„Das Amt“ Zwischen Versailles Und Rapallo Die Rückschau Des Staatssekretärs Ernst Von Simson
443 Ernst von Simsons neu entdecktes Erinnerungsfragment ist keine Sensation, aber doch in dreierlei Hinsicht eine Rarität, die besondere Beachtung verdient: Hier schreibt ein hoher Beamter, der im Staatsdienst vor und nach 1918 viel erlebt hat. Hier berichtet ein kenntnisreicher Außenpolitiker, der in Versailles und Rapallo dabei war, als Weichen gestellt wurden, und hier blickt ein Mann zurück, der vom NS-Regime zum Juden gestempelt und ins Exil gedrängt wurde – trotz seiner immen- sen Verdienst um sein Volk, die er seinen ehrwürdigen Kollegen im „Amt“ nicht mehr vor Augen führen konnte. In den Geschichtsbüchern werden sie aber ihren Platz finden. nnnn Dieter Neitzert „Das Amt“ zwischen Versailles und Rapallo Die Rückschau des Staatssekretärs Ernst von Simson Herkunft und Karriere Das hier vorgelegte Dokument ist ein Erinnerungsfragment, das Ernst von Sim- son, geboren am 7. April 1876 und gestorben im englischen Exil am 7. Dezem- ber 1941, in den Monaten vor seinem Tode verfasst hat. Ernst von Simson, der im wilhelminischen Deutschland zu hohen Ämtern aufstieg, aber auch noch der Weimarer Republik als Staatssekretär im Auswärtigen Amt diente, obwohl der Umsturz von 1918/19 seine monarchische Gesinnung nicht im mindesten erschüttert hatte, entstammte einer deutschjüdischen Familie, die sowohl dem Besitz- wie dem Bildungsbürgertum angehörte – ein klassisches Beispiel jüdischer Assimilation, wie sie im 19. Jahrhundert so oft angestrebt und erreicht wurde. Seinen Großvater ließen dessen Eltern 1823 als Jugendlichen taufen, sein Vater, der Jurist war, führte dann an der Seite seiner aus einer protestantischen Theolo- genfamilie kommenden Frau bereits das Leben eines aktiven, die Gemeinde der Neuen Kirche am Berliner Gendarmenmarkt fördernden Christen.
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