YOUNG EURO 30. JULI BIS 15. AUGUST CLASSIC 2021 KONZERTHAUS BERLIN

Gemeinsam. Ins Konzert. Live. Lange wa- sagt werden mussten, stand von Anfang ren diese drei Aspekte nicht zusammen an fest, dass sie Wege fi nden wollen, zu bringen. Jetzt rückt ihre Zusammen- 2021 dabei zu sein. Was sind schon Rei- führung in greifbare Nähe. Wir freuen sebeschränkungen, Abstandsvorschrif- uns ungemein, mit Ihnen die Rückkehr zu ten und Maskenpfl icht, wenn man dafür einer gewissen Normalität zu feiern. Hier wieder vor echtem Publikum – vor Ihnen! spielt die Zukunft – endlich wieder! – spielen kann! Mit bemerkenswerter Nachdem Young Euro Classic 2020 pan- Verve haben sie sich in die Planung eines demiebedingt die Gelegenheit genutzt Programms gestürzt, das bestens ohne hat, Schätze der Kammermusik zu heben, gewaltig besetzte Werke auskommt. Die Fr erleben wir in diesem Jahr großartige Ju- Rückkehr zu klassisch-romantischen Di- gendorchester, wie sie am liebsten spie- mensionen ist auch für sie eine willkom- 13 len: in symphonischer Besetzung, getra- mene Chance, Ihnen diesmal auf andere MORITZBURG FESTIVAL ORCHESTER gen von der einzigartigen Stimme ihrer Art und Weise Bekanntes, Unbekanntes INTERNATIONAL musikalischen Botschaft. Die Rückkehr auf und Neues zu bieten. Sogar die Tradition die Bühne ist gerade für die jungen Mit- der bi-nationalen Orchestergründungen Partner des Abends konnte wiederaufgenommen werden: So- wirkenden ein magischer Moment, den Online* Grußwort des Paten wir mit Freude und Dankbarkeit teilen. wohl bei Young Euro Classic als auch bei Stefan Raue Auch mit jenen, die aufgrund begrenzter Next Generation, dem Festival für den Intendant Deutschlandradio Kapazitäten keinen Platz mehr bekom- Nachwuchs des Nachwuchses, entsteht Konzerteinführung per Podcast men haben: 5 der 16 Konzerte werden live ein deutsch-französischer Fokus für Be- auf den Gendarmenmarkt übertragen. gegnung und Verständigung. 20 Uhr Josep Caballé Domenech Dirigent Ob Greek Youth Symphony Orchestra, Wir sprechen wohl im Namen aller Be- Kevin Zhu Violine Schleswig-Holstein Festival Orchestra teiligten, wenn wir sagen: Das wird ein Jan Vogler Violoncello oder Orquesta del Lyceum de La Habana: besonderes Wiedersehen. Wir freuen Sergio Tiempo Klavier Für jene Orchester, die für 2020 einge- uns auf Sie und eine wundervolle Zeit bei IVÁN FISCHER (*1951) • „Young Euro Classic festival hymn“ (2011) plant waren und deren Konzerte abge- Young Euro Classic, ROBERT SCHUMANN (1810-1856) • Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61 (1845/46) Sostenuto assai. Allegro ma non troppo – Scherzo. Allegro vivace – Adagio espressivo – Allegro molto vivace LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-1827) • Tripelkonzert für Kla-

Dr. Gabriele Minz Prof. Dr. Dieter Rexroth vier, Violine, Violoncello und Orchester C-Dur op. 56 (1803-04) Gesamtleitung Young Euro Classic Künstlerischer Leiter Young Euro Classic Allegro – Largo – Rondo alla polacca

* Pandemiebedingt finden diese beliebten Elemente des Abends im digitalen Raum, via Podcast bzw. Videobotschaft statt. Dr. Willi Steul Ulrich Deppendorf Alles zu den Konzerteinführungen finden Sie unter yecl.de/podcasts. 1. Vorsitzender Deutscher Freundeskreis 2. Vorsitzender Deutscher Freundeskreis Die Ansprache der Konzertpaten finden Sie auf der jeweiligen Veran- europäischer Jugendorchester e.V. europäischer Jugendorchester e.V. staltungsseite, spätestens am Veranstaltungstag. Viel Spaß beim Ein- stimmen auf Ihren Konzertabend! Josep Caballé Domenech Dirigent Der katalanische Dirigent Josep Caballé Domen- ech, 1973 in eine Musikerfamilie geboren, studierte zunächst in seiner Heimatstadt Barcelona Klavier, Schlagzeug, Violine und Gesang, bevor er sich dem Dirigieren zuwandte. Caballé Domenech hat eine enge Verbindung nach Deutschland; so war er 2013-

2018 Generalmusikdirektor am Opernhaus Halle, wo Barona Kike © er 2016 den kompletten Ring des Nibelungen aufführte. Gastkonzerte mit der Staatskapelle Halle führten ihn auch ins Berliner Konzerthaus. Darüberhinaus leitete er eine Vielzahl von Opernproduktionen, an der Staatsoper Berlin und der Komischen Oper ebenso wie an der Semperoper Dresden und der Staatsoper Hamburg. Einladungen führten ihn zu mehreren deutschen Rundfunk-Orchestern, zum Royal Philharmonic Orchestra London sowie renom- mierten Orchestern in Madrid, Stockholm, Zürich und Toulouse. Neben seiner Chefposition beim Colorado Springs Orchestra fungiert der Katalane seit 2019 als Chefdirigent des Mo- ritzburg Festival Orchesters. josepcaballedomenech.com © Oliver Killig Oliver ©

MORITZBURG FESTIVAL ORCHESTER Kevin Zhu Violine International Gerade einmal 20 Jahre alt, kann der Geiger Kevin Zhu be- Seit seinem ersten Auftritt im Jahr 2008 kommt das Moritzburg Festival Orchester in diesem reits auf eine beeindruckende Zahl von Konzertauftritten Sommer bereits zum vierten Mal zu Young Euro Classic. 1996 gründete eine Gruppe von verweisen, die ihn u.a. in die Carnegie Hall in New York, Musikern um den Cellisten Jan Vogler das Moritzburg Festival, als dessen Hauptspielstätte die Londoner Royal Festival Hall und in die Konzerthalle das barocke Schloss Moritzburg bei Dresden dient. Seit 2006 ist die Moritzburg Festival der Verbotenen Stadt in Beijing führten. Geboren im US- Akademie fester Bestandteil des Festivals. In diesen Jahren hat die Akademie einen hervor- Staat Maryland, erhielt Kevin Zhu bereits mit drei Jahren ragenden Ruf als internationale, innovative und kreative musikalische „Werkstatt“ erlangt. ersten Geigenunterricht; später kam er als Jung-Student an Nach einem strengen Auswahlverfahren werden jedes Jahr etwa 40 hochtalentierte Musik- das Konservatorium von San Francisco. Derzeit studiert der studentinnen und -studenten aus aller Welt im Alter von 16 bis 26 Jahren nach Moritzburg Geiger bei Itzhak Perlman an der Juilliard School in New eingeladen. Ergänzend zu den täglichen Orchesterproben mit dem Chefdirigenten Josep York. Dem Gewinn des Internationalen Paganini-Wettbe- Caballé Domenech erarbeiten die Studenten auch unterschiedlichste Kammermusikwer- werbs 2018 im italienischen Genua folgten Einladungen zu ke; hier liegt die künstlerische Leitung bei der Geigerin und Ehefrau Voglers, Mira Wang. Orchestern wie dem Pittsburgh Symphony Orchestra, den moritzburgfestival.com Moskauer Virtuosen und dem China Philharmonic Orches- tra. Kevin Zhu spielt auf der ihm leihweise zur Verfügung gestellten Stradivari-Violine „Lord Wandsworth“ von 1722. Erst kürzlich wurde ihm in New York City der mit $25.000 dotierte Avery Fisher Career Grant für junge Instrumenta-

© Seungho Choi © listen zuerkannt. kevinzhuviolin.com Jan Vogler Violoncello SYMPHONISCHE LEBENSKÄMPFE UND EIN GEWITZ- Der 1964 in Ost-Berlin geborene Jan Vogler ist TES EXPERIMENT FÜR DREI SOLISTEN seit nunmehr drei Jahrzehnten Gast auf allen bedeutenden Konzertpodien rund um den enn Jan Vogler, Intendant des Moritzburg Festivals, für das Konzert seines Or- Globus. Mit allen wichtigen Symphonieorches- chesters Schumanns Zweite aufs Programm setzt, dann ist dies auch eine Hom- tern der USA musizierte der Cellist, der heute mage an Dresden, wo die Symphonie C-Dur op. 61 in den Jahren 1845/46 kom- in New York City lebt, ebenso wie mit Orches- W poniert wurde. Neben der grundsätzlichen Begeisterung für das Orchester, angefacht durch tern in London, Paris, Wien und St. Petersburg. die enthusiastische Aufnahme seines Erstlings, der B-Dur-Symphonie von 1841, dürfte eine

© Jim Rakete © Dabei arbeitete er u.a. mit Dirigenten wie An- Dresdner Aufführung von Franz Schuberts großer C-Dur-Symphonie, die Schumann Jahre dris Nelsons, Antonio Pappano, Thomas Hengelbrock, Manfred Honeck und Kent Nagano. zuvor im Nachlass des Bruders in Wien entdeckt hatte, die Idee für neue Pläne gegeben Neben seiner Tätigkeit als Intendant der Dresdner Musikfestspiele und künstlerischer Leiter haben. In gerade einmal 16 Tagen wurde das Werk skizziert, doch wiederholte Anfälle von des Moritzburg Festivals findet Vogler auch noch die Zeit für das musikalisch-literarische „Melancholie“, über die Schumann gegenüber Freunden klagte, sorgten immer wieder für Projekt „Bill Murray, Jan Vogler & Friends – New Worlds“, das er gemeinsam mit dem US- Unterbrechungen, so dass sich Ausarbeitung und Instrumentierung über ein knappes Jahr amerikanischen Schauspieler entwickelt hat. Im Rahmen seiner langjährigen Zusammenar- hinzogen. Erst die zweite Aufführung im Leipziger Gewandhaus, dirigiert vom Freund Men- beit mit dem Label Sony Classical erschienen zuletzt 2020 seine Aufnahme Three Continents delssohn, wurde ein unumstrittener Erfolg; beim ersten „Anlauf“ hatte allzu viel Musik von mit Cellokonzerten von Nico Muhly (USA), Sven Helbig (D) und Zhou Long (China) mit dem Weber und Rossini Orchester und Publikum bereits erschöpft, bevor das anspruchsvolle WDR-Sinfonieorchester unter der Leitung von Cristian Măcelaru sowie eine Aufnahme des neue Werk erklingen konnte! zweiten Cellokonzerts von Schostakowitsch mit dem Mariinski-Orchester unter Valery Ger- giev. janvogler.com ielfach thematisiert wird im Zusammenhang mit Schumanns Zweiter der Bezug zu Beethoven und seiner Neunten, vor allem wenn man an die langsame Einleitung zum Versten Satz und die Positionierung des Scherzos an zweiter Stelle vor dem Adagio denkt. Mindestens ebenso auffällig ist die Fokussierung auf das Finale hin, in dem wieder- um – wie bei Beethoven – die Themen der vorherigen Sätze aufgegriffen werden. Bedenkt Sergio Tiempo Klavier man jedoch, wie sehr die inneren und äußeren Kämpfe des Komponisten Spuren in dem Geboren in /Venezuela, erhielt Sergio Tiempo sei- Werk hinterlassen haben, so wirkt das triumphale Finale ebenso wie ein Sieg über die bösen nen ersten Klavierunterricht bei seiner Mutter. An der Fon- Geister der Depressionen. dazione per il Pianoforte in Como/Italien arbeitete Sergio Tiempo u.a. mit Dimitri Bashkirov, und Diet- esonders bemerkenswert ist Schumanns formaler Plan: Bereits im einleitenden Sos- rich Fischer-Dieskau zusammen. Zu seinen künstlerischen tenuto assai, so ziellos es scheinbar vor sich hin mäandert, werden die thematischen Höhepunkten zählen u.a. eine Konzerttournee durch die BBausteine aufgeschichtet, mit denen später das symphonische Gebäude errichtet USA und Europa mit dem Los Angeles Philharmonic unter werden soll. Von nervöser Unruhe geprägt ist das Allegro, Ruhepunkte sucht man vergebens. Gustavo Dudamel und sein Debüt beim Boston Symphony Stattdessen steigert sich Schumann in eine Art Rausch, die einander jagenden Sequenzen prägen die gesamte Durchführung, und auch die Reprise steuert zielstrebig auf das von Orchestra. Darüber hinaus konzertierte er bereits mit dem © Sussie Ahlburg New York Philharmonic, Singapore Symphony, Queensland martialischen Trompetenfanfaren begleitete Ende zu. Symphony, BBC Symphony und St. Petersburg Symphony Orchestra sowie dem Brussels Philharmonic und dem Philharmonic Orchestra unter Dirigenten wie Clau- ie aus einem Guss wirkt das Scherzo in seiner Mischung aus Perpetuum mobi- dio Abbado, Myung Whun Chung, Thierry Fischer, Emmanuel Krivine, Alondra de la Par- le und romantischem Geisterspuk; es wird durch zwei Trios ergänzt, von denen ra und Leonard Slatkin. Sergio Tiempo war bereits in der Queen Elizabeth Hall in Lon- Wbesonders das zweite Trio mit einem choralartigen Streichersatz und einer breit don, im Wiener Konzerthaus und der Berliner Philharmonie zu erleben. Er ist Gast bei angelegten Kantilene auf klaren Kontrast setzt. Von großer Dichte gekennzeichnet ist das Festivals wie dem Edinburgh International Festival, dem Oslo Kammermusikkfestival, dem dreiteilige Adagio, das in seiner düsteren Stimmung, mit den elegischen Soli von Oboe Warschauer Chopin-Festival sowie jährlich auch beim Festival in Luga- und Klarinette, den vielen musikalischen Seufzern und emotionsgeladenen Intervallen deut- no, wo er mit Mischa Maisky, Nelson Freire und seiner Schwester Karin Lechner musiziert. lich Schumanns seelische Labilität jener Monate widerspiegelt. Seine große Bach-Verehrung bringt der Komponist im fugierten Mittelteil zum Ausdruck. Wie weggeblasen sind diese sergiotiempo.net Ängste im optimistischen Finale, das in strahlendem C-Dur vorbeizieht. Thematisch sind An- leihen aus dem Scherzo wie aus dem Adagio wiederzufinden, spielerisch bindet Schumann alle Orchestergruppen ein, und nicht zuletzt die glücklichen melodischen Erfindungen, die immer wieder neu aufblühen, geben diesem Finale Glanz und überzeugendes Gewicht.

icht zufällig hat Intendant Jan Vogler auch Ludwig van Beethovens Tripelkonzert, das Konzert für Violine, Violoncello, Klavier und Orchester C-Dur op. 56, für den Nzweiten Teil des heutigen Konzerts ausgewählt. Zum einen bietet es ihm als Cellisten die Möglichkeit, mit zwei hochtalentierten Nachwuchsmusikern gemeinsam zu musizieren, zum anderen setzt er sich seit langem schon für dieses Werk ein, das in der allgemeinen Wertschätzung weit hinter den fünf Klavierkonzerten oder dem Violinkonzert zurückfällt. Dieses Desinteresse geht bis auf Beethovens Zeit zurück; nach der Leipziger (!) Uraufführung 1808 befand die Allgemeine musikalische Zeitung etwas einsilbig, das „neue Concertino von Beethoven“ habe „keinen rechten Eingang“ gefunden, da es „fast nur aus Passagen“ bestehe, die „auf die drei Instrumente ziemlich gleich vertheilt sind, mit der Zeit aber, für den Zuhörer, wie für den Spieler, gleich ermüdend“ seien.

as trifft den Kern des Tripelkonzerts recht gut – und zugleich auch die Herausforde- rungen, denen sich Beethoven mit einer großen Portion Witz und Wagemut gestellt Dhat. Ist doch der erste Satz auffällig lang geraten (was dadurch verständlich wird, dass alle drei Instrumente gebührend vorgestellt werden müssen), während der folgende langsame Satz gerade einmal fünf Minuten dauert. Bei dem großen virtuosen Finale wieder- um entschied sich Beethoven für ein „Rondo alla polacca“, also eine quicklebendige Polonai- se, die in immer wieder neuen Anläufen angestimmt wird. Der Kenner amüsiert sich über ein überraschendes Fugato und unmotivierte Triller-Scherze, während der Laie die sprühende gute Laune dieses Schlusssatzes goutiert.

icherlich war sich Beethoven sehr klar über die kompositorischen Konsequenzen, die ein Konzert für drei Solisten mit sich bringt. Zum einen verzichtet er (was dem Werk Simmer wieder den Vorwurf minderer Qualität eingebracht hat) auf ausgedehnte or- chestrale Vor- und Zwischenspiele. Die Themenarbeit wird ganz auf die drei Instrumente ver- teilt und dabei oft in kleine Fragmente aufgesplittert – eine intelligente Art, um langwierige Dreifach-Wiederholungen zu vermeiden. Dabei sind es zumeist die beiden Streichinstrumen- te, die sich im Duett miteinander verbünden, während das Klavier mehr das Rankenwerk bei- steuert und nur gelegentlich motivisch herausragt. Letztlich bewahrt Beethoven durch diese enge Verzahnung der drei Solostimmen auch den Kammermusikcharakter des Tripelkonzerts.

en diffizilsten Part hat zweifellos das Cello zu bewältigen; seinen Einstieg im Schluss- satz nennt Jan Vogler „das schwerste Thema in der gesamten Celloliteratur über- Dhaupt“! Schon zu Anfang des Werkes, nach der sehr langen Orchestereinleitung, ist dem Cello der erste Solo-Einsatz überhaupt vorbehalten, und auch im Largo-Satz spielt das Violoncello „die erste Geige“ mit einer weit ausgesponnenen Kantilene. Man gewinnt den Eindruck, Beethoven suche hier den Ersatz für das nie von ihm komponierte Cellokonzert. Dass das Tripelkonzert trotz aller Sympathien für das Violoncello kompositorisch in der Ba- lance bleibt, zeigt seine Meisterschaft auch in diesem ungewöhnlichen Experiment. Michael Horst