Frauen in Der Wissenschaft
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Frauen in der Wissenschaft Herausgegeben von Gisela Boeck und Hans-Uwe Lammel Rostocker Studien zur Universitätsgeschichte Band 16 Universität Rostock 2011 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Herausgeber: Der Rektor der Universität Rostock Redaktion: Kersten Krüger Druckvorlage: Christoph Wegner Einband: Medienzentrum der Universität Rostock Druck und Herstellung: Universitätsdruckerei Rostock 734-11 Copyright 2011 by Universität Rostock ISBN 978-3-86009-115-9 Bezugsmöglichkeiten: Universität Rostock Universitätsarchiv Schwaansche Straße 4 18051 Rostock Telefon: +49-381 498 8621 Fax: +49-381 498 8622 Inhalt: Vorbemerkung 5 Eva Brinkschulte 7 „Männliche Rituale und weibliche Studenten“ – der Eintritt der Frauen in die Gelehrtenrepublik Heike Kahlert 25 Qualitätsoffensive für die Wissenschaft? Perspektiven von hochschulischen Führungskräften auf die Gleichstellung am Beispiel der Universität Rostock Bettina Wahrig 59 Von der „weisen Frau“ zum Gesundheitsberuf: Ausschnitte aus der Geschichte der Geburtshilfe Hella Ehlers 81 Lotte H. Eisner (1896-1984): Pionierin der Filmographie. Annäherung an eine ungewöhnliche Frau Eveline Krause 97 Edith Braemer – Annäherung an eine ungewöhnliche Frau Heike Kahlert, Marieke Gonschior, Katharina Nieter, Eva Katharina Sarter 109 Wie wichtig ist Betreuung für die Orientierung auf eine wis- senschaftliche Laufbahn? Eine Analyse der Betreuungssituation von Promovierenden in der Chemie und Politikwissenschaft Annette Vogt 143 Wissenschaftlerinnen in Deutschland von 1895 bis 1945 im internationalen Vergleich Pirina Kittel 173 Und nehmen den Studenten die Plätze fort. Frauen als Hörerinnen an der Universität Rostock Marianne Beese 189 Frauenstudium in Rostock von 1909/10 bis 1945. Ausblick bis 1952 Über die Autorinnen 207 Übersicht der Ringvorlesungen zur Rostocker Universitäts- und 213 Wissenschaftsgeschichte Vorbemerkung Das vorliegende Heft der „Rostocker Studien zur Universitätsgeschichte“ knüpft an Band 12 an und setzt die Reihe der Veröffentlichungen zur Ringvorlesung über Universitätsgeschichte fort. Im Wintersemester 2008/09 stellten wir diese unter den Titel „Frauen in der Wissenschaft“. Das 100-jährige Jubiläum des Frauenstudiums an der Universität Rostock im Juni 2009 hatte uns zu diesem Vortragszyklus angeregt. 1909 waren nämlich in Mecklenburg die Disziplinarvorschriften für Studierende dahingehend geändert worden, dass auch Frauen das akademische Bürgerrecht erwerben und die große Matrikel empfangen konnten. Mecklenburg öffnete somit als letztes deutsches Land seine Universität den Frauen. Einige preußische Universitäten hatten be- reits ab 1893/94 Gasthörerinnen zugelassen, Baden hatte 1900 den Frauen den Weg in die Universität als ordentliche Studentinnen geebnet. Die vorliegenden Vorlesungen behandeln nicht nur die Geschichte und Prob- leme des Frauenstudiums oder bemerkenswerte Hochschullehrerinnen der Uni- versität Rostock, der Bogen wird von den ersten Versuchen und Umwegen der Frauen, an deutsche Universität zu gelangen und einen akademischen Abschluss zu erringen, bis zu den Karrierebrüchen bei Frauen im 21. Jahrhundert gespannt. Letztlich spiegeln auch die Vitae der Autorinnen Karrierewege der Gegenwart wider. Bei der Wiedergabe der Beiträge wurde die Reihenfolge im Rahmen der Veranstaltung beibehalten. Herrn Prof. Dr. Kersten Krüger danken wir sehr herzlich für die Möglichkeit, die Manuskripte der Ringvorlesung in der von ihm ins Leben gerufenen Reihe veröffentlichen zu können, und für die Unterstützung bei der Drucklegung. Herrn Christoph Wegner, M.A., sei für die zuverlässige Zusammenarbeit bei der Anfertigung der Druckvorlagen sowie Frau Helga Engel für die gewissenhaften Korrekturen gedankt. Gisela Boeck, Institut für Chemie Hans-Uwe Lammel, Arbeitsbereich Geschichte der Medizin „Männliche Rituale und weibliche Studenten“ 7 Eva Brinkschulte „Männliche Rituale und weibliche Studenten“ – Der Eintritt der Frauen in die Gelehrtenrepublik1 Der Forschungsgegenstand der Männergeschichte ist, wie in der Geschlechter- geschichte überhaupt, die soziale und kulturelle Inszenierung einer Geschlech- terdifferenz. Die kulturelle Überformung der Geschlechtlichkeit wird mit dem Begriff „gender“ gleichgesetzt, die sich über die biologische Geschlechtlichkeit, den „sex“ gleichsam überstülpt. In dieser Lesart ist Männlichkeit also nicht „an- geboren“ oder eine biologische Konstante, sondern unterliegt historischen Wandlungen. Während aber die neue Frauengeschichte seit den 1970er Jahren zunächst antrat, die „versteckte“ Geschichte von Frauen sichtbar werden zu las- sen, entzieht sich Männlichkeit trotz ihrer Omnipräsenz in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft häufig der Historisierung. Es gibt keine scheinbar verborgene Geschichte, die an das Tageslicht gebracht werden müsste, vielmehr geht es darum, Offensichtliches kritisch zu beleuchten. Erste Arbeiten widmen sich daher derzeit den gesellschaftlichen Referenz- systemen, an denen sich „Männlichkeit“ in gleichgeschlechtlichen Verkehrkrei- sen historisch entfaltete, d.h. z. B. im Gymnasium, im Militär und an den Uni- versitäten.2 In dieser Matrix etablierten sich diejenigen Rituale und Symbole, die als kulturelle Inszenierung von Männlichkeit im 19. Jahrhundert zu verstehen sind. Die männliche Gleichgeschlechtlichkeit im öffentlichen Raum ist ein zent- rales Kennzeichen der Geschlechterkonstruktion in der bürgerlichen Welt. Diese Eingrenzung war das Ergebnis, das die Idee der bürgerlichen Öffentlichkeit nach sich zog, denn nur Männer waren Teil der Bürgergesellschaft. Während diese These bekanntermaßen für die Politik ausreichend belegt ist, ist sie für die Wis- senschaft noch nicht hinreichend untersucht. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, mit welchen Argumenten über den Zugang von Frauen zum Medizinstudium um 1900 diskutiert wurde, und der 1 Der Text basiert auf einer leicht überarbeiteten Fassung, die zuerst unter dem Titel „...das Weib lässt sich nicht gegenüber dem Gelehrten vergessen“ – Zur Aufrechterhaltung der Viri- lität des Hochschulbetriebes um 1900, in: Frank Stahnisch/Florian Steger, Medizin, Geschich- te und Geschlecht. Körperhistorische Rekonstruktionen von Identität und Differenz, Stuttgart 2005, 103-118, Geschichte und Philosophie der Medizin Band 1, erschienen ist. 2 Vgl. Jürgen Markuschat/Olaf Stieglitz, Geschichte der Männlichkeiten. Frankfurt am Main 2008, Wolfgang Schmale, Geschichte der Männlichkeit in Europa (1450-2000). Wien 2003; Martin Dinges (Hrsg.), Hausväter, Priester, Kastraten. Zur Konstruktion von Männlichkeit in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Göttingen 1997; Doris Janshen (Hrsg.), Blickwechsel. Der neue Dialog zwischen Frauen- und Männerforschung. Frankfurt am Main/New York 2000; Karen Hagemann/Stefanie Schüler-Springorum (Hrsg.), Heimat – Front. Militär und Geschlechterverhältnisse im Zeitalter der Weltkriege. Frankfurt am Main/New York 2002. 8 „Männliche RitualeEva Brinkschulte und weibliche Studenten“ Versuch unternommen werden, dieses Ereignis als eine geschlechtergeschichtli- che Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte zu beschreiben. Das Geschlecht der Akteure und die Bedeutung des Verhältnisses der Ge- schlechter stehen somit im Vordergrund.3 Der geschlechtergeschichtliche Ansatz bietet sich an, um den Fokus nicht allein auf die Studentinnen und ihre Studien- bedingungen zu richten, sondern um unter Einbeziehung der männlichen Stu- dentenwelt auch die Wirkungen, die die ersten Frauen an den Universitäten aus- lösten, besser ausloten zu können. Dies setzt voraus, dass auch der Konstruktionsprozess der Männlichkeit an der Universität zumindest illustrativ und beispielhaft beleuchtet wird. Dabei sol- len die folgenden, von Ute Frevert formulierten Grundlagen einer Männerge- schichte Berücksichtigung finden: Zunächst benötigt die Männergeschichte ein sozialgeschichtliches Fundament, d.h., Prozesse und Strukturen, in denen Männ- lichkeit geformt und abgebildet wird, müssen analysiert werden. Frauen sollen nach Frevert immer und überall als „komplementäre Referenz“ einer Geschlech- tergeschichte einbezogen werden, um die Asymmetrie im Verhältnis der Ge- schlechter deutlich zu machen, und zuletzt fordert sie eine konsequente Histori- sierung von Männlichkeit und „Mann-Sein“.4 Die deutsche Universität des ausgehenden 19. Jahrhunderts war weder in der Theorie noch in der Praxis geschlechtsneutral. Höhere Bildung war eindeutig männlich konnotiert, schon allein aus dem einfachen Grund, dass Professoren und Studenten Männer waren. Somit repräsentierte die Universität einen für das deutsche Bürgertum entscheidenden Ausschnitt, in dem die Produktion männli- cher Identitäten stattfand, für Studenten und den Lehrkörper gleichermaßen. 3 Von den mittlerweile zahlreichen Publikationen zu den Anfängen des Frauenstudiums in Deutschland seien hier in Auswahl aufgeführt: Edith Glaser, Hindernisse, Umwege, Sackgas- sen. Die Anfänge des Frauenstudiums in Tübingen (1904-1934), (=Ergebnisse der Frauenfor- schung, 25). Weinheim 1992; Hadumod Bußmann (Hrsg.), Stieftöchter der Alma Mater? 90 Jahre Frauenstudium in Bayern am Beispiel der Universität München. München 1993; Eva Brinkschulte (Hrsg.), Weibliche Ärzte. Zur Durchsetzung des Berufsbildes in Deutschland. 2. Aufl. Berlin 1994; Annette Kuhn/Brigitte Mühlenbruch/Valentine Rothe (Hrsg.), 100 Jahre Frauenstudium - Frauen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität