SEITE 12 · MONTAG, 20. OKTOBER 2014 · NR. 243 Musik FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

Wenn Musik die existentielle Krise hörbar macht Auch das noch Fünfundfünfzig Die Pianistin Yaara Tal schreibt Haydn weiter. Wege in Tal kreuzt dessen „Sieben letzte Worte“ das Paradies mit Klavierstücken von Ein Wagnis, ein Skandal, eine Zumutung ist dieses Stück! Deshalb gibt es Men- Arnold Schönberg. schen, die Ludwig van Beethovens Chor- fantasie op. 80 überhaupt nicht mögen. Dabei ist dieser Zwitter aus Klavierkon- zert, Rhapsodie und Vokalsymphonie das nderUrfassunghatteJosephHaydn allerkühnste unter seinen experimentel- seine „Sieben letzten Worte“ als Or- len Werken. Der norwegische Pianist Leif chestermusik ohne Worte kompo- Ove Andsnes stellt das Stück jetzt ans I niert. Er war stolz auf dieses para- Ende seiner Gesamteinspielung der kon- doxe Prachtkunststück, mit dem ihm, wie zertanten Werke für Klavier, die im Zuge er wusste, etwas Besonderes gelungen einer weltweiten „Beethoven Journey“ war. Und so tat er alles dafür, dem Werk, entstand, die Andsnes noch bis 2015 zu- das, sehr speziell, 1786 im Auftrag des Bi- sammen mit dem Mahler Chamber Or- schofs von Cádiz als kirchliche Gebrauchs- chestra unternimmt. Die Chorfantasie er- musik für die Karwoche entstanden war, scheint auf der CD (Sony) nicht von unge- größtmögliche Verbreitung zu verschaf- fähr nach dem parallel entstandenen Fünf- fen. Verhandelte mit Verlegern in Wien ten Klavierkonzert: Andsnes interpretiert und London, arrangierte das Stück für sie vielmehr als das eigentliche Finale ei- Streichquartett und ließ eine Version für nes gewaltigen viersätzigen Es-Dur-Kon- Klavier anfertigen und drucken, beides zerts. Das erinnert ein wenig an Ferruccio mit dem Ziel, dass das Stück auch als Busonis Klavierkonzert op. 39 (ebenso ex- Hausmusik gebraucht werden könne. perimentell, ebenfalls mit Schlusschor). Ja, er muss sogar dafür gesorgt haben, Bei Andsnes geht die Verkoppelung der dass handschriftliche Stimmen verschickt wurden, anders wäre es nicht möglich ge- beiden Beethoven-Werke auf, weil er bei- wesen, dass erste Aufführungen schon vor de konsequent entromantisiert und gera- der eigentlichen spanischen Uraufführung de das oft zur Symphonie mit obligatem stattfinden konnten, nachweislich in Wien Soloklavier aufgeblähte Fünfte Konzert und Bonn. Kurzum: Diese „Sieben letzten von allem Bombast befreit. Das Ergebnis Worte unseres Erlösers am Kreuze“ gehör- tönt streng klassisch, schnörkellos, formal ten alsbald zu den in ganz Europameistge- ungewöhnlich stringent und technisch bril- spielten Haydnschen Werken. Heute ist lant, besitzt aber die gleiche Eisblumen- nur noch die Streichquartettfassung leben- schönheit wie die Bauten des Osloer dig. Vielleicht, weil im feinsinnigen Dis- Architektenbüros Snøhetta, das unter an- kurs des Quartettspiels das Ideal reiner In- derem die Norwegische Nationaloper er- strumentalmusik besonders abstrakt ver- richtete. Ein nordischer Beethoven, des- wirklicht scheint, und, weil uns diese Ver- sen unerhörte Erfindungsgewalt frösteln Im Grünen: Die Pianistin Yaara Tal, Klavierduo-Partnerin von Andreas Groethuysen, legt ihr erstes Solo-Album vor. Foto Gustav Eckart/Sony Classical geistigung die affektiven Ungeheuerlich- machen kann. wild keiten des Stücks etwas vom Leibe halten v kann. Oder vielmehr: von der Seele. Haydn kreuzt hier die barocke Rheto- schiere Existieren inmitten der Krise, wo Mit erstaunlichem Erfolg. Die von Tal te Aufführungsanalyse zeigt, die Yaara Es wird brutal gestorben in dieser stil- rik der Klangrede mit dem modernen Ide- Worte das Wesentliche im besten Falle um- ausgewählten vier kurzen Klavierstücke Tal auf der Website des Klavierduos ver- Lebenspralle, kerngesunde, wendige und len Musik. Zwischen der siebten Sonate al der absoluten Musik. Wie gewagt das schreiben, umhüllen oder gar verbergen.“ aus Schönbergs Opus 19 dienen perfekt öffentlicht hat. kugelrunde Dinger sind die Mazurken und dem finalen Erdbeben gibt Christus war, zeigt sich in den Zweifeln, die der Yaara Tal, seit mehr als dreißig Jahren als Brücke zwischen den Haydnschen So- Auf den Tod Jesu lässt Haydn das Erd- op. 50, 56 und 59 von Frédéric Chopin. seinen Geist auf, in der ersten bis sechs- Lehrer des jungen Ludwig van Beetho- aktiv als eine Hälfte des weithin bekann- naten, sie beleuchten sie zugleich neu, beben folgen: ein zweiminütiger, tonma- So glücklich wie seit seiner Kindheit ten Sonate ringt er mit dem Tod. Durch- ven, Gottfried Neefe, nach der Bonner ten Klavierduos Tal & Groethuysen, be- quasi mit historischem Rückscheinwer- lerisch-eruptiver Prestosatz. „Endlich of- nicht mehr sei ihr Komponist gewesen, weg handelt es sich um langsame Sona- Aufführung am 30. März 1787 äußerte: tritt mit ihrer ersten Solo-CD Neuland. fer. Außerdem wird, in der affektstarken, fenbart sich Gott. Seine Antwort ist kurz, als er sie zwischen 1842 und 1847 geschaf- tenhauptsätze – Largo, Grave, Lento – „Ich will nicht untersuchen, ob einem ein- Zwar hatte vor zehn Jahren schon Ronald klangsinnlichen Deutung Tals, klar, dass heftig, laut, rasant, unberechenbar“, fen habe, schreibt die Pianistin Janina Fi- vorweg gibt es eine Ouvertüre, zum zigen Zuhörer beym fünften Adagio das Brautigam eine Aufnahme der von Haydn Schönberg, wo er die tonikale Basis ver- schreibt dazu Tal. So brutal aber wollte alkowska im Beiheft zu ihrer Gesamtein- Schluss ein schnelles „Presto e con tutta Wort ‚Sitio‘ (mich dürstet) einfallen kann autorisierten Klavierfassung der „Sieben lässt, immer noch auf dem nämlichen sie das intime Musikdrama nicht enden spielung der Mazurken (Atma Classique/ forza“, mit Trompeten und Pauken. Und und wird. Allein jeder Satz ist, auch ohne letzten Worte“ für das Label BIS einge- Grund und Boden steht wie Kollege lassen. Und fügt Béla Bartóks „Morgen- Musikwelt Tonträger Münster). Sie be- in jeder Sonate ist der Stimme der ersten Hinsicht auf die darüber geschriebenen la- spielt, auf einem Instrument der Haydn- Haydn, ja, oftmals tönt das so verwandt, dämmerung“ hinzu, als einen Silberstreif greift sie als fünfundfünfzig Möglichkei- Violine zu Beginn ein Text unterlegt, teinischen Wörter, äußerst interessant.“ Zeit: einem nachgebauten Hammerflügel als sei diese konsequente Fortsetzung in- der Hoffnung. ELEONORE BÜNING ten, das Paradies zu betreten. Und dieses nämlich die aus den Passionsberichten Just die Abwesenheit der Worte in ihrer von 1795. Tal ihrerseits benutzt einen mo- tendiert. Für den Übergang von der drit- Paradies muss ein fröhliches Dorf sein der vier Evangelisten zusammengetrage- Anwesenheit ist womöglich das Interes- dernen Fazioli-Flügel. Auch sonst ver- ten Sonate („Mulier, ecce filius tuus“) zur Joseph Haydn: Die mit würzigen Düften, die den Parfüms nen letzten Worte Jesu, in lateinischer santeste an diesem Werk, für Kenner wie stößt sie heiter gegen die Gesetze der vierten („Deus Meus, Deus Meus, utquid sieben letzten Worte hinter den Ohrläppchen gut gewaschener Sprache. Die Violine ahmt den Gestus Liebhaber. Die Pianistin Yaara Tal, die Werktreue. Sie fügt nämlich nach der ers- dereliquisti me?“) beispielsweise wählte unseres Erlösers am Damen kaum ähneln. Fialkowska weiß ge- dieser Worte getreulich harmonisch, me- jetzt eine Einspielung der Klavierfassung ten, dritten, vierten und sechsten Sonate Tal das Klavierstück opus 19,1 („Leicht, Kreuze, arrangiert für nau, dass ein Staccato bei diesen polni- lodisch und rhythmisch nach. Und wenn vorlegt, sagt es so: „Die wenigen Worte, eine fremde, neue Musik ein. So, wie zart“) Schönbergs, darin die Terzfigur Klavier. Arnold Schön- schen Tänzen fürs Springen, ein Legato der Menschensohn seinen Gottvater di- die den sieben Sonaten zugrunde liegen, Haydn in seinem Pionierwerk komposito- des viertletzten Taktes der Sonate ton- berg: 4 Klavierstücke fürs Drehen steht. Artikulation ist hier rekt anspricht, in den Sonaten eins, vier umfassen wie ein Bilderrahmen das tiefe risch das Alte mit dem Neuen kreuzte, so wörtlich im ersten Takt weitergeführt op. 19 Nr. 1, 2, 5 und 6. eine Frage der Körperbewegung – und und sieben, dann tut er dies im (weltlich- Schweigen, die Stille einer verstummten kreuzt nun seine Interpretin in ihrer Dar- wird. Es gibt viele weitere Kriechströme Béla Bartók: Morgendämmerung. Yaara Tal. umgekehrt. Natürlich nimmt sie manch- tänzerischen) Dreivierteltakt. Sprache. Es geht in diesem Zyklus um das bietung Haydn mit Schönberg. zwischen den Stücken, wie die detaillier- Sony Classical CD 88843089772 mal die nachdenkliche Distanz eines Men- schen ein, der sich ans Springen und Dre- hen nur nostalgisch erinnert, statt es mit- zumachen. Aber den Chopin, der „mit un- endlicher Anmut zu husten verstand“, Dämliche Geräusche Harte Zeiten für eine ehrliche Haut wie es eine Pariser Salonière recht spitz formulierte, den hört man hier nicht. Die- Aphex Twins kostspielige, intelligente Rückkehr Ihn zu mögen war nie cool – na und? Werkschau und neues Album von Mellencamp ser Chopin hat Kraft und stampft auch manchmal auf – nicht grob, aber herz- Es klinkt und klonkt, es britzelt und zehnt einfach sein Leben gelebt, sich Die Großen der Rockmusik schwächeln nische Abgeklärtheit, die fast schon ul- aus der Frühphase des sich noch „John- haft. jbm. sprotzt wie in alten Zeiten, als Richard scheiden lassen, Musik gemacht, eine gerade. Bruce Springsteen hat das Jahr kig cowboyhaft wirkt – aber im Ver- ny Cougar“ nennenden Künstlers die al- v D. James alias The Aphex Twin mit su- neue Freundin gefunden und irgend- eingeläutet mit alten B-Seiten, von Tom gleich zu den mitleiderregenden Lie- lerersten drei Alben „Chestnut Street In- perknusprigen Elektro-Titeln und verstö- wann das Gefühl gehabt, genug Musik Petty hat man auch schon Mitreißende- dern der traurigen Rückschau hört man cident“ (1976), „“ (1978) Viele Pianisten ignorieren die gewichtige renden Videos die Welt eroberte. Seine zusammenbekommen zu haben, um ein- res gehört, und nun : Mellencamp dann doch viel lieber in der und „The Kid Inside“ (aufgenommen Klaviersonate es-Moll von Paul Dukas. Musik klang zwar krank, aber ebenso fach mal wieder ein Album auf den Mit „Plain Spoken“ versucht er sich zu Rolle des „Last man standing“, der sich 1977, veröffentlicht 1983). Insbesondere Sie haben offenbar immer noch nicht mit- superneu und krachend, dass man das Markt, den er nach wie vor verabscheut, besinnen auf amerikanische Grundwer- umgeben sieht von einer Horde Feiglin- „A Biography“ mit dem Starkstromstück bekommen, was ihnen entgeht. Die Zu- gern in Kauf nahm. Leute wie Madonna zu werfen. Aphex Twins Musik wurde te und preist die ehrliche Haut, die unver- gen und diesen die Meinung geigt. Wenn „“ und der Ballade „Born rückhaltung mag auch an den enormen oder Björk witterten die Innovationen, von Musikkritikern schon immer mit stellt redet. So etwas hatte bei ihm schon man dagegen den agilen, auch vor eroti- Reckless“, die vom Aufwachsen handelt Schwierigkeiten und den kolossalen Di- die Aphex Twin im Gepäck trug, und den höchsten Weihen versehen, man mehr Biss. Das Thema fügt sich zwar scher Spannung schier bersten wollen- und damit ein wichtiges Modell für viele mensionen des dreiviertelstündigen Wer- standen Schlange, um mit ihm zusam- sah ihn in einer Reihe mit Pionieren wie nahtlos ins Gesamtwerk – denkt man den Rocksänger sucht, muss man zur spätere Lieder dieses Sängers ist (natür- kes liegen. Dukas, Zeitgenosse von Gus- menzuarbeiten. Ein aufdringliches Foto John Cage, Karlheinz Stockhausen, etwa so schöne frühere Songs wie „Hard Werkschau greifen. Es empfehlen sich lich: „“), vermisst man tav Mahler, Richard Strauss und Jean Sibe- war auf dem Cover seines Albums „I Kraftwerk, Brian Eno oder House-DJ Times for an Honest Man“, muss sich schmerzlich und wundert sich, warum lius, hat die viersätzige Sonate im Jahr 1900 komponiert. Sie beerbt Beethovens Care Because You Do“ zu sehen, das, und Techno-Erfinder Derrick May. aber auch vor ebendiesem bewähren – dafür nun kein Platz mehr gewesen sein Über den Genrebegriff „Intelligent soll. „Hammerklavier“- und Liszts h-Moll-So- weil es das einzig verfügbare von ihm denn jüngst ist auch die große Werk- Dance Music“ hat James sich des Öfte- Mit dabei ist dafür der Soundtrack zu nate, hält im Fahrwasser von César war, das Image des Eigenbrötlers nach- schau „1978–2012“ mit neunzehn Mel- ren lustig gemacht, und in der Tat dürfte dem Filmdrama „Falling From Grace“ Franck aber auch Kontakt zum Impressio- haltig prägte. Es folgte das „Richard D. lencamp-Alben erschienen und fordert es Berghain- oder sonstigen Disco-Besu- (1992), in dem Mellencamp selbst die nismuszauber des Dukas-Freundes Clau- James Album“, das sein Pseudonym lüf- zum Vergleich. chern ziemlich egal sein, ob die Musik, Hauptrolle als aus der Kleinstadt stam- de Debussy. Die dicht gearbeitete Musik tete, und der Erfolg setzte ein. Nach vie- Wenn man eine grob vereinfachende zu der sie tanzen, von Menschen ge- mender Rockstar spielt. Auf diesem schaut zurück ins alte und voraus ins neue len erschreckend erfolgreichen und Trennung zwischen hardrockigen und fie- macht wurde, die mehr oder weniger in- delfolkigen Mellencamp-Liedern macht, selbstproduzierten Werk finden sich Jahrhundert. Nach Marc-André Hamelins künstlerisch wagemutigen Platten legte telligent sind. mehr Stücke anderer Musiker als eigene, Aufnahme von 2006, die Maßstäbe setzte, er 2003 noch eine Werkschau seiner Re- gehören die auf „Plain Spoken“ klar zu Die Frage lautet ja: Taugt „Syro“ et- den letzteren, sind aber kaum je so be- aber einige davon machen auch noch ein- legt nun der französische Pianist Laurent mix-Arbeiten mit dem sarkastischen Ti- was? Eindeutig ja. Natürlich klingt das mal darauf aufmerksam, wer für einen Wagschal eine weitere mustergültige Ein- tel „26 Tracks For Cash“ vor (F.A.Z. schwingt, wie man es von früher ge- alles nicht mehr so umstürzlerisch und wohnt ist. Verzerrte Gitarren erklingen großen Teil des Mellencamp-Sounds mit spielung vor (timpani/Note 1). Er meis- vom 24. Mai 2003). Und das war’s. verstörend wie damals, als Platten wie verantwortlich ist: Das sind die Geigerin tert den komplexen, fast orchestralen Kla- Doch jetzt, als ob nichts gewesen auf dem neuen Album bis zu dem Blues- „Selected Ambient Works“ oder rock-Rausschmeißer „Lawless Times“ und Sängerin Lisa Germano und der Gi- viersatz manuell souverän und mit klu- wäre, erscheint „Syro“ mit zwölf Stü- „Drukqs“ einen zu dem Schluss kom- überhaupt nicht mehr. Stattdessen lässt tarrist und Produzent Mike Wanchic, gem Pedaleinsatz. Die „Rameau-Variatio- cken und 64 Minuten Musik. Allein die men ließen, dass die Zukunft eindeutig die abgespeckte Produktion von T Bone ohne die viele der besten Mellencamp- nen“, entstanden zwischen 1899 und Verpackung führt alle Standards und in der elektronischen Musik liegt. Aber Lieder undenkbar wären. Burnett am ehesten an den Stil von Balla- 1902, eine Haydn-Hommage von 1909 es ist immer noch ein großer Spaß, zu hö- Die ganze Entwicklung vom kämpfen- Konventionen auf diesem Feld ad absur- den wie „Jackie Brown“ denken – nur ha- und das atmosphärische „La Plainte, au ren, wie James dämliche Geräusche in den, den Schmerz liebenden jungen dum: Der Silberscheibe liegt ein leeres ben es ebendie neuen Songs gegenüber loin, du Faune . . .“ von 1920 vervollstän- packende Rhythmen verwandelt, flächi- Rocker („“, 1982) über die Booklet bei, auf dem grotesk aufgebläh- diesem großen Vorbild schwer. digen das Bild des Klavierkomponisten ten Cover werden in einer ellenlangen ge Synthesizerschwaden ganz anders, mit dem Album „“ Dukas. wmg nämlich wesentlich rationaler und küh- Das hat es der vierundsechzigjährige, (1987) beginnende Folk- und America- Liste alle Kosten aufgeführt, die angeb- von zwei Herzinfarkten genesene, ge- lich entstanden sind. „Speisen und Ge- ler einsetzt als große Esoteriker und na-Erweiterung bis zum immer karger v Mystagogen wie Klaus Schulze und Kon- schiedene Sänger offenbar auch selbst: arrangierten Singer/Songwritertum der tränke“ für ein Treffen mit der Plattenfir- Cool: John Mellencamp Foto Amy Sussman/AP sorten und die nicht totzukriegenden Ri- Bei Liedern wie „Troubled Man“ oder jüngsten Alben, die man hier noch ein- Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr ma werden (mit winzigen Beträgen aller- „The Isolation of Mister“ möchte man klein, leg eine Platte von Element Of dings) ebenso in Rechnung gestellt wie tuale der Musikindustrie lächerlich mal überblickt, lässt keinen Zweifel an macht, indem er seiner Plattenfirma wirklich hoffen, dass es sich um Rollenly- schon einmal alle Titel, in denen es seiner Größe und Bedeutung, selbst Crime ein (beziehungsweise auf), und al- „promotional CDs for Japan“ oder „pro- rik handelt, wenn Mellencamp mit inzwi- les andere – lass sein. Ungefähr so, so vor- motion team travel to Berlin“. Die Song- eine teure Verpackung abringt, die dem Nacht ist: von „A little Night Dancin’“ wenn sie sich auf dem aktuellen Album Konsumenten eigentlich keinerlei Mehr- schen noch rauherer Stimme singt: „I’ve (1978) über das vor Hitze zischende eher weniger vermittelt. JANWIELE sätzlich windschief, mit herrlichen, den titel tragen Namen wie „CIRCLONT6A“ always found trouble / Even at my best“ Liedvortrag verzögernden Zeilen- und oder „s950tx15wasr10“. wert bringt – außer ihm ein Grinsen „Hot Night in a Cold Town“ (1979) bis aufs Gesicht zu zaubern. oder sogar „Never looked forward to the zu der unschlagbaren Coverversion von John Mellencamp: Strophensprüngen reimt Sven Regener „Meine Musik ist für mich sehr per- Ganz zum Schluss hört man The future / Never enjoyed where I’ve been“. Van Morrisons „“, die er 1994 Plain Spoken. auf der neuen Platte „Lieblingsfarben sönlich“, sagte James neulich. „Ich Aphex Twin allein und etwas verloren Das kann ein Mann mit solchen Meriten mit der Sängerin und Bassistin Me’shell Republic CD (Univer- und Tiere“ (Vertigo/Universal), zehn wun- möchte nicht, dass Leute wissen, was für fünf Minuten am Klavier – völlig un- doch nicht ernst meinen! Ohnehin fühlt Ndegeocello aufnahm und die hier auch sal) derbare, nun geradezu handgreiflich am ich mir dabei gedacht oder was ich dabei bearbeitet, etwas unbeholfen, einfach er sich wohl, was seinen Platz in der ame- in einer phantastischen Live-Fassung zu späten Bob Dylan orientierte Lieder, die gefühlt habe. Meistens interessiere ich eine schöne Melodie. Willkommen zu- rikanischen Rockmusik angeht, manch- finden ist. Und das sind noch längst etwas schlampig vor sich hin rumpeln, mich nicht mehr für meine Stücke, wenn rück! ROLFTHOMASmal nicht angemessen gewürdigt: „It’s nicht alle Nachtlieder. doch Regener trägt seine dem Alltag abge- ich sie erst mal fertiggestellt habe.“ Die never been cool to like John Mellen- Die Werkschau ist äußerlich sehr an- wonnene, sehr strapazierfähige Philoso- einschlägige Presse hyperventilierte Aphex Twin: camp“, hat er einmal selbst gesagt. sprechend aufgemacht und erinnert ein John Mellencamp: phie so warm und unprätentiös vor, dass und hob den einstigen Mega-Star aufs Syro. Dass die Stimme dem Alterswerk bisschen an eine alte Jukebox, innen frei- 1978 – 2012. einem ganz wohl und wehe wird ums Cover, hatte aber gleichzeitig große Warp Records CD 247 auch sehr gut tun kann, weiß man von lich findet man denn auch wirklich 19 Disc Career Herz. „Am Morgen danach“ und „Dunkle Mühe, einem nachwachsenden Publi- (Rough Trade) Bob Dylan und kann es bei Mellencamp kaum mehr als die einzelnen Scheiben Spanning Box Set. Wolke“ sind sicherlich das Anrührendste, kum die Bedeutung des zurückgezogen immerhin ahnen: Über der lebhafteren in dünnen Papphüllen – ohne Booklets Island (Universal) das es derzeit so gibt im Deutschrock. lebenden Engländers nahezubringen. Ri- Fingerpicking-Gitarre von „The Compa- und ohne jedes Geleitwort wirkt das Gut, dass der Mann nicht nur gute Bücher chard D. James hat im vergangenen Jahr- ny of Cowards“ entwickelt sie eine zy- dann doch etwas spärlich; zudem fehlen schreibt. edo.