UC 066 870 Masterstudium Vergleichende Literaturwissenschaft Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Masterarbeit

Die Zeitreiseliteratur im Beispiel von Kerstin Giers Edelstein-Trilogie und Elizabeth Briggs Future Shock und Future Threat

Verfasserin: Silvia Castellano

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Sebastian Donat

Inhaltsverzeichnis 1. Einführung ...... 3 2. Die Zeitreise und die dazugehörenden theoretischen Erklärungen ...... 4 2.1 Definition der Zeitreise ...... 4 2.2 Methoden der Zeitreise ...... 8 2.3 Modelle der Zeitreise ...... 12 2.4 Die Paradoxa der Zeitreise ...... 14 3. Die Zeitreiseliteratur...... 16 3.1 Die Geschichte der Zeitreiseliteratur ...... 19 3.1.1 Die Ursprünge der Zeitreiseliteratur: vor dem 19. Jahrhundert ...... 20 3.1.2 Zeitreiseliteratur im 19. Jahrhundert ...... 22 3.1.3 Zeitreiseliteratur im 20. Jahrhundert ...... 25 3.1.3 Zeitreiseliteratur im 21. Jahrhundert ...... 33 3.2 Zeitreiseliteratur für Kinder und Jugendliche ...... 36 4. Kerstin Giers Edelstein-Trilogie und Elizabeth Briggs Future Shock und Future Threat ...... 39 4.1 Struktur und Ort der Aktion...... 41 4.2 Die Protagonistinnen: Elena und Gwen...... 42 4.3 Typische Elemente der Jugendliteratur ...... 45 4.4 Die Zeitreise ...... 49 4.4.1 Methode und Merkmale der Zeitreise ...... 49 4.4.2 Zweck der Zeitreise ...... 54 4.4.3 Zeitreisemodelle und Paradoxa ...... 57 4.4.4 Die Sprache beim Zeitreisen ...... 63 5. Fazit ...... 66 6. Literaturverzeichnis ...... 71 6.1 Primärquellen...... 71 6.2 Sekundärquellen ...... 75

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1. Einführung Was ist Zeit? Der Hl. Augustinus behauptet: „Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich’s, will ich’s aber einem Fragenden erklären, weiß ich’s nicht“ (Augustinus 2004: 553). In der Tat, Zeit ist ein schwieriger Begriff zu definieren und sogar zu verstehen. Man weiß auch nicht, ob diese eine menschliche Erfindung, womöglich eine Illusion, oder „an essential ingredient of the universe“ (Davis u. Hersh 2005: 189) ist. Obwohl man so wenig darüber weiß, ist Zeit ein sehr wichtiges Element des Lebens der Menschen. Sie ist sogar kostbarer als Geld, denn im Gegensatz zu Letzterem, das man verdienen, sparen und leihen kann, kann niemand mehr Zeit bekommen oder diese sammeln. Es ist nicht einmal möglich, in die Vergangenheit zu reisen, um einen Moment des eigenen Lebens noch einmal zu erleben oder einen Blick in die Zukunft zu werfen, obwohl viele das möchten. Der einzige Weg, dies zu tun, wäre durch eine Zeitreise. Die Idee, sich in der Zeit vorwärts oder rückwärts bewegen zu können, gab es schon immer, tatsächlich finden sich Spuren dieses Themas in uralten Legenden und Geschichten aus verschiedenen Erdteilen. Zum Beispiel erzählt das indische Epos Mahābhārata, dass König Kakudmi in den Himmel kommt, um Brahma zu treffen, doch bei seiner Rückkehr entdeckt er, dass viele Jahre vergangen sind (Gleick 2016: 30-31). Ab dem 14. Jahrhundert wurde das Thema in der Literatur verwendet und ist heutzutage in Romanen aller Genres, aus jeder Nation, in jeder Sprache und für jedes Zielpublikum zu finden. Im 20. Jahrhundert wurde das Konzept der Zeitreise auch von Drehbuchautoren von Filmen und Fernsehserien, Cartoonisten und Entwicklern von Videospielen übernommen. Nach dem großen Erfolg des Themas, insbesondere im Bereich der Literatur und der Filme, hat es viele Wissenschaftler dazu veranlasst, die Möglichkeiten der Zeitreise zu untersuchen. Das Thema hat kürzlich auch Philosophen interessiert, z.B. David Lewis, die zeigen wollen, ob die Zeitreise mit den Gesetzen der Logik vereinbar ist (Gott 2002: 5; Markosian 2014: upag.; Nahin 2011: viii-ix). Diese Masterarbeit besteht aus drei Teilen: Im ersten wird die Zeitreise definiert und es werden alle Theorien über die Methoden, die Modelle und die Paradoxa der Zeitreise erläutert. Der zweite Teil widmet sich der Zeitreiseliteratur – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche –, um ihre Merkmale und ihre historische Entwicklung in vier Phasen zu beschreiben und es wird auch versucht, die Besonderheiten jeder dieser Phasen zu erfassen. Im dritten Teil findet

3 die vergleichende Untersuchung bzw. Analyse zweier ausgewählter Buchreihen für Jugendliche statt, d.h. die der Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier und die der ersten zwei Bände der Future Shock-Trilogie von Elizabeth Briggs. Das Ziel ist es, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden herauszuheben, insbesondere im Hinblick auf das Thema Zeitreise.

2. Die Zeitreise und die dazugehörenden theoretischen Erklärungen 2.1 Definition der Zeitreise Bevor das Konzept von Zeitreise erklärt wird, müssen einige wichtige Theorien beschrieben werden. Die Zeit ist in drei Segmente unterteilt – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft –, die vor allem dazu dienen, einem Ereignis eine zeitliche Zuordnung zu geben: Wenn es jetzt geschieht, ist es ein gegenwärtiges Ereignis; wenn es schon vorbei ist, ist es ein vergangenes Ereignis; wenn es noch passieren muss, ist es ein zukünftiges Ereignis. Diese Unterteilung ist jedoch Gegenstand der Diskussion in der Philosophie. McTaggart, zum Beispiel, unterscheidet zwei Theorien, nach welcher man alle Ereignisse in der Zeit ordnen kann: Die A-Theorie definiert die „A-Reihe“ eine Reihe von Momenten bzw. Ereignissen „running from the far past through the near past to the present, and then from the present to the, near future and the far future“ (McTaggart 1908: 458). Die B-Theorie definiert hingegen die „B-Reihe“ die Reihe von Momenten bzw. Ereignissen „which runs from earlier to later“ (McTaggart 1908: 458). In der A-Theorie ist die zeitliche Position eines Ereignisses in Bezug auf die Gegenwart bzw. auf der Perspektive des Betrachters definiert: Ein zukünftiges Ereignis rückt mit der Zeit immer näher an den Betrachter heran, dann wird es gegenwärtig und später noch vergangen, schließlich rückt es immer weiter weg. In der B-Theorie wird sie nur in Bezug auf ein anderes Ereignis beschrieben: Ein Ereignis kann einem anderen vorausgehen, ihm folgen oder gleichzeitig mit ihm stattfinden und ihre Beziehung bleibt immer gleich. Im Laufe der Zeit haben sich viele Wissenschaftler für die eine oder andere Theorie entschieden und heutzutage ist die B-Theorie die mit den meisten Anhängern (Markosian 2014: unpag.; Micklethwait 2012: 5-6, 42; Zimmerman 2005: 401-402; McTaggart 1908: 458-461). Eine extreme Form der A-Theorie ist der Präsentismus, d.h. die Theorie, nach welcher nur gegenwärtige Objekte bzw. Ereignisse existieren und real sind, die vergangenen und zukünftigen hingegen nicht. Es handelt sich also um eine Weltanschauung, die auf Dynamik beruht: Der gegenwärtige Moment ändert

4 sich im Laufe der Zeit ständig, daher hört die Gruppe von Ereignissen, die zuvor die Gegenwart darstellte, auf zu existieren und wird durch eine andere Gruppe von Ereignissen ersetzt, die zur neuen Gegenwart wird (Dyke u. Bardon 2013: 346; Zimmerman 2005: 402). Die Theorie, die dem Präsentismus entgegengesetzt ist, ist der Eternalismus, der mit McTaggarts B-Theorie zusammenfällt. Nach Ansicht der Eternalisten sind vergangene und zukünftige Objekte bzw. Ereignisse so real wie ein gegenwärtiges Objekt bzw. Ereignis und sie existieren „even though they are not currently present“ (Markosian 2014: unpag.). Eternalismus wird auch Blockuniversumstheorie genannt, weil er besagt, dass das Universum ein gigantischer unveränderlicher vierdimensionaler Block ist, in welchem alle vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Ereignisse existieren (Dyke u. Bardon 2013: 346-347; Markosian 2014: unpag.; Stoneham 2009: 201). Ein Mittelweg zwischen diesen beiden Positionen ist die Theorie des wachsenden (oder des sich entwickelnden) Blockuniversums: Vergangenheit und Gegenwart existieren, Zukunft nicht. Im Laufe der Zeit werden jedoch immer mehr zukünftige Ereignisse gegenwärtig und vergangen, somit werden sie real und zu den bereits im Block vorhandenen Ereignissen hinzugefügt. Auf diese Weise wächst und vergrößert sich das Blockuniversum immer weiter (Dyke u. Bardon 2013: 347-348; Markosian 2014: unpag.; Micklethwait 2012: 45; Stoneham 2009: 201). Sir Isaac Newton unterscheidet zwischen absoluter, „realer“, mathematischer, kosmischer Zeit und relativer Zeit, die „any sensible and external measure [...] of duration by means of motion“ (Newton 1999: 408) ist, d.h. ein Jahr, ein Tag usw. (Dyke u. Bardon 2013: 89-90; Newton 1999: 408). Er glaubt auch, dass Raum und Zeit zwei getrennte Einheiten sind. Auf diesen Ideen basierten alle später entwickelten Theorien der Physik, aber im Jahr 1905 änderte sich jedoch alles: Mit seiner Speziellen Relativitätstheorie revolutionierte der deutsche Physiker und Mathematiker Albert Einstein buchstäblich die Art und Weise, wie das Universum verstanden und interpretiert wird. Gleich wie sein Lehrer Hermann Minkowski glaubt er, dass Zeit und Raum nicht voneinander getrennt sind, sondern zusammen die sogenannte Raumzeit bilden, d.h. ein Kontinuum, das sowohl die drei räumlichen Dimensionen Länge, Breite, Breite als auch eine zeitliche Dimension, nämlich Dauer, umfasst, genau wie die Blockuniversumstheorie behauptet. Im Gegensatz zu Newton bestreitet Einstein auch die Existenz einer absoluten kosmischen Zeit und damit die „absolute simultaneity between distant events“ (Pickover 1998: 11). Die

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Zeit fließt deshalb nicht für jeden an jedem Ort und in jedem Zustand auf die gleiche Weise, sondern sie ist „relativ zum Bezugssystem eines bewegten Beobachters“ (Klose u. Morawetz 2004: 95). Zum Beispiel vergeht die Zeit für Passagiere eines Raumfahrzeugs, das sich mit hoher Geschwindigkeit im Weltraum bewegt, viel langsamer als für ein Individuum auf der Erde, obwohl sie für diese normal zu vergehen scheint. Deshalb geht innerhalb eines gerade zurückgekehrten Raumfahrzeuges eine Uhr nach, im Vergleich zu einer, die sich auf der Erde befindet. Je schneller sich das Raumfahrzeug in den drei räumlichen Dimensionen bewegt, desto langsamer bewegt es sich in der zeitlichen Dimension. Diese Ungleichheit nennt man Zeitdilatation (Gardner 1988: 2-5; Kennedy 2014: 12-14; Klose u. Morawetz 2004: 95; Micklethwait 2012: 53; Pickover 1998: xvi, 11; Wick 1995: 91). Wie „Zeit“, ist auch der Begriff „Zeitreise“ nicht sehr einfach zu definieren. Man kann es versuchen, indem man Zeitreisen mit traditionellen bzw. räumlichen Reisen vergleicht. Erstens ist das Ziel in der Zeitreise kein bestimmter Ort, sondern eine bestimmte Zeit. Die Bewegung im Raum ist bei einer Zeitreise nicht einmal von grundlegender Bedeutung. Zweitens, während bei der räumlichen Reise die Zeit, die die Startzeit (SZ) und die Zielzeit (ZZ) trennt, und die Dauer der Reise (△Z) zusammenfallen, ist bei der Zeitreise △Z immer niedriger als ZZ - SZ. Aus diesem Grund wird im Essay „The Paradoxes of Time Travel“ von David Lewis behauptet, dass Zeitreise „a discrepancy between time and time“ beinhaltet (Lewis 1976: 145). Beim Versuch, Zeitreisen zu definieren, schlägt Lewis die Unterscheidung zwischen externer Zeit, d.h. „time itself“ (Lewis 1976: 146), der objektiven Zeit, welche mit einer Geschwindigkeit von einer Sekunde pro Sekunde abläuft, und persönlicher Zeit vor, d.h. einfach gesagt, was der Zeitreisende mit einer genauen Uhr messen kann, oder, wie Lewis sie definiert, „that which occupies a certain role in the pattern of events that comprise the time traveler’s life“ (Lewis 1976: 146). Die zeitliche Distanz zwischen SZ und ZZ stimmt mit der Dauer der externen Zeit überein, während △Z der Dauer der persönlichen Zeit während der Zeitreise entspricht. Dank dieser Unterscheidung kann man schlussfolgern, dass die Zeitreise eine Diskrepanz zwischen externer Zeit und der persönlichen Zeit des Zeitreisenden zur Folge hat (Dyke u. Bardon 2013: 301-302; Lewis 1976: 145-146; Wasserman 2018: 2-7). Eine dritte Tatsache, nach welcher traditionelles Reisen und Zeitreisen sich unterscheiden, ist die Richtung der Reise. Eine normale Person, die sich im Raum bewegt, kann 6 zeitlich nur voraus reisen und dies geschieht auf natürliche Weise, weil das Leben aller Menschen unweigerlich mit einer Geschwindigkeit von einer Sekunde pro Sekunde in die Zukunft gerichtet ist. Die Reise hat also die gleiche Richtung in der externen und der persönlichen Zeit und entspricht der in die Zukunft. Der Zeitreisende kann hingegen sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit reisen. Die Richtung der Reise in externer Zeit ändert sich je nach gewähltem Ziel, während in der persönlichen Zeit der Zeitreisende immer in Richtung Zukunft reist (Chrisman u.a. 2014: 136-137). Ein weiterer Unterschied zwischen traditioneller Reise und Zeitreise, und folglich auch zwischen persönlicher Zeit und externer Zeit, besteht in der Reihenfolge der Ereignisse. Im Falle der traditionellen Reise findet die Abreise vor der Ankunft am gewünschten Ziel statt, sei es in Bezug auf die persönliche Zeit, sei es in Bezug auf die externe. Bei der Zeitreise, hingegen, wenn man zum Beispiel in zehn Minuten hundert Jahre in die Vergangenheit reist, stellt sich die Ankunft in Bezug auf die externe Zeit vor alle anderen Phasen des Lebens ab der Geburt, somit entspricht der Zeitpunkt der Abreise der letzten Phase in der Reihe, während bei der persönlichen Zeit ist die Ankunft eine Phase, welche auf die Phase der Abreise folgt. Zwei Ereignisse, die in der persönlichen Zeit sehr nahe beieinander liegen, liegen hingegen in der externen Zeit hundert Jahre auseinander (Lewis 1976: 146-147; Wasserman 2018: 4). Es ist jedoch auch möglich, dass zwei Lebensphasen des Zeitreisenden in seiner persönlichen Zeit voneinander entfernt sind und in der externen Zeit gleichzeitig stattfinden. Zum Beispiel beinhaltet die Begegnung des Zeitreisenden mit seinem jüngeren Ich (im Fall einer Reise in die Vergangenheit) oder seinem älteren Ich (im Fall einer Reise in die Zukunft) zwei Phasen seines Lebens: diejenige der Zeitreise und diejenige in der Vergangenheit bzw. Zukunft, in welcher er sich selbst trifft, indem er durch die Zeit reist (Lewis 1976: 147). Der Unterschied in der Reihenfolge der Ereignisse zwischen persönlicher Zeit und externer Zeit ist entscheidend auch wenn die Kausalität analysiert wird, d.h. das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung. Wenn zum Beispiel der Zeitreisende einen Schlag ins Gesicht bekommt und dann in die Vergangenheit springt, wird das Auge schwarz, wenn er sich in der Vergangenheit befindet. Entsprechend der persönlichen Zeit des Zeitreisenden geht die Ursache, d.h. der Schlag, der Wirkung, d.h. dem blauen Auge, zeitlich voraus, deshalb ist die Kausalität hier „normal“. Aus der Sicht der externen Zeit folgt die Ursache zeitlich der Wirkung und in diesem Fall spricht man von umgekehrter Kausalität, d.h. Umkehrung der normalen

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Verursachung. Nach Lewis ist die umgekehrte Kausalität eine normale Folge der Reise in die Vergangenheit (Lewis 1976: 148; Rea 2014: 78; Smith 2018: unpag.).

2.2 Methoden der Zeitreise Es gibt mehrere mögliche Methoden, die es einem erlauben in die Vergangenheit oder in die Zukunft zu reisen, welche in zwei Gruppen eingeteilt werden können: Zur ersten gehören jene Methoden, die reine Frucht der Phantasie sind und keine wissenschaftliche Grundlagen haben (obwohl es in einigen Fällen einen Anschein davon gibt). In der zweiten Gruppe befinden sich hingegen jene, die auf existierenden Theorien oder Praktiken basieren, für die es jedoch noch nicht genügend fortschrittliche Technologien gibt, um es jemandem zu ermöglichen, tatsächlich durch die Zeit zu reisen, oder jene, welche die Verwendung von etwas vorsehen, das nur theoretisch existiert und niemals demonstriert wurde. Die erste Gruppe umfasst Zeitreisen, die in vielen Romanen, Comics, Videospielen, Filmen und Fernsehserien vorgeschlagen und durch folgende Mittel ermöglicht werden: eine Zeitmaschine, d.h. einen Apparat mit verschiedenen Formen und Größen, welcher üblicherweise als Frucht einer langen Studien- und Entwurfsarbeit eines Wissenschaftlers präsentiert wird, dessen Funktionsweise jedoch häufig unklar oder unwissenschaftlich ist; ein Zeitportal, das entweder plötzlich auftaucht oder sich in einem bestimmten Ort befindet oder von jemandem geöffnet bzw. gebaut wurde; einen Gegenstand, d.h. ein Kleidungsstück (z.B. einen Gürtel) oder ein atmosphärisches Phänomen (z.B. Nebel), welche beide tatsächlich als Zeitmaschine fungieren; Drogen, die einem physisch oder nur mit dem Verstand in die Zukunft oder in die Vergangenheit transportieren; besondere Fähigkeiten und Kräfte, wie Magie, Selbsthypnose bzw. die Kraft des Geistes oder eine angeborene Fähigkeit, zum Beispiel aufgrund einer genetischen Mutation; einen Mind Switch, d.h. wenn man in den Körper einer anderen Person oder in den Körper seines jüngeren oder älteren Ichs schlüpft, indem der Zeitreisende aber Erinnerungen an die Gegenwart behält; einen Traum, einen langen Schlaf oder Bewusstlosigkeit für einen bestimmten Zeitraum, in welchem das Individuum nicht altert (Clute u.a. 2019: unpag.; Planka 2014: 9, 13; Nahin 1999: 5-40). Zur zweiten Gruppe gehört die bereits erläuterte Zeitdilatation: Wenn man mit einem Raumschiff mit sehr hoher Geschwindigkeit bzw. nahe der Lichtgeschwindigkeit (was ungefähr 300.000 km/s entspricht) reist, verlangsamt sich

8 die Zeit für den Reisenden, nicht aber für einen hypothetischen Beobachter. Unter der Annahme, dass eine Person ein Jahr lang mit sehr hoher Geschwindigkeit im Weltraum unterwegs ist, würde sie bei der Rückkehr auf die Erde entdecken, dass mehrere Jahre vergangen sind. Dies bedeutet, dass sie in die Zukunft gereist ist. Da es jedoch noch nicht möglich ist, so schnell zu reisen – das schnellste Raumschiff, das bisher gebaut wurde ist Parker Solar Probe und wenn es 2024 seinen sonnennächsten Punkt erreichen wird, mit einem Maximalgeschwindigkeit von „nur“ 692.000 km/h –, ist der Unterschied zwischen der auf dem Raumschiff und der auf der Erde verbrachten Zeit so gering, dass er vernachlässigbar ist (Bartels 2018: unpag.; Blitz 2018: unpag.; Toomey 2007: 57-58; Gott 2002: 33, 44-47; Miklethwait 2012: 53). Die zweite Methode dieser Gruppe ist der Kryoschlaf, welcher wie folgend funktioniert: Das Herz der Person wird angehalten (oder man wartet, bis es von selbst anhält) und sobald diese für tot erklärt wurde, stellt man sicher, dass die Blutzirkulation aktiv bleibt, sodass das Gehirn weiterhin mit Blut und Sauerstoff versorgt wird. Anschließend ersetzt man das Wasser des Körpers durch Kryoprotektiva, d.h. Substanzen, die verhindern, dass Eiskristalle Zellen und Gewebe schädigen, nachdem der Körper eingefroren wurde. Der Körper wird bis zu einer Temperatur von -130°C in Trockeneis gelegt und schließlich bei -196°C kopfüber in flüssigem Stickstoff aufbewahrt. Der Kryoschlaf ist bereits Realität und eine Praxis, die immer beliebter wird, aber die heutige Technologie kann diejenigen, die sich diesem Verfahren unterzogen haben, noch nicht wiederbeleben. Er kann verwendet werden, wenn man zum Beispiel an einer zukünftigen Veranstaltung teilnehmen möchte oder die Hoffnung hegt, dass in der Zukunft eine Heilung für eine unheilbare Krankheit entdeckt wird (Ettinger 1964: 2-5; Naik 2017: 55-56; Pilkington 2017: 51-52). Eine ähnliche Methode ist die suspendierte Animation. Sie besteht aus der Verwendung von sehr niedrigen Temperaturen oder einer Substanz, welche Hyperthermie auslöst und den Organismus in ein Standby Stadium versetzt. Der Körper bleibt also am Leben und das Altern des Menschen wird verlangsamt. Die NASA erforscht bereits diese Methode in Bezug auf eine zukünftige Mission zum Mars, während andere Forschungsgruppen untersuchen, wie dieses Verfahren im medizinischen Bereich angewendet werden kann. Eine Lösung für Hirnschäden, die

9 durch suspendierte Animation verursacht werden könnten, wurde jedoch noch nicht gefunden (Tracey 2016: unpag.; Yang 2014: unpag.). Zu den Zeitreisemethoden gehört auch die Hypothese, dass, wenn man sich überlichtschnell bewegt, d.h. mit einer Geschwindigkeit, die höher als die Lichtgeschwindigkeit ist, könnte man in die Vergangenheit reisen. Laut Einstein ist es hingegen nicht möglich, die Lichtgeschwindigkeitsbegrenzung zu überschreiten. In der Tat würde dabei die Masse des Raumschiffs mit zunehmender Geschwindigkeit zunehmen. Je größer die Masse, desto größer die zum Beschleunigen erforderliche Energie. In der Nähe der Lichtgeschwindigkeit wäre die Masse enorm und demzufolge unmöglich, diejenige Energiemenge zu erreichen, die erforderlich wäre, damit das Raumschiff die Geschwindigkeit beibehält (Baraniuk 2016: unpag.; Ira Mark 2014: 97; Miklethwait 2012: 56). Die Methode der geschlossenen zeitartigen Kurven beruht auch auf Einsteins Theorien. In der Allgemeinen Relativitätstheorie ist eine zeitartige Kurve in der Raumzeit ein möglicher Weg, den ein Objekt nehmen kann. Normalerweise beginnt sie in der Vergangenheit und geht in die Zukunft über, aber, wie W.B. Bonnor erklärt, „in some spacetimes timelike curves can intersect themselves, giving a loop, or a closed timelike curve (CTC)“ (Bonnor 2003: 1705). Wenn man entlang einer solchen Kurve fährt, könnte man theoretisch in seine eigene Vergangenheit reisen bzw. „return to a point in space-time that one previously visited“ (Arntzenius u. Maudlin 2002: 177). Einstein hat nie gezeigt, dass geschlossene zeitartige Kurven existieren, aber es gibt kosmologische Lösungen von seinen Feldgleichungen, d.h. Modelle möglicher Universen bzw. Raumzeiten, die geschlossene zeitartige Kurven enthalten. Eine davon ist das rotierende und statische Universum von Kurt Gödel, in welchem by making a round trip on a rocket ship in a sufficiently wide curve, it is possible [...] to travel into any region of the past, present, and future, and back again, exactly as it is possible in [our world] to travel to distant parts of space. (Gödel 1949: 560) Theoretisch wäre es daher möglich, unter richtigen Bedingungen innerhalb des von Gödel vorgeschlagenen Universums durch die Zeit zu reisen. In der Praxis ist dies jedoch nicht realisierbar, da es unmöglich ist, die für eine solche Zeitreise erforderliche Geschwindigkeit zu erreichen (Bonnor 2003: 1705; Gödel 1949: 561; Holt 2018: 12; Horwich 1975: 432).

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Zwei weitere Lösungen für Einsteins Feldgleichungen, in welchen geschlossene zeitliche Kurven existieren können1, sind das Wurmloch und der sogenannten Alcubierr’schen Antrieb (der vom Alcubierre selbst als „Warp-Antrieb“ genannt wird, was der in der Science-Fiction verwendete Name für dieses Phänomen ist) (Alcubierre 1994: 77; Miklethwait 2012: 56-59). Das Wurmloch wurde 1916 von Nathan Rosen und Einstein selbst2 entdeckt. Man stelle sich die Raumzeit als ein Blatt Papier und zwei im Universum sehr weit voneinander entfernte Punkte als zwei Punkte – A und B –, die an den gegenüberliegenden Enden davon gezeichnet sind, vor. Wenn das Blatt so umgebogen wird, dass A und B genau übereinander sind, ist das Wurmloch der hypothetische Tunnel, der A und B verbindet. Wurmlöcher fungieren daher als Abkürzungen, dank welchen man bestimmte Punkte im Universum schneller erreichen kann, als wenn man nur im Weltraum unterwegs ist (Miklethwait 2012: 56-57; Thorne 1994: 484-486). Abgesehen von der Tatsache, dass nicht bekannt ist, unter welchen Bedingungen ein Wurmloch geschaffen werden könnte und ob Wurmlöcher überhaupt existieren, könnte es immer noch unmöglich sein, eines zu durchqueren: Direkt nach seiner Entstehung würde sich die Kehle des Wurmlochs wieder schließen, sodass es für nichts und niemanden möglich wäre, sie rechtzeitig zu überqueren. In den 1980er Jahren schlug Kip Thorne als Lösung vor, dass das Wurmloch dank der negativen Energie bzw. exotischen Materie offen gehalten werden könnte, leider ohne dementsprechenden Beweise (Gott 2002: 27-28; Thorne 1994: 486-490). Gemeinsam mit den Kollegen Michael Morris und Ulvi Yourtsever untersuchte Thorne auch die Möglichkeit, sich mit den Wurmlöchern nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich zu bewegen. In ihrem Essay „Wormholes, Time Machines, and the Weak Energy Condition“ erklären sie, wie es funktionieren würde: At T=0, the wormhole’s mouths are at rest near each other. Subsequently, the left mouth remains at rest while the right mouth accelerates to near-light speed, then reverses its motion and returns to its original location. [...] This motion causes the right mouth to „age“ less than the left as seen from the exterior. (Morris, Thorne u. Yurtsever 1988: 1447)

1 Alcubierres Modell sieht die Existenz von geschlossenen zeitlichen Kurven nicht voraus, aber Allen Everett hat eine eine leichte Veränderung an Alcubierres Idee vorgeschlagen, welche eine Raumzeit mit geschlossenen zeitlichen Kurven erlaubt (Everett 1996: 7365-7368). 2 Aus diesem Grund wird das Wurmloch auch „Einstein-Rosen-Bruck“ genannt. Der Begriff „Wurmloch“ wurde hingegen von John Wheeler geprägt (Miklethwait 2012: 56-57; Misner u. Wheeler 1947: 532). 11

Wenn man das Wurmloch von rechts nach links durchquert, würde man in die Vergangenheit reisen, aber nicht früher als T=0 (Morris, Thorne u. Yourtsever 1988: 1447; Thorne 1994: 504). Warp-Antriebe sehen hingegen lokale Verzerrungen der Raumzeit vor, die eine Ausdehnung der Raumzeit hinter einem Raumschiff und eine Kontraktion der Raumzeit davor verursachen. Dies geschieht aufgrund einer „Warp- Blase“, die das Raumschiff umhüllt. Ein äußerer Beobachter würde sehen, wie es mit einer solchen hohen Geschwindigkeit reist, sogar könnte sie höher als die Lichtgeschwindigkeit sein. Dies widerspricht jedoch Einsteins Behauptungen über die maximal erreichbare Geschwindigkeit nicht. In der Tat steht das Raumschiff innerhalb der Blase still. Es wird von der Raumzeit, welche sich weiterhin kontrahiert und ausdehnt, „pushed along“ (Millis 2018: unpag.) bzw. mitgebracht. Deshalb ist es nicht das Raumschiff, das schneller als das Licht reist, sondern die Raumzeit. Mit dieser Geschwindigkeit kann die Passagiere des Raumschiffs Punkte des Universums erreichen, die normalerweise während einer Lebensspanne nicht erreichbar sind und theoretisch könnten sie bei der Rückkehr zum demselben Zeitpunkt ihres Abflugs zurückkommen oder sich sogar noch weiter zurück in die Vergangenheit wagen. Diese Methode ist jedoch auch schwierig umzusetzen, da, um die Warp-Blase zu schaffen und eine solche Verzerrung der Raumzeit zu erzielen, exotische Materie erforderlich wäre, wie im Fall der Wurmlöcher (Alcubierre 1994: 73-77; Everett u. Roman 2012: 117-119; Miklethwait 2012: 59; Millis 2018: unpag.; Nahin 1999: 485).

2.3 Modelle der Zeitreise Es gibt drei Hauptmodelle von Zeitreisen: das feste Zeitlinien-Modell, das veränderbare Zeitlinien-Modell und das mehrere Zeitlinien-Modell. Das feste Zeitlinien-Modell behauptet, dass es nur eine Zeitlinie gibt und dass sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft fest und unveränderlich sind. Der Zeitreisende kann sich daher nur darauf beschränken, die Vergangenheit oder die Zukunft zu beobachten. Er kann zwar versuchen, Änderungen vorzunehmen, aber er muss unbedingt daran scheitern (Mantica 2015: 9-12; Miklethwait 2012: 96; Planka 2014: 10). Viele Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Zeitreisen befasst haben, unterstützen dieses Modell. In erster Linie alle Vertreter des Eternalismus (Gardner 1988: 5; Miklethwait 2012: 45). Unter ihnen ist Lewis, welcher in seinem Text „The Paradoxes of Time Travel“ behauptet, dass vergangene Ereignisse nicht verändert

12 werden können und dass daher jeder Modifikationsversuch zwangsläufig fehlschlagen muss, obwohl der Zeitreisende die körperlichen Fähigkeiten bzw. die Möglichkeiten zu handeln hat (Lewis 1976: 145-150; Wasserman 2018: 42). Ein weiterer Befürworter dieses Modells ist Paul Horwich, der die Möglichkeit des Zeitreisenden bestreitet, „a state of affairs that, as a matter of historical facts, did not occur at that time“ (Horwich 1987: 116) zu bewirken, weil es ein Widerspruch wäre. Folglich argumentiert er auch, dass etwas den Zeitreisenden daran hindern sollte, Änderungen vorzunehmen. Horwich behauptet auch, obwohl es unmöglich ist, die Vergangenheit zu ändern, dass die Zeitreisenden die Vergangenheit beeinflussen bzw. an der Vergangenheit teilnehmen können, d.h. etwas machen, dass zum Eintreten von Ereignissen führt, wie sie geschehen sind. Das Gleiche gilt für die Zukunft: Sie kann nicht verändert werden, deshalb kann kein Ereignis geschehen, was nicht geschehen wird, aber man kann eine Rolle bei der Verwirklichung eines zukünftigen Ereignisses spielen (Horwich 1987: 116). Auch im veränderbaren Zeitlinien-Modell gibt es nur eine Zeitlinie, aber, im Gegensatz zum vorigen Modell, sind Veränderungen möglich bzw. erlaubt. Beim Reisen in die Vergangenheit, nach der Änderung in der Vergangenheit selbst, wird daher die Zeitlinie „umgeschrieben“. Im Falle der Reise in die Zukunft nimmt der Zeitreisende allerdings Änderungen vor, sobald er in die Gegenwart zurückkehrt und um zu wissen, ob die Änderungen den gewünschten Effekt hatten, muss er erneut in die Zukunft reisen (Macklethwait 2012: 93-95; Planka 2014: 10). Während eine Veränderung der Zukunft im Allgemeinen keine Auswirkungen auf die Gegenwart hat3, da zukünftige Ereignisse noch nicht stattgefunden haben, könnte eine kleine (auch unfreiwillige) Veränderung in der Vergangenheit zu unvorstellbaren Konsequenzen führen bzw. eine ganz andere Gegenwart hervorbringen als die, aus welcher der Zeitreisende gereist ist. Die Konsequenz dieser Möglichkeit ist der „Schmetterlingseffekt“, ein Ausdruck, welchen der Meteorologe Edward Lorenz in den 1960er Jahren vorschlug und welcher der folgenden Idee entspringt: „the beat of a butterfly’s wings on one side of the world would eventually cause a storm on the other“ (Flam 2012: unpag.). Die Auswirkungen, die eine kleine Veränderung verursachen kann, hängen jedoch von der Ankunftszeit und dem Ankunftsort des Zeitreisenden sowie von den in der Vergangenheit durchgeführten Aktionen ab. Es

3 Außer wenn in der Zukunft etwas passiert, das die Gegenwart beeinflussen kann, z.B. wenn jemand stirbt oder verletzt wird. 13 kann jedoch auch vorkommen, dass die Änderung keine Auswirkungen auf die Gegenwart hat (Flam 2012: unpag.; Gleick 2016: 208-209; Miklethwait 2012: 81-82; Planka 2014: 10). Das dritte Modell, nämlich das mehrere Zeitlinien-Modell, basiert auf der im Jahr 1957 von Hugh Everett III. vorgeschlagenen „many-worlds interpretation of quantum mechanics“ (Gott 2002: 14). Es sieht vor, dass sich die Zeitlinie des Zeitreisenden ändern kann und jede Modifikation führt zu einer Verzweigung der Zeitlinie. In einer bleibt der Ablauf der Ereignisse unverändert und in der anderen wird er hingegen verändert. Im Gegensatz zum zweiten Modell wird deshalb in diesem Fall die ursprüngliche Zeitlinie nicht gelöscht und es ist möglich, zur ursprünglichen bzw. unveränderten Zeitlinie zurückzukehren und alles so zu finden, wie es geblieben ist. Dazu sollte jedoch die Möglichkeit bestehen, von einer Zeitlinie zur anderen zu wechseln (Deutsch u. Lockwood 2016: 379; Gardner 1988: 7-8; Gott 2002: 13-15; Mantica 2015: 10, 15-16; Miklethwait 2012: 64-66; Pickover 1998: 82- 84).

2.4 Die Paradoxa der Zeitreise Es gibt viele Paradoxa, die sich auf Zeitreisen bzw. Reisen in die Vergangenheit4 beziehen, aber nur die wichtigsten werden in diesem Kapitel erläutert. Die erste Kategorie von Paradoxa ist jene der Konsistenz-Paradoxa, welche zeigen, dass eine Veränderung der Vergangenheit, wenn auch minimal, eine Reihe von Ereignissen auslösen könnte, die nicht mit dem tatsächlich Geschehenen bzw. mit der wahren Geschichte übereinstimmen, die der Zeitreisende kennt (Arntzenius 2002: 606; Arntzenius u. Maudlin 2006: 170). Das berühmteste und am meisten erwähnte davon ist das Großvaterparadoxon. Dieses Paradoxon kann wie folgend zusammengefasst werden: Ein Zeitreisender reist in die Vergangenheit, um seinen Großvater als junger Mann umzubringen, und zwar bevor der Letztere ein Kind, nämlich einen Elternteil des Zeitreisenden, bekommt. Da er die Geburt seines Vaters bzw. seiner Mutter verhindert hat, verhindert der Zeitreisende infolgedessen auch seine eigene. Und da er nicht geboren wurde, kann er nicht in die Vergangenheit reisen, um seinen Großvater zu töten. Die unvermeidliche Folge ist, dass der Großvater nie getötet wurde, deshalb wird der Zeitreisende geboren, wächst auf, kann in die Vergangenheit reisen und den Großvater erneut töten, usw. (Planka 2014: 29). Die gleichen Folgen

4 Die Reise in die Zukunft ist hingegen paradoxerfrei. 14 würden sich mit der Ermordung des jüngeren Ichs (d.h. Autoinfantizid) oder eines anderen Vorfahrens ergeben, wie im Falle von Nat Schachners „Ancestral Voices“ (1933), der erste literarische Text, wo dieses Paradoxon ausführlich behandelt wird (Mantica 2015: 5; Nahin 1999: 286-288; Webb 2017: 121). Eine Variante des Großvaterparadoxons besteht darin, dass ein Zeitreisender in die Vergangenheit reist, um Hitler als Kleinkind zu töten und somit den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bzw. den Holocaust zu verhindern. Die Umsetzung des Plans hat jedoch zur Folge, dass es eben keinen Grund gäbe, wofür der Protagonist durch die Zeit reisen würde (Koberlein 2015: unpag.). Nach vielen Meinungen könnte es die Ermordung des eigenen Großvaters, von Hitler oder des eigenen jüngeren Ichs nur im Falle vom dritten Zeitreisemodell geben, ohne ein Konsistenz-Paradoxon zu schaffen. Da würde eine neue alternative Zeitlinie bzw. Realität entstehen, während die ursprüngliche Zeitlinie weiterhin existieren würde (Deutsch u. Lockwood 2016: 379; Gardner 1988: 8; Lewis 1976: 152; Miklethwait 2012: 65-66). Das Prädestinationsparadoxon beruht hingegen auf der Existenz von Kausalschleifen, d.h. Abfolgen von Ereignissen, bei welchen jedes Element Ursache des nächsten und das Letzte die Ursache des ersten ist (Rea 2014: 78; Wasserman 2018: 146). Der Zeitreisende scheint die Vergangenheit zu ändern, doch in Wirklichkeit beeinflusst seine Anwesenheit in der Vergangenheit keineswegs den Verlauf der Geschichte, sondern ist von Anfang an eine unvermeidliche Tatsache. Der Zeitreisende ist daher irgendwie dafür prädestiniert, in die Zeit zurückzureisen und auf bestimmte Art und Weise zu handeln, sodass die Geschichte wie bereits erwartet abläuft bzw. seine Zeitlinie in sich konsistent ist. Im Laufe der Erzählung kann er sogar für ein Ereignis verantwortlich werden, das er vorher verhindern wollte. Ein weiteres Beispiel eines Prädestinationsparadoxons ist folgendes: Ein Mann erhält Informationen oder bekommt Besuch von jemandem, der aus der Zukunft kommt und etwas über ein zukünftiges Ereignis verrät, z.B. den Tod eines geliebten Menschen oder den Bankrott des Familienunternehmens. Beim Versuch, dies zu verhindern, provoziert der Mann eben dieses Ereignis. Auch in diesem Fall gibt es deshalb eine Art Prädestination und man kann sogar von einer selbsterfüllenden Prophezeiung sprechen (Miklethwait 2012: 5, 62-63). Auch ein anderes wichtiges Paradoxon, ist das sogenannte ontologische Paradoxon, auch als Informationsparadoxon oder Bootstrap-Paradoxon bekannt, kann innerhalb einer Kausalschleife auftreten (Everett u. Roman 2012: 136; Smeenk

15 u. Wüthrich 2011: 581; Visser 1996: 212). Das ontologische Paradoxon besteht darin, dass ein Objekt (oder eine Information) sich innerhalb der Kausalschleife durch die Zeit bewegt, obwohl nicht klar ist, woher es kommt. Ein klassisches Beispiel ist folgendes: Jemand reist in die Vergangenheit, trifft sein jüngeres Ich und erklärt ihm, wie man die Zeitmaschine baut. Jahre später baut der Letztere tatsächlich die Zeitmaschine, reist in die Vergangenheit, um seinem jüngeren Ich zu erklären, wie man sie baut. Das Problem ist: Wer hat die Zeitmaschine erfunden? Nicht der Zeitreisende, weil er bloß den von sich selbst erhaltenen Anweisungen gefolgt ist. Der Erfinder ist deshalb unbekannt und die Anweisungen scheinen „from nowhere“ (Smith 2018: unpag.) zu kommen. Eigentlich ist das ontologische Paradoxon eine Art von Prädestinationsparadoxon, weil der Zeitreisende dafür prädestiniert, in die Vergangenheit zu reisen und sein jüngeres Ich zu treffen. In den beiden letzten Paradoxa gibt es, im Gegensatz zum Konsistenz-Paradoxon, keine Änderung in der Geschichte und alle Ereignisse, die in den Kausalschleifen enthalten sind, stimmen mit der Zeitlinie überein, weil sie schon immer Teil davon waren (Everett u. Roman 2012: 136-137; Lewis 1976: 149; Lobo u. Crawford 2003: 291; Smith 2018: unpag.; Visser 1996: 212-213).

3. Die Zeitreiseliteratur Zugrunde jedes literarischen Textes5 mit einer Zeitreise liegt eine Person (oder eine Gruppe von Menschen), die zufällig oder mit Absicht von ihrer eigenen Gegenwart ausgeht und mit dem Körper oder dem Geist in die Vergangenheit oder in die Zukunft reist. In einigen Fällen kann auch ein Gegenstand oder eine Information, welche z.B. in einem Brief oder in einer Zeitung enthalten wird, durch die Zeit reisen (Ackerman 1973: 36; Nahin 1999: 4). Meistens reist der Protagonist (oder mehrere Protagonisten) am Anfang des Romans bzw. der Kurzgeschichte in die Vergangenheit oder in die Zukunft, dort erlebt er mehrere Abenteuer und kehrt am Ende in die Gegenwart zurück oder bleibt in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Andermal reist er mehrmals in denselben Zeitpunkt oder mehrmals in mehrere Zeitpunkte und dazwischen bleibt in der Gegenwart (Lehnert-Rodiek 1987: 22-25; Planka 2014: 10).

5 Die Überlegungen in diesem Kapitel gelten auch für Filme und Fernsehserien mit Zeitreisen, aber diese werden aus Platzgründen in dieser Masterarbeit nicht berücksichtigt. 16

Da die Zeitreise noch nicht Realität ist, erleben Autoren, die sich mit diesem Thema beschäftigen, volle literarische Freiheiten und, wie Connie Willis, Autorin vieler Zeitreiseromane, behauptet, sie können „actually do whatever [they] want“ (zitiert in Mayer 2014: unpag.). Das Thema kann in allen literarischen Gattungen verwendet werden, außerdem ist die Liste der Zeitreisemethoden, wie in Kapitel 2.2 gezeigt wurde, praktisch unendlich und immer Neues wird hinzugefügt. Auch die Gründe für Zeitreisen können vielfältig sein. Unter ihnen ist vor allem die Neugierde zu nennen, vergangene oder zukünftige Gesellschaften und deren Kultur, die sehr unterschiedlich von seiner selbst sind, kennenzulernen oder sogar einzelne Veranstaltungen zu besuchen – genau wie Touristen6 – und, im Falle von Reisen in die Zukunft, um zu sehen, wie sich die Welt bzw. die Menschheit entwickeln wird. Manchmal reist man durch die Zeit, auch um ein Ereignis aufzuzeichnen oder um eine berühmte Persönlichkeit aus der Vergangenheit zu treffen, manchmal sogar zu fotografieren, oder um alte Epochen oder historische Figuren zu studieren. Andere Gründe können sein: die Begegnung mit einem Vorfahren; das Sammeln von Informationen oder Gegenständen, die in der Gegenwart nützlich sind bzw. sein können, möglicherweise im Rahmen eines Geheimprojekts; das Ändern der Vergangenheit, um ein Problem in der Gegenwart zu lösen oder um einen Fehler zu korrigieren; das Sehen, wie sich eine Tatsache in der Gegenwart in der Zukunft entwickeln wird; das Nutzen vom zukünftigen Wissen für einen finanziellen Gewinn, zum Beispiel um im Lotto zu gewinnen, oder für einen politischen bzw. militärischen Zweck. Da handelt es sich um eine geplante Zeitreise, in vielen anderen Fällen sind die zeitlichen Sprünge jedoch eher zufällig, deshalb ohne genauen Zweck (Miklethwait 2012: 75-76; Pickover 1998: xiv; Planka 2014: 10). Die Absichten des Autors können auch verschieden sein. Die Reise in die Vergangenheit ermöglicht ihm, die gegenwärtige Gesellschaft mit der Vergangenen zu vergleichen, die Größe der Letzteren zu preisen sowie auch sich vorzustellen, wie die Menschen zu der Zeit lebten, und den Leser zu einer kritischen Reflexion zu bewegen (Armer u. Jeschke 1994: 783). Auf ähnliche Weise spekuliert er im Fall der Reise in die Zukunft über die Zukunft selbst und hinter einer bestimmten Darstellung liegt oftmals ein Kommentar bzw. eine Kritik an der heutigen Welt und Gesellschaft sowie auch an gegenwärtigen aktuellen Problemen, die in der Zukunft zu einer negativen, sogar katastrophalen Situation führen könnten. Zum Beispiel in seiner berühmtesten Arbeit

6 In einigen Romanen sind Menschen, die durch die Zeit reisen, als Zeittouristen dargestellt. 17

über Zeitreisen, The Time Machine, wollte H.G. Wells die viktorianische Gesellschaft und ihr Klassensystem kritisieren. Er beschrieb eine sehr ferne dystopische Zukunft, nämlich das Jahr 802.701, in welchem die Menschheit in Eloi, d.h. jene, die einst Mitglieder der Oberschicht waren, und in Morlocks, d.h. monströse Fleischfresser, die einst die Arbeiterklasse waren, aufgeteilt ist. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die beiden Klassen zu zwei verschiedenen Arten und die Gesellschaft drehte sich um: Die Morlocks sind nicht mehr den Eloi unterworfen, sondern ernähren sich von ihnen (Lee 2009: 17). Willis weist auch darauf hin, dass es den Autoren freisteht zu entscheiden, welches Zeitreisemodell er verwenden will, ob seine Charaktere den Ablauf der Ereignisse ändern und überhaupt Ereignisse verhindern oder beeinflussen können, wie Horwich vorschlägt, oder ob sie sich darauf beschränken müssen, die Entwicklung von Ereignissen zu beobachten (Mayer 2014: unpag.). Es ist aber nicht immer klar, ob es sich um das zweite oder das dritte Modell handelt. Wie bereits erwähnt, erlaubt das dritte Modell, den Ablauf der Ereignisse zu verändern, jedoch ohne Konsistenz-Paradoxa zu schaffen. Beim zweiten Modell können hingegen Konsistenzfehlern bzw. -Paradoxa leicht auftreten. Während manche Autoren Erklärungen für die darauf folgenden inkonsistenten Situationen geben, ignorieren viele die Konsistenz-Paradoxa. Andere, wie z.B. René Barjavel in Le voyageur imprudent (1944), spielen sogar mit ihnen, um die möglichen Auswirkungen aufzuzeigen. In den Werken, in welchen das zweite Zeitreisemodell verwendet wird, entsteht häufig die folgende paradoxale Situation: Nach der Veränderung der Vergangenheit sollte der Zeitreisende theoretisch die mit der ursprünglichen Vergangenheit verbundenen Erinnerungen sofort verlieren und sie durch andere ersetzen, die mit der neuen Vergangenheit verknüpft sind, dennoch passiert es nicht. Der Autor verwendet die sogenannte „personal dissociation from history“ (Elder 2009: 13), um die Charaktere auf die Konsequenzen aufmerksam zu machen, die durch ihr Eingreifen verursacht wurden und, falls die Änderungen gewünscht waren, auf den Grund, aus dem sie zum Handeln veranlasst wurden (Elder 2009: 13). In der Literatur gibt es häufige Begegnungen zwischen dem Zeitreisenden und seinem jüngeren Ich (bei einer Reise in die Vergangenheit) oder seinem älteren Ich (bei einer Reise in die Zukunft). Abhängig des vom Autor gewählten Zeitreisemodells ist dieses Treffen immer vorgekommen und daher hat das ältere Ich Erinnerungen von diesem, oder es kann eine Änderung der Zeitlinie mit sich bringen

18 und wichtige Konsequenzen für den Verlauf nachfolgender Ereignisse haben. Deshalb versuchen die Charaktere in Zeitreiseromanen und -kurzgeschichten oft, dieses Treffen zu vermeiden. Es gibt jedoch einige Autoren, die stattdessen die Unmöglichkeit ausschließen, dass es mehr als eine Version desselben Individuums zur gleichen Zeit geben können. Wenn jemand durch die Zeit reist, ersetzt er deshalb eine andere Version von sich selbst, die sich in diesem Zeitpunkt befindet, wie dies z.B. im ersten Band von J.P. Beaubiens Buchreihe Aeon Legion, Labirinth (2016), oder, wie in der Buchreihe Dragonriders of Pern (seit 1968) von Anne McCaffrey, ihrem Sohn Todd und ihrer Tochter Gigi (Wasserman 2018: 184-217). Unter den Schwierigkeiten, auf die die durch die Zeit reisenden Charaktere stoßen können, gibt es, neben der kulturellen, die sprachliche Hürde. Tatsächlich bleibt keine Sprache im Laufe der Zeit immer gleich, sondern sie ist den Änderungen der Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und Lexikon ausgesetzt (Murray 1998: 253-282). Darüber hinaus sterben einige alte Sprachen im Laufe der Zeit aus und andere werden neu erfunden. Dies könnte zu Missverständnissen zwischen dem Zeitreisenden und den Menschen der Vergangenheit oder der Zukunft führen. Viele Autoren ignorieren dieses Problem, während einige es z.B. auf folgende Weise lösen: Sie stellen sicher, dass ihr Charakter einige Kenntnisse, auch rudimentäre, der Sprache hat (z.B. in Lest Darkness Fall (1939) von L. Sprague de Camp kann der Zeitreisende vulgäres Latein verstehen, weil er bereits Italienisch und klassisches Latein beherrscht), sie suchen eine Sprache aus, die ziemlich leicht zu lernen oder nicht so verschieden von der des Zeitreisenden ist, sie geben dem Zeitreisenden einen Übersetzer, entweder in Form einer Person oder eines Apparats (z.B. in Timeline (1999) von Michael Crichton haben die Charaktere ein Gerät, das die Wörter anderer übersetzt, aber nicht ihre eigenen) oder machen sie das Verständnis zwischen Menschen verschiedener Zeiten durch die Magie oder anderen fantastischen Hilfsmitteln möglich (Lehnert-Rodiek 1987: 201; Planka 2014: 96).

3.1 Die Geschichte der Zeitreiseliteratur In den nächsten Kapiteln wird die Geschichte bzw. die Entwicklung der Zeitreiseliteratur von ihren Anfängen bis heute behandelt. Da in den letzten Jahrhunderten viele Romane und Kurzgeschichten zu diesem Thema veröffentlicht wurden, ist es klar, dass diese Kapitel aus Platzgründen nicht alle Werke enthalten können, deshalb werden nur die wichtigsten oder die interessantesten davon genannt.

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Aus demselben Grund werden nur diejenige berücksichtigt, welche in Europa und in der Vereinigten Staaten veröffentlicht wurden. Für die Suche der Werke wurden The Encyclopedia of , The Encyclopedia of Fantasy, Historical Dictionary of Science Fiction Literature und die Webseite Time-Travel Fiction als Quellen verwendet.

3.1.1 Die Ursprünge der Zeitreiseliteratur: vor dem 19. Jahrhundert Der Ursprung der Zeitreiseliteratur ist umstritten, weil die verschiedenen Forscher darüber unterschiedliche Meinungen haben. Einige behaupten, dass es vor Ende des 19. Jahrhunderts nur einige Hinweise auf die Zeitreise gab, aber keinen Text mit einem Fokus auf dieses Thema (Bigelow 2001: 77). Andere erkennen hingegen auch frühere Texte als integralen Bestandteil dieser Literatur an. Diesem Gedankengang folgend soll das Exemplum XI von Don Juan Manuel als erster Text betrachtet werden, der von einer Zeitreise erzählt. Es gehört der Sammlung El conde Lucano, welche zwischen 1328 und 1335 in der alten kastilischen Sprache geschrieben und 1575 erstmals veröffentlicht wurde (Campana 2005: 5; Kilburn Spaulding 1943: 73). Das Exemplum XI erzählt von einem Dekan, welcher den Magier don Illán bittet, ihm Magie beizubringen. Der Letztere stimmt zu, obwohl er spürt, dass der Mann undankbar sein wird. Später übernimmt der Dekan mit der Hilfe des Magiers verschiedene Rollen in der Kirche, bis er Papst wird. Er ignoriert weiterhin alle Forderungen des Magiers und droht ihm sogar mit der Verhaftung. An diesem Punkt angelangt spielt sich die Zeit zurück: Der Papst befindet sich wieder als Dekan im Haus des Magiers und dieser jagt ihn fort. Es gibt zwei mögliche Interpretationen für diese Geschichte: Nach der ersten sind die Ereignisse, die nach der zwischen den beiden Protagonisten entschlossenen Vereinbarung geschehen, einfach nur das Ergebnis einer vom Magier provozierten Vision; nach der zweiten, die für diese schriftliche Arbeit interessanter ist, reisen die Protagonisten am Ende des Exemplums in die Vergangenheit und der Magier verändert die Zukunft, indem er den Dekan wegschickt (Hamilton 2011: 152-153). In späteren Jahrhunderten entwickelte sich die menschliche Phantasie dank den Entdeckungsreisen in Übersee und den Entdeckungen im wissenschaftlichen Bereich und die Weltliteratur profitierte auch davon. Zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert hatte die Literatur einen großen Durchbruch: das Aufkommen der literarischen Form des modernen Romans in verschiedenen europäischen Staaten, neuer Gattungen und

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Themen, ein unveröffentlichtes Interesse für die Lebenserfahrungen des gewöhnlichen Menschen und ein „preoccupation with circustantial ‚realism‘“ (Nisbet u. Rawson 1997: xv). Deshalb ist es nicht überraschend, dass das nächste Beispiel für Zeitreiseliteratur aus dem Jahr 1733 stammt. Es handelt sich dabei um den satirischen Briefroman Memoirs of the Twentieth Century von Samuel Madden. Hier geht es jedoch nicht um eine Person, die in die Zeit reist, sondern um Briefe, welche von englischen Botschaftern in verschiedenen Teilen der Welt zwischen 1997 und 1998 geschrieben oder erhalten wurden. Wie der Erzähler erklärt, erhielt er diese Briefe von seinem Schutzengel, übersetzte sie in ein für den Leser des 18. Jahrhunderts verständliches Englisch und veröffentlichte sie in einem einzigen Band. Auf diese Weise kann der Protagonist, und folgend auch der Leser, die Zukunft erfahren und mit den Gedanken „besuchen“. In den von Madden vorgestellten 1990er Jahren hat sich im Vergleich zum 18. Jahrhundert nicht viel verändert, mit der Ausnahme, dass die Jesuiten die Welt kontrollieren (Alkon 2014: 27-9). Wie Paul K. Alkon darauf aufmerksam macht, obwohl Memoirs of the Twentieth Century einer der ersten literarischen Texte war, der sich mit dem Thema Zeitreise befasste und eine mögliche Zukunft darstellte, hatte der Roman keinen großen Einfluss auf die späteren Texte derselben Gattung. Er wurde in der Tat wenig bekannt, auch weil der Autor die meisten vorhandenen Exemplare kurz nach der Veröffentlichung zerstörte und nur wenige blieben im Umlauf (Alkon 2014: 25-26). Einen ganz anderen Erfolg erhielt L’An 2440, rêve s’il en fut jamais (1770/1771) des französischen Schriftstellers Louis-Sébastien Mercier. Im Gegensatz zu Maddens Roman reist in diesem Fall eine Person in die Zukunft und die Zeitreise erfolgt durch den Schlaf. Tatsächlich schläft der Protagonist 1769 ein, wacht fast siebenhundert Jahre später auf und besucht das Paris des Jahres 2440, welches als „Intellektuellenparadies“ (Koselleck 2006: 257) dargestellt wird und auf einem utopischen Sozialmodell basiert. Die Zeitreise, die im Roman beschrieben wird, kann als ein einfacher Traum betrachtet werden. In der Tat wacht der Protagonist am Ende des Romans wieder auf, nachdem er von einer Schlange gebissen wurde (Koselleck 2006: 256-259; Planka 2014: 9). Zehn Jahre später erschien ein weiteres Werk mit einer Zeitreise, nämlich das im Jahre 1781 geschriebene Theaterstück Anno 7603 von Johan Herman Wessel, welcher in Norwegen geboren wurde, aber die meiste Zeit in Dänemark lebte. Das Theaterstück erzählt von einem Liebespaar, das von einer Fee ins Jahre 7603

21 gebracht wird, wo es eine Gesellschaft mit umgekehrten Geschlechterrollen gibt. Anno 7603 wurde nie aufgeführt und hatte wenig Erfolg (Bigelow 2001: 80-81; Clute u.a. 2019: unpag.; Time-Travel Fiction 2017: unpag.).

3.1.2 Zeitreiseliteratur im 19. Jahrhundert Einer der ersten Texte des 19. Jahrhunderts, die von Zeitreisen erzählen, ist die Kurzgeschichte „Rip Van Winkle“ (1819) von Washington Irving, die wiederum von einem deutschen Märchen inspiriert wurde. Der Protagonist verbringt eine Nacht mit Gespenstern uralter Holländer und fällt danach in einen zwanzig Jahre langen Schlaf. Beim Aufwachen entdeckt er, dass sich alles verändert hat: Die amerikanische Revolution hat stattgefunden, sein Dorf ist größer geworden und seine Frau lebt nicht mehr (Howe 2015: 10-18). In den folgenden Jahren wurde noch sehr oft der Schlaf als Ausweg genutzt, um dem Protagonisten bezweifeln zu lassen, dass die Zeitreise nur ein Traum sei. Zum Beispiel, in der Kurzgeschichte „An Anachronism; or, Missing One’s Coach“ eines anonymen Autors, welche 1838 im Dublin University Magazine veröffentlicht wurde, setzt sich der Protagonist unter einen Baum, um auf seine Kutsche zu warten, schläft wahrscheinlich ein und reist mehr als tausend Jahre in die Vergangenheit7. Dort trifft er Bede den Ehrwürdigen, mit welchem er sich über die Zukunft unterhält (Bigelow 2001: 80). Nach der Erkletterung einer Wand befindet sich der Protagonist jedoch wieder in der Gegenwart. Sogar die Geschichte, die Charles Dickens in A Christmas Carol (1843) erzählt hat, könnte als bloßer Traum interpretiert werden: Ebenezer Scrooge erhält tatsächlich in der Heiligabendnacht Besuch von drei Geistern, die ihm seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zeigen, um ihn verständlich zu machen, welche Konsequenzen sein Geiz und sein Desinteresse an seinen Nächsten haben. Dieses Ergebnis wirkt sich jedoch positiv auf Scrooge aus, weil er später zu einem gütigen und wohltätigen Mann wird (Toomey 2007: 25). In Le monde tel qu’il sera (1846) des französischen Schriftstellers Émile Souvestre werden hingegen die Pariser Liebhaber Marthe und Maurice, die sich nach der Zukunft der Welt fragen, in den Schlaf versetzt – einen tiefen Schlaf, der wie der Tod scheint – und wachen im Jahr 3000 auf. Die Zukunft ist jedoch enttäuschend: Die Gesellschaft basiert auf Individualismus und sozial bedingte Ungleichheit, während wichtige Werte wie

7 Anscheinend ist „An Anachronismus“ der erste Text, in welchem der Protagonist in die Vergangenheit reist (Time-Travel Fiction 2017: unpag.). 22

Liebe und Solidarität verschwunden sind. Souvestre wollte die negativen Folgen des Fortschritts, der Industrialisierung und des Kapitalismus aufzeigen, die sich im 19. Jahrhundert bereits zu entwickeln begonnen hatten (Alkon 2002: 63; Boeglin 2017: unpag.; Stiénon 2015: 115; Versins 1972: 822-823). Ein anderes Werk, in welchem eine Zeitreise mittels Träume stattfindet, ist das Theaterstück des ungarischen Schriftstellers Imre Madách, Az ember tragédiája (1861). Nach der Vertreibung aus dem Garten Eden, lässt Luzifer Adam und Eva einschlafen und zeigt ihnen die verschiedenen Stadien der Geschichte der Menschheit bis zu einer fernen und fast apokalyptischen Zukunft, in welcher die Sonne gerade erlöscht und die Menschheit kurz vor Aussterben ist. Zwei weitere Romane dieses Jahrhunderts, die diese Zeitreisemethode verwenden, sind Looking Backward: 2000-1887 (1888) von Edward Bellamy und News from Nowhere von William Morris (1890). In beiden fällt der Protagonist in einen tiefen Schlaf (im ersten Fall durch Hypnose induziert) und wacht in einer utopischen Zukunft wieder auf. Die zukünftige Gesellschaft, welche in den beiden Romanen dargestellt wird, ist jedoch sehr unterschiedlich: Bei Bellamy ist sie eine Industrie-, bei Morris eine Agrargesellschaft. Ein anderes Merkmal, welches ein Werk von dem anderen unterscheidet, ist die Tatsache, dass Bellamy seinen Protagonisten in der Zukunft bleiben, während Morris ihn in die Gegenwart zurückkehren lässt (Ahmad 2009: 36-40; Celaya Villanueva 1988: 222-224; Stableford 2004: 26). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Zeitreise in die Vergangenheit literarisch immer mehr verwendet. Zum Beispiel, in Pierre Boitards Paris avant les hommes (1861) wird der Protagonist durch die Magie eines lahmen Dämons in die Vorgeschichte gebracht, in welcher er ausgestorbene Tiere und sogar einen von Boitard vorgestellten Menschenvorfahren sieht, den homme fossile (Time- Travel Fiction 2017: unpag.). In die Vergangenheit landet auch der Protagonist von A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court von Mark Twain (1889), jedoch in einer nichtangegebenen Weise, nachdem er einen Schlag auf den Kopf erhalten hatte (Stearns 1998: 23; Toomey 2007: 25). Am Ende des Romans wird er 1300 Jahre lang mit einem Zauber in den Schlaf versetzt und kehrt somit ins 19. Jahrhundert zurück (Stearns 1998: 57). Um 1860 begannen Werke zu erscheinen, deren Autoren versuchten, Zeitreisen und die damit verbundenen Phänomene konkreter bzw. weniger einfallsreich darzustellen, obwohl sie noch nicht wissenschaftlich beweisbar waren. In dieser Zeit

23 erlebte Europa tatsächlich eine Epoche von Entdeckungen und Erfindungen im Bereich der Technik, der verschiedenen Wissenschaften und der Transporte und das spiegelte sich auch in der Literatur wider (Barton 1987: 48-50; Landes 2003: 4; Toomey 2007: 27). Beispielsweise schrieb der italienische Schriftsteller Ippolito Nievo im Jahre 1860 einen kurzen Roman, Storia filosofica dei secoli futuri fin all'anno E. V. 2222 ovvero fino alla vigilia incirca della fine del mondo (1860), in welchem, wie im Samuel Maddens Werk, Wörter bzw. Informationen durch die Zeit reisen. In diesem Fall haben jedoch Art und Weise, wodurch der Protagonist diese Schrift erhält, keine magische bzw. übernatürliche Erklärung, sondern eine wissenschaftliche, wenn auch eine eigenartige: Mit einem chemischen Prozess lässt der Erzähler, Ferdinando de’ Nicolosi, die von Vincenzo Bernardi von Gorgonzola geschriebenen Worte auf einigen Papierblättern erscheinen. Gorgonzola berichtet alle geschichtlichen Ergebnisse vom Jahre 1859 bis zu seiner Gegenwart, das Jahr 2222. Wie in Memoirs of the Twentieth Century kann der Protagonist daher durch die gelesenen Worte die Zukunft besuchen (Nievo 2012: 108). Noch repräsentativer für diese Epoche der Revolution sind jene Werke, in welchen jemand mittels eines Geräts durch die Zeit reist. Obwohl es oft nicht erklärt wird, wie sie auf technisch-wissenschaftlicher Ebene funktionieren, stellten diese Maschinen eine konkrete zukünftige Möglichkeit für die Leser des späten 19. Jahrhunderts dar (Toomey 2007: 27). Man behauptet oft, dass der erste literarische Text mit einer Zeitmaschine The Time Machine von H.G. Wells sei, doch es gibt einige Vorgänge: In Newtonův mozek (1877) lässt der tschechoslowakische Autor Jakub Arbes seine beiden Protagonisten dank einem riesigen Dreieck, das sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen kann, in die Vergangenheit reisen (wenn der Ich- Erzähler wieder aufwacht, fragt er sich selbst, ob es nicht nur ein Traum war) (Bažant, Bažantová u. Starn 2010: 194; Schenkel u. Welz 2007: 36-37); in „The Clock That Went Backward“ (1881) stellt sich hingegen Edward Page Mitchell vor, dass eine Uhr die Zeit zurücksetzen kann und ihre Besitzer in die Vergangenheit reisen lässt, sodass diese eine Rolle in der Verteidigung von Leyden vor der spanischen Belagerung haben können8 (Nahin 1999: 55; Time-Travel Fiction 2017: unpag.; Toomey 2007: 26); im Roman El anacronópete (1887) schickt der spanische Schriftsteller Enrique Gaspar y Rimbau mit der vom Wissenschaftler Don Sindulfo

8 Diese Kurzgeschichte wird als erstes Beispiel eines Zeitreiseparadoxons in der Literatur betrachtet (Nahin 1999: 55). 24 gebauten Zeitmaschine – einer Art riesigen Schiffes – eine heterogene Gruppe von Menschen durch die Vergangenheit und in die Welt und gibt eine sehr detaillierte Beschreibung der Funktionsweise der Maschine. Das Abenteuer entpuppt sich zum Schluss jedoch nur als ein Traum von Don Sindulfo (Roberts 2016: 158). Der Wendepunkt für die Zeitreiseliteratur kam jedoch im folgenden Jahr – 1888 –, in welchem H.G. Wells die Kurzgeschichte „The Chronic Argonauts“ in drei Teilen im Science Schools Journal veröffentlichte. Es geht um die Geschichte eines Erfinders, der dank einer Metallplattform mit gekrümmtem Hebel durch die Zeit reisen kann (Gleick 2016: 29). Aus dieser Geschichte übernahm er die Ideen für The Time Machine (1895). Ein anonymer Zeitreisende erzählt hier, dass er mit Hilfe einer von ihm selbst erfundenen Zeitmaschine ins Jahr 802.701 reiste, wo, wie bereits in Kapitel 3.1 erläutert, die Menschheit in Eloi und Morlock unterteilt ist. Um diese Zukunft darzustellen, lies sich Wells zwar von der Evolutionstheorie von Charles Darwin inspirieren und stellte „a situation that seems more like a case of reverse evolution toward lesser intelligence“ (Alkon 2002: 50) dar (Alkon 2002: 50-51; Hey u. Pápay 2015: 334). Darüber hinaus behauptet der Zeitreisende am Beginn des Romans: „There is no difference between Time and any of the three dimensions of Space except that our consciousness moves along it“ (Wells 2016: 4). Wells glaubte deshalb, dass die Zeit neben der Länge, Breite und Höhe die vierte Dimension war und nahm damit die diesbezüglichen Theorien von Albert Einstein vorweg (Gardner 1988: 2; Gott 2002: 5; Toomey 2007: 27). Um die Jahrhundertwende gab es die vollständig konsolidierte Idee, dass die Zeitreise möglich sei und viele Autoren begannen, immer außergewöhnlichere und komplexere Geräte vorzuschlagen. Trotzdem hörten sie nicht auf, übernatürliche bzw. fantastische Methoden der Zeitreise in ihren Werken einzuarbeiten. Ein Beispiel dafür ist H.G. Wells The Sleeper Awakes, welches vier Jahre nach The Time Machine veröffentlicht wurde und dessen Protagonist mehr als zweihundert Jahre lang schläft (Clute u.a. 2019: unpag.).

3.1.3 Zeitreiseliteratur im 20. Jahrhundert Im 20. Jahrhundert gab es „a veritable plague of time travel fictions“ (Bigelow 2001: 77), worin alle Möglichkeiten und Theorien berücksichtigt wurden, die mit Zeitreisen verbunden sind. Die Zeitreisemethoden haben sich allmählich

25 vervielfacht. Nach dem Erfolg von The Time Machine9 fiel die Wahl der Autoren immer häufiger auf eine Zeitmaschine, der jeder eine unterschiedliche Form und Funktionalität zuschreibt. Für manche ist es ein besonderes Gerät, für andere ähnelt es einem gewöhnlichen Objekt, z.B. eine Gürtel, wie in „Timebelt“ von David Gerrolds The Man Who Folded Himself (1973) (Gleick 2016: 230). Joël Houssin hat sich stattdessen entschieden, die Figuren seines Romans Le temps du twist (1990) mit einem Auto durch die Zeit reisen zu lassen, genau wie in den Back to the Future Filmen (Dordain 2014: 204). In den ersten Jahrzehnten traten jedoch die in der Zeitreiseliteratur des 19. Jahrhunderts bereits vorhandenen Methoden immer noch auf. Eine davon ist der Schlaf bzw. der Verlust des Bewusstseins, der dem Protagonisten erlaubt, in die Zukunft zu reisen. In manchen Fällen versucht der Autor eine Erklärung bzw. eine (fast)wissenschaftliche Grundlage dafür zu geben, in anderen liefert er keine Details dafür. In Im Reiche der Homunkuliden (1910) des österreichischen Autors Rudolf Hawel hat Professor Voraus nach jahrelangen Forschungen herausgefunden, wie er einen Menschen mit intakten Körperfunktionen in eine Art Winterschlaf versetzen kann. Er entscheidet, seine Entdeckung an sich selbst zu testen, und somit schlafen er und sein Diener zweitausend Jahre lang (Clute u.a. 2019: unpag.). Obwohl man zwar aus seiner Rede im ersten Kapitel erahnt, dass die Entdeckung mit der Unterbrechung „der elektronischen Ströme, die die Zellen des Tier- und Menschenkörpers beleben“ (Hawel 2011: 13), zu tun hat, wird nichts Weiteres detailliert erklärt: weder die durchgeführten wissenschaftlichen Experimente, noch die Methoden, durch welche der lange Schlaf induziert wird, noch die Art und Weise, nach welcher Körper so lange erhalten bleiben können. Völlig unerwünscht und wissenschaftlich unerklärlich ist hingegen der Bewusstseinsverlust für ca. fünfhundert Jahre des Protagonisten aufgrund eines radioaktiven Gases im Roman Armageddon 2419 A.D. (1928) von Philip Francis Nowlan (Clute u.a. 2019: unpag). Im italienischen Roman Le meraviglie del Duemila (1907) von Emilio Salgari geht es noch anders: Die Körper der beiden Protagonisten bleiben in einem geheimen Ort verschlossen und werden dank einer Flüssigkeit aufbewahrt, die sie konstant bei einer Temperatur von -20°C

9 Als Demonstration des großen Erfolgs von The Time Machine wurden zahlreiche Fortsetzungen des Romans geschrieben, u.a. Carl Grunerts „Pierre Maurignacs Abenteuer“ (1908); Egon Friedells Die Rückkehr mit der Zeitmaschine (1946); K.W. Jeters Morlock Night (1979); David J. Lakes The Man Who Loved Morlocks (1980); Stephen Baxters The Time Ships (1995), die einzige autorisierte Fortsetzung von Wells Werk; Félix J. Palmas El mapa del tiempo (2008) (Bradley 2011: unpag.; Clute et al. 2019: unpag.; Rottensteiner 2008: 60, 91-92). 26 hält. Mittels des Extrakts der „Blume der Auferstehung“, einer uralten Pflanze, die vor Jahren im Grab einer ägyptischen Priesterin gefunden wurde, werden sie nach hundert Jahren aufgeweckt, wo sie eine Zukunft finden, die durch Überbevölkerung, Terrorismus, elektromagnetische Verseuchung und Aussterben einiger Tiere und ethnischer Gruppen gekennzeichnet wird. Deshalb geht es hier nicht einfach um einen langen Schlaf, sondern eher um eine Art suspendierter Animation, obwohl sie wissenschaftlich nicht ganz korrekt ist. Im Anschluss an die Diskussion der 1960er Jahre über die Kryokonservierung der Organismen, erschienen in dieser Zeit Romane auf dem Literaturmarkt, in welchen sich die Protagonisten dieser Prozedur unterziehen, u.a. The Age of the Pussyfoot (1969) des amerikanischen Autors Frederik Pohl, Zapiski iz budushchego (1967) des ukrainischen Autors Nikolai Amosov und Frysepunktet (1969) des dänischen Anders Bodelsen (Clute u.a. 2019: unpag.; Stableford 2006: 108-109). Viele Autoren des 20. Jahrhunderts haben Zeitreisemethoden verwendet, bei denen es kein bestimmtes Objekt oder keine bestimmte Maschine verwendet wird. Zweifellos originell ist die Idee des Franzosen Jacques Spitz, in dessen Roman L’Œil du purgatoire (1945) wird ein gescheiterter und unglücklicher Künstler von einem verrückten Wissenschaftler mit einem Bazillus infiziert, welcher es ihm ermöglicht, die Zukunft der Welt zu sehen. Während er immer mehr in die Zukunft eindringt, folgen immer mehr beängstigende Bilder aufeinander (Clute u.a. 2019: unpag.). Weniger schockierend sind die Besuche in der Vergangenheit des Protagonisten von Daphne du Mauriers The House on the Strand (1969). Die Zeitreise passiert dank einer Droge, die von einem Biophysiker erfunden wurde. Diese erlaubt es dem Protagonisten zu sehen, wie es im 14. Jahrhundert war, aber er kann mit niemandem von der Vergangenheit interagieren, weil er dort nicht wirklich anwesend ist (Dumsday 2019: 128). Es gibt jedoch auch andere literarische Texte, in welchen der Verstand eine wichtige Rolle bei Zeitreisen spielt. In Jack Finneys Time and Again (1970) beispielsweise reist man dank der Hypnose durch die Zeit und in Richard Mathesons Bid Time Return (1975) wird eine ähnliche Technik verwendet10 (Clute u.a. 2019:

10 In diesen beiden Romanen haben die Protagonisten eine Affäre mit einer Frau der Vergangenheit. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erschienen viele Romanen dieser Art. Sie wurden hauptsächlich von Frauen geschrieben, wobei die Zeitreise jedoch in den Hintergrund tritt und die Liebe das zentrale Thema ist, u.a. Jude Deverauxs A Knight in Shining Armor (1989), Diana Gabaldons noch laufende Outlander-Buchreihe (seit 1991) und Karen Marie Monings Highlander- Buchreihe (1999-2006) (Ramsdell 2018: 373-374). 27 unpag.). Im Gegensatz zu der von du Maurier beschriebenen drogeninduzierten Reise sind die Zeitreisenden dieser beiden Romane auf unerklärliche Weise sichtbar und können somit mit Menschen in der Vergangenheit interagieren. Dies wird verständlicher, wenn ein Charakter – absichtlich oder nicht – mit dem Geist in den Körper eines Menschen eintritt, welcher in der Vergangenheit oder in der Zukunft lebt. In H.P. Lovecrafts The Shadow Out of Time (1936) tauscht eine Gruppe von außerirdischen Körper mit Individuen aus verschiedenen Orten und Epochen aus (Nahin 1999: 42); in The Star Kings (1949) von Edmond Hamilton führt ein Mann im 20. Jahrhundert einen Körperaustausch mit jemandem aus einer sehr fernen Zukunft durch (Ashley 2007: 75); in Household Gods (1999) von Judith Tarr und Harry Turtledove findet sich eine Frau in dem Körper einer Vorfahrin wieder, die im zweiten Jahrhundert nach Christus lebt (Turtledove u. Greenberg 2005: xiii). In anderen Romanen des 20. Jahrhunderts ist die Zeitreise auf äußere Ursachen zurückzuführen: atmosphärische Phänomene (z.B. in L. Sprague de Camps Lest Darkness Fall versetzt ein Gewitter den Protagonisten in die Vergangenheit) (Lehtimäki, Karttunen u. Mäkelä 2012: 185), ein unerklärliches Problem im Raumzeitkontinuum (z.B. in Kurt Vonneguts Timequake (1996)) (Collado Rodríguez 2000: 189; Tally 2011: 154) oder eine Explosion (z.B. eine Atomexplosion in Robert A. Heinleins Farnham’s Freehold (1964)) (Nahin 1999: 272). Was die Zeitreiseliteratur aus dem 20. Jahrhundert von jenen früherer Jahrhunderten unterscheidet, ist vor allem die Anwendung neuer Theorien und wissenschaftlicher Erkenntnisse bezogen auf das Thema der Zeitreise. In Joe Haldemans Roman The Forever War (1974), in welchem Soldaten, die einen Krieg gegen eine außerirdische Spezies führen, langsamer als die Menschen auf der Erde alt werden, und in Poul Andersons Tau Zero (1970), wo ein defektes Raumschiff fast so schnell wie bei Lichtgeschwindigkeit fährt, ohne bremsen zu können, sodass „each passing moment for the crew corresponds to many billions of years in the external universe“ (Webb 2017: 129), wird zum Beispiel das Konzept der Zeitdilatation verwendet (Lehtimäki, Karttunen u. Mäkelä 2012: 185-186; Webb 2017: 129). Michael Crichton erklärt hingegen in seinem Roman Timeline (1999) die Funktionsweise von Zeitreisen mit Hilfe der Quantenphysik sowie das Konzept von Multiversen (Adams 2003: 711-712; Grazier 2008: 86-102). Contact (1985) von Carl Sagan ist hingegen ein Beispiel dafür, wie die Zeitreiseliteratur wissenschaftliche Forschung zu einem bestimmten Phänomen initiieren kann. Als er den Roman

28 schrieb, hat sich Sagan in der Tat mit Kip Thorne in Verbindung gesetzt und fragte ihn, ob es einen Weg gäbe, seinen Protagonisten von einer Seite des Universums bis zur anderen bringen zu können. Thorne riet ihm, das Konzept des Wurmlochs zu verwenden. Später interessierte sich Thorne für Wurmlöcher und studierte deren Möglichkeiten (Gott 2002: 25-26; Thorne 1994: 483-490). Weiteres gibt es einige Romane, in welchen gar nicht erklärt wird, wie (oder warum) die Zeitreise stattfindet. Zum Beispiel Slaughterhouse-Five (1969) von Kurt Vonnegut, in dem der Protagonist zwischen verschiedenen Perioden seines Lebens ohne Kontrolle reist und sogar seinen eigenen Tod miterlebt11, und Kindred (1980) von Octavia Butler, in welchem Dana, ein schwarzes Mädchen, Maryland während der Sklaverei mehrfach besucht und ihre Vorfahren kennenlernt (Cicholewski 2017: 1; Coleman 2008: 684; Martino 2010: 4-14). Das 20. ist auch das Jahrhundert, in welchem die Reise in die Vergangenheit von den Schriftstellern als sehr interessanter angesehen wird, weil man in dieser Art von Werken über die Möglichkeit der Änderung der Geschichte sowie der verschiedenen von Zeitreiseparadoxa nachdenken kann. In den 1930er Jahren wurde eines der ersten Beispiele veröffentlicht, in welchem die Schaffung eines Konsistenz- Paradoxons und daher auch die Änderung der Geschichte vermieden werden. Dies ist die Kurzgeschichte „The Man Who Met Himself“ (1935) des Amerikaners Ralph Milne Farley (Pseudonym von Roger ), in welcher eine ältere Version des Protagonisten die Jüngere auffordert, die Zeitmaschine nicht zu berühren, weil sie ihn zehn Jahre zurücktragen würde, aber die Warnung ist nicht erfolgreich. Wenn er tatsächlich als junger Mann die Zeitmaschine nicht berührt hätte, hätte er keinen Grund, sein jüngeres Ich zu warnen. Das Thema der Unmöglichkeit, die Geschichte zu verändern, wird in einer weiteren Geschichte von Farley behandelt, „I Killed Hitler“ (1941), die ebenfalls einen Rekord hält: Es ist das erste Beispiel in der Literatur, in dem jemand versucht, Adolf Hitler zu töten. Die Ermordung gelingt, aber diese Tat ändert nichts an der Geschichte, weil der Protagonist zum Schluss Hitlers Stelle übernimmt. Geschieht dies nicht, würde der Grund scheitern, warum er in die Vergangenheit reiste (Dickey 2016: unpag.; Gleick 2016: 205; Time-Travel Fiction 2017: unpag.). Die Unveränderlichkeit der Geschichte hindert jedoch nicht die anderen bereits in Kapitel 2.4 beschriebenen Zeitreiseparadoxa, in diesem Fall

11 Nach Coleman sind die Zeitreisen des Protagonisten jedoch psychologisch und nicht physisch (Coleman 2008: 685). 29 das Prädestinationsparadoxon. Der Protagonist könnte schon immer der Diktator gewesen sein und musste daher rechtzeitig zurückkehren, um sein Schicksal zu erfüllen. Zwei ähnliche Erzählungen sind „The Discovery of Morniel Mathaway“ (1955) von Willian Tenn und Behold the Man (1969) von Michael Moorcock. In beiden Werken reisen die Protagonisten in die Vergangenheit, um eine berühmte historische Persönlichkeit zu treffen – im ersten einen Maler, im zweiten Jesus –, aber aus verschiedenen Gründen unterscheidet sich die Realität von dem, was die Protagonisten erwarteten. Am Ende übernehmen sie die Identität der Person, nach welcher sie suchten, und tun eben das, wofür sie berühmt wird. Ihr Eingriff war deshalb immer Teil der Geschichte und die Zeitreise ist notwendig und unvermeidlich, um sicherzustellen, dass sich nichts daran ändert (Wittenberg 2013: 9-10; Žižek 1989: 57-58). Ein Roman, in welchem die Unveränderlichkeit der Geschichte zum äußersten Punkt genommen wird, ist Timequake (1997) von Kurt Vonnegut, worin, wie bereits erwähnt, die Welt zehn Jahre zurückliegt und jedermann alles wiederholen muss, was bereits gemacht und gesagt wurde (Collado Rodríguez 2000: 189; Tally 2011: 154). Robert A. Heinlein, einer der berühmtesten Science-Fiction-Autoren des 20. Jahrhunderts, hat die Handlung zweier seiner Kurzgeschichten über Zeitparadoxa konstruiert: „By His Bootstraps“ (1941) und „All You Zombies–“ (1959). In der ersten bekommt der Protagonist den Besuch von zwei Männern, die ein „Zeittor“ durchqueren (wie sich später herausstellt, sind sie tatsächlich zwei zukünftige Versionen von Bob). Später landet Bob auf der anderen Seite des „Zeittors“, wo er einen weißhaarigen Mann namens Diktor trifft, der behauptet, er sei der Herrscher der Menschheit einer fernen Zukunft. Diktor gibt Bob eine Liste von Büchern und Materialien, die er ihm aus dem 20. Jahrhundert bringen soll, aber, da Bob dem Mann nicht vertraut, verwendet er sie für seine eigenen Zwecke. Zurück in der Zukunft, wo er Diktor kennengelernt hat, benutzt Bob das „Zeittor“, um zehn Jahre in die „Vergangenheit“ (im Vergleich zu der Zeit, in welcher Diktor lebt) zu reisen, damit er an Diktors Stelle als Herrscher der zukünftigen Menschheit treten kann. Am Ende findet der Protagonist heraus, dass er selbst Diktor ist (und immer war) (Wittenberg 2013: 67-69). Es handelt sich daher um ein Prädestinationsparadoxon: Bobs Versuch, Diktors Aufstieg an die Macht zu vermeiden, macht das Ereignis eben möglich. Die Kurzgeschichte ist jedoch hauptsächlich berühmt, weil sie ein typisches ontologisches Paradoxon enthält (daher der Name Bootstraps-Paradoxon)

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(Wittenberg 2013: 255): In der Zukunft findet Bob Diktors Notizbuch, das ein Wörterbuch der Sprache der zukünftigen Menschheit enthält, und nimmt er ihm weg. Nachdem er es jahrelang benutzt hat, um mit den Menschen der Zukunft zu kommunizieren, transkribiert er den Inhalt auf ein anderes Notizbuch, welches letztendlich dasselbe ist, das er selbst gefunden hatte. Wenn aber Bob selbst Diktor ist, wer hat das Notizbuch geschrieben? (Clareson u. Sanders 2014: 45; Larsen 2016: 88-89). Auch „All You Zombies–“ enthält ein Prädestinationsparadoxon und eine Hauptfigur, die verschiedene zukünftige Versionen von sich selbst trifft, dennoch ist diese Kurzgeschichte noch komplexer. Der Protagonist ist in der Tat sowohl seine eigene Mutter als auch sein eigener Vater und dies wird durch eine zukünftige Version von ihm möglich, welche dank einer Zeitmaschine seine jüngeren, männlichen und weiblichen Versionen hin und her reisen lässt, um die Kausalschleife abzuschließen (Clareson u. Sanders 2014: 127-128; Lehtimäki, Karttunen u. Mäkelä 2012: 185). Im 20. Jahrhundert gibt es auch viele Romane, in denen die Vergangenheit aufgrund der Neuschreibung der Geschichte (wie im zweiten Zeitreisemodell) geändert wird und welche die dadurch entstehende Gefahr aufzeigen. Ein wichtiges Beispiel ist Le voyageur imprudent (1944) von René Barjavel. Der Protagonist, der Mathematiker Corporal Saint-Menoux, reist mittels einer Substanzin die Zukunft und in die Vergangenheit, d.h. die „Noëlite“, die der Physiker Noël Essaillon dank Saint- Menouxs Forschungen erfunden hat. Anders als die Figuren von Farley und Heinlein kann Saint-Menoux die Vergangenheit verändern, aber er muss die Konsequenzen davontragen. Bei einem Versuch, Napoleon zu töten, bringt er versehentlich einen seiner Vorfahren um, und deshalb verschwindet er, zusammen mit allen Spuren seiner Existenz. Im Zentrum der Handlung steht daher ein Konsistenz-Paradoxon: Wäre Saint-Menoux nie existiert, hätte er jedoch die für Essaillon inspirierende Forschung nicht durchführen, in die Vergangenheit reisen und seinen Vorfahren töten können. Wie der Autor in einem 1958 hinzugefügten Nachskriptum zugibt, ist das Ende des Romans absurd (Clute u.a. 2019: unpag.; Gallagher 2018: 164; Lloyd 2003: 179-181). Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel, wie gefährlich (und leicht) es ist, die Vergangenheit zu verändern, ist Ray Bradburys „A Sound of Thunder“ (1952), aus welchem, wie bereits erwähnt, der Ausdruck „Schmetterlingseffekt“ abgeleitet wird, weil das einfache Zerquetschen eines Schmetterlings während einer Dinosaurierjagd in der Vorgeschichte drastische Veränderungen in der Gegenwart

31 des Zeitreisenden mit sich bringt (Flam 2012: unpag.). Zurück von der Vergangenheit behalten jedoch die Figuren die Erinnerungen an die Gegenwart, wie sie vor ihrer Zeitreise war, und dies kann wie folgend erklärt werden: Entweder hat sich der Autor entschieden, die Zeitreisenden „personally dissociated from history“ (Elder 2009: 14) zu lassen, sodass sie den Änderungen bewusst sein können, oder das Zerquetschen des Schmetterlings hat eine Verzweigung der Geschichte geschaffen und die Charaktere landen bei der Rückkehr in eine alternative Zeitlinie (Elder 2009: 13-14; Webb 2017: 125). Diese Kurzgeschichte gilt auch als das erste Beispiel für die Zeitreiseliteratur, in welchem Tourismus in der Vergangenheit betrieben wird. Weitere davon sind John Wyhdhams „Pawley’s Peepholes“ (1951), Bob Tuckers „The Tourist Trade“ (1951) und Robert Silverbergs Up the Line (1969) (Boston u. Broderick 2012: 27; Nahin 2014: 150). Das in der Literatur des 20. Jahrhunderts meist verwendete Zeitreisemodell ist jedoch das dritte. Einer der ersten Texte, vielleicht der allererste, der von Paralleluniversen bzw. alternativen Zeitlinien erzählt, ist Murray Leinsters Kurzgeschichte „Sidewise in Time“ (1933), in welcher, nach einer Reihe seltsamer Ereignisse, verschiedene Weltzonen durch diejenigen von Paralleluniversen ersetzt werden (Westfahl 2005: 582, 817). Sechs Jahre später erschien der bereits erwähnte Roman Lest Darkness Fall von L. Sprague de Camp, der Twains A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court ähnelt. Anders als Twains Protagonist, welcher versucht, ein England des sechsten Jahrhunderts zu modernisieren, jedoch auf mehrere Gegensätze stößt, ist bei de Camps Hauptcharakter die Modernisierung von einem Rom im sechsten Jahrhundert erfolgreich. Durch seine Veränderungen erzeugt er deshalb eine alternative Geschichte bzw. Zeitlinie (Gunn 2013: 130; Lehtimäki, Karttunen u. Mäkelä 2012: 185). Eine ähnliche Geschichte wurde viele Jahre später in der Buchreihe Adventures of Conrad Stargard (1986-2014) von Leo A. Frankowski geschrieben, wo der Protagonist, ein Ingenieur, mit einer Zeitmaschine zufällig ins 13. Jahrhundert transportiert wird und seine eigene Intervention eine alternative Zeitlinie schafft, in welcher Polen ein modernisiertes Land und mächtig genug ist, um sich einer Invasion der Mongolen zu stellen (Clute u.a. 2019: unpag.; Time-Travel Fiction 2017: unpag.). Einige Autoren haben sich entschieden, eine ganz andere Situation darzustellen: Ein Charakter aus einem alternativen Universum nimmt Änderungen vor, die zur Schaffung des Universums des Autors bzw. der Leser führen. Dies

32 geschieht zum Beispiel in Ward Moores Bring the Jubilee (1953): Der Protagonist lebt in einem Universum, wo die Konföderation den amerikanischen Sezessionskrieg gewonnen hat, und er reist in die Vergangenheit, um an der Schlacht von Gettysburg teilzunehmen. Somit verursacht er versehentlich den Tod von Captain Herbert Haggerwells und den nachfolgenden Sieg der Unionstaaten (Clute u.a. 2019: unpag.). Ein weiteres Beispiel ist James P. Hogans The Proteus Operation (1985), wo die Achsenmächte den Zweiten Weltkrieg dank einer Intervention aus einer alternativen Zukunft gewonnen und fast die ganze Welt erobert haben. Die Amerikaner beschließen, eine Gruppe von Menschen in das Jahr 1939 zu schicken, um dies zu verhindern. Sie sind erfolgreich und somit schaffen sie eine neue, alternative Zeitlinie, die mit der des Autors bzw. der Leser übereinstimmt (Clute u.a. 2019: unpag.).

3.1.4 Zeitreiseliteratur im 21. Jahrhundert Die Zeitreise bestätigt sich auch im 21. Jahrhundert als ein sehr beliebtes literarisches Thema. Es gibt die typischen Merkmale dieser Art von Romanen, aber auch einige Neuheiten. In Bezug auf Zeitreisemethoden ist die häufigste und beliebteste Methode sicherlich die Zeitmaschine (z.B. in Joe Haldemans The Accidental Time Machine (2007) und in Charles Yus How to Live Safely in a Science Fictional Universe (2010)), aber auch Wurmlöcher werden oft verwendet (z.B. in Iain M. Banks The Algebraist (2004) und Alastair Reynolds House of Suns (2008)). Innovative Methoden fehlen jedoch nicht, wie z.B. die von Arthur Clarke und Stephen Baxter in The Light of Other Days (2000) vorgestellte „WormCam“, die um die Mitte des 21. Jahrhunderts erfunden wurde und die erlaubt, ein Wurmloch zu schaffen, das zwei sehr weit entfernte Punkte im Raum und Zeit verbindet, und Ergebnisse zu beobachten, die auf die andere Seite der Erde oder sogar in einer anderen Epoche passieren bzw. passiert sind. Somit wird das Konzept der Privatsphäre völlig in Frage gestellt (Randles 2005: 189). Einige Autoren, die weniger an den wissenschaftlichen Möglichkeiten der Zeitreise interessiert sind, verwenden hingegen einfallsreichere Methoden, um allzu technische Erklärungen zu vermeiden und sich mehr auf die Möglichkeiten des Zeitreisens und auf andere Aspekte der Handlung zu konzentrieren: In Seras-tu là? (2006) erlaubt der französische Schriftsteller Guillaume Musso seinem Protagonisten dank zehn goldener Pillen dreißig Jahre in die Vergangenheit zu reisen; in Audrey Niffeneggers The Time Traveler’s Wife

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(2004) hat der Protagonist eine genetische Störung, die ihn unkontrolliert in die Zeit reisen lässt; sowohl in Stephen Kings 11/22/63 (2011) als auch in Ted Chiangs The Merchant and the Alchemist’s Gate (2007) erfolgt die Zeitreise durch ein zeitliches Portal. Im ersten Roman befindet sich das Portal im hinteren Teil eines Restaurants und verbindet die Gegenwart mit dem 9. September 1958, aber niemand weiß, wie oder warum es funktioniert; im zweiten hat ein Alchemist zwei „Gates of Years“ gebaut – eines für die Reise in die Vergangenheit, das andere für die Reise in die Zukunft –, aber seine Erklärung, wie er das geschafft hat, ist ziemlich vage. Noch unbestimmter ist Elia Barcelós El secreto del orfebre (2003), wo der Protagonist den Zug nimmt und unerklärlicherweise in der Vergangenheit aussteigt. Später bringt ihn eine Busfahrt in die Gegenwart zurück. Ebenso unerklärlich ist die Art und Weise, wie der Protagonist von The Little Book (2008) von Selden Edwards in die Zeit wandert: Er verschwindet plötzlich 1988 von San Francisco und befindet sich gleich danach im Jahre 1897 in Wien. In der Zeitreiseliteratur des 21. Jahrhunderts sind die Geschichten, in denen es nicht möglich ist, die Vergangenheit zu ändern, eher selten und diese Unmöglichkeit führt dazu, über das Leben und die Rolle des Menschen nachzudenken. Zum Beispiel reist ein Mann in Ted Changs The Merchant and the Alchemist’s Gate (2007) von Bagdad nach Kairo, um ein Portal zu überqueren und in die Vergangenheit zu gehen und seine Frau vor dem Zusammenbruch einer Moschee zu retten. Er kommt zu spät, macht aber eine neue Entdeckung: Seine Frau hatte jemanden auf seine Suche geschickt, um ihm mitzuteilen, dass ihr Leben mit ihm glücklich gewesen sei. Die Zeitreise hat die Vergangenheit nicht verändert, aber sie hat dem Mann neue Informationen geliefert und somit Frieden gegeben. The Time Traveler’s Wife (2004) ist im Grunde genommen ein Liebesroman und konzentriert sich mehr auf die Schwierigkeiten eines Paares, das aus einem Zeitreisenden und einer „normalen“ Frau besteht. Durch die Zeitreise lernen sie sich zwar kennen, aber dadurch trennen sich die beiden auch, weil Henry auf einer Reise in die Vergangenheit erschossen wird und in der Gegenwart stirbt. Er entdeckt viel früher, was ihm erwartet, aber er kann es nicht vermeiden, weil er nichts ändern kann. Auch in El secreto del orfebre (2003) vereint die Zeitreise zwei Menschen und trennt sie später: Der männliche Protagonist reist in die Vergangenheit, einige Jahre vor seiner Geburt, wo er die Frau trifft, mit der er als junger Mann eine Affäre hatte und welche in ihrer Jugend von einem älteren Mann kurz vor der Hochzeit verlassen wurde. Die beiden verlieben

34 sich und wollen heiraten, aber kurz vorher kehrt er in die Gegenwart zurück, ohne sie warnen zu können. Er ist deshalb selbst eben der Mann, der sie verlassen hatte. Er war aber prädestiniert, in die Vergangenheit zu reisen, sodass die Geschichte ihren Lauf nehmen konnte. Die literarischen Texte, in denen die Möglichkeit der Vergangenheitsveränderung aufgezeigt wird, sind zahlreicher, auch wenn die Änderung oft mehr negativ als positiv wirkt. Zum Beispiel, in Kings 11/22/63 (2011) reist der Protagonist in die Zeit zurück, um Kennedys Tod zu verhindern, aber die Folge seiner Änderungen sind katastrophal. Die Protagonisten von Christophe Lamberts La Brèche (2005), hingegen, die vom Jahr 2060 zur Verfilmung der Landung der Alliierten in der Normandie für ein Fernsehsendung geschickt werden, führen zufällig zum Tod von General Norman Cota, einer Grundfigur für den Sieg der amerikanischen Truppen, und damit zu einer alternativen Zeitlinie, in welcher die Landung ein Misserfolg war und die Nazis wahrscheinlich den Krieg gewinnen werden. Die beiden Zeitlinien koexistieren bis zum Zeitpunkt indem das Portal geschlossen wird, das die Protagonisten in die Gegenwart zurückbringt, folglich bleibt dann nur noch eine Zeitlinie übrig. Auch wenn in einem literarischen Text die Veränderung der Vergangenheit erlaubt ist, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass man diese verändern muss oder dass eine Veränderung negative Folgen haben muss. In einigen Fällen können sogar Probleme durch die Veränderung der Vergangenheit behoben werden. In Night Watch (2002), zum Beispiel, dem 29. Roman der aus 41 Bänden bestehenden DiscWorld-Buchreihe von Terry Pratchett (Beckett 2009: 146) werden Samuel Vimes, der Befehlshaber der Stadtwache von Ankh Morpork, und ein Serienmörder namens Carcer aufgrund eines magischen Sturms dreißig Jahre zurückversetzt, d.h. zu Beginn der Revolution, an der Vimes als junger Mann teilgenommen hat. Nach ihrer Ankunft tötet Carcer den Mentor von Vimes, John Keel, indem er die Vergangenheit verändert und eine alternative Zeitlinie erstellt. Vimes beschließt, Keels Platz als Mentor seines jüngeren Ichs einzunehmen, um die neue Zeitlinie auf ähnliche Weise wie die ursprüngliche voranzutreiben, damit seine Gegenwart nicht verändert wird. In Mussos Seras-tu là? (2006), begegnet der Protagonist seinem jüngeren Ich und zusammen verhindern sie den Tod der Frau, die beide lieben. Um jedoch zu vermeiden, dass seine Tochter, die er mit einer anderen Frau hatte, nicht geboren wird, kann der Protagonist nicht mit seiner Geliebten bleiben.

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3.2 Zeitreiseliteratur für Kinder und Jugendliche Es gibt nicht so viele Unterschiede zwischen der Zeitreiseliteratur für Erwachsene und der für Kinder bzw. Jugendliche. Die Methoden der Zeitreisen bleiben mehr oder weniger gleich: ein langer Schlaf, der Kryonenschlaf, die Magie, Zeitreisemaschinen oder andere Geräte, Orte oder Gegenstände, sogar Tiere, die einen in eine andere Zeit transportieren können, usw. (Planka 2014: 13). Auch die Möglichkeiten des Zeitreisens ändern sich nicht: Man kann einmal oder mehrmals in die Vergangenheit oder in die Zukunft reisen, die dadurch verändert werden können oder nicht. Es gibt Geschichten mit Zeitschleifen, alternative Zeitlinien, Zeitparadoxa und sogar den Schmetterlingseffekt (Planka 2014: 19). Vergangenheit und Zukunft können beide als Ziel der Zeitreise fungieren (Planka 2014: 14). Aus der Sicht der Struktur, der Themen und der verwendeten Sprache weist die Zeitreiseliteratur für Kinder und Jugendliche dieselben Merkmale der an diese Zielgruppe gerichteten allgemeinen Literatur auf. Es mangelt dementsprechend nicht an Unterschieden zwischen Werken für Jugendliche und Werken für Kinder, die auf die Tatsache zugeordnet werden sollen, dass die verschiedenen Altersgruppen unterschiedliche Bedürfnisse und Fähigkeiten haben. Geschichten für ein sehr junges Publikum müssen einfach, dynamisch und nicht zu anschaulich sein. Normalerweise haben sie ein Happy End und unangemessene Themen wie Sex und explizite Gewalt werden nicht behandelt. Dies bedeutet nicht, dass es keine seriösen Themen gibt, wie beispielsweise der Verlust eines Elternteils oder das Mobbing, aber sie werden einfach behandelt, ohne jemals zu einer Tragödie zu führen. Es ist auch wichtig, dass die Sprache einfach und frei von Schimpfwörtern ist. Die Sprache der Jugendromane ist hingegen nicht vereinfacht (oder zumindest nicht besonders) und kann durch jugendliche, manchmal sogar flapsige Ausdrücke bzw. Äußerungen gekennzeichnet sein. Die Geschichten sind generell länger und komplexer als die für Kinder und beschäftigen sich auch mit sehr ernsten Problemen. Oft werden auch typische Phänomene und Erfahrungen der Adoleszenz dargestellt, wie natürlich körperliche Veränderungen, Konflikte mit den Eltern, der erste Schwarm und seine Auswirkungen (Coyne u.a. 2012: 371-374; Hunt 2004: 170-171; McDowell 1973: 50-53; Planka 2014: 103; Sambell 1996: 49; Waller 2009: 15-16). Kennzeichnend für die gesamte Literatur für Kinder und Jugendliche ist auch die persönliche Entwicklung bzw. die mentale Reifung der Protagonisten, die im Falle der Zeitreiseliteratur dank und infolge von den erlebten Abenteuern durch die Zeit

36 auftritt (Planka 2014: 16). Da die Literatur auch eine ausbildende-erzieherische Funktion im Entwicklungsprozess von Kindern und Jugendlichen hat, enthaltet sie sozialkulturelle Werte und Lebenslektionen und anregt die Leser zum Nachdenken über wichtige Themen, z.B. ökologische und soziopolitische (Planka 2014: 14-16, 103; Sambell 1996: 21). Dies geschieht natürlich auch in der Zeitreiseliteratur, in der Tat wird die Zeitreise „mit einzelnen Themen verknüpft – z.B. der Ökologie –, um auf Problematiken aufmerksam zu machen“ (Planka 2014: 16). Darüber hinaus reist man in den meisten Werken, die Zeitreisen beinhalten, in die Vergangenheit, um jungen Lesern zu ermöglichen, durch die Worte des Autors in die Geschichte einzutauchen und auf amüsante Weise nicht nur historische Ereignisse, sondern auch das Leben in einer bestimmten historischen Periode kennenzulernen (Guttfeld, Linke u. Sowińska 2012: 324; Planka 2014: 65). Historisch gesehen entstand die Zeitreiseliteratur für Kinder und Jugendliche zu Beginn des 20. Jahrhunderts12. Die allerersten Werke sind The Story of the Amulet (1906) und die aus The House of Arden (1908) und Harding’s Luck (1909) bestehende Dilogie von Edith Nesbit (Planka 2014: 11-12). Da sie eine Freundin von H.G. Wells war, ist es wahrscheinlich, dass die Frau für ihre Romane von Wells The Time Machine inspiriert wurde, obwohl in ihren Büchern die Zeitreise dank magischen Praktiken oder Portalen stattfindet (Lehnert-Rodiek 1987: 61): In The Story of the Amulet (1906) wird ein ägyptisches Amulett mittels eines Zauberspruchs zu einem Tor, das eine Gruppe von Kindern durch die Zeit transportiert (Lacy u. Dewan 2018: 271); in The House of Arden reisen die Protagonisten mit Hilfe eines weißen Maulwurfs durch eine magische Tür in die Vergangenheit, während in Harding’s Luck sind die Samen der Mondblume, wenn sie so positioniert sind, dass sie einen sechszackigen Stern bilden, die die Reise in die Vergangenheit ermöglichen (Guttfeld, Linke u. Sowińska 2012: 322; Lacy u. Dewan 2018: 147). Ebenfalls aus dieser Zeit stammt Mary E. Wilkins Freemans Kurzroman The Green Door (1910), in welchem ein junges Mädchen durch eine magische Tür in die Vergangenheit reist, wo sie ihre Vorfahren trifft. In den folgenden Jahrzehnten bzw. bis 1945 blieb das Zahl dieser Werke begrenzt: 1925 erschien Berta Lasks Auf dem Flügelpferde durch die Zeiten, ein Roman von klarem sozialistischem Charakter, in welchem ein Kind

12 Wenn man das Märchen Dornröschen nicht berücksichtigt, welches in seiner bekanntesten Version, die zuerst von Perrault im 17. Jahrhundert und dann von den Brüdern Grimm im 19. Jahrhundert geschrieben wurde, von einer Prinzessin erzählt, die hundert Jahre lang schläft und immer jung bleibt, bis sie durch einen Kuss von einem Prinzen erwacht. In Wirklichkeit wurde das Märchen jedoch nicht für Kinder gemeint, sondern für Erwachsene (Howarth 2014: 172). 37 dank einem geflügelten Pferd durch Raum und Zeit reist (Planka 2014: 11; Steinlein, Strobel und Kramer 2006: 704); in Hilda Lewis The Ship that Flew (1939) reisen Peter und seine Geschwister mit einem fliegenden Spielzeugschiff durch Raum und Zeit; in Alison Utterlys A Traveller in Time (1939) gerät Penelope unerwartet mehrfach ins 16. Jahrhundert und ist an dem Plan beteiligt, Mary, Königin von Schottland, zu retten, aber, da sie bereits weiß, dass der Versuch fehlschlagen wird, kann sie die Ereignisse nicht vermeiden (Cullinan u. Person 793); die Jungenklasse von Dan Billanys The Magic Door (1943) reist durch eine unsichtbare Tür in die Vergangenheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Zeitreise zu einem sehr beliebten Thema in der Jugendliteratur. Dennis Butts und Peter Hunt argumentieren, dass einer der Gründe dafür ist: „[T]he books’ celebration of old houses and great gardens, where the action of such stories often took place, reflected the sense of loss felt by many authors at the end of the war as land was built over and many houses converted into flats“ (Butts u. Hunt 2013: 121). Beispiele für Werke, in denen diese Art von Nostalgie zu finden ist, sind Philippa Pearces Tom’s Midnight Garden (1958) und Lucy M. Bostons Buchreihe Green Knowe (1954-1976) (Butts u. Hunt 2013: 121). In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm die Zahl der Werke für Kinder mit dem Thema Zeitreise, im Einklang mit der Erwachsenenliteratur, immer mehr zu. Darunter sind: Lester del Reys Tunnel Through Time (1966), Penelope Farmers Charlotte Sometimes (1969), Thea Beckmans Kruistocht in spijkerbroek (1973), Nancy Bonds A String in the Harp (1976) und William Sleators The Green Futures of Tycho (1981). Im 20. Jahrhundert erschienen auch Buchreihen mit Zeitreisen, wie die obengenannte Dilogie von Edith Nesbit, Edward Eagers Tales of Magic (1954-1962) und Madeleine L’Engles Time Quintet (1962-1989). Im 21. Jahrhundert ist die Zahl solcher Werke für Kinder und Jugendliche am Höhepunkt angelangt, davon meistens Buchreihen. Beispiele sind: Elisabetta Damis Viaggio nel tempo13 (2004-2019), Fabian Lenks Die Zeitdetektive (seit 2005), Cecilia Randalls Hyperversum (2006-2019), Margaret Peterson Haddixs The Missing (2008-2015), Alex Scarrows Time Riders (2010-2014), John Stephens The Book of Beginnings (2011-2015).

13 Als Autor wird Geronimo Stilton angegeben, d.h. der Protagonist der Bücher („Geronimo Stilton“ o.J.: unpag.). 38

4. Kerstin Giers Edelstein-Trilogie und Elizabeth Briggs Future Shock und Future Threat Kerstin Gier, die 1966 in Bergisch Gladbach geboren wurde, begann ihre Karriere als Schriftstellerin von Liebesromanen für Erwachsene und nur zu einem späteren Zeitpunkt widmete sie sich auch den jungen Lesern. Für Jugendliche hat sie bis heute Jungs sind wie Kaugummi – süß und leicht um den Finger zu wickeln (2009), die Edelstein-Trilogie (auch als Liebe geht durch alle Zeiten-Trilogie bekannt) (2009- 2010), die Silber-Trilogie (2013-2015) und Wolkenschloss (2017) veröffentlicht (Planka 2014: 97). Die Edelstein-Trilogie, die aus Rubinrot (2009), Saphirblau (2010) und Smaragdgrün (2010) besteht, erzählt von der 16-jährigen Gwendolyn Shepherd, die entdeckt, dass sie die Fähigkeit geerbt hat, in die Vergangenheit zu reisen. Zur Beaufsichtigung jedes Zeitreisenden gibt es die Geheimloge des Grafen von Saint Germain, die den Chronograf besitzt, ein mit Blut betriebenes Gerät, mit dem man programmierte Reisen in die Vergangenheit machen kann. Wenn das Blut aller zwölf Zeitreisenden eingelesen ist, wird das „Geheimnis hinter dem Geheimnis“ gelüftet. Früher hatte die Loge einen anderen Chronograf, aber dieser wurde sechzehn Jahren zuvor von zwei anderen jungen Zeitreisenden, Lucy und Paul, gestohlen und mit sich ins Jahre 1912 gebracht. Sie wollten vermeiden, dass der Blutkreislauf im Chronografen geschlossen wurde. Dank der Hilfe von Gideon, einen weiteren Zeitreisenden, ihrer Freundin Leslie und ihrem Großvater, den sie als jungen Mann während einer Zeitreise kennenlernt, entdeckt Gwen nach und nach die Wahrheit: Sobald sich der Blutkreislauf des Chronografen schließt, erhält man den Stein der Weisen, der es einem erlaubt, unsterblich zu werden, und der Graf von Saint Germain, der im 18. Jahrhundert lebt, dennoch große Macht auf die gegenwärtige Loge ausübt, will diesen für sich selbst verwenden. Gwen entdeckt auch eine schockierende Wahrheit über sich selbst: Ihre wahren Eltern sind Lucy und Paul und als Tochter zweier Zeitreisende ist sie unsterblich. Wenn Gwen und Gideon versuchen, den Plan des Grafen zu verhindern, stellt es sich heraus, dass er näher ist, als sie denken: Es handelt sich um Mr. Whitman, Gwens Lehrer und Mitglied der Loge, der mittels plastischer Chirurgie sein Aussehen verändert hat. Er wurde unsterblich dank dem Stein der Weisen, den er nach der Schließung des Blutkreislaufs erhalten hatte14, aber er begann nach Gwens Geburt wieder zu altern.

14 Das passiert am Ende von Smaragdgrün. Gideon ist tatsächlich verpflichtet, ihm den Stein der Weisen in das 18. Jahrhundert zu bringen. 39

Nun muss Gwen sterben, damit er wieder unsterblich werden kann. Um Gwen davon zu überzeugen, sich umzubringen, erschießt der Graf Gideon, ihren Geliebten, doch der Junge überlebt, weil er zuvor den Stein der Weisen aus dem ersten Chronografen (denjenigen, der von Lucy und Paul gestohlen wurde und von Gwen dank einigen Hinweisen seitens ihres Großvaters gefunden wurde) eingenommen hat. Am Ende wird der Graf besiegt und verhaftet. Die zwei anderen Romanen, die in den folgenden Kapiteln analysiert und mit Giers Trilogie verglichen werden, sind Future Shock (2016) und Future Threat (2017), welche die erste zwei Bände der Future Shock-Trilogie sind15. Die Autorin, Elizabeth Briggs, wohnt in Los Angeles und schreibt Liebes-, Fantasy- und Science- Fiction-Romane. Die Future Shock-Trilogie ist ihr einziges Werk für Jugendliche (Briggs 2018b: unpag.). Future Shock erzählt von fünf Teenager – die Pflegekinder Elena, Chris, Zoe und Trent und das junge Genie Adam –, die von der Firma Aether Corporation ausgewählt werden, um an dem sogenannten Chronos-Projekt teilzunehmen. Sie müssen zehn Jahre weiter in die Zukunft reisen und dort Daten und technologische Gegenstände sammeln. Dies ist dank einem Beschleuniger möglich. Leider finden sie heraus, dass sie dreißig Jahre anstatt nur zehn in die Zukunft gereist sind und dass alle außer Adam bei ihrer Rückkehr in die Gegenwart sterben werden. Unglaublich ist es eben Elena, die Protagonistin, die alle ihre Freunde töten wird und dann wird sie anscheinend Selbstmord begangen. Sie versuchen zu verstehen, wie sie dies verhindern können, aber ohne Erfolg. Wieder zurück in der Gegenwart findet Elena dank ihrem eidetischen Gedächtnis und Adams Hilfe heraus, dass Lynne, eine Angestellte der Aether Corporation, in Wirklichkeit für die Todesfälle verantwortlich ist, und tötet sie während eines Streits. Dadurch wird ihr Schicksal verändert, aber leider konnte sie Trent und Zoe nicht retten. Am Beginn von Future Threat zwingt Aether Corporation Elena, Adam und Chris, wieder in die Zukunft zu reisen: Das Echo-Team, eine neue Gruppe junger Zeitreisender – Zahra, Paige, Ken und Jeremy –, die von der Firma ausgewählt wurde, ist nicht von ihrer letzten Mission in der Zukunft zurückgekehrt und Elena, Adam und Chris sind die einzigen, die sie finden und in die Gegenwart zurückbringen können. Wenn sie in der Zukunft ankommen, sagt Aether Corporation ihnen, dass ihre Rettungsmission erfolgreich sein wird, aber Ken wird unter unklaren Umständen tot aufgefunden werden. Elena und ihre Freunde versuchen Ken dieses

15 Aus Platzgründen wird das dritte Band, Future Lost (2018), in dieser Masterarbeit nicht beachtet. 40

Mal zu retten, aber leider scheitert die Mission und neben Ken verliert auch Chris sein Leben. Trotz der Proteste von Aether Corporation reisen Elena, Adam und der Rest des Echo-Teams noch zwei Mal in die Zukunft, um ihre Freunde zu retten. Erst der dritte Versuch ist erfolgreich. Bei ihrer Rückkehr erfahren sie die Wahrheit: Es war Jeremy, der Sohn vom Aether Corporations Generaldirektor, der zuvor Chris getötet hatte und nun ist er bereit, alles zu tun, um die Firma und seinen Vater zu begraben. Um ihn aufzuhalten und um sich und Adam zu schützen, muss Elena ihn erschießen. In den nächsten Kapiteln werden die Romane genauer analysiert und verglichen, insbesondere in Hinblick auf die Struktur der Buchreihen, die Entwicklung der beiden Protagonistinnen, auf die Elemente, die typisch für die Jugendliteratur sind, und natürlich auf das Thema der Zeitreise.

4.1 Struktur und Ort der Aktion Bezüglich der Struktur beider Trilogien gibt es einen großen Unterschied. In der Tat gibt es in der Edelstein-Trilogie eine einzige Handlung, die sich durch drei Bände zieht. Das erste Band endet sogar mitten in einer Szene, welche zu Beginn des zweiten wieder aufgenommen wird. Ohne alle Bände zu lesen, ist es unmöglich, die ganze Geschichte zu verstehen. Die Bände der Future Shock-Trilogie erzählen hingegen jeweils ein vollständiges Abenteuer mit denselben Protagonisten, derer Geschichte sich jedoch im Laufe der ganzen Buchreihe entwickelt. Auch die Struktur der einzelnen Bände ist in den zwei Trilogien unterschiedlich. In der Edelstein- Trilogie beginnt jeder Band mit einem Prolog und endet mit einem Epilog. Die Prologe und Epiloge werden immer Lucy und Paul gewidmet und die Erzählung wird da in der dritten Person verfasst, während in den restlichen Kapiteln die Protagonistin und Erzählerin der Handlung Gwendolyn ist. Zwischen dem einen und dem anderen Kapitel werden Auszüge aus den Annalen, den Chroniken der „Wächter“ (d.h. die Mitglieder der Loge) und den Geheimschriften des Grafen von Saint Germain, historische Dokumente, Zitate, Tabellen usw. hinzugefügt. In Briggs Romane werden hingegen die Handlungen der Gegenwart von jenen der Zukunft in verschiedene Teile getrennt. In Future Shock, zum Beispiel, werden Elena, die Ich-Erzählerin, und die anderen Charaktere erst im ersten Teil vorgestellt, dann reisen sie in die Zukunft; im zweiten Teil werden alle Ereignisse der Zukunft beschrieben; im dritten Teil werden die Rückkehr der Jugendlichen und der Zusammenstoß mit Lynne erzählt.

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Die Kapitel, die die verschiedenen in der Gegenwart festgelegten Teile bilden, haben als Titel den Wochentag, an welchem die Ereignisse stattfinden, während die Kapitel mit den der Zukunft gewidmeten Teilen als Titel die Zeit des ersten Ereignisses haben, das im Kapitel selbst beschrieben wird. Das Hervorheben des Zeitlaufs lässt dem Leser immer wissen, wieviel Zeit den Charakteren vor dem Rückkehr in die Gegenwart verbleibt und erzeugt ein Gefühl der Dringlichkeit. In Bezug auf den Ort der Aktion hat die Edelstein-Trilogie eine Besonderheit. Obwohl Kerstin Gier aus Deutschland kommt, hat sie sich beschlossen, die Handlung dieser (wie auch der Silber-Trilogie) in Großbritannien, genauer in London, spielen zu lassen. Sie erklärt den Grund dafür mit der Beantwortung einer Frage auf ihrer Website: „London ist meine allerliebste Lieblingsstadt, ich finde, dort lauert wirklich an jeder Ecke eine Geschichte“ (Gier o.J.: unpag.). Die Future Shock-Trilogie spielt hingegen in Los Angeles, die Stadt, in der die Autorin studiert hat und wohnt (Briggs 2018a: unpag.).

4.2 Die Protagonistinnen: Elena und Gwen Elena Martinez hat nie ein normales Leben gehabt: Als sie sieben Jahre alt war, ermordete ihr Vater ihre Mutter, danach wurde sie ins Pflegesystem eingeführt, hatte viele Pflegefamilien und konnte deshalb nie enge Beziehungen mit anderen eingehen. Nun ist sie fast achtzehn Jahre alt und muss bald ihre Pflegefamilie verlassen und selbstständig werden. Aus diesem Grund muss sie schnell ein Job finden. Ihre mexikanische Herkunft, zusammen mit ihren Tätowierungen, machen jedoch viele Menschen ihr entgegen misstrauisch. Am Beginn von Future Shock ist sie daher sehr besorgt (Briggs 2016a: 2-6, 191). Gwendolyn Shepherd sieht hingegen zu Beginn von Rubinrot wie ein normales, sogar glückliches 16-jähriges Mädchen aus: Sie lebt in einem großen schönen Haus und ist in einer wohlhabenden Familie aufgewachsen, besucht eine Privatschule, hat zwei Geschwister, mit welchen sie gut auskommt, eine fürsorgliche Mutter und eine treue und liebevolle beste Freundin. Sie verfügt deshalb über familiäre und finanzielle Stabilität und viele Zukunftschancen, auch wenn sie, im Gegenteil zu Elena, nicht gezwungen ist, jetzt darüber nachzudenken. Obwohl sie als Kind ihren Vater und Großvater verloren hat – der erste starb an Leukämie (Gier 2009: 126, 326) und der andere an Herzinfarkt (Gier

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2009: 78)16 – und kein gutes Verhältnis zu ihrer Großmutter, Tante und Cousine hat, ist ihr Leben ziemlich ruhig und sorglos (Gier 2009: 13-36). Zu Beginn der beiden Buchreihen ist nicht nur das Leben der beiden Protagonisten sehr unterschiedlich, sondern auch ihr Charakter. Da sie ein sorgenfreies Leben hat, ist Gwen am Anfang der Trilogie kindischer, naiver und von ruhigerer Natur als Elena. Gwen ist auch ziemlich ängstlich und ungeschickt, zum Beispiel tunkt sie oft beim Essen die Krawatte ihrer Schuluniform in ihren Teller (Gier 2009: 13-15). Elena ist hingegen mutig, idealistisch und bereit, alles zu tun, um andere zu verteidigen. Sie ist auch kämpferisch, aber sie mag ihre impulsive und feurige Natur nicht, weil sie Angst hat, dass sie wie ihr Vater werden wird (Briggs 2016a: 97, 157, 191). Wenn ein Restaurantleiter zu Beginn von Future Shock ihre Bewerbung ablehnt, wird sie wütend und merkt, dass sie gerne mit ihm streiten würde (Briggs 2016: 4) und wenn sie sich beim ersten Treffen mit den anderen Teilnehmern des Chronos-Projekts mit Chris streitet, hofft sie, dass er sie angreifen wird. Nachdem sie unterbrochen wurden, denkt sie: „I should be relieved that Lynne stopped the fight before anything happened, but instead I’m disappointed. And I hate myself for feeling that way“ (Briggs 2016a: 19). Elena und Gwen haben jedoch etwas Gemeinsam: Beide sind irgendwie besonders, Elena hat tatsächlich ein eidetisches Gedächtnis und Gwen hat die angeborene Fähigkeit, Geister zu sehen. Diese Besonderheiten unterscheiden sie von ihren Altersgenossen und bringen sie in Verlegenheit. Elena fühlt sich sogar wie ein „freak“ (Briggs 2016a: 5, 9) und versucht, ihre erstaunlichen Gehirnleistungen zu verbergen, weil die Anderen immer mit „[e]yes wide, mouths open, suspicion and shock creasing their brows“ (Briggs 2016: 4) darauf reagieren. Sogar in den Schultests gibt sie absichtlich einige falsche Antworten, um zu verhindern, dass die Lehrer misstrauisch werden und ihre Klassenkameraden sie wegen ihrer hohen Noten verspotten (Briggs 2016a: 8). Gleicherweise redet Gwen mit den Geistern, die sie kennt, z.B. mit James Pimplebottom, der die Schule herumläuft und nicht begreifen will, dass er gestorben ist (Gier 2009: 19-21), oder Xemerius, ein Wasserspeierdämon, den sie in einer Kirche kennenlernt (Gier 2010a: 20-26), in Anwesenheit anderer Menschen nicht, weil diese sie „für einen Lügner und Schauspieler oder aber – in den meisten Fällen – für verrückt“ (Gier 2010a: 26)

16 Dies ist die anfangs erwähnte Todesursache, aber in Smaragdgrün stellt sich heraus, dass er stattdessen getötet wurde, weil er fast entdeckt hatte, dass Mr. Whitman der Graf von Saint Germain ist (Gier 2010b: 467). 43 halten würden. Als Kind war sie nicht so aufmerksam und erzählte ihrer Verwandten von den Gespenstern und Wasserspeiern, die sie sah. Während ihre Mutter ihr immer geglaubt hat (Gier 2009: 63), meinen Charlotte und Tante Glenda, sie spreche mit imaginären Freunden oder sie erfinde alles, um sich in den Mittelpunkt zu stellen (Gier 2009: 22, 2010a: 80). Im Rahmen der Geschichte ändern sich das Leben und der Charakter beider Mädchen im Vergleich zum Anfang erheblich. Das ruhige Alltagsleben von Gwen wird durch die verschiedenen Ereignisse bedroht, die in der Trilogie aufeinander folgen, und durch die Entdeckung, dass sie nicht nur Zeitreisende und Tochter zweier Teenager, sondern auch unsterblich und unverwundbar ist. Darüber hinaus erweist sie sich im Laufe der Trilogie auch mutiger und störrischer als sie dachte, z.B. zögert sie nicht, Gideon zu Hilfe zu kommen, wenn er mit den Männern der florentinischen Allianz im Hyde Park kämpft (Gier 2009: 261-262), oder eine Haarnadel in die Hand von Miro Rakoczy zu treiben, weil er sie zwingen wollte, eine Droge zu trinken (Gier 2010b: 262-263). Sie ist auch bereit, alles zu tun, um den Grafen von Saint Germain zu besiegen. Am Ende der Trilogie kehrt Gwen mehr oder weniger zur Normalität zurück, aber jetzt ist sie sich ihrer Herkunft und ihren eigenen besonderen Qualitäten bewusst, reifer und sehr verliebt. Elena macht allerdings keine überraschenden Entdeckungen über sich selbst, aber ihr Leben wird durch die Erlebnisse in der Zukunft stark verändert. Tatsächlich lernt sie in Future Shock in wenigen Stunden, in einer Gruppe zu arbeiten, dauerhafte Bindungen aufzubauen, anderen zu vertrauen, zu lieben, aber auch ihre eigene Zerbrechlichkeit zu zeigen. Sie weint zum Beispiel, wenn sie befürchtet, eine Mörderin zu sein, und erzählt Adam von einigen gewalttätigen Episoden ihrer Vergangenheit (Briggs 2016a: 166-167). Sie lernt auch, dass die Gefahr besteht, noch mehr zu leiden, wenn man an jemandem hält: Zu Beginn von Future Threat fühlt sich schuldig, dass sie Zoe und Trent nicht retten konnte, und sagt: „their deaths continue to haunt me. I failed them. I have to live with that. Forever“ (Briggs 2017: 6). Auch nach der ersten Reise in die Zukunft im zweiten Roman, wenn sie, Adam und die Mitglieder des Echo-Teams Ken und Chris tot auffinden, reagiert Elena sehr schlecht: „I can’t breathe. Can’t get enough oxygen. I’m hyperventilating, choking on the very thing I need to survive. My head pounds so hard I think it might explode. My vision is blurry, with tears or from the pain and dizziness, I don’t know“ (Briggs 2017: 136). Ihr psychischer Zustand wird erst am Ende des zweiten Romans besser, wenn es den Jugendlichen gelingt, alle ihre

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Freunde zu retten, und paradoxerweise nach Jeremys Tod durch die Hand von Elena selbst. Sie erklärt: „There’s blood on my hands, but the flashbacks have stopped, along with the nightmares and panic attacks. I’m not cured. I know that. [...] But I’m learning to live with my memories and to not let them control me“ (Briggs 2017: 260). Eine weitere Tatsache, die sie im Verlauf der beiden Romane erkennt, ist, dass das, was sie anfänglich als Schwächen betrachtete, d.h. ihre Impulsivität und ihr eidetisches Gedächtnis, keine Einschränkungen sind, sondern Ressourcen. Ihre Bereitschaft zum Handeln, zusammen mit ihrer Fähigkeit zu kämpfen, retten sie und ihre Freunde in vielen Gelegenheiten, insbesondere bei Zusammenstößen mit Lynne und Jeremy. Ihr perfektes Gedächtnis ermöglicht es ihr hingegen, kleine Details zu bemerken, die andere möglicherweise übersehen, und sich nützliche Informationen zu merken. Zum Beispiel erinnert sie sich an die Orte und Zeiten des Todes ihrer Freunde, nachdem sie diese in den Dokumenten gelesen hat, die von Adams zukünftigem Ich für sie hinterlassen wurden und weshalb sie an diese Orte gehen kann, um zu versuchen, ihren Tod zu vermeiden (Briggs 2016a: 132-133, 232-240).

4.3 Typische Elemente der Jugendliteratur Viele im Kapitel 3.2 erklärten Elementen der Jugendliteratur erkennt man auch in Giers Trilogie und Briggs Future Shock und Future Threat. Die Sprache beider Buchreihen ist für ein junges Publikum geeignet, daher fließend und einfach zu verstehen und die Sätze der jungen Figuren geben die Ausdrucksweise von Jugendlichen wieder. In Future Shock und Future Threat benutzen die Protagonisten sehr oft umgangssprachliche Ausdrücke wie „dude“ und „guy“ und Kontraktionen wie „c’mon“ und „’cause“. Abkürzungen wie „juvie“ anstatt „juvenile hall“ (Briggs 2016a: 25) oder „sec“ anstatt „second“ (Briggs 2016a: 75, 113, 146) sind auch häufig. Ähnlicherweise werden in der Edelstein-Trilogie Ausdrücke wie „Typ“, „Kerl“ und „cool“ oft verwendet. Beide Buchreihen enthalten auch manche Fluchworte. In Bezug auf die Botschaft an junge Leser wollten beide Autoren zeigen, wie wichtig Mut, Freundschaft und zwischenmenschliche Zusammenarbeit sind. Die beiden Protagonistinnen, Elena und Gwen, welche, wie bereits im Kapitel 4.1.1 erklärt, mit dem Vergehen der Zeit reifer werden und welche gegen die Macht kämpfen, in Elenas Fall gegen Aether Corporation, „one of the biggest tech companies in the world“ (Briggs 2016a: 8), in Gwens Fall gegen die nur von

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Männern regierten Geheimloge und den sexistischen Grafen von Saint Germain, können eine Inspiration für junge Leser, insbesondere für Mädchen, sein. Briggs befasst sich auch mit dem Thema Vielfältigkeit der modernen Gesellschaft, indem sie unterschiedliche Rassen, sozialen Status und sexuelle Orientierungen darstellt. Sie meint tatsächlich, Autoren haben die „responsability to accurately reflect the world around [them], which includes many different types of people. Books, especially for kids and teens, should act as both mirrors and windows, so that readers can both see themselves in them and see people who are different from them“ (Briggs 2016a: 269). Wie sie selbst in einem kurzen Artikel für die Webseite Diversity in YA erklärt, wollte Briggs mit ihrer Trilogie, insbesondere im ersten Band, die Leser auch auf die Probleme aufmerksam machen, mit denen Pflegekinder ihr ganzes Leben lang zu kämpfen haben, speziell wenn sie sich fast volljährig sind (Briggs 2016b: unpag.). In ihren Romanen gibt es auch weitere wichtige Themen wie häusliche Gewalt, Mobbing, Tod, Krebs und andere Gesundheitsprobleme, z.B. die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Aus pädagogischer Sicht kann Giers Trilogie hingegen auch junge Leser über Rollenerwartungen und Gesellschaftsordnungen aus dem 18. Jahrhundert informieren. Ein weiteres typisches Element der Jugendliteratur, das beide Buchreihen gemeinsam haben, ist die erste (wahre) Liebe17. In Future Shock gibt es eine sofortige Attraktion zwischen Elena und Adam, auch vor ihrer Zeitreise. Beim ersten Treffen zwischen den fünf Jugendlichen verteidigt Elena Adam gegen Chris (Briggs 2016a: 17), dann zeigt Adam Interesse an ihr und schenkt ihr ein Origami-Einhorn. Das Mädchen ist sehr überrascht, weil sie nicht an Freundlichkeit gewöhnt ist (Briggs 2016a: 25). Dann fängt sie an, ihn mit anderen Augen zu sehen und sich zu ihm hingezogen zu fühlen (Briggs 2016a: 26). Die Verbindung und die unmittelbare Anziehungskraft zwischen den beiden werden auf der Reise in die Zukunft gestärkt. Sie lernen aber auch, sich besser zu kennen, einander zu vertrauen und sich in den schwierigsten Momenten gegenseitig zu unterstützen und zu beruhigen. Obwohl Elena versucht, ihn fernzuhalten, weil sie zu unterschiedlich sind und weil er „too good for [her]“ (Briggs 2016a: 167) ist, muss sie ihre Gefühle für Adam anerkennen (Briggs 2016a: 167). Die Tatsache, dass sie wenig Zeit haben und nicht wissen, ob sie die Zukunft verändern können, führt zu einer schnellen Entwicklung ihrer

17 Elena hat bereits Beziehungen mit anderen Jungen gehabt, aber sie war in diese nicht verliebt (Briggs 2016a: 196; 2017: 264). 46

Beziehung. Auch wenn sie in die Gegenwart zurückkehren und Adams Treue in Frage gestellt wird, beschließt Elena, ihm zu vertrauen und diese Entscheidung erweist sich als richtig (Briggs 2016a: 245-251). Am Ende des ersten Bands sind die beiden zusammen und glücklich, doch sechs Monate später, am Beginn von Future Threat, ist die Beziehung zwischen ihnen angespannt. Elena wird von Erinnerungen an den Tod ihrer Freunde und Schuldgefühle gequält und obwohl Adam rücksichtsvoll ist, schiebt sie ihn immer weiter weg und weigert sich, mit ihm über ihre Probleme zu sprechen. Elena hat immer noch viele Zweifel, die sie auch zuvor hatte: Sie glaubt nicht, dass sie sich Adams Liebe und Güte verdient, und befürchtet, dass ihre Beziehung nicht lange dauern wird. Sobald er merkt, wie unterschiedlich sie sind und wie sehr Elena „messed up“ ist (Briggs 2017: 14), wird er sie, wie andere Menschen vor ihm, verlassen. Nichtdestotrotz kann sie ihn nicht verlassen, weil sie ihn braucht (Briggs 2017: 3-16, 175, 234). Im Laufe des Romans scheint ihre Beziehung immer mehr in Gefahr zu sein, als die Versionen der Zukunft mehr und mehr negativ werden (in einer sind die beiden geschieden, in der anderen ist Adam im Gefängnis und Elena gestorben) (Briggs 2017: 175, 230-231). Elenas abweichendes Verhalten und ihre Zweifel über ihre Beziehung schmerzen und verwirren Adam, aber er bleibt immer bei ihr (Briggs 2017: 76-77, 163-167, 217- 223). Gegen Ende des Romans bekennt er sich ihr zur ewigen Liebe. An diesem Punkt hört Elena auf, ihn wegzuschieben und gibt zu, dass sie ihn liebt (Briggs 2017: 233-234). Wie aus dem Ende des Romans zu erkennen ist, in welchem Elena entdeckt, dass Adam eine Dosis von Genicote (d.h. ein Krebsheilmittel, das er selbst in der Zukunft erfinden wird) in der letzten Zukunftsversion gestohlen hat, sind die Probleme zwischen ihnen noch nicht abgeschlossen und werden sich im dritten Roman der Trilogie fortsetzen (Briggs 2017: 264-265). Zwischen Gwen und Gideon gibt es hingegen zu Beginn keine gute Beziehung. Bei ihrem ersten Treffen scheint Gideon überhaupt nicht an dem Mädchen interessiert zu sein, so dass er sogar ihren Namen verwechselt (Gier 2009: 144, 158), außerdem behandelt er sie mit Gleichgültigkeit und Verachtung und betrachtet sie wie „ein Kind“ (Gier 2009: 179, kursiv im Original). Er behauptet, in der Lage zu sein, die Mission allein abzuschließen, da Gwen, aufgrund ihrer mangelnden Vorbereitung und Unzulänglichkeit, den Erfolg der Mission selbst gefährden könnte (Gier 2009: 159, 178-180). Gwen ihrerseits fühlt sich sofort von ihm angezogen (Gier 2009: 143, 176-177), aber die arrogante Haltung des Jungen ihr gegenüber

47 macht sie sehr wütend (Gier 2009: 179-186). Bei ihrem ersten Besuch des Grafen behandelt Gideon sie zwar besser (Gier 2009: 227), doch erst wenn sie ihm das Leben im Hyde Park rettet, beginnt er sich ihr gegenüber anders zu verhalten: Er muss den Mut des Mädchens anerkennen und tröstet sie, wenn sie zu weinen beginnt (Gier 2009: 271-273). Nach dem unerwarteten Treffen mit Lucy und Paul küssen sich die beiden (Gier 2009: 338), aber später verhindern Geheimnisse und Verdacht, dass sie zusammen glücklich sein können: Gideon vermutet, dass Gwen in Zukunft jemanden dazu bringen wird, ihn zu verletzen und dass sie Maßnahmen ergreifen wird, um ihn und die Mission zu behindern (Gier 2010a: 48-49, 252-261), während Gwen heimlich beginnt, über den Grafen, Lucy und Paul nachzuforschen (Gier 2010a: 85-94, 205-212). Am Ende von Saphirblau scheint sich die Situation geklärt zu sein, da Gwen Gideon verrät, dass sie Geister sehen kann (Gier 2010a: 329) und Gideon seine Liebe gesteht (Gier 2010a: 351). Dann erzählt jedoch der Graf Gwen, dass er Gideon geraten hat, seine Zeitreisepartnerin dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben, um sie steuern und manipulieren zu können (Gier 2010a: 364-365). Zum Zeitpunkt der Konfrontation gibt Gideon zu, dass dies wahr ist, aber er hat keine Zeit, sich zu rechtfertigen (Gier 2010a: 371). Die Beziehung zwischen den beiden verbessert sich schließlich nach einem Ball im 18. Jahrhundert, bei dem Gwen tödlich verwundet wird und Gideon ihr verzweifelt sagt, dass er sie liebt (Gier 2010b: 284). Die Tatsache, dass Gwen überlebt, weil sie unsterblich ist, löscht alle Spuren früherer Meinungsverschiedenheiten und überzeugt die beiden Jugendlichen, aufrichtig miteinander umzugehen und zusammenzuarbeiten, um den Grafen zu besiegen (Gier 2010b: 304-329). Am Ende der Trilogie gibt es ein Happy End für die beiden: Da auch Gideon jetzt dank dem Stein der Weisen unsterblich ist, können sie für immer zusammenleben (Gier 2010b: 470-471). Sowohl in Briggs als auch in Giers Romanen gibt es zwei weitere Teenager- Liebespaare: Bei einem haben die beiden Jugendlichen noch nicht zugegeben, dass sie Gefühle füreinander haben, bei dem anderen sind die beiden schon lange zusammen und haben bereits ein Kind oder warten auf eins. Die erste Gruppe umfasst Ken und Paige von Future Threat, die sich zueinander angezogen fühlen, es sich aber nicht gegenseitig eingestehen (Briggs 2017: 202-203), und Raphael und Leslie von der Edelstein-Trilogie; Raphael macht sofort klar, dass er sich von Leslie angezogen fühlt (Gier 2010a: 337-338), während das Mädchen nicht zugeben will, dass sie ihn sehr mag (Gier 2010a: 338, 2010b: 21-22, 52). Zur zweiten Gruppe

48 gehören Chris und seine Freundin Shawnda, die zu Beginn von Future Threat zusammen ein Haus gekauft haben und sind dabei, ein Baby zu bekommen und ihre Hochzeit zu planen (Briggs 2017: 23-24), und Lucy und Paul, die sich während ihrer Zeitreisen verliebten und Gwen als Teenager bekamen, aber kurz danach ohne sie in die Vergangenheit fliehen mussten (Gier 2009: 8-9, 2010a: 10-12, 2010b: 340-341). Im Epilog von Smaragdgrün erwarten sie ein zweites Kind (Gier 2010b: 481).

4.3 Die Zeitreise 4.3.1 Methode und Merkmale der Zeitreise In Future Shock und Future Threat ist die Zeitreise nur durch einen bestimmten Beschleuniger möglich, der vom Technologieunternehmen Aether Corporation erstellt wurde. Er „creates a rift in space-time continuum“ (Briggs 2016a: 19) und ermöglicht es daher, eine „temporal aperture“ (Briggs 2016a: 19) zu öffnen, welche eine kleine Gruppe von Menschen für eine begrenzte Zeit in die Zukunft schicken kann. Das Funktionieren des Beschleunigers hat eine wissenschaftliche Grundlage, aber Briggs vermeidet es, bestimmte Details anzugeben. In der Tat unterbricht Lynne die Erklärung vom Maschinenhersteller Dr. Walter, wenn er von Adam befragt wird, wie der Beschleuniger genau funktioniert (Briggs 2016a: 19-20). Das Gerät befindet sich in einem Raum im Untergeschoss und wird als „a domed enclosure covered in thick metal tubes that hug the machine, wrapping around it and leaving only one gap for a small door“ (Briggs 2016a: 32) beschrieben. Wenn der Beschleuniger eingeschaltet wird, beginnt ein fünf Sekunden Countdown, die Wände und der Boden vibrieren mehr und mehr, wie bei einem Erdbeben. Dann hört alles auf und die Kuppel ist mit einem goldenen Licht gefüllt, das die „aperture“ (Briggs 2016a: 37) in Richtung Zukunft darstellt. Dann verschwinden die Wände des Beschleunigers und außerhalb der Kuppel wird alles dunkel. Bei der Ankunft in der Zukunft verschwindet das Licht und der Raum wird sichtbar. In der Zukunft gibt es keinen Beschleuniger, sondern einen roten Kreis, der den entsprechenden Bereich markiert, wo bei der Rückkehr in die Gegenwart die goldene Lichtkuppel aus dem Nichts erscheint und sechzig Sekunden lang offen bleibt. Wenn man diese Zeitspanne verpasst, bleibt man in der Zukunft gefangen, genau wie es dem Echo-Team in Future Threat passiert. Sobald man in das Licht eingetreten ist, verschwindet man von der Zukunft und befindet sich in der Gegenwart innerhalb des Beschleunigers (Briggs 2016a: 32-38, 219-221, 2017: 39-40, 141-143, 167-168).

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Da die Zeitreise nur durch eine Maschine möglich ist, könnte man behaupten, dass jeder sie benutzen könnte, aber dies ist nicht der Fall. Nur junge Leute bis zum ca. 20. Lebensjahr, deren Gehirne sich noch in der Entwicklungsphase befinden, können durch die Zeit reisen, ohne bei ihrer Rückkehr gesundheitliche Schäden zu erleiden (Briggs 2017: 33). Vor der Rekrutierung von Elena und ihre Freunde führte Aether Corporation Experimente mit Erwachsenen durch, aber diese kamen jedes Mal mit dem sogenannten „Future Shock“, d.h. „shock from the time dilation“ (Briggs 2016a: 149), zurück, dessen Symptome „[p]aranoia, memory loss, madness“ (Briggs 2016a: 149) sind. Zu diesem Zeitpunkt beschloss die Firma, es mit Teenagern zu versuchen. Während sie in der Zukunft sind, erfahren Elena und ihre Freunde aus den Missionsberichten, dass auch sie angeblich von der Zeitreise mit diesem „Future Shock“ zurückkehren werden und dass Dr. Walters später den Beschleuniger zerstören wird, um zu verhindern, dass Versuche mit noch jüngeren Versuchsobjekten unternommen werden (Briggs 2016a: 149-151, 207-208). Bei ihrer Rückkehr in die Gegenwart stellen die Jugendliche jedoch fest, dass es ihnen gut geht, aber sie täuschen Verwirrung und Gedächtnisverlust in Bezug auf die Zukunft vor, weil sie vermuten, dass sich Aether Corporation hinter ihrem eigenen Tod verbergen wird (Briggs 2016a: 217-226). In Future Threat wird erklärt, dass die Firma herausgefunden hat, dass sie gelogen haben: Es gab keine Anzeichen dafür, dass sie einen Hirnschaden erlitten hatten und sie reagierten auch anders als frühere Versuchsobjekte. Deshalb wurde eine weitere Gruppe Teenager rekrutiert (Briggs 2017: 32). Sobald diese von der Zukunft nicht zurückkehrt, wendet sich Aether Corporation an Elena, Adam und Chris. In der Tat können nur andere Teenager das Echo-Team abrufen, ohne den „Future Shock“ zu riskieren, und das Unternehmen hat im Moment kein anderes Team zur Verfügung. Zusätzlich sind Elena, Adam und Chris bereits in der Zukunft gewesen und wissen, was sie sich erwarten können (Briggs 2017: 34). Ziel der Zeitreise in Briggs Romane ist die Zukunft. Es wird nicht erklärt, ob man durch den Beschleuniger auch in die Vergangenheit reisen könnte, aber es ist sicher, dass niemand von der Zukunft die „aperture“ (Briggs 2016a: 37) nutzen kann, um in die Gegenwart zu reisen (Briggs 2017: 140) In all der Zeitreisen werden die Jugendlichen dreißig Jahre in die Zukunft geschickt, obwohl es wahrscheinlich möglich wäre, noch weiter vorwärts zu reisen. In Future Shock bleiben die Protagonisten 24 Stunden lang dort (aufgrund der Zeitdilatation verbringen hingegen

50 nur dreizehn Minuten in der Gegenwart) (Briggs 2016a: 36, 221), während in Future Threat Aether Corporation erklärt, dass sie herausgefunden hat, dass fünf Stunden der ideale Zeitrahmen für eine Mission sind. Auf diese Weise ist es für die Zeitreisenden weniger anstrengend und die Gesundheitsrisiken werden vermindert. In diesem Band ist dies daher die Dauer der ersten Zeitreise von Elena und ihren Freunden (Briggs 2017: 38), während sie in den anderen zwei Reisen nur drei bzw. eine Stunde in der Zukunft verbringen (Briggs 2017: 166, 220). In der Edelstein-Trilogie wird die Fähigkeit durch die Zeit zu reisen mittels einem X Faktor begründet, der sich zwischen dem 16. und dem 21. Jahrhundert nur bei zwölf Personen18 gezeigt hat. Es wird angenommen, dass es sich um ein Gen handelt, da alle Zeitreisenden zwei Abstammungslinien angehören, einer männlichen und einer weiblichen (Gier 2009: 153, 219), aber dies wurde nie festgestellt. Es gibt jedoch etwas Besonderes, das sich in ihrem Blut befindet (Gier 2009: 148). Das Geburtsdatum der meisten Zeitreisenden wurde von Isaac Newton ausgerechnet und es ist daher möglich, mit Sicherheit festzustellen, wer der bzw. die nächste ist19 (Gier 2009: 55-56). Die Zeitreisenden können nur in die Vergangenheit reisen, weil die Zukunft „noch gar nicht stattgefunden hat“ (Gier 2009: 69), und das passiert täglich, sogar mehrmals am Tag (Gier 2009: 57, 145). Die Dauer und Häufigkeit der Zeitreisen variiert von Zeitreisendem zu Zeitreisendem und der Ankunftszeitpunkt ist meistens unvorhersehbar. Dies gilt nicht für den Initiationssprung, d.h. die erste Zeitreise bzw. den ersten „Zeitsprung“, welcher zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr stattfindet20 und in welchem die Zeitreisenden höchstens hundertfünfzig Jahre zurückspringen können (Gier 2009: 11, 41, 56-57, 145-149, 173). Die Zeitsprünge sind unfreiwillig und werden durch ein „Schwindelgefühl im Magen“ (Gier 2009: 81), „wie auf der Achterbahn, wenn man von der höchsten Stelle bergab rast“ (Gier 2009: 13), sowie auch durch weiche Knie und Kopfschmerzen vorankündigt (Gier 2009: 11-13, 29, 46, 81, 98, 151-152). Die Sprünge in die Vergangenheit geschehen wie folgend: Der Zeitreisende fühlt sich in die Luft gezogen, die Umgebung verschwimmt und verschwindet von den Augen, bevor er in

18 Eigentlich sind sie dreizehn, aber zwei sind Zwillinge und werden immer als eine Einheit betrachtet (Gier 2009: 153). 19 Es war nicht möglich vorherzusagen, dass die letzte Zeitreisende, der Rubin, Gwen war, weil ihre Mutter darauf bestand, dass sie einen Tag später geboren wurde, als Newton erwartete. Ihre Cousine Charlotte wurde hingegen am richtigen Tag geboren, und alle glaubten, sie sei der Rubin (Gier 2009: 114-115, 123-125). 20 Deshalb fungiert er als „Initiationsritus innerhalb der Pubertät“ (Planka 2014: 99). 51 der Vergangenheit landet. Das Gleiche passiert vor dem Zurückkehrem in die Gegenwart (Gier 2009: 46-54, 81-86, 98-104, 152-158). Um die unkontrollierten und daher gefährlichen Zeitreisen zu vermeiden, verwendet jeder Zeitreisende den sogenannten Chronografen, welcher ihm erlaubt, zu elapsieren, d.h. in eine bestimmte, sichere Zeit in der Vergangenheit zu reisen (Gier 2009: 57, 179). Wenn Gwen den Chronografen zum ersten Mal sieht, glaubt sie, er sei eine großartige Kaminuhr (Gier 2009: 209). Wenn sie merkt, dass sie sich getäuscht hat, beschreibt sie ihn wie folgend: [Es war] ein merkwürdiger Apparat aus poliertem Holz und Metall mit zahllosen Knöpfen, Klappen und Rädchen. Alle Flächen waren mit Miniaturen von Sonne, Mond und Sternen bemalt und mit geheimnisvollen Zeichen und Mustern beschrieben. Er war geschwungen wie ein Geigenkasten und mit funkelnden Edelsteinen besetzt, so fette Klunker, dass sie unmöglich echt sein konnten. (Gier 2009: 210) Um mit dem Chronografen in die Vergangenheit reisen zu können, muss jeder Zeitreisende zuerst drei Tropfen seines Blutes im Apparat „einlesen“ bzw. einfüllen (Gier 2010b: 101). Jedes Mal, wenn man elapsiert, muss vor allem die gewünschte Zeit angegeben werden. Die Zeiteinstellung ist ziemlich kompliziert: Das Jahr wird in römischen Ziffern bestimmt und die Monate folgen dem keltischen Kalender (Gier 2010b: 98). Danach führt der Zeitreisende einen Finger in eine Öffnung, unter welcher sich einer der zugewiesenen Edelsteine21 befindet. Dann sticht eine Nadel die Fingerspitze, sodass ein Blutstropfen austritt, der die Zahnräder des Geräts auslöst. Dann leuchtet der Edelstein auf und der Zeitreisende verschwindet und gelangt zum gewählten Zeitpunkt in der Vergangenheit an (Gier 2009: 211-212). Man muss jedoch aufpassen, den Chronografen während des Abfahrtsprozesses nicht zu berühren oder festzuhalten, sonst würde er mit dem Zeitreisenden in die Vergangenheit reisen und der Letztere könnte nicht mehr in die Gegenwart zurückkehren (Gier 2009: 190, 2010b: 105). Bei der Wiederkehr tritt das gleiche Schwindelgefühl wie bei der unkontrollierten Hinfahrt auf (Gier 2010a: 20, 159). Der Zeitreisende kehrt am Ende der für die Zeitreise festgelegten Zeit automatisch in die Gegenwart zurück und kommt genau dort an, wo er in der Vergangenheit war (Gier 2009: 267). Die in der Vergangenheit verbrachte Zeit entspricht der in der Gegenwart

21 Jeder Edelstein entspricht einem der Zeitreisenden, welchem auch eine Tonart, ein Tier, ein Baum und ein Schritt zur „Herstellung des Steins der Weisen“ zugeordnet ist (Gier 2009: 105, 120-121, 265; 2010a: 97). 52 verbrachten Zeit, deshalb, wenn jemand eine Stunde in der Vergangenheit bleibt, entdeckt er bei seiner Rückkehr in die Gegenwart, dass eine Stunde vergangen ist. Die Benutzung vom Chronografen wird mehreren Bedingungen bzw. Beschränkungen unterlegt: Jeden Tag müssen die Zeitreisenden mindestens drei Stunden und höchstens fünfeinhalb Stunden – auch in mehreren Zeitreisen unterteilt – elapsieren. Das Überschreiten der Höchstgrenze kann zu gesundheitlichen Problemen führen: „Kopfschmerzen, Schwindel- und Schwächegefühle […], eine starke Beeinträchtigung der Wahrnehmungs- und Koordinationsfähigkeiten“ (Gier 2010b: 167). Keiner der Zeitreisenden kann mit dem Chronografen – wie auch ohne – „innerhalb seiner eigenen Lebenszeit“ (Gier 2009: 148) oder weiter als fünfhundert Jahren zurückspringen (Gier 2009: 151). Außerdem kann niemand außer den zwölf Zeitreisenden kann den Chronografen benutzen, auch nicht zusammen mit einem Zeitreisenden, weil seine Zellstruktur durch die Zeitreise aufgelöst würde (Gier 2009: 43, 70, 2010b: 285). Eigentlich gibt es nicht nur einen, sondern zwei Chronografen und in der Trilogie gibt es keine Angaben ihrer Herkunft oder ihres Erfinders22. In der Gegenwart wurde einer der beiden von Lucy und Paul gestohlen, um die Schließung des Blutkreises zu verhindern (Gier 2009: 190-191, 330), während der andere, welcher defekt war, wurde nach der Reparatur von Gideon das ersten Mal benutzt (Gier 2009: 164, 184). Aus Sicherheitsgründen wird der Letztere in einem ehemaligen Alchemielabor tief unter der Erde in einem Safe aufbewahrt (Gier 2010a: 68, 81, 2010b: 95). Es war der Graf von Saint Germain, der die Chronografen entdeckt und herausgefunden hat, wie man sie verwendet. Er gründete 1745 eine Geheimloge, zu welcher Politiker, Wissenschaftler, Historiker, Philosophen und Adlige gehörten (während Frauen davon immer ausgeschlossen waren) (Gier 2009: 116, 145, 182-183, 216). Von diesem Moment an hat die Loge die Aufgabe gehabt, den Chronografen und die Zeiteisenden zu schützen, geheim vom Rest der Welt zu handeln und durch die Zeitreisenden den Graf über alle wichtigen Ereignisse zu informieren. Zum Beispiel überbrachte Gideon in einem seiner ersten kontrollierten Zeitsprünge dem Grafen die Nachricht vom Diebstahl des ersten Chronografen (Gier 2009: 221). Der Graf wiederum lässt die Zeitreisende Mitteilungen an die Wächter

22 Der Graf besaß einen Chronografen, während er den anderen von Madame d’Urfé erhielt, einer Zeitreisenden seiner Zeit und einer Vorfahrin von Gwen. Der Apparat war jahrelang im Besitz ihrer Familie gewesen, aber da vor dem Grafen niemand seine Funktion verstanden hatte, wurde der Chronograf auf einem Dachboden gestellt und geriet fast in Vergessenheit (Gier 2009: 236). 53 der Zukunft bringen (Gier 2009: 239-240). Auf diese Weise gelingt es ihm, seine Macht zu halten und Entscheidungen für die Loge zu treffen, auch wenn er im 18. Jahrhundert lebt. Der Graf verriet den Mitgliedern des obersten Kreises der Loge auch das von ihm entdeckte „Geheimnis hinter dem Geheimnis“ bzw. das „Geheimnis der Zwölf“ (Gier 2009: 182, kursiv im Original), welches aufgedeckt wird, wenn der Blutkreis im Chronografen geschlossen ist, d.h. sobald alle zwölf Zeitreisende ihr Blut in den Chronografen eingelesen haben (Gier 2009: 182-184). In diesem Moment kommt der Stein der Weisen aus dem Chronografen, der anscheinend die Menschheit vor Krankheit und Tod schützen und heilen soll (Gier 2010b: 101-102, 323). Im Gegensatz zu Elizabeth Briggs, die eine, wenn auch nicht sehr gründliche, wissenschaftliche Erklärung der Zeitreise gibt, verbindet Kerstin Gier Technik mit Magie bzw. Fantasie: Der Chronograf scheint als technisches, (fast) wissenschaftliches Element zu wirken, aber die Notwendigkeit, einen Tropfen Blut zu liefern, die Anwesenheit von astrologischen Zeichen und Edelsteinen auf dem Apparat, die Verwendung des alten keltischen Kalenders zur Einstellung der Monate und die Tatsache, dass man nach der Schließung des Blutkreislaufs den Stein der Weisen erhalten sollte, stellen eine Verbindung zur Magie dar (Gier 2009: 210, 2010b: 98). Dasselbe gilt für den Faktor X, welcher ein genetisches Merkmal sein muss, das die Mitglieder der beiden Familien über Jahrhunderte weitergegeben haben, welches aber niemand erklären kann (Bauernberger 2010: 96-97; Planka 2014: 97-99).

4.3.2 Zweck der Zeitreise In Future Shock und Future Threat ist das Ziel der Zeitreise für Aether Corporation, ein Unternehmen, das für „some of the biggest innovations in history“ verantwortlich ist und dessen Produkte von „millions of people all around the world“ verwendet werden (Briggs 2016a: 19), zukünftige Technologien und Ideen zu gewinnen, die die Firma reproduzieren und entwickeln kann. Die Projektteilnehmer werden deshalb gebeten, Informationen über die Technologie zu sammeln, so viel wie möglich davon in die Gegenwart zu bringen und ihre „general impressions of the future, including news about the world“ (Briggs 2016a: 21) aufzuzeichnen (Briggs 2016a: 19-21). Von der ersten Mission, die in Future Shock erzählt wurde, bekommt die Firma keine der gewünschten Informationen, tatsächlich ließen Elena und ihre Freunde in der

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Zukunft alles, was sie gesammelt hatten (Briggs 2016a: 217). Von den zwei Reisen in die Zukunft hat das Echo-Team hingegen viel für das Unternehmen Nützliches mitgebracht (Briggs 2017: 32). Das dritte Mal, in welchem sie aus der Zukunft nicht zurückkehrten, hatten sie die Aufgabe, in die Labors von Pharmateka, einer Konkurrenzfirma von Aether Corporation, einzudringen, um das Design eines Generators für das synthetische Wasser zu stehlen, damit Aether Corporation als erste es auf den Markt bringen könnte. Obwohl die Methoden der Aether Corporation, z.B. der Einsatz von Jugendlichen für die Mission, fraglich sind, sind ihre Absichten gut und ihr Ziel ist letztendlich die Verbesserung des Lebens aller Menschen. Der Generator, zum Beispiel, wäre die Lösung gegen Dürre und Welthunger (Briggs 2017: 50-51). In beiden Romanen ist Aether Corporation jedoch nicht die einzige, die von der Reise in die Zukunft der Protagonisten profitiert. Tatsächlich bestand Lynne in Future Shock darauf, dass Jugendliche rekrutiert werden, sodass sie Adam schicken konnte, um einige Dosen Genicote aus der Zukunft zu bringen. Er wird Genicote in zehn Jahren erfinden, deshalb änderte Lynne die Beschleunigereinstellungen, um die Gruppe dreißig Jahre vorwärts zu schicken. Sie hoffte, dass die Behandlung in der Zwischenzeit ausreichend getestet und leicht verfügbar gewesen wäre. Die Dosen werden später verwendet, um das Krebs von Lynnes Tochter und von Adams Mutter, dank Adams Teilnahme an dem Projekt, zu heilen (Briggs 2016a: 246-250, 255-256). Jeremy, der in Future Threat die Rolle der Antagonist spielt, nimmt mit der Anrede an dem Projekt teil, dass er seine Fähigkeiten seinem Vater beweisen und ihn beeindrucken will. In Wirklichkeit will er aber eine Dosis Genicote in die Gegenwart bringen, um ihn zu besiegen und Aether Corporation zu zerstören (Briggs 2017: 34, 116-117, 255-256). Was die Jugendlichen angeht, akzeptieren Elena, Chris, Trent und Zoe in Future Shock das zu tun, was von der Aether Corporation gefordert wurde, da sie bei ihrer Rückkehr eine Menge Geld erhalten werden, mit welchem sie eine bessere Zukunft haben können. In Future Threat werden Elena, Chris und Adam von Aether Corporation unter Drogen gesetzt und im Beschleuniger eingeschlossen, sodass sie gezwungen sind, in die Zukunft zu reisen, um das Echo-Team in die Gegenwart zurückzubringen. Sie beschließen mitzuarbeiten, um das Leben der anderen Jugendlichen zu retten, aber auch, weil sie neugierig sind, ihre neue Zukunft zu entdecken. Tatsächlich suchen sie fast sofort nach ihrem zukünftigen Ich (Briggs

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2017: 29-38, 58-63). Die anderen beiden Male, die sie im zweiten Band in die Zukunft reisen, bestehen Elena und Adam zusammen mit Echo-Team darauf, in die Zukunft zurückzukehren, um das Leben ihrer Freunden (zuerst Chris und Ken, dann Chris und Zahra) zu retten (Briggs 2017: 144-164, 212-216). In der Edelstein-Trilogie ist die Loge seit Jahrhunderten bemüht, den Blutkreislauf des Chronografen zu schließen und den Stein der Weisen zu erhalten, der das Schicksal der Menschheit verändern könnte (Gier 2009: 184, 2010a: 92, 2010b: 101-102, 323). Der Graf hat jedoch die Wächter immer angelogen, um sie zur Durchführung seiner Befehle zu überreden: Der Stein der Weisen macht in Wirklichkeit unsterblich und der Graf will ihn nur für sich selbst (Gier 2010b: 323- 324). Da er die Prophezeiungen studiert hat, weiß er, dass er in seiner Absicht Erfolg haben wird, aber auch, dass er nach der Geburt des letzten Zeitreisenden, d.h. Gwen, nicht mehr unsterblich sein wird. Deshalb beabsichtigt er, Gwen zu töten, sobald er in den Besitz des Steins gelangt (Gier 2010b: 325, 418). Niemand in der Loge, außer Lucy und Paul, hat jedoch die Absichten des Grafen in Frage gestellt. Nachdem der Chronograf gestohlen wurde, gab die Loge Gideon die Aufgabe, frühere Zeitreisende rechtzeitig davon zu überzeugen, wieder einen Tropfen Blut zu spenden, um den Blutkreis des neuen Chronografen zu schließen. Gideons Mission war in vollem Gange noch bevor Gwen herausfand, dass sie eine Zeitreisende war, und während der Trilogie läuft diese ohne eine wirkliche Beteiligung des Mädchens weiter. Gwen begleitet Gideon nur zu Lady Tilney, da die Frau, die sich weiterhin weigert, Gideon ihr Blut anzubieten, um ein Gespräch mit ihr gebeten hat (Gier 2009: 184-185, 234- 235, 302-308, 2010b: 215, 395). Außerdem nimmt Gwen zusammen mit Gideon 1792 auf Geheiß des Grafen auch an einer Soiree und einem Ball teil (Gier 2010a: 138, 283-329, 2010b: 238-284). Die Loge und der Graf haben jedoch keine Kontrolle darüber, was auf allen Zeitreisen passiert: Ohne ihr Wissen trifft Gwen ihren Großvater als jungen Mann und, wie bereits erwähnt, hilft er ihr, zu verstehen, warum Lucy und Paul verhindern wollten, dass der Kreis geschlossen wird, und welche die wahren Absichten des Grafen sind. Dank dem von Lucy und Paul gestohlenen Chronografen, der von Gwens Großvater für sie im Familienhaus versteckt wurde, kann sie ihn besuchen, ohne von der Loge abhängen zu müssen (Gier 2010a: 77-96, 197-219, 2010b: 86- 112, 132-136, 183-193). Dank ihm reisen Gideon und sie ins Jahr 1912, um mit Lucy und Paul zu reden und um zu überlegen, wie sie den Plan des Grafen verhindern

56 können (Gier 2010b: 382-397, 447-448). Diese „heimlichen“ Zeitreisen sind daher von dem Wunsch motiviert, die Wahrheit zu entdecken und den Grafen von Saint Germain aufzuhalten. Wie später noch näher erläutert wird, reisen Gwen und Gideon in die Vergangenheit aus einem anderen Grund, der nichts mit dem Grafen und der Mission zu tun hat: Sie impfen in im Jahre 1782 James Pimplebottom gegen Pocken, damit er im kommenden Jahr nicht daran sterben wird (Gier 2010b: 438-443).

4.3.3 Zeitreisemodelle und Paradoxa In beiden Buchreihen ist der Verlauf der Geschichte nicht festgelegt und Ereignisse können verändert oder vermeidet werden. Voraussichtlich wird das zweite Zeitreisemodell verwendet, obwohl es niemals öffentlich deklariert wird. In der Tat wird in Future Threat die Möglichkeit vermutet, dass eine Änderung der Gegenwart nicht zu einer Umschreibung der Zukunft führen kann, sondern zur Schaffung einer alternativen Zeitlinie (Briggs 2017: 51). Elizabeth Briggs zeigt, wie einfach es ist, die Zukunft zu verändern, indem unterschiedliche Entscheidungen in der Gegenwart absichtlich getroffen oder nicht getroffen werden. In Future Shock, nachdem sie vergeblich versucht hat, den Tod von Trent und Zoe zu verhindern und Chris zur Flucht zu überreden, geht Elena zu Adam, was sie, laut Adams zukünftigem Ich, nicht gemacht hat (Briggs 2016a: 244). Diese kleine Entscheidung erlaubt ihr zu verstehen, dass Lynne die Mörderin ihrer Freunde ist, Chris rechtzeitig zu warnen und auch ihr eigenes Leben zu retten (Briggs 2016a: 249-263). Die Auswirkungen davon auf die Zukunft sind riesig, wie die Jugendlichen während ihrer ersten Zeitreise in Future Threat erfahren: In dieser Zukunftsversion sind Elena und Adam verheiratet und haben eine Tochter, Chris ist mit Shawnda verheiratet und ihr Sohn ist Anwalt. Zusammen haben sie die Firma Future Vision Industries gegründet und Elena engagiert sich auch in einer Stiftung zur Unterstützung von Pflegekindern (Briggs 2017: 59-63, 123-129). Um nach den Mitgliedern des Echo-Teams zu suchen und Kens Leben zu retten, beschließen sie, sich zu trennen und nicht alle zusammen sich zu bewegen, wie dies aus dem Bericht der Aether Corporation hervorgeht, der bei ihrer Rückkehr in der Gegenwart zusammengestellt wurde (Briggs 2017: 44-51, 66). Diese vorsätzliche Veränderung der Zukunft hat jedoch nicht den gewünschten Effekt, weil Chris leider stirbt. Deshalb verändert eine verschiedene Entscheidung nicht nur die Zukunft, die ihrer Ankunft durch den Beschleuniger folgt, sondern auch die Gegenwart und die folgenden dreißig Jahren. Aufgrund des Todes von Chris,

57 zusammen mit den Spannungen in der Beziehung zwischen Elena und Adam, die sich in der Gegenwart verschärft haben, weist die nächste Zukunftsversion einige Unterschiede zur vorherigen auf: Ohne Chris haben Elena und Adam Future Vision Industries nicht gegründet, sie haben zwar geheiratet und haben eine Tochter, aber sie haben sich scheiden lassen, Chris Sohn ist im Gefängnis und Shawnda ist in einem Rehabilitationszentrum (Briggs 2017: 173-176). In der dritten Zukunftsversion gibt es noch mehr Unterschiede: Adam wurde vor zwanzig Jahren getötet und Elena ist in Gefängnis, also waren die beiden nie verheiratet und hatten auch keine Kinder, Aether Corporation ging bankrott, Pharmateka wurde zum mächtigsten Technologie- und Pharmaunternehmen der Welt. Genicote wird darüber hinaus als biologische Waffe eingesetzt und nur wer reich ist, kann es sich leisten, geheilt zu werden (Briggs 2017: 225-231). Einfluss auf die Zukunft haben in diesem Fall vor allem Jeremys Änderungen an seinem Plan, Aether Corporation zu ruinieren und Pharmateka, welches er selbst gegründet hat, so mächtig wie möglich zu machen. Bevor er zum letzten Mal in die Zukunft ging, wurde es ihm klar, dass er mit Adam befreundet sein musste. Damit konnte er zum richtigen Zeitpunkt seine Entdeckung von Genicote stehlen, ihn töten und eine Dosis davon nach dreißig Jahren in seiner Wohnung für sein jüngeres Ich zurücklassen, welches sie später in die Gegenwart bringen kann (Briggs 2017: 256). Die dritte Reise zeigt auch, dass eine Veränderung in der Zukunft eine unmittelbare Konsequenz haben kann: Elena macht einen Schnitt auf dem Arm vom jungen Jeremy der ersten Zukunftsversion und sofort erscheint die Narbe dieses Schnitts auf dem Arm des erwachsenen Jeremys der dritten Zukunftsversion (Briggs 2017: 245-246). Schließlich hat der Tod von Jeremy in der Gegenwart durch Elena zur Folge, dass seine Pläne nicht verwirklicht werden und dass Pharmateka wahrscheinlich nicht gegründet wird. Die dritte Version der Zukunft kann daher nicht mehr stattfinden. Die Tatsache, dass Elena und ihre Freunde in der Zukunft mehrmals zurückkehren können, um diese zu ändern, hat jedoch nicht nur negative Folgen. Informationen bzw. Erkenntnisse aus anderen Zukunftsversionen können dazu dienen, eine bestimmte Situation zu vermeiden, zu lösen oder zu verbessern. Dank dem Bericht von Aether Corporation, den Elena während ihrer ersten Zeitreise erhielt, erinnert sie sich an den letzten Ort, wo Ken war, bevor er seine Spuren verschwinden ließ, und es gelingt ihr, ihn aufzuspüren und ihn davon zu überzeugen, keinen Selbstmord zu begehen (Briggs 2017: 189-196). Aufgrund von dem, was

58 früher passiert ist, schaffen die Jugendlichen während der dritten Zeitreise, Zahras Tod sofort zu vermeiden. Chris Leben wird auch gerettet, weil Elena begreift, dass Jeremy bei jeder Zeitreise alle angelogen hat und dass er für den Tod ihres Freundes verantwortlich ist (Briggs 2017: 236-246). Dank dem, was sie während ihrer Zeitreisen erfahren haben, können Zahra und Paige ihre Gegenwart und damit angeblich auch ihre Zukunft verändern: Zahra beschließt, ihrem Bruder gegen seine Spielsucht helfen zu wollen, bevor es zu spät wird, und Paige entscheidet, ihren Freund zu verlassen, nachdem sie in der Zukunft die Wahrheit über ihn entdeckt hat (Briggs 2017: 262). Außerdem erzählt Elena Dr. Campbell in der Gegenwart, was die zukünftige Version der Frau ihr erzählt hat, d.h. dass ihr Ehemann während eines Raubüberfalls an ihrem fünften Hochzeitstag ermordet wurde. Wenn sie später in der Zukunft ankommt, stellt Elena mit Vergnügen fest, dass es der Frau dank diesen Informationen gelang, dem Ereignis auszuweichen und somit ihr Schicksal und das ihres Ehemannes zu ändern (Briggs 2017: 222-226). Wie es auch in der Edelstein-Trilogie erklärt wird, ist das Ändern der Vergangenheit sehr gefährlich, da jede Änderung nicht nur die Geschichte, wie die Protagonisten sie kennen, anders abspielen lässt, sondern auch viele Konsequenzen auf die Gegenwart hat. Das Ausführen einer bestimmten Handlung oder das Verhindern, dass Ereignisse auftreten oder auf bestimmte Weise stattfinden, kann den Ablauf der Ereignisse ändern (Gier 2009: 222). Die Loge, deren Aufgabe auch ist, sich zu vergewissern, dass die Zeitreisen den Lauf der Geschichte bzw. das Kontinuum nicht gefährden, hat diesbezüglich viele Regeln, u.a. das Verbot, während einer Reise in die Vergangenheit anachronistische Gegenstände wie eine semi-automatische Pistole oder ein Mobiltelefon mitzunehmen. Sollten solche Gegenstände in der Vergangenheit aufgefunden werden, könnten sie den Lauf der Geschichte irreparabel verändern (Gier 2009: 315-316, 329). Sehr gefährlich wäre es auch, einen Zeitreisenden mit einer ansteckenden Krankheit in die Vergangenheit zu schicken, da man nicht weiß, „wie das Immunsystem der Menschen damals auf einen modernen Virus reagieren würde“ (Gier 2010b: 165). Es könnte schreckliche Konsequenzen haben. Aus diesem Grund beschließen die Wächter, die Teilnahme von Gwen und Gideon am Ball im 18. Jahrhundert zu verschieben23, wenn Gwen vorgibt, eine Grippe zu haben (Gier 2010b: 160-165). Die Loge verbietet auch,

23 Der Ball findet jedoch am selben Tag statt, unabhängig davon, an welchem Tag der Gegenwart sie abreisen (Gier 2010b: 78-79). 59

Informationen über die Zukunft einer Person offenzulegen, die in der Vergangenheit lebt. Das könnte sie dazu bringen, andere Entscheidungen zu treffen oder zu versuchen, ein Ereignis zu verhindern. Zum Beispiel muss man jemandem das Datum oder die Art und Weise seines Todes nicht verraten (Gier 2010a: 14). Aus demselben Grund erzählte Lucy im Jahr 1948 ihrem Großvater von seinen zukünftigen Kindern, aber sie weigerte sich, ihm den Namen seiner zukünftigen Frau zu nennen, da er seine Meinung ändern und die Existenz seiner Kinder und Enkelkinder gefährden könnte24 (Gier 2010a: 82). Mit der Absicht, die Vergangenheit während der Zeitreisen so wenig wie möglich zu beeinflussen, organisiert die Loge diese fest im Detail: Die Zeitreisenden tragen auf das gewählte Jahr abgestimmte, authentisch aussehende Kleidungsstücke und Frisuren, sodass sie sich unauffällig unter die Menschen der jeweiligen Zeit mischen können (Gier 2009: 167, 199-206). Aus dem gleichen Grund wird ihnen schon als Kinder alles beigebracht, was während einer Zeitreise nützlich sein könnte, um sich als in der Vergangenheit lebende Menschen zu tarnen: Geschichte, Musik, Fechten, Tanzen, Sprachen usw. (Gier 2009: 25, 255). Die Entdeckung, dass Gwen und nicht Charlotte die letzte Zeitreisende ist, versetzt die Loge in Alarm, weil das Mädchen, die völlig unvorbereitet ist, etwas tun oder sagen könnte, das sie „wie ein bunter Hund“ (Gier 2009: 180) auffallen lassen würde und die eigene und auch Gideons Mission gefährden könnte. Um dies zu vermeiden, versucht die Loge, sie so schnell wie möglich auszubilden, indem sie von Charlotte und Giordano, einem Mitglied der Loge und Kenner des 18. und 19. Jahrhunderts, unterstützt wird (Gier 2010a: 105, 124). Gwen und Gideon springen in das Jahr 1782, um James Pimplebottoms Leben durch eine Pockenimpfung zu retten, obwohl sie wissen, dass dies verboten wäre (Gier 2010b: 437-443). Tatsächlich könnte die Verhinderung gleich wie die Verursachung des Todes einer Person schwerwiegende Folgen haben. In diesem Fall ändert dies jedoch nichts an der Geschichte, abgesehen von der von James selbst, da er nicht krank wird und am Ende von Smaragdgrün seine Verlobung angekündigt wird (Gier 2010b: 477). Diese durch Gwen und Gideon ausgelöste Veränderung schafft jedoch ein Konsistenz-Paradoxon: Wenn James nicht gestorben und ein Geist geworden ist, dann kann Gwen ihn nie kennen gelernt haben und daher hat sie keinen Grund, in die Vergangenheit zu reisen, um ihn zu impfen. Der Impfversuch hätte

24 Es wäre unmöglich, weil es ein Konsistenz-Paradoxon schaffen würde. 60 deshalb scheitern müssen. Dies ist aber das einzige Konsistenz-Paradoxon der Trilogie, da der Rest der Geschichte regelmäßig stattfindet. Im Grunde genommen ist das auch der einzige Punkt der Trilogie, in welchem die Vergangenheit verändert wird. Die Erfahrungen und die Informationen, die durch frühere Zeitreisen gewonnen wurden, lassen die Protagonisten in vielen Situationen hingegen verstehen, wie sie sich verhalten sollen oder was zu tun ist, damit das Ereignis so stattfindet, wie sie es bereits gesehen bzw. erlebt haben. Sie sind daher prädestiniert, sich auf einer bestimmten Weise für die Verwirklichung ihres Zwecks zu handeln, d.h. den Ablauf der Ereignisse nicht zu ändern. Während des Balls im 18. Jahrhundert, zum Beispiel, küsst Gwen Gideon, weil sie diese Szene bereits gesehen hat, und zwar als sie zum dritten Mal unkontrolliert in die Zeit sprang (Gier 2009: 101-104, 2010b: 270-271). Darüber hinaus lernt Gwen 1948 ihren Großvater als junger Mann kennen, weil er fünf Jahre vorher einen Zettel in seiner Manteltasche gefunden hatte. Die Notiz wurde zwar von Gwen geschrieben, aber sie erinnert sich nicht daran, weil es noch nicht passiert ist. In der Tat schreibt sie diese bei einem späteren Treffen mit ihrem Großvater und übergibt sie dann während einer kurzen Zeitreise ihrer Vorfahrin, Lady Tilney, damit sie es zum richtigen Zeitpunkt in die Tasche von Gwens Großvater stecken kann und „damit alles so passieren wird, wie es passiert ist“ (2010a: 78, 2010b: 104, 110). Wenn einer dieser Schritte ausfallen würde, könnte sich der Ablauf der Ereignisse ändern. Sogar die Tatsache, dass Gwen und Gideon nicht verhindern können, dass der Graf unsterblich wird, ist notwendig, um die Entstehung eines Konsistenz-Paradoxons zu verhindern. In der Tat, wenn der Graf nicht unsterblich wird, kann er nicht als Mr. Whitman Mitglied der Loge sein. In Briggs Romane verhält sich das zukünftige Ich der Protagonisten in gewisser Weise, um die Ereignisse zu reproduzieren, wie sie diese während ihrer Zeitreisen erlebt haben: In Future Shock weiß Adams zukünftige Version, was zu tun und zu erwarten ist, weil er sich daran erinnert, was während der Zeitreise passiert ist und wie sich sein älteres Ich verhalten hat (Briggs 2016a: 43, 112-119); in Future Threat haben die zukünftigen Versionen von Elena, Adam und Chris dafür gesorgt, dass alles so lief, wie sie es dreißig Jahre zuvor erlebt hatten. Wenn die Jugendlichen sich trennen, um das Echo-Team zu suchen, wird Elenas zukünftige Version wütend, weil sie befürchtet, dass sich die Zeitlinie verändert und somit ihr eigenes glückliches Leben gefährdet wird (Briggs 2017: 68-75, 105-110).

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In Future Threat gibt es auch zwei Beispiele für ein ontologisches Paradoxon. Das erste betrifft alle technologischen Geräte, die vom Echo-Team von der Zukunft gebracht wurden. Diese wurden von Aether Corporation in den folgenden Jahren entworfen und Jahre früher auf den Markt gebracht. Folglich hat das Echo-Team bei jeder Mission eine weiter fortgeschrittene Zukunft als die vorherige gefunden (Briggs 2017: 32, 44, 50, 54). Niemand hat jedoch diese Geräte wirklich erfunden, da Aether Corporation lediglich sich darauf beschränkt hat, ein Objekt zu reproduzieren, das bereits existierte. Das zweite Beispiel betrifft hingegen Genicote: Zu Beginn des Romans ist Adam auf die Idee fixiert, die Kur in weiniger Zeit zu erfinden und bevor er, Elena und Chris die erste Reise in die Zukunft antreten, gibt er zu, dass er eine Dosis Genicote in die Gegenwart bringen will, um es zu reproduzieren. Seine Freunde machen ihm jedoch Vorwürfe. Chris macht ihn darauf aufmerksam: „If you bring the cure back already made, then no one will ever actually create it. It’ll just spring into existence thanks to this freaky time-travel loop“ (Briggs 2017: 36) und Adam erkennt, dass die Gefahr besteht, die Zeitlinie zu ändern oder sogar ein Paradoxon zu verursachen (Briggs 2017: 10, 36). Am Ende des Romans tut er trotzdem das, was er vorhatte und die Konsequenzen werden im dritten Roman der Trilogie behandelt (Briggs 2017: 265). Eine weitere Art von Paradoxon, die in Briggs Romane erwähnt wird, hat nichts mit der Veränderung der Zukunft zu tun. In Future Shock empfiehlt Aether Corporation den Jugendlichen, in der Zukunft keine Informationen über sich selbst zu suchen und mit ihrem zukünftigen Ich nicht zu interagieren, weil es im ersten Fall zu einem „state of shock“ (Briggs 2016a: 35) und zu irreparablen Hirnschäden führen könnte, während im zweiten nicht nur einen Schock, sondern auch ein Zeitparadoxon hervorrufen könnte. In der Tat, „it would disrupt the space-time continuum“ (Briggs 2016a: 35) und sie könnten in der Zukunft stecken bleiben (Briggs 2016a: 35). Trotz der Empfehlungen suchen die Jungendlichen in der Zukunft Informationen über sich selbst und Adam trifft sein älteres Ich, aber es geschieht nichts (Briggs 2016a: 94-100, 106-121). Auch in Future Threat, wenn die Protagonisten über sich selbst recherchieren oder sich mit ihrem älteren Ich treffen, treten keine Probleme auf (Briggs 2017: 59-63, 104-110, 174-177, 230-231). Im zweiten Roman entdecken sie jedoch, dass die Nähe zu anderen Versionen von sich

62 selbst25 ein Paradoxon schafft. Während der zweiten Reise besteht Elena tatsächlich darauf, zum selben Ort und zur selben Zeit zu gehen, an der sie in der vorherigen Zeitreise war, und dort sieht sie sich selbst. Für einen Moment schaut die andere Elena in die Richtung der Protagonistin und der Kopf der Letzteren beginnt schwer zu schmerzen und sie fühlt sich, als würde sie die vorherige Zeitlinie nochmals durchleben. Adam schafft es, sie wieder zu sich zu bringen, aber niemand weiß, was passieren konnte, wenn es ihm nicht gelungen wäre. Der Junge vermutet auch, dass die Interaktion mit der anderen Elena schwerwiegende Konsequenzen für sie oder für die Zeitlinie haben könnte (Briggs 2017: 181-187). In der Edelstein-Trilogie kann man, wie bereits erklärt, nicht zu einem Zeitpunkt nach seiner eigenen Geburt reisen und damit werden einige Paradoxa (z.B. das Autoinfantizid, eine Art von Konsistenz-Paradoxon) automatisch vermieden. Es ist jedoch möglich auf eine andere Version von sich zu stoßen, die gerade durch die Zeit reist. Wie bereits erwähnt, sieht Gwen in der Tat bei einem ihrer unkontrollierten Sprünge de facto ihr ein paar Wochen älteres Ich. Es ergeben sich daraus keine negativen Konsequenzen, aber man weiß nicht, was passieren würde, wenn sie mit der anderen Version von sich selbst wirklich interagiert hätte. Aus diesem Grund, wenn ein Zeitreisender mit dem Chronografen an einen Zeitpunkt geschickt wird, an welchem er bereits war, wird eine Ankunftszeit von mindestens einer Minute nach dem Moment der Rückkehr in die Gegenwart in die vorherige Zeitreise gewählt (Gier 2009: 148, 2010b: 83).

4.3.4 Die Sprache beim Zeitreisen Wie bereits im dritten Kapitel erklärt, wird das Problem der Sprache in der Zeitreiseliteratur oft ignoriert. Kerstin Gier und Elizabeth Briggs haben dies hingegen in ihren Buchreihen berücksichtigt. In der Edelstein-Trilogie, wie bereits erwähnt, muss sich der Zeitreisende an der Gesellschaft jeder Epoche anpassen, wo er hinreist, um nicht aufzufallen. Deshalb muss er auch die in der jeweiligen Vergangenheit üblicherweise verwendeten Sprachen lernen. Gwen, die für das Zeitreisen nicht vorbereitet wurde, kann jedoch sehr wenig an Fremdsprachen. Latein ist ihr daher völlig unbekannt, während sie nur Grundzüge der französischen und der deutschen Sprache beherrscht, weil beide Fächer an der von ihr besuchten Schule

25 Da die Jugendlichen mehrmals zu demselben Zeitpunkt in der Zukunft gereist haben, gibt es gleichzeitig mehrere Versionen von ihnen. 63 sind, was, ihrer Meinung nach, „schon schlimm genug“ (Gier 2009: 211) ist. Ohne entsprechende Sprachkenntnisse ist es für sie schwierig, die von der Loge benutzten Tagesparolen auswendig zu lernen, welche in Latein verfasst26 und notwendig sind, um von den Wächtern der Vergangenheit nicht festgenommen oder getötet zu werden (Gier 2009: 210). Wenn sie vor ihrer ersten Zeitreise mit dem Chronografen die Parole – Qua redit nescitis – in der Vergangenheit erhält, meint sie: „Das würde ich mir nie und nimmer länger als eine Sekunde lang merken können“ (Gier 2009: 210-11). Tatsächlich vergisst sie diese etwas später. Beim Versuch, sie sich daran zu erinnern, schafft sie eine Art von Nachbildung, in welcher Elemente der Grammatik (hier v.a. die Suffixe) und der Lautgestalt des Originals im Deutschen nachempfunden werden: zuerst Qua dingsta dingsitis (Gier 2009: 212), dann Quark edit bisquitis (Gier 2009: 217) und Qua nesquick mosquitos (Gier 2009: 222). Auch in Saphirblau hat Gwen Probleme mit den Parolen: Wenn sie 1956 ihren Großvater treffen will, findet sie eine von ihm hinterlassene Notiz mit der Tagesparole und meint sie sei „ungewöhnlich lang“ (Gier 2010a: 197). Gwen versucht den Satz nicht einmal zu lernen und notiert ihn doch lieber auf der Hand (Gier 2010a: 197). Bevor sie den Grafen besucht, vergisst Gwen die Parole wieder und dann versucht sie diese ohne Erfolg zu übersetzen, was Gideon sehr lustig findet (Gier 2010a: 349-350). Der Zweck dieser Szenen ist nicht nur, den Leser zum Lachen zu bringen, sondern auch zu zeigen, wie sehr Gwens mangelnde Vorbereitung, in diesem Fall im sprachlichen Bereich, zusammen mit ihrer Ungeschicktheit, es ihr erschweren, ihre Aufgaben als Zeitreisende zu erfüllen. Wie bereits erwähnt, befasst sich Gwen mit Deutsch und Französisch als Schulfächer. Deutsch kann sie besser, tatsächlich sagt sie stolz, dass sie seit vier Jahren eine gute Durchschnittsbewertung hat (Gier 2009: 231). Wenn der Graf von Saint Germain sich zuerst in einer Sprache und dann in der anderen an sie wendet, begreift Gwen jedoch sofort ihre eigene Schwäche und muss zugeben, dass „das Lernen von Vokabeln […] möglicherweise wirklich das A und O zum Verständnis einer Fremdsprache“ ist (Gier 2009: 230). Zwar kann der Graf Englisch perfekt und ohne Akzent sprechen (Gier 2009: 231) und daher wäre es für Gwen nicht notwendig, eine andere Sprache zu beherrschen, doch er will wahrscheinlich die sprachliche Vorbereitung des Mädchens testen. Um die Situation lustiger zu

26 Die einzige nichtlateinische Parole war „Dabei sein ist alles“, welche während der Olympischen Sommerspiele in London verwendet wurde (Gier 2010a: 71-72). 64 beschreiben, erzählt Gier das Gespräch zwischen Gideon und dem Grafen, als Gwen es in ihrem Kopf übersetzen würde und jedes unbekanntes Wort wird durch den Begriff „Wortlücke“ ersetzt (Gier 2009: 230-231). Diese Szene zeigt aber auch, wie die gegenwärtige Loge, die hier von Gideon darstellt wird, Gwen für unfähiger hält, als sie wirklich ist. Nämlich sagt Gideon dem Grafen, dass Gwen keine Fremdsprache beherrscht, ohne es tatsächlich zu wissen. Die eingeschränkten Fremdsprachenkenntnisse von Gwen spielen auch im weiteren Verlauf der Geschichte eine Rolle. Wenn zum Beispiel Gideon und Gwen 1782 an einer Soiree teilnehmen müssen, erklärt Giordano, dass die Loge gezwungen war, ihr die Identität des Mündels eines englischen Adligen zuzuschreiben anstatt die eines französischen (obwohl das Risiko besteht, dass einige der Gäste die Familie des Mannes kennen), weil sie zu wenig Französisch kann (Gier 2010a: 126). Neben den Fremdsprachenkenntnissen hat Kerstin Gier auch die Tatsache berücksichtigt, dass jede Sprache ständig durch neue Wörter und Ausdrücke bereichert wird, welche vor allem den Entdeckungen und Erfindungen im wissenschaftlichen und technologischen Bereich folgen (Birner o.J.: unpag.). Aus diesem Grund gibt Giordano Gwen vor der Soiree eine Liste der modernen Begriffe, die im Jahre 1782 nicht verwendet werden sollen, u.a. Busse, Nachrichtensprecher, Staubsauger, Ozonlöcher, Atomspaltung, klasse und super (Gier 2010a: 232-233). Dies ist eine angemessene Vorsichtsmaßnahme, da solche Wörter von einem Menschen des 18. Jahrhunderts nicht verstanden werden können. Elizabeth Briggs hat sich nur kurz und lediglich in Future Threat mit dem Sprachproblem befasst. Bei der ersten Reise in die Zukunft, die in diesem Roman erzählt wird, treffen Elena, Adam und Chris einen Jungen namens Wombat, welchem sie bereits in Future Shock begegnet sind. Während dieser erklärt, dass er von ihren älteren Versionen angeheuert wurde, um ihnen zu helfen, benutzt er seltsame Ausdrücke: „It’s warped“ (Briggs 2017: 70), „[s]o rad“ (Briggs 2017: 70), „spiff“ (Briggs 2017: 71), „mondo“ (Briggs 2017: 73). Elena, wie wahrscheinlich auch ihre beiden Freunde, versteht nicht ganz, was er damit meint und sie muss sich eingestehen: „half the stuff out of this guy’s mouth is a mystery to me“ (Briggs 2017: 73). Später treffen Elena und Adam auch Ava, ihre zukünftige Tochter, und sie verwendet auch den Ausdruck „It’s so warped“ (Briggs 2017: 124). Briggs hat daher umgangssprachliche Ausdrücke erfunden, welche zu dieser Zeit unter jungen Leuten üblich sind und die aktuellen „cool“ und „great“ ersetzen könnten.

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In der Berücksichtigung der Dimension der Sprache bei Zeitreisen zeigen sich in den Romanen beider Autorinnen allerdings auch einige Grenzen. In Briggs Romanen gibt es keinen Unterschied zwischen der Sprache der Zukunft und derjenigen der Gegenwart, abgesehen von den oben genannten umgangssprachlichen Ausdrücken und den neuen Technologien, u.a. Flexis und Imbeds. Sie hat auch keine von ihr erfundenen umgangssprachlichen Ausdrücke in anderen Versionen der Zukunft eingefügt. Auch im Fall der Edelstein-Trilogie äußern sich die Charaktere der Vergangenheit, selbst diejenige des 17. oder 18. Jahrhunderts, nicht wesentlich anders als die der Gegenwart.

5. Fazit Im einleitenden Teil dieser Masterarbeit wurde die Zeitreise definiert und mit der traditionellen bzw. räumlichen Reise verglichen. Daraus folgt, dass die Zeitreise deshalb eine Reise ist, deren Ziel ein bestimmter Zeitpunkt ist, die eine Diskrepanz zwischen persönlicher und äußerer Zeit umfasst und derer Richtung in der äußeren Zeit sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft sein kann. Es gibt viele Methode, um durch die Zeit zu reisen, manche davon entspringen aus der Fantasie, während andere auf wissenschaftlichen Theorien basieren, die noch nicht bewiesen wurden oder deren Umsetzung noch nicht technologisch möglich ist. Außerdem wurden drei mögliche Zeitreisemodelle beschrieben, deren Unterschied in der Möglichkeit oder Unmöglichkeit die Zeitlinie zu ändern sowie in ihren eventuellen Auswirkungen auf die Zeitlinie liegt. Zudem wurden der wichtigsten Zeitparadoxa beschrieben, welche in Konsistenz-Paradoxa, die durch eine Änderung der Zeitlinie verursacht (das bekannteste Beispiel davon ist das Großvaterparadoxon) und in Paradoxa, d.h. das ontologische Paradoxon und das Prädestinationsparadoxon, unterteilt werden, welche vorsehen, dass die Zeitlinie intakt bleibt. Der zweite Teil der Masterarbeit widmet sich stattdessen der Zeitreiseliteratur für Erwachsene und der für Kinder und Jugendliche. Nach einer kurzen Beschreibung ihrer Merkmale wurde über ihre historische Entwicklung berichtet. Was die Erwachsenenliteratur betrifft, hat sich diese vom 14. Jahrhundert bis heute stark verändert. Vor dem 20. Jahrhundert sind die häufiger verwendeten Zeitreisemethoden die Magie oder der Schlaf, die Zeitreisen sind unfreiwillig bzw. ungeplant und es wird oft impliziert, dass diese nicht wirklich stattgefunden haben. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erscheinen die ersten Zeitmaschinen

66 unterschiedlichster Art, welche möglicherweise von jüngsten Entdeckungen inspiriert wurden. Darüber hinaus ist das Ziel dieser Zeitreisen vor dem 20. Jahrhundert fast immer die ferne Zukunft, die in meisten Fällen als Utopie dargestellt wird. Wenn stattdessen die Protagonisten die Vergangenheit besuchen, beobachten sie diese mit Neugier. In der Tat gibt es keine Absicht, die Geschichte zu modifizieren (abgesehen vom Roman A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court, welcher jedoch am Ende des 19. Jahrhunderts erschien). Im 20. Jahrhundert werden die Werke immer komplexer und die Reisen in die Vergangenheit werden bevorzugt. Zeitreisen sind manchmal noch zufällig, aber in meisten Fällen reisen die Protagonisten freiwillig durch die Zeit. Die Gründe für das Zeitreisen sind diejenigen, die im dritten Kapitel erwähnt wurden: Sie reichen von politischen bzw. militärischen Zwecken bis zum Wunsch, eine berühmte Person zu sehen oder bei einem wichtigen Ereignis anwesend zu sein, was mit dem Zeittourismus auf die Spitze getrieben wird. In Bezug auf Zeitreisemethoden ergeben sich dank wissenschaftlichen Entdeckungen und Studien neue Möglichkeiten. Einige Methoden der früheren Literatur werden nicht mehr verwendet oder durch anderen ersetzt. Autoren verwenden alle mögliche Zeitreisemodelle, obwohl es in einigen Texten nicht klar ist, ob es um das zweite oder das dritte Modell handelt. Die möglichen Konsequenzen der Veränderung der Zeitlinie sowie die Zeitparadoxa werden oft thematisiert. Im Vergleich zu den Werken der vergangenen Jahrhunderte liegt auch ein größerer Fokus auf das Individuum, seiner persönlichen Geschichte und Tätigkeiten. All dies lässt sich auch in der Zeitreiseliteratur des 21. Jahrhunderts beobachten, wenn auch mit einigen Neuigkeiten, insbesondere in Bezug auf die verwendeten Methoden. Die Zeitreiseliteratur für Kinder und Jugendliche setzt sich mit dem Thema Zeitreise auf gleicher Weise auseinander wie die entsprechende Literatur für Erwachsene. De facto sind die Modelle, Paradoxe und Methoden zwar dieselben, obwohl die Letzteren werden häufig stark mit Magie in Verbindung gebracht. Da diese Werke an eine bestimmte Zielgruppe von Lesern gerichtet sind, müssen sie bestimmte Merkmale aufweisen, d.h. die Entwicklung der Protagonisten aus physikalischer und psychologischer Sicht, die Auseinandersetzung mit wichtigen Themen und die Verwendung einer bestimmten Sprache, die für die gezielte Altersgruppe geeignet sind, und die Vermittlung von Werten und Lebenslektionen. Ziel der Zeitreise ist in der Kinder- und Jugendliteratur meistens die Vergangenheit,

67 damit die jungen Leser durch die Abenteuer der Protagonisten historische Fakten und Ereignisse erfahren. Im Vergleich zu der einer erwachsenen Leserschaft hat die Zeitreiseliteratur für Kinder und Jugendliche darüber hinaus wesentlich jüngeren Ursprung. Die ersten Werke erschienen tatsächlich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der Boom erfolgte jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg. Die von der deutschen Autorin doch in London spielende Edelstein-Trilogie und die von der amerikanischen Autorin Elizabeth Briggs Romane Future Shock und Future Threat sind gute Beispiele von der Zeitreiseliteratur für junge Leser. Die Sprache ist fließend, einfach, mit informellen Ausdrücken, manchen Fluchworten und, im Fall von Briggs Romanen, einige von Jugendlichen verwendeten Abkürzungen; beide Buchreihen fördern wichtige Werte und haben inspirierende Protagonistinnen, die im Laufe der Geschichte reifen, wachsen und lernen, sich selbst und ihre besonderen Fähigkeiten besser zu kennen. Briggs spricht auch über aktuelle und ernste Themen wie das Leben von Pflegekindern, während Gier dem Leser hauptsächlich Informationen über das Leben im 18. Jahrhundert liefert. Beide Autorinnen beschreiben die erste (wahre) Liebe, sowohl zwischen den Protagonisten als auch zwischen den Nebenfiguren, aber das Thema wird unterschiedlich behandelt. Während die Anziehungskraft zwischen Elena und Adam sofort spürbar ist und ihre Bindung während der Reise in die Zukunft immer stärker wird, mögen sich Gwen und Gideon am Anfang gegenseitig nicht. Beide Paare müssen aber aufgrund von Geheimnissen und Misstrauen zahlreiche Schwierigkeiten überwinden. Darüber hinaus haben Gier und Briggs beide eine Trilogie geschrieben, doch mit unterschiedlicher Struktur: Während die Edelstein-Trilogie aus einer einzigen Handlung besteht, sind Briggs Romane eher episodenartig und somit voneinander ziemlich unabhängig. Zwischen den beiden Buchreihen gibt es sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede in Bezug auf die Zeitreise. Zunächst gibt es in Briggs Werken eine technische bzw. wissenschaftliche Erklärung, da sie durch einen Beschleuniger möglich ist, dessen Funktionsweise jedoch nicht im Detail erläutert wird. Gier bietet hingegen ihren Protagonisten zwei Möglichkeiten an, um durch die Zeit zu reisen: durch unkontrollierte Sprünge, die durch einen erblichen genetischen Faktor ermöglicht werden, den noch niemand erklären kann und durch den Chronografen, einen Apparat unbekannter Herkunft, der mit Blut in Betrieb gesetzt wird. Beide Methoden haben eine wissenschaftliche und eine fantastische bzw. magische

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Komponente. Briggs lässt ihre Charaktere auch nur in der Zukunft und immer dreißig Jahre voraus reisen, während es in Giers Trilogie möglich ist, in verschiedene Punkte der Vergangenheit zu reisen, jedoch mit einigen Grenzen. In Bezug auf die Dauer wird in Future Threat erläutert, dass die ideale Reise in die Zukunft fünf Stunden dauern soll, während in Giers Trilogie ein Zeitreisender mindestens drei Stunden und maximal fünfeinhalb Stunden in der Vergangenheit verbringen sollte. Briggs Zeitreisende müssen darüber hinaus pünktlich zu dem Ort zurückkehren, wo die „temporal aperture“ (Briggs 2016a: 19) erscheint, da sie sonst in der Zukunft stecken bleiben würden. Das kann Giers Protagonisten dennoch nur passieren, wenn sie den Chronografen in die Vergangenheit mitbringen. Als Gemeinsamkeit haben die beiden Buchreihen, dass nicht jeder durch die Zeit reisen kann: In Giers Trilogie gibt es in der ganzen Geschichte nur zwölf Menschen, die diese Fähigkeit haben, während in Briggs Romanen jeder die Möglichkeit hätte, in die Zukunft zu reisen, aber nur Teenager riskieren dabei keinen „Future Shock“. Bezüglich des Zwecks der Zeitreise haben die meisten Charaktere aller Romane eine positive Absicht, doch handelt jemand, d.h. der Graf in der Edelstein-Trilogie und Lynne und Jeremy in Briggs Romane, nur für seine persönlichen Zwecke und ist bereit sogar zu töten, um diese zu erreichen. In Bezug auf die Zeitreisemodelle, verwenden sowohl Gier als auch Briggs vermutlich das zweite: Die amerikanische Autorin zeigt, wie einfach es ist, die Zukunft durch Entscheidungen und Tätigkeiten in der Gegenwart zu verändern. Gier macht hingegen ihre Charaktere auf die Risiken der Veränderung der Vergangenheit aufmerksam und sie gewährt nur eine, nämlich James Impfung. Diese Änderung hat keine Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte, führt jedoch zu einem Konsistenz-Paradoxon. In Giers Romane gibt es auch Situationen, die man als Prädestinationsparadoxa bezeichnen kann, weil sich die Charaktere auf eine bestimmte Weise verhalten, um sicherzustellen, dass alles so abläuft, wie es immer abgelaufen ist. In Briggs Future Threat gibt es zudem zwei ontologische Paradoxa, die Objekte betreffen, welche aus der Zukunft in die Gegenwart gebracht werden oder die man bringen möchte, um sie zu reproduzieren, somit aber sie keinen Ursprung mehr haben oder hätten. Eine andere Art von Paradoxon in diesem Roman ist das, was entsteht, wenn zwei Versionen eines Zeitreisenden nahe beieinander sind. In der Edelstein-Trilogie hat hingegen eine solche Situation keine Konsequenzen, aber man weiß nicht, was passieren würde, wenn jemand mit einem anderen Ich interagieren würde. Ein letztes Thema, anhand dessen die beiden

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Buchreihen verglichen wurden, ist die verwendete Sprache während der Zeitreisen. Beide Autorinnen berücksichtigen diese Frage, wenn auch nicht eingehend und nur im Bereich des Wortschatzes. Briggs hat einige jugendliche Ausdrücke erfunden, aber diese werden nur im ersten Teil von Future Threat verwendet. In Giers Trilogie wurden Gwen die Sprachen, welche in der Vergangenheit nützlich sein können, nicht beigebracht und demzufolge kann sie sich während der Zeitreisen nicht problemlos mit anderen Menschen unterhalten. Man kann zum Schluss behaupten, dass die Zeitreise ein Thema ist, das Menschen schon immer fasziniert hat. In den letzten Jahrhunderten hat es zuerst Romanautoren, später auch Drehbuchautoren, Wissenschaftler sowie auch Philosophen bewegt, um zu erfinden und möglicherweise zu entdecken, ob und wie das Zeitreisen realisierbar wäre. Trotz der vielen erdachten Geschichten und der vielen Studien, um die physischen und logischen Möglichkeiten zu demonstrieren, sind Zeitreisen immer noch ein Traum. Bis dies Realität wird, gibt es eine einzige Möglichkeit, durch die Zeit zu reisen: für die Vergangenheit die Erinnerungen und für die Zukunft das, was einem Menschen nie fehlen darf, und zwar die Phantasie.

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