Linnaea Entomologica
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© Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 189 Die Dcpressarien und einige ihnen nahe stehende Gattungen beschrieben von I*. C. Zteller. (Tafel II. und III.) Das Genus Depressaria ist eins der natürlichsten unter den Scha- ben und daher im Allgemeinen wenig durch fremdartige Bestand- teile verunreinigt worden. Wenn es aber hinsichtlich seiner Erkennbarkeit als Genus wenig Schwierigkeit bietet, so steht es dafür desto schlimmer hinsichtlich der Unterscheidung seiner zahl- reichen Arten; sie gehörig von einander zu trennen und durch feste Merkmale kenntlich zu machen, ist eine der schwierigsten Unternehmungen. Um in dieser Hinsicht etwas Genügendes leisten zu können, habe ich eine Menge Material vereinigt, wofür ich den Herren v. Heyden, Lederer, Mann, Metzner, Reutti, Schmid in Frankfurt am Main, Speyer, dem Kaiserlichen Museum zu Wien und dem Königlichen zu Berlin zu besonderem Dank verpflichtet bin. Wenn ich aber auch durch so vielfache Unterstützung in den Stand gesetzt war, einen guten Theil der bisher aufgestell- ten Arten mit kritischem Auge zu betrachten und auf eine siche- rere Basis als die bisherige zu bringen, auch manche noch un- beschriebene Art vorzuführen, so fehlt doch noch sehr viel, dass nicht über den von mir behandelten Arten manches Dunkel schwe- ben sollte. Die Zahl der Arten, die ich beschreibe, ist nicht un- ansehnlich ; sie könnte beträchtlicher sein, wenn ich alle, die ich © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 190 kenne, hätte beschreiben wollen. Bei der Veränderlichkeit der meisten Arten, bei der Unangreifbarkeit vieler, wenn es sich darum handelt, sie durch Worte kenntlich zu machen, habe ich es vorgezogen, etwa ein Dutzend Unica, von denen ich manches selbst besitze, wegzulassen und ihre Bekanntmachung für die Zeit aufzusparen, wo sie für mich oder Andere keine Unica mehr sind. Nicht selten habe ich mir während der Arbeit die Frage gethan, ob es nicht zweckmässiger wäre, wenn ich diese und jene nur in einem oder wenigen Exemplaren vorhandene Art, die ich dennoch beschrieb, trotz ihrer anscheinend leichten Er- kennbarkeit wegliesse; denn die Sicherheit der Wiedererkennung nicht von der Genauigkeit der Untersuchung nnd der Aufstellung standhalter Merkmale, sondern davon abhängig zu machen, dass man sich die Ansicht des Originals verschafft, scheint mir ein unserer Zeit ganz unwürdiges Verfahren zu sein. Darum konnte ich aber meinen Beschreibungen keine geringere Länge geben, und ich denke, dass man mir darüber keinen Vorwurf machen werde, wenn man nur die Merkmale darin findet, nach denen man seinen Arten ihre Namen mit befriedigender Sicherheit an- weisen kann. An die Depressarien schliesse ich die Gattungen, welche den Uebergang zu Gelechia bilden. Es sind eine europäische, an Arten arme, und mehrere exotische, von denen wenigstens zwei an Arten reich zu sein scheinen. Hier habe ich es hinsichtlich der Beschreibung der Arten ziemlich leicht gehabt, da diese gross, aulfallend gezeichnet und gebildet und unter sich meistens sehr verschieden sind. Man wird aber auch ihre Beschreibungen nicht r kurz finden. W as wir von exotischen Microptern- Arten in den Sammlungen haben, ist ein höchst winziger Bruchtheil des in der Wirklichkeit vorhandenen Ganzen. Wie viel einander höchst ähn- liche Arten muss die üppig schaffende Natur der heissen Länder hervorbringen, wenn es schon bei uns so viele giebt! Wer also ein Thier vor sich hat, das von den andern ihm bekannten sehr verschieden ist, darf nicht glauben, er habe mit ein paar hinge- worfenen Worten genug gethan, um es für die Zukunft unver- kennbar zu characterisiren ; in den meisten Fällen wird die Zu- kunft noch eine ganze Schaar Arten anreihen, auf welche die- selben Worte anwendbar sind. Die Anweisung auf das Original ist nur zu vermeiden, wenn man dasselbe als von einem Dutzend © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 191 sehr ähnlicher Arten umgeben ansieht und sich gewissenhaft be- müht, seine Beschreibungen so einzurichten, dass Merkmale darin vorkommen, die dem unsichtbaren Dutzend mangeln. Bei aller Genauigkeit— und Ausführlichkeit wird aber doch keine Sicherheit erzielt, wenn der Gegenstand an wichtigen Thcilen beschädigt ist. Von dieser Beschaffenheit ist leider ein grosser Theil un- seres exotischen Materials an Microptern, und daher beschränkt sich die Zahl der von mir beschriebenen Cryplolechien und Ant- aeotrichen ungefähr auf die Hälfte der Arten, die mir zur Ver- fügung gestanden haben. Von der Gattung Depressaria hat Stainton eine Art unter dem Namen Exaeretia abgesondert. Ich würde sie, nach H:e& rich-Schäffev's Beispiel, wieder damit vereinigt haben, wenn sie nicht erstlich im Flügelgeäder (Tin. brit. p. 82) einen ziemlich erheblichen Unterschied zeigte. Während nämlich bei allen De- pressarien, deren Flügel ich abgeschuppt habe, der untere Ast der Adergabel, welche den letzten Ast der Subcostaladcr bildet, oberhalb der Flügelspitze ausläuft, geht er bei Exaeretia in der Flügelspitze selbst in den Rand aus. Stainton führt noch als Merkmal die pubescirend gefranzten Fühler des Männchens an, worüber ich nicht zu urtheilen vermag, da ich blos ein Weib- chen zur Ansicht habe. Das dritte Merkmal: alae anteriores Co- sta leviter sinuata eiliis sub apicem leviter retusis, halte ich für unwesentlich, da es nur einen höhern Grad der Bildung anzeigt, die wir der Depressaria costosa, an welche sich Exaeretia zu- nächst anschliesst, gleichfalls zusprechen müssen. Nach Stainton sind die Flügel bei Exaeretia brevius eiliatae. Allein an den Vor- derflügeln sind die Franzen nur wegen ihrer Zeichnung schein- bar kürzer, und der Schein verschwindet bei Betrachtung der Unterseite ; den Hinterfliigelfranzen giebt blos die dunklere Linie, welche leicht für die Hinlerrandlinie gehalten wird, das Ansehen, als ob sie wirklich kürzer seien als bei Depr. costosa. — Viel wichtiger ist zweitens der Unterschied in der Vorderflügelzeich- nung. Exaeretia Alüsella, die sich ohne Zweifel an die Abthei- lung Aa von Depressaria anschliesst, entbehrt des kurzen, am Innenrand in der Nähe der Wurzel schräo- aufsteigenden Striches, zwischen welchem und der Wurzel der Grund auffallend hell ist, wie wir ihn als Regel bei der Verwandtschaft der Depr. costosa sehen; dagegen hat die Wurzel am Vorderrande eine gelichtete © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 192 Grundfarbe und auf dem Innenrande selbst eine kurze, ganz helle, einwärts sehr dunkel gerandete Linie — ziemlich so, wie wir es bei der Abtheilung A b von Depressaria sehen. Gar nicht den Depressarien analog ist der schräge, vom Vorderrand gegen den Innenwinkel gerichtete, einwärts scharf abgeschnittene Schalten. — Auch zeigt drittens der Hinterleib von Exaeretia im weib- lichen Geschlecht etwas Eigenthümliches, indem er sowohl auf dem Rücken wie auf dem Bauch convex und auf ersterem mit schwach erhabener Mittelleiste versehen ist. Die Seitenränder der Ringe haben spärliche, wenig abstehende, nach unten ge- neigte Schuppen, und der Afterbusch ist kurz, spärlich, zusam- mengezogen — also sehr übereinstimmend mit Depressaria. Aber bei letzterer ist der zusammengedrückte, am Ende abgerundete Legestachel ganz eingezogen und wird bei getrockneten Exem- plaren nur nach gänzlicher Abreibung des Afterbusches sichtbar; bei Exaeretia ist er zwar eben so gestaltet, wird aber durch die Haarschuppen des Afterbusches weder von oben, noch von unten verdeckt und reicht noch etwas über sie hinaus. — Nach Stain- ton ist der Saugrüssel von Exaeretia mittelmässig lang (haustel- lum mediocre), also ungefähr von Hinterleibslänge. An meinem Exemplare fand ich ihn von Länge des Kopfes und nur eine 1 Spirale bildend.*" ) Aus allem diesem ergeben sich für Exaeretia Stainton folgende wesentliche Charactere: Antennae & pubescenli-ciliatae. Palpi labiales articulo secundo infra scopiformi, scopis longitudinaliter divisis. Alae ante- riores vena apicali furcata, furcae ramo inferiore in apicem exeunte; posteriores margine postico ante angulum analem sinuato. Abdomen J convexulum, oviductu exserto. Depressaria stimmt im Tasterbau ganz mit Exaeretia über- ein; die Längsfurche in der Bürste, welche die dichten Schup- pen auf der Unterseite des zweiten Lippentastergliedes bilden, unterscheidet beide Genera von allen Verwandten.**"") Bei einer Art (Dictamnella) ist sie in einen langen Busch verwandelt, der *) Doch will ich diese Angabe nicht als völlig sicher vertheidigen, da der Saugrüssel, den ich abgelöst hatte, noch während der Untersuchung ver- loren ging. **) Ihr Mangel lehrt aufs Sicherste, dass Lutosella fig. 438. bei Herricli- Scl>ff. keine Depressarie, sondern eine wahre Gelechie ist. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 193 aber auf der Oberseite auch die characteristische Furche zeigt. Das Endglied der Lippentaster ist dünn, dorncnförmig, mit kleinen, eng anschliessenden Schüppchen bekleidet, bei wenigen Arten mit einigen langern, lockeren Schuppen gegen die Wurzel. — Das zweite Hauptmerkmal bietet der flache, durch Schuppenbüsche, deren jedes Segment an jeder Seite einen hat, gerandete, auf der Un- terseite schwach convexe Hinterleib. Beim Männchen ist er auf der Oberseite mehr concav als beim Weibchen, und seine Seiten- büsche sind aus mehr Haaren zusammengesetzt und gedrängter; auch ist sein Analbusch länger, reicher an Haaren und dabei weniger zugespitzt. — Das dritte Hauptmerkmal giebt die Ge- stalt der Hinterflügel.