TIBIA · Magazin Für Holzbläser 30. Jahrgang · Heft 1/2005
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TIBIA · Magazin für Holzbläser 30. Jahrgang · Heft 1/2005 Inhalt Peter Thalheimer ins Kollegium der TIBIA-Herausgeber berufen 322 Hartmut Gerhold: Theobald Böhms Altflöte in G – Stationen der Entwicklung und der Emanzipation eines „Nebeninstrumentes“ der Querflötenfamilie, Teil 2 323 Das Porträt: Ernst Meyer. Das Erbe Fred Morgans – Gedanken über Gegenwart und Zukunft des Blockflötenbaus. Ein Gesprächsporträt von Ines Müller-Busch 335 Joachim Rohmer: „Fred, Fred und nochmal Fred“ 343 Carin van Heerden: Zwei Instrumente – ein Dilemma? 348 Ute Deussen: Neue Musik im Blockflötenunterricht. Ein Bericht aus der Praxis 350 Annette Ziegenmeyer: The Delayed Flute. – Das Spiel mit dem eigenen Echo oder: Einfache Technik macht Spaß 356 Summaries 359 Berichte International Congress of Recorder Orchestras (ICRO) 14. – 17. Oktober 2004 in Zeist (NL) 360 Rahel Stoellger und Gerd Lünenbürger: 1st European Recorder Performance Festival, Amsterdam, 29. – 31. Oktober 2004 369 Katja Reiser: Schwarz-wald-gip-fel-aaaaaaaaaah! ERTA-Symposion 2004 376 Oliver Rosteck: „Wir wollen mit Ihnen Musik machen“ Ensemblespielkurse des Blockflötenzentrums Bremen 379 Radelint Blühdorn: Flöten in der Zirkusmanege. Ein Projekt an der Musikschule Steinfurt 380 Bettina Haugg: Aspect-Kurs Les jeux sont faits 20. – 27. August 2004 in Weikersheim 382 Rezensionen Bücher und Zeitschriften 384 Noten 387 Tonträger und AV-Medien 397 Neues aus der Holzbläserwelt 402 Veranstaltungen 404 Impressum 408 TIBIA-Kunstbeilage: Monogrammist „Z. fec.“ (fecit = hat gemacht), Deutschland, vor 1750, CANTATA FLAUTO, Kupferstich 15,4 x 18,1 cm, Gemeentemuseum, Den Haag Diese Ausgabe enthält folgende Beilage: Edition Tre Fontane, Münster; Spielräume, Moeck Verlag, Celle TIBIA 1/2005 321 Editorial Peter Thalheimer ins Kollegium der TIBIA-Herausgeber berufen Wir begrüßen Herrn Peter Schallplattenaufnahmen, Thalheimer im Kreise der schrieb wissenschaft liche Tibia-Herausgeber und Beiträge für verschieden - möchten ihn vorstellen. ste Zeitschriften und Publikationen und ist Er wurde 1946 in Stutt- Herausgeber einer Viel- gart geboren. Bereits zu zahl von Ausgaben Alter Schulzeiten beschäftigte Musik. er sich mit verschiedenen Fragen des Blockflöten- Seit 1978 ist Peter Thal- baus und damit verbunde- heimer Dozent für nen historischen Themen. Blockflöte, Traversflöte, 1965 erhielt er den 1. Preis Querflöte, Methodik, für Blockflöte im Bundes- Aufführungspraxis und wettbewerb „Jugend mu- Ensemblespiel am Meis- siziert“. 1963 begann er tersinger-Konservatori um mit dem Erlernen der Tra- in Nürnberg, der jetzigen versflöte. 1968 bis 1973 studierte er an der Mu- Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg. sikhochschule Stuttgart Schulmusik mit den Sein erster Artikel in der Tibia erschien 1983 Schwerpunktfächern Querflöte und Orchester- (Flauto d’amore, B flat Tenor Flute und „tiefe leitung und legte „nebenbei“ noch die Haupt- Quartflöte“. Ein Beitrag zur Geschichte der tie- fachprüfung Blockflöte und die Konzertreife- fen Querflöten im 18. und 19. Jahrhundert. prüfung Querflöte ab. Gleichzeitig studierte er TIBIA 2/1983), diesem folgten noch viele weite- Musikwissenschaft in Tübingen und machte re. 2004 legte er die Magister-Prüfung Musik- dort ein Staatsexamen. wissenschaft an der Universität Tübingen ab und promoviert nun über sein Spezialthema Die Bereits 1966 begann seine Tätigkeit als Werbe- Blockflöte in Deutschland 1920 bis 1945 – In- leiter und Lektor für einen Musikverlag. Nach strumentenbau und Aspekte zur Spielpraxis. dem Studium war er Lehrbeauftragter für Block-, Quer- und Traversflöte an der Musik- Seine Vielseitigkeit als Musiker, Dozent, Her- hochschule Stuttgart, unterrichtete an verschie- ausgeber und Wissenschaftler wird der Tibia denen Gymnasien, konzertierte in unterschied- zweifellos zugute kommen, und wir freuen uns lichen Besetzungen, machte Rundfunk- und auf die zukünftige enge Zusammenarbeit. Die Redaktion 322 TIBIA 1/2005 Hartmut Gerhold Theobald Böhms Altflöte in G – Stationen der Entwicklung und der Emanzipation eines „Nebeninstrumentes“ der Querflötenfamilie, Teil 2 1856 erschien die revidierte und erweiterte 2. schaffenheit“. Darin erwähnt Tromlitz die Flûte Auflage der Instrumentationslehre von Hector d’amour, „welche eine kleine Terz tiefer stehet, Berlioz.46 Die oben dargestellte Entwicklung als die gewöhnlich gestimmten (Flöten)“, bei- der Flöte lässt es bemerkenswert erscheinen, dass läufig zusammen mit Terz-, Quart- und Oktav- Berlioz einerseits bereits die Vorzüge der von flöten, ohne weiter darauf einzugehen, „weil sie Böhm und anderen neu entwickelten Instrumen- eben nicht sehr gangbar sind.“51 Heinrich Chris- te (einschließlich des C-Fußes!) schätzt. Ande- toph Kochs „Musikalisches Lexikon“ (Frank- rerseits bedauert er, 100 Jahre nach Quantz(!), furt am Main 1802)52 erwähnt im Artikel Flöte dass „man die Liebesflöte (Flûte d’amour) ganz die gleichen Nebenformen des Instruments wie außer Gebrauch (hat) kommen lassen.“ Sie wür- Tromlitz. Bezeichnenderweise fügt der Autor de die Familie der Flöteninstrumente „nach der nur wenige Jahre später in seinem „Kurzgefass - Tiefe zu vervollständigen, und ihr sanfter und ten Handwörterbuch der Musik“ (Leipzig markiger Ton würde eine vortreffliche Wirkung 1807)53 bei dem entsprechenden Stichwort hin- hervorbringen, sei es als Gegensatz zu den hö- zu: „Von diesen verschiedenen Dimensionen der heren Flöten … oder um den so eigenthümlichen Flöte ist anjetzt nur noch die Octavflöte ge- Harmonien, welche aus der Zusammenstellung bräuchlich“, die Flûte d’amour nach Kochs der tiefen Noten der Flöten, englischen Hörner Wahrnehmung also nicht mehr. und Clarinetten entstehen, mehr Fülle und Far- be zu verleihen.“47 Eine besondere Blütezeit erlebte die Flûte d’a- mour, mit einem Schwerpunkt auf Instrumenten in As-Stimmung, noch einmal im ersten Drittel Deutschland des 19. Jahrhunderts in Wien.54 Ausgestattet mit Flöten aus den Werkstätten ansässiger Instru- In Deutschland48 bleibt die Kenntnis von der mentenmacher, wie Koch, Ziegler und anderen, Flûte d’amour auch nach Quantz noch lange er- war der Flauto d’amore besonders in Liebhaber- halten. Allerdings scheint sie im späteren 18. und kreisen für das eigene häusliche Musizieren in frühen 19. Jahrhundert vor allem ein Instrument Gebrauch. Über die Soiréen des auf dem Flauto für Liebhaber gewesen zu sein. Die geringe Zahl d’amore dillettierenden Kriminalgerichtsrats und die Art der erhaltenen Kompositionen deu- Alois Gulielmo (1763 – 1823) sind von Zeitge- ten darauf hin. Im öffentlichen Musikleben nossen anschauliche Berichte überliefert. Seinem spielt sie keine Rolle. In der „Allgemeinen Mu- Sammeleifer und seiner Initiative, „alle Tonset- sikalischen Zeitung“ in den Jahren 1798 – 1848 zer Wiens um neue Kompositionen“, insbeson- kommt das Stichwort Flûte d’amour praktisch in dere für Flötenensemble mit einer Flûte d’amour keinem Artikel oder Bericht vor.49 als tiefster Stimme, zu bitten, verdanken wir heute das Vorhandensein eines beachtlichen Re- In dem für die Zeit um 1800 zentralen Lehrwerk pertoires an Originalkompositionen und Bear- „Ausführlicher und gründlicher Unterricht die beitungen aus jener Zeit. Einige dieser Werke Flöte zu spielen“ (Leipzig 1791)50 des Juristen sind seit jüngster Zeit in Neuausgaben zugäng- und Flötisten, Komponisten, Flötenbauers und lich,55 wobei die d’amore-Partien meist pro- Flötenlehrers Johann Georg Tromlitz (1725 – 1805) blemlos von modernen Altflöten in G über- gilt das erste Kapitel „der Flöte, und deren Be- nommen werden können. TIBIA 1/2005 323 Hartmut Gerhold Als ein zu seiner Zeit offenbar gängiges Instru- tober 182557, und Die Kunst des Flötenspiels, ment erwähnt der in Wien wirkende Flötenvir- Leipzig 1844). Für Fürstenau hat die Flöte damit tuose sowie Lehrer, Komponist und Arrangeur ihre maximale und optimale Länge und Lage er- für sein Instrument Joseph Fahrbach (1804 – reicht. Dabei wäre die H-Klappe am Fußstück 1866) in seiner „Neuesten Wiener Flöten-Schu- seiner Ansicht nach „leicht zu entbehren, trüge le“ (1835) ausdrücklich die „Flûte d’amour oder nicht diese kleine Verlängerung der Flöte we- As-Flöte“. Ein später Nachhall auf diese beson- sentlich zu einer bessern Höhe bey.“58 dere Wiener Epoche findet sich noch im „Musi- kalischen Conversations-Lexikon“ von Her- Besonders in Wien hat die alte Sehnsucht der mann Mendel (Leipzig 1873). Dort heißt es im Flötenspieler nach immer tieferen Tönen auf ih- Artikel „Flöte“ u. a.: „Die in den dreissiger Jah- rem Instrument dazu geführt, das Fußstück der ren dieses Jahrhunderts sehr beliebten Liebes- normalen Flöte über b0 und a0 bis g0 zu ver - flöten, Flûtes d’amour, … sind jetzt fast nirgends längern. Fahrbach erwähnt diese Instrumente mehr bekannt.“ Theobald Böhms neue Altflöte in seiner Schule. Sie seien jedoch wegen kaum wird in dem Artikel noch nicht erwähnt. vorhandener geeigneter Stücke „nicht sehr in Gebrauch“. Drouet berücksichtigt in dem er- Die Anbringung zusätzlicher Klappen an der wähnten Übungsstück (s. Tibia 4/2004, S. 253) „normalen“ Flöte (für f, gis und b, später auch c2) besonders die entsprechenden tiefen Töne. Für- ab den 1780er Jahren und die nach und nach zu- stenau kennt die Bestrebung nach einer weiteren nehmende Verbreitung derart „verbesserter“ In- Verlängerung des Fußstücks ebenfalls, lehnt „die strumente ist in Deutschland eng mit dem Wirken Wiener Erfindung“ aber kategorisch ab. Die von Johann Georg Tromlitz56 verbunden. Wäh- beträcht liche Verlängerung des Instruments sei rend er selbst allerlei Modifikationen an der Klap- nachteilig für Klang und Ansprache