Tausend Meilen Staub Rawhide (USA 1959–1966) Georg K
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© Abb. aus der TV-Serie: 2014 CBS Broadcasting Inc. Tausend Meilen Staub Rawhide (USA 1959–1966) Georg K. Berres „Wir ziehen weiter!“, ruft Trailboss Gil Favor er dessen väterlichen Mentor. Eine zum Abschluss jedes Abenteuers seine Män- ähnliche Rollenverteilung, wie sie ner zum Aufbruch. „Wir ziehen weiter!“ war John Wayne und Montgomery Cliff das geflügelte Wort meiner Jugend. Wenn 1948 in Howard Hawks‘ Klassiker ich mit meinen Eltern und meinem jüngeren „Red River“ inne hatten. Der Film Bruder damals wandern ging und wir raste- über die ungeheuren Strapazen eines ten, dann animierte auch ich die Familie mit Rindertrecks besaß für die Serie eine diesen Worten zum Weitermarsch. Heute, Vorbild-Funktion. Sie erzählt vom All- beim Wiedersehen der alten Folgen, muss tag auf den langen, mühsamen Vieh- ich feststellen, dass es „Zusammentreiben! trieben. In den späten 1860er Jahren Es geht weiter!“ (im Original: „Head `em up, führte der Weg vom äußersten Süden move `em out!“) heißt. Diese Änderung ist Texas‘, von San Antonio, hoch in den der Neu-Synchronisation geschuldet, die der Norden, nach Sedalia, Missouri, wo Sender Pro 7 veranlasste, als er die gesamte eine Eisenbahn auf die Rinder war- Serie von 1991–1994 unter dem Titel „Tau- tete, um sie in die Schlachthöfe nach send Meilen Staub“ präsentierte. Ursprüng- Chicago zu transportieren. Oft müssen 3000 schrieben, nicht geschnitzt.“ Favor: „Ist lich liefen nur 13 Folgen von „Rawhide“ in Stück Vieh getrieben werden. Nur 20 Cow- ziemlich einfach für einen Grabstein. So was der ARD (Mai 1965 – Mai 1967) unter dem boys teilen sich den aufreibenden Job für 30 hält nur ´n Monat.“ „So lange wie die Erin- schlichten Titel „Cowboys“ – und natürlich Dollar pro Monat plus Verpflegung (Cow- nerung an ihn“, meint der Leichenbestatter, bekam ich damals nur diese Folgen zu sehen. boy-Darsteller Eastwood verdiente damals „mehr muss nicht sein.“ schon 750 Dollar in der Woche). Ganze acht Meilen schaffen sie am Tag – wenn alles gut Neben Fleming und Eastwood spielten geht. Natürlich geht nicht alles gut. In jeder in wichtigen Nebenrollen Paul Brinegar, TV-Woche wirft ein besonderes Ereignis (im als zauselbärtiger, stets nörgelnder Koch Original tragen die einzelnen Episoden fast Wishbone, und als Scout Pete Nolan, der immer das Wort „incident“ im Titel) ihnen Sänger Sheb Wooley (bekanntester Titel: Knüppel zwischen die Beine. Mal halten „The Purple People Eater“), der die Serie im reissende Ströme, mal steile Gebirgspässe vierten Jahr zugunsten seiner Musikkarriere oder Wüsten die Herde auf. Noch schlimmer verließ. – Die Titelmelodie mit dem charak- kann der Verdacht auf Milzbrand sein. Na- teristischen Peitschenknallen (Der Begriff türlich sorgen auch Viehdiebe, rachsüchtige „Rawhide“ bezeichnet nicht nur die unge- Kopfgeldjäger, Verirrte des eben erst been- gerbte Haut einer Kuh, sondern auch eine deten Bürgerkriegs, entflohene Zwangsar- Peitsche aus demselben Material), stammt beiter oder verliebte Saloongirls und deren von Dimitri Tiomkin, der für die Musik von eifersüchtige Freunde für Suspense. „High Noon“ einen Oscar erhalten hatte. Als Sänger fungierte Frankie Laine, dem mit Schon die einleitenden Worte des Treckbos- „Rawhide“ nicht nur ein Hit, sondern ein ses weisen auf die authentische Note der echter Evergreen gelang. Serie hin:„Auf dem Trail findet ein Mann die Rowdy und sein Trailboss Dinge, die er braucht: Ein Gefühl für Got- Die Serie hatte Anlaufschwierigkeiten, legte 1958 war das amerikanische Fernsehpubli- tes gute Erde und einen Job, der erledigt dann aber – auch im Ausland – derart an kum heiß auf Western. Regelmäßig liefen werden muss.“ Dieses naiv-bodenständige Beliebtheit zu, dass sie im zweiten Jahr be- bereits über 20 Serien, darunter „Rau- Zitat stammt aus den Tagebüchern des ehe- reits unter den Top 10 der TV-Shows rangier- chende Colts“ (Gunsmoke), „Maverick“, maligen Cowboys George C. Duffield, der te und Fleming, Eastwood und Brinegar im „Westlich von Santa Fee“ (The Rifleman) 1866 den Sedalia-Trail tatsächlich geritten und „Bronco“. „Rawhide“-Produzent Char- ist. Immer wieder wurden die Geschichten Der Scout Pete Nolan und der Koch Wishbone les Marquis Warren (er brachte Jahre zuvor inspiriert von den Berichten der alten „Dro- „Rauchende Colts“ vom Radio ins Fernse- ver“ (Viehtreiber) und ihrem Geist. Mitunter hen), schlug dem Sender CBS eine Serie über sind die Dialoge von entwaffnender Bruta- einen Viehtreck vor. In ihr sollte ein realisti- lität. In einer Episode fallen die Viehtreiber sches Bild des Wilden Westens gezeichnet nach Wochen ohne Ablenkung in eine Stadt werden, worauf schon ihre Platzierung am ein. Bei einem Streit im Saloon wird der Abend, in der „Prime Time“, hinwies. Croupier am Roulettetisch erschossen. Trail- boss Gil Favor kümmert sich um die Forma- Als Protagonisten wählte Warren zwei un- litäten. „Menschen sterben eben“, sagt der bekannte Schauspieler, die bislang nur in B- Bestatter beiläufig, „so was kann vorkom- Filmen mitgewirkt hatten: Eric Fleming als men.“ „Das meine ich auch“, entgegnet den gradlinigen, harten Trailboss Gil Favor Favor und bietet an, die Bestattungskosten und Clint Eastwood als Draufgänger und zu übernehmen. Für 20 Dollar bekäme er rechte Hand Rowdy Yates. Obwohl Fleming auch einen Grabstein – aus Holz. Der Name bloß fünf Jahre älter war als Eastwood, gab des Verstorbenen werde allerdings nur „ge- Frühjahr 1962 auf eine PR-Tour nach Japan war das endgültige Aus für die Cowboys. Ihr geschickt wurden, wo sie am Flughafen mit letzter Trail kam nie an. Die Serie endete am einer Begeisterung empfangen wurden, die 4. 1.1966 mit der 217. Folge. sonst nur die Beatles auslösten. Die ersten drei Jahre und drei Staffeln hatte Produzent Was wurde aus ihren Stars? Eric Fleming Charles Marquis Warren das Ruder fest im (1925–1966) plante, sich aus dem harten Griff. Unter seiner Ägide gab es großartige Filmgeschäft zurückzuziehen und endlich Storys, packende Episoden. Und natürlich Bücher zu lesen, doch bei den Dreharbei- heimste seine Show auch zahlreiche Preise ten zum Abenteuerstreifen „High Jungle“ ein. Als er ging, folgte ihm der bisherige Sto- ertrank er im September 1966 in Peru im ry-Redakteur Endre Bohem als neuer Produ- Huallaga River – zwei Tage vor der Hochzeit zent, der im Geiste seines ehemaligen Chefs mit seiner langjährigen Freundin, mit nur 41 weitermachte. Dennoch ließ die Qualität Jahren. – Clint Eastwood (* 1930) verfolgte allmählich nach. Andere Produzenten über- seine Filmkarriere, und baute sie mit Italo- nahmen, brachten ihre Ideen ein. Die Zu- Western und der „Dirty Harry“-Serie gewal- schauerzahlen sanken. Man dachte darüber tig aus. 1971 gab er mit dem Stalker-Drama nach, in Farbe zu drehen, doch die Kosten „Sadistico“ (Play Misty for me) sein Regie- schienen angesichts der Chancen zu hoch. chen sollte: “Für eine Handvoll Dollar“. Als debüt. Viele Filme sollten folgen. Er bekam der Erfolg auf dem internationalen Markt 2x den Regie-Oscar: 1992 für „Erbarmungs- Im Winter 1963/64 bekam der mittlerwei- offenbar wurde, feuerten die Verantwort- los“ und 2005 für „Million Dollar Baby“. le 34-jährige Eastwood eine Anfrage aus lichen kurzerhand und ohne Skrupel Eric Italien von einem gewissen Sergio Leo- Fleming, und Clint Eastwood avancierte in DVD-Boxen: Explosive media gibt unter ne. In der Sommer-bedingten Drehpause der 8. und letzten Staffel zum neuen Trail- dem Level „Classic Western“ eine digital von „Rawhide“ trat Eastwood seine erste boss. Dennoch dümpelte die Serie weiter remasterte Version der s/w-Serie heraus. Europa-Reise an und landete – mit gerin- dahin. Da halfen auch nicht die Rückkehr Jede Staffel erscheint in zwei Teilen zu je gen Erwartungen – bei der chaotischen von Shep Wooley oder gar Dean Martin als drei DVDs. Außer einer Mini-Fotogalerie gibt Low-Budget-Produktion eines Western, Gaststar. Schließlich verlor man auch noch es keine erwähnenswerten Boni. Bis Ende der in der Gluthitze der spanischen Wüste den begehrten Freitagabend-Sendeplatz an 2014 sind insgesamt vier Staffeln auf dem gedreht wurde und später Kultstatus errei- eine neue Tier-Soap namens „Daktari“. Das Markt. Die restlichen sollen folgen. Links: In der Serie „Four Color“ von Dell, bzw. dem Nachfolger Gold Key lief „Rawhide“sporadisch ab Ende 1959 und Nr. 1029. Es erschienen neun Ausgaben, die von Zeichnern wie Warren Tufts, Russ Manning und Dan Spiegle gestaltet wurden. Unsere Comicabbildung stammt von Manning. Unten: In England erschienen die Dell/Gold Key- Episoden ab 1961 in acht 96-seitigen Büchern, meist als Annual bezeichnet. Sie enthielten neue Cover und wurden ergänzt mit Bildtafeln, Kurz- romanen zur Serie und anderem Beiwerk. Rechts: Frankie Laine hatte mit „Rawhide“ einen Riesenhit. Das Foto von 1959 zeigt ihn scherzend mit Clint Eastwood und Sheb Wooley. – Darunter: Auch Eastwood sang. Im Zuge des TV-Erfolgs erschienen zwei Singles und die abgebildete LP von 1963. – Darunter: Ein „Rawhide“-Spiel.