trepanationen gegenüber den Traumata; Männer sind tendentiell häufiger betroffen. Im Fall von Kruckow 1 liegt ein nicht überlebter Trepanationseingriff an einem Kinderschädel vor.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Groß Upahl 2 + männlich ja 97 Hasbergen + männlich ja 113 Kruckow 1 + unbest. nein 98 Kruckow 2 + weiblich ja 99 Nebel/Amrum + (?) +++ männlich nein 151 Serrahn + männlich ja 106

Tab. 42 Schädelmanipulationen innerhalb der Einzelgrabkultur

Die mutmaßliche Trepanation ohne Heilungsreaktion am Nebeler Schädel ist weiter oben ausführlich diskutiert worden; das Vorkommen mehrerer Traumata am selben Schädel hebt diesen Fall besonders heraus. Der Großteil der Manipulationen zeigt Spuren zumindest kurzfristigen Überlebens. Die Individuen von Kruckow, Serrahn und Nebel wurden ohne aufwendige Beigaben in Megalithgräbern nachbestattet. Hier stellt sich die Frage, ob dies eine exklusive, herausgehobene Bestattungsart darstellte. Möglicherweise wurden die Schädelreste mit Manipulationen auch aus Furcht vor Wiedergängerei in die Kammern eingebracht. Mit herausragenden Beigaben und sehr aufwendigem Grabbau wurde hingegen der trepanierte Mann von Hasbergen bestattet; Waffen- und Gefäßbeigaben weisen neben einem Brustschmuck aus Wildschweinzähnen auf einen besonderen Status hin.

Für die etwas jüngere Glockenbecherkultur sind einige Belege traumatischer Ereignisse verzeichnet; Trepanationen dagegen fehlen (Tab. 43).

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Grochlitz + männlich ja 134 Merseburg + weiblich ja 141 Merseburg- + männlich ja 142 Kötzschen Mertloch + männlich ja 119

561 Malmer 1992, 243. 562 Struve 1955; Jacobs 1991. 165 Pilsting-Kellerfeld + weiblich nein 77 Weimar + männlich nein 178

Tab. 43 Schädelmanipulationen innerhalb der Glockenbecherkultur

Es handelt sich überwiegend um überlebte Läsionen; in einigen Fällen ist hier auch der Gesichtsschädel involviert. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, doch finden sich sowohl verheilte als auch letale Traumata bei beiden Geschlechtern. Zu berücksichtigen ist allerdings erneut die kleine Fallzahl. Auch hier handelt es sich mehrheitlich um in kulturtypischer Weise bestattete Individuen; der Schädelrest von Pilsting allerdings stammt aus einer Siedlungsgrube.

In einigen Fällen kann der chronologische Horizont von Befunden innerhalb des Übergangsfeldes vom Spätneolithikum zur Frühbronzezeit nicht genau gefaßt werden. Hier handelt es sich um Befunde aus dem nordostdeutschen Raum. Im Fall von Pätschow liegt ein datierter frühbronzezeitlicher Befund vor. Erneut sind Traumata und Trepanationseingriffe repräsentiert (Tab. 44); auch hier sind überwiegend Männer betroffen.

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Bölkendorf + + männlich ja 82 Pätschow + männlich ja 105 Weltzin 1 + männlich nein ? 107 Weltzin 2 + unbest. nein ? 108

Tab. 44 Schädelmanipulationen Spätneolithikum/Frühbronzezeit563

In einem Fall konnte anhand der Skelettreste eines Brandgrabes der Schönfelder Kultur,564 die sich durch Keramikformen und Bestattungsbrauch deutlich von den Nachbarkulturen abgrenzt, der Nachweis einer Trepanation erbracht werden (Tab. 45).

Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Polkern + männlich nein 144

Tab. 45 Schädelmanipulationen der Schönfelder Kultur

Einige Fälle von Manipulationen an Schädeln können chronologisch und kulturell nicht genau gefaßt werden und sind daher nur allgemein dem Neolithikum zuzuordnen (Tab. 46).

563 Zur nun mittelbronzezeitlichen Einordnung des Fundplatzes Weltzin vgl. Anm. 287. 564 Wetzel 1978. 166 Fundort Trepanation / Verletzung Geschlecht überlebt Kat.-Nr. Barby + männlich ja 124 Dümmer + männlich ja 111 Fellbach ++ unbest. nein 6 Frankleben + männlich ja 133 Goldberg Ind. 3 + unbest. nein 7 Goldberg Ind. 6 + unbest. nein 8 Goldberg Ind. 12 + weiblich nein 10 Heilbronn + männlich wahrsch. 17 Offenau + männlich ja (kurz) 27 Potsdam + männlich ja 89 Stetten ob Lonetal 1 + männlich ? 29 Stetten ob Lonetal 2 + männlich ? 30 Stetten ob Lonetal 3 + männlich ? 31 Stetten ob Lonetal 4 + unbest. ? 32 Stuttgart-Bad + männlich ja (kurz) 33 Cannstadt Zauschwitz 1 ++ (++ ?) unbest. nein 120 Zauschwitz 2 + unbest. ja 121

Tab. 46 Schädelmanipulationen des Neolithikums allgemein

Hier spielen besonders die Befunde vom Goldberg und von Stetten ob Lonetal eine Rolle, wo jeweils mehrere Individuen mit Hiebverletzungen vorliegen. In mehreren Fällen fehlen anthropologische Angaben, doch auch hier sind überwiegend Männer betroffen. Direkte Datierungen wären wünschenswert, um auch diese Nachweise chronologisch einordnen zu können.565

Insgesamt lassen sich für verschiedene Kulturgruppen des Neolithikums Manipulationen in unterschiedlicher Häufigkeit und Ausprägung fassen (Tafel 33a, 34a). Schwerpunkte bilden vor allem die Bandkeramik mit für Deutschland ausschließlich Traumatanachweisen und die Schnurkeramik mit Nachweisen von sowohl Traumata als auch Trepanationen. Auch weitere Kulturen, wie die Michelsberger, die Walternienburg-Bernburger, die Kugelamphoren- oder die Trichterbecherkultur, weisen häufiger Nachweise von Schädelmanipulationen auf. Es ist bemerkenswert, daß auch für regional und eher kurzfristig verbreitete Kulturgruppen, wie etwa die Chamer Gruppe oder die Münchshöfener Kultur, Manipulationen belegt werden können.

9.4 Geographische Verbreitung Karte 1 zeigt die Verbreitung aller im Rahmen dieser Arbeit für das Neolithikum Deutschlands ermittelten Schädelmanipulationen. Konzentrationen, die aus Nachweisen für verschiedene Kulturen bestehen, geben sich besonders für den mitteldeutschen Raum und Südwestdeutschland zu erkennen. Darüber hinaus sind in

565 Zur Neudatierung der Schädel vom Goldberg vgl. Anm. 396. 167 lockerer Streung Nachweise vor allem in Nordostdeutschland und im weiteren Donauraum belegt. Hier zeigt das Verbreitungsbild manipulierter Schädel Kerngebiete jungsteinzeitlicher Besiedlung, die durch verschiedene Kulturen geprägt wurden und sich zudem durch rege Forschungstätigkeit auszeichnen, so daß von vornherein ein größerer Bestandteil an Skelettresten repräsentiert ist. Manipulationen an Schädeln der Bandkeramik (Karte 2) stammen vorwiegend aus dem südwestdeutschen Bereich; hier spielt besonders der mittlere Neckarraum eine Rolle. Dazu kommen einige Fälle aus Hessen und Mitteldeutschland. In einem Fall (Kat.-Nr. 135) ist eine Läsion an einem der Stichbandkeramik zugewiesenen Individuum festgestellt worden; alle anderen Fälle datieren in die Linienbandkeramik. Die Großgartacher Gruppe (Karte 3) weist bisher nur einen Fall einer Manipulation auf. Für die in Bayern verbreitete Münchshöfener Kultur (Karte 4) sind von zwei Fundplätzen Schädel mit Verletzungen belegt. Für die Michelsberger Kultur (Karte 5) sind Verletzungen an Schädeln von unterschiedlichen Fundplätzen belegt. Hier spielt das Oberrheingebiet eine besondere Rolle. Die nicht sicher zu beurteilenden Befunde von Inningen stammen von bayrischem Gebiet. Belege für die Trichterbecherkultur in Form von Trepanationen und Traumata streuen über das große Verbreitungsgebiet dieser Kultur (Karte 6). Als Schwerpunkt ist der Nordosten (Mecklenburg-Vorpommern) zu betrachten, mit jeweils mehreren Nachweisen für jede Manipulationsart. Dazu kommen weitere Nachweise aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Für die Wartberggruppe sind wenige Belege erfaßt (Karte 7). Eine höhere Fallzahl sowohl für Trepanationen als auch für Traumata konnte für die Walternienburg-Bernburg-Kultur ermittelt werden. Hier steht das Kerngebiet der Kultur mit diversen Belegen aus dem südlichen Sachsen-Anhalt sowie dem nordwestlichen Thüringen klar im Vordergrund (Karte 8). Die Nachweise für die Kugelamphorenkultur streuen über einen größeren Raum (Karte 9); möglicherweise liegt mit dem Schädel von Matzwitz auch ein Beleg aus Schleswig-Holstein vor. Das Gräberfeld Ketzin in Brandenburg mit sechs manipulierten Schädeln ist als Sonderfall zu betrachten. Schnurkeramik und Einzelgrabkultur weisen wiederum eine höhere Fallzahl an Manipulationen auf; auch hier sind sowohl Traumata als auch Trepanationen vertreten. Im Rahmen der Schnurkeramik spielt erneut Mitteldeutschland eine dominierende Rolle (Karte 10). Darüber hinaus liegen diverse Nachweise aus dem südwestdeutschen Raum vor; hier sticht das Taubertal mit seiner Umgebung mit mehreren Belegen hervor. Weitere Fundpunkte liegen im Donauraum. Belege für die Einzelgrabkultur stammen mehrfach aus Mecklenburg-Vorpommern; eine Trepanation ist für Niedersachsen nachgewiesen, ein weiterer manipulierter Schädel stammt aus Schleswig-Holstein. Die Glockenbecherkultur weist demgegenüber nur wenige Nachweise für Schädelmanipulationen auf; hier handelt es sich sämtlich um Verletzungen. Die

168 Belege stammen aus verschiedenen Regionen; Mitteldeutschland bildet hier erneut ein kleines Häufigkeitszentrum (Karte 11). Für die Schönfelder Kultur ist ein Fall einer Trepanation aus dem nördlichen Sachsen-Anhalt nachgewiesen (Karte 12). Einige weitere Schädel werden dem Übergangshorizont Spätneolithikum/ Frühbronzezeit bzw. der frühen Bronzezeit zugewiesen (Karte 13). Hier handelt es sich um Schädel aus Mecklenburg-Vorpommern und dem nordöstlichen Brandenburg. Weiterhin gibt es Schädel, die nicht in einen exakten chronologischen Zusammenhang zu stellen sind. Dies betrifft Schädel aus verschiedenen Regionen (Karte 14), besonders aus dem südwestdeutschen Raum.

9.5 Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial Die Erhebung von verläßlichen Zahlen für die einzelnen Kulturgruppen in Bezug auf eine Gesamtindividuenzahl bereitet Schwierigkeiten, da zu letzterer nur in wenigen Fällen ausreichende Angaben vorliegen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Berechnung eines Anteils manipulierter Individuen für den sehr langen kulturellen Zeitraum der Jungsteinzeit insgesamt vernünftig und sinnvoll ist. Die überlieferte Menge an Skelettresten widerspiegelt nicht einmal ansatzweise ehemals lebende Populationen; aus einigen Kulturgruppen liegen so gut wie gar keine menschlichen Reste vor.566 Das überlieferte Skelettmaterial repräsentiert innerhalb von – modern definierten – Kulturgruppen jeweils einen größeren chronologischen und geographischen Rahmen. Generell ist davon auszugehen, daß sich einzelne Kulturgruppen voneinander in ihrer Haltung zu Aggression und Gewalt unterschieden haben werden, und daß derartige Aktionen, abhängig von verschiedenen Faktoren, unterschiedlich häufig vorkamen. Zudem können auch innerhalb einer Kultur über einen längeren Zeitraum Variationen auftraten; außerdem ist es denkbar, daß sich auch kleinere Einheiten (Siedlungsgemeinschaften) innerhalb eines größeren kulturellen Komplexes in ihrer Aggressionsbereitschaft unterschieden haben.

J. Petrasch, der sich 1999 mit der Frage der Bedeutung von Gewalthandlungen in der Bandkeramik auseinandersetzte, konnte für die anthropologisch untersuchten Skelettreste insgesamt mit 19,6 % Individuen, die darauf deutende Manipulationen aufwiesen, einen recht hohen Anteil derartiger Handlungen postulieren. Unter Berücksichtigung aller dort zugrunde gelegten Toten fällt der Wert mit 6,2 % niedriger aus; für Mitteldeutschland allein liegt er bei nur 2,2 %. Im Rahmen der kulturvergleichenden Betrachtungen, in die auch rezente Völker einbezogen wurden,

566 So sind etwa für die Horgener oder Pfyner Kultur bisher kaum/keine Skelettreste belegt; damit entfallen Aussagen zu möglichen Manipulationen von vornherein. 169 nennt Petrasch die Bandkeramik „ein für Stammesgesellschaften eher unspektakuläres Beispiel“.567 Für die Michelsberger Kultur konnte C. Nickel anhand von Skelettresten insgesamt etwa 345 Individuen rekonstruieren. Für die etwa 800 Jahre andauernde Kultur kann dies nur einen Bruchteil an Kulturträgern darstellen. Der Anteil von verletzten Individuen läge aufgrund dieser Zahl unter Berücksichtigung des Befundes von Inningen bei etwa 4,9 % (insgesamt 17 Individuen; vgl. Tab. 35). Abzüglich der Inninger Individuen handelt es sich nur um einen Anteil von 3,2 % (elf Individuen mit Verletzungen). Vermutlich sind in den erwähnten Befunden vorwiegend Sonderbestattungsformen zu sehen, was auch den hohen Anteil letal verletzter Individuen erklären könnte. Die Bestattungsweise des Großteils der Bevölkerung der Michelsberger Kultur entzieht sich so der Forschung; damit sind Angaben zur Gewaltfrequenz nicht aussagekräftig.568 Zur Häufigkeit der Manipulationen in der Kugelamphorenkultur lassen sich ebenfalls keine genauen Angaben machen. H.-J. Beier listet für das Mittelelbe-Saale-Gebiet und die Altmark Skelettfunde von 52 Individuen auf,569 bezogen darauf repräsentieren die drei in dieser Gegend entdeckten manipulierten Individuen (Deesdorf, Kalbsrieth, Magdeburg) einen Anteil von 5,8 %. Betrachtet man das Gräberfeld von Ketzin, so ergibt sich sowohl für Traumata als auch Trepanationen ein unrealistisch hoher Anteil, so das dieses Bestattungsareal tatsächlich einen Sonderfriedhof darstellen dürfte. Die Anzahl manipulierter Individuen am Gesamtmaterial ist auch für die Schnurkeramik nur schwer greifbar, obwohl gerade hier zahlreiche Grabfunde mit zum Teil guter Knochenerhaltung vorliegen. Allerdings schwanken die Angaben zum Gesamtbestand stark, eine Aufarbeitung des schnurkeramischen Skelettbestandes insgesamt fehlt. Dies zeigt sich deutlich am Beispiel der Schnurkeramik in Mitteldeutschland, einer der fundreichsten Regionen dieser Phase. Allein für diesen Raum gehen Schätzungen von etwa 1500 Grabfunden aus,570 wobei aber nicht in jedem Fall von Skelettüberlieferung auszugehen ist. Nach anthropologischen Arbeiten gibt es Daten zu etwa 731 schnurkeramischen Skeletten, wobei der Erhaltungszustand stark schwankt. So liegen etwa 20 % der Skelette ohne Kranium vor; in über 60 % der Skelette ist der Schädel nur schlecht bis sehr schlecht erhalten; in nur 5 % aller Fälle wird von guter oder besserer Schädelerhaltung gesprochen.571

567 Petrasch 1999, 513. Zum Kulturvergleich siehe dort Tab. 1. 568 Hier nicht berücksichtigt sind Skelettfunde von acht Individuen aus der Höhensiedlung „Weinberg“, Kerpen, in der Hocheifel. Ein epidurales Hämatom am Schädel eines Mannes könnte möglicherweise auf ein Trauma zurückzuführen sein; andere Gewaltspuren an den Skelettresten wurden nicht beobachtet: Nortmann/Teegen 2005. 569 Beier 1988, Tab. 13. 570 Dresely 1999, 34. 571 Bruchhaus/Neubert 1999, 125 f. Schwierigkeiten können auch bei der Aufarbeitung älterer anthropologischer Angaben auftreten, da eine Neubearbeitung hier öfter ein abweichendes Ergebnis erzielt. Vgl. dazu Bruchhaus et al. 1997. 170 Problematisch ist auch, daß ein Teil der anthropologisch beobachteten Pathologica, wie etwa Schädelverletzungen, bis heute nur unzureichend bzw. gar nicht publiziert sind.572 Somit sind Angaben zum Anteil manipulierter Individuen am Gesamtmaterial nur mit großer Vorsicht und sehr vage möglich. Bezieht man die 24 mitteldeutschen schnurkeramischen Individuen mit Schädelmanipulationen auf 731 Individuen insgesamt, ergibt sich ein Anteil von ca. 3,8 %. Der Anteil steigt auf etwas über 4 %, wenn man die Individuen, deren Schädel nicht erhalten ist, vom Gesamtmaterial abrechnet. Betrachtet man einzelne schnurkeramische Gräberfelder,573 so fällt die Zahl der manipulierten Individuen je nach der Belegungsstärke unterschiedlich aus. Für das Gräberfeld Lauda-Königshofen beträgt der Anteil 1,7 % (ein Mann mit Trepanation auf 59 Individuen). Für das Gräberfeld Dittigheim, für das 58 bestattete Individuen belegt sind, darunter eine hohe Anzahl von Kindern,574 liegen in vier Fällen Manipulationen an Schädeln Erwachsener vor; damit ergibt sich ein Anteil von 6,9 %. Je zur Hälfte entfällt dieser auf Trepanationen und Verletzungen, da je zwei Schädel mit derartigen Manipulationen vorliegen. Gerechnet auf etwa 30 bestattete Erwachsene liegt der Anteil manipulierter Individuen mit 13,3 % wesentlich höher. Aus der Umgebung von Tauberbischofsheim liegen darüber hinaus weitere Individuen mit Schädelmanipulationen aus Einzelgräbern vor. Vom Gräberfeld von Schafstädt, das auch Bestattungen der Glockenbecherkultur lieferte, sollen 22 schnurkeramische Erwachsene vorliegen,575 der Anteil eines Mannes mit Schädelmanipulationen entspricht so 4,5 %. Für das Gräberfeld von Haindorf konnten 14 schnurkeramische Gräber nachgewiesen werden. Darauf bezogen vertritt ein manipulierter Schädel einen Anteil von etwa 7 %. Für die mitteldeutsche Glockenbecherkultur liegen anthropologische Angaben zu etwa 100 Individuen vor.576 Vier traumatisierte Individuen aus dem mitteldeutschen Fundraum entsprächen einem Anteil von 4 %.

Vor diesem Hintergrund soll auf weitere „Zahlenspielereien“, etwa Anzahl manipulierter Individuen pro Gräberfeld bezogen auf die Gesamtzahl aller Bestatteten, nur der Erwachsenen oder nur der Männer, verzichtet werden. Es zeigt sich ein für den jeweiligen Kontext variierendes Muster, wobei der Anteil manipulierter Individuen am erhaltenen Skelettmaterial die 10 %-Grenze nur selten übersteigt. Generell kann wohl von einem realistischen Mittelwert von etwa 5 % ausgegangen werden.

572 Bruchhaus/Neubert 1999, 146. 573 Schwierigkeiten bei der fallweisen Aufgliederung entstehen bei Gräberfeldern, die von mehreren Kulturgruppen genutzt wurden, wenn die Zugehörigkeit der Skelette nicht eindeutig feststeht. Ferner sollten bei der Diskussion von Schädelverletzungen auch nur Skelette mit erhaltenem Schädel berücksichtigt werden; allerdings fehlen Angaben dazu häufig; wie auch Angaben zur Untergliederung in Altersklassen und zur Geschlechtszugehörigkeit. 574 Dresely 1992, 158. 575 Grimm 1961. 576 Bruchhaus/Neubert 1999, 133. 171 Weitere Hinweise auf die Bedeutung von Gewalt und Aggression innerhalb bestimmter Kulturgruppen können unter Umständen Studien der jeweiligen Mortalitätsraten, besonders der Männer, geben. So ergab die Untersuchung der demographischen Struktur des schnurkeramischen Gräberfeldes von Vikletice (ehem. Tschechoslowakei), daß Männer im juvenil-adulten Alter offensichtlich einem höheren Sterberisiko unterlagen als dies natürlich der Fall sein sollte. Dies wird als Hinweis auf die Teilnahme dieser Altersgruppe an Auseinandersetzungen gewertet.577 Derartige Annahmen sind allerdings nicht zu belegen, wenn nicht auch die Skelettbefunde Hinweise auf gewaltsamen Tod liefern. Zudem muß die Auswahl der auf einem Gräberfeld bestatteten Individuen nicht alle Verstorbenen der Gemeinschaft repräsentieren. Bei Aggressionsakten in einiger Ferne der Heimatsiedlung ist davon auszugehen, daß auch die Toten der Angreifer an Ort und Stelle bestattet (oder liegengelassen) wurden und nicht auf das Gräberfeld ihrer Siedlung gelangten. Weiterhin ist mit abweichenden Bestattungsriten für gewaltsam ums Leben gekommene Personen zu rechnen, die sich wiederum nicht im archäologischen Befund zu erkennen geben müssen.

Damit liegen für verschiedene Kulturen faßbare Anteile von manipulierten Individuen vor. Insgesamt heben sich besonders die Schnurkeramik und die Bandkeramik hervor, aber auch andere Kulturen weisen diverse manipulierte Individuen auf (vgl. Tafel 33). Insgesamt dürfte der Anteil manipulierter Individuen, soweit eine ungefähre Zahlenbasis vorliegt, bei etwa 5 % liegen. Oft wird davon ausgegangen, daß ein Anteil manipulierter Individuen von unter 5 % am Gesamtmaterial als relativ geringfügig zu betrachten ist. Andererseits erleben in der modernen westlichen Welt wesentlich weniger als 5 % der Gesamtbevölkerung aggressive Akte in ihrem Leben.578 Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, daß die für das Neolithikum fallweise ermittelbaren Werte signifikante Hinweise auf eine in bestimmten Kulturen faßbare deutliche Gewaltfrequenz geben.

9.6 Vergleich mit anderen Regionen Europas Einzelne, in das Neolithikum datierende Nachweise von Verletzungen und operativen Eingriffen an Schädeln sind aus so gut wie allen Regionen Europas bekanntgeworden.579 So soll der älteste Trepanationsfall Portugals noch in das Spätmesolithikum datieren: der Schädel eines adulten Mannes (XLI, Concheiro da Moita de Sebastião/Muge), der im rechten Frontalbereich möglicherweise infolge eines Traumas trepaniert

577 Dazu Vencl 1999, 64. 578 Nach Keeley 2001, 340 ist jede Gemeinschaft oder Kultur, in deren Skelettmaterial mehr als 1-2 % traumatisierter Individuen auftreten, als gewalttätiger als das Europa des 20. Jh. zu betrachten. 579 Vgl. u.a. Bennike 1985; Dastugue/Gervais 1992; Dolukhanov 1999. 172 wurde, wird dem Zeithorizont um 6000 BC zugewiesen. Die insgesamt 22 Fälle von Trepanationen an 18 Individuen des Neolithikums und der Frühbronzezeit des Landes wurden hauptsächlich an Männern vorgenommen, wobei die Scheitelbeine und das Stirnbein am häufigsten betroffen waren. Auch hier konnte eine hohe Überlebensrate festgestellt werden.580 In einigen Fällen gilt es als wahrscheinlich, daß die Eingriffe zur Druckreduzierung nach einem Traumageschehen realisiert wurden.581 Aus Frankreich liegen zahlreiche Schädel mit Trepanationen und Verletzungen vor, ebenso mehrfach rondelles craniennes, aus Schädelknochen, möglicherweise bei Trepanationen, gewonnene Schädelscheiben. Verheilte Läsionen kommen ebenso vor wie nicht überlebte. Trepanationen wurden in unterschiedlichen Techniken vorgenommen; manchmal ist (vergleichbar Börnecke B, Kat.-Nr. 127) die beim Eingriff herausgearbeitete Schädelscheibe erhalten.582 Der Fundplatz San Juan ante Portem Latinam im Baskenland lieferte zahlreiche Skelettfunde aus der Zeit um etwa 3000 BC. Die etwa 300 Skelette zeigen in mehreren Fällen Spuren von Gewaltanwendung; in verschiedenen Fällen konnten Pfeilspitzen direkt in Knochen beobachtet werden. Einige der Läsionen zeigten Heilungsspuren, in einigen Fällen führten die Schußverletzungen auch direkt zum Tod der Betroffenen. In etwa 60 weiteren Fällen fanden sich Projektile frei liegend neben den Knochen. Es liegt nahe, hier von Weichteilverletzungen ohne Spuren im Skelettmaterial auszugehen.583 Aus einem außereuropäischen Rahmen stammen Befunde vom Jebel-al-Buhais, Emirat Sharjah/VAE, aus der Zeit um 5000 BC. Dort wurde ein Bestattungsplatz einer jungsteinzeitlichen Nomadenkultur mit über 400 Skeletten entdeckt. Fast 14 % der Erwachsenen, doppelt soviele Männer wie Frauen, hatten Schädeltraumata erlitten. Dabei sind Verletzungen durch Steinbeile ebenso wie durch unspezifische stumpfe Gewalt nachgewiesen, zusätzlich treten Läsionen auf, die wohl durch Schleudersteine verursacht wurden. Dabei wurden auch schwere Verletzungen zum Teil überlebt, da offensichtlich Wundversorgungen in Form von Splitterentfernungen stattgefunden hatten. Ein Großteil der Traumata zeigte allerdings keine Heilungsreaktionen (so an 13 % der Männerschädel). Verheilte Parierfrakturen konnten in wenigen Fällen bei Frauen nachgewiesen werden. Der Großteil der Traumata dürfte nicht auf Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe, sondern eher auf Zwischengruppenkonflikte zurückgehen, die möglicherweise durch Trockenperioden, in denen Mangel an Wasser und Weideland herrschte, verschärft wurden.584

580 Silva 2003 zur Trepanation von Muge und allgemeinen Ergebnissen anhand des portugiesischen Materials. 581 Etwa beim trepanierten Schädel eines spätmaturen Mannes aus dem Ossuarium von Covão d’Almeida, der um 3000 BC datiert. Dazu Gama/Cunha 2003. 582 Dastugue/Gervais 1992. Trepanierter Schädel mit Schädelscheibe: Loisy-en-Brie; ebd., 87. 583 Etxeberria et al. 1995. 584 Kiesewetter 2005. 173 Nur selten sind Funde dieser Art Gegenstand umfassender und vergleichender Untersuchungen geworden, die etwa Aussagen zu Häufigkeit, chronologischer und kultureller Einordnung ermöglichen würden. Eine Untersuchung frühneolithischer Schädelfunde Großbritanniens etwa aus dem Zeitraum 4000–3400 cal BC erbrachte im vorläufigen Ergebnis Zahlen, die in etwa mit den in dieser Arbeit für Deutschland ermittelten vergleichbar sind. Auf insgesamt etwa 350 untersuchte Schädel und Schädelfragmente entfielen 26 Fälle sicherer bzw. sehr wahrscheinlicher Traumata in verheiltem und unverheiltem Zustand; hinzu kamen fünf Fälle von geringerer Wahrscheinlichkeit. Dies ergibt einen Anteil sicherer bzw. wahrscheinlicher Fälle von 7,4 %. Unter Abrechnung einiger eventuell falsch diagnostizierter Läsionen wird ein Anteil betroffener Schädel von etwa 5 % am Gesamtmaterial für realistisch gehalten. Die Rate letaler Verletzungen am Schädel beläuft sich auf etwa 2 % des Gesamtmaterials. Von den Traumata waren sowohl Männer als auch Frauen betroffen. Die linke Schädelseite war geringfügig häufiger betroffen als die rechte, Verletzungen im Frontal- oder Hinterhauptsbereich wurden seltener beobachtet. Die meisten Läsionen gehen auf Gewalteinwirkung durch stumpfe Instrumente zurück. Einige Verletzungen scheinen durch Pfeilspitzen verursacht worden sein.585 Trepanationen sind im britschen Skelettmaterial ebenfalls belegt. Hier allerdings existiert kein umfassender Überblick; eine Einbindung in das Gesamtmaterial ist somit nicht möglich. Die Eingriffe finden sich auch hier vorwiegend an Männerschädeln, in verschiedenen Schädelbereichen unter leichter Bevorzugung der Frontal- und Parietalregion, und wurden in der Mehrzahl der Fälle überlebt. Mehrere Exemplare stammen aus long barrows, aber auch Flußfunde sind belegt.586 Auch aus Irland liegen keine übergreifenden Studien vor. Insgesamt sind etwa 18 Fälle prähistorischer Trepanationen belegt, die vorwiegend in Schabetechnik vorgenommen wurden. Auch dort sind die Frontalregion und das linke Stirnbein bevorzugte Lokalisationen derartiger Eingriffe; manchmal gibt es Hinweise auf vorhergehende Traumata.587 Daneben liegen Belege für Pfeilschußverletzungen und Schädeltraumata vor.588

P. Bennike legte 1985 das dänische Fundmaterial an manipulierten Schädeln vor, wobei Schädel mit Trepanationen ausführlich, Schädel mit Verletzungen nur summarisch behandelt wurden.589 Insgesamt wurden zwölf trepanierte Schädel beobachtet. Auch hier zeigte sich, daß das Phänomen Trepanation vorwiegend auf das männliche Geschlecht bezogen ist: zehn Schädel wurden als männlich, einer als

585 Schulting/Wysocki 2002; 2005. Das Projekt soll fortgeführt werden und im weiteren Verlauf auch Material aus Schottland und Irland mit einbeziehen. 586U.a. Roberts/Mckinley 2003 zu den Trepanationen von Bisley, Fussel’s Lodge B und E, Ovingdean, River Wear; Brothwell 2003 zum doppelt trepanierten Schädel von Millbarrow. In einigen Fällen herrscht Unklarheit, ob ein unversorgtes Trauma oder eine Trepanation vorliegt. Beispiele (etwa Fussel’s Lodge) siehe Brothwell 1973, 296. 587 Ó Donnabhain 2003. 588 Cooney 2000, 248 zum Fundplatz Poulnabrone, Co. Clare; mit Nachweis eines Projektileinschusses in einen Hüftknochen sowie weiteren Verletzungen infolge von Gewalteinwirkung. 589 Angaben im folgenden nach Bennike 1985. 174 weiblich bestimmt; ein Fragment blieb unbestimmbar. Die Eingriffe liegen erneut vorwiegend im Bereich des linken Scheitelbeins und des Stirnbeins. Elf Eingriffe zeigen Heilungsreaktionen, was einer Überlebensrate von 92 % entspricht. Der Großteil der Trepanationen wurde mittels der Schabemethode durchgeführt. Der überwiegende Teil der trepananierten Schädel stammt aus Megalithgräbern, drei Schädel wurden als Moorfunde geborgen und ein Schädel in einer Steinkiste entdeckt. Die ältesten Schädeltrepanationen sind mit 14C-Daten zwischen 3500 und 3300 BC der älteren Trichterbecherkultur zuzuweisen.590 Die aus Megalithgräbern geborgenen Exemplare lassen sich innerhalb des Neolithikums nicht genauer chronologisch fixieren; das aus einer Steinkiste geborgene Exemplar ist aufgrund der Beigaben der Einzelgrabkultur zuzuordnen. Der Anteil trepanierter Individuen am Gesamtmaterial liegt auch nach dieser Studie relativ hoch: bei 267 Schädel insgesamt entsprechen zwölf Trepanationsfälle einem Anteil von etwa 4,5 %. Kürzlich legte P. Bennike eine Neubearbeitung des Materials vor591, wobei sie nun den Großteil der Belege nicht mehr als Trepanationen gewertet sehen möchte, sondern vorwiegend Hiebverletzungen für die Läsionen verantwortlich macht. Da sie allerdings den Großteil der Verletzungen als operativ versorgt beschreibt, sind die Fälle nach der in dieser Arbeit verwendeten Definition weiterhin als Trepanationen anzusehen. Im Fall des Schädels von Vibygårds Mose, der eine große, etwa dreiecksförmige Öffnung im linken Parietal- und Occipitalbereich aufweist, deren glatte Ränder deutliche Heilungsspuren zeigen, merkt Bennicke an, es wäre schwierig zu glauben, „... that this opening would have been made without the occurrence of prior injury.“592 Die Läsionen an drei weiteren Schädeln593 werden nun als „ injuries“ beschrieben. Damit sind Verletzungen gemeint, die durch scharfe, mit hoher Schlagenergie auftreffende Klingenwaffen (in der Regel Schwerter) verursacht werden, wobei ein ovaler bis kreisförmiger Teil der Schädelkalotte abgeschert wird. Die Bruchkanten solcher Verletzungen sind je nach Auftreffwinkel der Waffe mehr oder weniger steil. Läsionen dieser Art sind häufiger aus metallzeitlichen und jüngeren Befunden belegt;594 allerdings kann wohl davon ausgegangen werden, daß kein bisher für das Früh- oder auch Mittelneolithikum belegter Waffen- oder Gerätetyp derartige Verletzungen verursacht haben könnte. Damit dürften die hier betroffenen Schädel weiterhin eher als Trepanationen anzusprechen sein; umso mehr, da diese Läsionen deutliche Heilungsspuren zeigen. Bei durch Klingenwaffen verursachten slash injuries ist oft das Hirn mitbetroffen, so daß der Tod häufig sofort oder durch Komplikationen beim Heilungsprozeß eintritt. Tatsächlich aus dem Bestand an dänischen Trepanationsfällen auszusortieren ist wahrscheinlich nur der Schädel von Kelderød, dessen unverheilte Läsion der linken Schläfenregion tatsächlich eher auf einen postmortalen Defekt zurückzuführen sein

590 Etwa Schädel von Vibygårds Mose: 3580 +/- 90 BC, Datum nach Bennike 1985, 82. 591 Angaben im folgenden nach Bennike 2003. 592 Bennike 2003, 101. 593 Schädel von Dræby I, Fünen (Reste einer ovalen Läsion im Bereich der Sagittalnaht am Schädel einer adulten Frau), Dræby II (ovale Läsion links parietal am Schädel eines Mannes) , Døjringe I (zwei Läsionen links parietal am Schädel eines Mannes). 594 Etwa an einem ägyptisch-nubischen Schädel des 3.-5. Jh. (Pahl 1993, 29 f.), oder am Schädel eines Mannes vom fränkischen Gräberfeld Viernheim (Kunter/Wittwer-Backofen 1997, 659). 175 dürfte. Der Schädel weist darüber hinaus aber eine verheilte Verletzung über dem rechten Auge auf, so daß er trotzdem als manipuliert anzusehen ist. Die Trepanationsfälle würden sich damit auf elf Belege reduzieren, was bei der gegebenen Gesamtzahl von 267 Schädeln einem noch immer hohen prozentualen Anteil von 4,2 % entspricht. Verletzungen am Schädel fanden sich in Dänemark dagegen bevorzugt im Stirnbeinbereich, seltener in den Scheitelbeinen. Frakturen des Gesichtsschädels und des Kiefernereichs wurden insgesamt nur in wenigen Fällen beobachtet. Auch von Verletzungen waren überwiegend männliche Individuen betroffen. Die Fallzahl wird hier mit 25 von insgesamt 267 Schädeln des Mittel- und Spätneolithikums angegeben, was einem relativ hohen Anteil von 9,4 % entspricht.595 Daneben sind in zwei Fällen (Gjerrild; Porsmose) Pfeilschußverletzungen durch in den Knochen steckende Projektile belegt.

Auch aus Osteuropa und dem Balkanraum sind Eingriffe an Schädeln bekannt,596 etwa aus der Kupferzeit Bulgariens vom Gräberfeld Russe an der Donau. Dort wurde etwa die Hälfte der Manipulationen an Frauen vorgenommen. Aus nicht-vollendeten Eingriffen ließ sich schließen, daß die Schädelöffnungen durch Aufmeißeln oder Aufschneiden des Knochens erzeugt wurden. Die Öffnungen sind oval bis rund, aber auch eckig; die Größe variiert von kleinen Löchern bis hin zu Öffnungen, die fast das ganze Schädeldach einnehmen. Meist findet sich nur eine, in einigen Fällen aber auch mehrere Eingriffe pro Schädel.597

9.7 Vergleich mit der Frühbronzezeit Ein Teil der besprochenen Belege für Gewalthandlungen scheint darauf hinzuweisen, daß auch der Übergangshorizont Spätneolithikum-Frühbronzezeit eine verstärkt von Unruhen und Konflikten geprägte Zeitphase war. Weitere Belege von Verletzungen und Trepanationen aus dem weiteren Verlauf der Frühbronzezeit verstärken diesen Eindruck. So können zwischen etwa 2300/2200–1800/1600 BC nachgewiesenen Kulturen und Kulturgruppen diverse Nachweise für Gewaltakte zugeordnet werden. Der Aunjetitzer Kultur wird beispielsweise das Massengrab von Reidewitz, Lkr. Mansfelder Land, Sachsen-Anhalt, zugewiesen, aus dem mindestens drei Schädel Spuren von Gewalteinwirkung in Form von Lochbrüchen zeigen.598 Daneben sind zwei Schädel mit Trepanationen vom Fundplatz Großbrembach zu erwähnen, von denen einer auch ein Schädeltrauma aufweist.599 Aus der Straubinger Kultur

595 Dazu kommen noch drei weitere Fälle für das Frühneolithikum, die aufgrund der geringen Gesamtindividuenzahl dieser Zeitphase nicht mitgerechnet wurden: Bennike 1985, 99 u. 100 (Tab. 5). 596 Mikic 1998. 597 Wahrscheinlich handelt es sich bei einigen Eingriffen um postmortale Manipulationen. Vgl. dazu Boev 1973, 123. 598 Probst 1996, 46. 599 Ullrich 1958; 1972. Bei einer dritten 1958 beschriebenen Trepanation soll es sich nach späterer Erkenntnis um einen pathologischen Prozeß, wohl einen Tumor, handeln. 176 stammen mehrfach Schädel mit Schlagverletzungen sowie trepanierte Schädel.600 Vom Gräberfeld Singen am Hohentwiel ist der Schädel eines Mannes im Greisenalter mit tödlicher Hiebverletzung nachgewiesen.601 Der Ries-Gruppe wird der Schädel einer Frau vom Fundplatz Lauingen, Lkr. Dillingen, zugewiesen, deren linkes Scheitelbein eine Impressionsfraktur von etwa 80 x 65 mm Ausmaß aufweist, die offensichtlich im Rahmen einer Trepanation chirurgisch zu glätten versucht wurde.602 Ein auf dem Gräberfeld von Nähermemmingen, Lkr. Donau-Ries, bestatteter Mann weist ebenfalls eine Trepanation auf.603 Eine Pfeilschußverletzung ist für die Adlerberg-Kultur belegt: einem frühmaturen Mann von Hofheim, Main-Taunus-Kreis, steckte eine Knochenpfeilspitze von 61 mm Länge im linken Unterarm.604 In Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Aunjetitzer Kultur werden Trepanationen von den Fundplätzen Röschitz, Roggendorf und Stillfried zugeordnet. Ein etwa 45jähriger Mann von Unterhautzenthal weist eine wohl durch stumpfe Gewalt verursachte verheilte Fraktur des linken Scheitelbeins auf; wohingegen in Fels am Wagram ein Erwachsener und ein Kind mit jeweils tödlichen Schädelverletzungen unter dem Boden eines Hauses bestattet wurden.605 Der ebenfalls dem Zeitraum 2300-1800 BC zuzuweisenden Unterwölblinger Gruppe sind gleich mehrere Belege für Verletzungen und Trepanationen zuzuweisen. Vom Fundplatz Unterwölblingen stammt der Schädel eines Mannes mit einer tödlichen Verletzung des linken Scheitelbeins; darüber hinaus liegt das Skelett eines Mannes mit einer Hiebverletzung am rechtem Oberschenkel vor. Das Gräberfeld Franzhausen I lieferte die Schädel von zwei Kindern und den eines 30jährigen Mannes mit verheilten Schädelverletzungen. Vom selben Fundort stammt der Schädel eines weiteren Mannes mit drei tödlichen Hiebverletzungen auf linkem Scheitel- und Hinterhauptsbein. An zwei weiteren Schädeln dieses Gräberfeldes, dem einer frühadulten Frau und dem eines etwa 5jährigen Kindes, hatte man Schlagverletzungen mittels Trepanation chirurgisch versorgt. Aus Oberndorf/Ebene im Traisental schließlich stammen die Skelette eines etwa 50jährigen Mannes und einer 18jährigen Frau, die Opfer einer brutalen Gewalttat wurden. Der Schädel des Mannes wies etwa ein Dutzend tödliche Verletzungen auf; am Schädel der Frau ließen sich ebenfalls multiple Verletzungsspuren nachweisen.606

Für die frühbronzezeitliche Population von Ikiztepe an der Südküste des Schwarzen Meeres (2600-2400 B.C.) konnte eine relativ hohe Frequenz von Verletzungen und Trepanationen nachgewiesen werden. Sechs von 302 Schädeln – fünf die von Männern, einer der einer Frau – wiesen Trepanationen auf; an all diesen fanden sich zudem Spuren von Gewalteinwirkung in Form von Traumata infolge stumpfer und scharfer Gewalteinwirkung. Insgesamt weisen 19 Schädel der Population (6,3 %)

600 Zu diesen Befunden: Glowatzki/Schröter 1978, 256; Probst 1996, 56. 601 Probst 1996, 62. 602 Glowatzki/Schröter 1978. Dort auch Erwähnung einer unveröffentlichten älterbronzezeitlichen Trepanation von Lochham, Lkr. München. 603 Zu den Befunden der Ries-Gruppe: Probst 1996, 75. 604 Probst 1996, 78. 605 Zu den Befunden der österreichischen Aunjetitzer Kultur: Probst 1996, 99. 606 Zu den Befunden der Unterwölblinger Gruppe: Probst 1996, 111 f. 177 Spuren von Schädeltraumata auf. Die Ergebnisse der archäologischen Grabung in der Siedlung weisen ebenfalls auf kriegerische Ereignisse hin: der Platz wurde mindestens fünfmal niedergebrannt.607

Aus Osteuropa sind verschiedene der Frühbronzezeit zugewiesene Fälle von Schädeln mit verheilten und unverheilten Hiebspuren bekannt.608

Aus dem weiteren Verlauf der Bronzezeit stammen europaweit neben Schädel- und Skelettläsionen auch weitere Hinweise auf Gewalt und Krieg, etwa verschiedene metallene Offensiv- und Defensiv-Waffenformen sowie bildliche Darstellungen.609

607 Schultz 1999, 77 f. 608 Furmanek/Jakab 1997, 21;Gedl/Szybowicz 1997, 27 ff. 609 Vgl. dazu Harding 1999. Zur sozialen Entwicklung mit der Ausbildung von Kriegereliten spätestens ab der Frühbronzezeit: Kristiansen 1999. 178 10. Aggression und Gewalt im kulturgeschichtlichen Zusammenhang

10.1 Indirekte Hinweise zu Gewalt und Aggression im Neolithikum 10.1.1 Zur Siedlungsweise des Neolithikums 10.1.1.1 Zur Frage von „Besitz“ und „Eigentum“ Begriffe von Besitz und Eigentum entstanden vermutlich dadurch, daß man eine Sache an sich nahm und behielt und sie notfalls gegen andere Lebewesen verteidigte. Die erste Form von Eigentum dürfte somit persönliches Eigentum gewesen sein, besonders in Form der individuellen Nahrungsaneignung und - verteidigung. Auf Gruppenstufe ist bereits im Tierreich die Besetzung und Verteidigung von Revieren belegt. Innerhalb der menschlichen Entwicklung dürfte außerdem relativ früh persönlicher Besitz und auch persönliches Eigentum an selbst hergestellten Geräten bzw. Werkzeugen dazugekommen sein. Ausgehend vom Territorialverhalten wird das zunächst in mobiler Lebensweise genutzte Land als Gemeinbesitz betrachtet worden sein. Eine wirkliche Vorstellung von Land als Eigentum dürfte sich erst mit einer gewissen Seßhaftigkeit herausgebildet haben.610 Der nächste Schritt beinhaltet dann die Betrachtung von Land als persönliches Eigentum, das nur von bestimmten Personen genutzt werden darf. Eine derartige Auffassung von Land als persönlichem Eigentum baut verstärkt auf dem direkten Interesse am Boden aufgrund von Ackerbau und Viehzucht auf. Besondere Bedeutung gewinnt sie, wenn gut nutzbarer Boden nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Ethnographische Berichte zeigen, daß Land in Stammesgesellschaften in Afrika, Indonesien oder Indien im Prinzip Gemeineigentum ist. Je knapper allerdings Boden ist, desto stärker zeigt sich das Bestreben, ihn in der eigenen Familie zu vererben, d.h. er geht allmählich in Privateigentum über.611 Ähnliche Formen der „Privatisierung“ von Boden werden sich sehr wahrscheinlich bereits zu Beginn des Neolithikums im Verlauf der Bandkeramik herausgebildet haben. Dabei dürfte auch die Gruppengröße von Siedlungsgemeinschaften eine Rolle gespielt haben. Stand zu Beginn noch genügend gut kultivierbares Land zur Vefügung, das Siedler für sich in Besitz nehmen konnten, so könnte mit zunehmender Besiedlung diese wichtige Ressource lokal knapper geworden sein. Über die Verteilung und Nutzung des Landes durch Dorfgemeinschaften gibt es keine Hinweise. Denkbar wäre eine gemeinschaftliche Nutzung durch vermutlich mehrere Familien und eine Teilung der Erträge je nach Bedarf. Allerdings klingt das zu sehr nach Utopie, um als historische Tatsache wahrscheinlich zu sein. Gräberfelder bereits der Bandkeramik sprechen mit der Beigabenausstattung einzelner Bestattungen für eine soziale Differenzierung. Gründe für derartige Unterscheidungen können durchaus im ökonomischen Erfolg oder Mißerfolg gelegen haben und damit eventuell auf unterschiedliche Anteile an nutzbarem Land

610 Siehe dazu Behrens 1999. 611 Thiel 1992, 68. 179 zurückgehen. Dies gilt in gleicher Weise für alle folgenden neolithischen Kulturgruppen. Es wird davon ausgegangen, daß es durch den im Wesen des Menschen begründeten Wettbewerb um Reichtum und Status mit Beginn und Ausbreitung der Seßhaftigkeit und Landwirtschaft keine egalitären Gesellschaften mehr gegeben habe.612 Krankheiten und Unfälle konnten die soziale Stellung Betroffener vermutlich ebenso verändern wie Eigentumsverlust infolge von Überfällen oder Diebstahl. Letzteres ist sowohl für bewegliche Habe, etwa Vieh oder Ernteerträge, wie auch für das Land selbst denkbar. Unklar muß bleiben, ob bereits in der Jungsteinzeit der Unterschied zwischen Besitz und Eigentum an Land praktiziert wurde. Dies würde beinhalten, daß einzelne Individuen oder Familien Land bearbeiteten (in Besitz hatten), das ihnen aber nicht als Eigentum gehörte, und für dessen Nutzung sie eine Form von Entgeld, möglicherweise in Form von Abgaben oder Diensten, an den Eigentümer zu entrichten hatten.

10.1.1.2 Siedlungsformen Gewaltsame Auseinandersetzungen in kriegerischem Ausmaß sind vermutlich erst mit der Entstehung fester Siedlungen entstanden. Organisierte Gewalt ist damit als Folge der Entstehung fester menschlicher Ansiedlungen zu betrachten, genauer, in Form ihrer Verteidigung oder Eroberung. Hinweise für diese Theorie finden sich in verschiedenen Weltregionen. Studien der ersten Phase fester Ansiedlungen etwa in Mexiko belegen, daß in der betreffenden Region immer häufiger abschreckendere und effektivere Befestigungen in Form von Palisaden und Wällen errichtet wurden.613 Permanente oder längerfristige Siedlungen müssen nicht primär mit der Etablierung einer produzierenden Wirtschaftsweise verknüpft sein, bei ausreichender Ressourcengrundlage können auch Wildbeutergemeinschaften angehend seßhaft sein. Auch in diesen Fällen (wie möglicherweise der Übergangsphase Kongemose/Ertebølle im skandinavischen Mesolithikum) kann eine erhöhte Aggressionsfrequenz die Folge sein.

Neben den Nachweisen normaler Ansiedlungen ohne Grabenwerke, Umzäunungen oder Umwallungen, die dorf- und weilerartige Siedlungen für zahlreiche Kulturen des Neolithikums belegen, kommen ab der Linienbandkeramik immer wieder auch Strukturen vor, die aufgrund ihrer Konstruktion mit Gräben, Palisaden und Erdwällen oder aufgrund ihrer topografischen Lage im Gelände Anlaß zur Vermutung geben, es handele sich hier um befestigte Anlagen oder zumindest Anlagen, für die im Rahmen einer vielfältigen Nutzung auch der Wehrcharakter eine Rolle spielte.

612 Bogucki 1999, 206. Zur Entstehung sozialer Ungleichheiten mit dem Konzept von Land als materiellem Wert auch: Bender 1989. 613 Artikel: Mit den ersten Siedlungen entstanden die Kriege; Die Welt, 16. Sept. 2003, S. 31. 180 Für die Jungsteinzeit Europas sind derartige Anlagen, oft als Erdwerke oder Grabenwerke, bezeichnet, seit dem Ende des 19. Jh. bekannt. Speziell die Luftbildbildarchäologie hat im Verlauf des 20. Jh. zu einem Anwachsen der Zahl bekannter Anlagen geführt; immer noch werden neue Befunde entdeckt. Vorwiegend in West- und Mitteleuropa verbreitet, kommen die Anlagen über einen großen chronologischen Zeitraum in verschiedenen Kulturen vor, wobei Form und Gestaltung sowie die Lage und die Befunde im Inneren stark variieren können. Wurden die Anlagen bis zur Mitte des 20. Jh. vorwiegend fortifikatorisch gedeutet, so standen in folgenden Erklärungsmustern eher wirtschaftliche und/oder religiöse Deutungen im Vordergrund.614 Daneben wird fallweise auch für astronomische und landschaftsbezogene Ausrichtungen der Anlagen argumentiert.615 Aufgrund der erheblichen Unterschiede in Größe, Aufbau und Lage derartiger Anlagen wie auch des erheblichen chronologischen Rahmens, innerhalb dessen sie auftreten, ist nicht von einer allen gemeinsamen Funktion auszugehen. Grundlegend ist die Idee der Einhegung eines speziellen Areals, vielleicht unter Beteiligung mehrerer Siedlungsgemeinschaften. Wahrscheinlich führten kulturell situationsbedingt verschiedene Faktoren zur Errichtung von Erdwerken und anderen umhegten Anlagen. Für jeden Befund ist daher speziell aufgrund der Fund- und Befundumstände eine mögliche Deutung zu prüfen. Dies erklärt auch, warum die Anlagen in zahlreichen Fällen nicht in fortifikatorisch nützlicher Lage errichtet wurden, da dieser Aspekt für die jeweilige Situation nicht im Vordergrund stand, wenn der Fokus der Anlage eher im rituellen Bereich lag.616 Allerdings wurden auch offenbar vorwiegend rituell genutzte Anlagen teilweise in fortifikatorisch günstiger Lage errichtet.617 Profane und kultische Nutzung müssen sich nicht ausschließen; in vielen Fällen wird von einer Multifunktionalität der Anlagen im gesellschaftlichen Kontext auszugehen sein. So könnte ein Erdwerk zentraler Ort einer Gemeinschaft mit Funktionen im rituellen Bereich bis hin zum Totenkult gewesen sein und gleichzeitig als Manifestation eines Territorialanspruchs gedient haben, um in dieser Funktion sowohl abschreckende Wirkung auf möglicherweise feindliche Nachbarn auszuüben und gleichzeitig notfalls Fluchtpunkt für die eigene Gemeinschaft zu sein.

614 Vgl. zur Diskussion etwa: Starling 1988; Whittle 1988 u. 1990; Müller 1990; Bertemes 1991; Trnka 1991; Andersen 1993; Raetzel-Fabian 1999 u. 2000. Andersen 1991 und 1999, der sich ausgehend von der Erforschung der Anlage von Sarup, Dänemark, eingehend mit derartigen Anlagen in Europa auseinandersetzte, fand wenig Hinweise auf aggressive Akte im Zusammenhang mit Erdwerken und stellt eine kultische Nutzung im Zusammenhang mit Totenriten in den Vordergrund. In einigen Fällen wird auf eine kurzfristige Nutzung bestimmter Areale, oft Grabenenden, hingewiesen: Scarre 1998. 615 Etwa Pleslová-Stiková et al. 1980 zur astronomischen Ausrichtung der Anlage von Makotrasy, Tschechien; Kröger 1997 zur Grabenanlage von Warburg, die keine fortifikatorischen Elemente aufweist, aus der aber Sonnenbewegungen in Relation zu markanten Landschaftspunkten beobachtbar waren. Burgess 1976 zur Anlage von Meldon, Großbritannien, die starke fortifikatorische Aspekte aufweist, und darüber hinaus Deutungsmöglichkeiten in Bezug auf Sonnenbahnbeobachtungen zuläßt. 616 So weist Raetzel-Fabian 1999 darauf hin, daß ein nur wenige hundert Meter vom Erdwerk Calden entfernter Platz ein fortifikatorisch günstigerer Standort gewesen wäre. – Vgl. aber auch Armit 2007, der verdeutlicht, dass prähistorische Anlagen nicht unter modernen militärischen Gesichtspunkten bewertet werden sollten. 617 Auch das Erdwerk von Sarup wurde in leicht erhöhtem Gelände, umgeben von zwei Wasserläufen, errichtet; die Gräben sicherten den ungeschützten Zugang von der offenen Seite her. Vgl. Andersen 1997, 16. 181 Auch wenn eine Funktion als Befestigung oder Fluchtburg nicht zentral für die Errichtung einer derartigen Anlage war, so kann sie doch im gesellschaftlichen Rahmen als Grenz- oder Territorialmarkierung gesehen worden sein. In diese Richtung weisen auch Deutungen anderer Monumenttypen.618

Insgesamt wird angenommen, daß zahlreiche der Erdwerke einen großen Logistik- und Arbeitsaufwand erfordert hätten. Befestigungsanlagen im äquatorialen Regenwald, die aus Graben und Erdwall bestehen und Durchmesser bis zu 100 m haben, wobei die Grabenbreite bis zu 5 m und die Grabentiefe 2,5 m beträgt, konnten nach Angaben von M. Eggert dagegen relativ rasch angelegt werden. Überlieferungen der vorkolonialen Zeit beschreiben derartige Anlagen als Werke von Dorfgemeinschaften ohne zentrale Autorität, die diese zur Verteidigung in intra- und intertribalen Konflikten nutzten.619 Nach diesem Muster könnten auch kleinere Anlagen des Neolithikums relativ rasch für einen nur kurzfristig aktuellen Zweck errichtet worden sein.

Erdwerke der Linienbandkeramik stehen häufig im Kontext mit der eigentlichen Siedlung, so daß sie eine Art Erweiterung bilden. Oft sind sie jeweils für die letzten Phasen der Besiedlung nachgewiesen,620 was entweder ein verstärktes Schutzbedürfnis gegen Ende dieser Kultur signalisiert, oder aber für veränderte rituelle Zusammenhänge steht. Denkbar ist auch eine Kombination beider Möglichkeiten. L. Keeley, der für die Linienbandkeramik Konflikte mit mesolithischer Restbevölkerung postuliert, deutet die Erdwerke dieser Kultur entlang ihrer Ausbreitungsgrenzen als Verteidigungsanlagen, die Siedlungen und Vieh vor Überfällen schützen sollten.621 Das Beispiel des Erdwerks von Asparn in Niederösterreich, das eine Überfall- und Massakersituation der späten Linienbandkeramik widerspiegelt, zeigt, daß derartige Monumente auch im Kontext von Gewalt und Aggression zu sehen sind.622

Die vorwiegend mit der Stichbandkeramik in Verbindung gebrachten Kreisgrabenanlagen sind sicher nicht als Befestigungen errichtet worden. Hier sind in mehreren Fällen Überlegungen zur Funktion als kultische Plätze, möglicherweise in Verbindung mit astronomischen Beobachtungen, angestellt worden.623

618 Vyner 1994 zu linear angeordneten Monumenten, darunter Grabhügel und Erdwerke, zur Kennzeichnung bestimmter Gebiete in Nordengland. Ähnlich McMann 1994 zur Anordnung von Monumenten in Irland. 619 Dazu Eggert 1988, 267 f. 620 Bei den Anlagen der Aldenhovener Platte deuten Tierknochen und Mahlsteinreste einen rituellen Kontext im Zusammenhang mit dem Verzehr von Mahlzeiten an: Boelicke 1998. 621 Keeley 1997. Er beschreibt u.a. einen Fundplatz in Belgien, auf dem die Häuser der ersten Besiedlungsphase offensichtlich von Feuer zerstört wurden; danach wurde der Platz mit Graben und Palisade befestigt. 622 Auf die Situation wird weiter unten ausführlicher eingegangen. 623 Vgl. etwa Schröter 1989 zur Schalkenburg von Quenstedt. Ähnliche Rondellanlagen sind neuerdings auch aus dem märkischen Raum bekanntgeworden, dazu Meyer 1999. 182 Ein besonderer Schwerpunkt des Vorkommens von Erdwerken fällt in die Michelsberger Kultur. Hier wurden zum Teil auch besonders monumentale Erdwerke errichtet (vgl. Urmitz mit ca. 90 ha umhegter Fläche).624 Erdwerke der Michelsberger Kultur wurden ebenfalls zuerst als reine Befestigungen erklärt, später allerdings rückten wirtschaftliche, religiöse oder symbolische Deutungen in den Mittelpunkt. Lage, Aufbau und Orientierung der Anlagen sind zu unterschiedlich für ein einheitliches Erklärungsmodell. Oft finden sich zahlreiche Unterbrechungen im Verlauf von Wall und Graben (Tore?), die die Anlagen als Befestigungen ungeeignet erscheinen lassen.625 Bei anderen Anlagen, etwa den Erdwerken von Bruchsal, bestehen kaum Zweifel, daß bei der Errichtung Sicherheitserwägungen eine Rolle spielten. Trotzdem finden sich auch zahlreiche Hinweise auf Funktionen im rituellen Bereich; Skelettreste mehrerer Individuen weisen auf eine Verbindung zum Totenkult hin.626 Als primäre Intention kann auch hier die Umschließung und Abgrenzung eines festgelegten Raumes festgehalten werden, wofür ein teilweise beträchtlicher Aufwand an Zeit, Arbeitskraft und Organisation in Kauf genommen wurde. Das Fehlen regulärer Siedlungsspuren in zahlreichen Fällen erschwert Deutungen zusätzlich. Allerdings weisen Vorratsgruben auf eine durchaus profane Nutzung der Anlagen hin, wie auch das Keramikspektrum oft dem normaler Siedlungen entspricht. Dabei kommen Anlagen von gewaltigem Ausmaß neben kleineren Anlagen und Abschnittsbefestigungen vor. Gegen Ende der Michelsberger Kultur zeigt sich eine Tendenz zur Verkleinerung der Anlagen; diese werden auf unzugängliche Höhen verlagert und oft in Spornlage ausgebaut. Dahinter dürfte ein gesteigertes Schutzbedürfnis stehen.627

Die lokal in Bayern verbreitete Altheimer Gruppe kann mit mehreren Belegen für Erdwerke aufwarten; die Errichtung von Grabenanlagen scheint ein dieser Gruppe geläufiges Element zu sein.628 Für die Chamer Kultur werden neben Flachlandsiedlungen oft befestigte Höhensiedlungen von kleinerem Ausmaß erwähnt, die oft nur einen Zugang aufweisen. In einigen Fällen sollen dabei Spuren von Zerstörungen belegt sein.629

Für die Walternienburg-Bernburger Kultur und die Salzmünder Kultur sind ebenfalls mit Gräben und Palisaden umwehrte Erdwerke verschiedener Größen nachgewiesen. Es läßt sich allerdings nicht sicher sagen, ob diese Anlagen Mittelpunktfunktion innerhalb ihrer Region besaßen.630 Fortifikatorische Aspekte

624 Lüning 1968. 625 Dazu Bertemes 1991. Allerdings werden mehrere Zugänge manchmal auch als fortifikatorisches Element erklärt, das Verteidigern im Angriffsfall Ausfälle ermöglicht: Evans 1988, 49. 626 Behrends 1991. 627 Biel et al. 2000. 628 Driehaus 1960; Engelhardt 1993; 1997. 629 Schmidt 1997. 630 Zu mehreren Befunden: Müller 1990. Im Fall des Steinkuhlenbergs ist eine derartige Funktion durch den Zusammenhang mit zwei nahegelegenen Kollektivgräbern wahrscheinlich; auch im Fall der Befestigung des Langen Berges der Dölauer Heide ist eine derartige Funktion anzunehmen. 183 spielten anscheinend besonders bei der Befestigung der Dölauer Heide eine Rolle. Hier wurden auf einem Hochplateau eine Befestigung der Trichterbecherkultur und eine jüngere befestigte Anlage der Bernburger Kultur entdeckt.631 Ein stark gegliedertes Grabensystem von Gräben mit bis zu sechs Meter Breite und drei Meter Tiefe regelte den Zugang zur Innenfläche. Bestattungen in Grabhügeln, darunter eine Steinplattenkammer mit Verzierungen, zeigen eine spätere Übernahme des Platzes durch die Schnurkeramik. Möglicherweise wurde durch die Platzierung der Gräber innerhalb des Areals ein neuer kultureller Anspruch auf das Gebiet manifestiert.

Für Norddeutschland (Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig- Holstein und Brandenburg) sind Erdwerke und ähnliche Anlagen in unterschiedlichem Maße bekannt. In Mecklenburg-Vorpommern sind erst in den letzten Jahren durch Befliegungen und archäologische Untersuchungen im Zuge des Autobahnbaus sichere Hinweise auf Erdwerke des Neolithikums entdeckt worden. Bei Triwalk, Lkr. Nordwestmecklenburg, konnte ein Ausschnitt einer mittelneolithischen Siedlung großflächig untersucht werden. Die Siedlung, die sich auf einer die Umgebung beherrschenden Moränenkuppe befand, wurde im Osten durch eine hangparallel laufende Grubenreihe begrenzt, während in Richtung Südwesten Hinweise auf einen Doppelgraben entdeckt wurden.632 Bei Sondierungsarbeiten auf dem Fundplatz Kessin, Lkr. Bad Doberan, konnte unterhalb der mittelalterlichen Bebauung eine neolithische Besiedlungsphase nachgewiesen werden, zu der wahrscheinlich auch ein Teil der entdeckten Grabenbefunde gehört.633 Vermutlich verbergen sich hinter etlichen bei Befliegungen entdeckten Anlagen unklarer Zeitstellung neolithische Erdwerke. Für die Doppelgrabenanlage von Plate, Lkr. Parchim, scheint eine Zuweisung zum Neolithikum mittlerweile gesichert.634 Auch die nur ausschnitthaft ergrabene, auf einer kleinen Erhebung errichtete trichterbecherzeitliche Siedlung von Gristow bei Greifswald, innerhalb derer verschiedene Typen von Gruben und wohl zu einem System gehörende Pfostenreihen aufgedeckt wurden, ist mit gewisser Wahrscheinlichkeit als Erdwerkanlage angesprochen worden.635

Aus Schleswig-Holstein sind mehrere Erdwerke bekannt, die der Trichterbecherkultur zugewiesen werden können. Die Anlage von Büdelsdorf, Kr. Rendsburg-Eckernförde, befindet sich in typischer Lage auf einem nach zwei Seiten steil abfallenden Geländesporn an der Nordseite der Eiderniederung. Das etwa neun Hektar große Areal war an der offenen Ostseite durch ein gestaffeltes Befestigungssystem gesichert, das aus mindestens zwei

631 Behrens/Schröter 1980. 632 Jantzen 1996; Kurze Fundberichte: Triwalk. Jahrb. Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern 43, 1995, 296 f. 633 Ruchhöft/Schulz 2001, 130. 634 In den Kurzen Fundberichten des Jahrbuchs Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern 47, 1999, 551 ist das Grabenwerk von Plate als Objekt unbestimmter Zeitstellung, allerdings mit Hinweis auf eine möglicherweise neolithische Datierung, aufgeführt. Vortrag von F. Lüth:„Das neolithische Erdwerk von Plate“, Regionaltagung Schwerin, November 2002. 635 Andersen 1997, 355; Befunde nach Nilius 1973; siehe auch Nagel/Wechler 1989. 184 Palisadenringen und mehreren Grabenzügen mit einer Torgasse bestand. Die vier parallel laufenden Gräben erreichten Breiten von bis zu vier Metern; ihre Tiefe konnte bis zu zweieinhalb Metern nachgewiesen werden. Ein Erdwall ist nicht mit letzter Sicherheit ermittelt worden. Herdstellen, Pfostenlöcher und Hausgrundrisse sprechen für den Siedlungscharakter der Anlage. Das Fundgut macht eine Nutzung während des frühen Mittelneolithikums wahrscheinlich. Die Befestigung scheint noch während des Bestehens der Siedlung ihre Bedeutung verloren zu haben; das Grabenareal wurde in den Siedlungsbezirk miteinbezogen, wobei die Funde aus den Grabenverfüllungen und den darüber liegenden Siedlungschichten kaum typologische Unterschiede zeigen.636 In Albersdorf im Kreis Dithmarschen konnte auf einem bis zu zehn Metern erhöhten Geländesporn zwischen zwei Bächen ein weiteres Erdwerk der Trichterbecherkultur, diesmal des ausgehenden Frühneolithikums, nachgewiesen werden. Aufgrund des kiesig-sandigen Bodens war die Erhaltung der Befunde eher schlecht; im Luftbild konnten Palisadengräbchen und ein Graben mit zwei Durchlässen erkannt werden. Mit einem Areal von etwa 2,5 ha handelt es sich um ein kleineres Erdwerk. Bei Begehungen konnten über 3000 Steinartefakte geborgen werden, die sich signifikant im umhegten Raum häuften, wobei Stücke mit Spuren von Feuereinwirkung in einem konzentrischen Bereich zwischen Graben und Zentrum der eingehegten Fläche auftraten. Ein Zusammenhang der Anlage mit mehreren etwa gleichzeitig erreichteten Großsteingräbern in unmittelbarer Nähe ist wahrscheinlich.637 Eine weitere Anlage konnte bei Rasdorf, Kr. Plön, entdeckt werden. Der Fundplatz liegt am Rande einer Anhöhe, die an zwei Seiten durch ein Niederungsgebiet und ein Flußtal begrenzt wird. Das Grabensystem bestand aus zwei parallelen Kreisgräben, die durch Lücken in mehrere Abschnitte gegliedert waren. Auch dieses Grabenwerk, zu dessen Fundgut große Mengen Flintartefakte und Scherben reich verzierter Keramik gehören, wird in das ausgehende Frühneolithikum, die Fuchsberg-Stufe der Trichterbecherkultur, datiert.638

Aus Niedersachsen ist eine größere Anzahl neolithischer Grabenwerke unterschiedlicher Kulturgruppen bekannt. Mit Esbeck, Eitzum und Kalefeld sind bandkeramische Erdwerke aufgedeckt worden; jüngere Anlagen sind Obernjesa und Großenrode, die der Rössener Kultur zugeordnet werden. Das Erdwerk auf dem Kleinen Heldenberg bei bei Esbeck wird der Wartberggruppe bzw. der Bernburger Kultur zugewiesen; die Anlagen vom Northeimer Kiessee639 und Salzberg640 und der Kühner Höhe bei Einbeck werden aufgrund ihres Fundgutes der Michelsberger Kultur zugeschrieben. Das fortifikatorisch günstig gelegene Erdwerk der Michelsberger Kultur bei Einbeck wurde auf einem Geländesporn errichtet, der an drei Seiten steil abfällt.641 Nur allgemein dem Mittel- und Jungneolithikum zugeordnet wird das

636 Hingst 1971a; 1971b; Bauch 1993. 637 Arnold 2000. 638 Graf/Hirsch 2002, 56. 639 Siegmund 1993. 640 Wallbrecht 2000. 641 Rinne/Heege 1993. 185 Erdwerk von Seulingen im Ldkr. Göttingen. Dazu kommen weitere Anlagen, die seit Beginn der 90er Jahre durch Flugprospektion entdeckt wurden und bezüglich ihrer chronologischen und kulturellen Zuordnung noch nicht genau anzusprechen sind.642 Das bereits 1973 ergrabene Erdwerk von Walmstorf, Ldkr. Uelzen, im nördlichen Niedersachsen, repräsentiert wiederum die ältere Phase der Trichterbecherkultur. Das Fundmaterial spricht für Kontakte mit der Michelsberger Kultur, die eventuell die Errichtung der Anlage beinflußten.643

Aus Brandenburg werden seit einigen Jahren Neuentdeckungen neolithischer Grabenwerke gemeldet. Allerdings beruhen auch hier die Informationen überwiegend auf Erkenntnissen durch Flugprospektion; sichere Angaben zu Chronologie und kultureller Stellung der Anlagen existieren kaum. Am Fundplatz Potsdam- Schiffbauergasse konnte innerhalb eines Grabungsareals auf über 55 m Länge ein etwa 4 m breiter Sohlgraben nachgewiesen werden, der sicher Teil einer größeren Grabenanlage war. Scherben und eine guterhaltene Hammeraxt der frühen Trichterbecherkultur sprechen für eine Datierung um etwa 3500 BC.644

Für Norddeutschland sind somit regional ganz unterschiedliche Anlagen nachgewiesen. Eine Interpretation als Territorialmarkierungen erscheint für einen Teil der Anlagen nicht abwegig; Befestigungscharakter in fortifikatorisch günstiger Lage ist teilweise gesichert. Allerdings ließen sich bisher keine Spuren finden, die auf einen direkten Zusammenhang mit Gewalt und Aggression hindeuten, wie eindeutige Zerstörungshorizonte oder Skelettreste mit Verletzungsspuren.

Im in Bezug auf Kulturfolge und Chronologie speziell Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein vergleichbaren Dänemark wurden mehrere trichterbecherzeitliche Erdwerke nachgewiesen. Besonders bemerkenswert ist dabei die zweiphasige Anlage von Sarup, die am Übergang vom Früh- zum Mittelneolithikum um ca. 3400 BC auf einer steil abfallenden Landzunge angelegt wurde. Weitere Anlagen finden sich vorwiegend an der Ostküste Jütlands, aber auch auf den dänischen Inseln. Sie fallen ebenso in den Übergangshorizont vom Frühneolithikum zum Mittelneolithikum im Rahmen der Trichterbecherkultur und stehen in der Regel in engem lokalen Zusammenhang mit Megalithgräbern, so daß eine Funktion als Zentralorte mit starker ritueller Komponente, vorwiegend im Totenkult, naheliegend erscheint. Dabei ist eine Abgrenzung lokaler Zentren voneinander denkbar, wobei Megalithgräber und Erdwerke als Manifestation von Landansprüchen einer Gruppe funktionierten.645 Von Bornholm sind bisher drei Anlagen der späten Trichterbecherkultur bekannt. Vasagård Ost und Vasagård West zu beiden Seiten des Flüßchens Læså sind bisher nur in geringem Umfang untersucht. Die Anlage von Rispebjerg, die eine Fläche von etwa 6 ha einnimmt, befindet sich in Spornlage über einem weiteren Fluß und ist

642 Vgl. dazu Heine 2002, 20 ff. mit ausführlichen Angaben besonders zu den Grabenwerken des Regierungsbezirkes Hannover (Amelokenbrink; Beusterburg; Rössing; Boffzen; Schreikamp bei Völksen). 643 Richter 2002. 644 Beran 2004, 44. 645 Madsen 1982; 1988 u. 1990; Andersen 1997. 186 gegenüber dem offenen Gelände durch gestaffelte Palisaden abgeriegelt. Die Anlage erscheint somit defensiv befestigt; das Fundmaterial im Inneren unterstreicht dies jedoch nicht direkt. Steine mit eingeritzten Sonnenmotiven und Spuren von kreisförmig angeordneten Pfosten („woodhenges“) sprechen für einen eher zeremoniellen Charakter. Allerdings stammen aus Rispebjerg auch zahlreiche Pfeilspitzen der grübchenkeramischen Kultur, so daß der Verdacht besteht, die Anlage sei um 2700 BC nicht ganz freiwillig aufgegeben bzw. verlassen worden.646 Den Verdacht, der Kontakt der Grübchenkeramiker zu ihren Nachbarn sei nicht immer friedvoll gewesen, erhärtet ein Befund von Gjerrild, Jütland. Dort fand sich in einer Steinkiste der Einzelgrabkultur, die Skelettreste von zehn Individuen enthielt, neben einem trepanierten Schädel auch das von einer grübchenkeramischen Pfeilspitze durchbohrte Brustbein eines 20-30jährigen Mannes. Das Projektil steckte im Knochen, Heilungsspuren waren nicht zu beobachten.647

10.1.1.3 Befestigte und angegriffene Siedlungen im Neolithikum? Insgesamt werden wahrscheinlich die meisten, wenn nicht alle derartigen Anlagen der Jungsteinzeit multifunktional gewesen sein, d.h. neben einer hypothetischen defensiven Funktion sind weitere kulturelle und soziale Funktionen anzunehmen.648 Auch wenn eine derartige Anlage eindeutig defensiven Charakter hatte, so wird sich dies, wenn sie ihrer Abschreckungsfunktion gerecht und demzufolge niemals attackiert wurde, nicht im archäologischen Fundgut spiegeln.

Insgesamt gibt es nur wenige Anlagen, deren Ausgrabungsbefunde direkte Hinweise auf Angriffs- oder Kampfsituationen liefern. Anhaltspunkte stammen dabei v.a. aus Großbritannien, wo Befunde aus gleich mehreren causewayed enclosures Indizien für derartige Situationen brachten. Die Anlage von Hambledon Hill, Dorset, erstreckte sich strategisch günstig über eine Hügelkuppe oberhalb eines Flußtales. Befunde sprechen für eine großenteils kultische Nutzung besonders im Rahmen des Totenrituals; vermutlich diente das Erdwerk auch als eine Art „Einflußrepräsentanz“ zur Kontrolle eines sehr fruchtbaren Landstrichs. Ein Teil der Anlage im Südosten wurde am Ende einer Besiedlungsphase auf über 200 m offenbar Opfer eines Feuers, was durch Brandspuren und -schutt in diesem Bereich belegt werden kann. In den Grabensegmenten vor diesem Bereich wurden die Überreste zweier junger Männer gefunden, die offensichtlich Pfeilschüssen zum Opfer fielen: In beiden Skeletten fanden sich steinerne Projektile. Einer der Männer hatte (auf der Flucht?) ein Kleinkind im Arm gehalten, das er im Fallen wohl unter sich erdrückte.649

646 Nielsen 1997; 1999. 647 Bennike 1985, 104 f. 648 In diesem Sinne auch Kokkinidou/Nikolaidou 1999 zu Befestigungsanlagen des nordgriechischen Neolithikums. 649 Mercer 1988, 104; Mercer 1999, 154. 187 Die Anlage von Crickley Hill, Gloucester, präsentierte sich als mehrphasiges Bauwerk auf einem Hügel mit wohl hauptsächlich kultisch-repräsentativer Funktion, das zwischen den einzelnen neolithischen Nutzungsphasen teilweise jahrzehntelang ungenutzt lag. Während der Phase 1d wurde die Anlage erweitert; knapp zwei Meter hohe Palisaden, die von nur zwei Toren unterbrochen wurden, umschlossen das Plateau am Westende des Hügels. Vorgelagerte Gräben sollten offenbar zusätzlichen Schutz bieten. Für ein gewaltsames Ende dieser Phase sprechen über 400 Pfeilspitzen, die an den Zugängen entdeckt wurden. Eine Kartierung zeigt die Verteilung der Projektile, die massiv an den Toren auftreten und in großer Zahl an den Wegen ins Innere der Anlage streuen. Offensichtlich ist von einem dichten und gezielten Beschuß auf die Verteidiger auszugehen. Darüber hinaus finden sich Hinweise, daß ein Teil der Innenbesiedlung und der Palisaden mitsamt der Tore niedergebrannt wurde.650 Weitere Hinweise auf Kampfgeschehen an bzw. in derartigen Anlagen konnten in Carn Brea, Cornwall, beobachtet werden. Dort wurde ein Areal von einem Hektar mit einem Wall aus Granitblöcken umgeben. Für ein gewaltsames Ende der Nutzung der Anlage sprechen Brandspuren und über 800 Pfeilspitzen, von denen viele zerbrochen und durch große Hitze kalziniert waren. Auch der Steinwall scheint zum Teil absichtlich abgebrochen worden zu sein.651 Ausgeprägte Brandschichten und über 100 z.T. kalzinierte und zerbrochene Pfeilspitzen wurden in der Anlage von Hembury, Exeter, entdeckt. Die Projektile traten wiederum in einer wahrscheinlichen Torsituation gehäuft auf.652 Carn Brea, Hembury und Crickley Hill scheinen Zentren entlang bedeutender Kontaktlinien bei der Verteilung oder Verhandlung von Rohmaterialien und Fertigprodukten gewesen zu sein, wie zahlreiche Funde u.a. spezieller Keramik und Beile zeigen.653 Einfluß und möglicherweise Wohlstand der Nutzer mögen Ausgangspunkt und Motivation der Attacken auf diese Anlagen gewesen sein. Dabei spiegeln die dokumentierten Ereignisse wahrscheinlich lokale Auseinandersetzungen („localized wars“654) innerhalb dieses Teils von Großbritannien wider.

Eindrucksvolle Belege für Gewalthandlungen innerhalb eines Erdwerks stammen aus Asparn an der Zaya/Schletz in Niederösterreich. Dort wurde ein ovales Grabensystem der späten Bandkeramik aufgedeckt, das aus zwei meist parallelen Sohlgräben von bis zu zwei Metern Tiefe und vier Metern Breite bestand. Eine Schutzfunktion für die innerhalb des Grabenrings liegende Siedlung ist mit Sicherheit anzunehmen. Dies wird auch durch einen Brunnen im Inneren der Anlage

650 Dixon 1988, 81 f.; 86. 651 Dabei wurde nur etwa ein Zehntel der Anlage ergraben; hunderte weiterer Pfeilspitzen wurden bereits bei früheren Untersuchungen und Begehungen entdeckt. In der Umgebung fanden sich ähnliche Anlagen, die ebenfalls zahlreiche Projektile lieferten. Ob auch diese Plätze, die sicherlich zu einem größeren Netzwerk solcher Zentren gehörten, Opfer von Attacken wurden, muß aufgrund des begrenzten Umfangs der Untersuchungen offenbleiben. Dazu Mercer 1999, 153. 652 Dazu Mercer 1999, 151. 653 Nach Bradley 1993, 89 ist die Funktion von Erdwerken oder „enclosures“ als befestigte Plätze eine späte Erscheinung ihrer Geschichte; nach der fallweisen Zerstörung erfolgte teils keine weitere Nutzung. 654 Parker Pearson 2005, 27. 188 unterstrichen, welcher zeitgleich mit den jüngeren Gräben angelegt wurde, obwohl Bäche und eine Quelle in der Nähe der Siedlung lagen. Im äußeren Graben wurden Skelettreste von über hundert Individuen angetroffen, die allesamt nicht regulär bestattet worden waren. Die Schädelreste zeigen Spuren von Gewalteinwirkung; die Verletzungen dürften für den überwiegenden Teil der Betroffenen unmittelbar tödlich gewesen sein. Zahlreiche Lochbrüche lassen die Verwendung unterschiedlicher Dechselformen annehmen. Mehrfachfrakturen kommen regelhaft vor, was auf eine hohe Aggressivität der Angreifer und einen massakerartigen Charakter der Angriffssituation schließen läßt. In einigen Fällen wurden Schläge wohl mit groben Knüppeln oder Keulen ausgeführt. Frakturen der Schädelbasis sprechen dafür, daß auch auf am Boden liegende Opfer eingeschlagen wurde. Außerdem sind Brüche im Bereich des Gesichtsschädels nachgewiesen. Das Muster der Verletzungen an den Schädeln läßt, vergleichbar dem von Talheim, auf Angriffe vorwiegend von rechts hinten schließen. Betroffen sind alle Geschlechts- und Altersgruppen; der Großteil der für die Gruppe anzunehmenden jungen adulten Frauen fehlt jedoch. Dies kann als Hinweis auf Frauenraub interpretiert werden. Die meisten Skelettreste des Befunds sind nur unvollständig erhalten. Carnivorenverbißspuren an den Knochen zeigen, daß die Toten längere Zeit frei gelegen haben müssen, also nicht bestattet wurden. Hinweise auf eine Siedlungstätigkeit der Aggressoren im eroberten Areal fehlen.655

Die Errichtung zahlreicher Erdwerke in der Spät- und Endphase der linienbandkeramischen Kultur dürfte insgesamt für einen Umbruch innerhalb der Gesellschaft sprechen656 und mit dem Ende und Verschwinden dieser überregionalen Kulturgruppe in Zusammenhang stehen. So wurden im Merzbachtal auf der Aldenhovener Platte drei Erdwerke aus einer Siedlungsphase nachgewiesen, die an sich durch einen Rückgang der Anzahl der Häuser gekennzeichnet ist. Die Spitzgräben derartiger Anlagen sind oft breit und tief sowie steil geböscht; manchmal finden sich Einbauten, eventuell Reste zugespitzter Pflöcke in Form eingetiefter Rundhölzer, die verteidigungstechnisch die Bewegung auf der Grabensohle erschweren würden.657

Eine den Befunden aus britischen Anlagen vergleichbare Situation findet sich beim für die Altheimer Gruppe namengebenden Erdwerk. Hier wurden im inneren Graben neben Skelettmaterial 174 Pfeilspitzen geborgen, von denen etwa ein Drittel abgebrochene Spitzen aufweist.658 Allerdings müssen diese, wie auch die Funde von

655 Spatz 1998, 11 ff.; Teschler-Nicola et al. 1996; Teschler-Nicola et al. 2006; Windl 1996; 1999. 656 Untersuchungen zu Erdwerken der Bandkeramik in Hessen und Westfalen führten zu dem Schluß, die Anlagen gehörten in den Zeithorizont, der der Bildung der jüngerbandkeramischen Regionalgruppen unmittelbar vorausgeht. Zudem treten sie gehäuft in Zonen gehemmter Silex-Rohmaterialweitergabe auf und scheinen mit sozialem Stress verbunden. Vortrag von Tim Kerig, Stuttgart, auf der Tagung der AG Neolithikum in Hannover, 20. Okt. 2004. Vgl. auch Zimmermann 1995. Zu interkulturellen Gruppengrenzen innerhalb der Bandkeramik: Lenneis 2000. 657 Lüning 1991, 63; Spatz 1998, 13. 658 Driehaus 1960, 18 ff. 189 Äxten, Beilen und Keulen sowie Fragmenten dieser Geräte aus dem Areal, nicht zwingend als Hinweise für kriegerische Auseinandersetzungen gedeutet werden.

Hinweise auf einen weiteren Zusammenhang von Erdwerken mit gewaltsamen Akten liefert der Befund einer Toranlage des Michelsberger Erdwerkes von Ilsfeld, Krs. Heilbronn. Dort wurde der Schädel (Kat.-Nr. 19) eines im Gegensatz zur grazilen Ilsfelder Lokalpopulation großen und robusten Mannes entdeckt, der zwei unverheilte Hiebverletzungen aufweist. Das Schädeldach ist zudem von innen nach außen durchstoßen. Die Annahme liegt nahe, daß hier ein Ortsfremder erschlagen und sein Schädel im Eingangsbereich des Erdwerkes aufgespießt wurde.659 Obwohl gerade für die Michelsberger Kultur in besonderem Maße Erdwerke wie auch mehrere Fälle letaler Schädelverletzungen bekanntgeworden sind, gibt es hier (noch?) keine Befunde in der Art von Schletz. Schädel mit tödlichen Hiebverletzungen, die in einigen Fällen auch aus Erdwerken stammen, dürften auf Einzelereignisse zurückgehen. Allenfalls Zerstörungs- und Brandspuren können als Hinweise auf Gewaltaktionen gedeutet werden.660

10.1.2 Waffen und Geräte im Neolithikum 10.1.2.1 Zur Begriffsdiskussion „Waffe” – „Gerät” – „Werkzeug” Gerät umschließt als neutraler Begriff sowohl Waffen als auch Werkzeuge. Ein Werkzeug dient dem Namen nach der Fabrikation und Bearbeitung von Dingen; weiterer Gebrauch ist dem Namen nach nicht ausgeschlossen, speziell gewalttätiger oder kriegerischer Gebrauch klingt allerdings nicht mit. Ganz anders der Begriff Waffe; hier scheint allein die Benutzungsmöglichkeit innerhalb ebensolcher Aktivitäten bedeutend. Nach juristischer Definition dient eine Waffe der gegebenfalls notwendigen Verhinderung oder Überwindung des Widerstandes eines anderen durch Gewalt oder die Drohung damit. Eine Waffe ist damit jedes gefährliche, d.h. nach Beschaffenheit und konkreter Art der Verwendung zur erheblichen Verletzung von Menschen geeignete Werkzeug.661 Damit kommen so gut wie alle bekannten Geräte und Werkzeuge auch als Waffen in Frage; echte, einem singulären Zweck diendende Waffen gibt es nicht. Dieser vielfältige Gebrauchswert gilt für Pfeil und Bogen, die hauptsächlich der Jagd gedient haben dürften, wie auch für Äxte und Beile. Auch Messer, Dolche und Kleingeräte aus Flint sind als Waffen in diesem Sinne verwendbar gewesen. Klassifikationssysteme, etwa anhand des primären und sekundären Gebrauchswertes, wie das von J. Chapman vorgelegte,662 welches tools (im Sinne von Nur-Werkzeugen), tool-weapons (Geräte, die sowohl als Werkzeuge als auch als

659 Wahl 1995, 32. 660 Etwa im Erdwerk Heilbronn-Klingenberg: Biel 1986. 661 Thielen/Braunschneider 1998, 22. 662 Chapman 1999, 108 ff. 190 Waffen nutzbar sind, wobei der Werkzeugcharakter noch im Vordergrund steht), weapon-tools (immer noch mehrfunktionale Geräte, bei denen aber der Waffencharakter bereits im Vordergrund steht) und weapons (im Sinne echter, nur kriegerisch zu verwendender Waffen) unterscheidet, werden der prähistorischen Realität kaum gerecht. Für den vorgeschichtlichen Alltag ist von einer Vielzahl an Mehrzweckgeräten auszugehen, die ihre primäre Funktion im täglichen Gebrauch als Handwerkszeug hatten, im Notfall jedoch auch als Waffen gebraucht werden konnten. Aus der Verwendung als Waffe, d.h. als Gerät, das über Leben und Tod entscheiden kann, dürfte sich ein gesteigerter symbolischer Wert einiger Geräte,663 besonders von Äxten und Beilen, abgeleitet haben. Dies führte dazu, daß Exemplare dieser Geräteform zu Würdezeichen wurden, die Macht ausdrückten. Form und Gestalt der Geräte wandelte sich dabei, auch aufgrund von Materialauswahl, von Fall zu Fall so weit, daß ein praktischer Gebrauch quasi unmöglich wurde und der Symbolcharakter im Vordergrund stand.664

Kennzeichnend für das Neolithikum ist somit auf den ersten Blick eine Verwendung von „Waffen“, die nicht allein für diesen Zweck nutzbar waren. Als erste wirkliche Waffe, d.h. ein Gerät, das nur im Kampf mit anderen Menschen nutzbar war, wird oft das aus dem Dolch entwickelte Schwert angesehen, das mit der Bronzezeit zu einer ersten Blüte gelangte und dann über Jahrhunderte, bis ins ausgehende Mittelalter hinein, das prägende Abbild einer Waffe war. Dabei sind mitunter Gebrauchsspuren überliefert, die tatsächliche Kampfhandlungen nachvollziehbar machen.665 Tatsächlich aber ist wohl von Anfang an gerade der mehrdeutige Charakter von Waffen besonders betont worden. Waffen haben immer auch symbolischen Wert und in den meisten Fällen eine Prestigefunktion als Rang- oder Würdezeichen. Dies wird auch durch die fallweise Darstellung, etwa einer geschäfteten Axt sowie eines Bogens mit pfeilgefülltem Köcher in der wohl mittelneolithischen Steinkammer von Göhlitzsch, unterstrichen.666

10.1.2.2 Äxte, Beile und Keulen Hiebwerkzeuge wie Beile und Äxte gehören zu den ältesten und wirkungsvollsten Geräten, die als Waffe gegen Menschen eingesetzt wurden. Der besondere Charakter von Äxten und Beilen zeigt sich auch darin, daß sie früh als Grabbeigaben (vorwiegend in Männerbestattungen) auftauchen; in dieser Funktion dürfen sie zweifellos oft als Rang-, Status- und Machtsymbole interpretiert werden.667

663 Zum Deutungsfeld Symbol – Waffe: O’Connell 1989, 18. 664 Allerdings waren manche „Würdezeichen“ offensichtlich praktischer als von der Forschung allgemein angenommen. So erwiesen sich frühbronzezeitliche Stabdolche im Experiment als „highly effective in administering killing blows“: O’Flaherty 2007. 665 So Gebühr 1980 zu Kampfspuren an Waffen des Nydam-Fundes. 666 Müller 2001a. 667 Bradley 1990, 74 zu Äxten und Beilen als Insignien sozialer Eliten. 191 Hochwertige Geräte wurden schon früh weit über ihr Ursprungsgebiet hinaus verbreitet. Dies zeigt sich etwa an bandkeramischen oder rössenzeitlichen Steingeräten wie undurchlochten und durchlochten Dechseln oder Flachhacken, die sich mitunter in Fundkomplexen der spätmesolithischen Ertebølle-Kultur Norddeutschlands und Südskandinaviens finden. Abgesehen von ihrer aktuellen praktischen Verwendung werden diese Geräte auch als Statussymbole und Würdezeichen eine Rolle gespielt haben.668 Hinweise auf die Schäftung von Beilen geben vereinzelte Funde von Holzschäftungen. Es bestand die Möglichkeit der Schäftung der Beilschneide parallel zum Holm oder quer nach Art eines Dechsels. Langgestreckte, massive Holme sprechen für beidhändigen Gebrauch.669 Bestimmte Formen von Äxten und Beilen werden kaum für den praktischen Gebrauch bestimmt gewesen sein; hier ist an Verwendungen im Zusammenhang mit Repräsentation, möglicherweise auch Kult, zu denken.670 Dies trifft schon auf Exemplare am Beginn des Neolithikums671 zu und gilt vielfach sicher auch für Äxte aus Kupfer, die vereinzelt in jung- und spätneolithischen Zusammenhängen auftauchen.672 Einzelne Funde, die aufgrund ihres herausragenden Erscheinungsbildes und ihrer Qualität besonders auffallen, werden in der Regel als Waffe, Szepter und/oder Zeremonialgerät eingestuft. In diese Kategorie fällt auch eine 1999 in der Schweiz im Zugersee entdeckte Doppelaxt auf einem 120 cm langem, mit stichverzierter Birkenrinde umwickelten Schaft aus dem Zeitraum von ca. 4225–4100 B.C. Die Axtklinge war durch Keile aus Hirschgeweih sicher geschäftet; Beschädigungen der Klinge und Spuren von Reparaturen am Holm sprechen dafür, daß das Stück durchaus benutzt wurde. Dabei ist eher an eine Verwendung als Waffe denn als normales Arbeitsbeil zu denken. Der repräsentative Charakter des Stücks ist nicht zu leugnen.673 Auch in kultischen Zusammenhängen spielen Äxte und Beile immer wieder eine Rolle, etwa in verschiedenen Formen von Depots oder auf Brandopferplätzen, im weiteren Sinne auch als Beigaben in Gräbern.674 Bereits die Dechsel der Bandkeramik können als Universalgeräte angesehen werden, die praktische Funktionen etwa bei Holzgewinnung und Hausbau hatten und

668 Vgl. dazu bspw. Pedersen et al. 1997. Zu Prestige und Prestigegütern allgemein: Bernbeck/Müller 1996. 669 Beispiele u.a.: Stedten, Ldkr. Mansfelder Land: Querschäftung mit Zwischenstück (Hellmund/Kürbis 2001); Parallelschäftung: Fundstück aus Elbeschottern (Schlenker 2001). 670 Dies trifft wohl in besonderem Maß auf die verzierten Prunkäxte der Salzmünder Kultur zu. Ihr Aussehen, aber auch die geringe Zahl der Fundstücke weisen auf eine besondere Bedeutung. Dazu Müller/Clasen 2001. 671 Etwa Hartz/Klassen 2002 zu einer um 4800 BC datierenden Axt von Rosenhof, deren dünner und weicher Schaft aus Lindenholz eine Verwendung für praktische Arbeiten nicht zuließ. 672 Bspw. Grote 2002, 46 und Grote 2004 zu einer wohl schnurkeramischen Kupferaxt aus Niedersachsen. 673 Gnepf-Horisberger et al. 2000; Hochuli 2003. 674 Dazu ausführlicher unter „Kult und Gewalt“ weiter unten. Zur besonderen Bedeutung des Kreislaufs der Herstellung, Nutzung und Deponierung von Äxten: Cooney 1998. 192 ebenso als Waffen verwendet wurden; denen Bedeutung aber auch im gesellschaftlichen Kontext als Prestigegut zukam.675 Kulturell variierende Typen mögen für unterschiedliche Symbolgehalte innerhalb einzelner Kuturgruppen stehen und der Abgrenzung dieser Gruppen voneinander dienen, widerspiegeln vielleicht aber auch nur bestimmte Trends. Dies trifft auf spezielle Typen von Äxten zu, etwa die flachen Hammeräxte des frühtrichterbecherzeitlichen Horizontes676 oder die Doppel- oder Amazonenäxte der Trichterbecherkultur. Besonders die Doppelaxtformen der Trichterbecherkultur wurden oft auch als Schmuck aus Bernstein geformt; derartige Perlen fanden sich häufig in Megalithgräbern.677 Besonders die Schnurkeramik und die Einzelgrabkultur sind mit verschiedenen (Streit-)Axttypen verbunden. Eine stärkere symbolische Rolle dürften auch die während der Jungsteinzeit zunächst sporadisch, in bestimmten Phasen auch häufiger auftretenden Beile und Äxte aus Kupfer repräsentieren. Die für den praktischen Gebrauch, etwa zur Holzbearbeitung, oft kaum nutzbaren Formen dürften ihren besonderen Charakter zum einen aus dem Metallwert, zum anderen aus ihrer Aussage als Symbole bezogen haben.678 Nach K. Randsborg sind es vor allem die Streitäxte aus Stein und Kupfer, die eine Verbindung von Gewalt mit sozialem Status und gesellschaftlicher Organisation herstellen und so das Konzept des Krieges mitbegründeten.679

Mitunter läßt das Aussehen überlieferter Verletzungen Rückschlüsse auf die verwendeten Geräte zu. So werden für die Verletzungen an zwei Schädeln (Kat.-Nr. 173; 174) aus dem Kollektivgrab von Schönstedt spitznackige Beile mit linsenförmigem Querschnitt und gebogener Schneide verantwortlich gemacht.680 Auf die Zuordnung von Flachhacken und Schuhleistenkeilen zu den an den Talheimer Schädeln beobachteten Verletzungen ist weiter oben bereits hingewiesen worden. Nicht direkt zu belegen sind kulturgruppenübergreifende Tötungsdelikte anhand der verwendeten Waffenform. Für die tödlichen Verletzungen am Schädel von Weimar (Kat.-Nr. 178), der der Glockenbecherkultur zugewiesen wird, wird erwogen, sie seien möglicherweise von einer schnurkeramischen Streitaxt verursacht worden.681

Beispiele aus völkerkundlichen Beobachtungen liefern auch Hinweise zum Spannungsfeld von „Besitz” und „Gebrauch” solcher Geräte. So waren bei den Yir Yoront der Cape York-Halbinsel in Australien Herstellung und Besitz von polierten

675 So treten Dechsel zwar nicht ausschließlich, aber vorwiegend in Gräbern von Männern der ökonomisch wertvollsten Lebensphase auf. Siehe dazu Nieszery 1995; Müller et al. 1996. Gegen eine zu einseitige Verbindung von Dechseln mit dem männlichen Geschlecht: Bulla 1998. 676 Diese stellen nach Brandt 1971 einen eigenständigen Typus dar. 677 Daneben finden sich mitunter auch kleine Keulen aus Bernstein; etwa Schuldt 1971 zu Bernstein-funden aus Megalithgräbern. 678 Vgl. Chernykh 1998 zu Metallgeräten als Quelle und Symbol sozialer Macht in der Kupferzeit Osteuropas. 679 Randsborg 1995, 199. 680 Bach/Bach 1972. 681 Bach 1965, 226. 193 Steinäxten, die als zentrales ökonomisches Element galten, eindeutig auf Männer beschränkt. Tatsächlich benutzt aber wurden die Äxte hautsächlich von Frauen, vor allem für das Sammeln und Zurichten von Feuerholz. Die Frauen mußten daher jedesmal eine Axt von männlichen Verwandten „ausleihen”; dies diente offensichtlich nicht unerheblich der Aufrechterhaltung unterschiedlicher Geschlechtswertigkeiten.682

Keulen als Schlagwaffen für den Nahkampf gehören zu den ersten für den Kampfeinsatz hergestellten Geräten.683 In Form von Geröllkeulen sind sie in Mitteleuropa seit dem Mesolithikum belegt.684 In linearbandkeramischen Siedlungen und Gräbern treten mitunter Geröll- und Scheibenkeulen auf. Die meist kugeligen Geröllkeulen bestehen aus einem durchbohrten, nicht weiter bearbeiteten Geröll, wohingegen die flacheren Scheibenkeulen überschliffen wurden. Scheibenkeulen scheinen erst mit der Bandkeramik aufzutreten; vermutlich handelt es sich um Weiterentwicklungen der aus dem mesolithischen Formbestand übernommenen Geröllkeulen. Das Gewicht einer solchen Keule kann bei mehr als 500 g liegen;685 die Scheibenkeulen sind tendentiell etwas leichter. Die Funktion derartiger Geräte ist nicht geklärt. Scheibenkeulen, die in der Regel keine Gebrauchsspuren aufweisen, werden als Würdezeichen angesehen. Der Gebrauch als Waffe und Schlaggerät liegt jedoch nahe.686 Hinweise dazu stammen auch aus der spätbandkeramischen Grabenanlage von Asparn in Form von Bruchstücken kugelig geschliffener, durchbohrter Keulenköpfe. Derartige Waffen werden für einen Gutteil der Schädelverletzungen der innerhalb der Anlagen entdeckten Individuen, insbesondere für schwere Berstungsfrakturen ohne klaren Einwirkungsbereich, verantwortlich gemacht.687 Andererseits werden Keulen für die an den Talheimer Schädeln vorliegenden Verletzungen ausgeschlossen.688 Allerdings sollten vielleicht auch hier gerade bei den unspezifischen Verletzungen durch stumpfe Gewalt Keulen als verursachende Waffen nicht von vornherein ausgenommen werden. Auch in anderen geographischen und chronologischen Zusammenhängen spielen Keulen eine Rolle; so treten sie am Übergang vom Früh- zum Mittelneolithikum im Rahmen der dänischen Trichterbecherkultur häufiger auf.689 In Studien zum britischen Neolithikum wird Keulen und Keulenköpfen ein hoher zeremonieller Wert zugeschrieben, möglicherweise als Rang- oder Statuszeichen.690

682 Der Wert der Äxte wurde außerdem dadurch erhöht, daß die Klingen über weite Strecken – durch Männer – erhandelt werden mußten. Dazu Sharp 1990. – Zu den symbolischen Dimensionen des Austausches u.a. von Äxten im Neolithikum der Bretagne: Patton 1991. 683 Müller-Neuhof 2005, 196, am Beispiel vorderasiatischer Knaufkeulen. 684 Bemerkenswert ist u.a. die Keule aus der atlantikumzeitlichen Schicht von Friesack, in deren Schaftloch noch der Holzstiel steckte. Gramsch 1987, 85. 685 Eine undatierte Geröllkeule aus Barum in Niedersachsen in sehr gutem Erhaltungszustand erreicht ein Gewicht von 1,12 kg: Zedelius 1996. 686 Zu Keulen allgemein: Weller 1999. 687 Windl 1996, 22; Teschler-Nicola et al. 1996. 688 Wahl/König 1988, 184. 689 Dazu Ebbesen 1998. Vermutlich hatten sie ebenso wie die frühneolithischen Streitäxte, die häufiger Abnutzungsspuren und Nachschärfungen der Schneide, seltener Schlagspuren im Nackenbereich aufweisen, neben dem praktischen auch einen symbolischen Wert. 194 Ein hoher ideeller Wert eines solchen Geräts wird kaum auf einem Allerweltsgebrauch beruhen, sondern eher auf eine Verwendung als Waffe zurückgehen.

Der Anteil von Holzgeräten wird sicher besonders in dieser Gerätegattung unterschätzt. Eine im Berumerfehner Moor in Ostfriesland entdeckte Eibenholzkeule von 68,5 cm Länge und einem Gewicht von knapp 500 g aus der Zeit um 2700 BC von symmetrischer Form mit aufwendigen Verzierungen691 spricht zusammen mit einer weiteren ähnlich gestalteten Kugelkopfkeule dafür, daß hölzerne Geräte dieser Art vermutlich häufiger auftraten und neben praktischen ebenfalls repräsentative Funktionen erfüllten. Auch vom Fundplatz Weltzin, Lkr. Demmin, stammt ein aus einem Stück gefertigtes 65 cm langes Holzgerät mit hammerartigem, abgerundetem Kopfteil und leicht gebogenem Stiel,692 das gut als Angriffswaffe denkbar ist. Die Verwendung einer hölzernen Keule als Grabbeigabe in der becherzeitlichen Bestattung von Cairnpapple Hill, Schottland,693 belegt ebenso den zeremoniell- repräsentativen Wert dieser Geräteform.

10.1.2.3 Pfeil und Bogen Die Verwendung von Pfeil und Bogen ist seit dem späten Jungpaläolithikum nachgewiesen. Der Fund eines von einer kleinen Flintspitze durchbohrten Rentierknochens bei Slotseng in Südjütland legt die Vermutung nahe, daß bereits die Jäger der jüngeren Hamburger Kultur vor etwa 15.000 Jahren Pfeil und Bogen als Jagdwaffen nutzten.694 Etwas jünger sind Nachweise für Pfeile und eventuell Bogenreste der Ahrensburger Kultur vom Fundplatz Stellmoor.695 Pfeilspitzen aus Silex oder Obsidian weisen in der Regel durch ihre Herstellungstechnik äußerst dünne und scharfe Kanten mit hervorragender Schneidwirkung auf, die bronzenen Projektilen teilweise überlegen sind. Projektile mit großen Schneiden, deren Durchmesser größer als der des Schafts ist, sind besonders für die Jagd geeignet, da durch sie verursachte Verletzungen zu starkem Blutverlust führen. Prinzipiell sind Pfeilspitzen dieser Art auch für kriegerische Aktivitäten geeignet. Hier werden aber auch verstärkt Projektile mit Widerhaken eingesetzt, die das Herausziehen des Pfeils aus einer Wunde erschweren, sowie schmale, längere Projektile, die über gute Durchschlagkraft verfügen und tiefe Wunden verursachen. Allerdings prallen bzw. brechen schlanke, spitz zulaufende Projektile an harten Oberflächen leicht ab; in dieser Hinsicht sind Geschosse mit

690 „ ... a common emphasis on pomp or ceremony ...“: Ritchie 1992, 220. Siehe auch Simpson/Ransom 1992. Edmonds 1992, 185 weist darauf hin, daß auch die mit großem Zeitaufwand hergestellten des nordbritischen Neolithikums als keulenvergleichbare Geräte zu betrachten seien. 691 Schwarz 2005. Die zweite Keule wurde bereits 1959 in Wiesmoor, Lkr. Wittmund, geborgen. Für eine tatsächliche Nutzung der Berumerfehner Keule spricht eine Reparatur des Schaftes in Form einer Umwicklung. 692 Fundmeldung Jahrb. Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern 47, 1999, 438. 693 Barclay/Grove 2001, 19. 694 Holm 2003, 223. 695 Rust 1943. 195 abgeflachter Spitze nützlicher.696 Knochenprojektile vermögen auch Panzerungen zu durchdringen.697 Für das britische Neolithikum sind häufig blattförmige Flintpfeilspitzen, bei denen es sich eventuell um einen speziell für kriegerische Zwecke genutzten Typus handelt, sowohl in Knochen, auf offensichtlich durch Pfeilbeschuß attackierten Siedlungsplätzen als auch als Beigaben in Bestattungen nachgewiesen.698 Aus Moorfunden sind auch mehrteilige Pfeile bekanntgeworden, wobei sowohl Schaft als auch aufsteckbare Spitze aus Holz bestanden. Die vorgeschlagene Deutung, diese Funde als Projektile zu sehen, auf die bei Bedarf Gift appliziert werden konnte699, soll nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Insgesamt zeigen sich Unterschiede in der Ausstattung mit Pfeil und Bogen als Grabbeigabe – nachgewiesen in der Regel durch die Silexpfeilspitzen – nicht nur zwischen den einzelnen Kulturgruppen, sondern mitunter auch regional innerhalb einer Kultur. Für die Linearbandkeramik im Leinetal zwischen Hannover und Northeim konnte U. Weller belegen, daß in Bezug auf Formen und Häufigkeit von Projektilen regionale Unterschiede bestanden. Dies ist teilweise wohl auf differierende Subsistenzstrategien zurückzuführen, da der Anteil von Silexpfeilspitzen besonders in Gebieten mit vermehrtem Wildtierknochenanteil erhöht ist. Im Gegensatz zu den meist symmetrischen Projektilen, die vor allem in Gräbern belegt sind, kamen aber im Westen des Arbeitsgebietes oft asymmetrische Projektile aus anderem Silex in Siedlungen vor; hier besteht der Verdacht, daß diese von mesolithischen Gruppen in die Siedlungen hineingeschossen wurden.700 Pfeilspitzen, die in der mitteldeutschen Schnurkeramik allgemein recht seltene Beigaben darstellen, kommen in schnurkeramischen Gräbern der Niederlausitz häufiger vor.701 Dies kann im Zusammenhang mit einer differierenden Wirtschaftsweise bei verstärkter Bedeutung der Jagd gesehen werden, könnte aber auch einen Hinweis auf die Relevanz von Pfeil und Bogen als Waffe, damit verbunden auch in symbolischer Bedeutung, geben.

Die unterschiedliche Beigabenausstattung gerade der Schnurkeramik und der Glockenbecherkultur in Hinsicht auf die Ausrüstung der Männer läßt an deutliche Unterschiede im Gebrauch von Waffen denken. Für die Schnurkeramik stehen Äxte im Vordergrund, während in der Glockenbecherkultur häufig Dolche vorkommen und öfter noch Pfeilspitzen und Armschutzplatten den Gebrauch von Pfeil und Bogen belegen. Es ist interessant, daß gerade die Schnurkeramik sich durch eine hohe Anzahl von Schädelverletzungen und Schädeltrepanationen hervorhebt, während die

696 Eckhardt 1996, 66-69. 697 Ebd., 155. Dazu auch das Bsp. der Indianer der nordamerikanischen Pazifikküste: N. S. Louwry, An ethnoarchaeological inquiry into the interactive relationship between Northwest Coast projectile points and armour variants. Unpubl. manuscript, Univ. Wisconsin (Madison 1994); zit. nach Maschner 1997, 276. 698 Mercer 1999, 149; 152 ff. 699 Dieck 1977a. 700 Weller 2001. 701 Bönisch 1996, 53. 196 Rate derartiger Verletzungen für die Glockenbecherkultur deutlich geringer ausfällt. Mit aller Vorsicht könnte hier eine auf die unterschiedlichen „Waffensysteme“ zurückzuführende Abweichung im Verletzungsmuster postuliert werden.702 Ebenso ist denkbar, daß jeweils abweichende kulturelle und ideologische Grundlagen die Wahl verschiedener Waffentypen bedingten. Die Seltenheit nachgewiesener Pfeilschußverletzungen an Skeletten allgemein ist dabei als besonderlich bedauerlich für derartige Aussagen zu werten.

Insgesamt bleibt festzuhalten, daß Pfeil und Bogen während des Neolithikums als wirksame Waffen bekannt waren und genutzt wurden, wobei das Ausmaß der Nutzung bei den unterschiedlichen Kulturen variierte.

10.1.2.4 Messer, Dolche und Schwerter Messer aus Flintklingen werden allgemein gebräuchliche Werkzeuge gewesen sein, die vor allem im täglichen Leben genutzt wurden, im Notfall aber auch als Waffen funktionieren konnten. Hingewiesen sei hier auf das Messer der Gletschermumie aus dem Ötztal, das sicher ein Alltagsgerät darstellte, in einer Auseinandersetzung offensichtlich aber auch als Waffe genutzt wurde. Zweischneidige Dolche, mit in der Regel längerer Klinge, werden als Stichwaffen verwendet. Mit dem Spätneolithikum treten häufiger Flintdolche in spezifischer Form auf, die vielleicht auf metallene Vorbilder zurückgehen. Hier sind Spandolche zu nennen, besonders die aus Grand Pressigny-Flint gefertigten, die in unterschiedlichen Kulturgruppen auftreten und denen Prestigefunktion zugesprochen wird. Eine besondere Rolle spielen die Flintdolche des norddeutschen und skandinavischen Spätneolithikums und der Frühbronzezeit, die in verschiedenen Formen auftreten, von einfachen Blattformen bis hin zu deutlich an Metallwaffen angelehnten Formen. Hier tritt der praktische Gebrauchswert hinter einer Prestigefunktion zurück.

Schwerter, die sowohl Hieb- als auch Stichwunden zufügen können, spielen in den Metallzeiten eine besondere Rolle. Im Verlauf der Bronzezeit erobert diese Waffe eine herausragende Stellung. Vereinzelt gibt es Hinweise auf vorbronzezeitliche Schwerter aus Holz mit Klingenlängen von bis zu 50 cm.703 Es ist möglich, daß diese Formen, ähnlich den aus Flint gefertigten und den Flint-Holz-Kompositwaffen, die im Spätneolithikum und der Frühbronzezeit vereinzelt auftreten,704 auf metallene Vorbilder zurückgehen. Andererseits kann eine eigenständige Ableitung aus Messer- oder Dolchformen in Betracht gezogen werden. Vielleicht spielten auch diese Geräte als Symbole und

702 Allerdings ist die Glockenbecherkultur im Skelettmaterial auch weniger stark repräsentiert. Darüber hinaus sollten dann für diese Kultur Pfeilschußverletzungen dokumentiert werden können; dies ist zumindest in Deutschland bisher nicht der Fall. 703 Dieck 1977b. 704 Strahl 1987 zu Schwertern mit Flintschneide aus dem Elb-Weser-Gebiet. 197 Würdezeichen eine Rolle. Hölzerne Nachbildungen bronzener Schwerter spielten offensichtlich noch weit bis in die Bronzezeit hinein eine Rolle, wenn metallene Originale nicht oder nur schwer erhältlich waren. Einen Hinweis darauf liefert eine aus Eibenholz gefertigte Nachbildung eines britischen Bronzeschwertes aus der Zeit nach 1000 BC mit deutlichen Gebrauchsspuren von den Orkney-Inseln in Schottland.705

10.1.2.5 Sonstige Waffen und Geräte Zu den ältesten Gerätformen dürfte die Schleuder gehören, die sowohl als einfache Jagdwaffe als auch in Auseinandersetzungen zwischen Menschen erfolgreich einsetzbar war.706 Eine Sonderform der Schleuder stellt die Bola dar, bei der zwei oder mehr durch Seile oder Riemen verbundene Kugeln in Rotation versetzt und dann geworfen werden. Diese Gerätform ist eventuell bereits für das Mittelpaläolithikum wahrscheinlich zu machen.707 Eine Verwendung als Waffe ist möglich. Allerdings können die an den betreffenden Fundplätzen geborgenen Steinkugeln von 3–7 cm Durchmesser auch als normale Schleudersteine in Betracht gezogen werden. Wurfhölzer bzw. Bumerangs sind ab dem Gravettien bis hinein ins Neolithikum verschiedentlich belegt; allerdings handelt es sich in diesen Fällen um nicht-zurückkehrende Wurfgeräte.708 Ein zurückkehrender Bumerang ist mit einem Fund aus der erst für die vorrömische Eisenzeit nachgewiesen.709 Generell ist die Nachweisbarkeit dieser meist aus Holz gefertigten Geräte schlecht. Eine Verwendung gegen Menschen kann nicht nachgewiesen werden. Speere sind mit den homo erectus-zeitlichen Funden von Schöningen eine der ältesten Jagdwaffengattungen der Menschen. Vor der Erfindung von Pfeil und Bogen spielte der Speer, in Reichweite und Wirkung verbessert durch die Handhabung mittels einer Speerschleuder, im Jungpaläolithikum eine entscheidende Rolle.710 Speere als Wurfwaffen und Lanzen als Stoßwaffen können für das Neolithikum in dieser Funktion nicht direkt belegt werden. Da sie ab den Metallzeiten nachweislich eine große Rolle in der Waffentechnik spielten,711 ist anzunehmen, daß auch

705 Ritchie 1995, 92. Das Schwert wurde wahrscheinlich bereits fertig nach Orkney importiert; die Inseln gehörten auch zu damaliger Zeit nicht zur Wachstumszone von Eiben. Aufgrund der Dichte und Schwere des Holzes wäre dieses Schwert als Hiebwaffe durchaus geeignet gewesen. Auch die Verwendung als Übungsschwert ist denkbar. 706 Große Mengen meist tönerner Schleudersteine fanden sich u. a. an Fundorten des Keramischen Neolithikums im Vorderen Orient: Müller-Neuhof 2005. – Mit sehr guter Wirkung wurde die Kampfkraft von Schleuderen in karthagischen und römischen Heeren genutzt. Besonders beliebt waren Schleuderer von den Balearen, die Bleigeschosse nutzten; die besondere Stärke der Waffe lag im massierten Einsatz in ihrer hohen Reichweite und Angriffswucht. Vgl. dazu Eckhardt 1996, 123. 707 Stodiek/Paulsen 1996, 54. 708 Stodiek/Paulsen 1996, 53. 709 Tucker 2001. 710 Dabei kam es – entweder bei Unfällen oder durchaus beabsichtigt – vereinzelt auch zu nachweisbaren Verletzungen an Skeletten. So zeigt das spätpaläolithische Skelett des Kennewick Man eine verheilte Speerwunde an der Hüfte: Slayman 1997. 711 Etwa Jacob-Friesen 1967. Vgl. auch die zahlreichen Funde aus den eisenzeitlichen Mooropferplätzen (Gebühr 2000). Zu Waffenopferungen der Eisenzeit auch Randsborg 1995. 198 während des Neolithikums derartige Formen bekannt waren. Größere Flintspitzen könnten als Einsätze auch für derartige Geräte gedient haben.712 Mit der Verwendung neuer Waffentypen während der Metallzeiten713 änderte sich auch das Spektrum der Verletzungen. H. Fröhlich, der Ende des 19. Jh. die in der Ilias geschilderten Kampfhandlungen analysierte, konnte hier den Speer, der etwa 70% der beschriebenen Verletzungen verursachte, und das Schwert als am häufigsten eingesetzte und wirkungsvollste Waffen heraustellen. Verletzungen betrafen dabei neben dem Kopf- zunehmend auch den Rumpfbereich und waren in der überwiegenden Anzahl der Fälle tödlich.714

10.1.2.6 Defensive bzw. Schutzwaffen Die Frage nach der Existenz von Schilden als Schutzwaffen kann nicht zufriedenstellend beantwortet werden, da eindeutige Nachweise fehlen. In Langeneichstädt bei Halle sollen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einem Grab der Kugelamphorenkultur „mürbe Fragmente eines Schildes ... aus zwei oder mehreren aufeinander gehefteten dünnen Brettern“, die „durch Bast, der durch Einschnitte gezogen war“, verbunden waren, entdeckt worden sein.715 Generell ist das Vorkommen von Schilden im Neolithikum durchaus denkbar. Dabei ist die Verwendung organischer Materialien in Betracht zu ziehen, die aufgrund unzureichender Erhaltungsbedingungen nicht überliefert wurden. Komplette Vollholzschilde sind aus der Spätbronzezeit Irlands bekannt; diese wurden in ovaler oder runder Form jeweils aus Holzplatten geschnitzt, wobei bei einer Gesamtdicke von mehreren Zentimetern auch Schildbuckel und Handgriffe aus dem Holz herausgearbeitet wurden.716 Lederschilde wurden offensichtlich mit Hilfe hölzerner Formen angefertigt. Ein solcher „wooden shield former“ wurde in Kilmahamogue in Irland entdeckt und auf 3445+/-70 BP (1950-1540 cal BC) datiert.717 Die Existenz solcher Formen ist somit bereits für die frühe Bronzezeit nachgewiesen, daher ist es wahrscheinlich, daß derartige Techniken zumindest im Spätneolithikum ebenfalls bekannt waren und genutzt wurden. Schilde aus Leder können auch ohne hölzerne Model gefertigt werden. Ein Bericht über die nigerianischen Higi erwähnt folgende Herstellungstechnik: Leder wird in Form des Schildes zurechtgeschnitten, befeuchtet und mit der Vorderseite nach unten in eine Vertiefung im Erdboden gelegt. Durch Bearbeitung mit einem stumpfen

712 Interessanterweise wurden in der Frühzeit der Forschung einfache Flintdolche häufig als Lanzen-spitzen angesprochen; vgl. etwa Inventar lt. Jahrb. d. Vereins f. mecklenburg. Geschichte u. Altertums-kunde 4, 1839, 25. 713 Zum Prozeß der Verdrängung der Axt als Waffentyp mit Prestigefunktion während der Bronzezeit: Kristiansen 1989. 714 H. Fröhlich, Die Militärmedicin Homers (Stuttgart 1879); zitiert nach: Krug 1969, 12 f. 715 Scheppe 1887. 716 Schildfunde von Annandale und Cloonlara: Osgood 1998, 39. 717 Osgood 1998, 10. Ein ausreichend dicker Lederschild ist im Kampf nützlicher als ein metallener, da er die Energie des auftreffenden Schlages (impact) besser absorbieren kann. 199 Instrument entstehen Beulen und Buckel auf der Vorderseite. Nach mehreren Tagen Trocknung kann der Schild bemalt und mit einem Handgriff versehen werden.718 Solche Schilde, die aus nur einer Schicht Leder (oder dünnem Holz) bestehen, sind sehr leicht und vor allem sinnvoll, um sich vor Pfeilen zu schützen. Die weiter oben erwähnten Vollholzschilde und auch mehrlagige Lederschilde dagegen sind auch für den Kampf im Nahbereich nutzbar, um sich vor Beil-, Axt- und Schwerthieben zu schützen. Auch aus Schilf, Gras o.ä. geflochtene Schilde sind denkbar, ebenso Kombinationen verschiedener Materialien. Ethnographische Berichte beschreiben des öfteren derartige Schilde und Rüstungen. So werden in zeitgenössischen Berichten Utensilien der Irokesen des 17. Jh. geschildert: „shields made of cotton thread woven together and wood, which were proof against their arrows“ und „skins and barks of trees, made by their art impenetrable ... and headpieces of the same“.719 In einer Darstellung des 18. Jh. werden Rüstungen der Tlingit beschrieben, wobei Kopf- und Körperschutz hier vorwiegend aus Holz oder mehreren Schichten Leder mit Holzplatten bestanden.720

10.1.3 Kult und Gewalt im Neolithikum 10.1.3.1 „Kult” und „Opfer” – Definitionen und weitere Aspekte Unter Kult wird allgemein der Umgang mit einer höheren Macht bzw. höheren Mächten verstanden, der meist in festen Ritualen erfolgt. Dazu zählen etwa Gebete und Opfer. Als Opfer wird die Darbietung einer Gabe an eine übergeordnete (göttliche) Macht wie auch die Gabe selbst bezeichnet. Unterschieden wird generell zwischen unblutigen und blutigen Opfern. Unblutige Opfer können Weihegaben in unversehrtem Zustand jeglicher Art sein, aber ebenso können Dinge dargebracht werden, indem sie im rituellen Kontext zerstört oder anderweitig unbrauchbar gemacht werden. Dies erfordert dann bereits gewisse Gewaltanwendung. Blutige Opfer verlangen eine noch höhere Bereitschaft zur Gewaltanwendung, da in ihnen in der Regel mindestens ein Lebewesen den Tod findet. Eine spezielle Form des blutigen Opfers stellt die rituelle Tötung eines Menschen dar.721 R. Girard, der von einer dem Menschen eigenen aggressiven Neigung ausgeht, sieht im blutigen Opfer eine Ersatzhandlung mit Ventilfunktion, die interne Gewalt besänftigen und den Ausbruch von Konflikten verhindern hilft. Die Opferung wird als

718 Otterbein 1994b, 87. 719 Otterbein 1994a, 5. 720 Maschner 1997, 275. Experimente zeigten, daß steinerne Projektile an derartigen Rüstungen abbrechen, wohingegen Knochenspitzen sie durchdringen können. Von Interesse ist auch der Hinweis, die verstärkte Nutzung von Pfeil und Bogen habe in den ersten Jh. AD an der Nordwestküste der USA zu einem veränderten Siedlungsverhalten geführt, da offensichtlich nur größere befestigte Siedlungen mehrerer Sippen dem erhöhten Schutzbedarf Rechnung tragen konnten. Ebd., 276. 721 Gerade in diesem Zusammenhang kommt jedoch eine Ambivalenz zum Ausdruck, denn das Opfer ist eine heilige Angelegenheit, die zu unterlassen eine schwere Nachlässigkeit wäre, andererseits ist der Akt des Tötens ein Verbrechen, das ebenso schwere Konsequenzen nach sich ziehen kann. Das Opfer zu töten ist verbrecherisch, weil es heilig ist; aber es wäre nicht heilig, würde es nicht getötet. Girard 1992, 9. 200 kollektive Übertragung gesehen, die zu Lasten des Opfers interne Spannungen, Groll, Rivalitäten und alle Anwandlungen gegenseitiger Aggression innerhalb der Gemeinschaft beseitigt. Dabei tritt das Opfer an die Stelle aller Mitglieder der Gesellschaft, wird allen Mitgliedern der Gemeinschaft von all ihren Mitgliedern dargebracht. Das Ausführen des Opfers ist dabei jene Gewalt, die keine Rache nach sich zieht; ebenso wie das dabei vergossene Blut rein ist.722 Allerdings mag es sich hier um einen der opfernden Gemeinschaft eher unbewußten Aspekt handeln, denn vermutlich werden die weiteren Aspekte des Opfers, wie etwa die Bitte um Regen oder Fruchtbarkeit, die von Girard als nichtig und exzentrisch betrachtet werden, im Vordergrund gestanden haben. Die Auswahl des bzw. der Opfer kann als politische Handlung eingesetzt werden, um sich mißliebiger Personen zu entledigen. Häufig werden Menschen von Rand der Gesellschaft Opfer; entsprechende Hinweise finden sich auch im archäologischen Kontext.723 Hinrichtungen von Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft oder die Tötung von Gefangenen können als Rechts- oder Racheakte ebenfalls mit einer kultischen Handlung verbunden worden sein. Die Opferung von Menschen ist keineswegs als Zeichen von Primitivität oder tiefstehender Kultur, sondern als kulturelle Eigenheit im Rahmen eines besonderen religiös- rituellen Kontexts zu werten.724

Bei Funden und Befunden, die im weiteren Sinn der kultischen Sphäre zugeordnet werden können, tauchen im Zusammenhang immer wieder zwei Bereiche auf – Feuer und Wasser. Feuer spielt dabei eine Rolle in Verbindung mit Bestattungen und Grablegen, bei der absichtlichen Zerstörung oder rituellen Unbrauchbarmachung von Gegenständen wie allgemein in rituellen Handlungen.725 Beim Vorbereiten eines Bestattungsrituals bzw. einer Grabgrube konnte Feuer ebenso involviert sein726 wie bei der Beendigung eines solchen Rituals, etwa dem Abbrennen eines Totenhauses, was durchaus mehrmals nacheinander geschehen konnte,727 (wenn man nicht annehmen möchte, daß die Grabanlagen durch Feindeinwirkung zerstört wurden). Man kann hier von einer zerstörerischen, aber auch reinigenden Kraft ausgehen, die deutliche Spuren und Veränderungen hervorzurufen vermochte und deren transformative Kraft man sich zunutze zu machen suchte.728 Gebrannten Flint trifft man im Raum der Trichterbecherkultur sowohl im Zusammenhang mit Megalithgräbern als auch auf speziellen Opferplätzen an. Da

722 Girard 1992, 18ff. Zur Notwendigkeit von Gewalt im Opferritual auch Bloch 1992. 723 Lidke 2002, 59. 724 Rind 1996, 13. Opferungen von lebenden Wesen werden für unterschiedliche Zeitepochen diskutiert; für die Eisenzeit etwa Aldhouse Green 2001. 725 So wurden u.a. vier kleine Kupferäxte, die in der Mitte des 3. Jt. BC in einer Felsspalte des Pigloner Kopfes in Südtirol deponiert wurde, vor ihrer Niederlegung dem Feuer ausgesetzt. Oberrauch 2000. 726 Stoltenberg/Zich 1998 anhand eines Grabes der Einzelgrabkultur mit Brandspuren; Kirsch 1980 zu Brandspuren auf der Sohle eines Grabes der Kugelamphorenkultur von Berlin-Friedrichsfelde. 727 Dirks/Grefen-Peters 1999. 728 Zum transformativen Gebrauch von Feuer innerhalb der Trichterbecherkultur: Apel et al. 1997. 201 seine Farbe in etwa der verbrannter Knochen entspricht, ist möglicherweise auch von einem symbolischen Wert auszugehen.729

Demgegenüber spielt auch Wasser im Kultbereich eine große Rolle. Gerade Gewässerbereiche ermöglichen durch gute Erhaltungsmöglichkeiten oft genauere Einblicke in rituelle Geschehnisse. Seit dem frühen Neolithikum sind für unterschiedliche Kulturen immer wieder Opfer im bzw. am Wasser belegt.730 Für die Trichterbecherkultur ist eine Vielfalt ritueller Deponierungen in Mooren und Gewässern nachgewiesen.731 In großer Zahl in Mooren gefundene Gefäße, die sehr wahrscheinlich mit Inhalt versenkt wurden, zeigen ebenso wie niedergelegte Äxte und Beile die Bedeutung des Wasserraums im Kult. Interessanterweise wurden Gefäße meist in tieferen Moorschichten als Äxte und Beile entdeckt, so daß davon ausgegangen werden kann, daß die Gefäße in offenem Wasser versenkt wurden, während die Äxte und Beile im Uferbereich niedergelegt wurden.732 Einzelne Gewässer bzw. Moore wurden über lange Zeiträume wieder und wieder für Deponierungen genutzt. Dies konnte anschaulich für das Gammellung-Moor bei Troldebjerg auf Langeland nachgewiesen werden; dort wurden 24 separate Depots entdeckt; Keramik, Beile, Äxte und disartikulierte Knochen von Menschen und Tieren.733 Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt des Opfergeschehens in der Trichterbecherkultur sind aus Holz und Flechtwerk errichtete Plattformen von zum Teil beträchtlicher Größe, die in die Gewässer hinein errichtet wurden.734 Dort fanden sich ebenfalls Opfergaben. Vermutlich entsprachen diese Plattformen zentralen Kultorten, die über längere Zeit hinweg aufgesucht wurden.

In den Opfersitten scheinen sich auch chronologische und kulturelle Differenzen abzuzeichnen. Vermutliche Opferungen von Menschen (auf die weiter unten genauer eingegangen wird), finden sich im Rahmen des Übergangs vom Frühneolithikum zum Mittelneolithikum mehrfach im seeländischen Gebiet. Bestimmte Opfersitten (bspw. Geschirrdepots vor Megalithgräbern) finden sich nur innerhalb der Trichterbecherkultur, die in den Megalithgräbern nachbestattende Einzelgrabkultur scheint diese Sitte aufgegeben zu haben. Für die Einzelgrabkultur sind ebenfalls weniger Gefäßopfer in Mooren belegt.735

729 Larsson 1988b, 151. Zu verschiedenen Feuerritualplätzen des südschwedischen Neolithikums: Larsson 2000. 730 U.a. für die Bandkeramik Grote 1999 zu Opferfunden (Keramik u. Steingeräte) im Quellteich der Rhumequelle im Lkr. Göttingen. 731 Ebbesen 1993; Bakker 1998; Hallgren et al. 1997. 732 Tilley 1996, 101. 733 Skaarup 1985. 734 Apel et al. 1995; Bakker 1998, 151; Hallgren et al. 1997; Andersen 2000. Eventuell handelt es sich auch bei Gingst auf Rügen um einen solchen Fundplatz; neben der bekannten überlieferten Prachtkeramik werden auch Holzpfähle/-pfosten erwähnt: Petzsch 1937. 735 Rech 1979, 93. 202 10.1.3.2 Mit Gewalt verbundene Kulthandlungen im Neolithikum – Sach- und Tieropfer Häufig finden sich Belege für das Zerschlagen oder Verbrennen von Gegenständen wie Keramikgefäßen oder Beilen. Dies kann als rituelles Unbrauchbarmachen angesehen werden, etwa bei der Zerschlagung von Gegenständen, die im Rahmen einer Zeremonialhandlung benutzt wurden und vor erneutem profanem Gebrauch bewahrt weden mußten, aber auch bei der absichtlichen Zerstörung von Hausrat von Verstorbenen und Totenbeigaben. Ebenso ist auch an direkte Opfer zu denken; durch die Zerstörung der Gabe sollte eine Zurückweisung durch die Gottheit verhindert und eine Gegenleistung erwirkt werden. Vom Brandopferplatz Svartskylle im südlichen Schonen, einer markanten Geländeerhebung, stammen durch Feuereinwirkung farbveränderte und fragmentierte Flintbeile.736 Im Zusammenhang mit Bestattungsplätzen wie etwa Megalithgräbern, aber auch Erdwerken, ist von Gefäßzerschlagungen im Rahmen unterschiedlicher zeremonieller Handlungen auszugehen. Die Sitte, persönlichen Besitz, wie etwa Waffen, unbrauchbar zu machen und so dem Toten mitzugeben, findet sich auch in anderen Zeitepochen, so während der vorrömischen Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit. Wurden Waffen nicht verbogen oder absichtlich beschädigt, so finden sich ab und an Spuren, die auf ein Unbrauchbarmachen durch Durchglühen hinweisen.737 Bei Tieropfern handelt es sich um blutige Opfer, die mit Gewaltausübung verbunden sind. Dabei wird die Gewalt von den Mitgliedern der menschlichen Gemeinschaft abgewendet und auf ein anderes Individuum, ein Tier, gelenkt, dessen Tod weniger bedeutsam ist. Allerdings zeigt die Auswahl der Tiere, nämlich meist der nützlichsten und kostbarsten, daß eine gewisse „Menschenähnlichkeit“ beabsichtigt ist.738 Darüber hinaus wird ein materieller Verlust in Kauf genommen, der durch die etwaige Nutzung des Opfertiers für ein rituelles Festmahl nur gemildert werden kann. In diesem Zusammenhang können eventuell Rinderknochen aus Erdwerken als Reste von Opfern in Verbindung mit kultischen Mahlzeiten angesprochen werden. Rinderschädel mit Tötungsspuren aus dänischen Mooren belegen deutlich den Zusammenhang von Kult und Gewalt in diesem Bereich.739 Bereits für die Linienbandkeramik sind derartige blutige Opfer nachgewiesen. Aus dem Erdwerk von Eilsleben in Sachsen-Anhalt stammt u.a. eine Grube, in der oberhalb eines in extremer Hockerstellung niedergelegten Frauenskeletts ein Urkuhschädel geborgen werden konnte. Die Tötung des Tieres ist durch eine Schlagverletzung des Stirnknochens belegt.740 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die vor allem mit der Kugelamphorenkultur, aber auch mit anderen neolithischen Kulturen verbundenen Rinderniederlegungen oder Rinderbestattungen. Diese dürften sowohl mit dem Totenkult als auch mit einer Vorstellung vom Rind als Vertreter einer überrealen

736 Larsson 1988b. 737 Makiewicz 1995. 738 Girard 1992, 11. 739 Skaarup 1985, 72. 740 Kaufmann 2002, 128. 203 Wesenheit zusammenhängen und geben so Hinweise auf die komplexe Vorstellungswelt des Neolithikums.741 Oftmals treten Menschen- und Tierknochen in als kultisch interpretierten Befunden gemeinsam auf, ohne daß allerdings direkte Hinweise auf gewaltsame Handlungen sichtbar wären. Auf dem als Opferstätte angesprochenen Fundplatz von Düsedau wurden die Reste eines Kinderschädels in einer Steinsetzung entdeckt; in unmittelbarer Nähe fanden sich weitere menschliche Skelettreste und die fast vollständigen Skelette von drei Rindern, wobei die Beine der Tiere abgeschlagen worden sein sollen.742 Am Fundplatz Derenburg befand sich ein walternienburg- bernburgzeitliches Kollektivgrab in unmittelbarer Nähe mehrerer Rinderniederlegungen;743 in Zauschwitz war eine Doppelbestattung der Kugelamphorenkultur mit Rinderbestattungen vergesellschaftet.744

Als weitere kultische Äußerung sind sogenannte Bauopfer zu betrachten. Diese Deutung wird gern auf Sachgüter, aber auch Skelette und Einzelknochen von Menschen und Tieren, in Verbindung mit Hausgrundrissen bzw. Pfostengruben angewandt. In zahlreichen Fällen ist aber vermutlich eher von profanen kulturbedingten Deutungen auszugehen.745

10.1.3.3 Menschenopfer im Neolithikum? Betrachtet man die Opferung wertvoller Tiere als erwiesen, so ist auch die Opferung von Menschen als letzter Schritt zumindest hypothetisch zu betrachten. Dabei sind derartige Opferungen nicht als Grausamkeit zu sehen, sondern als kultische Handlungen, die ein aus heutiger, westlich-moderner Sicht grausames Ritual beeinhalten. Als Ausgangspunkt für die Opferung von Menschen mag ebenso wie bei der Opferung von Tieren der Gedanke an Blut als Träger der Lebensenergie von Bedeutung gewesen sein, ebenso auch die Vorstellung, natürliche Elemente wie Feuer, Wasser, Erde und Luft bzw. deren göttliche Verkörperungen könnten durch Opfer günstig gestimmt werden. Die Opferhandlung selbst kann dabei auch als Wiederholung eines mythischen Geschehens angesehen werden, wobei die zu opfernde Person mit einer Gottheit identifiziert wird, deren Tod den ewigen Zyklus des Lebens, Zeugung, Geburt und Tod, Vergehen und Wiedererstehen, in Gang hält. Durch das Opfer wird so die mythisch gestiftete Weltordnung erhalten.746 Auch Naturkatastrophen werden als Ursprungsereignisse der Blutopfer angesehen; hier sei die menschliche Ohnmacht gegenüber Geschehen dieser Art in Aggression

741 Vgl. dazu Pollex 1997; 1999. 742 Hoffmann 1963. 743 Döhle/Stahlhofen 1985. 744 Coblenz/Fritzsche 1962. 745 Vgl. dazu Beilke-Voigt 2001. 746 Girard 1992, 18. Zur Opferung von Menschen als „Grabbeigaben“ und in anderen Zusammenhängen: Oestigaard 2000. 204 umgeschlagen, die ein Ventil suchen mußte, um den Weiterbestand von Gemeinwesen zu ermöglichen. Blutopferkulte könnten danach als Heilungsrituale gesehen werden, die im Laufe zyklischer Wiederholung Brauch und Sitte wurden.747 Nach E. Feuerbaum sind Menschenopferungen, die die Furcht vor dem eigenen Tod durch den Tod anderer mindern sollten, in den frühen Religionen relativ häufig; allerdings treten sie nie in primitiven, sondern nur in höher entwickelten Gemeinschaften auf.748 Für spätere Epochen vorliegende schriftliche Quellen zu Menschenopferungen sind mit Vorsicht zu betrachten, da in vielen Fällen Propaganda zum Zweck der Herabsetzung von Gegnern nicht auszuschließen ist.749 Problematisch ist und bleibt der direkte Nachweis derartiger Opferhandlungen. Da stets nur anhand von Indizien geurteilt werden kann, bleibt auch der Ablehnung und Verneinung von Menschenopfern die Tür geöffnet.750 Hier ist zusätzlich zu hinterfragen, inwieweit moderne ethische Vorstellungen im Sinne eines Rehabilitierungsversuchs alter (von der frühen Forschung oft als grausam oder barbarisch angesprochener) Kulturen in diese Thematik hineinspielen. Für die mesoamerikanischen Azteken und Maya sind Menschenopferszenen von Keramik, Skulpturen und Wandmalereien belegt;751 auch der Zusammenhang von Ritualen und Mythen, die über die Opfer auch mit den ökonomischen Gegebenheiten verknüpft waren, ist dargelegt worden.752 Für das Inkareich sind Opferungen von Menschen auf Berggipfeln bekanntgeworden. Dabei wurden die Opfer offenbar meist in betäubtem Zustand auf den Gipfeln zurückgelassen, wo sie innerhalb kurzer Zeit erfroren.753 Für die altperuanische Moche-Kultur (von ca. 100–800) gelten Wandmalereien, die u. a. Götterfiguren mit abgetrennten Köpfen in den Händen zeigen, und Knochenbefunde, die auf Verstümmelungen und Tötungen hinweisen, als Anhaltspunkte für Opferhandlungen, die auch das rituelle Töten von Menschen beinhalteten.754

747 Heinsohn 1999. Danach wurden die – im Opfer nachgestellten – Unheil anrichtenden Naturgewalten später in Götter transzendiert, immer noch erkennbar an Attributen wie Blitz und Donner. 748 Feuerbaum 1993, 19. Zur Rolle des kulturstiftenden Menschenopfers im Mythos: Maccoby 1999. 749 Antiken Autoren wie Diodorus Siculus zufolge wurden in Karthago Kinder geopfert. Die bei der Ausgrabung des Kultbereichs Tophet entdeckten Urnen mit den Überresten verbrannter Kinder scheinen diese Überlieferungen zu bestätigen. Während einige Forscher (Huß 1995, 106) die Möglichkeit tatsächlicher Opferungen in Betracht ziehen, erwägen andere die Nutzung des Tophet als Kinderfriedhof und führen die Opfertheorie auf karthagofeindliche römische Propaganda zurück (Niemeyer et al. 1996, 35). 750 So wird neuerdings auch für das Aztekenreich, oft als Paradebeispiel blutiger Menschenopfer angeführt, argumentiert, Praktiken dieser Art – rein religiöse Menschenopfer ohne jeden weiteren politischen oder kulturellen Hintergrund – seien nicht nachgewiesen (Hassler 1992). 751 Soustelle 1983; Steele 1983; Robicsek/Hales 1983. Ob geborgene Knochenreste mit Manipulationsspuren mit Opfersituationen in Verbindung zu bringen sind, muß offen bleiben. Beispiele bei Pijoan Aguadé/Mansilla Lory 1997. 752 Matos Moctezuma 1983 über den Haupttempel von Tenochtitlan, der den Göttern Tlaloc (Wasser, Landwirtschaft) und Huitzilopochtli (Sonne, Krieg) gewidmet war. Landwirtschaft und Tribute unterworfener Gebiete bildeten die ökonomische Basis Tenochtitlans. 753 Tierney 1989. Auch hier spielen wirtschaftliche und politische Elemente in den religiösen Bereich hinein: zum einen galten die Götter der Berge als für Wasser und Fruchtbarkeit zuständig, zum anderen wurde in eroberten Gebieten durch die Opfer die Präsenz der Inka manifestiert. 754 Gwin 2004. Löwer 2004 zum Fundplatz Cerro Blanco, wo die Skelettreste von mehr als 70 Männern zwischen 15 und 40 Jahren mit traumatischen Spuren geborgen wurden. Dort auch die Information, daß chemischen Analysen zufolge Tonkelche der Moche-Kultur einst Menschenblut enthielten. 205 Für die europäische Vorgeschichte sind direkte Nachweise für Menschenopfer in verschiedenen chronologischen Horizonten schwer zu erbringen. So finden sich in der antiken Kunst zwar Darstellungen mythischer Opferungen, doch ob ähnliche Handlungen auch in realen Kultpraktiken vorkamen, bleibt fraglich. Dabei ist auch hier das Problem zu diskutieren, ob die Tötung von Gefangenen als Opferung zu betrachten ist, wenn sie in einem kultischen Rahmen stattfindet.755 In die Eisenzeit zu datierende Funde von im Moor versenkten Menschen werden oft als Opfersituationen interpretiert, umso mehr, da oft mehrere Todesarten an den Betroffenen nachweisbar sind.756 Die von J. Rind757 für das Neolithikum Deutschlands vorgelegten Beispiele für Menschenopfer vermögen nicht zu überzeugen; dabei handelt es sich in vielen Fällen um Sekundärbestattungen (etwa im Fall der Jungfernhöhle von Tiefenellern758) oder um von der Norm abweichende Bestattungen (teils von Individuen mit Verletzungen). Generell zeigt sich die Schwierigkeit, Opferbefunde von anderen abzugrenzen, die vielleicht ebenfalls mit der Zerlegung und Deponierung menschlicher Knochen zu tun haben, wie rituelle Bräuche etwa im Rahmen mehrstufiger Bestattungssitten, oder Verbringung einzelner Skeletteile an kultisch genutzte Plätze.759 Trotzdem können dank günstiger Erhaltungsbedingungen Befunde für das europäische Neolithikum angeführt werden, die Hinweise auf die Opferung von Menschen während unterschiedlicher Zeitphasen geben. Als herausragendes Beispiel einer Menschenopfersituation des Neolithikums gilt Sigersdal im Norden Seelands in Dänemark. Hier wurden die Skelette zweier junger Frauen im Alter von 18-20 bzw. etwa 16 Jahren aus einem Moor geborgen. Die ältere der Frauen trug noch die Schnur um den Hals, mit der sie offenbar erdrosselt worden war. Ein Ösengefäß der Stufe C des Nordischen Frühneolithikums wurde nahbei gefunden, außerdem ein Rinderschädel und die Unterkiefer von drei jungen Rindern. 14C-Datierungen von 3485+/-140 und 3510+/-75 cal BC bestätigen die zeitliche Einordnung.760 Der Ausgräber sieht es als wahrscheinlich an, daß zumindest im Fall des älteren Individuums ein Schlag auf die linke Schädelseite, der eine beträchtliche Läsion hinterließ, als (Mit-)Todesursache in Frage kommt.761 Er geht davon aus, daß die Frau im Wasser stand, getötet wurde und dann zusammensank, während Bennike/Ebbesen von einer Verbringung der Leichen ins Moor sprechen. Eine vergleichbare Befundsituation zeigte sich im Moor von Bolkilde auf der Insel Als vor Südjütland. Dort waren zwei Männer im Alter von 16 und 35 Jahren dem Moor übergeben worden. Erneut trug das ältere Individuum noch die Erdrosselungsschnur

755 Dazu Steuernagel 1998. Bei bildlich dargestellten Szenen, etwa in etruskischer oder griechischer Kunst, handelt es sich meist um Opferungen von Kriegsgefangenen nach mythischen oder dichterischen Vorlagen. 756 Spuren von Erdrosselung, Schädelverletzungen und durchschnittener Kehle am Lindow Man. Vgl. Aldhouse Green 2001. 757 Rind 1996. 758 Siehe dazu Orschiedt 1997. 759 Zum Auftreten menschlicher Knochen in anderen Zusammenhängen u.a. Kaul 1992. 760 Bennike/Ebbesen 1986. 761 Andersen 1987. 206 um den Hals. Der Befund konnte an den Beginn der zweiten Hälfte des 4. Jt. BC datiert werden (3490-3370 BC).762 Vergleichbar ist ebenso der Befund von Døjringe, wo die Skelette zweier junger Männer im Alter von 18-21 und 20-35 Jahren nah beieinander im Moor gefunden wurden. Bemerkenswert sind diese Skelette auch, weil beide Individuen verheilte Schädeltrepanationen aufweisen.763 Die Datierung ist nicht sicher; wohl in Analogie zu den o.g. Befundsituationen werden auch die Skelette von Døjringe dem Frühneolithikum zugerechnet.764 In einer ähnlichen Situation am Fundplatz Tysmosen bei Kopenhagen wurden die Skelette zweier Kinder im Alter von acht und zehn Jahren entdeckt.765 Mit diesen Belegen läßt sich Gewaltausübung im Rahmen der frühen Trichterbecherkultur als hoch ritualisiert ausweisen. Die so ausgeübte Kontrolle über das Ende menschlichen Lebens gilt als Hinweis auf eine stärker hierarchisch gegliederte Gesellschaft am Übergang zum Mittelneolithikum.766 Nachweise für gewaltsamen Tod, die auf kriegerische Auseinandersetzungen hindeuten würden, fehlen im Skelettmaterial dieser Zeit. Darüber hinaus ist in den Opfersituationen mit meist jungen Individuen, auch Frauen, zum Teil eine andere Bevölkerungsgruppe vertreten.767 Fälle dieser Art lassen sich nicht nur für das Frühneolithikum nachweisen. In Stenstrup im Nordwesten Seelands wurde im Moor das Skelett eines 40jährigen Mannes aufgedeckt, der eine Schnur um den Hals trug und mit zwei etwa 20 kg schweren Steinen beschwert war. 14C-Datierungen auf 1890-1795 BC lassen diesen Befund dem Spätneolithikum oder der frühen Bronzezeit zuweisen.768 In diesen Zeitraum gehört auch ein rituelles Depot disartikulierter menschlicher Knochen von Føllenslev, das auf 1945 BC datiert werden konnte. Durchtrennungen durch eine scharfe Waffe ließen sich an beiden Armen, Oberschenkelgelenken und Unterkieferästen beobachten.769 Diese Befunde lassen sich im weiteren Sinne der übergeordneten Kategorie der Gewässeropfer zuweisen, wie ebenfalls aus Mooren stammende Deponierungen von menschlichen Knochen, hauptsächlich von Kindern, etwa aus dem bereits erwähnten Moor von Gammelung. Ein anderes Depot aus diesem Moor beinhaltete den Schädel einer Frau, die durch einen Schlag auf den Kopf ums Leben gekommen war. Aus dem Moor von Myrebjerg/Langeland stammt ein Depot disartikulierter menschlicher Knochen von mindestens 5 Personen, zusammen mit Knochen von Rindern,

762 Bennike et al. 1986. 763 Bennike 1985, 69 ff. 764 Ebd. 765 Bennike/Ebbesen 1986, 93. 766 Dazu Randsborg 1975, 115. Gerade die Übergangsphase vom Früh- zum Mittelneolithikum innerhalb der Trichterbecherkultur ist durch das Auftreten mehrerer besonderer Charakteristika gekennzeichnet: Errichtung von Megalithgräbern und Erdwerksanlagen; Bernsteinhorte; Kupferfunde: Madsen 1991. Zu frühen Kupferfunden im Norden: Menke 1988. 767 Fischer 2002, 372. 768 Bennike et al. 1986, 206. 769 Bennike/Ebbesen 1986, 95 f. 207 Schweinen und Schafen sowie Keramikscherben und Flintgeräten, das auf 2690 BC datiert werden konnte.770

Vom Fundplatz Eilsleben der Linienbandkeramik liegen ebenfalls Funde menschlicher Knochenreste in ungewöhnlichen Situationen vor. Auf das Skelett einer Frau unterhalb eines Rinderschädels mit Schlagverletzung ist bereits hingewiesen worden. Am Skelett der Frau konnte anscheinend keine Verletzung nachgewiesen werden, die Anlaß zur Annahme eines Opfertodes geben würde. Andererseits könnte ein solcher Tod auch durch eine archäologisch nicht nachweisbare Maßnahme (etwa Gift oder Erdrosseln) herbeigeführt worden sein. Dieses und weitere Skelette erweckten durch extreme Lagepositionen den Eindruck der Fesselung. Anhand einer Grube des Fundplatzes konnte die Deponierung eines menschlichen Beines belegt werden, eine weitere enthielt drei übereinander liegende linke Hände. Zudem konnte ein intentionell zugerichteter menschlicher Gesichtsschädel geborgen werden; das Hinterhaupt war abgetrennt worden und Zähne zumindest teilweise abgeschlagen.771 Auch in der kürzlich ergrabenen stichbandkeramischen Kreisgrabenanlage von Goseck bei Halle fanden sich menschliche Knochenreste in Gruben. In einem Fall handelt es sich um Knochen eines linken und eines rechten Armes sowie das rechte Bein eines Erwachsenen, im zweiten Fall um Reste einer Hand. Die Knochen sollen im anatomischen Verband mit den verbindenden Weichteilen niedergelegt worden sein.772 Auch wenn Funde dieser Art zweifelsfrei dem kultischen Bereich zuzuweisen sind, können doch Funde einzelner Knochen in ungewöhnlichen Umständen nicht als direkte Nachweise für Opferungen dieser Personen betrachtet werden.

Im Zusammenhang mit Menschenopferungen ist auf die im Rahmen der Bandkeramik häufiger auftretenden, meist fragmentarisch erhaltenen menschengestaltigen Tonstatuetten, in der Regel Frauendarstellungen, hinzuweisen, die als Substitutopfer anstelle von Menschen interpretiert werden. Die nicht nur am Fundplatz Eilsleben aufgedeckten Befunde sprechen dafür, daß die Träger der Linienband- und Stichbandkeramik über einen Kanon kultischer Vorstellungen verfügten, der blutige und unblutige Opfer beinhaltete. Dabei könnten die einzelnen Skelettreste für Menschenopfer pars pro toto stehen sowie die zerbrochenen Statuetten als symbolischer Ersatz für die Opferung von Personen gewertet werden.773 Ungewöhnliche Befundumstände regen generell gern zur Deutung als kultische oder gar Opfersituation an.774 In Aldersbach-Kriestorf, Lkr. Passau, wurde eine Art Kellerbau des Mittelneolithikums aus sechs mächtigen Holzpfosten entdeckt. In

770 Skaarup 1985; Tilley 1996, 101. 771 Kaufmann 1989; 2002, 128f. 772 Schulz 2002. 773 Kaufmann 2002, 135. 774 Sherratt 1991, 58 erwähnt einen ungewöhnlichen Befund der Badener Kultur aus der Slowakei; eine glockenförmige, vier Meter tiefe Grube, an deren Boden sich die Skelette von zehn Individuen in aufrecht knieender Haltung fanden. Auch hier wird eine kultische Tötung der Individuen angenommen, die vielleicht betäubt oder vergiftet wurden. 208 diesem fanden sich neben einer Tonplastik, die eine weibliche Figur auf einer Art Walze darstellt und ihre besten Entsprechungen im Lengyel-Komplex bzw. der Mährisch-Bemalten-Keramik (4900-4400 BC) hat, menschliche Schädel, Unterkiefer und weitere Knochen.775 Dieser Bau kann sicher als Kultplatz angesprochen werden. Ob er mit Opfern in Verbindung gebracht werden darf, erscheint dabei nicht sicher; vielleicht ist eher von Riten im Rahmen sekundärer Bestattungsrituale auszugehen. Auch die Skelettreste aus der Jungfernhöhle Tiefenellern, die auf sekundäre Bestattungsriten zurückgehen, sind aufgrund der Besonderheit der Befund- und Fundumstände als Überreste von Menschenopfern angesehen worden; hier allerdings fehlen für eine derartige Annahme die Belege. In einigen Fällen lassen besonders Rinderbestattungen im Zusammenhang mit der Bestattung von Menschen oder der Niederlegung von menschlichen Knochen an besondere kultische Zusammenhänge denken. Dies trifft etwa auf Fundplätze der Kugelamphorenkultur, Walternienburg-Bernburger Kultur und Havelländischen Kultur zu.776 Allerdings liegen hier keine Hinweise auf die Tötung der betroffenen Menschen vor. Im Zusammenhang mit der Nutzung von Kreisgrabenanlagen werden Opferungen von Menschen ebenfalls diskutiert. Zu einer solchen Annahme bot ein Befund aus Ippesheim, Lkr. Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, in Bayern Anlaß; dort wurden im geometrischen Mittelpunkt eines mittelneolithischen Rondells die Reste eines kopfüber im Boden steckenden Skeletts freigelegt. Die vor dem Gesicht liegenden Hände sind dabei Hintergrund für die Vermutung, daß das Individuum eventuell lebend in den engen Schacht gestürzt wurde.777 Aus einer Kreisgrabenanlage der Lengyelkultur von Friebritz in Österreich stammen die Skelette eines Mannes und einer Frau; beide wurden bäuchlings bestattet und wiesen im Rücken- und Rumpfbereich Flintpfeilspitzen auf. Hier wird ebenfalls eine Opfersituation angenommen; denkbar ist auch eine Hinrichtung.778

Auch aus Großbritannien sind Befunde menschlicher Skelette aus Ritualanlagen bekanntgeworden, die als Opfersituationen interpretiert werden. Am bekanntesten ist die Niederlegung eines etwa dreijährigen Mädchens mit tödlicher Schädelverletzung in der Anlage von Woodhenge (etwa 2300 BC). Ein weiteres Mädchenskelett wurde in der Nähe des Steinkreises von Avebury entdeckt.779

Für die Bronzezeit werden oft Funde menschlicher Knochen aus Höhlen als Zeugnisse für die Opferung von Menschen interpretiert, wobei in der Regel auch kultischer Kannibalismus angenommen wird.780 Als alternative Deutungsmöglichkeit

775 Wandling 1998. 776 Etwa die Fundplätze Buchow-Karpzow (Kirsch/Plate 1984) und Gallberg bei Zachow (Kirsch/Plate 1990) in der Nähe von Nauen, oder Düsedau (Hoffmann 1963). 777 Nadler 2002, 44. 778 Probst 1991, 430; Podborský 1989. 779 Dazu Burl 1987, 270. 780 U.a. Kosackenberg bei Bad Frankenhausen im Kyffhäusergebirge; Rothesteinhöhle, Nasensteinhöhle und Kinderhöhle im Ith, Niedersachsen; Burghöhle von Dietfurt, Lkr. Sigmaringen, Höhle von Loch, Lkr. Amberg- 209 wird die Möglichkeit von Sekundärbestattungen diskutiert.781 Besonders stark für eine kultische Deutung empfehlen sich Befunde aus der Lichtensteinhöhle, Lkr. Osterode in Niedersachsen im , wo Skelettreste von insgesamt wohl über 30 Menschen an überaus schwer zugänglichen Stellen entdeckt wurden.782 Ähnliche Diskussionen um die kultische oder profane Deutung von Befunden werden auch für die Eisenzeit geführt.783

Die beschriebenen nachgewiesenen Opfersituationen erlauben bedauerlicherweise nur geringe Einblicke in die kultische Vorstellungswelt des Neolithikums. Eine einheitliche „Jungsteinzeit-Religion“ kann es nicht gegeben haben; einzelne, nebeneinander existierende Kulturgruppen grenzten sich im Rahmen chronologischer Veränderungen ideell und kultisch voneinander ab. Derartige Vorstellungen fanden archäologisch sichtbar Niederschlag in Bestattungssitten und dem bevorzugten Gebrauch bestimmter Typen von Keramik, Werkzeugen und Waffen. Es ist anzunehmen, daß sie sich auch auf das Zusammenleben und die Wahrnehmung der Menschen untereinander auswirkten. Wechselnde und voneinander abweichende kultische und religiöse Vorstellungen mögen bereits in der Steinzeit Menschen einander entfremdet und zu Aggression gegenüber Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft und anderer Gruppen angestachelt haben. R. Dawkins schreibt über religiöse Überzeugungen folgendermaßen: „Es gibt Leute, die so stark an etwas glauben, daß sie in extremen Fällen bereit sind, dafür zu töten oder zu sterben, ohne die Notwendigkeit einer weiteren Rechtfertigung. Glaube ist mächtig genug, um Menschen gegen alle Bitten um Gnade oder Vergebung, gegen alle Appelle an ihre Menschlichkeit immun zu machen. Er macht sie sogar immun gegen Angst ... Was für eine Waffe! Religiöser Glaube verdient ein eigenes Kapitel in den Annalen der Kriegstechnologie.“ 784

10.1.3.4 Schädelkult und Schädelamulette Schädelkult und Schädelamulette spielen in der menschlichen Geschichte in unterschiedlichen chronologischen und geographischen Zusammenhängen eine Rolle.785 Auch für das Neolithikum sind verschiedene Formen der speziellen Behandlung von Schädeln belegt. Aus dem bandkeramischen Erdwerk von Herxheim stammt eine Schädelkalotte aus dem Innengraben des Erdwerkes, welche drei verheilte Hiebverletzungen aufweist, verursacht durch die scharfe Schneide eines Steinbeiles bzw. stumpfe Schläge (Kat.- Nr. 118). Außerdem weist die Kalotte Schnittspuren von der Entfleischung des

Sulzbach; Hirschberghöhle, Gde. Vorra, Lkr. Nürnberger Land; Brunnerschacht bei Vorra, Lkr. Nürnberger Land: dazu etwa Rind 1996; Walter 1998. 781 Zur Diskussion um Kannibalismus in der Vorgeschichte Peter-Röcher 1994. 782 Flindt 1996; 1998a, b; Schultes 1998. 783 U.a. Aldhouse Green 2001. 784 Dawkins 1984, 527 f. 785 Vgl. dazu Meyer-Orlac 1982. Zu Schädeltrophäen der Skythen: Rolle 1980. Zur Niederlegung von Schädeln in Flüssen in Großbritannien: Bradley/Gordon 1988. 210 Schädels und darüber hinaus auch Schlagspuren von der Zurichtung als eine Art Schale auf.786 Darüber hinaus ist die tönerne Nachahmung eines solchen Schädelbechers, ebenfalls aus Herxheim, bemerkenswert; möglicherweise ist innerhalb der späten Linienbandkeramik von einer besonderen Bedeutung des Schädels eventuell im Rahmen des Ahnenkults oder der Verehrung von Toten auszugehen.787 Nicht auszuschließen sind aufgrund des nachgewiesenen Gewaltpotentials der Zeit auch echte und imitierte Schädeltrophäen entweder in Erniedrigung oder Reverenz getöteter Feinde. In diesem Zusammenhang ist auch der Schädel von Ilsfeld (Kat.-Nr. 19) bemerkenswert, der im Eingangsbereich eines Michelsber Erdwerks gefunden wurde. Der Schädel, der unverheilte Hiebverletzungen zeigt, weist darüber hinaus eine weitere Läsion auf, die durch das Durchstoßen des Knochens von innen nach außen erfolgte. Dies legt den Schluß nahe, er sei einst im Bereich des Tores aufgespießt und zur Schau gestellt worden. Hier ist wiederum an die abschreckende Abgrenzung zur Sicherung des Areals zu denken, kultische Funktionen können aber damit verbunden ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Vergleichbare Befunde sind im Rahmen jüngerer chronologischer Zusammenhänge besonders von keltischen Fundplätzen geläufig.788 Im Rahmen einer Studie an Schädelfunden aus dem eisenzeitlichen Sibirien wurden die post mortem angebrachten Löcher an den Schädeln als Aufhängevorrichtung zur Zurschaustellung derselben als Trophäen interpretiert.789

Bestattungen mit fehlendem, offensichtlich zu einem späteren Zeitpunkt anderswohin verbrachten Schädel gelten ebenso wie Bestattungen einzelner Schädel als Belege für die Existenz eines Schädelkultes im Neolithikum Europas.790 In einigen Fällen sind separat bestattete Schädel auch von Hiebverletzungen betroffen.791

Sogenannte Schädelamulette treten in verschiedenen neolithischen Kulturen immer wieder auf. Menschlicher Schädelknochen hat dabei als Artefakt verarbeitet vermutlich einen besonderen symbolischen Wert dargestellt.792 Aus dem Erdwerk Altheim etwa stammt ein Anhänger aus menschlichem Schädelknochen, mit teils sauber geschliffenen, teils roh gebrochenen Kanten.793 Auch aus verschiedenen anderen Kulturen sind vereinzelt Rondelle bekannt.794

786 Pechtl 1998, 62f; Häußer 2000. Dieser Schädel ist nicht der einzige des gesamten Fundkomplexes, der eine derartige Zurichtung erfuhr. Die Knochenfunde von Herxheim befinden sich sich nach frdl. Auskunft von Dr. J. Orschiedt, Hamburg, noch in der anthropologischen Auswertung. 787 Pechtl 1998, 52. 788 So treten menschliche Schädel und ihre Abbildungen etwa in den gallischen Tempeln Entremont und Roquepertuse prominent hervor (Cunliffe 1980). Der Befund von wie Ribemont-sur-Ancre, ein mit Waffenfunden durchsetztes Knochenfeld von Skeletten sämtlich ohne Schädel spricht für die hohe Bedeutung des menschlichen Kopfes auch im Zusammenhang mit kriegerischen Aktionen (dazu Brunaux 1995). 789 Murphy 2003. 790 Nevizánsky 1985. 791 Etwa Ehgartner/Jungwirth 1965; Berg 1965 zu einem neolithischen Schädelnest aus Österreich. 792 Manchmal wurde in Ermangelung menschlichen Knochens offensichtlich Ersatz gesucht: Lange/Spennemann 1985 zu einem aus einem Schweineunterkiefer gefertigten Knochenrondell. 211 Aufschluß über eine Nutzungsmöglichkeit von Schädelrondellen gab die Untersuchung einer schnurkeramischen Bestattung vom Gräberfeld Lauda- Königshofen in Baden-Württemberg. Zwischen Kopf und rechtem Schulterbereich einer erwachsenen Frau, die abweichend von den anderen Frauen des Gräberfeldes mit dem Kopf im Süden bestattet worden war, fand sich eine aus menschlichem Schädelknochen gefertigte Zierscheibe. Scheuerstellen am Knochen belegen, daß das Rondell einst auf eine Schnur aufgezogen war und somit wahrscheinlich als Kopf- oder Haarschmuck fungierte. Gefertigt wurde die Scheibe allem Anschein nach aus dem hinteren rechten Scheitelbein eines Erwachsenen. Das Stück ist beschliffen und mit Strichbündelgruppen verziert. Hinweise darauf, ob es einem Schädel im Rahmen einer Trepanation entnommen wurde, gibt es naturgemäß nicht; allerdings spricht der Zustand der Scheibe dafür, daß frischer, nicht bodengelagerter Knochen als Material diente. Unklar bleibt auch, ob es sich um eine Trophäe oder ein Amulett im Rahmen der Ahnenverehrung gehandelt hat, ob also der Schädel eines getöteten Feindes oder eines Verstorbenen der eigenen Gruppe oder Linie der Herstellung der Scheibe diente. Im Rahmen der Seine-Oise-Marne-Kultur, mit welcher Kontakte der Schnurkeramik gelegentlich belegt sind, werden ähnliche Rondelle generell als Talismane oder Amulette gedeutet.795 Hier sei nochmals an den Schädel von Nebel (Kat.-Nr. 151) erinnert, der neben mehreren Traumata ohne Heilungsreaktionen eine mutmaßliche Trepanation aufweist – eventuell war der Schädel durch die erlittenen Traumata zur Rondellgewinnung prädestiniert.

10.2 Gesellschaftliche Aspekte 10.2.1 Behandlung manipulierter Individuen im Totenbrauchtum Mitunter fallen bei der Art der Bestattung von Individuen mit Schädelmanipulationen bzw. der Positionierung der Toten Besonderheiten auf, die möglicherweise auf die von diesen Personen erlittenen Verletzungen oder Eingriffe zurückzuführen sein werden. Nicht immer müssen Deutungen allerdings so drastisch aussehen wie im Fall einer in extremer Hockerlage bestatteten Frau der Badener Kultur, deren Schädel eine durch einen stumpfen Gegenstand hervorgerufene Verletzung aufwies und über deren Becken eine flache Steinplatte gelegt worden war. Der Bearbeiter I. Kuzma sah hier die Bestattung „eines Vampirs, eines Hermaphroditen oder einer Lesbierin“.796 Vielleicht war auch einfach der gewaltsame Tod Anlaß für eine vom normalen Rahmen abweichende Bestattung. Solchermaßen besondere Bestattungsformen sind im ethnographischen Material mitunter für gewaltsam verstorbene Individuen belegt. So wird für die Kapauku Papuas aus West Guinea berichtet, daß (bei Kriegshandlungen oder Hinrichtungen) durch Pfeile getötete Personen auf besondere Weise bestattet wurden. Für diese

793 Driehaus 1960, 32. Ob das Fragment im Rahmen einer Trepanation gewonnen wurde, kann nicht entschieden werden. 794 Wetzel 1974. 795 Angaben nach Oeftiger/Wahl 2000. 796 Kuzma 1985. 212 errichtete man bis zu 2 m hölzerne Plattformen, auf denen man die Leichen den Elementen überließ; der tödliche Pfeil wurde dabei in der Wunde belassen.797 Derartige Vorgehensweisen entziehen sich archäologischer Nachweisbarkeit; dadurch kann die Zahl getöteter Personen einer Gemeinschaft unterrepräsentiert sein. Auf der anderen Seite werden mitunter bereits ab dem Mesolithikum einzelne Gräberfelder als Sonderbestattungsareale angesehen, wenn diese eine erhöhte Anzahl getöteter oder anders manipulierter Individuen aufweisen. Eine solche Interpretation wird etwa für die Gräberfelder Vedbæk-Bøgebakken und Vasil’evka III in Betracht gezogen.798 Grundsätzlich ist also die Auswahl der Bestattungsart je nach Art des Todes denkbar; allerdings bleibt das Problem der Nachweisbarkeit besonders im Einzelfall bestehen. Geringe Fallzahlen und mangelnde anthropologische Aufarbeitung erschweren auch hier eine Analyse.

Auch im untersuchten Material des Neolithikums Deutschlands können fallweise abweichende Bestattungsformen für Individuen mit Manipulationsspuren nachgewiesen werden. Dabei treten sowohl besonders reich ausgestattete Individuen als auch beigabenlose bzw. atypische Begräbnisse auf. Hinzuweisen ist auf die Nachbestattungen von Individuen der Kugelamphoren- und Einzelgrabkultur in den Megalithgräbern Norddeutschlands. Besonders die direkt datierten Schädel mit Trepanationen, die der späten Einzelgrabkultur zugeordnet werden konnte, waren dabei nicht direkt mit typischen Beigaben vergesellschaftet. Möglicherweise handelte es sich um eine Verbringung der Schädel aus Furcht vor Wiedergängerei; hier könnten die an den Individuen zu Lebzeiten vorgenommenen Manipulationen Anlaß für derartige Annahmen gewesen sein. In ähnlicher Weise kann der frühbronzezeitliche Schädel von Pätschow eventuell als Gewässerbestattung interpretiert werden. Andererseits wurde der einzelgrabzeitliche Mann von Hasbergen, dessen Schädel ebenfalls eine verheilte Trepanation aufwies, aufwendig und mit reichen Beigaben versehen bestattet. Eventuell deuten sich hier auch chronologische Unterschiede an; die Bestattung von Hasbergen gehört in einen älteren Kontext der Einzelgrabkultur als die in den Megalithgräbern nachbestatteten Individuen. Auch schnurkeramische Bestattungen von Individuen mit Schädelmanipulationen weichen mitunter von den kulturellen Standards ab. So wurde der Mann von Niederbösa in einer walternienburg-bernburgzeitlichen Totenhütte nachbestattet. Andere Personen wurden in atypischer Körperhaltung begraben; das Skelett des Mannes von Pritschöna etwa fand sich kopfüber in der Grabgrube. Der trepanierte Mann von Königsaue war, vom sonst für Männer üblichen Schema abweichend, auf der linken Körperseite liegend bestattet worden. Auch der trepanierte Mann vom

797 Pospisil 1993b, 310. 798 Vgl. dazu Orme 1981, 244 (Vedbæk-Bøgebakken: erhöhter Anteil sehr alter und gewaltsam zu Tode gekommener Individuen); Alekšin 1994 (Vasil’evka III: hoher Anteil gewaltsam zu Tode gekommener Personen). 213 Gräberfeld Lauda-Königshofen war, mit Beil und Speisebeigaben ausgestattet, auf der linken Körperseite mit dem Kopf nach Westen begraben worden. Morphologisch unterscheidet sich dieses Skelett von den bekannten Schnurkeramikern (es handelte sich um einen über 1, 80 m großen, sehr muskelstarken Mann),799 so daß sowohl seine Erscheinung als auch der überlebte Schädeleingriff für die abweichende Grablege verantwortlich gewesen sein können.

In auffälliger Weise treten abweichende Behandlungen auch bei Individuen mit Schädelverletzungen auf. So wurden zwei Individuen der Walternienburg-Bernburger Kultur mit tödlichen Hiebverletzungen von Schönstedt (Kat.-Nr. 173; 174) in atypischen Positionen bestattet: einer der Toten wurde in Bauchlage, der andere dicht an der östlichen Wand der Totenhütte beigesetzt.800 In einigen Fällen scheint es sich nicht um reguläre Bestattungen zu handeln; Fundumstände lassen dort eher an eine Entsorgung denken. Das der Münchshöfener Kultur zugewiesene Skelett von Wildenberg (Kat.-Nr. 81), dessen Schädel eine unverheilte Hiebmarke aufwies, wurde in anatomischer Unordnung in einer Siedlungsgrube entdeckt. Extremitäten und Kopf scheinen zum Zeitpunkt der Bestattung nicht mehr mit dem Rumpf verbunden gewesen zu sein, ein Schienbein, beide Wadenbeine sowie Hand- und Fußknochen fehlten.801 Auch der von einer letalen Hiebverletzung betroffene Schädelrest von Pilsting, der der Glockenbecherkultur zugewiesen wird, stammt aus einer Siedlungsgrube. Die Massengräber von Talheim und Heidelberg-Handschuhsheim stellen den Umständen geschuldete Bestattungssonderfälle dar.

Andererseits wurden Individuen mit Trepanationen sowie verheilten und auch letalen Hiebverletzungen mitunter kulturtypisch normal bzw. sogar positiv herausgehoben bestattet (etwa die schnurkeramische Frau von Stetten an der Donau oder die kugelamphorenzeitlichen Männer von Kalbsrieth und Groß Biewende). Manipulationen wie Trepanationen oder Verletzungen am Schädel, auch tödliche, waren also kein absolutes Kriterium, um ein Individuum von einer kulturtypisch normalen Bestattung auszuschließen.

Geht man davon aus, daß Beigabendifferenzierung soziale Unterschiede zwischen Personen widerspiegelt, so lassen sich im Befund manipulierter Individuen im Neolithikum verschiedene Stufen fassen, denn sowohl bei von Trepanationen als auch bei von Verletzungen betroffenen Individuen kommen verschiedene Beigabensituationen vor. Beigabenlose Individuen wurden ebenso angetroffen wie mit reichem Material ausgestattete Personen. Grundlegende Aussagen zur Stellung der Betroffenen innerhalb ihres Lebensumfeldes lassen sich darauf allerdings nicht

799 Oeftiger 1999, 43. 800 Bach/Bach 1972. 801 Rind 1996, 114 f. spricht von einer Menschenopfersituation mit Zerteilung des Leichnams; wahrscheinlicher ist allerdings die Annahme einer (Sekundär-)Bestattung des Individuums in bereits teilskelettiertem Zustand. 214 aufbauen. Massakersituationen verzerren das Bild hier zusätzlich, da sie nicht dem Regelfall kulturtypischer Bestattungen entsprechen.

10.2.2 Gewalt innerhalb und außerhalb der Gruppe Über die möglicherweise unterschiedlichen Formen von Gewalt innerhalb einzelner Gruppen können kaum Aussagen getroffen werden. Es gibt keinen Grund anzunehmen, im Neolithikum seien unerwünschte Kinder, besonders Mädchen, nach der Geburt getötet worden. Dies ist selbst für andere Perioden, für die es oft postuliert wurde, etwa Völkerwanderungszeit bzw. Frühmittelalter, nach neueren Erkenntnissen als unwahrscheinlich zu betrachten.802 Einzelne Befunde neolithischer Gräberfelder sprechen für eine hohe Wertschätzung von Kindern.803 Der Befund von Großmehring (Kat.-Nr. 63-66) in Bayern läßt allerdings vermuten, daß auch gegen Mitglieder der eigenen Sozialgemeinschaft äußerste Gewalt angewandt wurde, wenn bestimmte Voraussetzungen im sozialen oder rituellen Bereich gegeben waren. Es handelt sich um eine Grube der Münchshöfener Kultur, in welcher sich die Überreste von drei Erwachsenen (zwei Männern und einer Frau) sowie drei Kindern fanden. Zwei der Kinder waren Neugeborene; möglicherweise handelte es sich um Zwillinge. Der Schädel des sechsjährigen Kindes weist zwei spitzovale Lochbrüche im hinteren Bereich des linken Scheitelbeins auf, die für einen gewaltsamen Tod sprechen. Auch die Schädel der Erwachsenen weisen Beschädigungen auf, die auf Gewalteinwirkung zurückzuführen sein können. Laut völkerkundlichen Quellen galt die Geburt von Zwillingen oft als Unheilszeichen, auf das mit der Tötung eines oder beider Kinder reagiert werden konnte. Diese Deutung kann unter Umständen auch für den Befund von Großmehring in Betracht gezogen werden.804 Eine weitere „Familientragödie“ könnte sich im Befund von Tiefbrunn (Kat.-Nr. 78-80) widerspiegeln. Hier fand sich die Doppelbestattung eines Mannes und eines etwa 4jährigen Kindes, die beide auf der rechten Schädelseite tödliche Schlagverletzungen aufwiesen. Einige Zeit später wurde im selben Grabraum über diesen Individuen eine Frau bestattet, deren linke Schädelseite ebenfalls unverheilte Verletzungen zeigte. Für die Doppelbestattung Mann-Kind werden verschiedene Deutungen diskutiert, von der gemeinsamen Beisetzung bei einem Überfall Erschlagener bis zur Opferung des Kindes im Rahmen der Totenfolge für den Mann, der möglicherweise als „gefährlicher“ Toter an der Wiederkehr gehindert werden sollte. Das Verhältnis zur nachbestatteten Frau bleibt dabei unklar, von einer absichtlichen Vereinigung der Toten darf aber ausgegangen werden.805

802 Lohrke 2000 anhand einer Studie alamannischer Gräberfelder. 803 Dazu Hummel 2000. In einigen Fällen reich ausgestatteter Kindergräber wird teilweise allerdings auch von Opfersituationen ausgegangen: Coblenz/Fritzsche 1980. 804 Schröter 1997, 42. 805 Schröter 2002, 40. 215 Verletzungen des Geschichtsschädels, die in einzelnen Fällen belegt sind, dürften mehrheitlich auf Auseinandersetzungen zwischen Einzelpersonen zurückgehen und daher innerhalb einer Gruppe zu verorten sein. Derartige Verletzungen sind in einigen Fällen für die Glockenbecherkultur, aber auch andere Kulturen, belegt.

Befunde wie Talheim und Asparn geben Hinweise auf größere Gewaltereignisse, die sich auf Zwischengruppenaggression zurückführen lassen dürften; im Sinne der grundlegenden Definition ist hier von kriegerischen Ereignissen auszugehen.

Über die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern während des Neolithikums liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Damit fehlt auch Aussagen zum Verhalten zwischen den Geschlechtern die Basis. Einzelne Fälle von letalen Verletzungen bei Frauen sind eventuell im Rahmen von Totenfolgeritualen zu sehen. Hier würde es sich wiederum um Gewaltakte innerhalb einer Gruppe handeln. Derartige Verletzungen bei Frauen treten häufiger in der Kugelamphorenkultur auf. Deutungen aufgrund von Gerät- und Waffenbeigaben, die sich vorwiegend, aber nicht ausschließlich bei Männern finden,806 zeichnen ein Bild einer überwiegend männlich dominierten Welt. Ob Frauen im Neolithikum rangmäßig Männern gleichgestellt waren, ist nicht zu belegen. Traumata und Trepanationen finden sich vorwiegend an Schädeln von Männern, so daß sie hauptsächlich mit deren Lebenswelt in Verbindung zu bringen sind. Auseinandersetzungen und Kampfhandlungen sind hier für die Interpretation naheliegend. Im Fall eines Mannes aus Talheim konnten wiederholte Gewaltakte innerhalb eines Lebens nachgewiesen werden; dort fand sich eine lange verheilte neben einer letalen Verletzung. Bemerkenswert ist auch, daß Läsionen an Männerschädeln häufiger Heilungsreaktionen zeigen, wohingegen an Frauenschädeln oft letale Verletzungen zu beobachten sind. Zeigen Kinderschädel Läsionen, so handelt es sich ebenfalls um letale Manipulationen. Eindeutige Hinweise auf die aktive Teilnahme von Frauen an Kampfhandlungen gibt es nicht. Hinweise dieser Art sind auch für andere Zeitperioden nur spärlich.807 Frauen als Opfer von Gewalthandlungen sind hingegen mehrfach dokumentiert.

Euphemistische feministische Darstellungen sehen im Neolithikum, besonders zu Beginn, ein friedliches goldenes Zeitalter weiblicher Einflußnahme, das erst durch die Streitaxtkulturen beendet wurde. So interpretiert M. Gimbutas beispielsweise Steinwerkzeuge wie Schuhleistenkeile in bandkeramischen Männergräbern als Anzeichen spezieller Fertigkeiten in Holzbearbeitung und Hausbau, keinesfalls aber als Rangobjekte; die Grabausstattung von Frauen dagegen weise mit Schmuck, Mahlsteinen als Fruchtbarkeitsbarkeitssymbolen sowie symbolischen Gegenständen auf eine besondere Stellung des weiblichen Geschlechts hin, das sich danach der

806 Vgl. Bulla 1998. 807 Klassische Beispiele sind die Bestattungen von Frauen des sauromatischen und skythischen Kulturraums mit Kampfverletzungen und Waffenbeigaben. Dazu Rolle 1980, 96 ff. - Gewalt gegen Frauen in Form von Vergewaltigungen soll in Einzelfällen an Skelettmaterial aus angelsächsischer Zeit erkennbar sein (Reynolds 1988). 216 höheren Wertschätzung erfreute.808 In der Regel aber werden Geräte und Waffen als vorwiegend männliche (Status-) Objekte anzusehen sein; dazu widerlegen zahlreiche Nachweise von Verletzungen das Bild einer durch und durch friedlichen Epoche. Viele dieser Läsionen werden auf individuelle Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern ein und derselben Gemeinschaft zurückgehen. In zahlreichen Fällen ist aber auch davon auszugehen, daß übergreifende Ereignisse, vielleicht in Form von Überfällen oder Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Siedlungsgruppen, als Ursache der Läsionen anzusehen sind. Solchermaßen als kriegerisch zu definierende Aktionen sind gerade für die Bandkeramik deutlich dokumentiert. Das Fehlen junger Frauen in den Massakerbefunden von Talheim und Asparn als Zeichen von deren Verschleppung durch die Aggressoren deutet auf einen weiteren Aspekt gesellschaftlicher Organisation: Unfreiheit bzw. Sklaverei von Kriegsgefangenen oder anderen Randgruppen einer Gemeinschaft. Geht man für das Neolithikum von schwach bis gar nicht hierarchisch gegliederten Gemeinschaften aus, stellt sich das Problem der Existenz derartiger Gruppen nicht. Befunde wie die oben genannten lassen aber diesbezüglich Fragen entstehen. Ethnographische Zeugnisse belegen, daß bereits in relativ einfach strukturierten Gesellschaften Kriegsgefangene als Unfreie unterhalb der eigentlichen Gemeinschaft rangierten, mühevolle Arbeiten verrichteten und verschenkt oder getötet werden konnten; Integration in die dominierende Gemeinschaft war nicht möglich.809 Im Rahmen eines auch gesellschaftlich und sozial komplexen Neolithikums sind derartige Szenarien, wie auch frühe Formen von Schuldknechtschaft (debt bondage), ebenfalls denkbar.

10.2.3 Phasen kulturellen Wandels – Phasen der Krise? Der Auffassung, endemische Kriegführung habe sich entwickelt, als die großen Stammesverbände des Mittelneolithikums in kleinere soziale Einheiten zerfielen,810 kann nicht zugestimmt werden. Mit den bandkeramischen Befunden sind Überfälle und Kriegführung in größerem Maßstab bereits für das frühe Neolithikum nachgewiesen. Die Tatsache, daß Gewaltnachweise vorwiegend vom Ende des Frühneolithikums stammen, gibt allerdings ebenso wie die oben zitierte Auffassung Hinweise darauf, daß gerade chronologische Abschnitte des Wandels und Umbruchs als Phasen erhöhter Gewaltbereitschaft infolge von Krisensituationen betrachtet werden können. In diese Richtung weisen verschiedene Befunde. So stammen deutliche Hinweise auf Gewaltereignisse speziell aus der Spätphase der Linienbandkeramik. Auch die an

808 Gimbutas 1996, 334 f. Zum Ende dieses angeblichen Zeitalters vgl. Gimbutas 1994. Gegen eine Existenz matriarchaler Gesellschaften: Lerner 1991. 809 Dazu Gronenborn 2001, 10 ff. Vgl. auch Taylor 2005, der Sklaverei spätestens ab Einsetzen der produzierenden Wirtschaftsweise für wahrscheinlich hält. 810 Fokkens 1999, 38. Hier wird das materielle Erscheinungsbild der Becherkulturen, das sich mit Äxten, Dolchen und Bogenschützenausrüstung deutlich martialisch gibt, in Kontrast zum abweichenden Bild der vorhergehenden Trichterbecherkultur mit einem Fokus auf gemeinschaftlichen Symbolen, wie etwa den Megalithgräbern, gesehen. 217 manipulierten Schädeln aus Norddeutschland gewonnenen Datierungen unterstützen diese These. Belege von Verletzungen und Trepanationen sind häufiger am Beginn der Jüngeren Trichterbecherkultur (um 3000 cal BC) und gegen Ende der Einzelgrabkultur im Übergang zum Spätneolithikum bzw. auch am Übergang zur Frühbronzezeit nachgewiesen. Auch einige der Spätphase der Schnurkeramik zuzuweisende Befunde können diese These stützen. Allerdings liegen gerade für diese Kultur nicht genügend differenzierte chronologische Angaben vor; Manipulationen kommen nach Aussage von Beigaben während der gesamten Schnurkeramik vor. Für das dänische Neolithikum sind soziale Konflikte vorwiegend für den Übergang vom Früh- zum Mittelneolithikum und den Übergang von der Trichterbecher- zur Einzelgrabkultur postuliert worden.811 Am Übergang zum Mittelneolithikum ist ritualisierte Gewaltausübung in einer speziellen Form durch die Mooropfersituationen belegt. Innerhalb des britischen Neolithikums kam es am Ende des 4. Jt. BC im Übergang zum 3. Jt. BC zu Umwälzungen und kulturellen Veränderungen. Dieser Prozeß wird als „time of profound, and in certain areas violent, social changes“ beschrieben.812 Möglicherweise spielten aggressive Akte auch bei der Übernahme von Siedlungsgebieten durch spätere Kulturgruppen eine Rolle. So sind zu schnurkeramischer Zeit vorgenommene Störungen in einem mittelneolithischen Kollektivgrab im Harzvorland, wobei keine Bestattungen durch die Schnurkeramiker erfolgten, als entweder „Inbesitznahme einer heiligen Stätte, profane Schatzsuche oder absichtliche Entweihung”813 interpretiert worden. Ähnlich kann möglicherweise auch die Errichtung von Grabhügeln der Schnurkeramik auf der Dölauer Heide gesehen werden. Offensichtlich dauerte ein Kulturwandel mitunter längere Zeit, wenn das vorhergehende System fest verankert war und sich auf eine gute wirtschaftliche Basis stützen konnte. So finden sich Glockenbecher-Fundplätze, d. h. Grabfunde, in Südengland zunächst weitab der bestehenden rituellen Zentren in Form der monuments, als spiegele sich darin die Unvereinbarkeit der Systeme. Erst spätere Glockenbecherformen tauchen direkt an diesen Plätzen auf und stehen dann chronologisch in Verbindung mit deren Weiterentwicklung und Umbau,814 möglicherweise auch ihrer Umdeutung im kultischen Kontext. In diesem Zusammenhang ist wahrscheinlich auch der Grabfund des Amesbury Archers zu sehen; eine reich ausgestattete Bestattung eines Mannes vom Übergang des Becherhorizontes zur Frühbronzezeit, etwa 2400–2100 BC. Die Beigaben reichen hier von Bechern, Knochenartefakten, einer Armschutzplatte und zahlreichen Pfeilspitzen über Kupferdolche hin zu goldenen Ohrringen und belegen ein Individuum, das wenigstens anhand seiner Grabbeigaben einen dahin nicht denkbar

811 Damm 1991a; b. 812 Edmonds 1992, 185. 813 Müller 1992. 814 Sheratt 1994, 254. 218 scheinenden Reichtum und Status repräsentiert. Die Nähe zur (älteren) Kultstätte Stonehenge ist hier wohl nicht als zufällig anzusehen.

10.2.4 Zur Rolle der Medizin im Neolithikum Zur Rolle der Medizin in der Vorgeschichte ist allgemein wenig bekannt. Über chirurgische Eingriffe gibt das Skelettmaterial nur bedingt Auskunft. Schriftliche Zeugnisse zur Medizin allgemein liegen erst aus späteren Epochen vor; so kennt man etwa aus ägyptischen und römischen Quellen Beschreibungen diverser auch chirurgischer Maßnahmen; angelsächsische Berichte geben Anweisungen für Amputationen und Kauterisation, chirurgische Behandlungen von Hasenscharten und Eingriffe ins Körperinnere, um bei Entzündungen, bspw. der Leber, Erleichterung zu verschaffen.815 Fürsorge für kranke und hilfsbedürftige Individuen innerhalb neolithischer Gesellschaften äußert sich in mehreren Bestattungen von Individuen mit Hydrocephalus (Wasserkopf). Solche Fälle sind aus der Walternienburg-Bernburger- Kultur, der Salzmünder Kultur oder auch der Glockenbecherkultur bekannt.816 Weitere Beispiele für medizinische und chirurgische Kenntnisse zeigen sich in Nachweisen von geglückten Amputationen.817 Diese könnten auch aufgrund von Verletzungen in der Folge von Gewaltaktionen notwendig geworden sein. Auch Zahnextraktionen wurden möglicherweise bereits im Neolithikum vorgenommen; eine solche wird für einen schnurkeramischen Schädelfund von Dornburg vermutet.818 Am Gebiß eines Schädels aus einem Ganggrab in Dänemark konnte eine Bohrung im Wurzelbereich eines Backenzahns beobachtet werden, die wahrscheinlich ausgeführt wurde, um einen endzündlichen Kariesherd auszuräumen.819 Die prägnantesten Beispiele operativer Eingriffe bleiben allerdings die Trepanationen als Belege für Chirurgie am Schädelknochen. Diese Art medizinischer Intervention ist nicht nur mit hohen Fallzahlen bereits für das Neolithikum belegt, in diese Zeitphase fallen auch die spektakulärsten Eingriffe dieser Art; Operationen, die teilweise einen Großteil des Schädelknochens entfernten, und von den Patienten dennoch überlebt wurden. Im Zusammenhang mit diesen Eingriffen ist auch nach dem medizinischen Begleitprogramm der Durchführung zu fragen. Über die Verwendung von Betäubungs- und schmerzstillenden Mitteln ist wenig bekannt. Bei den Kisii in Kenia wurde noch bis vor wenigen Jahrzehnten ohne Betäubung trepaniert. In der frühen Neuzeit wurde häufig Alkohol eingesetzt, um den Patienten den Eingriff zu

815 Cameron 1993, 169. 816 Vgl. etwa Schafberg 2001b; Schafberg/Zemann-Wahle 2002 zum Befund von Riestedt, Lkr. Sangerhausen (Sachsen-Anhalt). 817 Crubézy 1996 zu einer Amputation vom Gräberfeld Vedrovice/Mähren; Grupe 1989 zu einer Amputation aus dem Kollektivgrab Odagsen. 818 Grimm 1976, 268, 274. 819 Bennike 1985, 177 ff. 219 erleichtern.820 Zur Herstellung und Verwendung von Alkohol im Neolithikum fehlen sichere Nachweise.821 Nach A. Sheratt sollen narkotisierende Substanzen bereits früh eine große Rolle gespielt haben.822 Wenn derartige Mittel existierten, werden sie sowohl medizinisch als auch rituell zum Einsatz gekommen sein. Zudem existierte vermutlich ein großer Erfahrungsschatz hinsichtlich vielseitig verwendbarer Pflanzen. Dabei handelte es sich großteils sicher um Wildkräuter. Als Kulturpflanze war Mohn bzw. Schlafmohn, der schmerzlindernd und schlafbringend eingesetzt werden kann, bereits in der Linienbandkeramik bekannt; er wurde auch in anderen Kulturen genutzt.823 Ein Nachweis einer weiteren medizinisch nutzbaren Substanz befand sich in der Ausrüstung der Gletschermumie vom Hauslabjoch, Südtirol/Italien. Zwei baumschwammartige Gebilde wurden als Fruchtkörperstücke des Birkenporlings bestimmt. Dieser Pilz enthält antibiotisch wirkende Substanzen und wurde in der antiken Medizin als vielseitig verwendbares Heilmittel beschrieben.824 Zu anderen möglicherweise medizinisch genutzten Substanzen ist ebenfalls nur wenig bekannt. In einer 1955 in einer neolithischen Siedlung in der Nähe von Oldenburg entdeckten Kragenflasche konnte chemisch reiner Schwefel nachgewiesen werden; die Kragenflasche wird also ursprünglich Schwefel oder eine Substanz, die sich zu Schwefel umwandelte, enthalten haben. Schwefel wurde im Altertum zu technischen und kultischen Zwecken, vorwiegend aber medizinisch- arzneilich verwendet. Es ist also denkbar, daß hiermit ein steinzeiltliches Medizinfläschchen vorliegt, wobei vielleicht die besondere Form des Gefäßes im Zusammenhang mit der speziellen darin aufzubewahrenden Substanz stand. Schwefelwasser kommt in frei zutage tretenden Quellen häufiger vor, wobei es auch zur Sedimentation von elementarem, weißlich-gelbem Schwefel kommt. So wird möglicherweise bereits im Neolithikum auf dieses Mittel zurückgegriffen worden sein.825

Medizin und Heilverfahren sind bis in historische Zeiten hinein oft mit Magie und Aberglauben verquickt worden. Es ist anzunehmen, daß die oft auf Pflanzen beruhenden Arzneien den Patienten oftmals Erleichterung brachten und manchmal wirklich nützlich waren. Dies beruhte auf Beobachtung der Wirkungen und überlieferter Erfahrung, nicht auf der Kenntnis der Inhaltsstoffe. Manche Resultate werden zunächst eher unbewußt erzielt worden sein. Insgesamt aber sind ein guter medizinischer Kenntnisstand sowie Fürsorge für kranke und verletzte Mitglieder der Gemeinschaft nachgewiesen.

820 Kunter 1980, 334. 821 Funde aus Skara Brae, Schottland, könnten auf das Brauen von Bier um ca. 3000 BC hindeuten: Dineley/Dineley 2000. 822 Sherratt 1991. Burl 2000 postuliert darüber hinaus den Gebrauch von Hanf/Cannabis und anderer bewußtseinsverändernder Drogen wie etwa Bilsenkraut für das britische Neolithikum. Burgess/Shennan 1976 sehen einen Zusammenhang des Glockenbecherkultes mit Alkoholkonsum. 823 Lüning 1988; Schultze-Motel 1989. 824 Pöder et al. 1992, 319. 825 Angaben nach Pätzold 1957, 110 ff. 220 11. Zusammenfassung

Anhand der zu Beginn dargelegten Definitionen kann die Existenz aggressiver und gewaltsamer Akte von Personen gegen Personen sowohl im individuellen als auch im gruppenübergreifenden Kontext für das Neolithikum als gesichert gelten. Zahlreiche Verletzungsspuren sowie Nachweise operativer Eingriffe, die zumindest zum Teil der Versorgung von Traumata gedient haben werden, belegen Gewaltakte gegen Personen. Dabei wurden selbst schwerwiegende Läsionen am Schädel häufig überlebt, andererseits treten auch zahlreiche letale Verletzungen auf. Massakersituationen wie etwa der bandkeramische Befund von Talheim, dem eine ganze Siedlungsgemeinschaft zum Opfer fiel, wobei sich die Aggressoren mutmaßlich das Siedlungsareal der Unterlegenen aneigneten, belegen auch größere Gewalthandlungen, die sich nicht mehr nur auf der interpersonellen Ebene abspielten. Hier ist von Gruppenaggression auszugehen, die im Sinne der anfangs vorgestellten Definition als Krieg bezeichnet werden kann. Weitere Befunde aus dem europäischen Neolithikum zeigen, daß es sich dabei nicht um Ausnahmefälle handelte, sondern daß derartige Aktionen häufiger vorkamen. In diesem Sinne sind mutmaßlich auch Erdwerke und andere Befestigungen zu sehen, die in verschiedenen Kulturen auftreten, die auch durch erhöhte Fallzahlen manipulierter Schädel auffallen. Hier wären etwa die Bandkeramik, die Michelsberger Kultur oder auch die Trichterbecherkultur zu nennen. Abweichend von diesem Bild stellt sich der Komplex Einzelgrabkultur/ Schnurkeramik dar, der sich zwar durch eine erhöhte Frequenz von Schädelmanipulationen auszeichnet, für den allerdings keine Hinweise auf die Errichtung befestigter Anlagen vorliegen.

Insgesamt konnten für das Neolithikum Deutschlands 178 manipulierte Individuen aufgenommen werden, die sich regional unterschiedlich verteilen. Den kulturellen Siedlungsräumen der Jungsteinzeit folgend, sind besonders der mitteldeutsche und der südwestdeutsche Raum durch eine hohe Fallzahl gekennzeichnet. Auch der norddeutsche Raum hat verschiedene Nachweise geliefert. Unter den 178 Individuen insgesamt befinden sich 173 Individuen mit Schädelläsionen; in weiteren fünf Fällen sind Projektileinschüsse in postkraniales Skelettmaterial dokumentiert. An Schädelläsionen finden sich sowohl Traumata als auch Trepanationen. Einige Individuen weisen beide Arten von Manipulation am Schädel auf. Trepanationen konnten in 53 Fällen dokumentiert werden. Der überwiegende Teil dieser Eingriffe wurde überlebt. Dabei wurden auch Operationen, die fast das gesamte Schädeldach involvierten, überstanden. Betroffen sind vor allem die Stirn- und Scheitelbeinregion, am Hinterhauptsbein wurde eher selten trepaniert. Hauptsächlich sind Männer von dieser Art der Schädelmanipulation betroffen; hier liegen 45 Individuen vor, von den 41 den Eingriff überlebten. Darüber hinaus wurden vier Frauen sowie vier anthropologisch unbestimmte Individuen (darunter ein Kind) trepaniert. Das Kind sowie eins der unbestimmten Individuen überlebten die Eingriffe nicht.

221 Schädeltraumata wurden insgesamt an 132 Individuen beobachtet. In 49 Fällen waren die Läsionen überlebt worden, in 62 Fällen handelt es sich um letale Verletzungen. In 21 Fällen liegen keine Angaben zum Überleben vor. Auch hier überwiegen männliche Individuen, allerdings sind Frauen ebenfalls stärker repräsentiert. Verheilte Verletzungen wurden in 36 Fällen bei Männern, in acht Fällen bei Frauen und in fünf Fällen bei anthropologisch nicht bestimmten Individuen festgestellt. Letale Verletzungen dagegen wurden in 28 Fällen bei männlichen Individuen (davon sechs Kinder), in 24 Fällen bei weiblichen Individuen (davon drei Kinder) beobachtet, darüber hinaus an zehn unbestimmten Individuen (davon acht Kinder). Der höhere Anteil von Frauen und Kindern in dieser Kategorie dürfte auf das Vorkommen von eindeutigen Massakersituationen (Talheim) sowie anderer Mehrfachbestattungen (etwa Heidelberg-Handschuhsheim oder Großmehring) zurückzuführen sein, da hier regelhaft auch Frauen und Kinder repräsentiert sind. Die Talheimer Situation kann mit einer kriegerischen Aktion in Verbindung gebracht werden, der eine gesamte Siedlungsgemeinschaft zum Opfer fiel. Hier sind häufig erhebliche multiple Verletzungen an Schädeln belegt, wie sie aus kriegerischen Aktionen der Prähistorie und Historie häufiger belegt sind. Andere Befunde können unter Umständen auch auf Gewalt in größerem Ausmaß innerhalb einer Gruppe zurückgeführt werden.

Im engeren Arbeitsgebiet Norddeutschland konnten sowohl manipulierte als auch nicht-manipulierte Schädel weitgehend im Original aufgenommen und dokumentiert werden. Hier stehen einem Gesamtmaterialbestand von 320 Schädeln 28 manipulierte Individuen gegenüber, was einem Anteil von 8,75 % entspricht. Zwei Schädel (Bölkendorf; mutmaßlich Nebel) weisen nebeneinander Trepanation und Trauma auf, an einem weiteren (Sorsum 1) wurde ein Trauma durch einen operativen Eingriff überdeckt. Somit liegen 16 Fälle von Trepanationen vor; dies entspricht einem Anteil von 5 %. Traumata kommen in 15 Fällen vor, was etwa 4,7 % entspricht. An den Schädeln von Groß Upahl und Nebel liegen diverse Traumata nebeneinander vor. Überwiegend sind Männer betroffen, allerdings kommen in einigen Fällen auch Manipulationen an Frauenschädeln sowie einmal an einem Kind (Kruckow 1) vor. In zwei Fällen (Bavenstedt; Weltzin) liegen für Norddeutschland Nachweise von in Knochen eingeschossenen Projektilen vor.

Kulturell fallen die Nachweise besonders in die Jüngere Trichterbecherkultur, die Kugelamphorenkultur und die Einzelgrabkultur sowie das Spätneolithikum im Übergang zur Bronzezeit. Chronologisch geben sich Horizonte um 3000 BC und ab etwa 2300 BC als besondere Zentren zu erkennen; hier kann von kulturellen und sozialen Umbruchsphasen mit erhöhtem Spannungspotential ausgegangen werden.

Vergleicht man die erhobenen Befunde mit denen für das vorausgehende Mesolithikum, so zeigen sich keine grundlegenden Veränderungen im Auftreten von

222 Schädelverletzungen. Verheilte und letale Traumata sind in höheren Fallzahlen bereits für die Mittelsteinzeit belegt, besonders für deren späteren Abschnitt. Gewaltakte sind damit kein neues Phänomen des Neolithikums. Auch im weitesten Sinne mit Massakersituationen vergleichbare Befunde tauchen etwa mit der Ofnet- Höhle bereits im späten Mesolithikum auf. Eine erhöhte Gewaltrate im Übergang vom Mesolithikum zum Neolithikum läßt sich nicht erschließen; allerdings liegen für diesen Zeitraum auch kaum Skelettreste vor. Gegenüber dem Mesolithikum unterrepräsentiert erscheinen für das Neolithikum Verletzungen durch Pfeilschüsse; hier ist möglicherweise aufgrund des Rückgangs der Jagd eine geringere Verwendung von Pfeil und Bogen auch als Waffe anzunehmen. Als neues Element erscheint im Neolithikum durchgehend die Schädeltrepanation, die aus der Behandlung von Schädelverletzungen entstanden sein wird und wahrscheinlich großenteils diesem Zweck diente (auch wenn die Ausweitung auf andere Schmerzzustände oder Krankheiten anzunehmen ist). Wie europäische Befunde zeigen, wurden schon in der Linienbandkeramik großflächige Eingriffe realisiert, was für bereits etablierte Kenntnisse und Fertigkeiten spricht. In Deutschland tritt die Trepanation ab dem Ende des 4. Jt. BC mit Befunden etwa der Jüngeren Trichterbecherkultur oder der Walternienburg-Bernburger Kultur regelhaft auf; besonders häufig kommt sie (neben zahlreichen Belegen für Traumata) in der spätneolithischen Schnurkeramik vor. Traumata sind während des gesamten Neolithikums verbreitet; sie kommen ab der Linienbandkeramik in so gut wie allen Kulturen vor, aus denen Skelettreste vorliegen. Der Übergang zur Bronzezeit scheint in verschiedenen Regionen von sozialen Spannungen begleitet gewesen zu sein, die sich vielerorts als Gewaltakte äußerten.

Auch im Kultbrauch haben Gewaltakte nachweislich eine Rolle gespielt; das Töten von Tieren, wohl im Rahmen von Zeremonien, kann auch für das deutsche Neolithikum belegt werden. Aus dem europäischen Kontext liegen Befunde vor, die auch das Töten von Menschen in rituellem Rahmen annehmen lassen. Das Gerät- und Waffenspektrum zeigt häufig eine Betonung von Hiebwaffen; hier fallen in verschiedenen Kulturen besonders Beile und Äxte, oft in repräsentativen Formen, auf. Diese dürften auch symbolische Werte verkörpert haben. Ihre Verwendung gegen Menschen ist durch charakteristische Verletzungsmuster nachgewiesen. Im Siedlungswesen mehrerer Kulturen geben sich Anlagen zu erkennen, die im Rahmen einer Multifunktionalität auch Wehrcharakter besessen haben werden. Für das deutsche Neolithikum sind Hinweise auf Angriffe auf derartige Anlagen eher spärlich; im europäischen Kontext sind diese jedoch belegbar. Attacken in diesen Größenordnungen werden vermutlich ebenfalls auf Zwischen-gruppenaggression zurückzuführen sein.

J. Robb ermittelte für das vorgeschichtliche Italien, daß tatsächliche Nachweise von Schädeltraumata und Hinweise auf defensive Siedlungsstrukturen anscheinend mit

223 zunehmender kultureller Zurschaustellung aggressiver und kriegerischer Werte abnehmen. Die dortige Jungsteinzeit charakterisiert er als gekennzeichnet durch kleine Dorfgemeinschaften ohne entwickelte politische Strukturen; eine relativ hohe Anzahl von Traumata an Schädeln gilt dabei als Anzeichen endemischer Konflikte. Mit dem Beginn der Kupferzeit und ihrer auf Stelen dargestellten Waffenikonographie nehmen dearartige Belege ab. Möglicherweise funktionierte der symbolische Ausdruck eines Prestige-wettbewerbs auf der Basis der kulturell definierten männlichen Fähigkeit und Bereitschaft zur Gewalt als tatsächlich gewaltreduzierend in einem System, das mit verstärktem Handel und politischen Allianzen ein anderes gesellschaftiches Prinzip verkörperte.826 J. Chapman sieht zumindest am Beginn des Neolithikums kleinere Gemeinschaften in Auseinandersetzungen verwickelt, weil es keine zentrale Autorität gab, die derartiges hätte verhindern können.827 Derartige Konflikte veränderten das Gleichgewicht der Gemeinschaften untereinander kaum. Erst mit der Entwicklung zentraler Orte eröffneten sich Möglichkeiten, über das Gewinnen von Beute Prestige zu gewinnen. Dies steht im Zusammenhang mit der jeweils kulturell bedingten Inanspruchnahme und Verteidigung bestimmter Territorien, wobei wahrscheinlich Edwerke und Grabmonumente (vielleicht in Verbindung mit einem Ahnenkult) wichtige Rollen spielten. Im geregelten Rahmen können Rituale wie bestimmte Opferzeremonien Gewaltimpulse aufnehmen und umleiten. Krisen wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und möglicherweise ideeller Art und Zusammenbrüche bestehender Machtsysteme können dann erneut zu eruptiven Ausbrüchen ungezügelter Gewalt führen.

Für die Entwicklung längerandauernder neolithischer Kulturgruppen sind unterschiedliche Muster an Aggressionsverhalten zu erwarten. Perioden friedlicher Existenz in einem geregelten Wirtschaftsraum ohne großes Konfliktpotential können mit Phasen erhöhter Gewaltbereitschaft abgewechselt haben. Dabei kann über Prestigegewinn durch erfolgreiche Aggressionsakte fallweise auch ein Wandel im Selbstverständnis einer Gesellschaft auftreten, das Aggression und Gewalt mehr Raum in der Wahrnehmung einträgt. Davon beeinflußt kann dann auch das Maß an Aggression innerhalb einer Gruppe, etwa Gewalt gegenüber Frauen oder Randgruppen, geschwankt haben.

Krieg als geplante Zwischengruppenaggression ist spätestens ab dem Ende der Linienbandkeramik anzunehmen; die Befunde von Talheim und von Asparn/Schletz geben Auskunft über ein erhöhtes Gewaltpotential, das im Ernstfall alle Mitglieder einer Gemeinschaft betraf. Rohmaterialanalysen aus dem Verbreitungsgebiet der Bandkeramik belegen Gebiete unterschiedlicher Flintnutzung; der Bevorzugung von Rijckholt-Flint in einer Zone

826 Tatsächliche Gewalt ist danach in Gemeinschaften mit ausgeprägten Statushierarchien oft weniger häufig, da Konflikte hier durch politische Prozesse kanalisiert werden. In Gemeinschaften, in denen das nicht geschieht, erreichen individuelle Konflikte häufiger kritische Punkte. Dazu Robb 1997b, 136. 827 Chapman 1988, 25 ff. 224 steht die Bevorzugung baltischen in der anderen gegenüber. Hier geben sich, auch durch unterschiedliche Keramikstile gekennzeichnet, offenbar verschiedene Territorien bzw. Menschengruppen zu erkennen, die ein jeweils eigenes Kommunikationsnetz pflegten und untereinander wenig Kontakt hatten. In gewissem Sinne kann von einer Grenze gesprochen werden.828 Derartige Abgrenzungen voneinander, die sich auch in der materiellen Kultur niederschlagen, können den Weg zu aggressiver Interaktion ebnen; besonders wenn in Zeiten ungenügender Versorgung Ressourcen ungleich verteilt sind. Hier sind auch klimatische Veränderungen als Auslöser von Mangelsituationen zu nennen. Im Fall der Bandkeramik scheint somit über längere Zeit ein relativ stabiles System bestanden zu haben, das nur sporadische Gewalthandlungen unterstützte. Mit dem Zusammenbruch etablierter Systeme, etwa im Austausch, verbunden mit klimatischen Änderungen und im Zusammenhang mit einer verstärkten Regionalisierung und damit Entfremdung einzelner Gruppen voneinander wurden dann Grundlagen für verstärkte Gewalthandlungen im Ausmaß kriegerischer Aktionen geschaffen. Ein anderes Bild präsentieren Befunde der Schnurkeramik und Einzelgrabkultur vom Ende des Neolithikums. Ein Kulturkomplex ohne auffällige defensive Strukturen und mit einer starken Betonung männlicher Symbole wie der Äxte sollte nach der o.g. Definition von Robb eher durch das Fehlen traumatischer Ereignisse gekennzeichnet sein. Hier jedoch finden sich mit die zahlreichsten Beispiele innerhalb des deutschen Neolithikums sowohl für Traumata als auch Trepanationen. Denkbar ist hier, daß Gewaltakte innerhalb dieses Kulturkomplexes zum männlichen Selbstverständnis gehörten und diese nicht nur symbolisch repräsentiert wurden, sondern fester Bestandteil des Lebens waren. Daß ein Großteil der Läsionen an Männerschädeln verheilt war, spricht für eher moderate Gewaltanwendung, die in vielen Fällen nicht tödlich endete. Frauen, die hier vergleichsweise eher selten von Läsionen betroffen waren, wiesen demgegenüber häufiger letale Läsionen auf. Das könnte als Hinweis auf innerkulturell geschlechtsspezifisch differierende Gewalt zu verstehen sein. Im Zusammenhang mit Männlichkeits- und Kriegeridealen wird Gewalt als Bestandteil der Lebenswelt hier auch die Struktur der Gesellschaft beeinflußt haben, hin zu den hierarchisch gegliederten und durch Kriegereliten geprägten Gesellschaften der Bronzezeit. Ob das Pferd eine besondere Rolle im täglichen Leben des Spätneolithikums spielte und möglicherweise bereits kriegerisch genutzt wurde, kann nicht belegt werden.829

Anhand der vorgestellten ethnographischen Beispiele ist für neolithische Kulturen mit einem vielfältigen Muster an Strategien zur Gewaltanwendung oder –vermeidung zu rechnen. Die Haltung einer Gemeinschaft zu Aggression und Gewalt kann sich über einen längeren Zeitraum hinweg ändern, so daß auch innerhalb kultureller Einheiten

828 Zimmermann 1995. 829 Anthony/Berg 2000 zur Nutzung des Pferdes als Reittier in Eurasien ab etwa 3500/3000 BC. Allerdings werden in Mitteleuropa bereits ab etwa 3300 BC Pferde als Haustiere für die Bernburger Kultur angenommen; dazu Benecke 1999. Zu den Problemen des Kampfes zu Pferde: Gordon 1956; dort auch der Hinweis, eine erste leichte Kavallerie habe es zu Beginn des 9. Jh. BC in Assyrien gegeben. 225 variierende Verhaltensweisen möglich sind. Dabei ist zeitweise endemische Kriegführung zwischen einzelnen Gruppen desselben Kulturkreises nur ein mögliches Beispiel. Eine Beeinflussung der Gesellschaftsstrukturen durch veränderte Häufigkeit von Gewaltakten ist anzunehmen. Natürlich hat es während des Neolithikums innerhalb verschiedener Kulturen Gruppen und Gemeinschaften gegeben, die Streit in größerem Ausmaß untereinander nicht erlebt haben. Gräberfelder mit Skelettresten ohne Läsionen belegen dies. Insgesamt aber liegen mit den zahlreichen Nachweisen von Gewaltereignissen, die sich speziell durch Läsionen an Schädeln zu erkennen geben, beredte Zeugen dafür vor, daß die Jungsteinzeit allgemein nicht als durchweg friedliche Epoche der Menschheitsgeschichte gesehen werden kann.

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264 13. Abkürzungen

ALM Archäologisches Landesmuseum BK Bandkeramik EGK Einzelgrabkultur FBZ Frühbronzezeit front. frontal FrühBZ Frühbronzezeit GBK Glockenbecherkultur Großg. Großgartacher Gruppe k.A. keine Angaben KAK Kugelamphorenkultur LBK Linienbandkeramik li. links LM Landesmuseum MiK Michelsberger Kultur MüK Münchshöfener Kultur Mus. Museum Neol. Neolithikum occ. occipital Ost. Slg. Tü. Osteologische Sammlung am Institut für Anthropologie und Humangenetik in Tübingen par. parietal re. rechts SchöK Schönfelder Kultur SK Schnurkeramik SN Spätneolithikum Tab. ext. Tabula externa Tab. int. Tabula interna TRB Trichterbecherkultur Trep. Trepanation Verl. Verletzung WBK Walternienburg-Bernburger Kultur WLM/S Württembergisches Landesmuseum Stuttgart

265 14. Katalog

Der Katalog beinhaltet sowohl die manipulierten Schädel des engeren Arbeitsgebietes Norddeutschland (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg) als auch die anhand von Literaturangaben ermittelten manipulierten Schädel des restlichen Bundesgebietes.

Geordnet ist der Katalog alphabetisch nach Bundesländern sowie innerhalb dieser nach Fundorten.

Baden-Württemberg

1. Bruchsal „Aue“, Lkr. Karlsruhe Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Globusfraktur mit radiär austrahlenden Bruchlinien und vier weitere Defekte in der linken Schädelhälfte überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Skelettrest aus Erdwerksgraben Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl 1999

2. Dittigheim, Main-Tauber-Kreis (Grab 14) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: länglich-ovale Vertiefung im mittleren Bereich der Sagittalnaht – begonnene Trepanation, 50 mm lang überlebt: ja Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Flachgrab, Bestattung in Hockerlage Datierung: Schnurkeramik Literatur: Dresely 1993, 252; 559

3. Dittigheim, Main-Tauber-Kreis (Grab 18, Best. 1) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Hiebverletzung durch stumpfe oder halbscharfe Gewalt in Lambdaregion überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühadult/weiblich Fundtyp: Flachgrab, Bestattung in Hockerlage; Dreifachbestattung (mit zwei Kindern) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Dresely 1993, 261 f.; 563 f.

4. Dittigheim, Main-Tauber-Kreis (Grab 27) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Hiebverletzung links frontal; 25 mm lange scharfe Bruch- kante mit länglich eingedrücktem halbmondförmigem

266 Knochenstück überlebt: nein Alter/geschlecht: spätmatur/weiblich Fundtyp: Bestattung (nur Oberkörper erhalten, wohl Hocker) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Dresely 1993, 262; 574

5. Dittigheim, Main-Tauber-Kreis (Grab 32) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: (I) länglich-zungenförmige Trepanation links parietal, 70x30 mm (II) begonnene Trepanation rechts parietal, mit ähnlichem Ausmaß überlebt: ja Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Flachgrab, Bestattung in Hockerlage Datierung: Schnurkeramik Literatur: Dresely 1993, 253; 579f.

6. Fellbach, Rems-Murr-Kreis Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: zwei lochförmige Defekte rechts parietal - Hiebverletzungen oder postmortale Beschädigungen? überlebt: nein Alter/Geschlecht: juvenil/unbest. (eher weiblich?) Fundtyp: Flachgrab (Hocker) Datierung: Neolithikum Verbleib: Heimatmus. Fellbach Literatur: Gaebele 1968, 12f.

7. Goldberg, Ostalbkreis (Skel. 3) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: halbmondförm. Defekt rechts vom Bregma; eiförmige Läsion vor rechtem Tuber par. – Hiebverl. mit hammerart. Steinbeil? überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf. II (ca. 7 Jahre)/unbest. Fundtyp: Skelettreste aus Grube Datierung: Neolithikum? Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tüb. 2275a Literatur: Gaebele 1968, 16; Wahl/König 1987, 181

8. Goldberg, Ostalbkreis (Skel. 6) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: zwei bogenförm. Defekte unterhalb des linken Tuber par. – Hiebverletzungen; Lochdefekt frontal – Verletzungen? überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf. II-juv./unbest. Fundtyp: Skelettreste aus Grube Datierung: Neolithikum? Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tüb. 2276b Literatur: Gaebele 1968, 17; Wahl/König 1987, 181

267 9. Goldberg, Ostalbkreis (Skel. 9) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: vier Läsionen von 38-40 mm Länge und 13-20 mm Breite rechts u. links par. überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühadult/eher männlich Fundtyp: Skelettreste aus Michelsberger Befestigungsgraben Datierung: Michelsberger Kultur Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tüb. 2277b Literatur: Gaebele 1968, 19; Wahl/König 1987, 181

10. Goldberg, Ostalbkreis (Skel. 12) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Läsion im Bereich der rechten Schläfe – Hiebverletzung? überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühadult/weiblich Fundtyp: Flachgrab (Rückenlage) Datierung: Neolithikum/Michelsberger Kultur? Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tüb. 2273b Literatur: Gaebele 1968, 21; Wahl/König 1987, 181

11. Grünsfeld-Krensheim, Main-Tauber-Kreis Fundgegenstand: Kalvarium (?) Art der Manipulation: Schädelfraktur rechts frontal aufgrund stumpfer Gewalt überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: wohl Grabfund (gestört) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Dresely 1993, 261; 524

12. Heddesheim, Rhein-Neckar-Kreis Fundgegenstand: Kalotte, zerscherbt Art der Manipulation: links frontal Mulde im Knochen von 60 x 35 mm; mittig kleine Öffnung: verh. Trepanation? überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Grabfund (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Gerhardt 1965, 69

13. Heidelberg-Handschuhsheim, Rhein-Neckar-Kreis (Ind. 1a) Fundgegenstand: beschädigtes Kranium Art der Manipulation: längsovaler Lochbruch rechts par., 20x50 mm (fragl. ?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 12 Jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung (Hockerlage) Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl/Höhn 1988

268 14. Heidelberg-Handschuhsheim, Rhein-Neckar-Kreis (Ind. 2) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch von 26 x 31 mm links occ. überlebt: nein Alter/Geschlecht: 50-60 Jahre/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung (Hockerlage) Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl/Höhn 1988

15. Heidelberg-Handschuhsheim, Rhein-Neckar-Kreis (Ind. 3) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch im Bereich der linken Schläfe, 31 mm lang; Lochbruch links par., 15 x 20 mm (Imprimat erhalten) überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 25 Jahre/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung (Hockerlage) Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl/Höhn 1988

16. Heidelberg-Handschuhsheim, Rhein-Neckar-Kreis (Ind. 4) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch rechts frontal., 29 x 23 mm rechts frontal (Imprimat erhalten) überlebt: nein Alter/Geschlecht: 40-50 Jahre/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung (Hockerlage) Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl/Höhn 1988

17. Heilbronn Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: kraterförm. Vertiefung am rechten Proc. zygomat. – Folge einer Pfeilschußverl. oder eitriger Prozeß? überlebt: k.A. (wahrsch.) Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Einzelfund bei Schachtarbeiten Datierung: Neolithikum/Hinkelsteingruppe? Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tüb. 2324 Literatur: Gaebele 1968, 24

18. Heilbronn-Neckargartach Fundgegenstand: fünf Schädelfragmente Art der Manipulation: mindestens drei stumpfe Hiebverletzungen überlebt: ? Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Einzelknochen aus Grabenwerk Datierung: Linienbandkeramik Literatur: Schmidgen-Hager 1992

269 19. Ilsfeld, Lkr. Heilbronn (Ind. 1) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: zwei Hiebverletzungen außerdem Schädeldach von innen nach außen durch- stoßen – Schädel aufgespießt ausgestellt ? überlebt: nein Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: Einzelfund in Grabenwerk Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl 1995

20. Ilsfeld, Lkr. Heilbronn (Ind. 2) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: großflächige Zertrümmerung in linker Schädelhälfte überlebt: nein Alter/Geschlecht: juvenil/weiblich Fundtyp: Skelett aus Erdwerksgraben Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl 1999

21. Lauda-Königshofen, Main-Tauber-Kreis (Grab 47) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Schädeltrepanation im Bereich beider Scheitelbeine überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Bestattung in Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Oeftiger 1999; 2000a

22. Mannheim-Sandhofen Fundgegenstand: Kalotte, zusammengesetzt Art der Manipulation: perforierende Verletzung rechts frontal; mit Verformung der knöchernen Umgebung des Auges überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur-senil/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Schnurkeramik Literatur: Gerhardt 1965, 71

23. Mannheim-Wald Fundgegenstand: Kalvaria, zerscherbt Art der Manipulation: Verletzung der Tab. externa der rechten Schläfe; ø ca. 10 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Gerhardt 1965, 68

270 24. Neckarsulm „Hetzenberg“, Lkr. Heilbronn (Ind. 1) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: drei Defekte in der rechten Schädelhälfte (Hiebe mit Steinbeil) überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf I/- Fundtyp: Skelettrest aus Erdwerksgraben Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl 1999

25. Neckarsulm „Hetzenberg“, Lkr. Heilbronn (Ind. 2) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Schädelfraktur der rechten Seite überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf I/- Fundtyp: Skelettrest aus Erdwerksgraben Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl 1999

26. Neckarsulm „Hetzenberg“, Lkr. Heilbronn (Ind. 3) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: zwei Hiebverletzungen der rechten Schläfe überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf I/- Fundtyp: Skelettrest aus Erdwerksgraben Datierung: Michelsberger Kultur Literatur: Wahl 1999

27. Offenau, Lkr. Heilbronn Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Läsionen an rechter Lambdanaht u. rechtem Tuber par. – Hiebverletzungen? überlebt: mglw. kurzzeitig Alter/Geschlecht: 40-50 Jahre/männlich Fundtyp: Flachgrab (Rückenlage) Datierung: Neolithikum Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 5262 Literatur: Gaebele 1968, 34f.; Wahl/König 1987, 180f.

28. Stetten an der Donau, Lkr. Tuttlingen Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trauma hinten links par., 38 x 25 mm; chirurg. versorgt (Trepanation) überlebt: ja Alter/Geschlecht: ca. 30 Jahre/weiblich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage); Doppelbestattung (mit Kind) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Wahl et al. 1990

29. Stetten ob Lonetal, Lkr. Heidenheim; Ind. 1 Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: parallele konzentr. Fissuren im Schläfenbereich – Hiebverl.? 271 überlebt: ? Alter/Geschlecht: juv.-adult/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Neolithikum?/ev. Bandkeramik Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 2326; 2341 Literatur: Gaebele 1968, 42-46

30. Stetten ob Lonetal, Lkr. Heidenheim; Ind. 2 Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Lochdefekt 50 mm ø im Schläfenbereich – Hiebverl.? überlebt: ? Alter/Geschlecht: juv.-adult/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Neolithikum?/ev. Bandkeramik Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 2326; 2341 Literatur: Gaebele 1968, 42-46

31. Stetten ob Lonetal, Lkr. Heidenheim; Ind. 3 Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: im Bereich d. Tuber par. konzentrische Fissur am Rand eines Defektes; nur Tab. ext. betroffen überlebt: ? Alter/Geschlecht: matur/männlich? Fundtyp: Flachgrab Datierung: Neolithikum?/ev. Bandkeramik Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 2326; 2341 Literatur: Gaebele 1968, 42-46

32. Stetten ob Lonetal, Lkr. Heidenheim; Ind. 4 Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: im Bereich d. Tuber par. konzentr. Fissur am Rand eines Defektes; nur Tab. ext. betroffen überlebt: ? Alter/Geschlecht: juv.-adult/unbest. Fundtyp: Flachgrab Datierung: Neolithikum?/ev. Bandkeramik Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 2326; 2341 Literatur: Gaebele 1968, 42-46

33. Stuttgart-Bad Cannstadt Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Trepanationsöffnung 50x70 mm im Bereich d. Bregma (links u. rechts par./frontal) überlebt: ja (kurzzeitig) Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: k. A. Datierung: Neolithikum? Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 2327 Literatur: Gaebele 1968, 46

272 34. Stuttgart-Mühlhausen (Grab 22) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verletzung links par. überlebt: ja (vollst. ausgeheilt) Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Bandkeramik Phase 5 Verbleib: WLM/S; 1995: Ost. Slg. Tü., Fb. Nr. 205 Literatur: Wahl/König 1987, 180; Bulla 1998, 426

35. Stuttgart-Mühlhausen (Grab 38) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Fraktur der linken Gesichtshälfte mit Deformation von Augenhöhle und Nasenöffnung überlebt: ja Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Bandkeramik Verbleib: WLM/S; 1995: Ost. Slg. Tü., Fb-Nr. 518 Literatur: Bulla 1998, 433

36. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 84/4) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: halbkreisförm. Läsion15 x 25 mm hinten links parietal; offene Läsion im oberen Hinterkopfbereich, 70 x 80 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 20 Jahre/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

37. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 84/10) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: spitzovaler Lochbruch hinten links par., 55x23 mm; Lochbruch mittig rechts par., erhaltene Länge 45 mm; Lochbruch rechts frontal, erhaltene Länge 35 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 8-10 jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

38. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 84/23) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Defekt rechts frontal, Länge ca. 50 mm; Lochbruch im rechten Schläfenbereich, 70x30 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 8 Jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

273 39. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 84/24) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Depressionsfraktur im hinteren Scheitelbereich, 35x80 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 3 Jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

40. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 84/28) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Impression links par./occ., 30x10 mm; Fraktur links occ./par,, 60x60 mm; Lochbruch oben occ., 25x45 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 11 Jahre/eher weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

41. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/3A) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch hinten links par.; mit verwachsenen Bruchrändern; Depression der äußeren Knochentafel rechts par., 15x15 mm überlebt: Lochbruch verheilt, anderer Defekt ohne Heilungs-reaktionen Alter/Geschlecht: 50-60 Jahre/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

42. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/3B) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: spitzovaler Lochbruch links par., 55x30 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 20-40 Jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

43. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/8) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch hinten links par., 15x7 mm, als Folge eines Pfeilschusses von links hinten überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 60 Jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

274 44. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/11) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: spitzovaler Lochbruch links frontal, 50x25 mm; Mehrfachfraktur des Unterkiefers überlebt: nein Alter/Geschlecht: 25-30 Jahre/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

45. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/12) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch im Scheitelbereich, par./occ., 75x 35 mm, im Hinterhauptsbereich auf 50x60 mm terassenartig erweitert; kleiner dreieck. Lochbruch occ. mittig unten, 7x11 mm – Pfeilschußverletzung überlebt: nein Alter/Geschlecht: 20-30 Jahre/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

46. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/15A) Fundgegenstand: Kalvaria mit rechter Unterkieferhälfte Art der Manipulation: Lochbruch rechts occ., 25x10mm; Rest einer länglichen Verletzung rechts occ., 40 mm erhaltene Länge überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 11 Jahre/eher weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

47. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind 83/15B) Fundgegenstand: Kalvaria mit linker Unterkieferhälfte Art der Manipulation: Reihe von sich überdeckenden Läsionen über 10 cm links par. occ., im Hinterhauptsbereich in Lochbruch von 20 mm ø mündend überlebt: nein Alter/Geschlecht: 10-12 Jahre/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

48. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/18A) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Lochbruch am Rande einer Trümmerfraktur rechts occ., Gesamtausmaß: 100x40 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 50-60 Jahre/eher weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK

275 Literatur: Wahl/König 1987

49. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/20A) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Fraktur rechts frontal, 24x30mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 20-30 Jahre/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

50. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/20C) Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Läsion rechts par., 40x80 mm; weitläufiges Bruchsystem rechts frontal, 20x5 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 20-30 Jahre/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

51. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/22A) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Impression hinten rechts par., 45x15 mm; Lochbruch hinten rechts par., erhalt. Länge 50 mm; fragl. Bruchkante hinten, Länge 30 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 15-20 Jahre/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

52. Talheim, Lkr Heilbronn (Ind. 83/22C) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Lochbruch links frontal, 20x30 mm; Lochbruch occ., 70x25 mm; Zertrümmerung rechts par. von etwa Handtellergröße überlebt: nein Alter/Geschlecht: 20-40 Jahre/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

53. Talheim, Lkr. Heilbronn (Ind. 83/22C2 + 3C) Fundgegenstand: Kalottenfragmente Art der Manipulation: Bruchterasse rechts par., 30x15 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 9 Jahre/eher weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: späte LBK Literatur: Wahl/König 1987

276 54. Talheim, Kr. Heilbronn (Ind. 83/22D) Fundgegenstand: Schädelbruchstück Art der Manipulation: fragl. Trauma rechts occ. – nicht vollständig erhalten überlebt: nein Alter/Geschlecht: spätmatur/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: LBK Literatur: Wahl/König 1987, 171

55. Talheim, Kr. Heilbronn (Ind. 83/19+20B) Fundgegenstand: Schädelbruchstück Art der Manipulation: Defekt links par., 15 mm lang – nicht vollständig erhalten überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf I/eher männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: LBK Literatur: Wahl/König 1987, 171

56. Talheim, Kr. Heilbronn (Ind. 83/23) Fundgegenstand: Brustwirbel Art der Manipulation: Pfeilspitze waagerecht von hinten eingedrungen überlebt: nein Alter/Geschlecht: unbest. Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: LBK Literatur: Wahl/könig 1987, 179

57. Tauberbischofsheim, Main-Tauber-Kreis („Kirchelberg/Acker Noe West“, Grab 1, Best. 2) Fundgegenstand: Kalvarium (?) Art der Manipulation: (I) Trepanation links parietal, direkt an Sagittalnaht, 60x30 mm (II) fragliche Trepanation links parietal unterhalb (I), 50x25 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: frühadult/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Schnurkeramik Literatur: Dresely 1993, 252; 542

58. Tauberbischofsheim, Main-Tauber-Kreis („Burgweg/Krautgärten“, Bestattung 1) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: im linken Schläfenbereich grubenförm. Eintiefung von 3 mm Tiefe, mit unebenen Hängen – Impressionsfraktur? überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätadult-matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage); Doppelbestattung Datierung: Schnurkeramik Literatur: Gerhardt 1965, 62; Dresely 1993, 261 u. 535 277 59. Tauberbischofsheim, Main-Tauber-Kreis („Burgweg/Krautgärten“, Bestattung 2) Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: rechts parietal rundliche Vertiefung mit narbigem Grund- Verletzung mit stumpf zugespitztem Gegenstand ? überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/weiblich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage); Doppelbestattung Datierung: Schnurkeramik Literatur: Gerhardt 1965, 79

60. Vaihingen an der Enz, Kr. Ludwigsburg (Grab 4) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: unverheilte Fraktur occipital, Länge der Biegungsfrakturlinie 40 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: 30-40 Jahre/weiblich Fundtyp: Bestattung aus Grabenwerk Datierung: LBK Literatur: Welge 1998

61. Vaihingen an der Enz, Kr. Ludwigsburg (Grab 62) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Fraktur rechts frontal, runde Impression, 30 mm ø überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./eher weiblich Fundtyp: Bestattung aus Grabenwerk Datierung: LBK Literatur: Welge 1998

62. Waiblingen, Rems-Murr-Kreis (Skel. 1a) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: keilförm. Vertiefung im Bereich des rechten Parietalhöckers (nur Tab. ext. betroffen), ca. 30 mm Kantenlänge – wohl Hiebverletzung überlebt: ? (wahrsch.) Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerbestattung) Datierung: Bandkeramik Verbleib: Inst. f. Anthropol. u. Humangenetik Tübingen 2714a Literatur: Gaebele 1968, 66f.

Bayern

63. Großmehring, Lkr. Eichstätt (Ind. A) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: zwei spitzovale Lochbrüche links parietal

278 überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 6 Jahre/unbest. Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Münchshöfener Kultur Literatur: Schröter 1997

64. Großmehring, Lkr. Eichstätt (Ind. B) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Fraktur an Hirnschädel überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Münchshöfener Kultur Literatur: Schröter 1997

65. Großmehring, Lkr. Eichstätt (Ind. C) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Fraktur an Hirnschädel überlebt: nein Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Münchshöfener Kultur Literatur: Schröter 1997

66. Großmehring, Lkr. Eichstätt (Ind. D) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Fraktur an Hirnschädel überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/weiblich Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Münchshöfener Kultur Literatur: Schröter 1997

67. Hanseles Hohl/Fronhofen, Lkr. Dillingen Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: zwei intravitale Hiebverl.; geformter Lochbruch links frontal, 25 mm ø; geformter Lochbruch links par., 60x30 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühadult/weiblich Fundtyp: Sekundärbestattung in Höhle Datierung: LBK Verbleib: Anthropol. Staatsslg. München Literatur: Orschiedt 1999

68. Inningen, Lkr. Augsburg (Ind. 1) Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: fragliche tödl. Schädelverletzung (?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: -/- Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Michelsberger Kultur

279 Verbleib: verschollen Literatur: Meier 1965

69. Inningen, Lkr. Augsburg (Ind. 2) Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: fragliche tödl. Schädelverletzung (?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: -/- Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Michelsberger Kultur Verbleib: verschollen Literatur: Meier 1965

70. Inningen, Lkr. Augsburg (Ind. 3) Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: fragliche tödl. Schädelverletzung (?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: -/- Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Michelsberger Kultur Verbleib: verschollen Literatur: Meier 1965

71. Inningen, Lkr. Augsburg (Ind. 4) Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: fragliche tödl. Schädelverletzung (?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: -/- Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Michelsberger Kultur Verbleib: verschollen Literatur: Meier 1965

72. Inningen, Lkr. Augsburg (Ind. 5) Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: fragliche tödl. Schädelverletzung (?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: -/- Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Michelsberger Kultur Verbleib: verschollen Literatur: Meier 1965

73. Inningen, Lkr. Augsburg (Ind. 6) Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: fragliche tödl. Schädelverletzung (?) überlebt: nein Alter/Geschlecht: -/- Fundtyp: Mehrfachbestattung Datierung: Michelsberger Kultur Verbleib: verschollen

280 Literatur: Meier 1965

74. Jungfernhöhle Tiefenellern, Lkr. Bamberg Fundgegenstand: rechtes Scheitelbein Art der Manipulation: Hiebverl. rechts par., unvollst. erhalten, urspr. ca. 65 mm lang überlebt: nein Alter/Geschlecht: spätmatur/weiblich Fundtyp: Sekundärbestattung in Höhle Datierung: LBK Verbleib: Hist. Mus. Bamberg Literatur: Orschiedt 1999

75. Kirchamper, Kr. Freising Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Kieferfraktur?; mehrere Lochdefekte mit unregelmäßigen Rändern – postmortale Manipulationen? überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/weiblich Fundtyp: Siedlungsfund Datierung: Bandkeramik Literatur: Veit 1996

76. Moosham, Lkr. Regensburg-Süd Fundgegenstand: Kalottenbruchstück Art der Manipulation: spitzovale Öffnung 1,2 x 0,8 cm auf Scheitelbein – Pfeilschußverletzung ? überlebt: ? Alter/Geschlecht: Erw./ - Fundtyp: Einzelfund in befestigter Siedlung (Erdwerk) Datierung: Chamer Gruppe Literatur: Probst 1991, 368

77. Pilsting “Kellerfeld“, Lkr. Dingolfing-Landau Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Impressionsfraktur links par. durch stumpfe Gewalt überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/weiblich Fundtyp: Grube Datierung: GBK (Übergangshorizont zur FrühBZ) Literatur: Fischer/Kreiner 1995

78. Tiefbrunn, Lkr. Regensburg (Ind. 1) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: drei Schlagverletzungen in rechter Schädelhälfte überlebt: nein Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Grabfund (Hocker in Mehrfachbestattung) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Schröter 2002, 40

281 79. Tiefbrunn, Lkr. Regensburg (Ind. 2) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Schlagverletzung der rechten Schädelseite überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 4 Jahre/unbest. Fundtyp: Grabfund (Hocker in Mehrfachbestattung) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Schröter 2002, 40

80. Tiefbrunn, Lkr. Regensburg (Ind. 3) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Schlagverletzungen der linken Schädelseite überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühadult/weiblich Fundtyp: Grabfund (Hocker in Mehrfachbestattung) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Schröter 2002, 40

81. Wildenberg, Lkr. Kelheim Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Hiebmarke unten occipital überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühadult/männlich Fundtyp: Siedlungsgrube Datierung: Münchshöfener Kultur Literatur: Rind 1996

Brandenburg

82. Bölkendorf, Lkr. Barnim Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Trepanation links frontal, Ø ca. 30 mm, Außenrand 53x50 mm; Verletzung links parietal/occipital, 30 x 20 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Grab 8 des Gräberfelds „Mundins Steeneberg“, 1921 durch Steinschläger zerstört) Datierung: 1940 cal BC (3593 +/-28 BP; KIA 16970) Verbleib: Mus. Angermünde IV/38, 1963 Literatur: Jahnke 1958; Kirsch 1993

83. Ketzin, Lkr. Havelland (I/1898) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verletzung oben frontal überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: verschollen

282 Literatur: Götze 1900; Ullrich 1971

84. Ketzin, Lkr. Havelland (III/1898) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Trepanation links/rechts par., 58x65 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./weiblich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: verschollen? Literatur: Götze 1900; Ullrich 1971

85. Ketzin, Lkr. Havelland (GII/Ind. 1) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Impression rechts frontal/par., 29x21 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 40 Jahre/weiblich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Arch. Landesmuseum Brandenburg Wünsdorf: 1960:1/10 Literatur: Ullrich 1971

86. Ketzin, Lkr. Havelland (G II/Ind. 2) Fundgegenstand: Kranium, teilw. erhebl. beschädigt Art der Manipulation: Trepanation rechts par., 50x35 mm; Trepanation links par./frontal, 85-90x45-50 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: 40-45 Jahre/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Arch. Landesmuseum Brandenburg Wünsdorf: 1960:1/11 Literatur: Ullrich 1971

87. Ketzin, Lkr. Havelland (G IV/Ind. 2) Fundgegenstand: Kalotte, beschädigt Art der Manipulation: nicht vollständig ausgeheilte Impressionsfraktur rechts par., 11x09 mm überlebt: ja, kurzzeitig Alter/Geschlecht: ca. 40 Jahre/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Arch. Landesmuseum Brandenburg Wünsdorf: 1960:1/21 Literatur: Ullrich 1971

88. Ketzin, Lkr. Havelland (G V) Fundgegenstand: Kalotte, beschädigt Art der Manipulation: begonnene Trepanation in Bregmagegend, ø 64 mm begonnene Trepanation rechts par., 100x84 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätadult-frühmatur/männlich Fundtyp: Flachgrab

283 Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Arch. Landesmuseum Brandenburg Wünsdorf? – z.Zt. nicht auffindbar Literatur: Ullrich 1971

89. Potsdam, Albert-Klink-Straße Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Defekt links par./occ.; 36 x 25 mm - Trepanation? überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Neolithikum ? Verbleib: Arch. Landesmuseum Brandenburg Wünsdorf ? Literatur: Geisler 1961; Ullrich 1964

Hessen

90. Butzbach, Lkr. Friedberg (Grab 18) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verletzung der rechten Schläfe mit Perforation des Schädelknochens überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult-matur/weiblich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Bandkeramik Literatur: Preuschoft 1962; Schaefer 1978

91. Frankfurt-Praunheim Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verletzung der rechten Schläfe überlebt: nein Alter/Geschlecht: unbest. Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: LBK Literatur: Woelke 1939, 48f.; Veit 1996

92. Niedertiefenbach, Lkr. Limburg-Weilburg (Ind. 1) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: zwei Schlagspuren im linken Scheitelbein überlebt: nein Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Einzelknochen aus Steinkammergrab Datierung: Wartberg-Gruppe Literatur: Czarnetzki 1963

93. Niedertiefenbach, Lkr. Limburg-Weilburg (Ind. 2) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Schlagverletzung

284 überlebt: nein Alter/Geschlecht: Kind/unbest. Fundtyp: Einzelknochen aus Steinkammergrab Datierung: Wartberg-Gruppe Literatur: Czarnetzki 1963

94. Tillpetersrech, Wiesbaden-Erbenheim Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Hiebverletzung frontal überlebt: ja Alter/Geschlecht: männlich/frühadult Fundtyp: Bestattung (Kopfbestattung: Schädel + erste Halswirbel) in Längsgrube eines Hauses Datierung: ältere/mittlere LBK Verbleib: Inst. f. Anthropol. Univ. Mainz Literatur: Orschiedt 1999

95. Trebur, Kr. Groß Gerau (Grab 29) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Impression von ca. 10 mm ø links frontal überlebt: ja Alter/Geschlecht: senil/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Großgartacher Gruppe Literatur: Jacobshagen/Kunter 1999

Mecklenburg-Vorpommern

96. Groß Upahl, Lkr. Güstrow (Schädel 1) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: mehrere Hiebverletzungen: rechts parietal, 30x20 mm; frontal, 50x35 mm; links supraorbital; links parietal überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Hockergrab Datierung: 3 186 +/- 131 cal BC Verbleib: ALM M-V 59/66 Literatur: Müller 1960a; Müller 1960b; Lidke/Piek 1998

97. Groß Upahl, Lkr. Güstrow (Schädel 2 [unteres Knochenlager NO-Wanne; Schädel B]) Fundgegenstand: Kalottenfragment Art der Manipulation: Impression rechts parietal; 28x33 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Knochenlager Datierung: EGK/Spätneol. Verbleib: ALM M-V 59/66 Literatur: Müller 1960a; Lidke/Piek 1998

285 98. Kruckow, Lkr. Demmin (Schädel 1) Fundgegenstand: Kalvaria; tw. beschädigt Art der Manipulation: Trepanation im Sagittalnahtbereich, links/rechts par. + frontal, oval; 40 x 80 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: inf II/unbest. Fundtyp: Megalithgrab Datierung: 2 228 +/- 117 cal BC Verbleib: ALM M-V 69/37, 26, Kn 188 Literatur: Hollnagel 1970; Grimm 1983; Lidke 1999; Lidke/Piek 1998

99. Kruckow, Lkr. Demmin (Schädel 2) Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Trepanation links par./occ.; oval-kreisförmig; 48 x 42 mm überlebt: ja (kurzzeitig) Alter/Geschlecht: juv./weiblich Fundtyp: Megalithgrab Datierung: 2 366 +/- 102 cal BC Verbleib: ALM M-V 69/37, 54, Kn 186 Literatur: Hollnagel 1970; Grimm 1983; Lidke 1999; Lidke/Piek 1998

100. Kruckow, Lkr. Demmin (Schädel 3) Fundgegenstand: fragmentiert (?) Art der Manipulation: Trepanation links par.; oval, 70 x 55 mm überlebt: ja (kurzzeitig) Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Megalithgrab Datierung: 3 056 +/- 146 cal BC Verbleib: ALM M-V 69/37, 30, Kn 187 (Fragmente; Schädel verschollen?) Literatur: Hollnagel 1970; Grimm 1983; Lidke 1999; Lidke/Piek 1998

101. Liepen, Lkr. Bad Doberan Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: unvollendete Trepanation; links parietal; kreisförmig; € 58 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult-matur/männlich Fundtyp: Megalithgrab Datierung: 2 984 +/- 123 cal BC Verbleib: ALM M-V 65/28, 52, Kn 315 Literatur: Schuldt 1966; Grimm 1983; Lidke/Piek 1998

102. Malchin, Lkr. Demmin Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Hiebverletzung links par./occ., 30 mm lang überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätmatur/weiblich Fundtyp: Steinkiste

286 Datierung: 2 981 +/- 74 cal BC Verbleib: ALM M-V Wa IV, 71/263 Literatur: Schuldt 1974; Grimm 1992; Lidke/Piek 1998

103. Ostorf/Schwerin (1) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Kiefer- u. Jochbeinfraktur rechts überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./unbest. Fundtyp: Flachgrab Datierung: Trichterbecherlultur Verbleib: ALM M-V 436 Literatur: Bastian 1961; Schuldt 1961

104. Ostorf/Schwerin (2) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verletzung mit Kallusbildung parietal überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Trichterbecherkultur Verbleib: ALM M-V 61/11, 8 Literatur: Bastian 1961; Schuldt 1961; Grimm 1965

105. Pätschow, Lkr. Ostvorpommern Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Trepanation; rechts frontal; nierenförmig, 40x60 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Moorfund (Baggerfund) Datierung: 1 726 +/- 95 cal BC Verbleib: ALM M-V Wa IV, 66/57, 1 Literatur: Grimm 1957; Lidke/Piek 1998

106. Serrahn, Lkr. Güstrow Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Trepanation, links u. recht par./occ.; 92x67 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Megalithgrab Datierung: 2 291+/- 106 cal BC Verbleib: ALM M-V 64/25, 4, Kn 185 Literatur: Schuldt 1965; Grimm 1983; Lidke/Piek 1998

107. Weltzin, Lkr. Demmin (1) Fundgegenstand: Schädel Art der Manipulation: ovale Impressionsfraktur überlebt: nein (?) Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Knochenlager (Flußufersituation) 287 Datierung: Spätneolithikum/Frühbronzezeit Verbleib: ALM M-V 1996/277; 855 Literatur: Fundmeldung Jahrbuch Bodendenkmalpflege M-V 1996, 473

108. Weltzin, Lkr. Demmin (2) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: Depression überlebt: nein (?) Alter/Geschlecht: Erw./unbest. Fundtyp: Knochenlager (Flußufersituation) Datierung: Spätneolithikum/Frühbronzezeit Verbleib: ALM M-V 2000, 1382, 1-4 Literatur: Fundmeldung Jahrbuch Bodendenkmalpflege M-V 2000, 448

109. Weltzin, Lkr. Demmin (3) Fundgegenstand: Einzelknochen (Humerus) Art der Manipulation: Pfeilschußverletzung – Silexpfeilspitze in Gelenk überlebt: nein (keine Heilungsreaktion) Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Knochenlager (Flußufersituation) Datierung: Spätneolithikum/Frühbronzezeit Verbleib: ALM M-V 1996/277;855 Literatur: Jantzen 1997

Niedersachsen

110. Bavenstedt, Lkr. Hildesheim (Ind. 2) Fundgegenstand: Wirbelknochen Art der Manipulation: Silexpfeilspitze zwischen 8. und 9. Brustwirbel überlebt: nein Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: Doppelbestattung zweier Männer Datierung: Mittel-/Spätneolithikum Verbleib: Abt. Arch. Denkmalpflege, Hannover Literatur: Schutkowski et al. 1996

111. Dümmer See/Huntedorf 1 Fundgegenstand: Schädelbruchstücke (Stirnbein, linkes Scheitelbein, Teil des rechten Scheitelbeins) Art der Manipulation: Trepanation überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult (ca. 25 Jahre)/eher männlich Fundtyp: Siedlungsfund Datierung: Neolithikum Verbleib: Niedersächs. Landesmus. Hannover? Literatur: Kossian/Lönne 2003

288 112. Groß Biewende, Lkr. Wolfenbüttel Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Öffnung hinten rechts par., 28x30 mm; tödl. Hiebverletzung oder postmort. Eingriff? überlebt: nein Alter/Geschlecht: ca. 20 Jahre/eher männlich Fundtyp: Bestattung (Hockerlage) Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: verschollen Literatur: May/Burkhardt 1978

113. Hasbergen, Lkr. Osnabrück (Best. 1) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation von ca. 45x45 mm rechts par. überlebt: ja (Zeitraum von etwa 6 Monaten wahrscheinlich) Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Hügelgrab; Doppelbestattung zweier Männer, linker und rechter Hocker antipodisch Datierung: Einzelgrabkultur Verbleib: Mus. Osnabrück Literatur: Schlüter 2000

114. Sorsum/Hildesheim, Ind. 1 (Schädel III) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: operativ versorgte Schädelfraktur links parietal; runder Defekt von 67x54 mm mit Knochenöffnung von 14 mm ø überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/weiblich Fundtyp: Steinkistengrab Datierung: Trichterbecherkultur Verbleib: Osteol. Slg. Tübingen Literatur: Czarnetzki/Pusch 2006

115. Sorsum/Hildesheim, Ind. 2 (Schädel XVIII) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Trepanation links parietal, 46x32 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Steinkistengrab Datierung: Trichterbecherkultur Verbleib: Osteol. Slg. Tübingen Literatur: Czarnetzki/Pusch 2006

289 Nordrhein-Westfalen

116. Henglarn, Kr. Paderborn Fundgegenstand: Unterkieferknochen Art der Manipulation: verheilter Bruch des linken Unterkieferastes überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: Steinkammergrab Datierung: Trichterbecherkultur Literatur: Probst 1991

117. Warburg, Kr. Höxter Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation im Scheitelbereich überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Megalithgrab Datierung: Wartbergkultur Verbleib: Osteol. Slg. Tübingen Literatur: Löwen 1997

Rheinland-Pfalz

118. Herxheim bei Landau, Kr. Südliche Weinstraße Fundgegenstand: bearbeitete Kalotte Art der Manipulation: verheilte Verl. links parietal, im Bereich der Sagittalnaht u. frontal (Schädel außerdem als „Schale“ zugerichtet) überlebt: ja (Verletzung) Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: aus Grabenwerk Datierung: LBK Literatur: Häußer 2000; Orschiedt et al. 2006; Zeeb-Lanz et al. 2006

119. Mertloch, Kr. Mayen-Koblenz (Skel. A) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verletzung am Kinn durch scharfkantigen Gegenstand überlebt: ja Alter/Geschlecht: senil/eher männlich Fundtyp: Flachgrab (Reste einer älteren Best. zu Füßen eines weiteren Hockers) Datierung: Glockenbecherkultur (ev. FrühBZ) Literatur: Ament/Lange 1976

290 Sachsen

120. Zauschwitz, Lkr. Leipziger Land (1) Fundgegenstand: Kalottenfragmente Art der Manipulation: zwei Trepanationen; rechts frontal: unvollständig erhalten, größte Länge 40 mm; mittig-links frontal: 46x33 mm nach Grimm: postmortale Trepanation; nach Ullrich/Weickmann letale Hiebverletzungen überlebt: nein Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: Flachgrab (Hocker) Datierung: Neolithikum Literatur: Grimm 1964; Ullrich/Weickmann 1965

121. Zauschwitz, Lkr. Leipziger Land (2) Fundgegenstand: linkes Scheitelbein Art der Manipulation: Trepanation links parietal, 24x16 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: frühadult/- Fundtyp: Siedlungsgrube Datierung: Neolithikum (?) Literatur: Grimm 1997

Sachsen-Anhalt

122. Allstedt, Lkr. Sangerhausen Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: links par., 38x73 mm, stumpfe Gewalt o. Herausritzung mit scharfem Gegenstand? links occ. 24x30 mm; hinten links par. 20x26 mm – Verletzungen d. stumpfe Gewalt überlebt: nein Alter/Geschlecht: Erw.-/männlich? Fundtyp: Skelett in Hockerlage in Steinkiste Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle Literatur: Matthias 1974, 19; Bruchhaus/Holtfreter 1984

123. Aschersleben, Lkr. Aschersleben-Staßfurt Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation rechts parietal, 29x17 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Matthias 1967; Matthias/Ullrich 1968

291 124. Barby, Kr. Schönebeck Fundgegenstand: Schädel(rest?) Art der Manipulation: Trepanation im rechten Scheitelbein überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: k.A. Datierung: Neolithikum? Literatur: Ullrich/Weickmann 1964

125. Bennungen, Kr. Sangerhausen Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: operativ versorgte ovale Verletzung der linken Schläfengegend, ca. 31x10 mm lang überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Bernburger Kultur Literatur: Ullrich 1964; 1997

126. Börnecke, Kr. Aschersleben-Staßfurt (Ind. A) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation hinten links/rechts parietal, 75x70 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Mauerkammergrab Datierung: Bernburger Kultur Verbleib: Museum Wolfenbüttel Literatur: Krone 1935; Busch et al. 1997

127. Börnecke, Kr. Aschersleben-Staßfurt (Ind. B) Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Trepanation links par., 60 x 70 mm (herausgetrennte Knochenscheibe erhalten) überlebt: nein Alter/Geschlecht: spätadult-frühmatur/männlich Fundtyp: Mauerkammergrab Datierung: Bernburger Kultur Verbleib: Museum Wolfenbüttel Literatur: Krone 1935; Busch et al. 1997

128. Börnecke, Kr. Aschersleben-Staßfurt (82-20/ 2c) Fundgegenstand: Kalvaria Art der Manipulation: Vertiefung rechts frontal, 5x6 mm, verrundet Impression? überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: Mauerkammergrab Datierung: Bernburger Kultur Verbleib: Museum Wolfenbüttel Literatur: Busch et al. 1997

292 129. Braunsdorf, Kr. Merseburg-Querfurt Fundgegenstand: Schädel, aus Bruchstücken zusammengesetzt Art der Manipulation: Trepanation rechts/tw. links par., 46x35 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: 40-60 Jahre/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: Mus. Halle 27:278a Literatur: Matthias 1982, 24; Bruchhaus/Holtfreter 1985

130. Braunsdorf II, Kr. Merseburg-Querfurt Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: schief verheilter doppelseitiger Bruch des Unterkiefers; Abrißfraktur beider Gelenkköpfe mit Zerstörung der Gelenkkapsel infolge eines frontal wirkenden Stoßes oder Schlages überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/weiblich Fundtyp: k.A. Datierung: Schnurkeramik Verbleib: Mus. Halle Literatur: Heberer 1938, 24; Zuhrt 1962

131. Deesdorf, Kr. Halberstadt Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Perforation 30x8 mm rechts frontal; Depressionen links frontal von 32x22 mm u. 38x18 mm; Öffnung hinten links par. von 34x15 mm Ausmaß überlebt: nach Ullrich: ja; nach Beier: nein, ohne Heilungsspuren Alter/Geschlecht: adult/eher weiblich Fundtyp: Hocker in Steinkiste Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Mus. Halberstadt 633d Literatur: Ullrich 1971, 52; Beier 1988, 107

132. Derenburg, Kr. Wernigerode Fundgegenstand: Stirnbeinknochen Art der Manipulation: Impression überlebt: ja (?) Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Bernburger Kultur Literatur: Bach 1981

133. Frankleben, Kr. Merseburg Fundgegenstand: Schädel(rest?) Art der Manupulation: Trepanation im rechten Scheitelbein überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich

293 Fundtyp: k.A. Datierung: Neolithikum? Literatur: Ullrich/Weickmann 1964

134. Grochlitz/Naumburg, Burgenlandkreis Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: knöcherne Nase durch von rechts kommenden Schlag deformiert; Rücken der Nasenbeine nach links abweichend, rechtes Nasenbein abgeplattet überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Grabfund Datierung: Glockenbecherkultur Verbleib: Mus. Weimar Literatur: Gerhardt 1953, 181

135. Großkorbetha, Kr. Weißenfels (Ind. 65:178) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Impression links neben dem Bregma, traumat. Ursprungs (Anzeichen für Lähmung der unteren rechten Extremität) überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerbestattung) Datierung: Stichbandkeramik Literatur: Bach 1978

136. Hausneindorf, Kr. Quedlinburg Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Trepanation rechts frontal/parietal, 35x24 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: Mus. Quedlinburg (1478 III/51/1575) Literatur: Heberer 1938, 17; Matthias/Ullrich 1968

137. Kleinpaschleben, Kr. Köthen Fundgegenstand: bruchstückhaftes Kranium, rechts fehlende Teile Art der Manipulation: Trepanation frontal/Scheitelbereich; 30x16-30 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle Literatur: Heberer 1938, 30; Matthias/Ullrich 1968

138. Königsaue, Kr. Aschersleben-Staßfurt Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation rechts parietal, 54 x 43 mm überlebt: ja

294 Alter/Geschlecht: 30-35 Jahre/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle 67:119a Literatur: Matthias/Ullrich 1968

139. Laucha-Dorndorf, Burgenlandkreis (Grab 2, Best. B) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation rechts parietal, 35x18 mm, verheilt 2 weitere Defekte: frontal/links par.: 50 mm lang; links par.: 30x20 mm; beide verheilt – Verletzungen? überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätadult-frühmatur/männlich Fundtyp: Skelett in Hockerlage, aus Doppelbest. in Steinplatten- einfassung Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle 34: 267 Literatur: Matthias 1974, 94 ff.; Bruchhaus/Holtfreter 1985

140. Magdeburg, Altstadt/Fpl. 1 Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Impressionen am Schädel überlebt: nein Alter/Geschlecht: juvenil/weiblich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Mus. Magdeburg Literatur: Beier 1988, 101

141. Merseburg, Kr. Merseburg-Querfurt (Ind. Ba II) Fundgegenstand: Kalotte mit linkem Schläfenbein Art der Manipulation: rundliche Impression von ca. 20 mm Durchm. hinten links parietal überlebt: ja Alter/geschlecht: frühmatur/weiblich Fundtyp: rechtsseit. Hocker in Steinplattenkiste Datierung: Glockenbecherkultur Literatur: Gerhardt 1953, 181

142. Merseburg-Kötzschen; Lkr. Merseburg-Querfurt Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Stauchung der Nasenbeinwurzel überlebt: ja Alter/geschlecht: senil/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerbestattung) Datierung: Glockenbecherkultur Literatur: Saal 1967

143. Peißen, Saalkreis Fundgegenstand: Kranium 295 Art der Manipulation: Trepanation links parietal/ frontal, 57x26 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Müller 1960c; Matthias/Ullrich 1968

144. Polkern, Kr. Stendal (G 3a) Fundgegenstand: Schädelfragmente Art der Manipulation: Trepanation frontal/tw. links u. rechts parietal, 70-80x60-70 mm; keine Heilungsspuren überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/eher männlich Fundtyp: Brandbestattung Datierung: Schönfelder Kultur Literatur: Grimm 1974; Wetzel 1973

145. Pritschöna, Lkr. Merseburg-Querfurt Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: 2 Trepanationen: frontal, 23x16 mm; rechts parietal, 30x25 mm überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Hockerbestattung, mit Kopf nach unten Datierung: Schnurkeramik ? Verbleib: LM Halle 24:877a Literatur: Heberer 1938, 19; Matthias/Ullrich 1968; Matthias 1982; Schafberg 2001

146. Roßbach, Kr. Merseburg-Querfurt Fundgegenstand: Kalottenbruchstück Art der Manipulation: Trepanation links frontal überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich (? – von Heberer aufgr. Trep. bestimmt) Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik ? Verbleib: LM Halle Literatur: Heberer 1938; Matthias/Ullrich 1968

147. Schafstädt, Kr. Merseburg-Querfurt Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Trepanation links frontal/ par.; 33x25 mm, verheilt; oberhalb Trep. 40 mm lange Furche – verheilte Verletzung? überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/eher männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle 61: 75 Literatur: Grimm/Asamoa 1964; Matthias/Ullrich 1968

296 148. Unseburg, Kr. Aschersleben-Staßfurt Fundgegenstand: frakturierter Schädel; Os front. mit Teilen d. rechten u. linken Os par. als Einheit Art der Manipulation: Impressionsfraktur links par., tw. rechts par. und frontal, 64 x 48 mm; Imprimatfragmente erhalten und teilweise wieder mit Schädelknochen verwachsen überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Flachgrab, Doppelbestattung zweier Männer Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle 87: 669a Literatur: Bruchhaus/Holtfreter 1989

149. Wiedebach, Kr. Weißenfels Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: ovale Trepanation links frontal, 32 x 22 mm; (äußeres Ausmaß 40 x 28 mm) überlebt: ja Alter/Geschlecht: matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Halle 35:62a Literatur: Heberer 1938, 16; Matthias/Ullrich 1968

150. Wulfen, Kr. Köthen Fundgegenstand: Kranium? Art der Manipulation: Defekt am Schädel –Trepanation in Form versorgter Schädelfraktur? überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./ - Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: Mus. Köthen Literatur: Fischer 1956, 135; Matthias/Ullrich 1968

Schleswig-Holstein

151. Nebel/Amrum, Kr. Nordfriesland Fundgegenstand: Kalvaria mit Beschädigungen Art der Manipulation: 1) Öffnung, 25 x 28 mm etwa mittig frontal - Trepanation?; 2) längsovale Läsion im linken Scheitelbein, unvollständig erhalten; Länge der erhaltenen Kanten oben u. unten ca. 44 und 35 mm; mit Frakturlinie von 25 mm Länge im hinteren Bereich; 3) links parietal – Läsion der Tabula ext., 15 x 13 mm; 4) Läsion occ., 20 x 13 mm; 5) evtl. weitere Manipulationen (Schnittlinien?) rechts parietal u. frontal

297 überlebt: nein Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Megalithgrab (Riesenbett 212, Steingrab 2) Datierung: 2576-2506 cal BC (4005+/-28 BP; KIA 17089) Verbleib: ALM Schleswig, K. S. 20812 Literatur: Kersten/La Baume 1958; Schaefer 1958; Schaefer 1965

152. Panker/Matzwitz, Kr. Plön Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: zwei Impressionen: im Hinterhauptsbereich, 50 x 80 mm, deutl. eingetieft; links par. flache Eindellung 30 x 50 mm (Geburtstrauma?) überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: Megalithgrab Datierung: Mittel- bis Spätneolithikum Verbleib: Anthropol. Inst. Univers. Kiel, (Panker/Matzwitz 1263) Literatur: Hirsch 2001; frdl. Mitteilg. K. Hirsch u. I. Schröder

Thüringen

153. Bad Sulza, Kr. Weimarer Land (Ind. W 972) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Verlust der beiden unteren ersten Incisiven infolge traumatischer Einwirkung überlebt: wahrsch. Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerbestattung) Datierung: Linienbandkeramik Literatur: Bach 1978

154. Erfurt (Fpl. Güntherstraße) Fundgegenstand: beschädigtes Kranium Art der Manipulation: Trepanation links parietal überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerbestattung) Datierung: Schnurkeramik Literatur: Matthias/Ullrich 1968

155. Gotha-Siebleben Fundgegenstand: Rippenknochen der linken Seite Art der Manipulation: Silexpfeilspitze in Rippe überlebt: ja (in Knochen eingeheilt) Alter/Geschlecht: Erw./unbest. Fundtyp: Knochenfund aus Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur

298 Literatur: Bach et al. 1987

156. Greußen, Kyffhäuserkreis (Grab 7/65) Fundgegenstand: fragment. Kranium Art der Manipulation: Hiebverletzung im Lambdabereich, 45 mm lang überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Weimar Literatur: Feustel et al. 1966, 126

157. Haindorf, Lkr. Thüringer Land (Grab 28) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: ovale Öffnung frontal und beidseitig parietal, 100x120 mm - Schädeltrauma mit Wundversorgung überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Weimar Literatur: Northe et al. 2001

158. Helmsdorf, Kr. Eichsfeld Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Trepanation links/rechts parietal (hinterer Scheitelbereich), 49x38 mm (versorgtes Trauma) überlebt. ja Alter/Geschlecht: adult-matur/männlich Fundtyp: Hockerbestattung in Steinplattenkiste Datierung: Schnurkeramik Verbleib: Mus. Halle Literatur: Größler 1909, 114 f.; Heberer 1938, 12 f.; Matthias/Ullrich1968, 38; Ullrich 1965; 1997

159. Kalbsrieth, Kyffhäuserkreis Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: zwei Verletzungen hinten rechts parietal überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: linker Hocker in Steinkiste Datierung: Kugelamphorenkultur Verbleib: Mus. Weimar 1995-98 Literatur: Ullrich/Weickmann 1964; Ullrich 1971, 52; Beier 1988, 129

160. Nerkewitz, Saale-Holzland-Kreis (Grab 2) Fundgegenstand: Schädelfragmente Art der Manipulation: verheilte Verletzung links parietal; Ränder einer vollst. verheilten Trepanation

299 (ca. 32x35 mm) überlebt: ja Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Brandbestattung in Hügelgrab Datierung: Schnurkeramik Literatur: Peschel et al. 1963

161. Niederbösa, Kyffhäuserkreis (Ind. 1) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: „Eindellung“/Hiebmarke? überlebt: ? Alter/Geschlecht: inf. II (?)/- Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

162. Niederbösa, Kyffhäuserkreis (Ind. 32) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: „Eindellung“/Hiebmarke? überlebt: ? Alter/Geschlecht: ca. 35 Jahre/männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

163. Niederbösa, Kyffhäuserkreis (Ind. 47) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: „Eindellung“/Hiebmarke? überlebt: ? Alter/Geschlecht: adult/eher männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

164. Niederbösa, Kyffhäuserkreis (Ind. 51) Fundgegenstand: rechter Humerus Art der Manipulation: Silexpfeilspitze im proximalen Gelenk eingebettet überlebt: ja (in Knochen eingeheilt) Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

165. Niederbösa, Kyffhäuserkreis (Nachbestattung 2) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Trepanation frontal, größte erhaltene Breite 94 mm; Fraktur des linken Unterkiefergelenks überlebt: Kieferfraktur verheilt; Trep. ev. kurzzeitig überlebt Alter/Geschlecht: Erw./männlich Fundtyp: Kollektivgrab (Nachbestattung) Datierung: Schnurkeramik 300 Literatur: Feustel/Ullrich 1965

166. Nordhausen, Kr. Nordhausen (Ind. 25) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: halbovale Öffn. frontal, 30-40 mm ø Trepanation o. Verletzung? überlebt: ? Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

167. Nordhausen, Kr. Nordhausen (Ind. 30) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: längsovale Trepanation 165x130 mm, frontal, links u. rechts par., occ., tw. verheilt; wohl in zwei Abschnitten vorgenommen; hinteres Teilstück später abgetrennt überlebt: ja, zweiter Eingriff aber nur kurzzeitig Alter/Geschlecht: adult/männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Ullrich 1964; Feustel/Ullrich 1965

168. Nordhausen, Kr. Nordhausen (Ind. 35) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: halbovale Öffn. frontal, 30-40 mm ø Trepanation o. Verletzung? überlebt: ? Alter/Geschlecht: Erw./- Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

169. Nordhausen, Kr. Nordhausen (Ind. 35/1) Fundgegenstand: Kalvarium Art der Manipulation: Deformation im linken Gesichtsbereich: Läsion ober- u. unterhalb der linken Augenhöhle; verheilte Nasenbeinfraktur überlebt: ja Alter/Geschlecht: männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

170. Nordhausen, Kr. Nordhausen (Ind. 44) Fundgegenstand: Kalotte Art der Manipulation: Defekt rechts parietotemporal, mit harmon. Kontur (Verletzung? zu Lebzeiten vorgenommener Eingriff?) überlebt: ja Alter/Geschlecht: Erw./-

301 Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Feustel/Ullrich 1965

171. Nordhausen, Kr. Nordhausen (II) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: 2 Traumata hinten rechts par. u. im Hinterhauptsbereich überlebt. nein Alter/Geschlecht: Erw./weiblich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage; Doppelbestattung) Datierung: Bernburger Kultur Verbleib: Mus. Nordhausen Literatur: Stolberg 1932; Ullrich 1997

172. Roßleben, Kyffhäuserkreis (Ind. 35:677b) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Defekt im Lambdabereich - Hiebverletzung? überlebt: ? Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerbestattung) Datierung: Linienbandkeramik Literatur: Bach 1978

173. Schönstedt, Unstrut-Hainich-Kreis (Ind. 23) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: Hiebmarke occipital überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Bach/Bach 1972

174. Schönstedt, Unstrut-Hainich-Kreis (Ind. 44) Fundgegenstand: Schädelrest Art der Manipulation: Hiebmarke im Scheitelbereich überlebt: nein Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Kollektivgrab Datierung: Walternienburg-Bernburger Kultur Literatur: Bach/Bach 1972

175. Stobra, Lkr. Weimarer Land Fundgegenstand: Schädelfragmente Art der Manipulation: Trepanation rechts/tw. links parietal, 30x20 mm (Schnittlinie an Hinterhauptsfragment – Knochen-oberfläche auf 15 mm durchtrennt – perimortal?) überlebt: ja Alter/Geschlecht: spätadult/männlich Fundtyp: Brandbestattung Datierung: Schnurkeramik

302 Literatur: Behm-Blancke et al. 1967

176. Straußfurt, Kr. Sömmerda (Grab 6) Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: mutmaßliche Trepanation überlebt: ? Alter/Geschlecht: adult-matur/männlich Fundtyp: Flachgrab (Hockerlage) Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Weimar W 2635 Literatur: Bücke et al. 1989, 60, 67

177. Wechmar, Kr. Gotha Fundgegenstand: beschädigtes Kranium Art der Manipulation: 2 Trepanationen: links parietal, 49x98 mm; Lambdagegend, links/rechts par., 75x48 mm (Grund für Eingriff: möglicherweise Abszeß o. Tumor) überlebt: ja Alter/Geschlecht: frühmatur/männlich Fundtyp: Hockergrab Datierung: Schnurkeramik Verbleib: LM Weimar Literatur: Bach 1963; Matthias/Ullrich 1968

178. Weimar Fundgegenstand: Kranium Art der Manipulation: Defekte links par., wohl aufgrund gewaltsamer Tötung; u.a. linsenförm. Läsion 56 x 27 mm überlebt: nein Alter/Geschlecht: mitteladult/männlich Fundtyp: Flachgrab Datierung: Glockenbecherkultur Verbleib: LM Weimar 4260=W 82 (M) oder Inst. für Anthropol. u. Völkerkunde Jena W 79 Literatur: Bach 1965

303 Trepanationen Traumata verheilt nicht verheilt verheilt nicht verheilt Dittigh.14 (2) m Kruckow (98) u, K Grünsfeld.-Kr. (11) m Bruchsal-Aue (1) m Dittigh. 32 (5) m Zauschwitz (120) u Heilbronn ? (17) m Dittigh. 18 (3) w Heddesheim (12) m Börnecke (127) m Mannh.-Sandh. (22) m Dittigh. 27 (4) w Lauda-Königsh. (21) m Polkern (144) m Mannh.-Wald (23) m Fellbach (6) u Stetten a.d.D. (28) w Nebel ? (151) m Offenau ? (27) m Goldberg (7) u, K Stuttgart-Bad C. (33) m Stetten a.d.D. (28) w Goldberg (8) u, K Tauberbisch. (57) m Stuttgart-Mühlh. (34) m Goldberg (9) m Bölkendorf (82) m Stuttgart-Mühlh. (35) m Goldberg (10) w Ketzin (84) w Talheim (41) m Heidelb.-H. (13) m, K Ketzin (86) m Tauberbisch. (58) m Heidelb.-H. (14) m Ketzin (88) m Tauberbisch. (59) w Heidelb.-H. (15) w Potsdam (89) m Vaihingen (61) w Heidelb.-H. (16) m Kruckow (99) w Waiblingen (62) m Ilsfeld (19) m Kruckow (100) m Bölkendorf (82) m Ilsfeld (20) w Liepen (101) m Ketzin (83) m Neckarsulm (24) u, K Pätschow (105) m Ketzin (87) m Neckarsulm (25) u, K Serrahn (106) m Butzbach (90) w Neckarsulm (26) u, K Dümmer (111) m Tillpetersrech (94) m Talheim (36) w Hasbergen (113) m Trebur (95) m Talheim (37) m, K Sorsum (114) w Groß Upahl (96) m Talheim (38) m, K Sorsum (115) m Groß Upahl (97) m Talheim (39) m, K Warburg (117) m Malchin (102) w Talheim (40) w, K Zauschwitz (121) u Ostorf (103) u Talheim (41) m Aschersleben (123) m Ostorf (104) m Talheim (42) m Barby (124) m Sorsum (114) w Talheim (43) m Bennungen (125) m Henglarn (116) u Talheim (44) m Börnecke (126) m Herxheim (118) u Talheim (45) m Braunsdorf (129) m Mertloch (119) m Talheim (46) w, K Frankleben (133) m Bennungen (125) m Talheim (47) m, K Hausneindorf (136) m Börnecke (128) u Talheim (48) w Kleinpaschl. (137) m Braunsdorf (130) w Talheim (49) w Königsaue (138) m Derenburg (132) m Talheim (50) w Laucha-Dornd. (139) m Grochlitz (134) m Talheim (51) w Peißen (143) m Großkorbetha (135) m Talheim (52) m Pritschöna (145) m Laucha-Dornd. (139) m Talheim (53) w, K Roßbach (146) m Merseburg (141) w Talheim (54) w Schafstädt (147) m Merseburg-K. (142) m Talheim (55) m, K Wiedebach (149) m Schafstädt (147) m Vaihingen (60) w Wulfen ? (150) u Unseburg (148) m Großmehring (63) u, K Erfurt (154) m Panker/Matzw. (152) u Großmehring (64) m Haindorf (157) m Bad Sulza ? (153) m Großmehring (65) m Helmsdorf (158) m Greußen (156) m Großmehring (66) w Nerkewitz (160) m Haindorf (157) m Hanseles Hohl (67) w Niederbösa (165) m Helmsdorf (158) m Jungfernhöhle (74) w Nordhausen (167) m Kalbsrieth (159) m Kirchamper (75) w Stobra (175) m Nerkewitz (160) m Pilsting (77) w Wechmar (177) m Niederbösa (165) m Tiefbrunn (78) m Nordhausen (169) m Tiefbrunn (79) u, K Nordhausen ? (170) m Tiefbrunn (80) w Wildenberg (81) m Ketzin (85) w Frankf.-Praunh. (91) u Niedertiefenb. (92) m Niedertiefenb. (93) u, K Gr. Biewende (112) m Allstedt (122) m

304 Magdeburg (140) w Nebel (151) m Nordhausen (171) w Schönstedt (173) m Schönstedt (174) m Weimar (178) m 47 5 49 62 1 Fall bez. Heilung unklar: 21 Fälle bez. Heilung unklar: Straußfurt (176) / m Heilbronn-Neckarg. (18) / m; Stetten o.L. (29) / m; Stetten o.L. (30) / m; Stetten o.L. (31) / m, Stetten o.L. (32) / u; Inningen (68) / u; Inningen (69) / u; Inningen (70) / u; Inningen (71) / u; Inningen (72) / u; Inningen (73) / u; Moosham (76) / u; Weltzin (107) / m; Weltzin (108) / u; Deesdorf (131) / w; Niederbösa (161) / u; Niederbösa (162) / m; Niederbösa (163) / m; Nordhausen (166) / u; Nordhausen (168) / u; Roßleben (172) / m gesamt: 53 gesamt: 132

Tab. 47 Im Katalog erfaßte Individuen mit Schädelmanipulationen in tabellarischer Übersicht. Nummern in Klammern bezeichnen Katalog-Nummern. (m = männlich, w = weiblich, u = unbestimmt; K = Kind)

305 Tafel 1

Chronologie des Neolithikums in Deutschland (verändert nach Lüning 1996)

Phasen mit Manipulationsnachweisen an Schädeln (Trepanationen und Traumata) sind durch Umrandung gekennzeichnet.

306 Tafel 2

a) schematischer Aufbau des Schädels (nach Lidke/Piek 1998)

b) c) d) Vedbæk-Gøngehusvej: Ofnet: Pätschow: verheilte Hiebverletzung letale Hiebverletzung Trepanation

(nach Brinch-Petersen (nach Orschiedt 1999) (Foto: G. Lidke) u.a. 1993)

Schädelaufbau und Beispiele für Schädelmanipulationen

307 Tafel 3

Kruckow, Lkr. Demmin; Mecklenburg-Vorpommern

Plan des Megalithgrabes mit Lokalisation der trepanierten Schädel (Plan nach Hollnagel 1970)

308 Tafel 4

a) Aufsicht b) Aufsicht mit Kennzeichnung der Schnittspuren

c) CT-Aufnahme: Aufsicht von vorn d) CT-Aufnahme: Längsschnitt

Kruckow, Lkr. Demmin, Mecklenburg-Vorpommern. Schädel 1. Kat.-Nr. 98

(nach Lidke/Piek 1998)

309 Tafel 5

a) Ansicht von hinten b) Ansicht von hinten mit Kenn- zeichnung der Schnittspuren

c) CT-Aufnahme: Ansicht von hinten d) CT-Aufnahme: Schnitt

Kruckow, Lkr. Demmin, Mecklenburg-Vorpommern. Schädel 2. Kat.-Nr. 99

(nach Lidke/Piek 1998)

310 Tafel 6

a) Aufsicht

b) Detail

Kruckow, Lkr. Demmin, Mecklenburg-Vorpommern. Schädel 3. Kat.-Nr. 100

(nach Grimm 1983)

311 Tafel 7

Serrahn, Lkr. Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern

Plan des Megalithgrabes mit Lokalisation des trepanierten Schädels (Plan nach Schuldt 1965)

312 Tafel 8

a) Aufsicht

b) CT-Aufnahme: Ansicht von vorn c) CT-Aufnahme: Schnitt

Serrahn, Lkr. Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern. Kat.-Nr. 106

(nach Lidke/Piek 1998)

313 Tafel 9

a) Aufsicht und Ansicht von hinten

b) CT-Aufnahme: Aufsicht c) CT-Aufnahme: Schnitt

Liepen, Lkr. Bad Doberan, Mecklenburg-Vorpommern. Kat.-Nr. 101

(nach Lidke/Piek 1998)

314 Tafel 10

a) Ansicht von vorn

b) CT-Aufnahme: c) CT-Aufnahme: Ansicht von vorn Schnitt

Pätschow, Lkr. Ostvorpommern, Mecklenburg-Vorpommern. Kat.-Nr. 105

(nach Lidke/Piek 1998)

315 Tafel 11

a) Ansicht von vorn und von rechts

b) CT-Aufnahme: c) CT-Aufnahme: Schnitte Ansicht von schräg oben

Groß Upahl (Schädel 1), Lkr. Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern. Kat.-Nr. 96

(nach Lidke/Piek 1998)

316 Tafel 12

a) Ansicht von vorn b) Ansicht von oben

c) Manipulation frontal – Detail

Nebel, Insel Amrum, Schleswig-Holstein. Kat.-Nr. 151

(Fotos: G. Lidke)

317 Tafel 13

a) Manipulation links parietal – Ansicht Tab. ext. und Tab. int. o.M.

b) Manipualtion occipital – Ansicht Tab. ext. und Tab. int. o.M.

c) Läsion links parietal d) mögl. Manipul. rechts frontal/ Ansicht Tab. ext. o.M. parietal o.M.

Nebel, Insel Amrum, Schleswig-Holstein. Kat.-Nr. 151

(Fotos: G. Lidke)

318 Tafel 14

a) Verletzung im Hinterhauptsbereich

b) Verletzung links parietal

Matzwitz/Panker, Lkr. Plön, Schleswig-Holstein. Kat.-Nr. 152

(Fotos: Dr. I. Schröder, Kiel)

319 Tafel 15

a) Ansicht von schräg rechts oben

b) Trepanationsöffnung rechts parietal

Hasbergen, Lkr. Osnabrück, Niedersachsen. Kat.-Nr. 113

(Foto u. Zeichnung: G. Lidke)

320 Tafel 16

Hasbergen, Lkr. Osnabrück, Niedersachsen. Kat.-Nr. 113

Beigaben der Bestattung: Flintbeil, Spandolch, zwei Becher, Teile eines 13-teiligen Brustschmucks aus Eberzahnlamellen o.M.

(nach Schlüter 2000) 321 Tafel 17

a) Teil der Wirbelsäule mit eingebetteter Flintpfeilspitze

b) Lage der Flintpfeilspitze zwischen 8. und 9. Wirbel

Bavenstedt, Lkr. Hildesheim, Niedersachsen. Kat.-Nr. 110

(nach Schutkowski et al. 1996)

322 Tafel 18

a) Ansicht von links o.M.

b) Aufsicht o.M.

c) Ansicht von vorn o.M.

Bölkendorf, Lkr. Barnim, Brandenburg. Kat.-Nr. 82

(Zeichnungen: M. Wieczorek)

323 Tafel 19

a) Aufsicht o.M.

b) Verletzung im Hinterhauptsbereich o.M.

Bölkendorf, Lkr. Barnim, Brandenburg. Kat.-Nr. 82

(Foto [a]: G. Lidke; Scan [b]: Th. Terberger)

324 Tafel 20

a) CT-Aufnahme: Einsicht von rechts hinten

b) CT-Aufnahme: Ansicht von links

Bölkendorf, Lkr. Barnim, Brandenburg. Kat.-Nr. 82

(Fotos: Dr. K.-H. Schweim, Stralsund)

325 Tafel 21

a) Kat.-Nr. 84

b) Kat.-Nr. 86

c) Kat.-Nr. 88

Ketzin, Lkr. Havelland, Brandenburg. Trepanierte Schädel. o.M.

(nach Ullrich 1971)

326 Tafel 22

a) Kat.-Nr. 28: Stetten an der Donau: Schädel mit chirurgisch versorgtem Trauma (nach Wahl et al. 1990)

b) Kat.-Nr. 117: Warburg, Kr. Höxter: Schädel mit Trepanation (nach Löwen 1997)

b) Kat.-Nr. 148: Unseburg, Kr. Aschersleben-Staßfurt: verheiltes Trauma; Aufsicht – Aufsicht mit zwei Imprimatteilen in situ (nach Bruchhaus/Holtfreter 1989)

Schädel mit verschiedenen Manipulationen

327 Tafel 23

b) Ind. 4 (Kat.-Nr. 16): Trauma frontal, mit erhaltenem Imprimat; links je Aufsicht der Tab. ext., rechts der Tab. int.

c) Lokalisation der Verletzungen an allen Individuen von Heidelberg- Handschuhsheim

Heidelberg-Handschuhsheim, Rhein-Neckar-Kreis, Baden-Württemberg.

(nach Wahl/Höhn 1988)

328 Tafel 24

a) Kat.-Nr. 126: Schädel mit Trepanation

b) Kat.-Nr. 127: Schädel mit Trepanation und erhaltener Knochenscheibe

c) Kat.-Nr. 128: Schädel mit kleiner frontaler Impression

Börnecke, Lkr. Aschersleben-Staßfurt, Sachsen-Anhalt

(Fotos: G. Lidke)

329 Tafel 25

a) Kat.-Nr. 167: Nordhausen; b) Kat.-Nr. 165: Niederbösa; Schädel mit Trepanation Schädel mit Trepanation (nach Feustel/Ullrich 1965) (nach Feustel/Ullrich 1965)

c) Kat.-Nr. 177: Wechmar; Schädel mit zweifacher Trepanation (nach Bach 1963)

Beispiele verschiedener Schädel mit Trepanationen. o.M.

330 Tafel 26

5

4

3 a) Mecklenburg – 2 Vorpommern 1

0 Männer Frauen Erw. unbest. Kinder

Trepanationen Traumata

5

4

3 b) Schleswig-Holstein 2

1

0 Männer Frauen Erw. unbest. Kinder

Trepanationen Traumata

5

4

c) Niedersachsen 3 2

1

0 Männer Frauen Erw. unbest. Kinder

Trepanationen Traumata

5

4

3

d) Brandenburg 2 1

0 Männer Frauen Erw. unbest. Kinder

Trepanationen Traumata

Geschlechterrelation manipulierter Individuen aus Norddeutschland

331 Tafel 27

Groß Pätschow Upahl 1 Groß Upahl 1

Groß Upahl 1 Kruckow 1 Serrahn Groß Upahl 1 Kruckow 3 Groß Upahl 2

Liepen Malchin Kruckow 2

a) Mecklenburg-Vorpommern: b) Mecklenburg-Vorpommern: Trepanationen Traumata

Nebel

Nebel

Matzwitz Nebel

Matzwitz Nebel c) Schleswig-Holstein: d) Schleswig-Holstein: Trepanationen Traumata

Lokalisation von Manipulationen

332 Tafel 28

Dümmer

Hasbergen Sorsum 1 Sorsum 1 Sorsum 2

Groß Biewende

b) Niedersachsen: b) Niedersachsen: Trepanationen Traumata

Bölkendorf Ketzin I/1898 Ketzin G II/Ind. 1

Ketzin G II/Ind. 2 Ketzin G IV

Ketzin G II/Ind. 2 Ketzin G V Ketzin G IV/Ind. 2 Ketzin III/1898

Potsdam Bölkendorf d) Brandenburg: d) Brandenburg: Trepanationen Traumata

Lokalisation von Manipulationen

333 Tafel 29

a) Baden-Württemberg: b) Baden-Württemberg: Trepanationen Traumata

c) Bayern: Traumata

Lokalisation von Manipulationen

334 Tafel 30

a) Sachsen-Anhalt: b) Sachsen-Anhalt: Trepanationen Traumata

c) Thüringen: d) Thüringen: Trepanationen Traumata

Lokalisation von Manipulationen

335 Tafel 31

a) Rheinland-Pfalz: b) Nordrhein-Westfalen: Traumata Trepanation

c) Hessen: d) Sachsen: Traumata Trepanationen

Lokalisation von Manipulationen

336 Tafel 32

170 180 160 140 118 120 Schädel gesamt 100 80 Schädel mit 60 Manipulationen 21 40 13 11 20 2 5 8 0 - - g n n g g r r i n e r i u e s u w e b t h s b m n s c e n l l e m a e o h l d s o r c k H n p e c r a S r d e o e B V i M N

a) Verhältnis manipulierter Schädel zur Gesamtmenge

16 15

ohne Manipulation Trepanationen Traumata

289

b) Trepanationen und Traumata im Verhältnis zu nicht-manipulierten Schädeln

15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Männer Frauen Erw . unbest. Kinder

Trepanationen Traumata c) Geschlechterrelationen

Übersicht Norddeutschland

(Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg)

337 Tafel 33

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0 . . g K Z K B K K K K K K K g m i r g l ü ö B l B A S B R a B ß e G M h F h A o T b K M E G / t c r W . r C l N S G a o S e W N

a) Manipulierte Individuen innerhalb der Kulturgruppen - gesamt

45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 . . g K Z K B K K K K K K K g m i r g l ü ö B l B A S B R a B ß e G M h F h A o T b K M E G / t c r W . r C l N S G a o S e W N

männlich weiblich unbestimmt b) Manipulierte Individuen innerhalb der Kulturgruppen - Geschlechterrelation

Verteilung von Individuen mit Schädelmanipulationen innerhalb der Kulturgruppen

338 Tafel 34

45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 . . g K K K K K Z K B K K K g m i r g l ü ö l B B B B A S a ß R e G M h F h A o T b K M E G / t c r W . r C l N S G a o S e W N

Traumata Trepanationen

b) Manipulierte Individuen innerhalb der Kulturgruppen – Trepanationen undTraumata

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 . . g K K Z K K B K K K K K m g r i g l ü ö B l B S B a B A R ß e G M h F h A o T b K M E G / t c r W . r C l N S G a o S e W N

Traumata Trepanationen

c) Manipulierte Individuen innerhalb der Kulturgruppen – Anteil betroffener Kinder

Verteilung von Individuen mit Schädelmanipulationen innerhalb der Kulturgruppen

339 Tafel 35

5 1

verheilt unverheilt keine Angaben

47

a) Trepanationen – Überlebensrate (vgl. Tab. 47 im Anhang zum Katalog)

21

49 verheilt unverheilt keine Angaben

62

b) Traumata – Überlebensrate (vgl. Tab. 47 im Anhang zum Katalog)

Schädelmanipulationen im Neolithikum Deutschlands

340 Karte 1

341 Karte 2

342 Karte 3

343 Karte 4

344 Karte 5

345 Karte 6

346 Karte 7

347 Karte 8

348 Karte 9

349 Karte 10

350 Karte 11

351 Karte 12

352 Karte 13

353 Karte 14

354 Karte 15

355 Lebenslauf

Persönliche Daten

Name: Lidke Vorname: Gundula Geburtsdatum: 23.03.1975 Geburtsort: Greifswald

Schulausbildung

1981 Sept. – 1990 Juli Polytechnische Oberschule Erich-Weinert, 1990 Sept. – 1991 Juli Erweiterte Oberschule Adolph-Diesterweg, Grimmen 1991 Sept. – 1993 Juni Gymnasium Grimmen Abschluß: Abitur

Universitätsausbildung

1993 Okt. – 1998 Sept. Studium der Ur- und Frühgeschichte, Germanistik & Anglistik; Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Abschluß: Magister Artium

1998 Okt. – 1999 Sept. Studium der Skandinavistik, Geographie & Geschichtswissenschaft, Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald

1999 Sept. – 2005 März Promotionsstudium im Fach Ur- und Frühgeschichte, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Tätigkeiten

2003 Jan. – April/Okt. – Dez. Dozentin für Englisch; S & N Datentechnik Rostock und 2004 Dez. – 2005 Jan.

2004 April – Juli Lehrbeauftragte am Lehrstuhl für Ur- u. Frühgeschichte, Greifswald

2005 Feb. – 2007 Feb. Wissenschaftliche Assistentin in Fortbildung (Volontärin) am Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

2007 Feb. – Okt. Wissenschaftliche Angestellte am Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

356 Eidesstattliche Versicherung

Hiermit erkläre ich, dass die Dissertation von mir selbständig angefertigt wurde und alle von mir genutzten Hilfsmittel und Hilfen angegeben wurden. Ich erkläre, dass die wörtlich oder dem Sinne nach anderen Veröffentlichungen entnommenen Stellen von mir kenntlich gemacht wurden.

Datum Unterschrift

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit, dass ich mich bisher keiner weiteren Doktorprüfung unterzogen habe. Ich habe die Dissertation in der gegenwärtigen oder einer anderen Fassung an keiner anderen Fakultät eingereicht.

Datum Unterschrift

357