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Biografische Daten

von / über Andreas Franke

Gesprächsprotokolle

1. Gespräch am 02.07.2008 in Bad Salzdetfurth Beteiligte: Andreas Franke, Gundolf Algermissen.

2. Gespräch am 16.07.2008 in Bad Salzdetfurth Beteiligte: Andreas Franke, Gundolf Algermissen.

3. Gespräch am 26.08.2008 in Bad Salzdetfurth Beteiligte: Andreas Franke, Gundolf Algermissen.

4. Gespräch am 22.09.2008 in Bad Salzdetfurth Beteiligte: Andreas Franke, Gundolf Algermissen.

5. Gespräch am 09.10.2008 in Bad Salzdetfurth Beteiligte: Andreas Franke, Gundolf Algermissen.

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Lebensdaten Geboren am 09.04.1954, in , aufgewachsen in Wehrstedt (Kreis Hildesheim). Vater Leo, Bergmann - Mutter Hildegard, Hausfrau.

Schule Volksschule von 1961 bis 1970 mit erfolgreichem Abschluss.

Ausbildung Ab 01.04.1970 Lehre als Betriebsschlosser auf der Schachtanlage 1, bei den "Vereinigten Kaliwerken Salzdetfurth AG" in Bad Salzdetfurth.

Das Einschulungsbild Von Andreas Franke am 1. April 1960

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Betriebsübernahme Schon im Sommer 1971 wurde die Salzdetfurth AG, von der heutigen K+S Aktiengesellschaft übernommen.

Auf dem Werk Salzdetfurth mit seinen drei Schachtanlagen und seiner Fabrik (60 er Kalidünger) arbeiteten zu dieser Zeit 1.200 Menschen und war der größte Arbeitgeber in Bad Salzdetfurth (ca. 7.500 Einwohner).

Die gesamte Stadt war vom Kaliwerk geprägt, es gab vier Siedlungen und 3 Straßenzüge mit Werkswohnungen und einen eigenen Kindergarten.

Mein Großvater (Heizer im Kraftwerk), mein Vater (Bergmann) und auch mein Schwiegervater (als Bergmann und 13 Jahre als Betriebsratsvorsitzender) waren auf dem Kaliwerk beschäftigt.

Nach bestandener Lehre begann ich ab 01.04.1973 unter Tage als Dieselfahrzeugschlosser in der Werkstatt auf 634 m. Es gab ca. 150 Fahrzeuge speziell für den Kalibergbau, die in drei Schichten gewartet und repariert werden mussten.

Schon ein Jahr später, ab dem 01.07.1974, leistete ich meinen Grundwehrdienst bei einem Panzerbataillon ab.

Im Juli 1975 arbeitete ich wieder unter Tage. Vieles war hier im Umbruch, immer mehr Kali musste abgebaut werden und möglichst mit weniger Personal. Wir bauten riesige Bunker, Gleise auf der Hauptfördersohle (900 m) wurden verlegt und vier große Dieselloks mit großen Kippwaggons mussten zusammengebaut werden. Dieses Projekt wurde im Vier- Schichten-System durchgeführt (viermal sechs Stunden vor Ort). Dadurch wurde es möglich mit weniger Personal zu arbeiten. So wurden in der nächsten Zeit 300 Arbeitsplätze abgebaut.

Andreas Franke mit Vereinsmitgliedern bei einer Besprechung in Wehrstedt

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Andreas Franke während des Grundwehrdienstes (im Bild hinten)

Nach dieser Zeit kam ich zum Jahresbeginn 1977 wieder in die Dieselwerkstatt. Wir jungen Schlosser mussten die Fahrzeuge dort reparieren, wo sie liegengeblieben waren, zum Beispiel in Versatzbauten mit Temperaturen von über 40 Grad Celsius, es kamen pro Schicht oft etwa 40 Kilometer zusammen.

Man musste körperlich fit sein, unter Tage war frühstücken für uns Luxus, Hauptsache man hatte seinen Fünfliterkanister zum Trinken dabei. Aufstehen um vier Uhr morgens, fünf Uhr einfahren, und um dreizehn Uhr Schichtende, gegen Dreizehn- uhrdreißig schon zu Haus, das hört sich gut an. An den meisten Tagen waren wir einfach fertig und das ging im Drei- Schichten-System. Ausruhen am Wochenende war oft „nicht drin“, da mussten die Fahrzeuge gewartet werden. An manchen Tagen habe ich mich nach Sonne und frischer Luft gesehnt.

Erinnerung Bei uns im Bergbau war es Sitte, dass jeder Kumpel einen Spitznamen bekam, und so wurde man auch angesprochen. Es passierte mir mehrfach, dass bei einer Begegnung mit einem Kollegen auf der Straße mir sein Vor- und Zuname mir nicht einfiel, das war mir schon peinlich. Mich hatten sie „Küken getauft“, weil ich als jüngster unter Tage arbeitete.

Der Schrapper unter Tage in Aktion – links im Bild mein Vater

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Der Fußballbetreuer- Lehrgang

Sonntags spielte ich Fußball, meine Leistungen waren höchstens Durchschnitt, die schwere Untertagearbeit machte sich immer wieder bemerkbar.

Im Sommer 1976 lernte ich meine Frau Ilona kennen, wie üblich in dieser Zeit in einer Diskothek. Man trug lange Haare und enge Jeans. Wir bekamen durch Beziehungen (mein Schwiegervater war ja BRV) eine Werkswohnung. Voraussetzung um diese Wohnung zu bekommen war in den nächsten 12 Monaten zu heiraten.

Am 14.09.1978 wurde geheiratet. Wie üblich wurde in dem kleinen Ort Wehrstedt, Polterabend gefeiert. Einladen brauchte man nicht, der Saal war mit mehr als überfüllt. Die Feuerwehrkameraden spielten Musik bis in den frühen Morgen.

Am 04.01.1980 kam es gegen 13:30 Uhr, zu einem folgenschweren Unfall. Ich musste mit einem Kleintransporter, Erinnerung von der 634 m Sohle, zu meiner Werkstatt zur 900-m-Sohle fahren. Kurz vor dem Ziel kamen Deckenlöser (Kaligestein) auf mein Fahrzeug nieder, um nicht unter das Gestein zu kommen riss ich das Steuer rum und zog mir dabei schwere innere Verletzungen zu. Zum Glück konnte ich gerettet wurden, da man mein Scheinwerferlicht entdeckte.

Der Unfallwagen – Blickrichtung zerstörte Frontscheibe

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Der Unfallwagen – Blickrichtung Zerstörter Fahrersitz

Auszug aus dem Unfallmeldebuch

Erinnerung Zu dieser Zeit war meine Frau im siebenten Monat schwanger. Sie machte in dieser Zeit viel durch – das medizinische Personal im Krankenhaus kämpfte vier Tage um mein Leben. Aber es endete ja alles gut und am 04.03.1980 wurde unsere Yvonne gesund geboren.

Nachdem meine Unfallfolgen überwunden waren, und auch klar war, dass ich nicht mehr Untertage arbeiten konnte, entschloss ich mich für einen neuen beruflichen Weg.

Da ich auf unserem Werk bleiben wollte, fand ich mit Hilfe meines Schwiegervaters (eine Stelle als Bürokaufmann im Betriebsbüro des Bergwerkes. Im Berufsförderungswerk von Bad Pyrmont schulte ich vom 01.10.1980 bis zum 30.06.1982 erfolgreich um.

Ab 01.07.1982 trat ich die Stelle im Betriebsbüro an –im bergmännischen als Bergschreiber bezeichnet, so nannte mich auch immer mein Chef, der Grubeninspektor. In diesem Büro liefen alle personenbezogenen und betrieblichen Daten aus dem Bergwerksbetrieb zusammen, in der Spitzenzeit wurden täglich 12.700 Tonnen Kali gefördert.

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Das Berufsfortbildungswerk in Bad Pyrmont - Rechtes Bild: einen Kaffee nach Feierabend (Andreas Franke zweiter von rechts)

Das Büro war auch Anlaufstation für alle Bergleute mit allen Sorgen und Bedürfnissen – privat ging vor, eigentlich war ich schon zu dieser Zeit so etwas wie ein Betriebsrat.

Erinnerung Am 26.10.1982 bekamen wir unseren Sohn Marcel. Ich fragte gleich unseren Bergwerksdirektor nach einer Lehrstelle, die mir dann auch gleich zugesichert wurde (leider gab es 16 Jahre später keine Lehrstelle mehr).

In dieser Zeit ging es der gesamten Kaliindustrie schlecht. So kam es, dass 1987 jeder dritte (300 Personen) seinen Arbeits- platz verloren hat. Der Spruch war „eins, zwei, drei - bist du auch dabei“. Ein Sozialplan war nötig um bestimmte Härtefälle abzufedern. Im Bergmännischen heißt das, „den Bergmann nicht ins Bergfreie fallen zu lassen”.

Andreas Franke als Angestellter – bei der Frühstückspause

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1983 wurde die benachbarte Schachtanlage Siegfried-Giesen geschlossen, nur die Granulieranlage mit etwa 70 Kollegen wurde weiter geführt, Grund war die gute Anbindung an den Mittellandkanal. Das Werk wurde unserem Fabrikbetrieb unterstellt.

Nach dieser Zeit konnte man unseren Niedergang mitverfolgen. Statt wie in einem gesunden Bergwerksbetrieb Streckenvortriebe voranzutreiben, wurde nur noch Raubbau (Abbauen, auch mit schlechtem Salz abgebaut) betrieben.

Anfang 1990 ließ ich mich zur Betriebsratswahl aufstellen. 1987 hatte ich noch abgelehnt, Grund dafür waren unsere beiden Kinder. Mehrere meiner Freunde waren schon im Betriebsrat und sie berichteten von der Betriebratsarbeit. Da die Kameradschaft unter den Bergleuten schon etwas Beson- deres war, wollte ich auch was für meine Kameraden tun.

Das Ergebnis der Wahl war, das ich auf Anhieb stellvertretener

Vorsitzender werden sollte, da ich jedoch noch keine

Erfahrungen als BR hatte, schlossen wir einen Kompromiss.

Mein Vorgänger ging zwei Jahre später in Ruhestand und ich

wurde dann Stellvertreter. Aber ich kam gleich in den

Gesamtbetriebsrat unseres Unternehmens.

Schon im Februar 1991 bei einer außerordentlichen GBR- Sitzung wurde meinem Vorsitzenden und mir die Schließung unseres Werkes zum 31.03.1992 mit knapp 700 Beschäftigten bekannt gegeben. Mit dieser schlechten Nachricht kamen wir heim und wussten noch nicht, was auf uns zukommt.

Versuchen was nicht mehr zu retten war - Hermann Rappe als Bundestagsabgeordneter und IG Chemie Vorsitzender aus Hildesheim wurde zur Betriebsratssitzung eingeladen und machte uns auch Hoffnung, da er unseren Aufsichtsrats- vorsitzende Dr. Wolf persönlich kannte. Leider ließ er nichts mehr von sich hören. Auch andere konnten nichts mehr für uns tun, die schlechten wirtschaftlichen Daten unseres Unter- nehmens sprachen Bände.

Der Betriebsrat 1990 auf der Abraumhalde von Siegfried-Giesen

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Also musste mal wieder ein Sozialplan her. Die Ausgestaltung und wie viele konnten wo noch über Jahre weiter beschäftigt werden. Ein Bergwerk dieser Größe konnte nicht in ein oder zwei Jahren geschlossen werden (drei Schächte mit einem Grubenhohlraum von über 13 Millionen Kubikmetern) und was passierte mit der Fabrik, gab es da noch Möglichkeiten einer anderen Verwendung.

Alle waren in einem Schockzustand nicht nur die Beschäftigten mit ihren Familien, sondern auch die gesamte Stadt in dem das Kaliwerk in einer 100-jährigen Geschichte das Dorf Salzdetfurth zu einer Kurstadt Bad Salzdetfurth weiter entwickelt hat.

Erinnerung Die Nerven lagen blank. Auf dem Parkplatz bei einem Einkaufszentrum passierte mir etwas, was ich nicht mehr Vergessenen werden. Ein Kollege schrie über den Parkplatz in meine Richtung „Da ist ja das Schwein vom Betriebsrat“.

Andreas Franke mit vier Betriebsrats- vorsitzeden

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Viele Gespräche auf vielen Ebenen mussten geführt werden. Die Erhaltung oder Schaffung neuer Arbeitsplätze waren das Wichtigste. Die Hilfsbereitschaft in der Industrie und auch im Unternehmen K+S (Versetzungsangebote) waren groß. Wir als Betriebsrat konnten uns voll auf „unsere Gewerkschaft IGBE “ verlassen. Es gab zu dieser Zeit fast eine hundert-prozentige Gewerkschaftszugehörigkeit. Wir als Betriebsräte gingen in Betriebe in Bad Salzdetfurth und Umgebung, um für unsere Kollegen nach Arbeit zu fragen.

Eine große Hilfe in dieser Zeit war der Chefarzt des Sozial- medizinischen Dienstes. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Schonarbeitsplätze mehr, an denen „gesundheitlich ange- schlagene Kollegen“ hätten arbeiten können (Früher wurden sie als „Kauen- oder Lampenwärter“ eingesetzt). Viele dieser Kollegen erhielten nach Antragstellung eine Berufsunfähig- keitsrente.

Als der Sozialplan von uns erstellt war, begannen die Gespräche und Verhandlungen mit Vertretern des K+S- Vorstands, der Werksleitung, dem Personalchef und uns, dem Betriebsratsgremium. In einer Vorbesprechung wurden wir über den Rahmen der „unternehmerischen Möglichkeiten“ informiert. So ganz nebenbei eröffnete die Werksleitung ein zusätzliches Feld, sie wollten sich von den Werkswohnungen trennen, um so erhöhte Zusatzkosten zu verhindern.

Nach Abschluss der Sozialplanverhandlungen konnten die Kollegen, die einen neuen Arbeitsplatz hatten mit einer Abfindung gehen. So kam es, dass nach Ablauf (bis 1994) aller Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Sozialplan standen, „nur” eine Handvoll Kollegen arbeitslos wurden.

Die Schachtanlage im Jahr 2008

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Im Bergwerk kam die Idee auf, ein Sanatorium unter Tage einzurichten. Es wurde mit einer Lungenheilstätte zusammen- gearbeitet. Probanden (mit Hautkrankheiten) wurden unter Tage in der keimfreien und magnesiumhaltigen Salzluft therapiert. Die Ergebnisse waren sehr gut (viel besser als an der Nordsee) da es im Rahmen von Verhandlungen keine Einigung mit den Krankenkassen und dem Aufsichtsrat der Kurbetriebsgesellschaft zu erkennen war, wurde das Projekt gestoppt – die Krankenkassen konnten es nicht finanzieren.

Schlussendlich stand die Schließung des Bergwerksbetriebs fest. Im Fabrikbetrieb kam uns ein Glücksfall zugute. Ein früherer Kunde (Masterfoods, heute Mars) stellten in Minden Katzenstreu (Catsan) her und konnte unsere Granulier-anlagen nutzen und so über 90 Arbeitsplätze sichern. Ein großer Teil der Fabrikanlagen musste abgerissen werden und für die Katzenstreuproduktion gleichzeitig aufgebaut werden.

Erinnerung In den ersten Monaten des Jahres 1992 hatte ich mich entschieden das Bergwerk zu verlassen, ich sah für mich als Kaufmann keine Perspektiven mehr in dem Betrieb. Nachdem ernsthaft über die Weiterführung der Granulieranlage gesprochen wurde, entschied ich mich zu bleiben.

Doch bevor es soweit war, mussten Bauanträge und die Produktion von der Stadt genehmigt werden, eine öffentliche Sitzung des Rates im Herbst 1991 wollte die Entscheidung bringen. Es war schon haarsträubend, mit welchen Argumenten einige Ratsmitglieder gegen die Produktions- anlage ablehnten (z.B. „wohin mit dem gebrauchten Katzenstreu?“). Viele Ratsmitglieder waren nur schlecht oder gar nicht informiert. Unsere Nachfragen erbrachten am Ende eine positive Entscheidung, der Betrieb konnte umgerüstete werden.

Mithilfe des Kalischachtes wurde das Bergbaumuseum eingerichtet

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Drei Jahre später wurde durch unsere frühere Anlage die heutige Umgehungsstraße durch unsere frühere Fabrikanlage gebaut. Aus heutiger Sicht kann man von einem Glücksfall sprechen, denn die Stadtverwaltung hatte die Mahnung erhalten, die Verkehrsführung grundsätzlich zu ändern. Hätte man keine Lösung für eine Umgehungsstraße gefunden, wäre eine Aberkennung als Kurstadt die Konsequenz gewesen.

Der Grubenbetrieb musste ordentlich verschossen werden und so hatten zuerst einmal 50 Kumpel noch einen befristeten Arbeitsplatz. Jahre (1997) später entstand durch die Schließungen der Kaliwerke Bergmannssegen im Gruben- betrieb (in Lehrte) und Niedersachsen Riedel (in der Nähe von Celle) eine Gesellschaft für die Verwahrung und Verfüllung von Schächten in ganz Norddeutschland (mit insgesamt über 65 Schachtanlagen) die „Inaktiven Werke” der K+S AG mit knapp 80 Beschäftigten und den Sitz in Bad Salzdetfurth.

In dieser Zeit entwickelte sich meine BR- und Gewerkschafts- arbeit natürlich weiter. Schnell besuchte ich meine BR- Schulungen in der Gewerkschaftsschule in Haltern, auch im GBR kam ich verschiedene Ausschüsse und natürlich machte ich auch im Vorstand unserer IG BE Ortsgruppe mit wo ich dann auch gleich in den Schachtgewerkschaftsausschuss gewählt wurde. Der Schachtgewerkschaftsausschuss war der übergeordnete Ausschuss unserer Ortsgruppen Bad Salzdetfurth, Bodenburg, und Nette.

Erinnerung 1991 fuhr ich mit meiner Familie nach Grömitz in die Familienfreizeit der IG BE. Dadurch lernte auch meine Familie in den verschiedenen Seminaren, was hinter einer Gewerkschaft steckt. Was mir später auch mehr Verständnis von meiner Familie brachte.

Andreas Franke im Betriebsratsbüro

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In weiteren Seminaren, die hauptsächlich in Hustedt veranstaltet wurden, lernte ich den Bezirksgeschäftsführer der IG BE, Karl-Heinz Georgie, näher kennen. Neben den fachlichen Inhalten diskutierten wir viel über zwei „Phänomene“ in der gewerkschaftlichen Entwicklung. Zum einen war das der langsame aber stete Mitgliederschwund und zum anderen wurde das Problem Öffentlichkeitsarbeit „rauf und runter“ diskutiert.

Erinnerung Die „persönliche Folge“ war, Kollege Georgie bot einem Kollegen und mir an, Gewerkschaftssekretär bei der IG BE zu werden – vorausschauend hatte er uns schon für einen sechswöchigen Lehrgang in der IG BE-Schule Haltern angemeldet. Mein Kollege ging in die Ausbildung und wurde Sekretär, ich lehnte ab aus Familieären Gründen und habe es nicht bereut.

Während eines Gewerkschaftsseminars lernte ich einen Betriebsratskollegen von Schacht Konrad (in Salzgitter) kennen. Die Zusammenarbeit mit der DEB wurde dann sehr intensiv und wir brachten viele Kollegen unter.

Am Freitag, den 13. März 1992, fuhr ich mit unserem Obermarkscheider zum Förderschacht, um die letzten Kilos Rohsalz zu fotografieren. Es war ein Gefühl, dass man schlecht beschreiben kann.

1993 kam im Osten die Schließung des Kaliwerkes Bischoferode, dort kam es zum Hungerstreik und die ganze Republik litt mit. Bei uns ging alles ruhig zu, dieses konnte die Öffentlichkeit nicht verstehen. So kam es, dass uns Fernsehen und auch Radiosender interfiuten. Im MDR wurde nur das gesendet, was dem Sender passte. Die wirtschaftlichen Gründe interes-sierten nicht. (K+S schrieb zu dieser Zeit in einem Jahr 360 DM Millionen Verlust und das ganze Unternehmen war in Gefahr).

Die Geschäftsleitung von K+S kam mit der Treuhand in Gespräch, weil in Ostdeutsch-land die Kaliwerke in einem maroden und nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Da dieses nicht reichte und die EU-Kartellbehörde Unterstützungen nicht genehmigen wollte, waren die Betriebsräte und Vertrauensleute des gesamten Konzerns zum Demonstrieren mit mehreren Hundert Bussen nach Bonn gefahren, um für die Zusammenlegungen einzutreten.

Am nächsten Tag waren wir vom Gesamtbetriebsrat bei Bundeskanzler Helmut Kohl im Bundeskanzleramt angemeldet, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wir sagten ihm unter anderem, dass „wir auch bis nach Brüssel fahren würden“; soweit kam es dann nicht, das Kartellamt stimmte dem Zusammenschluss zu.

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Es wurde mit dem Gesamtbetriebsrat und K+S eine Vereinbarung über eine Beschäftigungssicherung für 7.500 Menschen unterschrieben. Gleichzeitig kämpften wir in Niedersachsen um die Werke Bergmannssegen und Niedersachsen Riedel.

Die Betriebsratsvorsitzenden und Stellvertreter führten dazu Gespräche mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Fischer und dem Ministerpräsidenten Gerhard Schröder. Später fand noch ein Gespräch mit dem Bundestags- abgeordneten Struck in Celle statt. Das Ergebnis, viel versprechen und nichts mehr von sich hören lassen.

Im März 1994 fanden wieder Betriebsratswahlen statt. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende ging in Rente. Wir waren nur noch neun Betriebsräte und ich erhielt die meisten Stimmen. Es gab nur einen kleinen Schönheitsfehler ich war Angestellter und war damit Mitglied der Minderheitengruppe in unserem Betrieb. So kam es in der konstatierenden Sitzung, dass ich mit vier gegen fünf Stimmen unterlegen war.

1995 wurde ich vom Gesamtbetriebsrat in die Tarifver- handlungskommission gewählt und das Mandat sechs Jahre. Die Situation im Tarifgeschehen begann sich zu wandeln, auch die Arbeitgeber stellten Forderungen, z.B. zurück zur 40- Stundenwoche, als Grund wurde die Situation im Wettbewerb genannt. Aufgrund der Größe und der Produktionspalette wurde unser Werk im Tarifgeschehen unbedeutender, so gab ich mein Mandat im Jahr 2000 an einen anderen Kollegen weiter. Bis heute bin ich aber Mitglied in der Tarifkommission geblieben.

Das Ende der Schachtanlage 2 in Bad Salzdetfurth – er wird bis 2009 verfüllt.

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Betriebsratswahlen 1998, wieder die gleiche Situation wie

bereits bei der Gremienwahl 1994, die meisten Stimmen, aber

gewählt wurde ein Kollege aus der Gruppe der Arbeiter. Es war

eben so, in der 100 jährigen Geschichte war noch nie ein

Angestellter als Betriebsratsvorsitzender gewählt worden. Im

Frühjahr 2000 ging der Vorsitzende in Rente und in der

Nachwahl wurde ich Betriebsratsvorsitzender.

Im März 2002, bei der nächsten BR Wahl, kam es zu

getrennten Wahlen und getrennten Gremien. Bei dieser Wahl

waren nur noch fünf Betriebsräte (es fehlten fünf Beschäftigte,

um einen siebenköpfigen Betriebsrats zu wählen. Ich erhielt

wieder die meisten Stimmen und wurde auch Vorsitzender. Bei

dieser Wahl war ich der Einzige aus den alten Gremien, alle

weiteren Betriebsratsmitglieder waren erstmals gewählt. Das

war sehr spannend, alle waren motiviert und nahmen die

Gremienarbeit sehr ernst.

Auch die neue Generation auf der Unternehmerseite war

spürbar. Man ging offener und lockerer miteinander um. Es

gab aus meiner Sicht jedoch einen Nachteil, vieles ging jetzt

nach dem Motto „Keiner will keinem Weh tun“. Die direkten

Vorgesetzten bekamen es als Erste zu spüren.

In dieser Zeit fusionierte unsere IGBE mit der IG Chemie zur

IGBCE. Strukturen, die man gewohnt war, änderten sich. Der

Sitz unseres neuen Bezirks war nun in und der

Bezirksleiter Peter Winkelmann kam aus dem Chemiebereich.

Da wir in den letzten Jahren aber so manchen Umbruch

gewohnt waren, standen wir diesen Dingen offen gegenüber.

Wir versuchten, bei Lehrgängen oder anderen Begegnungen

keine Polemik aufkommen zu lassen und nach vorne zu sehen.

Leider wurden die Gelder für die Ortsgruppen gekürzt.

Erinnerung Es gab den Angestelltenausschuss im Bezirk, in dem ich dann regelmäßig mitarbeitete. So kam ich später in den Landesangestelltenausschuss. Als überraschend der Vorsitzende des Bezirksangestelltenausschusses starb, wurde ich sein Nachfolger. Ich fuhr zu zwei Bundesangestellten- tagungen. Die Erste fand in Bonn im alten Bundestag statt und vier Jahre später war ich in Recklinghausen dabei.

In dieser Zeit kam ich in den IG BCE-Bezirksvorstand Alfeld, von diesem Gremium wurde ich zum ehrenamtlichen Richter am Landessozialgericht Hannover berufen. Auch durfte ich zum IGBCE-Kongress nach Hannover. Dies war die größte Veranstaltung mit vielen Bundestagsabgeordneten, vielen Veranstaltungen, die ich in meinem Leben mitmachen durfte. Es wurde ungezwungen diskutiert und viele motivierende Gespräche über die Zukunft wurden geführt. In der Ortsgruppe übernahm ich 2006 die Position des Kassierers.

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Oft wird gefragt, was für eine Arbeit wird der in der Ortsgruppe der Gewerkschaft gemacht. Oben an steht die Mitgliederbetreuung, vier bis fünf Bildungsveranstaltungen jährlich zu aktuellen Themen mit Referenten, eine Jubilarfeier, Maiveranstaltung, Familienwandertag und Rentnertreff.

In unserer Ortsgruppe war immer ein Knappschaftsältester und gab immer Auskunft zu Fragen der Renten- und Kranken- versicherung geben. Ab den 01.10.2008 werde ich diesen Posten belegen. Leider ist mein Vorgänger und Ortsgruppen- Vorsitzender in diesem Frühjahr im Alter von 63 Jahren gestorben.

Erinnerung Im Oktober 2004 entschieden sich meine Frau und ich, zu bauen. Wir haben am Ortberg einen schönen Bauplatz am Wald gekauft und dort gebaut (zwischen Schacht 1 und Schacht 2), so wie es sich für einen Kaliwerker gehört. Na gut, die lauten Vögel nerven schon. Ich habe mir vorgenommen viel Stress abzubauen, und anderen ein paar meiner Aufgaben zu übertragen.

So hatte nach der BR Wahl 2006 meinen Kollegen vorgeschlagen, nicht mehr Vorsitzender oder Stellvertreter zu machen, wenn es die von mir genannten BR Kollegen machen würden. Ich war auch bereit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. In der konstatierenden Sitzung wurde dem Wunsch entsprochen. Ich hatte es mir lange überlegt und es war mir nicht leicht gefallen, aber auch ein Alt gedienter sollte mal nach hinten rücken. Mein Nachfolger ist mit ganzem Herzen dabei. Durch meine lange Erfahrung wurde ich später zum Gesund- heitskoordinator gewählt. K+S schloss eine Gesundheits- vereinbarung ab und jeder Betriebsteil hat jetzt einen Koordinator.

Trotz Katzenstreu – die Waschkaue wird immer noch sinnvoll benutzt

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Sport hat noch niemandem geschadet

Anlage 1: Ausriss aus der Wahlbekanntmachung 1991

Anlage 2: Stimmzettel mit Wahlergebnis

Anlage 3: Bekanntmachung am „Schwarzen Brett“

Anlage 4: „Zehn Jahre Katzenstreu ...“

Anlage 5: Bericht über das alljährliche St.-Barbara-Fest

Anlage 6: Aus Produktionsstätte wird Industriedenkmal

Protokollführung:

Gundolf Algermissen, Abteilungsleiter im DGB-Bezirk NBS

Technische Umsetzung und Bildbearbeitung:

Gunda Jortzig, PCA beim DGB-Bezirk NBS

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Anlage 1: Ausriss aus der Wahlbekanntmachung zur Betriebsratswahl 1990

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Anlage 2: Stimmzettel mit den eingetragenen Wahlergebnissen

Erläuterungen: Die Kennung mit den arabischen Zahlen stellen die Bewerber aus dem gewerblichen Bereich dar; Die Bewerber aus dem Angestelltenbereich sind mit römischen Ziffern dargestellt. Zu dieser Wahl 1990 gehörten elf Kolleginnen und Kollegen dem Betriebsratsgremium an.

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Anlage 3: Bekanntmachung des Wahlergebnisses am „Schwarzen Brett“

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Anlage 4: Zur 10-jährigen „Produktionsaufnahme von Katzenstreu …“

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Anlage 5: Bericht über das alljährliche, traditionelle St.-Barbara-Fest

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Anlage 6: Aus einer ehemaligen Produktionsstätte wird ein Industriedenkmal (Ausriss)