Mauvais Sang (1986)
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FANTASTISCHE FILME Mauvais Sang (1986) Von Christof Berger Foto: Filmstills, zVg. Die Besetzungsliste ist eindrücklich: Juliette Binoche, dabei zur Verfügung stehen. Und es habe es etwas sehr Schwieriges ent- Julie Delpy, Denis Lavant, Michel Piccoli, Serge Reggiani, geht um Liebe; zukünftige Liebe, ver- halten. Er sollte sehr geschickt mit Hugo Pratt ... Hugo Pratt?! Bei diesem Namen läuten ei- flossene Liebe, heimliche Liebe, bren- den Händen sein, Motorrad fahren, nem die Ohren. So hiess doch der Zeichner dieser Aben- nende Liebe, platonische Liebe und obwohl er damals nicht einmal einen teuer-Graphic-Novels – «Corto Maltese» etc.? Tatsächlich unerfüllte Liebe. Gerade in «Mauvais Führerschein gehabt habe, er sollte hatte Pratt neben seiner Tätigkeit als gelobter Comic-Autor sang» wird klar, wie unwichtig dabei laufen und tanzen auf der Strasse auch ein paar wenige Filmrollen übernommen. Dass er in eine Story ist. Die gibt es selbstver- und mit dem Fallschirm abspringen. diesem Film aber eine Nebenrolle spielt, dürfte primär als ständlich schon auch: Da geht es um Alles musste er sich erst einmal an- Verneigung des Regisseurs Leos Carax vor dem Genre der eine Seuche, die alle Liebespaare da- trainieren. Aber er nahm die Heraus- bande dessinée zu verstehen sein. Denn «Mauvais sang» hinrafft, die sich nicht richtig lieben, forderung an. Lavants Ausdruckstanz («Die Nacht ist jung») ist eine Film gewordene Graphic No- um ältere Gangster, die das Gegense- entlang einer nächtlichen Strasse zu vel. Nicht eine Comic-Verfilmung, sondern ein Film, dessen rum aus einem Geheimlabor stehlen David Bowies Song «Modern Love» ist Einstellungen und Kadragen aufgebaut sind wie die sorg- wollen, und um Intrige und Mord ... denn auch legendär geworden. fältig komponierten Panels eines hochwertigen Comics. Ein kruder Plot, der aber umso we- Die Darstellerinnen Julie Delpy (zur Drehzeit gerade zarte niger interessiert, desto intensiver 17 Jahre alt) und besonders Juliette Binoche (damals 22) das Zusammenspiel insbesondere der «Mauvais sang» («Die Nacht ist jung») werden in schon fast überirdisch schöne Tableaus drapiert Hauptfiguren Alex (Denis Lavant) und Frankreich 1986, 115 Minuten, Regie: mit kräftigen flächigen Farben – Blau, Rot, Schwarz und Anna (Juliette Binoche) und verblüf- Leos Carax, Drehbuch: Leos Carax, Porzellanweiss. fende Momente reiner filmischer Po- Kamera: Jean Yves Escoffier, Schnitt: Leos Carax ist ein Ausnahmeregisseur. Er verfilmt nicht esie alles andere überstrahlen. Nelly Quettier, Musik: Benjamin Britten, Geschichten, sondern inszeniert Gefühle. Er wird auch als Im äusserst körperlich agierenden Sergei Prokofjew, Charlie Chaplin etc.; Poet der Bilder bezeichnet. Und weil er höchste Ansprü- Schauspieler Denis Lavant hat Carax Mit: Denis Lavant (Alex), Juliette Bi- che an sich, sein Team und seine Schauspieler stellt, be- – nach langer Suche, wie er betont – noche (Anna), Julie Delpy (Lise), Michel schränkt sich das Œuvre des heute 58-jährigen Franzosen ein Alter Ego gefunden. Lavant, der Piccoli (Marc), Hans Meyer (Hans), neben ein paar Kurzfilmen notgedrungen auf lediglich fünf bereits mit 13 Jahren Strassentheater Carroll Brooks (die Amerikanerin), Hugo Spielfilme sowie das Segment eines Episodenfilms. Be- gemacht und sich dann professio- Pratt (Boris), Mireille Perrier (junge kannt gemacht hat ihn hierzulande das Obdachlosendrama nell weitergebildet hatte, hat mit ei- Mutter), Serge Reggiani (Charlie). «Les amants du Pont-Neuf». ner Ausnahme in allen Carax-Werken Leider ist dieses filmische Juwel nie im «Mauvais sang» ist Carax’ zweiter Spielfilm. Der erste Hauptrollen gespielt. Das Drehbuch deutschsprachigen Raum auf Blu-ray heisst «Boy Meets Girl» und gibt bereits vor, um was es von «Mauvais sang» sei der pure oder DVD erschienen. Man muss sich dem Regisseur geht, nämlich die Begegnung von Menschen Wahnsinn gewesen, erinnert sich La- daher an französische oder englische untereinander und die Ausdrucksmöglichkeiten, die ihnen vant später. Alle zwei oder drei Seiten Editionen halten. ensuite - Zeitschrift zu Kultur & Kunst | November 2019 57.