RICHARD WAGNER-VERBANDES WIEN Vormals Akademischer Wagner Verein Gegr
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MITTEILUNGSBLATT DES RICHARD WAGNER-VERBANDES WIEN vormals akademischer Wagner Verein gegr. 1872 Postanschrift: c/o Dr. Heinrich Tettinek, Praterstraße 50, 1020 Wien e-mail: [email protected], internet: www.richardwagnerverband.at Anmeldungen und Auskünfte bei Frau Dkfm. Liane Bermann Telefon und Fax: 470 25 08 Montag und Mittwoch von 8 bis 13 Uhr November/Dezember 2007 Sehr geehrte Mitglieder! Anfang November will der Stiftungsrat der Bayreuther Festspiele (wieder einmal) über die Nachfolge von Wolfgang Wagner beraten. Die alle Wagner–Freunde berührende Frage nach der Zukunft der Festspiele ist daher von bren- nender Aktualität: „Quo vadis, Bayreuth?” Anlass genug dafür, dass der grundlegende Aufsatz unseres Präsidenten Dr. Heinrich Tettinek zu diesem Thema diesmal unser Mitteilungsblatt eröffnen musste. In den „Aktuellen Berichten” schildert eine unserer Stipendiatinnen – traditionsgemäß begeistert – ihre Eindrücke über die erste Begegnung mit den Bayreuther Festspielen. Der Tageszeitung „Die Presse” verdanken wir eine Rezension über die neuen „Meistersinger” in der Dresdner Semperoper; und vom „Konkurrenz–Festival” im finni- schen Lahti, an dem einige unserer Mitglieder teilgenommen haben, berichtet Rudolf Wallner. Wertvolle Buchtipps sowie die gewohnten Hinweise auf interessante Veranstaltungen und Reisen runden das Heft ab. Der Vorstand des Richard Wagner–Verbandes Wien wünscht Ihnen ein frohes Fest und ein musikgesättigtes Neues Jahr! ghjk ZITIERT Bayreuth als Unterstützung. Und nach Siegfrieds Tod musste Winifred auf Freunde zurückgreifen, wenn auch Wieland das Bühnenbild der Kriegs–„Meistersinger” „Entartet Geschlecht! Unwert der Ahnen!”. schuf. Richard Wagner, „Tristan und Isolde”, 1. Aufzug Wenig beachtet blieb der Umstand, dass das Fests- pielhaus und die Festspiele auch nach 1951 lange PERSPEKTIVEN Privateigentum von Winifred Wagner waren, der die Alliierten lediglich auferlegten, nicht mehr aktiv die Geschäfte zu führen und nicht mehr als Repräsentantin Quo vadis, Bayreuth? aufzutreten. Diese Rechtsform in Zeiten, in denen Die weitaus geglückteste Inszenierung des Altmeisters andernorts Theater, Opernhäuser und Festspiele über- und Topmanagers Wolfgang Wagner seit Jahren war haupt nur mehr von der öffentlichen Hand und mit die seiner Nachfolge. massiven Subventionen geführt werden konnten und ungeachtet der allfälligen Haftung, die als Privatunter- Schon 1951, im Jahr der Wiederaufnahme der Spiele, nehmer für sie und ihre Familie entstehen könnten! übernahm Wolfgang Wagner den Managerpart, wäh- rend sein genialer Bruder Wieland sich am Hügel mit Wenn es auch heute in Österreich geradezu nur so von Regie begnügte. Sicher, auch Wolfgang trat als Stiftungen wimmelt, so war es doch damals nach Regisseur in Bayreuth auf, wie es schon sein Großvater rechtlicher Situation eine sehr ausgefallene, aber wirt- Richard Wagner, seine Großmutter Cosima und kurz schaftlich umso glücklichere Lösung, das oder die auch sein Vater Siegfried, gleichzeitig offizielle Leiter Unternehmen in Stiftungen und Kapitalgesellschaften der Festspiele, getan hatten. Nach Wielands frühem zu verwandeln. So wurde eine Stiftung gegründet, in Tod intensivierte Wolfgang seine Tätigkeit und ließ seit der die Familie Wagner, die Stadt Bayreuth, der Bezirk 1951 erstmal auch Fremdregisseure an den mysti- Oberfranken, der Freistaat Bayern und die Bundes- schen Abgrund. Nahezu erstmals, denn Cosima republik Deutschland Stifter und Mitglieder sind, womit Wagner, die sich nach Richards Tod zutraute, die vom auch die öffentlichen Subventionsträger von freien Meister geadelten Werke in eigener Regie nach seinem Almosen in rechtlichen Spendenzwang gedrängt wur- Willen auf die Bühne zu bringen, schreckte vor den den. Versuche der sozialistischen Regierung, einfach „Meistersingern”, der Chor– und Handlungsoper, die Zuschüsse zu Bayreuth zu minimieren, schlugen zurück und bemühte einen befreundeten Fachmann für unter Hinweis auf die rechtliche Nachschusspflicht fehl. die Massenszenen der ersten „Meistersinger” in In die Stiftung wurde alles Materielle eingebracht: Das private Festspielhaus der Familie Wagner, die Villa Und um all dies abzusichern, schloss er rundum Ver- Wahnfried, das Familienarchiv usw. Hingegen wurden träge, die die Festspiele wohl für die nächsten 10 Jahre die Festspiele, das Theaterunternehmen, als Ges.m.b.H. banden und allfälligen Nachfolgern in der Zeit von 10 konstituiert, deren Geschäftsführer auf Lebenszeit Jahren nur die Möglichkeit gegeben hätte, als Vollzie- Wolfgang Wagner wurde und das jährlich das Fest- her die alte Wolfgangsche Dramaturgie durchzuzie- spielhaus von der Stiftung um 1 Mark, nunmehr wohl hen. Und dies bei einem Durchschnittsalter der Präten- 1 Euro mietet. Damit waren die persönlichen denten von um die 50! Aber was hatte sich Jahre vor- Haftungen der Familie Wagner weg und die öffentliche her angebahnt, hinter den Kulissen in Vorbereitung der Hand zum Spenden rechtlich gezwungen. Sitzungen bei allen Wagners getan? Wer stand zur Verfügung? Im Gegensatz zu solch maßstäblichen Leistungen als Manager wurden Wolfgang Wagners Inszenierungen Von den beiden Töchtern Wielands schied die immer gering geachtet. Zu Unrecht! Gerade nach den Münchner Schauspielerin freiwillig aus. Die hoch qua- heurigen „Meistersingern” seiner Tochter aus 2. Ehe, lifizierte, dissertierte Theaterwissenschaftlerin und prak- Katharina, einziges Kind dieser Verbindung mit tizierende Musikwissenschaftlerin Nike, in Wien Gudrun Mack, verzehrt man sich vor Sehnsucht nach lebend, bewarb sich. Auf der anderen Seite gab es aus seinen typisch fränkischen Volksopern–Meistersingern! 1. Ehe Wolfgangs besagte Eva und Gottfried, den Sonderling, der in Nachfolge Friedelinds gegen Wie schon bei Karajan, Dirigent der Berliner Wagner intrigierte. Die Nachkommen von Wolfgangs Philharmoniker auf Lebenszeit, zeigte es sich wohl Schwester Verena (Friedelind verstarb kinderlos) sind auch hier, dass sich das euphorische Lebenszeitdenken hoch angesehene Mediziner in Salzburg bzw. dann, wenn die übliche Ablaufzeit menschlichen Mozarteumsdirektoren und tragen den Namen ihres Schaffens heranrückt, rächt, sobald die körperlichen Vaters Bodo von Lafferentz. Sie schieden auf Rat ihrer und geistigen Kräfte bei allem Respekt für nunmehrige Mutter aus den Bewerbern letztlich aus. Und dann gab willensstarke Aktivitäten des 88–jährigen Wolfgang es noch aus Siegfrieds illegitimen Zeiten die Beidlers, nachlassen. In dieser Erkenntnis traten die Stifter im die 1951 fast die Festspielleitung von den Alliierten Stiftungsrat, vor allem getrieben durch den Freistaat erhalten hätten, aber auch jetzt nicht zum Zug kamen. Bayern, schon vor Jahren zusammen, um einen Nach- Nach Absprache der Familien blieben im Rennen dann folger zu ernennen. Bisher war alles auf Wolfgang nur Eva und Nike einerseits und die aktuellen Wagner abgestellt. Aber wer sollte ihn ersetzen? Nach Herrinnen von Bayreuth Gudrun, Wolfgangs Frau, und der Stiftungssatzung beschließt dies der Stiftungsrat, deren Tochter Katharina andererseits. wobei Mitgliedern der Familie Wagner aus historischer Tradition dann die Vorhand gebührt, wenn sie künstle- Wolfgang, nicht zuletzt unter dem Einfluss von Gudrun, risch geeignet sind. Nicht zu verkennen ist aber (und hat sich in den Kopf gesetzt, seine Tochter Katharina wird offenbar derzeit geflissentlich unter den Teppich als Nachfolgerin durchzudrücken, koste es was es gekehrt), dass eben im Zentrum eine rechtlich verant- wolle. Unglücklicherweise litt die Protegierte an man- wortliche Tätigkeit als Kaufmann, Geschäftsführer und gelndem Alter, sodass sie bei der letzten Sitzung schon Manager gefordert wird, welche Qualitäten fernab von deshalb auszuscheiden schien. Heute 29. hatte sie allen künstlerischen Überlegungen objektivierbar sind damals schon hinter den Kulissen bei den Festspielen oder sein könnten. Und natürlich kann der Stiftungsrat mitgearbeitet, und dass hinter Wolfgang Gudrun nicht beschließen soviel er will, durchsetzbar sind nur nur quasi als Chefsekretärin stand, war kein Geheim- Beschlüsse, die die geltende Rechtslage respektieren, nis. Waren die Festspiele lange in einer völlig überhol- und das ist vorrangig der an sich lebenslange Vertrag ten Rechtsform geführt worden, so heute patriarcha- Wolfgang Wagners. Tatsächlich kann er vor seinem lisch antiquiert im Tagesgeschehen: Die Familie des Ableben daher mit rechtlicher Wirksamkeit nicht ersetzt Festspielleiters arbeitet geradezu Tag und Nacht, er werden und war der Zusammentritt des Stiftungsrates behält sich bis zum Anstellungsvertrag des Reinigungs- ein letztlich missglückter Schritt in der Hoffnung, unter dienstes alles persönlich vor. Ein enormes Einsparungs- dem Druck der von den Politikern geplanten Leu- potential, das so in der Nachfolge wird kaum gehalten mundskampagne werde er freiwillig gehen. werden können. Man hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und Als nun bei den zitierten Sitzungen die Jugend und so intensive Gespräche, wie der Minister des Freistaats Unerfahrenheit Katharinas erwähnt wurden, stellte sich mit Wolfgang Wagner führte, hätten zwar gegenüber Gudrun als Übergangs–Chefin zur Verfügung – sicher anderen Politikern zu Lockerungen des Gesprächs- so gesehen damals eine produktive Lösung, wenn sie partners geführt, nicht aber gegenüber Wolfgang auch in künstlerischen Dingen kaum bisher Entschei- Wagner. Er blieb hart. Letztlich beschloss der Stiftungs- dungen alleine trug, ja eigentlich im Wesentlichen nur rat, seine Tochter aus erster Ehe, Eva, in Frankreich seit unterstützend