Das Automobil Als Nationales Identifikationssymbol
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Gregor M. Rinn Das Automobil als nationales Identifikationssymbol Zur politischen Bedeutungsprägung des Kraftfahrzeugs in Modernitätskonzeptionen des „Dritten Reichs“ und der Bundesrepublik. ____________________________________________________ Dissertation Eingereicht am Institut für Geschichtswissenschaften Philosophische Fakultät I Humboldt-Universität zu Berlin Gutachter: Prof. Dr. Wolfgang Hardtwig Gutachter: Prof. Dr. Hartmut Kaelble Berlin, 15. 02. 2008 Zusammenfassung Thema der Dissertation ist das Automobil als nationales Identifikationssymbol der Deutschen zwischen 1933 und 1974. Dabei wird die öffentliche Wahrnehmung des Automobils mit der Frage nach nationalen Identitätskonstruktionen verknüpft. Forschungsgegenstand ist die diskursive Repräsentation des Autos in der politischen Öffentlichkeit, insbesondere die Bedeutungs- bzw. Symbolzusammenhänge, die zwischen dem Auto und der Nation hergestellt wurden. Die politische Symbolik des Automobils offenbart zwei übergreifende Kontinuitätslinien im nationalen Selbstverständnis über die Epochenzäsur von 1945 hinweg. Erstens eine Modernitätskonzeption, die bereits vor 1945 die Verheißung einer breiten Wohlstandspartizipation barg und in der die Umrisse einer Konsumgesellschaft unter völkischen Vorzeichen erkennbar wurden, sowie zweitens den Topos eines an nationalen Traditionen orientierten deutschen Sonderwegs in die Moderne. Zentrales Bestimmungsstück dieses unterstellten Sonderwegs ist eine bereits von der NS-Propaganda als spezifisch deutsch dargestellte Tugend der Zweckmäßigkeit, die auch in den Nachkriegsjahrzehnten noch durch das Automobil verkörpert wurde. Abstract This dissertation looks at automobile in Germany between 1933 and 1974 as a symbol of national identification. It deals with the perception of cars in the public opinion and how this perception was influenced by the construction of a national identity. The political symbolism of the automobile reveals two aspects in the national identity of Germany that were greatly influcenced by NS-Ideology and which persisted well into the 50’s. First the concept of modernization based on mass consumption and economic participation of broad parts of the population, revealing the contours of a consumer society along racial terms. And secondly the idea of a particular German way into the modern era, which was being contrasted with the “American Way of Life”. In this context the German automobile became the symbol of a specific usefulness which was regarded to be a German virtue. 2 1. EINLEITUNG....................................................................................................... 5 2. DIE POLITISCHE INSZENIERUNG DES AUTOMOBILS IN DER MOTORISIERUNGSPROPAGANDA DER NATIONALSOZIALISTEN 1933- 1945 ..................................................................................................................29 2.1. Das Automobil symbolisiert den politischen Systemwechsel als Aufbruch Deutschlands in eine verheißungsvolle neue Zeit................................................................................................................... 30 2.1.1. Das Automobil als Symbol des Aufbruchs ........................................................................................ 30 2.1.2. Das Motorisierungsprogramm als Ausdruck der politischen und sozialen Dynamik des Nationalsozialismus......................................................................................................................... 49 2.1.3. Das Automobil als Leitbild einer „stählernen Romantik“.................................................................. 63 2.2. Das Automobil als Kristallisationspunkt eines spezifisch deutschen Zugangs zu Technik und Moderne................................................................................................................................................. 70 2.2.1. Fordismus am Mittellandkanal – Der Volkswagen als politisch propagiertes Symbol für die Fortschrittlichkeit des Einfachen ..................................................................................................... 70 2.2.2. Konstruktive Genialität „made in Germany“ – Wirtschaftlichkeit als Fortschrittsideal der Automobilindustrie.......................................................................................................................... 80 2.2.3. Das Ethos der Zweckmäßigkeit als Leitidee eines deutschen Wegs in die Moderne......................... 94 3. DIE POLITISCHE AUFLADUNG DES AUTOMOBILS IM SPANNUNGSFELD VON WIRTSCHAFTSWUNDER UND KONSUMKRITIK 1945-1966 ..............106 3.1. Das Auto bleibt Symbol für wirtschaftlichen Aufbruch und gesellschaftlichen Fortschritt durch Motorisierung...................................................................................................................................... 107 3.1.1. Das Auto als Motor des Wiederaufbaus in der Öffentlichkeitsarbeit der Kraftfahrtlobby............... 107 3.1.2. Zögerliche Verkehrspolitik und steigende Motorisierungsdichte – Das Automobil wird zum Politikum ....................................................................................................................................... 117 3.1.3. Das Automobil als Symbol für Wohlstand und Freiheit in den verkehrspolitischen Debatten der 50er- Jahre............................................................................................................................................... 123 3.2. Das Automobil als Ikone der modernen Konsumgesellschaft......................................................... 137 3.2.1. Das Automobil wird zum alltäglichen Gebrauchsgegenstand.......................................................... 137 3.2.2. Das Automobil als Symbol der Partizipationschancen des westlichen Konsummodells ................. 141 3.2.3. Erhard contra Nordhoff – Motive und Strategien der Akteure am Beispiel der Preispolitik des Volkswagenwerks.......................................................................................................................... 147 3.3. Das Auto als Symbol für einen „German Way of Life“ .................................................................. 153 3.3.1. Der amerikanische „Straßenkreuzer“ als Inbegriff der Schattenseiten der Konsumgesellschaft ..... 153 3.3.2. Der Purismus des Volkswagens – Die Wiederentdeckung der Zweckmäßigkeit als nationale Tugend der Deutschen ................................................................................................................................165 4. DIE ENTZAUBERUNG DES AUTOMOBILS 1967-1974.................................180 4.1. Die Krise der Automobilindustrie ..................................................................................................... 181 4.2. Die argumentative Einheit von Motorisierungsdynamik und sozialem Fortschritt zerbricht..... 186 4.3. Exklusivität statt Zweckmäßigkeit – der Fall BMW als Beispiel für den Imagewandel des deutschen Automobils ........................................................................................................................ 194 5. SCHLUSS ........................................................................................................207 3 6. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS .................................................218 6.1. Quellenverzeichnis.............................................................................................................................. 219 6.1.1. Ungedruckte Quellen ....................................................................................................................... 219 6.1.2. Zeitungen und Zeitschriften ............................................................................................................. 221 6.1.3. Bücher, Monographien und sonstige Veröffentlichungen................................................................ 223 6.2. Literaturverzeichnis ........................................................................................................................... 225 4 1. Einleitung 5 Autos seien die „großen gotischen Kathedralen“ der Neuzeit, befand der französische Philosoph und Literaturwissenschaftler Roland Barthes.1 Mit dieser provozierenden These machte Barthes auf die immense soziale und kulturelle Bedeutung des Automobils aufmerksam. Kaum ein technischer Gegenstand ist so tief in die Lebenswelt des Einzelnen eingedrungen und hat das Gesicht der Moderne so nachhaltig geprägt wie das Auto, kaum eine historische Entwicklung hat die westliche Gesellschaft und den geographischen Raum so einschneidend verändert wie die Massenmotorisierung. Gerade deshalb beschränkte sich die gesellschaftliche Aneignung des Automobils auch nicht auf den technischen Gebrauchswert, sondern eröffnete bereits frühzeitig eine Ebene symbolischer Bedeutungszuschreibung. Das Auto war von Beginn an Projektionsfläche individueller wie auch gesellschaftlicher Hoffnungen und Ängste. Ob Hitlers Volkswagen oder Erhards Käfer, ob Mercedes` Silberpfeil oder Sachsenrings Trabant – das Auto bewegte die Deutschen stets im doppelten Wortsinn. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehen eben diese Sinn- und Bedeutungszusammenhänge, in die das Automobil eingelagert wurde. Anvisiert ist also eine kulturhistorische Perspektive auf die symbolischen Sinnwelten, welche die Haltungen und Einstellungen gegenüber dem Kraftfahrzeug konfigurierten.2 Dabei geht es jedoch nicht primär um eine „Kulturgeschichte der Alltagsdinge“ oder eine „Alltagsgeschichte des Automobils“, wie sie etwa von Wolfgang Ruppert oder Rudy Koshar vertreten werden.3 Während