Filmbildung Für Den Unterricht 7 – Filmheft Zu FREE SPEECH FEAR
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Filmbildung für den Unterricht 7 Filmheft zu FREE SPEECH FEAR FREE Dokumentarfilm von Tarquin Ramsay Inhalt 2 Inhaltsverzeichnis 3 Hohes Gut ohne Grenzen? Annäherungen an die Meinungsfreiheit | Franz Bäck 6 Credits |Filmstab 7 Auszeichnungen | Synopsis 8 Die Protagonisten | Franz Bäck 8 Jacob Appelbaum 9 Julian Assange 10 Diani Barreto und Niamh Barreto 11 Julia Farrington 12 Nikolaj Chalesin, Natalja Koljada 13 Robbert Valentijn Gonggrijp 14 Sarah Harrison 15 John Kiriakou 16 Jude Law 17 Andy Müller-Maguhn 18 Charlie Veitch 19 Jerémie Zimmermann 20 Filmgestaltung und Filmdramaturgie | HolgerTwele 20 Biografische Ansätze und Recherchen 22 Dramaturgischer Aufbau 24 Einsatz filmischer Mittel 24 Ist das (noch) ein Dokumentarfilm? 25 Gespräch mit Tarquin Ramsay und Jörg Altekruse | Eva-Maria Schneider- Reuter, Lars Breuer 43 Arbeitsblätter 43 Arbeitsblatt Die Protagonisten 46 Arbeitsblatt Zur Thematik des Films 47 Arbeitsblatt Der Song „Frei“ 48 Arbeitsblatt Filmische Gestaltung 49 Arbeitsblatt Die Plakate des Films in Deutschland und Frankreich 50 Best Practice: Buch "Was ist Meinungsfreiheit" 51 Curricula-Bezug (Beispiel Niedersachsen) 53 Dokumente 53 Dokument 1: Der Song „Frei“ 55 Dokument 2: Das "Manifest“ Niamh Barretos 56 Impressum 2 Hohes Gut ohne Grenzen? Annäherungen an die Meinungsfreiheit Meinungsfreiheit ist in zivilisierten in der Spannungen und Fehlentwicklun- demokratischen Staaten ein hohes Gut, gen in einer Gemeinschaft abgehandelt das durch Verfassungen und Gesetze werden, zeigen den Grad der zivilisato- geschützt ist. Auch die Grenzen dieser rischen Entwicklung. Dass die Folgen Meinungsfreiheit sind durch Gesetze dieser Interessensunterschiede in autori- geregelt. Übertretungen werden tären Systemen für alle die, die in geahndet. diesem Spannungsfeld auf der „anderen Seite“ der Macht stehen, wenig erfreulich So heißt es zum Beispiel im deutschen sind, wenn‘s um Freiheitsrechte wie die Grundgesetz in Artikel 5 unter Punkt 1: Meinungsfreiheit geht, liegt leider auch „Jeder hat das Recht, seine Meinung in auf der Hand. Ebenso wie die Tatsache, Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und dass die Konsequenzen für‘s Aufbe- zu verbreiten und sich aus allgemein gehren gegen die Unterdrückung von zugänglichen Quellen ungehindert zu menschlichen Grundrechten auf Wohl unterrichten. Die Pressefreiheit und die und Wehe derer, die für diese Grund- Freiheit der Berichterstattung durch rechte kämpfen, meist dramatisch und Rundfunk und Film werden gewähr- mitunter lebensbedrohlich ist. Allerdings leistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ sind auch freiheitlichere und demokra- tischere Gesellschaften nicht davor Und gleich in Punkt 2 werden geschützt, dass politisches Kalkül oder Begrenzungen dieser Meinungsfreiheit Machterhaltungsstrategien über Grund- festgehalten: rechte Einzelner oder Gruppen triumphieren. „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Ein Metarecht? Gesetze, den gesetzlichen Bestimmun- gen zum Schutze der Jugend und in dem Die Frage ist aber, ob aus dem Recht der persönlichen Ehre.“ Zusammenhang zwischen Unterdrückung oder Einschränkung von Meinungsfreiheit Gesetze sind auslegbar. Immer. Auch in und der unkontrollierten Ausübung von demokratischen Systemen. Nicht nur in Machtinteressen der Schluss zu ziehen Diktaturen oder Autokratien, auch dort ist, dass dieses Recht auf Meinungs- wo Gewaltenteilung herrscht und Justiz, freiheit ein Recht ist, das deshalb Legislative und Exekutive unabhängig gewissermaßen über allen anderen Recht sind oder sein sollen. thront, ein Metarecht gewissermaßen, das über allen Menschenrechten steht. Schließlich gibt es auch in freiheitlich demokratischen Gesellschaften unter- Julien Assange meint zum Beispiel, alles schiedliche politische, wirtschaftliche, was Menschen miteinander sprachlich kulturelle und noch viele anderen verhandeln, fände sich in individuellen Interessen und es werden die Hüter der und kollektiven Vorstellungen von Meinungsfreiheit sein, die auch über Zusammenleben wieder, in jeder deren Grenzen hüten werden wollen. Das sozialen Struktur, in jeder gesellschaft- schafft allerlei Spannungen und teilt die lichen Organisationsform. Also sei die Welt in jene, die zur Aufrechterhaltung freie Kommunikation, der uneinge- eines Status quo Restriktionen für schränkte Akt des Sprechens und der nützlich halten und jene, die über völlig ungehinderte Austausch von Einschränkungen von Rechten und Informationen die Basis für die Qualität Freiheiten klagen, die Rechte und gesellschaftlichen Seins und schlüge sich Freiheiten bedroht sehen und dagegen folglich in jedem Gesetz, in jeder opponieren. Die Form und die Qualität, Verfassung, in jeder Idee von Zusam- 3 menleben nieder. Meinungsfreiheit sei gemeingefährlichen Tweets, die allen somit das Grundrecht, das hinter oder unseren Vorstellungen von sinnvollem über allen anderen Rechten steht und und freundlichem Miteinander spotten. deshalb müsse es uneingeschränkt Und wer soll dann die Regulierung gewährt werden. Jede soziale Gegeben- schaffen? Eben jene Stellen, die im heit und ihr sprachlicher Ausdruck, selbst Verdacht stehen, Meinungsfreiheit zu das Wort „Recht“ sei das Ergebnis von beschränken? Und wie soll das funktio- Kommunikation. Die Freiheit zu kommu- nieren ohne die Vorstellung von uneinge- nizieren ist also die Basis jeder Freiheit schränkter Meinungsfreiheit aufzugeben? zur Meinungsäußerung. Und damit ist die Aber vielleicht ist die Meinungsfreiheit Freiheit der Kommunikation die Voraus- auch nicht das vermeintliche übergeord- setzung für alles andere: zuzuhören und nete Recht, als das es hier verhandelt sprechen zu können. Unterdrückt man wird. Vielleicht ist das Wesen von die Kommunikationsfreiheit, unterdrückt Rechten, dass sie in der Praxis immer man die Möglichkeiten und Bedingungen anderer Rechte. nur eingeschränkt gewährt werden können. Und nur ihre theoretische, also Man könnte damit vielleicht den banalen sprachliche Forderung kann totaliter Einwurf vorbringen, dass dann natürlich sein. Oder humorvoll und ein wenig auch der größte Stuss folgenlos verbrei- überspitzt gesagt schließt ja auch das tet werden kann, dass es dann gestattet Recht auf freie Niederlassung nicht ein, sei, Regen zu melden bei schönstem sein Zelt auf einer Autobahn aufzustellen Sonnenschein, mit so etwas wie einem und das Recht der freien Religionsaus- zivilisatorischen Mehrwert kontern, der übung wird kaum etwaige Menschen- aus uneingeschränkter Kommunikation fresserei beinhalten. Vielleicht also ist zu ziehen ist. Selbst das Leugnen des auch die Meinungs- und Redefreiheit ein Holocaust, dass dann erlaubt wäre, Recht, das erst entstanden ist aus seiner könnte möglicherweise durch Vernunft Abwesenheit bzw. seiner Unterdrückung und Sprachregulierung aus dem und folglich immer verbunden mit der öffentlichen Diskurs eliminiert werden. Möglichkeit unterdrückt oder partiell Vielleicht vermag dann auch eine völlig unterdrückt werden zu können, oder nur entgrenzte Berichterstattung und eine eingeschränkt gewährt zu werden. uneingeschränkte, offene Diskussion Dann ist es die Aufgabe und die Ver- auch die Verbreitung von alternativen pflichtung von entwickelten Gesell- Fakten zu durchschauen und zu über- schaften, diese Redefreiheit immer neu winden. Das hätte sicher negative Folgen zu definieren und immer wieder herzu- für Staatsoberhäupter, die sich heutzu- tage gewohnheitsmäßig darin ergehen. stellen. Und dann erhebt sich die Frage, ob diese Aufgabe allein von Institutionen Widerspruch erfüllt werden kann, die allemal anfällig sind, ihr Interesse auf Selbsterhaltung Wie aber gehen wir mit dem Wider- über das Recht auf Aufklärung und spruch um, den gerade jene produzieren, uneingeschränkte öffentliche Kommuni- die auf der einen Seite die freie und kation zu stellen? Und im Konfliktfall nur uneingeschränkte Verbreitung von die Fragilität dieses Rechtes auf Information in den digitalen Medien Meinungsfreiheit dokumentieren, forciert haben, die akribisch Verschlei- wogegen zwar immer wieder opponiert erungssoftware produziert haben und die werden kann und muss, was aber nie zu Anonymisierung von Information wirklich uneingeschränkter Meinungs- betrieben haben, und heute unisono freiheit führen kann. Regulierungsformen fürs Internet fordern, angesichts persönlicher Wenn aber Meinungsfreiheit nicht voll- Betroffenheit und der Bedrohung durch ständig institutionell gewährt werden eine unkontrollierbar gewordene Flut von kann, weil das eben unweigerlich in eine massenhaft verbreiteten subjektiven und Paradoxie führt, dann muss der 4 Diskussion vielleicht ein erweiternder Geheimdienste geraten war, er ging nach oder ergänzender Begriff hinzufügt Berlin und führte dort ein sehr unkon- werden. Ein Begriff, der anpassungs- ventionelles Leben. Details darüber sind fähiger und beweglicher ist, als die im Netz nachzulesen. Dort erschienen statische und institutionelle Form von dann auch mehr oder minder anonyme Verordnungen Gesetzen und Anschuldigungen über vermeintliche Verfassungen. Übergriffe. Er soll Frauen genötigt, vergewaltigt haben. Er selbst bestreitet Die Frage nach einer persönlichen justiziable Tatbestände, gibt aber Verantwortung des Einzelnen, eines unangemessenes Verhalten zu. Zu einer jeden Sprechenden der Sprache und den Anzeige kam es nie, kein Staatsanwalt anderen Sprechenden gegenüber, könnte hat jemals ermittelt, es gab nie ein lohnend und interessant sein. Die juristisches Verfahren. Es gibt lediglich Überlegung ist, ob und wie Sprache eine öffentliche Abrechnung im Netz. Mit Wirklichkeit schafft? Und