Der Heilige Berg“ Von Dr
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Zur Rekonstruktion filmischer Naturdarstellung am Beispiel einer Fallstudie. Natur im Film „Der heilige Berg“ von Dr. Arnold Fanck Dissertation zur Erlangung des Doktors der Philosophie beim Fachbereich Sprachwissenschaften der Universität Hamburg vorgelegt von Thomas Bogner aus Giessen Hamburg 1999 Als Dissertation angenommen beim Fachbereich Sprachwissenschaf- ten der Universität Hamburg aufgrund der Gutachten von Prof. Dr. Ludwig Fischer und Dr. Corinna Müller Hamburg, den 29. September 1999 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .............................................................................................. 1 1.1. Überlegungen zum Genre des Bergfilms ................................................................ 1 1.2. Filminterpretation aus kulturhistorischer Perspektive.......................................... 5 1.3. Zur Darstellung von Natur ................................................................................... 13 2. A. Fanck im kinematographischen Kontext ...................................... 19 2.1. A. Fancks erste Filme............................................................................................ 19 2.2. Der Kultur-Spielfilm ............................................................................................. 22 2.3. ‚Der heilige Berg’ .................................................................................................. 27 3. Die authentische Abbildung von Natur.............................................. 31 3.1. Kulturpraktik Zentralperspektive........................................................................ 32 3.2. Zentralperspektivische Darstellungspraktiken .................................................... 39 3.3. Der Anspruch der Wirklichkeitsdarstellung ........................................................ 42 4. Die Charakterisierung von Diotima................................................... 46 4.1. Naturwesen Frau................................................................................................... 46 4.2. Geschlechtscharakter der Frau............................................................................. 49 5. Die Konstruktion von Männlichkeit................................................... 57 5.1. Der bergsteigende Mann....................................................................................... 57 5.2. Der Mann als Kamerad und Heroe...................................................................... 60 5.3. Das fragile Ich ....................................................................................................... 65 6. Der Mann und die Frau...................................................................... 70 6.1. Diotima und ‚Der Freund‘ begegnen sich ............................................................ 70 6.2. Die Zweierbeziehung............................................................................................. 72 6.3. Das Verhältnis der Geschlechter .......................................................................... 74 6.4. Die verdrängte innere Natur................................................................................. 78 7. Naturreligiöse Schemata im Film ...................................................... 80 7.1. Hochgebirge und Transzendenzerfahrung aus historischer Perspektive............ 81 7.2. Der ‚Romantiker‘ A. Fanck.................................................................................. 92 7.3. Die Bewertung der A. Fanckschen Verwendung ‚heiliger‘ Naturkonzepte.......103 8. Tourismus und Idylle im Film ‚Der heilige Berg‘ ........................... 108 8.1. Die filmische Verwendung der Idylle.................................................................. 108 8.2. Historischen Rekonstruktion des Schemas......................................................... 109 8.3. Die ästhetisch wahrgenommene Landschaft ...................................................... 114 Literatur: ...................................................................................................... 123 Anhang .......................................................................................................... 139 Der Inhalt des Filmes "Der heilige Berg"..................................................................... 139 Filme von Dr. A.Fanck .................................................................................................. 140 Transkription des Filmes ‚Der heilige Berg.................................................................. 142 1 1. Einleitung 1.1. Überlegungen zum Genre des Bergfilms 1.1.1. ‚Der heilige Berg’ im UFA-Filmpalast Der Film ‚Der heilige Berg‘ von Dr. A. Fanck wurde nach zwei Jahren Produktionszeit zum Jahreswechsel 1925/26 im Premierenkino der UFA, dem ‚Filmpalast am Zoo’, uraufgeführt. Die UFA hatte 1919 mit dem ‚Palast-Theater' in der Hardenbergstr. 29a-e ein repräsentatives Großkino im Zentrum Berlins erworbe-n, glich die Fassade den Repräsentationsbauten um die Gedächtniskirche an und eröffnete am 18. September 1919 den ‚UFA-Palast am Zoo‘ mit E.Lubitschs ‚Madame Dubarry’.1 Das Erstaufführungstheater der UFA war zu Beginn der zwanziger Jah- re das größte und vornehmste Filmtheater in Deutschland. Nach der Modernisierung von 1925 wirkte der UFA- Palast von außen wie eine romanische Zwingburg in der Tradition deutschen Germanentums, war aber im Inneren mondän behaglich, ‚ganz in Rot und Gold; schwerer, weicher Purpur auf den Böden und an den Wänden’2 und auf dem Stand modernster Technik. Ein Eau de Cologne zerstäubender ‚elektrischer Zeppelin‘ sorgte für Frischluft, ein hauseigenes Ballett für anspruchsvolle Unterhaltung und ein 75 Mann Orchester, dirigiert von Ernö Rapée, aus dem New Yorker ‚Capitol’ angeheuert, bot eine Musikbegleitung auf höchstem Niveau.3 ‚Europas größtes Kino-Theater nunmehr mit 3000 Plätzen’ zeige, so das ‚Tagebuch’ zur Kinoeröffnung, ‚nach amerikanischem Muster, in schneller Folge - außer dem Film - bloße Musikstücke, Tanz- Gesangs- und Schaunummern, also eine Mischung von Varieté, Revue und Konzert.’4 Eingespannt in die sozialen Bedingungen eines teuren Filmtheaterbesuchs, ruhiggestellt im Dunkel zwischen Pro- jektor und Leinwand, wurde der Zuschauer mit heroischen Schicksalen in erhabener Natur bedient. Es ging, wie das Kinobeiblatt der Parufamet5 schreibt, um die Tänzerin Diotima, die ‚tanzt, weil ihr Herz und ihre Seele übervoll sind von Gefühlen, weil der Tanz ihre Sprache ist und sie durch ihn ausdrücken kann, was ihr Innerstes bewegt’. Dieser Tanz findet ‚am Gestade des Meeres’ statt und zeigt ‚das Spiel ihrer gelösten Glieder’, die ‚dem Rhythmus der ewigen Wellen’ folgen. Nicht nur Diotima, sondern auch die beiden anderen Hauptfiguren des Films, die Freun- de ‚Der Freund‘ und Vigo, sind solche stürmischen Wesen, die ihre Körper durch Bewegung in der freien Natur erleben. ‚Der Freund‘ wandert ‚zu den Regionen des ewigen Schnees’, ‚wenn sein Gemüt etwas bedrückt’, um dort ‚den Wirbel seiner Empfindungen auf den Höhen seiner geliebten Berge innerlich zu verarbeiten’. ‚Im Ringen mit der Natur’ versucht er ‚des inneren Sturmes Herr zu werden’. Auch Vigo mißt sich - Berge besteigend und Ski lau- fend - mit der Alpennatur. So sah der stillgestellte Zuschauer nicht nur körperbetonte Sportler, sondern auch Menschen die ihrer Natur, d.h. ihrer wesenhaften und geschlechtsspezifischen Bestimmung, gerecht werden. ‚Der Freund‘ bezwingt die erhabene Bergnatur und in Diotima erwacht tanzend die Sehnsucht nach den Bergen; in ihrer Phantasie sieht sie ihn, das Ideal ihrer Frauenträume, auf den schroffen Zinnen des ‚heiligen Berges’ und sie ‚folgt dem Zuge ihrer Seele’. In seiner Heimat treffen sie sich, und ‚die gemeinsame Sehnsucht nach den höchsten Höhen der Welt läßt in beiden das Ge- fühl der heiligen Liebe erwachen’. In der Liebe verwirklichen Mann und Frau ihre Geschlechtsnatur. Die Stilisierung von Mann und Frau zu naturgeformten Charakteren zeigt das Weibliche als eine naturgegebene Diffusion und Uneindeutigkeit, das in Konfrontation mit der Klarheit, Härte und Eindeutigkeit des Mannes einen tragischen Konflikt erzeugt. Die Treue gilt auch gegenüber dem Kameraden, dessen mitverschuldeter Absturz und 1 siehe Schebera 1991 S.68f 2 siehe ‚Tagebuch’ in einer Besprechung zur Eröffnung am 3.10.1925 3 siehe Kreimeier 1992 S.136 4 siehe ‚Tagebuch’ vom 3.10.25. Die Varietéaufführungen waren als Beiprogramm zu den Filmvorführungen zunächst eine Krisenstrate- gie, hielten sich aber bis zur Einführung des Tonfilms. Siehe Paech 1988 S.86. In diesen Kinovarietés sollte das Rahmenprogramm dem Hauptfilm dienen, es ging um eine filmgerechte Bühenschau, das bedeutete eine Anbindung der Darbietung an wenigstens ‚eine charak- teristische Szene des Hauptfilms’. Waldemar Lydor beschreibt das beispeilhaft im Reichsfilmblatt vom 24.7.1926. Siehe auch Berg- Ganschow 1987 S.37 5 siehe im Anhang der Arbeit 2 Tod auch für ‚Den Freund‘ logisch zwingend den Tod fordert. Die tragische Entwicklung des Filmes bestätigt die Grundthese der Mutter ‚Des Freundes‘, daß Fels und Meer in der Realität nicht zusammenkommen können. Der Wandel der Rolle der Frau wird aus der Perspektive eines Mannes, der dem Ideal des harten, im Krieg und in der Natur gestählten Mannes verbunden ist, dargestellt, und die zeitspezifische Konfliktstruktur zwischen Mann und Frau wird mit einem naturalistischen Denkmuster überhöht. Während das ‚Publikum den Film liebte’, so der Regisseur Dr. A. Fanck, fiel eine ‚Anzahl von Kritikern in Zeitun- gen über den Film her, als ob es ihnen ans Leben ginge’6. Die Kritik reicht von