TIBIA · Magazin für Holzbläser 30. Jahrgang · Heft 1/2005

Inhalt Peter Thalheimer ins Kollegium der TIBIA-Herausgeber berufen 322 Hartmut Gerhold: Theobald Böhms Altflöte in G – Stationen der Entwicklung und der Emanzipation eines „Nebeninstrumentes“ der Querflötenfamilie, Teil 2 323 Das Porträt: Ernst Meyer. Das Erbe Fred Morgans – Gedanken über Gegenwart und Zukunft des Blockflötenbaus. Ein Gesprächsporträt von Ines Müller-Busch 335 Joachim Rohmer: „Fred, Fred und nochmal Fred“ 343 Carin van Heerden: Zwei Instrumente – ein Dilemma? 348 Ute Deussen: Neue Musik im Blockflötenunterricht. Ein Bericht aus der Praxis 350 Annette Ziegenmeyer: The Delayed . – Das Spiel mit dem eigenen Echo oder: Einfache Technik macht Spaß 356 Summaries 359 Berichte International Congress of Recorder (ICRO) 14. – 17. Oktober 2004 in Zeist (NL) 360 Rahel Stoellger und Gerd Lünenbürger: 1st European Recorder Performance Festival, Amsterdam, 29. – 31. Oktober 2004 369 Katja Reiser: Schwarz-wald-gip-fel-aaaaaaaaaah! ERTA-Symposion 2004 376 Oliver Rosteck: „Wir wollen mit Ihnen Musik machen“ Ensemblespielkurse des Blockflötenzentrums Bremen 379 Radelint Blühdorn: Flöten in der Zirkusmanege. Ein Projekt an der Musikschule Steinfurt 380 Bettina Haugg: Aspect-Kurs Les jeux sont faits 20. – 27. August 2004 in Weikersheim 382 Rezensionen Bücher und Zeitschriften 384 Noten 387 Tonträger und AV-Medien 397 Neues aus der Holzbläserwelt 402 Veranstaltungen 404 Impressum 408

TIBIA-Kunstbeilage: Monogrammist „Z. fec.“ (fecit = hat gemacht), Deutschland, vor 1750, CANTATA FLAUTO, Kupferstich 15,4 x 18,1 cm, Gemeentemuseum, Den Haag Diese Ausgabe enthält folgende Beilage: Edition Tre Fontane, Münster; Spielräume, Moeck Verlag, Celle

TIBIA 1/2005 321 Editorial

Peter Thalheimer ins Kollegium der TIBIA-Herausgeber berufen

Wir begrüßen Herrn Peter Schallplattenaufnahmen, Thalheimer im Kreise der schrieb wissenschaft liche Tibia-Herausgeber und Beiträge für verschieden - möchten ihn vorstellen. ste Zeitschriften und Publikationen und ist Er wurde 1946 in Stutt- Herausgeber einer Viel- gart geboren. Bereits zu zahl von Ausgaben Alter Schulzeiten beschäftigte Musik. er sich mit verschiedenen Fragen des Blockflöten- Seit 1978 ist Peter Thal- baus und damit verbunde- heimer Dozent für nen historischen Themen. Blockflöte, Traversflöte, 1965 erhielt er den 1. Preis Querflöte, Methodik, für Blockflöte im Bundes- Aufführungspraxis und wettbewerb „Jugend mu- Ensemblespiel am Meis- siziert“. 1963 begann er tersinger-Konservatori um mit dem Erlernen der Tra- in Nürnberg, der jetzigen versflöte. 1968 bis 1973 studierte er an der Mu- Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg. sikhochschule Schulmusik mit den Sein erster Artikel in der Tibia erschien 1983 Schwerpunktfächern Querflöte und Orchester- (Flauto d’amore, B flat Tenor Flute und „tiefe leitung und legte „nebenbei“ noch die Haupt- Quartflöte“. Ein Beitrag zur Geschichte der tie- fachprüfung Blockflöte und die Konzertreife- fen Querflöten im 18. und 19. Jahrhundert. prüfung Querflöte ab. Gleichzeitig studierte er TIBIA 2/1983), diesem folgten noch viele weite- Musikwissenschaft in Tübingen und machte re. 2004 legte er die Magister-Prüfung Musik- dort ein Staatsexamen. wissenschaft an der Universität Tübingen ab und promoviert nun über sein Spezialthema Die Bereits 1966 begann seine Tätigkeit als Werbe- Blockflöte in Deutschland 1920 bis 1945 – In- leiter und Lektor für einen Musikverlag. Nach strumentenbau und Aspekte zur Spielpraxis. dem Studium war er Lehrbeauftragter für Block-, Quer- und Traversflöte an der Musik- Seine Vielseitigkeit als Musiker, Dozent, Her- hochschule Stuttgart, unterrichtete an verschie- ausgeber und Wissenschaftler wird der Tibia denen Gymnasien, konzertierte in unterschied- zweifellos zugute kommen, und wir freuen uns lichen Besetzungen, machte Rundfunk- und auf die zukünftige enge Zusammenarbeit. Die Redaktion

322 TIBIA 1/2005 Hartmut Gerhold Theobald Böhms Altflöte in G – Stationen der Entwicklung und der Emanzipation eines „Nebeninstrumentes“ der Querflötenfamilie, Teil 2

1856 erschien die revidierte und erweiterte 2. schaffenheit“. Darin erwähnt Tromlitz die Flûte Auflage der Instrumentationslehre von Hector d’amour, „welche eine kleine Terz tiefer stehet, Berlioz.46 Die oben dargestellte Entwicklung als die gewöhnlich gestimmten (Flöten)“, bei- der Flöte lässt es bemerkenswert erscheinen, dass läufig zusammen mit Terz-, Quart- und Oktav- Berlioz einerseits bereits die Vorzüge der von flöten, ohne weiter darauf einzugehen, „weil sie Böhm und anderen neu entwickelten Instrumen- eben nicht sehr gangbar sind.“51 Heinrich Chris- te (einschließlich des C-Fußes!) schätzt. Ande- toph Kochs „Musikalisches Lexikon“ (Frank- rerseits bedauert er, 100 Jahre nach Quantz(!), furt am Main 1802)52 erwähnt im Artikel Flöte dass „man die Liebesflöte (Flûte d’amour) ganz die gleichen Nebenformen des Instruments wie außer Gebrauch (hat) kommen lassen.“ Sie wür- Tromlitz. Bezeichnenderweise fügt der Autor de die Familie der Flöteninstrumente „nach der nur wenige Jahre später in seinem „Kurzgefass - Tiefe zu vervollständigen, und ihr sanfter und ten Handwörterbuch der Musik“ (Leipzig markiger Ton würde eine vortreffliche Wirkung 1807)53 bei dem entsprechenden Stichwort hin- hervorbringen, sei es als Gegensatz zu den hö- zu: „Von diesen verschiedenen Dimensionen der heren Flöten … oder um den so eigenthümlichen Flöte ist anjetzt nur noch die Octavflöte ge- Harmonien, welche aus der Zusammenstellung bräuchlich“, die Flûte d’amour nach Kochs der tiefen Noten der Flöten, englischen Hörner Wahrnehmung also nicht mehr. und Clarinetten entstehen, mehr Fülle und Far- be zu verleihen.“47 Eine besondere Blütezeit erlebte die Flûte d’a- mour, mit einem Schwerpunkt auf Instrumenten in As-Stimmung, noch einmal im ersten Drittel Deutschland des 19. Jahrhunderts in Wien.54 Ausgestattet mit Flöten aus den Werkstätten ansässiger Instru- In Deutschland48 bleibt die Kenntnis von der mentenmacher, wie Koch, Ziegler und anderen, Flûte d’amour auch nach Quantz noch lange er- war der Flauto d’amore besonders in Liebhaber- halten. Allerdings scheint sie im späteren 18. und kreisen für das eigene häusliche Musizieren in frühen 19. Jahrhundert vor allem ein Instrument Gebrauch. Über die Soiréen des auf dem Flauto für Liebhaber gewesen zu sein. Die geringe Zahl d’amore dillettierenden Kriminalgerichtsrats und die Art der erhaltenen Kompositionen deu- Alois Gulielmo (1763 – 1823) sind von Zeitge- ten darauf hin. Im öffentlichen Musikleben nossen anschauliche Berichte überliefert. Seinem spielt sie keine Rolle. In der „Allgemeinen Mu- Sammeleifer und seiner Initiative, „alle Tonset- sikalischen Zeitung“ in den Jahren 1798 – 1848 zer Wiens um neue Kompositionen“, insbeson- kommt das Stichwort Flûte d’amour praktisch in dere für Flötenensemble mit einer Flûte d’amour keinem Artikel oder Bericht vor.49 als tiefster Stimme, zu bitten, verdanken wir heute das Vorhandensein eines beachtlichen Re- In dem für die Zeit um 1800 zentralen Lehrwerk pertoires an Originalkompositionen und Bear- „Ausführlicher und gründlicher Unterricht die beitungen aus jener Zeit. Einige dieser Werke Flöte zu spielen“ (Leipzig 1791)50 des Juristen sind seit jüngster Zeit in Neuausgaben zugäng- und Flötisten, Komponisten, Flötenbauers und lich,55 wobei die d’amore-Partien meist pro- Flötenlehrers Johann Georg Tromlitz (1725 – 1805) blemlos von modernen Altflöten in G über- gilt das erste Kapitel „der Flöte, und deren Be- nommen werden können.

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Als ein zu seiner Zeit offenbar gängiges Instru- tober 182557, und Die Kunst des Flötenspiels, ment erwähnt der in Wien wirkende Flötenvir- Leipzig 1844). Für Fürstenau hat die Flöte damit tuose sowie Lehrer, Komponist und Arrangeur ihre maximale und optimale Länge und Lage er- für sein Instrument Joseph Fahrbach (1804 – reicht. Dabei wäre die H-Klappe am Fußstück 1866) in seiner „Neuesten Wiener Flöten-Schu- seiner Ansicht nach „leicht zu entbehren, trüge le“ (1835) ausdrücklich die „Flûte d’amour oder nicht diese kleine Verlängerung der Flöte we- As-Flöte“. Ein später Nachhall auf diese beson- sentlich zu einer bessern Höhe bey.“58 dere Wiener Epoche findet sich noch im „Musi- kalischen Conversations-Lexikon“ von Her- Besonders in Wien hat die alte Sehnsucht der mann Mendel (Leipzig 1873). Dort heißt es im Flötenspieler nach immer tieferen Tönen auf ih- Artikel „Flöte“ u. a.: „Die in den dreissiger Jah- rem Instrument dazu geführt, das Fußstück der ren dieses Jahrhunderts sehr beliebten Liebes- normalen Flöte über b0 und a0 bis g0 zu ver - flöten, Flûtes d’amour, … sind jetzt fast nirgends längern. Fahrbach erwähnt diese Instrumente mehr bekannt.“ Theobald Böhms neue Altflöte in seiner Schule. Sie seien jedoch wegen kaum wird in dem Artikel noch nicht erwähnt. vorhandener geeigneter Stücke „nicht sehr in Gebrauch“. Drouet berücksichtigt in dem er- Die Anbringung zusätzlicher Klappen an der wähnten Übungsstück (s. Tibia 4/2004, S. 253) „normalen“ Flöte (für f, gis und b, später auch c2) besonders die entsprechenden tiefen Töne. Für- ab den 1780er Jahren und die nach und nach zu- stenau kennt die Bestrebung nach einer weiteren nehmende Verbreitung derart „verbesserter“ In- Verlängerung des Fußstücks ebenfalls, lehnt „die strumente ist in Deutschland eng mit dem Wirken Wiener Erfindung“ aber kategorisch ab. Die von Johann Georg Tromlitz56 verbunden. Wäh- beträcht liche Verlängerung des Instruments sei rend er selbst allerlei Modifikationen an der Klap- nachteilig für Klang und Ansprache der Töne penmechanik vornimmt, verweist Tromlitz zu- insgesamt, würde die Hand habung der Flöte er- gleich immer wieder darauf, dass die Ausstattung schweren und ihren „eigentlichen Character“ der Flöten mit zusätzlichen Klappen in England verleugnen. Tatsächlich waren an einer Flöte mit ihren Ausgang genommen habe. Tromlitz kennt G-Fuß zusätzlich zur Dis-/Es-Klappe sieben deshalb natürlich auch die Möglichkeit, den Um- weitere Klappen am Fußstück erforderlich. Es fang der Flöte in der Tiefe mit Hilfe „eines langen ist gut vorstellbar, dass diese kaum mit großer Fußstückes“ bis c1 zu erweitern. Doch diese „Er- Präzision zu bedienen und nur ausnahmsweise findung“ dankt er den Engländern nicht, weil sie verlässlich zum Decken zu bringen waren. den Ton „eben nicht vorteilhaft verändert“. Da es aber „Liebhaber giebt“, die Flöten mit C-Fuß Rockstro berichtet von dem Wiener Flötisten Jo- wünschen, bietet Tromlitz gleichwohl an, derar- hann Sedlaczek folgende Anekdote: Als um 1820 tige Instrumente herzustellen. dessen Bemühungen, auf einer Flöte mit G-Fuß das tiefe G (g0) zu spielen, einmal überraschend August Eberhard Müller, Flötist, Pianist und Ka- von Erfolg gekrönt war, sei er so entzückt gewe- pellmeister in Weimar, geht in seinem „Elemen- sen, dass er die Flöte in die Ecke gelehnt und res- tarbuch für Flötenspieler“ (Leipzig 1815) zwar pektvoll vor ihr salutiert habe.59 Es verwundert noch vom einklappigen Traverso mit D-Fuß aus. nicht, dass ein solches Instrument in der AMZ Die ausführlichsten Grifftabellen gelten jedoch (August 1830) denn auch einmal verächtlich als bereits einer Acht-Klappen-Flöte mit C-Fuß. „Kinderklapper“60 abgetan wird.

Ab etwa 1820 scheint die Flöte mit H-Fuß und Seit dem Aufkommen der auf d1 stehenden ba- neun bis 13 Klappen zum Standardinstrument in rocken Traversière hat sich der Tonumfang der Deutschland zu werden, so bei Joseph Fahrbach Flöte in rund 150 Jahren allmählich einen Ganz- (1835) oder Anton Bernhard Fürstenau (Etwas ton bzw. um eineinhalb Töne zur Tiefe hin er- über die Flöte und das Flötenspiel, AMZ, Ok - weitert. Die Flöte mit c1 oder h0 als Basiston ist

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Abb. 10: 13-Klappen-Flöte mit H-Fuß aus: Joseph Fahrbach: Neueste Wiener Flötenschule, Wien (1835), S. 25 (Vor - lage Sammlung Gerhold)

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als Normalform des Instruments um 1830 allge- von vergleichsweise geringfügigen Modifikatio- mein akzeptiert. nen abgesehen – im Wesentlichen unverändert in fast 160 Jahren bewährt hat. Die Flöte Böhm’- scher Prägung mit C- oder H-Fuß hat sich bis Theobald Böhm und die Folgen für Flöten- heute allen Anforderungen gewachsen gezeigt, bau und Flötenspiel die sich während dieser Zeit durch Veränderun- gen in der Klangvorstellung und Spieltechnik, in Von diesem Flötentyp ging Theobald Böhm bei der Tonbildung und Artikulation ergaben. seinen Versuchen aus, die alte Flöte weiterzu- entwickeln und zu verbessern. Seine Experi- Als nicht weniger bedeutungsvoll und folgen- mente und Berechnungen in Verbindung mit sei- reich erwies sich Böhms weitere Erfindung, die nen eigenen künstlerischen Erfahrungen und nach mehrjährigen Vorarbeiten 1858 fertigge- Bedürfnissen führten zu den genialen Neuerun- stellte Altflöte in G. Mit seiner Neuschöpfung gen von 1832 und 1847: Seither verfügen die Flö- kam Böhm zwei sehr unterschiedlichen Bedürf- tisten über ein „Hauptinstrument“, das sich – nissen entgegen: Er verwirklichte den alten Traum der Flötisten, der trotz aller Be- mühungen bisher letztlich unerfüllt ge- blieben war, nämlich eine uneinge- schränkt brauchbare und einsatz fähige Flöte in tieferer Lage an die Hand zu be- kommen. Zum anderen verlangte das ro- mantische große Orchester im Holzblä - sersatz auch bei den Flöten nach einer Erweiterung des Klangrahmens zur Tiefe hin. Doch sollte es Jahrzehnte dauern, bis die klanglichen Möglichkeiten der neuen Altflöte und ihre vielseitigen, reizvollen Einsatzmöglichkeiten als Soloinstrument, im Orchester und im kleinen Ensemble nach und nach erkannt und Flötisten und Komponisten darauf aufmerksam wur- den. Dies lag vor allem wohl daran, dass das neue Instrument von der Öffentlich- keit nicht wahrgenommen werden konn- te, da es für alle denkbaren Besetzungs- möglichkeiten an geeigneter Spielliteratur fehlte. Böhm selbst, der von Anfang an von den herausragenden Qualitäten sei- ner neu geschaffenen Altflöte zutiefst überzeugt war, behalf sich für den eigenen Gebrauch mit selbst hergestellten Bear- beitungen und Adaptionen eigener und fremder Werke. Im Unterschied zu den früheren Originalkompositionen für Flö- Abb. 11: Theobald Boehm: Sopran-Arie Cujus animam aus: Sta- te, die im Druck veröffentlicht wurden, bat Mater von Rossini, Bearbeitung für Altflöte (in G) und Kla- blieben Böhms ca. 25 Bearbeitungen für vier (ca. 1860), Titelseite, zeitgen. Kopisten-Abschrift (mit freundlicher Genehmigung des Theobald-Böhm-Archivs, Gräfel- und mit Altflöte Manuskript (s. Abb. 11 fing) und 11a) und konnten deshalb ihrerseits

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Abb. 11a: Theobald Boehm: Sopran-Arie Cujus animam aus: Stabat Mater von Rossini, Bearbeitung für Altflöte (in G) und Klavier (ca. 1860), erste Seite der Altflötenstimme, zeitgen. Kopisten-Abschrift (mit freundlicher Genehmi- gung des Theobald-Böhm-Archivs, Gräfelfing)

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Abb. 12: Anzeige für „Re- form Alt-Flöten“ der Fa. Karl Kruspe, Leipzig, entnommen aus: Paul Wetzger: Die Flöte, Heilbronn (1905), S. 54 (Vor- lage Sammlung Gerhold)

nicht für das neue Instrument werben.61 Erst seit stätten gefertigte Altflöten in öffentlichen dem Jahre 2001 sind fünf der Böhmschen Ar- Sammlungen nachgewiesen.64 rangements nach Vorlagen von Rossini, Weber und Vogler in einer modernen Verlagsausgabe Die ab 1871 erhaltenen Werkstatt-Prospekte zugänglich.62 Weitere sollen unter der Federfüh- („Preis-Courants“) der Werkstatt Böhm & rung des Theobald-Böhm-Archivs folgen. Mendler jr. (1888 – 1901) und Ernst Robert Leibl (1904 – 1944) bieten neben Flöten und Piccoli in Die Kunde von der neuen Altflöte muss sich verschiedenen Ausführungen jeweils auch zwei nach 1858, vermutlich durch „Mundpropagan- verschiedene Modelle von Altflöten in G an: „Sil- da“ unter Schülern, früheren Kunden und be- ber mit Gold-Embouchure“ und „Neusilber mit freundeten Kollegen Böhms, dennoch verbreitet Holzembouchure“. Diese Tatsache lässt auf eine haben. In erhaltenen Geschäftsbüchern63 der zumindest einigermaßen regelmäßige Nachfrage Werkstätten Theobald Böhm und Böhm & schließen. Da, Paul Wetzger zufolge,65 um 1905 Mendler für die Jahre 1847 – 1859 und 1876 – u. a. die Firmen „O. Mönnig in Leipzig, Ritters- 1879 ist ab 1858, dem Jahr der ersten Ausliefe- hausen in und J. Mollenhauer u. Söhne in rung einer Altflöte, in insgesamt knapp vierein- Fulda“, sich ebenfalls mit dem Bau von Altflöten halb Jahren der Verkauf von sechs Altflöten befassten (die letzteren beiden waren Werkstatt- nachgewiesen. Rechnet man diese Zahl hoch auf schüler Böhms), darf wohl ein sogar stetig ge- die ca. 22 Jahre, die Böhm nach der Vollendung wachsener Bedarf angenommen werden. der ersten Altflöte noch der Werkstatt verbun- den war, dürften etwa 30 Altflöten unter Böhms Wie wir gesehen haben, war bis in die ersten Mitwirkung oder Aufsicht entstanden sein. Je- Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine eigene Li- denfalls sind heute noch neun in Böhms Werk- teratur für die Altflöte, von einzelnen Stellen in

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wenigen Orchesterwerken abgesehen, noch nicht entstanden. Dennoch muss der Klang des Instruments oder seine theoretischen und zu- künftig einmal zu erwartenden Verwendungs- möglichkeiten immer wieder Flötenspieler über- zeugt und begeistert haben, so dass das Interesse an der Altflöte ständig weiter zunahm. Offenbar übertrug es sich auch auf Anhänger des alten Flötensystems. Denn die Firma Karl Kruspe in Leipzig bot auch „Reform Alt-Flöten System Schwedler-Kruspe“ an.

Die über viele Jahrzehnte bestehende Diskre- panz zwischen der fehlenden Spielliteratur und der relativen Bekanntheit und Verbreitung der Altflöte erscheint bemerkenswert und nur schwer erklärlich. Die Besitzer und Spieler von Altflöten waren also auf sich selbst gestellt, wenn sie auf ihrem Instrument musizieren woll- ten. Dazu bot es sich an, nach Böhms Beispiel vorhandene Vorlagen zu transponieren oder zu bearbeiten. Vokalmusik oder andere „getragene Abb. 13: Henry Clay Wysham (1828 – 1902), Melodien“ (Paul Wetzger) schienen dafür be- Soloflötist der „Baltimore and Boston Sym- sonders geeignet zu sein. Aber auch „die Trios phony Orchestras“, Flötenenthusiast und von Kuhlau lauten viel besser, wenn die 3te Stim- Böhm-Verehrer, mit Altflöte (Abb. entnom- me mit der g.F(löte) geblasen wird“, schrieb men aus: Adolph Goldberg, Porträts und Biographien hervorragender Flöten-Virtuosen, Böhm in einem Brief am 9.12.1868 an Moritz -Dilettanten und -Komponisten, Privatdruck Fürstenau.66 Henry Clay Wysham, ein amerika- Berlin 1909, Faks.-Nachdruck, hrsg. v. Karl nischer begeisterter Liebhaberflötist, berichtet Ventze, Celle 1987, S. 106) über eine Aufführung von Kuhlaus Quartett für vier Flöten in E-Dur im November 1874 in Lon- don. Dabei habe „especially Boehm’s wonderful Wetzger und Georg Müller70, doch lange ohne ‚Alto-Flöte’ in G“ das außerordentliche Interes- erkennbaren Erfolg. Überhaupt scheinen einzel- se der Flötisten gefunden.67 ne Komponisten bei aller Wertschätzung des In- struments doch eine unerklärliche Scheu vor einer In gleichem Sinne wie Böhm äußern sich später Verwendung der Altflöte empfunden zu haben. Maximilian Schwedler68 und Paul Wetzger69, Jedenfalls stimmt es nachdenklich, wie interes- wenn sie der Altflöte „die bassführende Stimme“ siert und wohlwollend z. B. sich in Flötentrios und -quartetten anempfehlen. über die Altflöte geäußert (s. o.) und er es den- Schwedler hält darüber hinaus die Altflöte für noch unterlassen hat, die Altflöte im Orchester besonders geeignet, in Trios für Klavier mit Flöte einzusetzen, trotz der von ihm selbst häufig ge- und Horn den Waldhornpart zu übernehmen forderten großen Besetzungen. Ähnliches gilt oder in Klaviertrios mit Streichern Bratsche oder für Richard Wagner. Er lernte die Böhmflöte zu ersetzen. früh kennen (ihren Klang aber nicht schätzen. Er nannte sie „Gewaltröhre“). Englisch Horn und Wiederholt wird – wegen ihrer besonderen Bassklarinette bedachte er mit bedeutenden so- Klangeigenschaften – die Altflöte auch als geeig- listischen Partien in seinen Opern. Die Altflöte netes Soloinstrument beschrieben, so von Paul verwendete er nicht.

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Wenn man bedenkt, wie gering die Möglichkei- hatte, was eine Altflöte klanglich, technisch und ten und wie selten die Gelegenheiten um die musikalisch leisten kann (und was Komponisten Wende zum 20. Jahrhundert gewesen sein mö- dem Instrument und seinen Spielern zutrauen gen, den Klang und die spieltechnischen Beson- oder zumuten können), war der Bann, der ge- derheiten einer Altflöte kennenzulernen, ist es wissermaßen 100 Jahre auf der Altflöte gelegen umso mehr zu bewundern, wie gut die Kompo- hatte, gebrochen. Ständig erschienen (und er- nisten, die erstmals die Altflöte im Orchester scheinen) Beiträge zu einem Kammermusik- einsetzten, sofort das Wesen des Instruments er- und Solo-Repertoirefundus, der in seiner stilis- kannt haben. Die Altflötenstimmen z. B. in tischen und Besetzungsvielfalt inzwischen sei- Daphnis et Chloé von Ravel, Le Sacre du Prin- nesgleichen sucht. Ungezählte Komponisten temps von Stravinsky, in den Orchestersuiten trugen und tragen bis heute zu dieser erstaunli- Gustav von Holsts oder in Edgard Varèses Amé- chen und (zumindest für die Flötisten) erfreuli- riques sind gleichermaßen hervorragende Bei- chen Entwicklung bei, darunter viele Namen spiele für einen dankbaren und wirkungsvollen von Komponisten, welche die Entwicklung der Instrumentalpart wie für die gelungene Instru- Musik und des Musiklebens seit 1950 besonders mentation eines Orchestersatzes. Mit Werken nachhaltig geprägt und beeinflusst haben. Cage, von Weingartner, Pfitzner, Glasunow, Britten, Petrassi, Fukushima, Henze, Stockhausen und Schostakowitsch, Blacher, Roussel, Dutilleux, Boulez sind darunter, , Donatoni, B. A. Zimmermann, Henze, Boulez, Stockhau- Holliger und B. A. Zimmermann gehören eben- sen, Ligeti, Sinopoli und vielen anderen liegt in- so dazu wie Scelsi, Huber, Ligeti, Hespos, zwischen ein umfangreiches Orchesterreper - G. Braun, Sciarrino oder Morton Feldman, toire für die Altflöte vor. Damit dürfte der vor J. Fritsch und Takemitsu, um nur einige zu er- 100 Jahren von Paul Wetzger, dem Soloflötisten wähnen. des damaligen Stadt-Orchesters Essen, geäußer- te Wunsch in Erfüllung gegangen sein, „dass Das Entstehen eines nicht zu übersehenden be- auch dieser Flöte im Orchester, neben dem eng - deutenden Repertoires mit anspruchsvollen lischen Horn, der Bassklarinette und dem Kon- (und dankbaren) Solo- und Ensemblewerken für trafagott, für immer ein bescheidenes Plätzchen Altflöte hat auch bei den Flötisten zu einer Än- eingeräumt werde.“71 derung in der Einstellung gegenüber dem In- strument geführt. In der Anfangszeit jedoch, als die Altflöte im öf- fentlichen Musikleben auf den Plan zu treten be- Aus Mangel an Stücken und an Auftrittsgele- gann, war es nicht in jedem Fall selbstverständ- genheiten nahmen anfangs lediglich einzelne lich, dass im Orchester bei Bedarf eine Altflöte Flötisten die Altflöte und auch nur sporadisch verfügbar oder einer der Orchesterflötisten mit und „aus gegebenem Anlass“ zur Hand und eher dem Instrument vertraut war. So berichtet An- in dem Bewusstsein, ein „Nebeninstrument“ zu thony Baines72, dass z. B. in Frankreich die Alt- traktieren.73 Da konnte es nicht ausbleiben, dass flötenstimme in Daphnis et Chloé häufiger auf gelegentlich auch einmal ein Spieler nicht opti- einer Klarinette oder einem Altsaxophon ge- mal auf die Altflöte eingestellt und auf dem In- spielt wurde. strument eingespielt war. Vielleicht war es die Sorge vor einer solchen Situation, die Boulez sei- Im Unterschied zu der zunächst eher zögerli- nerzeit bewog, im Marteau vorsorglich für die chen Entwicklung des Orchesterrepertoires mit exponierten Anfangstöne in der Altflöte (no- Beteiligung der Altflöte, entfaltete sich die Solo- tiert) a3/c4 als ossia ein wesentlich weniger heikles und Ensembleliteratur für und mit Altflöte nach g2/c3 vorzusehen. Dass im weiteren Verlauf des langer „Inkubationszeit“ beinahe explosionsar- Stückes die oberen Töne der Flöte bis c4 dann tig. Nachdem Boulez Anfang der 1950er Jahre wiederholt mit großer Selbstverständlichkeit mit Le Marteau Maßstäbe gesetzt und gezeigt einbezogen werden, steht auf einem anderen

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Abb. 14: : Le marteau sans maître, Partiturausschnitt (mit freundlicher Genehmigung der Universal Edition London)

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Abb. 15: : Solo for Flute, Alto Flute and Piccolo. Pages 133 – 144 of the Orches - tral Parts of Concert for and (1957 – 1958) (Ausschnitt) (mit freundlicher Genehmigung der Henmar Press Inc./Edition Peters New York)

Blatt. Bemerkenswert erscheint dieser Umstand übertragen (s. Abb. 15 und 16). So ergab sich für jedoch vor dem Hintergrund, dass die bis dahin ambitionierte Flöten-Solisten wie von selbst die bekannten Altflötenpartien nur selten über g3 Notwendigkeit einer intensiveren und profes- hinausgehen. (s. Abb. 14) sionelleren kontinuierlichen Beschäftigung auch mit der Altflöte. Das Repertoire an spezieller Literatur für Alt- flöte wuchs an, und die Anforderungen an die Heute ist festzustellen, dass sich die Altflöte aus Spieler stiegen. Wurden doch von den Kompo- eigenem Recht und mit eigenem künstlerischen nisten die für die normale große Flöte sich ab- Profil und Gewicht – jedenfalls soweit es die zeichnenden neuen Klänge und erweiterten Musik der letzten 50 Jahre betrifft – gleichrangig Spieltechniken ohne Umstände auf die Altflöte neben anderen Soloinstrumenten behaupten

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Abb. 16: Hans-Joachim Hespos: -duma- für Altflöte solo (1980) (Ausschnitt) (mit freundlicher Genehmigung von Hespos, Delmenhorst) heobaldT Böhms Altflöte in G 333

Hartmut Gerhold

kann, auch neben ihrer „kleinen Schwester“, der die Flöten mit mehreren Klappen. Deren Anwendung normalen großen Flöte, mit der um fast drei und Nutzen, Leipzig 1800, Faks.-Ausg., hrsg. von Karl Jahrhunderte älteren „Solo-Tradition“. Ventzke, Buren 1991 57 wie Anm. 49, S. 201 58 a. a. O., S. 202 Theobald Böhm war der festen Überzeugung, er 59 wie Anm. 29, S. 304 habe mit der Altflöte in G „ein ganz neues In- 60 In einer Besprechung der Méthode pour la flûte von strument“ geschafffen. L. Drouet, wie Anm. 49, S. 385 61 Herr Ludwig Böhm, Theobald-Böhm-Archiv Gräfel-

Heute, 150 Jahre später, scheint diese Vision im fing, entdeckte unlängst einen Brief seines Ururgroßva- ters Theobald Böhm im Archiv des Schott-Verlages, aus Bewusstsein der Flötisten, der Komponisten dem hervorgeht, dass Th. Böhm sich seinerzeit, wenn und des Publikums mehr und mehr Realität zu auch ohne Erfolg, sehr wohl um die Drucklegung seiner werden. Bearbeitungen für die Altflöte bemühte. Der Brief wird in Tibia, Heft 2/2005, im Wortlaut abgedruckt. 62 Theobald Böhm: Die Bearbeitungen mit Altflöte. –––––––––––––– 5 Stücke von G. Rossini, C. M. v. Weber, Abbé Vogler, hrsg. von Elisabeth Weinzierl/Edmund Wächter, Frank- ANMERKUNGEN 46 furt am Main 2001, Musikverlag Zimmermann ZM Hector Berlioz: Traité d’instrumentation et d’orches- 33880 tration modernes, Paris 1844, 21856 63 wie Anm. 11 47 zitiert nach: Instrumentationslehre von Hector Ber- 64 Ludwig Böhm: Festschrift anlässlich des 200. Ge- lioz. Autorisierte deutsche Ausgabe von Alfred Dörffel, burtstages von Theobald Böhm. Konzertprogramme Leipzig 1864, S. 112 f. und Aufsätze, München 1994, S. 50 f. 48 Hier und im Folgenden verstanden als deutschsprachi- 65 in: Die Flöte. Ihre Entstehung und Entwicklung bis ger Kulturraum und nicht als Staat in politischem Sinne. zur Jetztzeit in akustischer, technischer u. musikalischer 49 vgl. Die Flöte in der „Allgemeine Musikalische Zei- Beziehung, Heilbronn o. J. (1905), S. 22 tung“ (1798 – 1848), hrsg. von Rien de Reede, Amster- 66 dam 1997 zitiert nach: Theobald Böhm, sämtliche Briefe und 2 Aufsätze, Privatdruck München 1994, S. 91 (Druckfas- 50 Faks.-Ausg., hrsg. von Frans Vester, Buren 1985 51 sung der Dokumentation i. Vorb.) a. a. O., S. 27 67 52 In einem Beitrag über den Artikel „Flute“ in Grove’s Faks.-Ausg., hrsg. von Nicole Schwindt, Kassel, Ba- Dictionary in: Musical Opinion & Music Trade Review, sel etc. 2001 53 London 1.5.1890, S. 352 f., abgedruckt in: Ludwig Faks.-Ausg., Hildesheim 1981 Böhm (Hrsg.): Briefe an und Aufsätze über Theobald 54 ausführliche Darstellung der gesamten Thematik Böhm, die den Flötenbau betreffen, Privatdruck Mün- siehe bei: Peter Thalheimer: Die Wiener Tradition des chen 1992, S. 122 (Druckfassung i. Vorb.) Flauto d’amore. Repertoire und Instrumentarium, in: 68 in: Flöte und Flötenspiel. Ein Lehrbuch für Flötenblä- Scripta Artium No. 1, Festschrift Rainer Weber, Leipzig ser, Leipzig 31923, Faks.-Ausg., hrsg. von E. Majewski, 1999, S. 91 ff. Darmstadt 1982, S. 127 f. 55 Giuseppe Richter: Quintett C-Dur für vier Querflöten 69 wie Anm. 65 und Altquerflöte, hrsg. von Peter Thalheimer, Köln-Ro- 70 in: Die Kunst des Flötenspiels. Handbuch des Flöten- denkirchen 2000, P. J. Tonger Musikverlag 3018 P. J. T.; spiels, Teil I, Leipzig-Berlin 1954, S. 53 Engelbert Aigner: Quartett Es-Dur für drei Querflöten 71 wie Anm. 65, S. 23 und Altquerflöte, hrsg. von Peter Thalheimer, Köln-Ro- 72 denkirchen 2003, P. J. Tonger Musikverlag 3104 P. J. T. wie Anm. 21: Woodwind Instruments, S. 58 73 56 s. Anm. 50, sowie: Johann Georg Tromlitz: An das Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt der italie- musikalische Publikum (Leipzig) 1796, Faks.-Ausg., nisch-amerikanische Flötist Leonardo de Lorenzo dar. hrsg. von Karl Ventzke, Celle 1982, und ders., Ueber Er lernte die Altflöte in G 1923 kennen. Mit großem Er- folg spielte er den solistischen Altflötenpart in einer Or- chestersuite von . Das Instrument begeis - terte ihn so sehr, dass er es an der Eastman School of Wir kommen zu Ihnen Music in die Flötenausbildung einführte. Auch in Ver- anstaltungen sorgte er für die Mitwirkung der Altflöte Unser e Blockflöten sind über all zuhause . (und tiefer Flöten in anderen Stimmungen), besonders Einfach Auswahlsendung anfordern. in Flötenensembles. Vgl. Leonardo de Lorenzo: My Complete Story of the Flute. The Instrument, The Per- early music im Ibach-Hau s ·Tel. 02336 /990290 ·Fax 02336 /914213 Mail: early-musi c@ t-online .de former, The Music, Lubbock/Texas 1992, S. 12 f. und S. 376 f. 

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Porträt: Ernst Meyer Das Erbe Fred Morgans – Gedanken über Gegen- wart und Zukunft des Blockflötenbaus Ein Gesprächsporträt von Ines Müller-Busch

Es ist fünf Jahre her, dass der Australier Freder- ick Morgan gestorben ist, der von der Fachwelt als einer der besten Blockflötenbauer des ver- gangenen Jahrhunderts angesehen wird. Seine giert? Gibt es ein Erbe Fred Morgans, das es an- Instrumente sind auf hunderten von CD-Auf- zutreten gilt, oder ist er bereits vergessen? Über nahmen und in vielen Konzertsälen weltweit zu diese und andere Fragen sprach ich mit Ernst hören. Morgans plötzlicher Tod war ein großer Meyer in seiner Werkstatt über den Dächern von Verlust für seine Familie, Freunde und seine vie- Amriswil, in die er im Juni 2004 von Utwil am len Kunden. Wie haben nun seine Kollegen rea- Bodensee umgezogen ist.

Für mich ist Amriswil das kulturelle Zentrum boten hier beileibe kein Elfenbeinturm. Nach- vom Oberthurgau, hier ist man auch weiter weg dem ich die Versuchsreihe, eine bürgerliche vom See und dem ganzen Trubel drumherum. Existenz zu gründen, aufgegeben habe, ist das Das Kulturzentrum, in dem ich wohne und hier die richtige Art zu wohnen und zu arbeiten. arbeite , stammt von 1900 und war ursprüng- Fred Morgan ist für lich eine Fabrik. Nun ist Ines Müller-Busch studierte mich der einzige Block- hier die Bibliothek un- Blockflöte und Traversflöte flötenbauer, der im in Amsterdam, Bologna und tergebracht, es gibt ein Kopenhagen. Als Kammer- letzten Jahrhundert Restaurant, ein Blu- musikerin und Solistin ist sie richtige Instrumente mengeschäft und einen in verschiedenen Ensembles gebaut hat, die auch sehr schönen Saal mit in der Schweiz, Deutschland heute noch einen gro- 400 Plätzen. Und oben und Skandinavien tätig. Mu- ßen Wert haben, die ist meine Werkstatt- sikwissenschaftliche For- richtig funktionieren wohnung. Als der Loft schungen führten zur Grün- und als Musikinstru- wieder frei wurde, dung von flores rosarum, einem Ensemble, das sich mente zu gebrauchen wünschten sich alle ei- auf die Musik Hildegard von Bingens spezialisiert sind. Seine Aufsätze, nen Künstler, der hier hat. In Zusammenarbeit mit dem Suhrkamp Verlag Zeichnungen und inno- entstehen seit 2001 Projekte, in denen Literatur mit reinpasst. Jetzt bin ich Musik verknüpft wird. Nachdem sie lange Jahre in vativen Blockflöten hier und alle sind zufrie- den Niederlanden und Dänemark unterrichtet hat, sind zusammen mit den den. Ich nenne es Adler- hat sie als Mittelpunkt ihrer pädagogischen Arbeit Artikeln und Instru- horst, und der ist bei all zur Zeit Freiburg gewählt, wo sie lebt und auch jour- menten von Bob Mar- den kulturellen Ange- nalistisch tätig ist. vin meine Lehrmeister

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gewesen. Alles hat damit begonnen, dass ich Europa gibt es fantastische Spieler, die diese viele Stunden Freds Pläne studiert habe. Fred Möglichkeiten ausnützen können. Die interes- hat einmal geschrieben, dass die vier wichtigsten sieren mich, das andere macht keinen Sinn. Die Parameter beim Blockflötenbau Ansprache, In- ganze Entwicklung von historischen Flöten ist tonation, ein wunderschöner Klang und akkura- passé, es gibt eine neue Professionalität, die in te Handwerksarbeit seien. All das hat er in sei- der Nachfolge von Frans Brüggen steht. nen Flöten verwirklicht. Es hat seine Zeit gedauert, bis ich Details verstehen konnte und Aber zurück zu Fred: Die Maße bezüglich auch sah, dass auf seinen Plänen wirklich alles Windkanalhöhe2, Fase3 usw. waren – auch was drauf ist, was man braucht, um das betreffende die heutige Bauergeneration angeht – sehr groß. Instrument zu bauen. Wenn man es damit nicht Heute finde ich die Maße gerade richtig groß, schafft, sollte man es lieber bleiben lassen. aber damals war so eine große Stufe ein echter Schock. Wie viel Luft man brauchte … das hat Auch die Instrumente selber habe ich zunächst alles eine ganze Weile gedauert, bis ich verstan- nicht verstanden. Das war so in den 80er Jahren. den hatte, dass diese Flöte keine Instantflöte war, Ich hörte sie im Konzert, konnte dann auch ein- die man in die Hand nimmt und auf der man so- mal selber darauf spielen, aber ich konnte nicht fort wunderbar spielen kann. In diesem Zusam- die Klänge produzieren, die ich gehört hatte. menhang ist die Zusammenarbeit mit dem Heute weiß ich, dass man auf einer so weiten Blockflötisten Michael Form wichtig, der bei je- Flöte ein besonderes Blasgefühl braucht, denn dem Besuch neue Morganflöten mitbrachte. Wir bei der Blockflöte ist der Klang nicht nur im In- spielten eine Weile, und irgendwann piepsten strument eingebaut, sondern liegt auch am Kön- meine Flöten nur noch ganz dünn, während nen des Spielers. Ich rede von Anblaswinkel, Michaels Morganröhren immer schöner wurden. Mund- und Körperresonanzen. Ein Detail sprang mir damals ins Auge: wie Mor- Bahnfase Stufe gan das mit der Windführung ganz anders macht. Die von allen Bauern als absolute Werte Oberbahn angesehenen Maße konnten für ein Instrument Windkanal nur in ganz nassem, eingespieltem Zustand gel- Blockbahn Labium ten. In trockenem Zustand musste die Stufen - höhe viel größer sein, sag zwischen 0,95 und 1,30 Blockfase mm, um die Flöte den individuellen Bedürfnis- Der Ansatz auf der Blockflöte hat auch Fred sen des Spielers anzupassen, so dass jemand, der sehr beschäftigt. Man merkt das daran, dass er gerne vier oder mehr Stunden spielen möchte, die Schnabelformen der Form des Windkanals auch die Möglichkeit dazu hat. Wenn jemand angepasst hat, so dass man auch mit den Lippen eine Flöte nur täglich eine Stunde braucht, fühlen konnte, wo der Luftstrom hingeht. In den braucht sie auch nicht so weit mensuriert zu sein. letzten Jahrzehnten wurden weltweit Blockflö- Weil ich diese Art von Belastungen in meine ten gebaut, die für mich etwas von einem Wind- Überlegungen gleich mit einbeziehe, passiert es kapselinstrument haben. Die Luft wird gestaut, in der Regel auch nicht mehr, dass eine Flöte man bläst die Backen auf und pustet, ohne bis nach einer Probenwoche im Konzert versagt. zur Labiumkante1 vorzudringen. Das, was für Soll eine weite Flöte gleich funktionieren, kann mich „Blockflöte mit Ansatz“ heißt, ist, dass der ich dadurch, dass ich einen Mundvoll Wasser

Windkanal die Verlängerung des Mundes bildet. durch die Flöte blase ziemlich schnell simulie- Man bekommt ein Gefühl der Ganzheit. In mei- ren, wie sie in eingespieltem Zustand klingen nem Mund kann ich entscheiden, was vorn an wird. Was mir weiterhin auffiel war, dass Fred der Labiumkante passiert. Der Ton ist flexibel, das Labium viel dünner machte. In einigen La- dynamisch stabil und klangfarbenreich. In ganz gen bekommt man durch ein dickes Labium

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schöne Klänge, aber es kostet zuviel. Damit mei- wenn ich wie gewohnt voice, werden die Dinger ne ich, dass die Flöte nicht mehr ausgewogen jetzt viel zu hoch. Da hat sie sich von den fal- klingt. Gerade im dritten Register ist die An- schen Leuten beraten lassen. sprache sehr schlecht. Außerdem büßt das In- strument Klangvolumen ein. Und die Flöte ist Mein Weg? Was ich gelernt habe? Also gemacht mit einem dünnen Labium nicht anfälliger für habe ich viel, habe aber keinerlei Diplome, außer Schäden. Wenn es sich biegt, biegt es sich sowie- einem Diplom über chinesische Kampfkunst so, da ändert dieser Unterschied nichts daran. und dem Führerschein für alle Motorradklassen. Ich wollte mal Grafiker werden, habe viel ge- Viel ist über das Werkzeug von Fred geredet zeichnet und gemalt, Bilder gehauen und Möbel worden. Als Fred gestorben war, versuchten alle gebaut. Ab dem 16. Lebensjahr wusste ich, dass an seine Windkanalmaschine zu kommen, weil ich etwas mit Kunst machen wollte. In meinem sie dachten, mit dem Werkzeug von Fred Flöten Elternhaus war ich nie mit Kunst in Berührung wie Fred bauen zu können. Eine armselige Ge- gekommen, und als ich sie entdeckte, wusste ich: schichte. Es zeugt von einer unglaublichen Nai- dafür bin ich hier! vität und ziemlicher Unwissenheit, wenn je- mand glaubt, mit einer solchen Maschine die Zur Blockflöte bin ich gekommen, weil ich Jazz - ultimative Flöte bauen zu können. Die schneidet gitarrist werden wollte, aber die Gitarre wollte doch auch in jedem Holz ein wenig anders. Ich sich nicht von mir lernen lassen. Ich zupfte und weiß nicht, wie es zuletzt war, aber eigentlich labte mich an den Klängen, machte aber keine konnte diese Maschine nur einen parallelen Fortschritte. Nach einer Pause suchte ich mir ein Windkanal rausstoßen, den Konus4 hat er von Instrument, das mich disziplinieren würde. Ich Hand gemacht, mit einer ziemlich groben Raffel. kaufte eine Blockflöte plus Grifftabelle, zwei So- Das sind handwerkliche Fähigkeiten, ein Gefühl naten von Gottfried Finger und verordnete mir für Holz, eine Exaktheit und Perfektion, die er selber täglich eine halbe Stunde üben. Da war ich mit relativ primitiven Werkzeugen erreichte, das 20. Ganz allein, ohne Lehrer. Das ging so zwei, kann kaum jemand und auf keinen Fall eine Ma- drei Wochen, dann wurde aus der halben Stun- schine. Und Holz bewegt sich ständig, und wie de eine Stunde und immer mehr, bis ich täglich reagiert man dann, wenn man gewohnt ist, sich vier Stunden übte. Natürlich machte die Flöte auf Maschinen zu verlassen? Das macht keinen das nicht mit, und so ging ich und kaufte eine Di- Sinn. Freds Frau kann ich gut verstehen und ma- amantnagelfeile und Schleifpapier und versuch- che ihr keinen Vorwurf, dass sie immer noch die te die Flöte vom Krächzen abzuhalten. Als ich Bodies verkauft und mit Industrieunternehmen den Block zu weit runtergeschliffen hatte, kleb- kooperiert, sie muss ja auch sehen, wo sie und die te ich einfach ein Stück Holz darauf, schnitt mir Kinder bleiben. Seinerzeit hatte ich auch an Freds alles zurecht und machte weiter – damals war ich Originalplänen Interesse, mittlerweile nicht noch ganz anspruchslos. So habe ich in den mehr. Es sind Reliquien, aber es ist nicht das, was nächsten Jahren für einige tausend Franken Flö- Freds Flöten ausgemacht hat, definitiv nicht. ten verbraucht, das war sozusagen mein Lehr- geld, aber ich bin eigentlich froh drum, denn in Doch in letzter Zeit sind die Bodies schlechter der Industrie lernt man doch nicht richtig, wie geworden. Jemand muss reklamiert haben, dass man eine gute handgebaute Flöte macht. Die die Instrumente zu tief sind. Die Röhren sind na- glauben an die selig machende Technik einer Ma- türlich nach wie vor berechnet für Freds groß- schine. Ich nicht. zügiges Voicing5. Wenn sie dann zu einem In- strumentenbauer kommen, der die Stufenhöhe Kontakt zu anderen Flötenbauern hatte ich und alles viel zu klein macht, dann ist das Ganze nicht, nahm aber spät Blockflötenunterricht bei natürlich zu tief. Also sind die Maße abgeändert Renée Häfelfinger, einem Pfarrer aus der Ost- worden. Das Mittelstück ist 6 mm kürzer, und schweiz, von dem es hieß, er spiele wie ein gefal-

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lener Engel. Er gab mir genug Raum, um mich hatte. Meine Kunden schätzten meine Repara- zu entfalten. Zu den Versuchen an meinen eige- turarbeiten und vertrauten mir. nen Blockflöten kamen Reparaturen an allen möglichen Flöten, um die ich gebeten wurde. Nach 10 Jahren Blockflötenreparaturen stand Wenn mir etwas auffiel, schrieb ich dann schon ich nun zum ersten Mal vor einer Drehbank und mal einen Brief an eine der großen Fabriken. Un- musste etwas drechseln. Ich spannte meine erste gefähr 1987 kam der Kontakt zu Hermann Kantel ein, stellte den Motor an und das Stück Moeck aus Celle zustande. In den 80er Jahren Holz sprang mir gerade ins Gesicht. Aber mein fand ich Moeck die innovativste unter den Leidensdruck war ungeheuer, ich wollte eine Blockflötenfabriken. Wo auch wissenschaftlich Flöte bauen, also schlich ich mich wieder zur an die Fragen herangegangen wurde. Auch die Drehbank und gab nicht auf. Ziemlich scheuß - Tibia fand ich gut, obwohl ich mich über viele liche Sachen sind da am Anfang rausgekommen, Artikel geärgert habe, aber die kamen ja nicht wenn ich heute einen Blick darauf werfen wür- von Moeck. Inzwischen mache ich schon so lan- de, wäre ich auf der Stelle blind. Damals hieß es ge mein eigenes Ding, dass ich nicht mehr so in- formiert bin. In meinem Geschäft verkaufte ich viele Steenbergen-Flöten von Moeck, habe aber alle mit einem neuen Block ausgeliefert, den ich selber gemacht hatte. Damals bekam ich keine Extrablöcke aus Celle, sondern musste diese sel- ber machen, was natürlich enorm aufwendig war. Also schrieb ich Dr. Moeck einen Brief und beschrieb ihm, was ich tat, und dass es sich für mich finanziell nicht rechnen konnte, so weiter- zumachen. Als wir uns auf der Musikmesse in Frankfurt trafen, lud er mich ein, nach Celle zu kommen und dort eine Zeit mitzuarbeiten.

Der alte Herr Moeck logierte mich bei seiner Se- kretärin ein, und ich durfte überall rumgehen und Steenbergen voicen. Die ganze Belegschaft in Celle war übrigens stinksauer auf mich und dachte: jetzt kommt dieser komplette Schafs- kopf aus der Schweiz. Moeck hatte nämlich mei- nen Brief kopiert und allen Instrumentenbauern auf den Tisch gelegt. Die Reaktion war dement- sprechend. Die kochten und warteten mit aufge- „pi mal Schnauze“: ein paar hübsche Wulste krempelten Ärmeln auf mich. Aber es hat nur ein über den Daumen gepeilt, entsetzlich! Aber ich paar Stunden gedauert, da saßen Ralf (Ehlert), wusste es nicht besser. Ich wollte eigentlich nur Joachim (Rohmer) und ich zusammen und dis - voicen, darauf habe ich mich konzentriert. Doch kutierten eifrig. Wir waren alle jung und voller das beste Voicing funktioniert nur bei der rich- Tatendrang, das war eine ganz gute Woche, tigen Röhre, und die Röhre kann man nicht per- ziemlich lustig. Länger konnte ich nicht weg, fektionieren, wenn das Voicing nicht stimmt. denn ich war inzwischen schon mehrfacher Va- ter. Und kurz darauf habe ich meine ersten eige- Ich baute also anfangs Ganassiflöten und bekam nen Flöten – so von Grund auf – gebaut. Da ich hübsch viele Aufträge. Als Selfmademan befand Hand- und Mundwerker bin, hatte ich bereits ich mich damals in Gesellschaft von vielen Bestellungen, bevor ich die erste Flöte gebaut Blockflötenbauern, die ihr Handwerk auch

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nicht gelernt hatten. Und ich las immer wieder Stuhl, und da kam mir der Film aus Australien die Artikel von Morgan und Marvin. Selber ver- plötzlich gar nicht mehr so dumm vor. messen habe ich auch, aber nicht so interessante Sachen. Meistens hatte ich meine Informationen Ich musste mich also meist selber an den Haaren aus zweiter Hand und habe es einfach probiert. aus dem Sumpf ziehen und tue dies mittlerweile Immer wieder habe ich neue Techniken ausgelo- seit 30 Jahren, krebse auf diesem kleinen Stück tet und bin nur solange bei einer alten Technik Holz herum und versuche zu verstehen. Die geblieben, bis ich etwas Besseres für mich fand. Bohrung habe ich lange unangetastet gelassen, Es ist nicht meine Art, mich auf dem, was geht, dann experimentiert, aber inzwischen mache ich auszuruhen. Was ich früher mit Zahnarztboh- die Bohrung für meine Lieblingsflöte, das rern gemacht habe, mache ich heute mit dem Denner -Modell, wieder genauso wie das Ko- Messer. Das war damals undenkbar für mich, penhagener Original ist. Wenn ich ein sehr wei- dass man ein Doppelloch von außen rundherum tes Voicing mache, verzichte ich auf die Gegen- mit einem Messer unterschneiden6 kann, aber räumung7 im Fuß, das ist dann aber wirklich das wird mit dem Messer viel glatter als mit die- schon alles. Das ist ja nur um den Grundton zu sen ollen Bohrern. Mittlerweile benutze ich alle korrigieren, das muss man nicht kopieren. Techniken nebeneinander, glaube aber nicht mehr an das perfekte Werkzeug. Den Computer Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, gleichzei- benutze ich dagegen gerne, um Bohrungen um- tig Renaissance- und Barockflöten zu bauen, zurechnen, das muss ich nicht mit Papier und weil das Voicing so gegensätzlich ist. Mittler- Bleistift machen. Da reiße ich mich nicht drum. weile weiß ich genau, was ich mache, und habe Werkzeuge sind nicht heilig, man muss sie be- keine Probleme mehr. Meine Ganassiflöten aus nutzen können. Bei meinen Flöten ist das genau- den 80er Jahren würde ich heute ganz anders so. Sollen Japaner und andere ruhig die Maße machen. Viel zu kleine Fase, unten ein hupender nehmen, sie wissen ja gar nicht, was sie messen, Sound, oben dagegen schrill und piepsig. Heute denn meine Flöten sind ja für den nassen Zu- sehe ich das anders. Meine Entwicklung bei den stand optimiert. Da nützen einem die trockenen Barockflöten hat auch zu einem Umdenken be- Maße nichts. Verstehen muss man. Fred hatte ir- züglich der Renaissanceflöten geführt. Ich bin gendwo seinen Schaber erwähnt, mit dem er den auch nicht der Meinung, dass die Renaissance- Konus rausraffelte und einen Hohlbeitel für die flöte ein besseres Instrument ist als die Barock- Feinbearbeitung: Dieser Hohlbeitel hatte kein flöte, die einige Flötenbauer als degeneriert be- spitzes Ende, keine Schneidekante, sondern ein zeichnen. Das kann ich so nicht stehenlassen. schabendes Ende. Ich fand das sehr interessant Diese Dennerbohrung ist so ein Wunderwerk. und schnitt einem Hohlbeitel die Schneide ab. So eine Bohrung zu kreieren, das braucht schon Beim Schaben bist du sehr dem Holzverlauf un- einiges, da habe ich Achtung davor, so könnte terworfen. Aber ich wusste noch nicht wie und ich das nicht. Darum habe ich lange die Bohrun- habe einige Flöten geschrottet und die Sache gen unangetastet gelassen. Und ich dachte im- wieder verworfen. Erst vor fünf, sechs Jahren, als mer: beim Voicing gibt es noch so viel zu tun. ich die ganze Sache nochmal aufgerollt habe, bin Am Ende liegen zwischen einem Stück Holz, ich wieder auf die Schaber gekommen. Im Fern- das aussieht wie eine Flöte, und einem spielbaren sehen hatte ich gerade einen Film über einen Instrument nur wenige Holzstäubchen. Hun- australischen Ureinwohner gesehen, der ganz dertstelmillimeter entscheiden über richtig oder stumpfsinnig auf einem Stück Holz herum- falsch. Wenn ich mit Wissenschaftlern und Inge- klopft: Bumm, Bumm, minutenlange Totale auf nieuren diskutiere, lächeln die über mich, wenn diese öde Handlung. Und ich regte mich fürch- ich erzähle, dass ich im Bereich von Hundert- terlich auf. So ein Scheiß wird gefilmt! Aber als stelmillimetern rumkratze, bei einem Material, es darum ging, meine Schaber zu machen, saß ich das ganze Zehntelmillimeter anschwillt und un- nächtelang mit dem Handschleifstein auf dem berechenbar ist, wenn es nass wird. Wenn die

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Flöten randständig8 sind vom Voicen, kann man leicht das Fünffache schwerer, und der Anblas- sich auf ihnen nichts erlauben, darf nicht blasen mechanismus kann gar nicht so viel stärker sein. oder nicht artikulieren. Dagegen können die Darum baue ich gerade Voiceflutes aus Ahorn, Flöten unendlich gutmütig sein, wenn das Voi- weil das total abgehen kann. Und man spart sich cing mittig9 ist. Dann kann man auch den zweit - das Gewicht. Der subjektive Eindruck beim untersten Ton mit einem ganz kleinen Loch so Spielen auf Hartholz ist, dass du viel mehr geben spielen, dass er satt klingt. musst, um das Gleiche zu erreichen. Für ein So- loinstrument kontra modernes Orchester könn- Brüggen haben wir viel zu verdanken. Schon te ich mir das noch vorstellen, trotzdem glaube allein darum, weil Fred Zeichnungen der Brüg- ich, dass Buchsbaum doch besser wäre. Ahorn ist genkollektion gemacht hat und sich diese beiden im Vergleich zu Buchs natürlich wahnsinnig ru- zum rechten Zeitpunkt getroffen haben. Fred hig, die Labien biegen sich nie so durch wie bei hat ja in Amsterdam gewohnt, auch Unterricht Buchs, aber man kann es nicht nass verarbeiten. genommen und viel verstanden. Ich finde, dass Ich versiegele ja meine Flöten innen und außen man als Blockflötenbauer selber spielen muss, mit Lack und benötige auch deshalb kein Grena- um wirklich gute Instrumente zu bauen. Sonst dill mehr. Wichtig ist, dass man seine Instrumen- hat man keine Chance, entweder hat man nur te nicht in Öl ersäuft, auch das habe ich von Fred Glück oder muss ständig jemand fragen. Für gelernt. mich ist es immer wichtig, mir genug Zeit zu nehmen zum Spielen. Nimm einen Auftakt im Zweikomponentenlack voller Lösungsmittel dritten Register. Ihn so zu spielen, ihn zu malen verwende ich nicht mehr. Mein Öl ist eine Mi- wie einen Tropfen, das verlangt der Flöte einiges schung aus einer Leinölbasis mit Harzen und ab. Die Flöte kann gut klingen und abgehen, Tungöl10, was es wasserfest macht. Man kann aber Musik kann man damit nicht machen, weil die Oberfläche polieren, wie man will. In meiner sie dann den Dienst versagt. Werkstatt wird das folgendermaßen gemacht: Je- de Röhre wird zunächst gewässert und poliert, Von Fred habe ich auch gelernt, Harthölzer wie dann mit einer möglichst dünnen Mischung mei- Grenadill zugunsten von Ahorn- und Buchs- nes Spezialöls grundiert, damit es tief reingeht. baumholz aufzugeben. Und seinen Rat, dass man Danach werden weitere Schichten immer sehr Buchsbaum auch nass bearbeiten kann, fand ich dünn aufgetragen. Dadurch verdichtet sich so- sehr wichtig. Man kann nach wie vor sehr gutes zusagen die Oberfläche. Ich nenne das den Bam- Holz kaufen. Ich benutze Pyrenäenbuchsbaum. buseffekt, und der macht ziemlich viel Arbeit. Ahorn nehme ich inzwischen aus Kanada, der ist Aber es lohnt sich, denn das Instrument klingt knackiger, früher kam er hier aus den Bergen, gut, wird haltbarer und schaut am saubersten aber der ist oft langfaseriger und eher für Geigen aus. Das verhindert Risse. Seit ich keine Salpe- als für Flöten geeignet. Grenadill und die ande- tersäure11 mehr gebrauche, ist mir nie mehr ein ren Hölzer will ich nicht mehr verwenden. Es Instrument gerissen. gibt einen Zusammenhang zwischen Klangfarbe und Eigenresonanz vom Material, zwischen dem Ausblick: Ich würde gerne für kleines Geld eine spezifischen Gewicht, dem Holzverlauf und sei- Schülerflöte machen können. Aber je länger ich ner Struktur auf der einen Seite und dem An- mich damit befasse, umso mehr rücke ich wieder blasmechanismus auf der anderen Seite. Darun- davon ab. Solange nicht mehr Spieler da sind, die ter verstehe ich, dass die Anblastechnik das einen Klang machen können, der mir gefällt, gesamte Holzmaterial in Schwingung versetzen möchte ich mir das nicht aufhalsen. Als ich in Pa- soll, ich rede nicht von der Luftsäule. Bei einer ris war, habe ich am Conservatoire an einem Tag Sopranflöte aus einem schweren Holz ist der Un- 60 Flöten gevoict. Am Schluss hat das Voicing terschied zu Buchsbaum noch nicht so groß, aber nur noch drei oder vier Minuten gedauert, und bei einer Voiceflute ist das Instrument um viel- so könnte man das mit Fabrikflöten auch ma-

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chen, aber die müssten dann ja auch wieder außen hin ganz überzeugt wirke, bin ich doch nachgeschaut und nachgearbeitet werden, und immer dran, an mir zu zweifeln und stehe im das wäre dann zuviel für mich. Dafür ist mir ständigen inneren Dialog mit mir selber. Ich bin dann doch meine Zeit zu schade. Ich würde al- vielleicht autistisch in dieser Hinsicht. Mein Le- len Spielern gute Flöten gönnen, sehe mich aber ben war sehr turbulent, und manchmal ging es außerstande, dazu beizutragen. Sehr schade. mir nicht gut. Ich bin radikal, halbe Sachen sind mein Ding nicht. Jeden Tag warte ich auf die Was mich weiterbringt, ist der Kontakt zu den Inspiration, gefiederte Freunde …, schau nicht Spielern, und ich verstehe ihre Existenzängste so, ich mache Spaß! Blockflöte als Koan12 … nur zu gut. Bei mir läuft es zur Zeit optimal, und Eigentlich ist es erst jetzt mein Beruf und meine die meisten Musiker haben es aktuell ziemlich Berufung geworden. Nun kann ich mich ganz schwer. Wenn ich kann, helfe ich gerne. Spaß über die Blockflöte definieren. machen mir die guten Reaktionen von arrivier- –––––––––––––– ten Spielern, ich renne bei ihnen offene Türen ein ANMERKUNGEN 1 und kann noch dazulernen. Letzte Woche war Labiumkante, auch Labiumschneide genannt. Schnitt - kante, die das im Windkanal erzeugte Luftblatt trennt Michael Schneider da und hat sich überschlagen und damit den Ton erzeugt vor Freude. Er hat so schöne Klänge gemacht, 2 Windkanalhöhe (auch Stufe genannt): Versatz zwi- ganz rund und farbig, konnte sofort auf meinen schen der oberen Bahn des Windkanalausgangs und der Röhren spielen. Auch Isabel Lehmann hat in- Unterkante des Labium 3 zwischen Flöten von mir und ist nach einer Ein- Fase: Abschrägungen an Windkanal- und Blockende, gewöhnungsphase jetzt echt glücklich. Ich gehe um den Luftstrom zu lenken 4 Konus: Zur besseren Kompression des Luftstroms ja nie auf Ausstellungen und nur selten an Hoch- läuft der Windkanal an seinen seitlichen Flanken ko- schulen, habe aber immer genug Aufträge. Die nisch zu. Der Windkanaleingang ist somit breiter als der Leute kommen zu mir. Windkanalausgang 5 Voicing: Die Feinabstimmung des Grundklangs der Blockflöte durch Arbeiten an Windkanal, Block und Ich baue für echte Bläser, die denselben Spaß am Labium Ausloten haben und kommen und mit mir spie- 6 Unterschneiden: Konische Erweiterung der Tonlöcher len. Was, wenn jetzt viele kommen? Mich wür- in Richtung Innenbohrung de das freuen. Das finde ich wichtig. Spielen, 7 Gegenräumung: Vom Fußende aus. Die Bohrung wird Klang, Ansatz. Für jeden Spieler das Maximum konisch erweitert mittels einer Reibahle, wird also nach rausholen, das ist mein Wunsch. Wenn es keine unten hin wieder weiter 8 Randständig: hier im Sinne von grenzwertig, ausge- Bläser mehr gibt, wird die Blockflöte wieder in reizt. Ein stark an seine Grenzen intoniertes Instrument der Versenkung verschwinden. Es gibt genug 9 Mittig: Das Gegenteil von randständig, also weniger gute moderne Musiker, die sich inzwischen mit „wagemutig“ intoniert modernen Instrumenten so sehr der alten Musik 10 Tungöl: wird aus der nussartigen Frucht der kleinen, genähert haben, dass es da keine historischen in Asien und Südamerika vorkommenden Baumfamilie Euphorbiaceae gewonnen. Es wird vorwiegend zum Dogmen mehr braucht. Abdichten von Schiffen und zum Imprägnieren von Holz verwendet. In Verbindung mit Leinöl beschleu- Diese Hoffnung, noch ein Original zu finden, nigt es die Trocknung und verringert die Wasserquell - das noch perfekter ist; die Naivität, an perfektes fähigkeit. 11 Werkzeug zu glauben: ist doch alles Blödsinn. Salpetersäure: wurde und wird zum Färben des Hol- zes verwendet. Im Gegensatz zur aus Farbpigmenten Klingt die Flöte oder klingt sie nicht? Spüren bestehenden Beize wird das Holz unter zusätzlicher muss man es. Holz ist nicht gleich Holz. Messen Einwirkung von Hitze quasi verbrannt und somit nützt da nichts. Fred hat von Anfang an sehr in- dunk ler dividuelle Flöten gebaut, Flöten, die man be- 12 Koan (jap.): Meditationsaufgabe, oft eine paradoxe herrschen musste, die man kennenlernen musste. Fragestellung, die nicht mit dem Intellekt gelöst werden kann, sondern darauf verweist, dass echte Zen-Erfah- Ich glaube, ich bin auch an diesem Punkt der In- rung außerhalb des Intellekts liegt. Beispiel: Wie klingt dividualisierung angelangt. Auch wenn ich nach das Klatschen einer Hand? 

TIBIA 1/2005 341 Stockstädter Musiktage 2005 Alte Musik in der Altrheinhalle – vom 6. bis 8. Mai 2005

Freitag, 6. Mai 2005 (Violine, Blockflöte), Jonathan Peˇsek (Violoncel- 12.00 – 14.00 Uhr: Blockflötenkurs mit Han Tol lo), Sebastian Wienand (Cembalo) Werke deutscher, italienischer und englischer 16.00 Uhr: Musik aus dem Frankreich des 18. Jh. Komponisten des 17. und 18. Jh. Alexis Kossenko (Traversflöte), Rebeka Rusó (Viola da Gamba), Aline Zylberajch (Cembalo) 15.00 Uhr: „Accademia degli Arkadi“, Amster- Werke von Blavet, Couperin, Leclair, Marais, dam Loeki Stardust Quartet Naudot Daniel Brüggen, Bertho Driever, Daniel Ko - schitzki und Karel van Steenhoven (Blockflöte) 19.00 Uhr: La Pastorella Werke von A. Scarlatti, Corelli, Pasquini und an- Frédéric de Roos (Blockflöte), Dirk Vandaele und deren Marianne Herssens (Violine), Bernard Wolteche (Violoncello), Ewald Demeyere (Cembalo), Von Freitag bis Sonntag ist tagsüber eine große Philippe Malfeyt (Laute) Verkaufsausstellung mit Instrumenten (Block- Werke von Baston, Keller, Babell, Parcham, Croft, flöten, Traversflöten, Oboen, Renaissanceblasin- Woodcock, Sammartini, Anonymi strumenten, Gamben, Cembali, Zupfinstru- menten) und Musikalien (Noten, Musikbüchern, Samstag, 7. Mai 2005 Tonträgern und Zubehör) aus aller Welt für alle 11.00 Uhr: Il Dolcimelo Interessierten geöffnet. Han Tol und Katja Beisch (Blockflöte), Doris Runge (Violoncello), Thomas Boysen (Theorbe), Christoph Anselm Noll (Cembalo), Robert Sagasser (Violone) Werke von Corelli

16.00 Uhr: Ensemble 1700 Eintrittspreis pro Konzert und Teilnahmegebühr Dorothee Oberlinger (Blockflöte), Christoph für den Blockflötenkurs: 10,00 EURO Mayer und Maren Ries (Violine), Johannes Platz (Viola), André Henrich (Theorbe, Laute), Alexan- der Puliaev (Cembalo), Olaf Reimers (Violoncel- Information und Kartenbestellung: lo), Jörg Meder (Violone) Eva und Wilhelm Becker Werke von Telemann, Vivaldi und anderen Berliner Straße 65 D-64589 Stockstadt am Rhein 19.30 Uhr: Deutsche Klassik und Romantik Tel. +49 (0)61 58 / 8 48 18 (von 11–19 Uhr) Monika Frimmer (Sopran), Philippe Castejon Fax +49 (0)61 58 / 8 48 18 (hist. Klarinette), Aline Zylberajch (Hammer- flügel) Werke von Mozart, Beethoven, Spohr, Schubert

Sonntag, 8. Mai 2005 11.00 Uhr: Ensemble L’Ornamento Juliane Heutjer (Blockflöte), Katharina Heutjer

342 TIBIA 1/2005 Joachim Rohmer „Fred, Fred und nochmal Fred“

Als ich 1980 mit der Lehre zum Blockflötenbau- er begann, begegnete mir der Name Fred Morgan zum erstenmal, als ich die Blockflötenbaupläne der „Brüggencollection“ in die Hände bekam, in der eben besagter „Morgan“ in akkuratester Ma- nier eine Dokumentation der Originalblockflö- ten gefertigt hatte, auf denen Frans Brüggen sei- nerzeit spielte und Aufnahmen machte.

Fred Morgan – das war damals „der in Austra- lien“, den man also kaum je zu Gesicht bekom- men würde, da er keinerlei Veranlassung hatte, Europa zu besuchen. Wer ein Instrument haben wollte, musste schon hinreisen zu ihm, nach ent- sprechender Wartezeit, so wurde gesagt, aber da alle Blockflötisten von Rang und Namen von ihm gefertigte Kopien hatten, und diese Instrumente Joachim Rohmer, freischaffender Blockflöten- ziemlich gut sein sollten, hatte ich, wie alle meine bauer mit eigener Werkstatt grünschnabeligen Kollegen, großen Res pekt. Je länger ich erfolgreich im Geschäft war, umso Es war allerdings eine recht kurze Zeit, eben die neugieriger wurde ich in Bezug auf Morgans der „Brüggencollection“, in der der Name Mor- Kopien selbst, von denen ich nach wie vor keine gan unter uns Kollegen regelmäßig fiel, denn dann einzige zu Gesicht bekommen hatte. Aber umso geriet er ein wenig in Vergessenheit, zumindest öfter hörte ich wieder seinen Namen, von Flö- bei mir. Meine Arbeit als Flötenbauer, vielmehr tisten und Kunden, allerdings: keiner kannte ihn meine Ausbildung war zu konkret und fordernd persönlich, obwohl von seinen Instrumenten mit ihren stetig wachsenden Anforderungen und nur Wunderbares erzählt wurde. Je tiefer ich im schließlich bekam ich niemals auch nur die Spur Laufe der Zeit die Möglichkeiten vor allem der eines seiner von ihm gebauten Instrumente in die Bressan-Alto auslotete, also vorwärts ging auf Hände. Ende 1986, als ich meine eigene Werkstatt der Suche nach dem idealen Instrument, das sich als Blockflötenbauer eröffnete, gab es wieder An- natürlich auch mit dem besten und vollständig- lass, mich mit der Dokumentation des Australiers sten Plan von Morgan nicht im Handumdrehen auseinanderzusetzen, denn es galt nun, eigene bauen lässt, umso mehr wuchs mein Respekt vor Kopien zu bauen, um mich am Markt zu versu- den Wunderinstrumenten, die Morgan bauen chen, und in den Plänen von Morgan würde ich sollte. Allein vom Hörensagen schien mir, dass alle notwendigen Daten finden, um absehbare in ihnen die Krönung des Blockflötenbaues er- und brauchbare Ergebnisse zu erzielen, soviel war reicht sein sollte. sicher. In der Tat hat mich kein einziger Plan von ihm jemals im Stich gelassen, d. h. nach eigener Und dann stand tatsächlich der erste Spieler mit Erfahrung und der aller meiner Kollegen, wurde einer Morgan-Kopie nach Bressan in meiner nie irgendein Irrtum entdeckt. Grundsätzlich Werkstatt, und ich bekam sie zu hören. Ich wag- deckten sich unsere, wenn saubere, Nachbauten te nicht, mir anmerken zu lassen, dass ich ent- mit seinen Vorgaben. täuscht war. Das, was ich da hörte, entsprach

TIBIA 1/2005 343 Joachim Rohmer

nicht im entferntesten diesem Idealbild, das ich Phänomen wie Fred Morgan unterschiedlich ge- mir von einer Altblockflöte nach Bressan ge- genüberstehen, da Flötisten mit einem völlig an- macht hatte. Als ich die Flöte dann selbst spielen deren Fokus der Blockflöte gegenüberstehen, als durfte, bemerkte ich allerdings, dass sie tadellos der Instrumentenbauer selbst. Flötisten dürfen leicht losging, trotzdem blieb ich von der Klang - und müssen sich damit begnügen, von ihren In- ausbeute enttäuscht. Alle fachkundigen Blicke strumenten schwärmen zu dürfen, selbstver- ins Innere der Flöte und durch den Windkanal ständlich auch mit dem Anspruch auf ihren eröffneten mir keinerlei neue Erkenntnisse. Da Traum, einmal irgendwo den Kauf ihres Lebens schien mir – simpelste aller Allerweltsweisheiten zu tätigen und ihr ultimatives Instrument zu – auch nur mit Wasser gekocht zu sein. Ich muss finden. Und es ist nur zu verständlich, dass ein zugeben, dass mir wirklich der Mut fehlte, mein Flötist, der in der Regel vom Flötenbau wenig Unverständnis zuzugeben, und so fragte ich als versteht, sich, eventuell sogar abhängig vom do- Ausweg aus meinem Dilemma, denn besagter an- zierenden Professor (und diese Spezies huldigt wesender Blockflötist war eine anerkannte Per- zuweilen ehernen Grundsätzen), leicht einer all- sönlichkeit, was er denn an diesem Instrument gemein vertretenen Meinung, einem scheinbar besonders schätze, wobei ich die Betonung auf unumstößlichen Dogma anschließt. So entsteht „besonders“ legte, und ich bekam folgende Ant- der Nährboden für Mythen und Märchen. wort: „Mit diesem Instrument kann ich alles ma- chen, was ich will. Stundenlang.“ Mein zaghafter Der Flötenbauer erfreut sich hinsichtlich einer Einwand nach der in meinen Augen etwas feh- eigenen Meinungsbildung absoluter Freiheit, so- lenden Persönlichkeit des Instrumentes war fern nicht auch er von den Meinungen und Per- rasch im Keim erstickt. Klang und Klangfarbe, sönlichkeiten irgendwelcher meinungsbildender das wolle er schon selber machen, und wenn das Professoren abhängt und sich, um des guten Rü- Instrument einen eigenen Charakter vorgebe, so ckenwindes willen, dem allgemeinen und damit könne er es nicht mehr beliebig formen. Nun ungefährlichen Trend anschließt. Soll heißen: ein denn …, ich blieb schließlich etwas verlassen in Flötenbauer, der jahrelang nach den Geheimnis- meiner Werkstatt zurück, da ich prinzipiell eine sen des ultimativen Instrumentes sucht, der mit andere Einstellung habe, was eine gemeinschaft- der Bauweise der Instrumente bestens vertraut liche Arbeit angeht, also Teamwork, und das be- ist, der muss einen kühleren, distanzierteren zieht sich sowohl auf Teamwork unter Arbeits- Blick haben, ihm geht es nicht darum, ein In- kollegen und Mitarbeitern als auch auf die strument zu besitzen, mit dem er arbeiten kann, Teamarbeit eines Musikers mit seinem Instru- sondern hier steht das reine Wissenwollen, das ment, wobei ich eben glaube, dass es dem Kunst- Verstehenwollen im Vordergrund, ohne Mysti- genuss nur zuträglich ist, wenn beide bei diesem fizierung, ohne Glauben, ohne projizierte Wün- Team Charakter haben, wenn es ein Miteinander sche, ohne jedwede Rücksicht auf die Meinung wird und nicht ein Egotrip bleibt. von Dritten. Und wie glücklich ist er, wenn – egal woher!!! – wirklich neue Erkenntnisse in Die Zeit ging ins Land, flötenbauend bei mir, das seiner Sache auftauchen und sich lang gesuchte Spiel praktizierend bei meinen Kunden und Geheimnisse endlich offenbaren. Nur wer selber Freunden, die Wundergeschichten über Mor- Blockflöten baut, weiß, wie lang und mühsam gans Flöten blieben immer dieselben. Warum der Weg ist, zu wirklich brauchbarem, nachvoll- konnte ich mich dem allgemeinen Trend der Lo- ziehbarem Wissen zu kommen. Und so darf der beshymnen nicht anschließen? Weil ich ein Kol- geneigte Leser mir glauben, dass ich nicht unei- lege Morgans war? Und zumal ein eifersüchtiger, gennützig diese Morgan-Flöten inspiziert habe, ein Nobody, der dem großen Morgan den Erfolg in der tiefen Hoffnung, etwas zu finden, das ich missgönnte? Mag man mir solches nachreden, immer schon gesucht habe: den ultimativen mit Tatsachen hat es nichts zu tun. Die sehe ich Klang, Fülle, Kraft, Seele – und die Balance in so: Flötisten und Flötenbauer müssen einem allen Registern. Der Anspruch des Blockflöten-

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bauers an das ultimative Instrument ist in- sofern brennender, als er tagtäglich mit der Suche danach konfrontiert ist, vom Erfolg des Findens hängt sein Selbstver- ständnis ab. Findet er nicht, geht er ent- weder faule Kompromisse ein oder steigt aus!! Das Sein des Blockflötenbauers hängt sozusagen vom Finden des ultima- tiven Instrumentes ab. Baut er ein Leben lang nur Halbwahrheiten, dann ist er ge- scheitert. Punkt! Der Flötist, im Gegen- satz zum Bauer, kann und darf auch mit mäßigen Instrumenten brillieren! Und Profis zeigen, dass dies möglich ist. Sie kriegen fast aus jedem Rohr Musik raus. Natürlich macht ihnen ein sehr gutes oder gar optimales Instrument mehr Spaß, gibt ihnen mehr Möglichkeiten, aber im Grunde ist es so, dass ihr Erfolg überwie- gend von ihrem Können abhängt, und dass das Instrument zweitrangig ist. So- weit zur unterschiedlichen Betrachtungs- weise von Flötist und Flötenbauer.

Man darf mir also glauben, dass ich trotz Der Blockflötenbauer Fred Morgan in seiner Werkstatt einer gewissen Enttäuschung über die er- lebten Morganflöten nicht von Morgan selbst rer heilen Blockflötenwelt, seltsame Kriterien enttäuscht war. Nur meine Hoffnung, irgendeine gelten bei der Frage, wann ein Leben als erfüllt Vision vermittelt zu bekommen, die Idee eines anzusehen ist, und dass es darum gut ist, dass neuen, noch nie vorher gegangenen Weges, die nicht das Publikum darüber abzustimmen hat, wurde enttäuscht. Also mein Anspruch, die Hö- wer wie lange im Rennen bleiben darf. Aller- he der Messlatte, war zu diesem Zeitpunkt einfach dings bestätigt diese Episode den kritiklosen zu hoch angesetzt. Dennoch behielt ich die Hoff- Umgang mit Urteilen und Vorurteilen unter uns nung bei und wartete darauf, doch noch auf ein Menschen; und denjenigen unter uns, die tat- Instrument von Fred Morgan zu stoßen, das bei sächlich meinungsbildend sind in unserer Ge- mir Maßstäbe setzen würde. Schon allein deshalb, sellschaft, sollte dies zu denken geben. weil mir, wie jedem reellen Blockflötenbauer, mehr als klar war, dass die Instrumente, die wir Seit Morgans Tod jedenfalls fegt ein regelrechter bauen, immer irgendwo eine Schwäche offenba- Sturm durch die Szene. Fred ist in aller Munde ren, die verbesserungswürdig wäre. Und dann und scheint es zu bleiben. Was kaum möglich starb Fred Morgan. schien, ist eingetreten, nämlich sein Nimbus hat sich gemausert zum Heiligenschein. Seine In- Nicht lange danach hörte ich auf einer Ausstel- strumente werden gehandelt wie Reliquien, hört lung bei einem Gespräch unter Blockflötisten man ein Konzert auf einer Morganflöte, so ist das folgendes Zitat: „Ausgerechnet der Morgan, fachkundige Publikum hingerissen vom Klang ausgerechnet der musste gehen!“ – und mir seiner Instrumente. Da „das Publikum“ (zum drängte sich der unangenehme Gedanke auf, Teil) nach wie vor „Morgan-Flöten“ zu kaufen dass in unserer Gesellschaft, und sogar in unse- und zu besitzen wünscht, werden in seiner Werk-

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statt nachproduzierte Bodies zu enormen Preisen Blockflöten baut, nicht Fred Morgan heißen an Flötenbauer verkauft, die dann zu ihren Prei- muss, um traumhafte Instrumente zu machen. sen wiederum diese Bodies zu fertigen Flöten „veredeln“ – der zahlende Kunde hat dann end- So legte denn die Besitzerin jener wunderschö- lich zum 2-3fachen Preis seine „Morgan“. Ich nen Morganflöte mir noch zwei weitere Instru- staune zunehmend, wer alles Fred Morgans Na- mente von ihm vor mit den Worten: „Diese an- men fortwährend im Munde führt, da wird ver- deren Flöten sind neueren Datums und ihnen traulichst von „Fred“ geredet und Geschichten fehlt das Entscheidende“, sie spiele eigentlich kolportiert, obwohl man ihm selbst nie begegnet nur jenes besagte Erstinstrument, wobei ich nun ist. Nicht nur in Flötistenkreisen ist das Fred- dem Mythos „Fred Morgan“ keineswegs ge- Fieber ausgebrochen, auch die flötenbauende schadet haben will, aber beitragen möchte ich zu Zunft scheut sich nicht, sich vom Morgan-Wind einer menschlichen Betrachtungsweise, die auch die Geschäftssegel blähen zu lassen. Amerikaner einem Fred Morgan posthum Menschlichkeit nennen dieses Geschäftsgebaren „name-drop- und (Verzeihung!) Fehlbarkeit zugesteht. ping“ – jeder kannte ihn, war bei ihm, hat bei ihm dies und das gelernt und abgeschaut. Als Fazit aller Erfahrungen, möchte ich in den Raum stellen, dass Fred Morgans Tod tatsächlich Um Fred Morgan dennoch gerecht zu werden: eine Lücke hinterlässt. Von wirklich persönlichen inzwischen bin ich doch noch in aller Stille auf Zusammenhängen abgesehen, hinterlässt er als eine ultimative Morganflöte in Holland gesto- Flötenbauer offensichtlich ein Vakuum, das ge- ßen und hatte Gelegenheit, dieses Instrument in füllt werden will. Alle notwendigen Eigenschaften Augenschein zu nehmen, eine Kopie nach Den- eines Idoles konnte er in seiner Person vereinigen: ner. Dieses Instrument zeichnet sich aus durch einen vollen, für Denner ungewöhnlich breiten 1. Er hat in vorbildlicher Weise Forschungsar- Klang und dabei eine tadellos leichte Ansprache beit betrieben und hat alle seine Nachfolger an in allen Registern. Vor allem im oberen Bereich seinen Erkenntnissen teilhaben lassen, sei es besticht dieses Instrument durch entwicklungs- durch persönliche Beratung oder durch seine ex- fähige Töne, ohne dass irgendein Rauschen oder zellenten Pläne – allerdings tut man dem einen Zischen den Klang trüben würde, und nach den oder anderen Unrecht, wenn man Morgan soli- Worten der Flötistin ist diese Flöte auch genü- tär in den Raum stellt, insbesondere denke ich da gend belastbar. Alles unter einem Hut, was der an Friedrich von Huene, von dem gleiches gesagt Flötist begehrt. Auffallend war, dass ich trotz ge- werden muss. übter Flötenbaueraugen keinen bestimmten Grund ausmachen konnte für die herausra - 2. Idole haben es an sich, unnahbar zu sein, nur auf gende Qualität dieses Instrumentes. Alle Maße diese Weise können Verehrer alle ihre Ideale, lagen in den bewährten Toleranzbereichen. Hoffnungen und Wünsche auf sie und in ihre Pro- Maulweite, Fenstermaße, Aufschnitt, Step, dukte projizieren. Das Sprichwort: „Wenn du was Blockweite und die Bahnform. Flöten sind eben gelten willst, dann mache dich rar“ gilt auch in un- und bleiben, im glücklichsten Falle, mehr als die serer Blockflötenfamilie, und in dieser Hinsicht ist Summe ihrer einzelnen Teile. Aber, um alle an- Australien der ideale Ort auf dieser Welt, den not- deren Blockflötenbauer unserer Zeit nicht zu wendigen Abstand zum Publikum zu schaffen. vergessen: so gut mir jene Morganflöte wirklich Wer kommt schon nach Australien? (Höchstens gefallen hat, ich habe auch von allen anderen Sumatra könnte noch exotischer sein.) Kollegen lernen können in all den Jahren, immer wieder bin ich, mal bei diesem, mal bei jenem auf 3. Der Zeitpunkt von Morgans Schaffen war Ergebnisse gestoßen, die mich beeindruckt, an- denkbar günstig, seine einzigartige Stellung auf geregt und vorwärtsgebracht haben. Und ich bin dem Markt zu begründen. Aufbruchstimmung, sicher, dass, wer wirklich mit ultimativer Passion die Neuentdeckung der Blockflöte durch Brüg-

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gen, dessen Stellung ebenfalls unumstritten ge- worden ist, ja werden musste, wenn er seine Mis- sion gewissenhaft erfüllen würde. Ebenso wie Friedrich von Huene hatte Morgan das Privileg, alle bekannten Originalinstrumente eigenhändig vermessen und auch spielen zu können, das ist ein unschätzbarer Vorteil gegenüber uns Nach- kömmlingen, die sich sozusagen blind in diese Materie haben einarbeiten müssen. Und so konnten diese Pioniere (nicht nur kraft ihrer Er- fahrungen aus erster Hand, sondern auch man- gels kompetenter Konkurrenz) mit akkurater Arbeit und Reproduktion die zahllosen Wün- sche nach spielbaren Blockflöten erfüllen, denn der Markt war hungrig nach Instrumenten. Die glorreiche Verbindung zu Brüggen hat natürlich die ganze Kettenreaktion zu dessen Schülern auslösen können und wiederum zu den „Schü- ler-Schülern“, weshalb wirklich die gesamte Eli- te der Blockflötenspieler mit Morgan- und von- Huene–Flöten ausgerüstet ist. Das wiederum setzte Zeichen für die gesamte Blockflötenwelt, die bis zum heutigen Tage spürbar sind.

Da ich Fred Morgan nie persönlich kennenge- lernt habe, möchte ich mit einer Spekulation en- den: Alle Zeugnisse seines Tuns, die mir begegnet sind, lassen mich glauben, dass er ein wahrer Flö- tenfreund war, immer bemüht, in größter Sorgfalt dem Geheimnis der alten Meister auf die Schliche zu kommen. Seine Idole dürften Bressan, Denner, Terton, Stanesby etc. etc. gewesen sein. Im Be- mühen um Erkenntnis dürfte ihm im fernen Aus- tralien der Blick auf unser etwas kleinkariertes Europa verlorengegangen sein, wenn er ihn über- haupt jemals gehabt hat – und ihm war wahr- scheinlich niemals bewusst, was seine Verehrer hier aus ihm gemacht haben. Idole werden ge- macht, von Menschen, die Idole brauchen, so wie Seeleute einmal die Bilder der Sterne gebraucht haben, um sich in den endlosen Weiten der Welt- meere nicht zu verirren. So leuchten auch unsere Helden – nicht nur „Fred“– am weiten Firma- ment der Blockflötenmusik, und jedem einzelnen sei gedankt, dass er mit dabei war oder auch noch ist, auf dass die endlose Kette der Liebe zur Mu- sik niemals abreiße, die allein uns Menschenkin- dern Unvergänglichkeit verheißt. o

TIBIA 1/2005 347 Carin van Heerden

Carin van Heerden Zwei Instrumente – ein Dilemma?

Aus historischer Sicht ist das Spielen von mehre- für Blockflötentrio war), dass ich nicht nachgab, ren Instrumenten ja nichts Außergewöhnliches. bis ich dieses Ding auch lernen durfte. Im Gegenteil, die Spezialisierung auf ein Instru- ment wäre den Menschen in Renaissance und Die Oboe lernte ich in völlig anderem Zusam- Barock sehr fremd gewesen. Aber wie ist es heu- menhang kennen: Ich war einige Jahre älter, wir te? Die historische Aufführungspraxis hat sich wohnten in der Stadt und besuchten regelmäßig mancher Gepflogenheiten früherer Zeiten of- Symphoniekonzerte. Ich hörte den langsamen fensichtlich nicht angenommen. In der heutigen Satz des Violinkonzertes von Johannes Brahms Volksmusik und im Jazz zieht man die Speziali- und verliebte mich in die Oboe. Viel später hör- sierungsgrenzen meines Erachtens nicht so te ich natürlich auch die Barockoboe, und damit streng, wohl aber in der E–Musik. Musiker, die hatten meine Klangträume endlich auch einen (vor allem in der Alten Musik) auf der Bühne das Namen. Instrument wechseln, setzen sich fast automa- tisch dem Verdacht des Laienhaften aus: Warum Mir scheint diese Berührung mit beiden Instru- tun die Spieler sich das denn an? Mangelt es menten heute noch wichtig, vor allem, weil die ihnen an Selbstkritik, geben sie sich mit dem Klangkontexte so sehr unterschiedlich waren: Mittelmäßigen zufrieden? Und ausgerechnet Blockflöte Solo oder in der Kammermusik, spielen auch noch alle Blockflöte! Oboe im Orchester. Es sind diese Klangwelten, die mich heute noch so sehr ansprechen. Ich Natürlich kann ich in diesem Zusammenhang kann nicht sagen, ob man mit zwei Instrumen- nur für mich selbst sprechen. Die Auseinander- ten mehr Selbstdisziplin braucht als mit nur setzung mit dem Für und Wider ist für mich eine einem, ich kannte es nie anders. Nur ist es ein fast tägliche Angelegenheit und, wie ich glaube, ständiges Hin und Her zwischen z. B. dem Bau- ein nötiges Spannungsfeld. Meine eigenen an- en von Oboenrohren einerseits und dem Üben fänglichen Erfahrungen mit Block flöte und schwieriger Figuren in der neuen Musik auf der Oboe waren so unter- Blockflöte andererseits; schiedlich, und gerade dem Konditionstrai- in der Unterschiedlich- Carin van Heerden wurde ning auf der Oboe einer - in Kapstadt (Südafrika) ge- keit liegt für mich noch seits und dem immer boren. Studium (Blockflöte heute die Bedeutung. und Barockoboe) in Köln wiederkehrenden Su- (Günther Höller und Hel- chen nach dem „Run- Das erste Mal hörte ich mut Hucke) und Amster- den“ bei der Blockflöte Blockflöte als fünfjähri- dam (Walter van Hauwe). andererseits. ges Kind an der Hand Sie ist Mitbegründerin und meiner Mutter. Wir gin- Solistin des L’Orfeo Barock- Die meisten Blockflö- gen in einem kleinen orchesters. Seit 1996 zahlrei- tisten, die ich zu den Be- Küstendörfchen in Süd- che CD-Einspielungen mit dem Orchester bei cpo weggründen für ein afrika an einer Kirche und Konzerte als Solistin (Block flöte und Barock - zweites Instrument be- oboe) mit dem L’Orfeo Barockorchester u. a. Seit vorbei, aus der Block- fragt habe, gaben mir April ist sie Professorin für Blockflöte an der Hoch- flötenklänge drangen. schule für Musik in Köln (vorher am Mozarteum in zur Antwort: „Ich Es klang so bezaubernd Salzburg). Außerdem unterrichtet sie Barockoboe möchte endlich spielen schön (auch wenn es am Institut für Alte Musik und Historische Auffüh- können!“ Spätestens im die Bearbeitung eines rungspraxis an der Linzer Anton Bruckner Privatu- Studium merken doch Boccherini-Menuettes niversität. die meisten Studieren-

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den, dass sie bei weitem nicht so viel werden spie- len können, wie sie sich erhofft hatten. Ich fürch- Zu verkaufen! te aber, dass es dann viel zu spät ist, mit einem Moeck Barock-Traversflöte, zweiten Instrument zu beginnen. Der Frust des Grenadill, 440 Hz, Preis: VS Unvermögens ist ja umso größer, wenn man sein erstes Instrument schon sehr gut beherrscht! Tel.: 05143 / 5119 Manche setzen sich trotzdem durch, wechseln nach dem Blockflötenstudium zu einem Orches- meistens und verstärkt das Bild von der Block- terinstrument, studieren es einige Jahre und tau- flöte als einem dynamisch unflexiblen und häu- chen dann als Orchestermusiker wieder auf. Als fig ein wenig unsauberen Instrument. Orchestermusikerin erlebe ich manchmal er- nüchternde Situationen im beruflichen Alltag: Schließt sich damit der Kreis der Kritik, der besagt, die Selbstverständlichkeit, mit der man als Obo- dass nur Amateure mehrere Instrumente spielen, ist im Orchester auftritt, will als Blockflötist im vorzugsweise auch Blockflöte, und dass die Or chester oft hart erkämpft werden. Blockflöte ein wunderbares Laieninstrument ist?

Ich habe das große Glück, in einem festen En- Doch was ist mit den Kennern? Müssten es die semble (L’Orfeo – Barockorchester) zu arbeiten, Orchesterleiter, die Veranstalter nicht besser vieles selbst gestalten zu können und ein Gefühl wissen? Wir haben doch mittlerweile alle erfah- des gegenseitigen Respekts und der musikali - ren, wie eine Blockflöte klingen kann. In der schen Geborgenheit zu empfinden. Es kommt Neuen Musik hat sie einen völlig anderen Status, aber auch vor, dass Orchester und Orchesterlei- da war sie Vorreiterin dank solch exzellenter ter eine andere Meinung gegenüber der Block- Spieler wie Brüggen, van Hauwe, Politano, und flöte vertreten, d. h. es wird hier gespart. wie sie alle heißen. Für mich ist es eine ungeheu- Schmerzlich ist es nicht nur für den Tenor in der re Herausforderung, mit beiden Instrumenten Matthäuspassion, wenn zwei Blockflötisten aus auf einem bestimmten Niveau zu bleiben. Die dem Chor treten und „auf Teufel komm raus“ verschiedenen Aufgabenbereiche und Stilrich- ein Rezitativ in f-Moll zum Besten geben. tungen empfinde ich als große Berei cherung. Manchmal werde ich diesbezüglich von jünge- Die Blockflöte spielt in Opern, Oratorien oder ren Musikern befragt. Ich glaube, dass man vor Kantaten häufig ja nur eine kleinere Rolle und allem konsequent, selbstkritisch und realistisch wird darum oft als Sonderling angesehen. Wenn bleiben soll. Wenn man sich seriös der Konfron- dazu noch das Vorurteil besteht, dass sie sowie- tation stellt, kann dies sehr erfüllend sein! Es so immer unsauber spielt und als ein wenig un- gibt genügend Tiefs, aber die seeli schen Höhen- seriös anzusehen ist, dann liegt es an dem jewei- flüge, die ich mit beiden Instrumenten erlebe, ligen Spieler, sich hochprofessionell zu zeigen. möchte ich um nichts auf der Welt missen! Dass Intonation, Klang, dynamische Flexibilität und Artikulation dabei tadellos sein müssen, Sehe ich mich nun als Blockflötistin oder Obo- steht außer Diskussion. Jetzt ist es aber so, dass istin? Meine Antwort lautet: Darf ich bitte ein- in größeren Opern usw. meistens die Oboisten fach Musikerin sein? o oder auch andere Bläser mit diesen Partien be- traut werden. Das also ist die Gruppe von B „Blockflötisten“, die damals im Studium ge- 195,- /Stck. merkt haben, dass sie zu wenig zum Spielen ka- men. Die Erfahrung lehrt, dass diese Bläser sich nach ihrem Blockflötenstudium gar nicht mehr ernsthaft mit der Blockflöte auseinandergesetzt haben. Eine fein differenzierte Technik fehlt

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Ute Deussen Neue Musik im Blockflötenunterricht. Ein Bericht aus der Praxis

Ich unterrichte an der Musikschule Calw, die da- Zeitgenössische Musik für den allerersten für bekannt ist, dass sie zum einen der Blockflö- te als Instrument und zum anderen der Neuen Anfang: Musik einen hohen Stellenwert einräumt (s. In- Christiane Martini formationskasten). Die „Neue Musik“ beziehe – Das verrückte Schaf Mathilde. Eine musika lische ich von Anfang an in meinen Unterricht mit ein. Geschichte für Sopran- oder Altblockflöte, Moeck, EM 2208 Sind die Schüler noch sehr klein (ca. 5-6 Jahre) – Dodo und Nini. Ein Märchen in Musik gesetzt und die motorischen Fähigkeiten noch nicht für Sopranblockflöte(n) und Klavier, sehr weit fortgeschritten, trenne ich zu Beginn Mieroprint, EM 4001 die bläserische und die fingertechnische Arbeit. – Familie Schrott. Ein Abenteuer in Musik für So- So beginnen wir die bläserische Arbeit mit dem pranblockflöte und Sprechstimme, Mieroprint, Flötenkopf: lange Töne, kurze Töne mit Zun- EM 4002 genstoß (Telefonspiel: Frei- und Besetztzeichen; Almut Werner tropfender Wasserhahn etc.). Schwingt man mit Das kleine Gespenst Huschwusch. Eine Geschichte der Handfläche am unteren Ende des Flöten- für Blockflöte(n), Zimmermann, ZM 34860 (Regie- kopfes hin und her, lässt sich prima eine Sirene heft) darstellen; bewegt man den Zeigefinger ein Stück weit in die Innenbohrung, wird der Ton, wenn man die richtige Stellung trifft, eine kleine akustisch umzusetzen sind. Prima eignet sich z. Terz tiefer, und schon können die Kinder den B. eine Geschichte mit einem Geisterhaus: da Kuckuck spielen. Der Fantasie sind hier keine lässt sich so ziemlich alles unterbringen, ange- Grenzen gesetzt. Die Kinder malen oft gerne fangen beim Glissando (heulende Gespenster). selbst Bildergeschich- ten, die sie dann „verto- Diese Glissandoübun- nen“. Parallel dazu ma- Ute Deussen studierte gen haben den ange- che ich Griffübungen Block flöte bei Prof. Gerhard nehmen Nebeneffekt, auf der zusammenge- Braun (Karlsruhe, Diplom 1993), Walter van Hauwe dass sich eine manch- setzten Flöte – ohne (Amsterdam, Konzertexa- mal verkrampfte Fin- Ton: Fingerklopfen, men 1996) und Kees Boeke gerhaltung schnell Löcher streicheln, etc. (Trossingen). Zweimal war lockert, ebenso Triller- sie Stipendiatin des Deut- übungen mit allen Fin- Glücklicherweise gibt es schen Akademischen Aus- gern. Auch Dinge wie bei uns auf dem Markt tauschdienstes (DAAD), 1991/92 in Basel an der Scho- Flatterzunge, sputato, immer mehr Blockflö- la Cantorum (Klasse Conrad Steinmann), 1995/96 in Doppelgriffe und ande- tenschulen, die diese Amsterdam am Sweelinck-Conservatorium (Walter res lassen sich auf diese phantasievolle Art, Tö- van Hauwe). 1994 wurde sie mit einem Blockflöten - Weise spielerisch ein- ne und Geräusche zu trio Preisträgerin des internationalen Ensemblewett- führen. Nur mit der verwenden, auch über bewerbs der ERTA, 1995 war sie Preisträgerin des in- Doppelzunge warte das Anfangsstadium ternationalen Solowettbewerbs in Calw. Ute Deussen ich, bis die Schüler ist Dozentin an den Musikschulen in Calw und Wil- hinaus weiterführen. Da ferdingen. Viele ihrer Schüler sind Preisträger bei spieltechnisch so weit gibt es dann immer wie- Wettbewerben wie z. B. dem Bundeswettbewerb Ju- sind, dass sie diese in der Bildgeschichten, die gend musiziert und SONBU in Utrecht, Holland. der Literatur brau-

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chen, weil die einfache Zunge zu langsam ist. Leichte zeitgenössische Musik: Das ist dann ein ganz eigenes Übungsfeld. Mir ist bei all dem wichtig, dass die Kinder es von Franz Müller-Busch Anfang an gewohnt sind, nicht nur Noten, son- Acht einseitige Stücke, für 2 Sopranblockflöten, dern auch Bilder und Zeichen zu lesen, bzw. Reihe: Zeitschrift für Spielmusik, akustisch umzusetzen. Moeck, EM 656/657 Gerhard Braun Wenn die Schüler dann so weit sind, dass sie Abbreviaturen, für Sopranblockflöte und Klavier, sicher Kinderlieder und leichtere barocke Stücke Heinrichshofen’s 2081 spielen können, gibt es ein ganz entzückendes Agnes Dorwarth Heft von Franz Müller-Busch: Acht einseitige – Der Hecht, nach einem Gedicht von Christian Stücke. Hier werden Kinder- und Volkslieder Morgenstern, für 4 Altblockflöten, mit modernen Spieltechniken kombiniert. Bei- Moeck, EM 1582 spielsweise beginnt ein Lied mit Bienengesum- – Das große Lalula, nach einem Galgenlied von me (schnelle Fingerbewegung bei gebundenem Christian Morgenstern, für 4 Altblockflöten, Spiel mit gleichzeitigem tiefen Summton), das Moeck, EM 1574 dann zu dem bekannten Lied Summ, summ, – Gespräch einer Hausschnecke mit sich selbst, nach summ, Bienchen summ herum führt. Oder einer Parodie von Christian Morgenstern, für Alt- ein anderes beginnt mit „Wellenbewegung“ blockflöte solo, Moeck, EM 1575 (Schwingbewegung einer Hand am Labium – Krimi, für Altblockflöte im Wechsel mit Bass - während des Spielens) und wird dann am Ende blockflötenkopf und Klavier, Moeck, EM 773 zum Lied My Bonny is over the ocean. Auch ge- – Nein!, nach einem Galgenlied von Christian sprochene Texte, mit dem Fuß Aufstampfen, Morgenstern, für AltblockflÏöte in G oder F, Flatterzunge, Glissando kommen vor – kurz, al- Moeck, EM 760 les was man so mit der Flöte machen kann. Die – Vogelbuch, vier Stücke für einen Blockflöten- Stücke sind zweistimmig und machen den Kin- spieler (mit verschiedenen Flöten), Moeck, EM 752 dern einen Riesenspaß, egal ob der Lehrer die Konrad Lechner zweite Stimme spielt oder ein anderes Kind. – Echo des Schweigens, 8 Miniaturen für Sopran- blockflöte solo, Moeck, EM 2558 Ausgesprochen schade finde ich, dass es in die- – Spuren im Sand, für 1 Blockflöte in C, sem Schwierigkeitsgrad nicht allzuviel kindge- Moeck, EM 1526 rechte Literatur gibt. Gut spielbar sind z. B. Hans-Martin Linde noch die Stücke Spuren im Sand und Echo des Basler Blockflötenbuch, für Blockflöte (S bis B) Schweigens für eine Sopranflöte von Konrad solo, Schott, ED 8250 Lechner, wenn auch diese Stücke weit schwieri- ger sind und nicht mehr so kindlich-heiter. Ebenfalls schon sehr viel abstrakter und spiel- technisch schwieriger als die Duette von Müller- gedämpften Saiten zum Schwingen bringen. Busch sind die Abbreviaturen von Gerhard Darüber hinaus kommt es bei diesen Stücken Braun. Der Reiz dieser Stücke liegt in der Beset- sehr auf die Interaktion und das Zusammenspiel zung Sopranblockflöte und Klavier. Da entsteht der beiden Spieler an, was der Entwicklung und eine ganz neue Klangwelt, das Klavier ist zum Schulung des musikalischen Kommunizierens Teil präpariert (beispielsweise mit Gummikeilen sehr förderlich ist. zwischen den Saiten, es entsteht dann eine Art Schlagzeugeffekt). Ganz eigene Klänge entste- Wie gesagt, die Stücke von Lechner und Braun hen, wenn der Blockflötenspieler in den geöff- sind auf ihre Weise schon recht abstrakt, ebenso neten Flügel hineinspielt, während der Pianist die von Hans-Martin Linde (z. B. das Basler Lie- das Pedal drückt, so dass die Flötentöne die nicht derbuch). Nette und effektvolle Stücke gibt es

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Die Musikschule Calw Der Stellenwert des Instrumentes Blockflöte ist Daniel Brüggen, Conrad Steinmann). Der bei uns ein anderer als an manch anderer Mu- Wettbewerb fand alle drei Jahre statt und war sikschule. Das mag zum einen daran liegen, dass durch sein extrem hohes Niveau bekannt (und unser Schulleiter Dieter Haag studierter Block- gefürchtet). flötist ist und das Instrument von daher natür- Natürlich leisten wir viel Arbeit in der Breite, es licherweise als professionelles Instrument be- ist bei weitem nicht so, dass wir ausschließlich trachtet und fördert, was in Deutschland nicht Spitzenschüler unterrichten. Aber wir haben selbstverständlich ist. Denn die Blockflöte wird durch unsere Begabtenförderung viele Spitzen- in vielen Schulklassen als Vehikel zur Erklärung talente, die durch ihre phantastischen Leistun- von Noten und Notenwerten benutzt. Darüber gen Preise bei Wettbewerben auf nationaler und hinaus wird Blockflöte an vielen Musikschulen auch internationaler Ebene gewinnen. Dies ist (nicht bei uns!) in der Grundstufe in Groß- nicht zuletzt möglich durch unseren hauseige- gruppen (ca. 10 Schüler) unterrichtet, bis die nen Wettbewerb mit Stipendienvergabe, der je- Schüler dann vom Alter her soweit sind, ein des Jahr für alle Instrumente stattfindet. Alle „richtiges“ Instrument zu lernen. Wie es klingt, Schüler, die möchten, können daran teilneh- wenn 30 Fünftklässler (10-11 Jahre alt) in ihre men. Zu gewinnen gibt es Gutscheine für No- Flöten blasen, kann man sich leicht vorstellen. ten- und Bücherkauf sowie Stipendien, die Vielfach wird die Blockflöte also als ein Ein- hochbegabten und motivierten Jugendlichen stiegsinstrument betrachtet und nicht als ein zusätzlichen Unterricht bieten. So bekommen vollwertiges, das ein Musikerleben lang interes- die Stipendiaten zusätzlich zu der von ihnen sant sein kann. bezahlten Unterrichtszeit wöchentlich 15 Mi- Darüber hinaus richtete Dieter Haag jahrzehn- nuten Extra-Unterricht. Jeder Lehrer weiß, wie telang (von den siebziger Jahren bis in die neun- wertvoll es ist, mit einem Schüler 60 Minuten ziger) in Calw ein internationales Blockflöten- statt 45 Minuten arbeiten zu können! Finan- symposium aus – in der Anfangszeit mit ziert werden die Stipendien durch den Freun- Meisterkursen international bekannter Block- deskreis und einen offiziellen Sponsor. Ein äu- flötisten wie Gerhard Braun, Walter van Hau- ßerst fruchtbares Arrangement ... we, Matthias Weilenmann und anderen, später dann mit einem internationalen Wettbewerb, in Die Musikschule Calw ist schon etwas Beson- dessen Jury im Laufe der Zeit alle Kapazitäten deres. Wenn ich mit Schülern bei einem Bun- vertreten waren, die in der Blockflötenwelt deswettbewerb Jugend musiziert bin, stelle ich Rang und Namen haben (u. a. Walter van immer wieder fest, dass die Schule deutsch- Hauwe , Dan Laurin, Matthias Weilenmann, landweit durch unsere Preisträger bekannt ist. Ute Deussen auch von Agnes Dorwarth, sowohl für einzelne nicht noch so etwas?“). Da ich genau so etwas Spieler als auch für Ensemble. eben nicht hatte, schlug ich ihnen vor, selbst ein Stück zu komponieren. Ich schlug ihnen das The- Letztes Jahr nun hatte ich zwei 12/13-jährige ma „Jahrmarkt“ vor, gab ein paar Tips und entließ Schülerinnen, die beide bei mir Einzelunterricht sie in die sich anschließenden Ferien. Mit stolzge- haben und dazu miteinander Duo spielen. Beide schwellter Brust kamen die beiden in die erste sind sehr kreativ und spieltechnisch ziemlich weit. Flötenstunde nach den Ferien und präsentierten Die Duette von Müller-Busch waren eigentlich zu ihr Werk und die Lehrerin war völlig platt ange- leicht für sie, aber sie spielten sie mit einer unge- sichts dieses Ideenreichtums und der schauspiele- heuren Begeisterung. Nach Beendigung stellte rischen Lust, mit der all das dargeboten wurde; sich wie üblich das Anschlussproblem („hast Du nebenbei hatte ich Mühe, meiner Lachanfälle

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Herr zu werden, es war wirklich zum Brüllen ko- zwei verschiedene Epochen im Programm ge- misch. Im Verlauf der nächsten Wochen strafften spielt werden sollten. wir das Werk etwas, reduzierten die etwas ausge- dehnten Textpassagen und brachten die Instru- Ich muss an dieser Stelle vielleicht doch einfü- mentalteile noch etwas in Form, so dass das Stück gen, dass sich nicht alle Schüler begeistert mit etwa 6 Minuten dauerte und zur großen Erheite- Neuer Musik befassen. Viele Kinder wollen ganz rung der Juroren bei unserem Musikschulwettbe- konservativ am Anfang möglichst bald die be- werb präsentiert werden konnte. kannten Kinderlieder spielen und später am lieb- sten barocke Stücke oder populäre Musik, wie Die Geschichte: Zwei Mädchen (Eva und Marie zum Beispiel die Stücke von Pete Rose und an- in diesem Falle) ist eines Nachmittags recht lang- deren. Ich kann ihnen die Neue Musik nur immer weilig, sie beschließen also, auf den gerade statt- wieder anbieten. Sind sie aber generell sehr mo- findenden Jahrmarkt zu gehen (Requisite: ein tiviert und haben Spaß daran, bei Wettbewerben mit einer Drehorgel bemaltes Tuch, das über ei- mitzumachen, stellt sich die Frage der Neuen nen Ständer gehängt wird). Während die eine Musik immer wieder, da ja bei dem Wettbewerb Spielerin mit ihrer Flöte als Drehkurbel die Or- „Jugend musiziert“ immer ein modernes Stück gel ankurbelt, fängt die zweite an, eine typische verlangt wird. Sowohl in der Sololiteratur als Drehorgelmelodie zu spielen, zu der die erste auch bei Ensemblestücken ist es nicht ganz ein- alsbald hinzukommt und ein Duett erklingt. fach, passende Stücke zu finden, die dem jewei- Harmonisch und melodisch haben die beiden ligen technischen Stand entsprechen und zu de- sich da etwas ganz Entzückendes ausgedacht. nen die Schüler einen Zugang haben. Natürlich Nach dieser Einleitung beschließen Eva und Ma- gibt es etliche jazzige Stücke wie z. B. von Paul rie, Geisterbahn zu fahren (wobei die eine ganz Leenhouts (Big Baboon) oder Pete Rose (The ängstlich tut und die andere ganz großspurig Kid from Venezuela), das fällt aber für mich meint „ich bin doch bei Dir!“). Es beginnt mit ei- nicht unter die Rubrik „Neue Musik“ im ei- nem grellen Pfiff und Lokomotivgeschnaufe gentlichen Sinne. (rhythmisches t-k-t-k-t-k ins Labium geblasen, die andere schnauft sch-sch-sch), im weiteren Für ältere Jugendliche, die den entsprechenden Verlauf tauchen dann Gespenster auf (kurze spieltechnischen Stand erreicht haben, finde ich Glissandi in alle Richtungen), sputato-Töne er- die Stücke von japanischen Komponisten wie z. zeugen Spannung, Flöten werden aneinander ge- B. Hirose (Meditation und Hymn) und Shino- rieben (Skelettgeklapper) und vieles mehr. Na- hara (Fragmente) sehr geeignet, da die Schüler türlich erschrickt man auch mit lautem oft einen guten Zugang zu der meditativen At- Gekreisch und verlässt etwas schwankend die mosphäre finden, aber auch die manchmal recht Geisterbahn. Zurück auf dem Platz spielt die heftigen Ausbrüche gut darstellen können. Drehorgel wieder ein Lied (ein anderes), fängt dann aber leider an zu stottern, um schließlich Dies ist übrigens ein wichtiger Punkt. In der ihren Geist ganz aufzugeben. Eva und Marie be- Neuen Musik ist die Darstellung ganz anderer schließen, Autoscooter fahren zu gehen. Ge- Affekte gefragt als in der Alten Musik, was doch spielt wird also ein rasantes Duett, immer wieder eine wichtige Erweiterung der musikalischen unterbrochen durch Zusammenstöße (abruptes Ausdrucksfähigkeit darstellt. Für manche Schü- Ende mit sputato-Akzent) samt begleitender ler öffnet sich da manchmal geradezu ein Tor zur Kommentare. Das Stück endet mit dem Kom- Freiheit. Ich habe immer mal wieder Schüler, die mentar „boh, ist mir jetzt schlecht – komm, ge- sich in der Neuen Musik freispielen und diese hen wir in die Kirche hier, da gibt’s schöne Mu- unkonventionellen, oft sehr unmittelbaren Aus- sik“. Das war die elegante Überleitung zu drucksformen bevorzugen. Wenn ich ihnen zu- einigen Sätzen der Telemann-Triosonate in C- höre, habe ich das Gefühl, da kommt unmittel- Dur (Weibersonate), da bei dem Wettbewerb bar die Persönlichkeit zum Ausdruck, während

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Neue Musik für den Unterricht mit fort- Paul Leenhouts geschrittenen Schülern: – Big Baboon, für Tenorblockflöte solo, Reihe: Am- sterdam Loeki Stardust Quartet present, Moeck, EM 2809 Gesti, für Altblockflöte, Universal Edition, – On the trail of the Pink Panther, für Blockflöten- UE 15627 quartett (ATBGb), Reihe: Amsterdam Loeki Star- Fulvio Caldini dust Quartet present, Moeck, EM 2805 Fade control, für Blockflötenquartett (SATB), Reihe: – Report upon „When Shall the Sun Shine“, für Block - QRTT, hrsg. vom Amsterdam Loeki Stardust Quartet, flötenquartett (SATB), Reihe: Amsterdam Loeki Star- Moeck, EM 2823 dust Quartet present, Moeck, EM 2803 Ryohei Hirose – Tango für Elise, für Blockflötenquartett (SATB), – Hymn, Ongaku No Tomo Sha, ohne Nummer Ascolta 128 – Meditation, für Altblfl., Zen-On 950 103 Pete Rose Maki Ishii The Kid from Venezuela, für Sopranblockflöte und Black Intenton IV, für Blockflötenquartett (AATB), Klavier, Universal Edition, UE 19930 Moeck, EM 1596 Makoto Shinohara Dick Koomans The Jogger, für Blockflötenquartett (SATB), Reihe: Fragmente, für Tenorblockflöte solo, Schott, TMR 3 QRTT, hrsg. vom Amsterdam Loeki Stardust Quartet, Wilhelm Wander van Nieuwkerk Moeck, EM 2820 Kadanza, für Blockflötentrio (ATB), Ascolta 31 sie sich beim Spielen Alter Musik irgendwie be- Fast alle meine Schüler spielen zusätzlich zum grenzt zu fühlen scheinen. Gerade bei einem In- Einzelunterricht in Ensembles. So habe ich z. B. strument wie der Blockflöte entbehrt das nicht in Calw drei Quartette, eines davon in Zusam- einer gewissen Logik, da das Denken eines cres- menarbeit mit meiner Kollegin Beate Stahl-Er- cendos oft schon ausreicht, um eine Steigerung lenmaier – zwei Schüler sind von ihr, zwei von darzustellen und die tatsächliche Steigerung des mir. Das Quartett hat abwechselnd bei meiner Blasdruckes den Klang leicht brutal werden Kollegin und bei mir Ensembleunterricht, jede lässt, von der Intonation ganz zu schweigen. von uns arbeitet andere Stücke mit ihm. Diese Verglichen mit anderen Instrumenten müssen vier Mädchen sind zusammen in einer Schul- wir dynamisch schon sehr subtil arbeiten. Eine klasse, wollten unbedingt zusammen spielen solche, der Neuen Musik sehr zugeneigte Schü- und so starteten wir letzten Herbst dieses joint- lerin von mir hat bei dem SONBU-Wettbewerb venture-Projekt. Das war für uns beide neu, in Utrecht erfolgreich Gesti von Luciano Berio funktioniert aber prächtig. Bei Beate arbeitet das gespielt. Nachdem sie die Hauptschwierigkeit Quartett derzeit an Paul Leenhouts Report upon des Stückes, Finger-, Blas- und Zungentechnik „When Shall the Sun Shine“. Dies ist zwar nicht zu trennen, „geknackt“ hatte, fing sie wirklich Neue Musik im avantgardistischen Sinne, macht an, mit dem Stück zu spielen und erzählte damit den vier Mädchen aber natürlich einen Riesen- ihre ganz eigene Geschichte mit sehr starker spaß. Technisch und rhythmisch haben sie bei Ausdruckskraft. Bis das zweite Stück, eine Tele- diesem Stück einige Nüsse zu knacken, arbeiten mannfantasie, einen ähnlichen Ausdrucksgrad aber alle jeweils auch in ihrem Einzelunterricht erreicht hatte, verging eine im Verhältnis zu Ge- an dem Stück. Zwei von dem Quartett sind übri- sti ungleich längere Zeit. Es war, als hätte sie bei gens die „Jahrmarkt“-Komponistinnen. der Fantasie von Telemann einen Haufen Schranken im Kopf, von denen sich freizuspie- Solche Arrangements, wie auch Tango für Elise len ein schwieriger Prozess war. oder On the trail of the Pink Panther (beide ein-

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gerichtet von Paul Leenhouts) machen Jugend- der Vorstellung des Komponisten – warum soll lichen immer viel Spaß, ebenso ein „Renner“ wie ich dies nicht nutzen und davon lernen? Kadanza von W. W. van Nieuwkerk für Block- flötentrio. The Jogger von Dick Koomans Wie zuvor schon angeführt, bietet die neue Mu- (Quartett) ist auch ein heiteres, schwungvolles sik eine zusätzliche, sehr reiche Ausdruckspalet- und sehr wirkungsvolles Stück, technisch jedoch te. Bei den Ensemblestücken kommt das Ele- recht schwierig. Mit den beiden anderen Quar- ment der Interaktion der Spieler untereinander tetten (die Schüler sind ca. 15/16 Jahre alt) arbei- hinzu. Selbstverständlich agieren und kommu- te ich an Fulvio Caldinis Fade control, einem nizieren die Spieler auch bei Stücken der Alten rhythmisch recht kniffeligen Stück, das zu einem Musik miteinander; im Bereich der Neuen Mu- großen Teil mit dem Prinzip der minimal music sik jedoch ist vielfach Improvisation gefragt, oft arbeitet, sowie mit dem anderen Ensemble an integriert in fest strukturierte Passagen. Dies Black Intenton IV von Maki Ishii (eine gewisse allein ist schon etwas Neues und Spannendes. Verwandtschaft besteht zu Ishiis Black Intention Zusätzlich kann es darum gehen, von einer aus- für einen Blockflötenspieler). Dieses Stück wur- komponierten Passage zu einer improvisierten de übrigens von Schülern bei einem Bundes- zu gelangen und wieder zurück. Da geht es also wettbewerb Jugend musiziert uraufgeführt, ist innerhalb des Ensembles um Führung (einer technisch nicht allzu schwierig und somit für muss „dirigieren“), Punkte, an denen man sich Schüler gut spielbar. wieder trifft und vieles mehr – Kommunikation eben. Dies sind interessante und spannende Pro- Ich möchte an dieser Stelle jetzt nicht noch eine zesse. Ich will jedoch nicht verhehlen, dass es oft lange Liste von Stücken aufführen. Natürlich ein mühsamer Weg ist, bis man bei diesem Punkt stellt sich jedem Lehrer die Frage, wie moderne der Arbeit angelangt ist. Je nach technischem Stücke für Schüler zu finden sind. Da gibt es Schwierigkeitsgrad des Stückes dauert es eine prinzipiell zwei Möglichkeiten: hören oder ganze Weile, bis die Schüler ihre Stimme spielen selbst spielen. Glücklicherweise habe ich in mei- können und das Stück einigermaßen übereinan- ner Nähe einen fantastischen Musikalienhandel, der ist. Aber – die Arbeit lohnt sich und ist in je- der einen Katalog mit sämtlicher verfügbaren dem Falle eine große Bereicherung, für Schüler Blockflötenliteratur erstellt hat und bei dem ich und Lehrer. problemlos Ansichtssendungen bestellen kann. Ich bestelle also eine ganze Reihe moderner Stü- Dieser Artikel basiert auf dem Aufsatz Teaching New cke, die ich noch nicht kenne und spiele sie Music at All Levels of Recorder Playing, der in The Re- corder Education Journal, Nr. 9, 2003, einer Publikation durch, bzw. treffe mich mit meinen Kollegen, der ARTA (American Recorder Teachers Association) er- um Ensemblestücke auszuprobieren. Die Stü- schienen ist. o cke, die ich brauchen kann, kaufe ich, die ande- ren kann ich problemlos zurückgeben – das ist natürlich ein großartiger Service. Darüber hin- aus gibt es etliche CDs auf dem Markt, auf de- nen Solo- oder Ensembleliteratur eingespielt ist. GuidoBlockflötenbauer Hulsens Das ist von großem Nutzen, wenn keine Kolle- gen bereitstehen, um Ensembleliteratur zu tes- Raffi – Ganassi – Denner – ten. Auch können Tonträger eine große Hilfe Stanesby sein, wenn das Umsetzen des einen oder anderen Barockbass – Renaissance Details einer Partitur nicht ganz klar ist. Manche Konsort Ensembles, wie z. B. das Amsterdam Loeki Star- Beaubourg dust Quartet, arbeiten viel mit Komponisten, F-16330 Coulonges bzw. spielen deren Uraufführungen. Die Ein- 00 33 545 94 09 51 spielungen auf CD sind also oft wirklich nahe an [email protected]

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Annette Ziegenmeyer The Delayed Flute – Das Spiel mit dem eigenen Echo oder: Einfache Technik macht Spaß

Idee Die Idee für den gezielten Einsatz des Delay-Ef- bringen und dem Instrument ganz neue Aus- fekts in Improvisationen und Kompositionen drucksmöglichkeiten einzuräumen. Der geziel- entwickelte sich spontan beim Experimentieren te improvisatorisch-kompositorische Einsatz mit einem Multi-Effektgerät. Eigentlich auf der des Delay-Effektes in unterschiedlichen Ge - Suche nach einem schönen Hall-Effekt für das schwin dig keiten macht darüberhinaus die Spiel mit meiner Band Girl Talk, stieß ich beim Blockflöte als Soloinstrument in den unter- Durchprobieren der Effekte auf den sogenann- schiedlichsten polyphonen Klang struk turen ten Delay, eine Art Echoeffekt mit regelbarer einsetzbar und ermöglicht einen idealen Einstieg zeitlicher Verzögerung. Fasziniert von den sich in die Improvisation über die eigene Stimme. So mir plötzlich bietenden klanglich-rhythmischen kann bereits aus einer Improvisation mit Möglichkeiten, begann ich, mit meinem eigenen überschau barem Ton material (z. B. Pentatonik) Echo in den unterschiedlichsten Ge schwin dig - eine interessante Delay-Komposition er wach - keiten zu improvisieren. sen. Da r über hin aus trainiert der Delay-Effekt das Rhyth musgefühl bei Musikern allgemein: Aus diesem anfänglichen Ausprobieren ent - Die re gel mäßigen zeit lichen Verzögerungen ma- wickelten sich allmählich immer komplexere chen nicht nur me lo disch-rhythmische Einhei- und komplizierte Strukturen, woraus zunächst ten transparenter, sondern stellen ebenso eine einzelne Kompositionen entstanden, die ich spä- „imaginäre“ Rhythmusgruppe dar, die nie an ter zum Zyklus The Delayed Flute zusammen- Tempo verliert. stellte.

Der Einsatz der Blockflöte in Verbindung mit dem Annette Ziegenmeyer, ge- Delay-Effekt boren 1976, studierte Block- Der Delay, in unterschiedlichen Ge schwin - flöte an der Hochschule für digkeiten und mit verschiedenen Flöten (zeit- Musik und Theater Han- nover und schloss dort die weilig auch simultanes Spiel mehrerer Blockflö- Studiengänge „Schulmusik“, ten) eingesetzt, bewirkt zunächst eine in einem „Musikerziehung“ und definierten Zeitabstand verzögerte Widergabe „Künstlerische Ausbildung“ der gespielten Töne und erzeugt dadurch eine sowie ein Romanistikstudi- Überlagerung des soeben Erklungenen mit den um an der Universität Han- aufgezeichneten Blockflötentönen. nover ab. Inspiriert durch die Teilnahme an diversen Jazz- Die sich hieraus ergebende harmonische, ka non - workshops (z. B. bei Bobby McFerrin, Richie artige Struktur wird darüber hinaus von einer Beirach, Jimmy Cobb) gründete sie u. a. die Ensem- kom plexen Polyrhythmik überlagert, die durch bles Girl Talk und As Is. Sie war Preisträgerin ver- schiedener Wettbewerbe und erhielt vom Nieder- den intensiven Einsatz von perkussiven Zungen - sächsischen Ministerium für Wissenschaft und akzenten entsteht, so dass die Blockflöte hier Kultur ein einjähriges Kompositionsstipendium an Melodik, Harmonik und Rhythmik auf erstaun- der Cité Internationale des Arts in Paris. Seit Januar liche Art miteinander vereinigt. Der Delay- 2004 unterrichtet sie Blockflöte, Musiktheorie und Effekt ermöglicht es, die Blockflöte in einer kre- Gehörbildung am Conservatoire municipal de ativen und innovativen Weise zum Klingen zu Malakoff in Paris.

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So empfiehlt sich die Arbeit mit dem Delay-Ef- Oft wird mir gerade von Musikschullehrern die fekt nicht nur als künstlerisches Ausdrucksmit- Frage gestellt, ob sich die Anschaffung von sol- tel, sondern bietet auch aus pädagogischer Sicht chem Material lohnt, und darauf hingewiesen, viele Vorteile und erweitert das klassische Block- dass das Ganze in seiner Realisierung doch sehr flötenrepertoire um eine neue Klangdimension. aufwendig und kompliziert sei.

Ich kann diese Zweifel ganz klar zerstreuen und Bereits mit Anfängern lässt sich der Delay-Effekt gut alle Musiklehrer beruhigen. Zum einen gibt es einsetzen, er kann den Unterricht auf allen Stufen be- heute in fast jeder Musikschule einen Jazz- gleiten und ermöglicht auch professionellen Spielern Rock-Pop-Bereich, in dem Verstärker, Mikro- noch die Bereicherung ihrer Ausdrucksmittel. phone und Effektgeräte für Bands bereitstehen. Zum anderen eröffnet einem die Anschaffung einer technischen Grundausrüstung über das Spielen mit dem Delay-Effekt hinaus weitere Zum technischen Equipment Spiel- und Einsatzmöglichkeiten für die Block- Bereits eine sehr einfache technische Ausrüstung flöte. So kann die mit einem schönen Halleffekt genügt schon professionellen Ansprüchen. Man verstärkte Blockflöte mit der ihr eigenen spezi- sollte sich von den fremden Namen und Num- fischen Klanglichkeit in neuen Musikstilen (z. B. mern nicht abschrecken lassen, sondern beden - Jazz, Rock, Pop etc.) eingesetzt und so auch in ken, dass sich schon mit drei Geräten, die klein, Kombination mit anderen interessanten Instru- leicht zu transportieren, schnell miteinander zu menten wie z. B. E-Gitarre, Saxophon oder ver binden und leicht zu bedienen sind, der De- Schlagzeug gespielt werden. lay-Effekt realisieren lässt. Kinder haben in der Regel keine Angst vor Technik, son- Zur nötigen Ausrüstung für das Spiel mit Delay- dern gehen völlig frei und hemmungslos damit um. Effekt gehören ein Verstärker bzw. eine Aktiv- lautsprecherbox (z. B. Monitor Speaker MS-20S von Yamaha), ein Bodeneffekt- In meiner pädagogischen Arbeit habe ich immer bzw. Multi-Effekt- wieder die Erfahrung gemacht, dass alle Zweifel gerät (z. B. RFX und Ängste vor allem von Erwachsenen bzw. 300 von Zoom) klassisch ausgebildeten Musiklehrern selbst aus- und ein Mikro- gehen, die einen Umgang mit Technik nicht ge- phon (z. B. das wohnt sind und automatisch eigene Ängste und dynamische Ge - Probleme auf Schüler übertragen. sangs mikrophon SM-58 von Shure oder ein Clip-Kondensatormikro- Zur Herangehensweise phon von AKG). Wer sich nun das notwendige Equipment be- sorgt hat, sei es privat oder über die Mu sik - Wie jede Blockflöte bzw. jedes Musikinstrument schule, sollte sich zunächst durch reines Auspro - in Qualität und Preis sehr stark variieren kann, bieren und das Spielen von einfachen Motiven so ist auch die technische Grundausstattung zur mit dem neuen und zunächst sehr ungewohnten Realisierung der Delay-Stücke zu unterschied - Effekt vertraut machen. Es ist erstmal seltsam, lichen Preisen zu erwerben. Kauft man die drei wenn man sich um eine Achtel-, Viertel- oder benötigten Teile gebraucht oder ersteigert sie Halbe Note versetzt nochmals hört und dabei günstig über das Internet (z. B. bei eBay1), so gleichzeitig weiterspielen soll. Das Ausprobie- kann man zu sehr günstigen Bedingungen eine ren wird eventuell in eine längere Improvisation akzeptable Grundausstattung erwerben. münden, aus der sich dann wiederum be stimmte

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Probieren Sie den Am 19. Februar 2005 gebe ich in Zusammenarbeit mit Delay-Effekt der Firma MOECK und der selber aus! Kreismusikschule Celle einen Kurs über diese Technik.

Melden Sie sich an! (Weitere Infos s. Umschlagseiten innen)

Spielfiguren herauskristallisieren, die man auf- Im Laufe der Arbeit am Conservatoire de musi- schreiben und für Kompositionen verwenden que de Malakoff hat sich gezeigt, dass diese Art, kann. Durch das Setzen von harten Zungenatta- Musik zu machen, die Schüler wirklich begei- cken lassen sich komplexe rhythmi sche Struktu- stern kann. ren erzeugen, und das gleichzeitige Spiel auf 2 Blockflöten erweitert die harmoni sche Dimen- –––––––––––––– sion ungemein. ANMERKUNGEN 1 Vorgehensweise bei eBay: Einfach unter Musikinstru- mente Studioequipment Effektgeräte/Verstär ker oder Mikrophone schauen und sein Glück versuchen. So schwer diese Art des Musizierens zu be schreiben ist, Bei meiner Recherche habe ich z. B. folgende sehr güns - so einfach und schnell lässt sie sich in der Praxis erk- tige Angebote zusammengetragen: lären und erlernen – Korga 5 (Multi-Effektgerät) für 10,50 r – Sennheiser MD 431 II (dynam. Mikrophon) ab 6,00 r o

358 TIBIA 1/2005 Summaries for our English Readers

Hartmut Gerhold and performing are far greater. For professional Theobald Böhm´s alto flute in G – the stages of players it remains a problem that in ancient music, its development and emancipation in the flute amateurs often perform recorder parts although family this does the occasion no justice. In contemporary music on the other hand, the recorder has managed The ingenious inventor, Theobald Böhm, deve - to fully establish itself. To van Heerden, handling loped the modern alto flute in the 1850s. It was both instruments and playing them on a high level several decades before the alto flute gradually was forms a daily challenge. She is oboist and recorder assimilated into the orchestra. Since the 1950s, the player but considers herself primarily as musician. alto flute has won increasing importance as a solo and chamber music instrument. There now exists an international repertoire of about 1000 composi- Ute Deussen tions for it. In a historic context, two remarkable A report about teaching contemporary music developments in playing and making prece- with the recorder ded. 1. Between 1680 and 1830 – albeit with some differences between England, France and Germany Ute Deussen teaches the recorder at the music – the range of the flûte ordinaire was extended 1 1 school in Calw and incorporates contemporary in the lower register from d to c / bº, as we are music in her lessons right from the very beginn ing. familiar with from the Böhm flutes played inter - To start with she keeps blowing and finger techni- nationally today. 2. The flûte d’amour dating from ques apart. These are then gradually united at a la- the 18th and early 19th centuries, tuned a third ter stage. She fosters modern playing techniques lower, is without doubt the most important prede- during the entire beginner phase, for instance by cessor of the modern alto flute. means of illustrating a story. She makes literary re- ferences for contemporary music for all kinds of playing standards, ranging from beginners to ad- Joachim Rohmer vanced players. She also describes in great detail a Fred, Fred, and Fred again Fair-Music. Two of her pupils have composed this When Joachim Rohmer started on his career as a piece using merely a basic idea as point of departu- recorder maker in 1980, Fred Morgan was already re. There will always be some pupils who will re- a legend. For a long time Rohmer had been trying main feeling awkward about playing contempora- to unveil the secret of the Morgan-recorder. In this ry music. Others however indulge in it and can find essay he describes his initial disappointment and much personal and free expression. the unravelling of discoveries, which have lead to an assessment of Morgan’s lifelong achievements far from any legend. Annette Ziegenmeyer The Delayed Flute – At play with your own echo Carin van Heerden Two Instruments – a Dilemma? In the Delayed Flute a harmonic and canonical struc- ture resulting from an electronic delay device is su- During the Renaissance and Baroque period it was perimposed by complex , which are in- the custom to play two or more instruments. Today duced by intensive percussive slap-tongue accents. specializing in one instrument is normal. Carin van By employing these means the recorder can combine Heerden who masters the recorder and the oboe melody, harmony and rhythm. With simple learned to play both instruments as a child. The in- electronic devices such as a microphone, delay and a struments complement each other perfectly, the small amplifier one can achieve this effect for a recorder being at home in chamber music and the reasonable price. oboe covering the orchestra repertoire. While Annette Ziegenmeyer gives advice on suitable studying the recorder, students often become aware equipment, as well as some indications on prices and of the fact that by learning an additional instru- where to buy. She also gives some tips how to get ment, the opportunities for making music together acquainted with the new playing technique.

Translations: J. Whybrow

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International Congress of Recorder Orchestras (ICRO), 14. – 17. Oktober 2004 in Zeist (NL)

Zur Feier ihres 40-jährigen Jubiläums der Verfasser dieser Zeilen ist, Das Blockflöten- veranstalteten die Mitglieder des hol- consort Dortmund unter der Leitung von Diet - ländischen Blockflötenorchesters rich Schnabel, und der vor 4 Jahren gegründete Praetorius (Leiter: Norbert Kunst) mit großer Coro Monte Zavelli aus Brühl, Leitung: Hilde- Umsicht und enormem Engagement ein Veran- gard Zavelberg. staltungswochenende, und Reprä sentanten, Di- rigenten, Spieler und Lehrer aus verschiedenen Die offiziellen Abendkonzerte wurden von den Ländern trafen sich zu einem inten siven Aus- hervorragenden Ensembles The Royal Wind tausch über die Blockflöte und besonders über Music (Leiter: Paul Leenhouts) und dem Quar- das Thema Blockflö- tet New Generation tenorchester. (Andrea Gutt mann, Hannah Pape, Heide Es gab Kurse, einige Schwarz, Susanne mehr praktischer, Fröhlich) bestritten, andere mehr akade- während das mischer Natur, über Schluss konzert dem Aufführungspraxis Ensemble Praetorius und Repertoire Al- selbst gebührte: eine ter Musik, Klang audio-visuelle Be- und Techniken zeit- schwörung der Por- genössischer Musik, gy-und-Bess-Zeit unterschiedliche Ar- und -Geschichte, mit ten der Volksmusik Arrangements von sowie Swing- und Sousa-Märschen, Jazzarrangements. Ragtimestücken und Insgesamt waren es Songs der 1920er Norbert Kunst mit zwei Mitgliedern das Organisationsteams 47 Kurse, gehalten Foto: Jan Maarten Leentvaar Jahre, aufgeführt in von 20 Dozenten aus zeitgemäßen Kostü- den Niederlanden (12), den USA (3), Großbri- men, mit Erzähler, Bühnenszenerie, Lichteffek- tannien (2), Deutschland (2) und Venezuela (1). ten, Filmprojektion und Tanz.

Drei Orchester gaben Mittags- bzw. Nachmit- Zwischen den einzelnen Workshops gab es die tagskonzerte, das National Youth Recorder Or- Mög lichkeit, sich in der Ausstellung einiger chestra (NYRO, Großbritannien), dessen Leiter Block flötenhersteller und Verlage zu informieren. Colin Touchin Der internationale Zuschnitt und das ungewöhnliche Thema haben den Inter nationalen Kongress der Blockflötenorchester (ICRO) zu einer der herausragenden Veranstaltungen des letzten Jahres gemacht. Tibia lässt im folgenden verschiedene Teilnehmer zu Wort kommen, die ihre Erfahrungen beim Kongress mitteilen. Diese Berichte überschneiden sich natürlich in einigen Punkten, doch zeigt gerade der Facettenreichtum, der durch diese unterschiedlichen Sichtweisen entsteht, die Vielfältigkeit dieses außergewöhnlichen Kongresses.

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Colin Touchin (GB): „Undenkbar, dass so eine Veranstaltung vor unseren Toren stattgefunden hätte, ohne dass wir die britischen Errungenschaften vorgestellt hätten“

In unserem Konzert spielten wir Paul Clarks des Repertoires gerecht, sie spielten vorwiegend Variationen über Scarborough Fair, sein Arran- Musik des 16. und 17. Jh., zum Schluss aber eine gement von Farnabys Lady Zouche’s Maske, den wirkungsvolle Bearbeitung des Allegros aus jeweils ersten Satz aus Dennis Bamforths Bachs zweitem Brandenburgischen Konzert. Symphony No 1 und meiner Sinfonia Aquilonia, Obwohl sie den Wert einiger Arrangements in David Moses’ Rigs, Jigs and Reels und schließ- Frage stellten, gelang den Dortmunder Spielern lich Stan Davis’ Arrangement von Rossinis Die die eigene Bearbeitung ihres Dirigenten von Take Italienerin in Algier (im Beisein des Arran geurs). Five nicht durchweg überzeugend. Des Einhorns Wir wollten mit diesem Programm sowohl un- Anmut von Staeps war idiomatischer als Stück sere Vielseitigkeit als auch unsere Virtuosität und in der Realisation. Aber die anderen Stücke, beweisen und außerdem etwas von unserer spe- Allan Rosenhecks Impressionen aus New York zifisch britischen historisch gewachsenen Block- (1997) und Siegfried Raths Albumblätter II flötenszene zeigen. Und das ist uns auch gelun- (2001), haben auf mich keinen bleibenden Ein- gen. Das NYRO hat einen erheblichen Eindruck druck gemacht, trotz der begeisterten Ausfüh- auf die Delegierten des Kontinents gemacht, die rung durch das Ensemble. Tatsächlich waren vorher gedacht haben mögen, dass das Schicksal diese beiden Programme und die Porgy-und- der Blockflöte in England dem der Titanic nicht Bess-Aufführung vom Sonntag für britische unähnlich sei. Manch einer spitzte die Ohren „Blockflöten ohren“ kompositionell enttäu- und zog die Augenbrauen hoch wegen unseres schend. Vielleicht ist das Repertoire, das wir in viel stärkeren Einsatzes hoher Instrumente und den letzten 30 Jahren im Vereinigten Königreich der entsprechenden Arrangements sowie wegen geschaffen haben, einzigartig und charakteris- des hohen Anteils von Plastikblockflöten (in tisch (und natürlich sind wir voreingenommen!). Holland und Deutschland ein Greuel!). Aber wir haben den Wert unseres Konzepts bewiesen. Diskussionen über das Repertoire und nationale Jedes Land scheint unterschiedliche Vorstellun- Spielweisen, Instrumente und Was genau ist ein gen davon zu haben, was ein Block- flötenorchester sein kann und ma- chen darf.

Die Aufführungen der beiden deut- schen Orchester zeigten unter- schiedliche Stärken. Das Blockflö- tenconsort Dortmund1 unter der Leitung von Dietrich Schnabel und der Coro Monte Zavelli2 aus Brühl unter dem Dirigat von Hildegard Zavelberg bedienten sich einer Viel- zahl größerer Holzflöten zur Un- terstützung der Oberstimmen. Be- sonders der Klang der Spieler aus Brühl war sehr schön, und die rhythmische Artikulation und der Schwung des Ensembles wurden den musikalischen Erfordernissen Das National Youth Recorder Orchestra mit seinem Leiter Colin Touchin

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Blockflötenorchester? gab es abends spät in der und eine große Freude, Teil des 1. ICRO gewe- Bar des Konferenzzentrums, wo internationale sen zu sein, zumal das NYRO in bester Form Verbindungen hergestellt und gefeiert wurden. war. Undenkbar, dass so eine Veranstaltung vor Bei einem Arbeitstreffen der Dirigenten aller unseren Toren stattgefunden hätte, ohne dass anwesenden Länder zum Frühstück am Sonn- wir die britischen Errungenschaften vorgestellt tagmorgen wurde die Gründung einer inter - hätten und ohne wenigstens etwas von der be- nationalen Organisation von Komponisten, deutenden Musik vorgetragen zu haben, deren Dirigenten und Mitgliedern von Blockflöten - Geschichte beim Gründungsvater des Britischen orchestern rund um den Globus in Aussicht ge- Blockflötenorchesters, Dennis Bamforth, ihren stellt, und wahrscheinlich wird es 2006 wieder Anfang nahm. einen ICRO in Holland geben. Danach könnten andere Länder die Gastgeber ähnlicher Veran- –––––––––––––– staltungen sein. ANMERKUNGEN 1 gegründet 1994, ca. 35 von sonst 50 Mitgliedern spiel- ten Es ist ganz offensichtlich, dass wir alle viel von- 2 weniger Spieler, aber volltönender und vielleicht auch einander lernen können, und es war ein Privileg lauter

Dietrich Schnabel (D): „… eine bereichernde und motivierende Erfahrung, die eine faszinierende Zukunft in der internationalen Zusammenarbeit verschiedenster Blockflötenorchester verspricht.“

Geburtstagsparty, Dirigentenkongress oder na- alle neu entstehenden Probleme behielten die tionenübergreifendes Musizieren? Niemand Organisatoren dieses Gemisch an Vorstellungen wusste, was passieren würde, als das Block- und Erwartungen in der Hand und schafften für flötenorchester „Praetorius“ aus Anlass seines alle Besucher drei faszinierende und anregende 40-jährigen Bestehens zu ICRO, dem interna- Tage voller Erlebnisse, neuer Erfahrungen und tionalen Kongress für Blockflötenorchester in Ideen. Besonders beeindruckend war dabei die Zeist bei Utrecht einlud. Entsprechend ver- Kollegialität und der freundschaftliche Aus- wirrend war die Vorlaufphase mit Rückfragen, tausch unter allen Beteiligten. Reorganisation und personellen Umbesetzun- gen. Selbst noch während der Durchführung des In einem zeitlich recht enggepackten Raster ICRO wusste man nicht immer, wohin man zu konnte man über den ganzen Tag hinweg ver- welcher Uhrzeit gehen sollte, geschweige denn, schiedenste Workshops besuchen. Besonders in- was dort passieren würde. Auch die Dozenten formativ waren die beiden Seminare über das der Workshops ließen sich überraschen, ob sie Repertoire für Blockflötenorchester. Der New vor Spielern, Dirigenten oder Flötenbauern Yorker Dirigent Ken Andresen sprach über sprechen würden, oder mit ihnen musizieren seine Arbeitsweise, die der deutschen Vorstel- sollten. Dies alles machte jedoch gerade die lung von Ensemblearbeit nahe zu kommen spannende Atmosphäre des Kongresses aus, bei scheint und ließ gleichzeitig beschwingt und in- dem man immer das Gefühl hatte, an etwas spirierend einige Werke aus seinem Verlagspro- Neuem beteiligt sein zu dürfen. gramm (Polyphonic Publication) musizieren. Der britische Dirigent und Komponist Colin Eingeladen waren alle, die sich für das Thema Touchin sprach über die Entwicklung und die des orchestralen Musizierens mit Blockflöten in- aktuelle Situation der Kompositionspraxis in teressierten. Mit bewundernswerter Geduld, England und zeigte in der anschließenden Mu- Idealismus und blitzschnellen Reaktionen auf siziereinheit seine dirigentische Kunst an einem

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75-minütigen Parforceritt durch vier oder fünf Klangvolumen nicht abträglich ist und ob eine schwere, große Orchesterwerke. Gut für die auswendig spielende Gruppe von Musikern Spieler, die neue Literatur kennenlernen wollten, einem bis zur Ausdrucks losigkeit sparsamen weniger gut für die, die nicht mitkamen. Dirigat in einem reinen Renaissanceprogramm überhaupt noch fol- Am größten jedoch gen kann. Mir per- war die Vorfreude sönlich fehlte die darauf, andere mit reißende, humor- Blockflötenorchester volle Spielfreude bei den geplanten eines musikalisch ge- Präsentationen spie- nialen Paul Leen- len zu hören – wes - houts, wie er sie halb wir uns auch als früher mit dem Ams- Blockflötenconsort terdam Loeki Star- Dortmund an ge - dust Quartet immer meldet hatten. Vor bewiesen hatte. Und allem in Großbritan- wie sie übrigens auch nien und den Nieder- beim rundum phan- landen hat das Orche - tastischen Konzert sterspiel mit der Foto: Jan Maarten Leentvaar des jungen Quartet Blockflöte bekannt - New Generation lich eine lange Tradition, während es in Deutsch- im Konzert am folgenden Abend geboten land immer noch kaum öffentliche Beachtung wurde. In einem bunten Programm von Renais- findet. England mit seinen 9 großen Block- sance bis Moderne zeigten die vier tempera- flötenorchestern und über 50 SRP1-Gruppen, mentvollen energiestrotzenden Spielerinnen die regelmäßig proben, schickte sein Aus wahl - musikalischen Glanz und Begeisterung an orchester NYRO (National Youth Recorder Gestaltung und Interpretation auf technisch Orchestra), das britische Blockflötenpendant höchstem Niveau! zum deutschen Bundesjugendorchester. Brillant spielte der Dirigent Colin Touchin die Virtu- Außer NYRO waren leider nur noch zwei wei - osität seiner jungen, dennoch schon über lange tere Orchester zu ICRO angereist, um eine Jahre orchestererfahrenen Spieler aus und zeigte Präsentation zu spielen, ausgerechnet aus dem typische moderne britische Blockflötenmusik Land, in dem man international die wenigsten vom Feinsten. Die hochtönende Besetzung mit Blockflötenorchester vermutet hatte – aus vielen Sopranflöten und wenig großen Flöten Deutschland. Mit dem Blockflötenconsort Dort- war vielleicht etwas gewöhnungsbe dürftig und mund versuchten wir in den vorgegebenen 20 auch musikali sche Linienführung und Detail- Minuten eine möglichst große Vielfalt unseres freude in der Ausgestaltung mussten leider hin- Repertoires vorzustellen, von frühbarockem ter der De mon stration der technischen Fer- Doppelchor über klassische deutsche Ensem- tigkeiten zurücktreten. Trotzdem war die bleliteratur (Staeps) bis hin zu neuesten, für uns freudig-begeisterte Darbietung der jungen komponierten Werken. Wir haben versucht, als Spielerinnen und Spieler eine Wohltat für alle reines Laienensemble vor diesem erlesenen Zuhörer, die noch über das Konzert vom Vor- inter nationalen Publikum unsere Stärken wie abend nachdachten. Darüber, ob Paul Leenhouts Artikulation und Dynamik auszureizen, um Ensemble Royal Wind Music tatsächlich als wenigstens bei der musikalischen Gestaltung Blockflötenorchester anzusehen ist, oder ob es nicht gegen die großartigen anderen Orchester nicht doch perfekt gleichzeitig spielende Solisten abzufallen. Ich würde meinen, dies ist uns recht sind, ob eine absolut saubere Intonation dem erfreulich gelungen.

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mit Blockflöten als seriöse Arbeit anzuerken- nen, und eine Zusammenarbeit wagen. Es war schon erstaunlich, dass die beiden anwesenden deut schen Orchester bis ICRO noch nie von ein - ander gehört hatten. Wieviele Blockflöten or - chester mag es wohl noch in Deutschland geben? Einen Anfang haben wir gemacht, auf der Seite www.blockfloetenorchester.de werden wir ver- suchen, uns gegenseitig kennenzulernen. Viel - leicht findet bis ICRO 2006 auch in den deutschen Orchestern ein so intensiver Aus- tausch statt, wie er bei den briti schen gang und gäbe ist. Und vielleicht können sich dann auch bei uns mehr Menschen trauen, ein Konzert mit mehr als einer Blockflöte zu besuchen, ohne Angst vor einem grauenhaften Klangerlebnis haben zu müssen. Dann hätte ICRO seinen Sinn erfüllt – auch für uns deutsche Block- flötenspieler. Das andere deutsche Orchester, der Coro Monte Zavelli unter Leitung seiner Dirigentin Hilde- gard Zavelberg spielte sein Programm mit aus - –––––––––––– ANMERKUNG schließlich Alter Musik wundervoll durchdacht 1 Society of Recorder Players (SRP), britische Gesell- mit ausschwingenden musikalischen Linien sehr schaft für Blockflötenspieler mit einem regen „Vereins - vollmundig und tonschön. Es muss eine im- leben“. mense Arbeit gekostet haben, alle Spieler zu dem Punkt zu bringen, an dem Foto: Jan Maarten Leentvaar jeder von jedem Ton weiß, welche Bedeutung er inner- halb des Ge samt werks hat. Etwas schade war, dass die beiden mit wirkenden Sän- gerinnen bei dem hohen musikalischen Niveau des Orchesters nicht ganz mithalten konnten.

Insgesamt war ICRO eine bereichernde und moti - vie rende Erfahrung, die eine faszinierende Zukunft in der internationalen Zu - sam menarbeit ver schie - dens ter Blockflötenorches - ter verspricht. Viel leicht soll ten wir auch in Deutschland zu dem Punkt kommen, Orchesterarbeit

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Leslie Timmons (USA): „Die Blockflöte ist in ihrer Vielseitigkeit wirklich ein Juwel“

ICRO, der International Congress of Recorder eine kurze Einführung in dieses Instrument zu Orchestras, war der Höhepunkt meiner mehr- geben, selbst wenn sie es könnten. Auf dem Weg monatigen Studienreise in Europa. Als Flötistin zum ICRO musste ich bei kurzen Aufenthalten habe ich die Blockflöte durch die Solo- und En- in Großbritannien und den Niederlanden, wo sembleliteratur während meiner Studienkurse noch vor zwanzig Jahren die Blockflöte ein Pfei- kennengelernt. Angesichts ihrer langjährigen ler der Grundschulerziehung war, feststellen, Geschichte, wunderschöner und dennoch preis- dass die Blockflöte in der heutigen Schule prak- werter Instrumente und einem verlockenden tisch keine Rolle mehr spielt. In unserem „mo- Repertoire sollte man meinen, dass die Block- dernen“ Bildungssystem müssen sich diejenigen, flöte eine große Anziehungskraft auf ernsthafte die Blockflöte erlernen wollen, außerhalb der Musiker ausübt, aber leider gibt es weltweit we- Schulzeit selbst um einen Privatlehrer kümmern. nige Möglichkeiten, solistisch zu konzertieren, Manche haben das Glück, an einer Musikhoch- und noch weniger Solisten. Könnte das Block- schule unterrichtet zu werden und ein hohes flötenorchester eine Alternative sein? Mitte musikalisches und spieltechnisches Niveau zu Oktober 2004 reiste ich nach Zeist in die Nie- erlangen. Aber viele wechseln dann zu einem derlande, um mehr über das Thema Blockflö- „richtigen“ Orchesterblasinstrument, denn sie tenorchester zu erfahren. wissen, dass sie damit später viel mehr Möglich- keiten zum Musizieren haben, sei es professio- Als Lehrerin hat es mir immer Spaß gemacht, nell, sei es als Laie. Vielleicht könnten Blockflö- jungen Spielern die Blockflöte nahezubringen. tenorchester hier eine Lücke füllen? Wir beziehen sie beim Musizieren im Rahmen des Orff-Schulwerks gern ein, aber leider fehlt Ehre gebührt Norbert Kunst, dem künstlerischen den meisten Musikfachlehrern die Zeit, mehr als Leiter und Dirigenten des Holländischen Block- flötenorchesters Praetori- Foto: Jan Maarten Leentvaar us, das diesen Kongress anlässlich seines 40-jähri- gen Bestehens ins Leben rief. Er und sein Team ver- anstalteten einen bestens organisierten Kon gress, an dem Interessierte von bei- den Küsten Nordameri- kas, aus Großbritannien und vom europäischen Kontinent teilnahmen. Glück licherweise war Englisch die Konferenz- sprache, und die Hollän- der sprechen es tadellos, so dass jeder Kurs und jedes Konzert den vollen Nut- zen entfalten konnte.

Den Zielen der Konfe- renz gemäß wurden alle

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Konzerte von Blockflötenorchestern oder zu- Das Repertoire des Blockflötenconsorts Dort- mindest Ensembles bestritten, aber die Vielfalt mund umspannte Originalmusik von der Re- war verblüffend. Den Anfang machte Paul Leen- naissance bis zur Moderne, ausgeführt auf Block - houts, von dem man schon wegen seiner Ein- flöten aller Größen einschließlich 15 Groß- und spielungen mit dem berühmten Amsterdam 10 Subbässen. Die ca. 50 Erwachsenen trafen sich Loeki Stardust Quartet viel erwarten durfte. Er 1994 auf einem Kurs über geistliche Musik und spielte aber dieses Mal nicht selbst, sondern di- bilden nun das größte Blockflötenconsort rigierte (tanzte!) sein Ensemble The Royal Wind Deutschlands. Das Blockflötenorchester Coro Music durch ein ausgesuchtes Programm eng- Monte Zavelli stammt aus Brühl in Deutschland. lischer Renaissancemusik, das mit phantasti- Anders als in den anderen Orchestern spielen alle scher Spieltechnik und sicherem Stilgefühl vor- Mitglieder verschiedene Blockflöten und wech- getragen wurde, und zwar komplett auswendig. seln häufig die Stimmen. Ihr Programm bestand Die Broederkerk in Zeist gab den idealen Rah- überwiegend aus Musik des 16. bis 18. Jahrhun- men für das Konzert, und es war eine Freude, derts und setzte auch Gesangssolisten ein. diesen jungen Musikern zuzuhören und zuzu- schauen. Im Abschlusskonzert des Blockflötenorchesters Praetorius, einer Multimedia-Darbietung von Ein weiteres Galakonzert am selben Ort wurde Porgy and Bess mit Erzähler, Dia-Show, Tanz vom Quartet New Generation gegeben, jungen und Stummfilm sowie populären Melodien von Profis, die die Blockflöte mit zeitgenössischer Sousa bis , wurde mir klar, Musik zu einem hochwertigen modernen In- dass die Blockflöte in ihrer Vielseitigkeit wirk- strument machen. Das Publikum kam in einem lich ein Juwel ist. Ich verließ den ICRO (per Programmmix aus alter und moderner Musik in Fahrrad!) mit viel Stoff zum Nachdenken über den Genuss aller nur denkbaren Klänge, die man die Möglichkeiten, das Interesse an der Block- mit diesem Instrument produzieren kann. flöte wiederzuwecken. Die Verbindungen, die auf diesem Kongress hergestellt wurden, werden In Mittags- und Nachmittagskonzerten hatte weiterwirken und vielleicht endgültig das Image man die Gelegenheit, jede Art Blockflötenor- der Blockflöte als „Vorinstrument“ eines „rich- chester zu hören. Das National Youth Recorder tigen“ Instruments brechen helfen. Gerüchte be- Orchestra (NYRO) aus Großbritannien setzte sagen, dass der nächste ICRO 2006 in Leiden sich aus ca. 30 jungen Spielern zusammen und (NL) stattfinden soll. Angesichts des überwäl - ging aus einem Sommerkurs hervor. Das Pro- tigenden Erfolgs des diesjährigen Kongresses gramm bestand aus Arrangements und Kompo- sollte man daran denken, sich rechtzeitig anzu- sitionen u. a. seines Leiters Colin Touchin. melden.

Christian Bohny und Stefano Bragetti (Lehrer am Conservatorio della Svizzera Italiana, Lugano, CH): „Musizieren im Spannungsfeld von Qualitätsanspruch und den unterschiedlichen Möglichkeiten und Grenzen“

Das Blockflötenspiel ist im Tessin, außerhalb des eine breitere und besser qualifizierte Basis von Musikunterrichtes während der ersten drei Jahre Blockflötenspielern zu fördern. Die Teilnahme der Mittelschule, eine eher fragmentarische, in- am ICRO, mit seinem breiten Angebot an Kon- dividuelle Erscheinung und „Subkultur“. Es ist zerten und Vorführungen, Workshops zu Theo- unser Wunsch, als Lehrer am Conservatorio rie und Praxis, dem Markt mit Instrumenten und della Svizzera Italiana in Lugano, auch im Tessin Verlagserzeugnissen, den zu erwartenden Kon-

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takten und dem Austausch von Anregungen, dung von alter und zeitgenössischer Musik sorgte Ideen, Informationen, schien uns wie ein „Ruf für eine spannungsvolle Gegenüberstellung musi- aus dem gelobten Land“. kalischer Ausdrucksformen, unterstützt und dif- ferenziert durch das jeweils entsprechende Instru- Das große Angebot an Workshops zu den un- mentarium. Ein Konzert mit technischer Brillanz terschiedlichsten Themen um die Blockflöte und und hohem musikalisch-expressivem Können. das Ensemble-Spiel, die den Schwerpunkt des ICRO darstellten, waren stimulierend und anre- Das erste Blockflöten-Orchester-Konzert wurde gend. Die musikalischen Darbietungen und vom National Youth Recorder Orchestra unter Konzerte der unterschiedlichen Formationen der Leitung von Colin Touchin gegeben. Die sorgten für den Realitätsbezug. Sie waren ge- etwa 35 jungen Musiker und Musikerinnen (im prägt durch spezifische Eigenheiten, wie die per- Alter zwischen ca. 12 und 18 Jahren) spielten sonelle Zusammensetzung, Zielsetzung, Ar- mit Begeisterung. Das dynamische und wohl- beitsweise, stilistische klingende Spiel und Ausrichtung usw. Das der Schwung der Dar - über alle Unterschiede bietungen ließen über hinweg verbindende manch technischen Element waren die Mangel und gelegent- Spielfreude und das liche Intonationspro- Engagement für die bleme hinweghören. Sache. Die musikalisch-sti- listische Ausrichtung Den auf höchstem des vorgetragenen künstlerischem und Repertoires war un- technischem Niveau gewohnt und darf stehenden Konzerten wohl als sehr „bri- der ausgebildeten und tisch“ bezeichnet in Ausbildung stehen- werden. den Musiker standen die Vorträge der Ama- Im Blockflötenconsort teurformationen mit Foto: Jan Maarten Leentvaar Dortmund (etwa 40 ihren unterschiedlichen Prägungen ge gen über. Spieler unter der Leitung von Dietrich Schnabel) Die Beiträge wurden zu besten Beispielen für sind mehrere Generationen vereint. Die Darbie- das Musizieren im Spannungsfeld von Quali- tung führte durch Werke unterschiedlicher Stil- tätsanspruch und den unterschiedlichen Mög- richtungen und Epochen und zeichnete sich lichkeiten und Grenzen. durch klangliche Intensität aus, auch hier wurde enthusiastisch, wenn auch nicht immer homo- The Royal Wind Music (unter der Leitung von gen und ausgewogen musiziert. Paul Leenhouts) präsentierte eine faszinierende Form (das ganze Konzert wurde auswendig vor- Der Vortrag des Blockflötenorchesters Coro getragen) des immer wieder wechselnden Zu- Monte Zavelli, von Hildegard Zavelberg gelei- sammenspiels in höchst differenzierter musika- tet, erinnerte an den Klang und die Interpreta- lischer Gestaltung und Spieltechnik. So entstand tionsweise des Blockflötenspiels der sechziger ein dynamisches und spannendes Konzert auf Jahre. Die Musik aus dem 17. und 18. Jh. wurde höchstem Niveau. von den ca. 20 mit Begeisterung spielenden Mit- gliedern des Ensembles in homogener, klang- Ein starkes Konzerterlebnis wurde auch vom schöner Weise vorgetragen. Das Einbeziehen Quartet New Generation geboten. Die Verbin- von Gesang bereicherte das Klangspektrum.

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Der Ausklang des ICRO durch den Gastgeber, In schöner Umgebung unter besten Bedingun- das Blokfluitensemble Praetorius (Leitung Nor- gen und freundlich-freundschaftlicher Betreu- bert Kunst), erwies sich als multimediales Event. ung wurden bei diesem Kongress alle Hoffnun- In suggestiver Umgebung, zu Text und Film von gen und Erwartungen erfüllt. Zurück im Alltag Porgy und Bess spielte das Ensemble, gekleidet werden wir versuchen, einige der vielen Anre- im Charleston-Look, temperamentvoll und mit gungen hier im Tessin umzusetzen. trendigem Sound Arrangements von Werken, die jene Epoche musikalisch darstellen. Einige Trü- Grazie mille ai responsabili dell’ICRO. Ciao a bungen stimmungsmäßiger und technischer Na- presto. tur waren auch in diesem technisch und rhyth- misch anspruchsvollen Programm anzutreffen.

Coro Monte Zavelli (D): „Eine Reise ins Ungewisse“

„Eine Reise ins Ungewisse“, so dachten sicher Köpfe, und oft wurden ungeahnte Fähigkeiten viele Mitglieder des Brühler Blockflötenchores, entdeckt. als sie sich vor rund einem halben Jahr für diesen Kongress anmeldeten, immerhin wurden 250 Während des dreitägigen Kongresses präsentier- Teilnehmer aus aller Welt erwartet und große te jeder der teilnehmenden Flötenchöre ein ca. Namen standen auf der Dozentenliste. Anlass einstündiges Programm, bei den Brühlern war es für dieses Ereignis war das 40-jährige Bestehen eine Kombination aus alten englischen Tänzen des niederländischen Blockflötenorchesters und Liedern. Praetorius, welches unter seinem Leiter Norbert Kunst auch schon in Brühl zu hören war. An den Abenden gab es drei großartige Konzer- te. Das Ensemble The Royal Wind Music unter Kristallisiert an einigen Leitfiguren, wie Frans Leitung von Paul Leenhouts eröffnete das Festi- Brüggen, Marion Verbrüggen, Paul Leenhouts val mit instrumentalen Meisterwerken der engli- u. a., ist das Blockflötenspiel in den Niederlan- schen Renaissance, meisterlich vollständig aus- den am lebendigsten. Aber auch in England und wendig auf wohlklingenden Renaissance-Flöten Amerika nimmt die Popularität der Blockflöte vorgetragen. Das zweite Ensemble Quartet New zu. Wie sieht es nun in Deutschland aus? Neben Generation präsentierte sein Konzert Diverse & einigen Einzelteilnehmern haben zwei Ensem- Diagonal mit expressiver und ungewöhnlicher bles teilgenommen, das Blockflötenconsort Dort- Technik. Mit einem lockeren Programm March mund und der Coro Monte Zavelli aus Brühl. & Swing entführte das Blockflötenorchester Praetorius Leiden in die Welt der zwanziger In thematisch breitge fächerten Workshops mit Jahre und bot multimedial mit Tanz, Bild und insgesamt zwanzig Dozenten erfuhren die Flö- Sprache eine gelungene Geschichte von Porgy tisten viel Neues über Improvisationstechniken, and Bess. Renaissance-Musik, Pop und Swing, japanische oder romantische Musik. Man lernte, wie res- Besonderer Dank gilt den Organisatoren des Fes- pektlos die Briten einen Tango in eine mittel - tivals ICRO, Norbert Kunst und seinem Block- alterliche Trauermusik komponieren, wie man flötenorchester Praetorius Leiden. Mögen die den Ton beeinflussen kann und dass man durch- gewonnenen Erlebnisse und Erfahrungen zu wei- aus nicht immer oben in die Flöte hineinblasen teren internationalen Kontakten anregen! o muss. Bisweilen rauchten die Flöten und die

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Rahel Stoellger und Gerd Lünenbürger 1st European Recorder Performance Festival, Amsterdam, 29. – 31. Oktober 2004

Nach dem erfolgreichen ersten Annual meeting scher Kammermusik zu präsentieren, jungen mit Konzerten und Workshops, das der Euro- Musikern ein Podium für ihre vielfältigen Akti- pean Recorder Players Club bereits 2002 in Es- vitäten zu bieten und schließlich Konzertorte sen durchführte, lud in diesem Jahr die nieder- von besonderer kultureller Bedeutung zu wäh- ländische Sektion des Clubs (ERPS-NL) zu len, die dem Repertoire, aber auch dem künstle- einem europäischen Recorder Performance Fes- rischen Anliegen der Ausführenden in idealer tival nach Amsterdam. Mit dieser Initiative wur- und oft ungewöhnlicher Weise gerecht werden de nicht nur auf die Rolle Amsterdams in der sollten. Die aus zahlreichen europäischen Län- jüngeren Blockflötengeschichte Bezug genom- dern angereisten Besucher waren also ebenso men, sondern auch auf die Bedeutung, die die wie das heimische Publikum eingeladen, den Stadt als Hochburg des Blasinstrumentenbaus Musikern zu so verschiedenen Orten wie einer im späten 17. und 18. Jahrhundert innehatte. Zu- ehemaligen Schiffswerft, einem Schwimmbad, gleich spiegelte sich im Programm des Festivals dem Amsterdamer Planetarium, dem Bachzaal auch etwas von den Berührungen zwischen eu- des Konservatoriums und der altehrwürdigen ropäischen und außereuropäischen Traditionen Noorderkerk zu folgen. wieder, die für das heutige niederländische Musik leben charakteristisch sind. Entsprechend vielfältig waren die Erwartungen des Publikums. Fragen nach dem Zusammen- Das Organisationsteam des Festivals (bestehend wirken von Raum und Musik beherrschten die aus Paul Leenhouts, Susanna Borsch, Erik Bos- Gespräche in diesen drei Tagen immer wieder: graaf, Susanne Fröhlich, María Martínez Ayerza Was zeichnet einen Raum – ganz abgesehen von und zahlreichen Helfern und Helferinnen aus seinen akustischen Bedingungen – als Hör-Ort dem Umfeld des Amsterdamer Konservatori- aus? Welchen historischen, sozialen, geistigen ums) hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die oder künstlerischen Subtext transportiert er? Blockflöte im Kontext vor allem zeitgenössi- Welche Assoziationen löst er in Hörern und

Gerd Lünenbürger (geb. 1958) studierte Blockflöte in Nürnberg, Wien und Amsterdam. 1991 übernahm er eine Professur an der Hochschule der Künste Berlin. Einen wesentli- chen Teil seiner Arbeit widmet er Neuer Musik. Er ist Mitbegründer der Werkstatt für zeit- genössische Musik Biel (CH) und studierte 1994/95 im Rahmen eines Sabbaticals am Cen- ter for New Music and Audio Technologies in Berkeley (USA). Darüber hinaus unterrichtet er regelmäßig auf Kursen in Italien, Deutschland und der Schweiz.

Rahel Stoellger studierte an der Musikhochschule Münster und bei Walter van Hauwe am Sweelinck-Conservatorium Amsterdam, wo sie 1990 das Konzertexamen ablegte. Es folgten weiterführen- de Studien bei Kees Boeke und Pedro Memmelsdorff. Als Mitglied verschiedener Ensem- bles und mit der 1992 von ihr gegründeten Gruppe Badinerie konzertierte sie in Europa und Taiwan. Rundfunk- und CD-Aufnahmen in der Reihe ORF-Edition Alte Musik und bei carpe diem, Berlin. Rahel Stoellger unterrichtet an der Universität für Musik Wien Blockflöte und Didaktik, außerdem gibt sie Workshops, z. B. bei den Tagen Alter Musik in Pöllau/Steiermark, an den Konservatorien Klagenfurt, Graz, Wiener Neustadt, am In- stitut für Musikerziehung Bozen und in Taiwan

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Spielern aus, in welche Gestimmtheit versetzt er Brouwer). Das Stück bewegt sich zwischen dy- sie? Wie beeinflusst sein ursprünglicher Zweck namischer Aggressivität, leiser Melancholie und die musikalische Kommunikation zwischen den liebevoller Ironie, vereint gekonnt theatralische Ausführenden und dem Publikum? Die folgen- und improvisatorische Elemente zu einer beina- den Zeilen versuchen, einige Eindrücke zu die- he zärtlichen Hommage an diesen Ort und an sen Fragen zu sammeln; zugleich hoffen wir, die mit seiner Geschichte verwobenen Schick - dass es uns gelingt, ein wenig von der gelösten, sale. Im Gegensatz dazu zielt aN oy des Mexika - kreativen Atmosphäre dieser drei Tage noch ein- ners Carlos Iturralde eher auf eine emotionale mal aufleben lassen. Innenschau ab. Die extremen stimmlichen und atemtechnischen Aktionen, die Iturralde der So- Die in einem ehemaligen Hafengelände nördlich pranistin des Ensembles (Elise Caluwaerts) ab- des Amsterdamer Stadtgebiets gelegene Dock- verlangt, werden überlagert und potenziert landshal, in der das Eröffnungskonzert des Fes- durch die Klänge von Violine (Barbara Lüne- tivals stattfand, war früher ein Produktionsort burg), Blockflöten (Susanne Fröhlich), Schlag- der Niederländischen Dock- und Schiffsbau- zeug (Claire Edwardes) und Live-Elektronik Gesellschaft. Nach 130-jähriger Blütezeit geriet (Carlos Iturralde). Die Komposition ist von ho- der Betrieb in den 1980er Jahren zunehmend in hem klanglichem Reiz und teilweise schmerz- den Strudel wirtschaftlichen Niedergangs und hafter Intensität. Ihr Gefühlsspektrum schwankt musste schließlich Konkurs anmelden – ein von zwischen Hysterie und Schwäche und bewegt der Öffentlichkeit damals wenig wahrgenom- sich in einer Atmosphäre von Intimität und Ver- menes Drama, durch das Hunderte von Werft- letzlichkeit, die durch die kalte Leere der gigan- arbeitern ihre Lebensgrundlage verloren. Seit tischen Halle noch verstärkt wurde. 1999 wird das Areal in ein Gelände für kulturel- le Aktivitäten verschiedenster Art umgewandelt, Den ausgeprägtesten theatralischen Anspruch einen Begegnungsort für Theater, Film, Musik, vertritt an diesem Abend die Performance Men- bildende Kunst, Handwerk und zahlreiche sa secunda, die in Zusammenarbeit des Kompo- Kleinunternehmen. Die Docklandshal überwäl- nisten Roderik de Man mit dem Blockflötisten tigt den Besucher durch ihre geradezu erdrü- Jorge Isaac sowie mit Choreographen und Vi- ckenden Ausmaße: ein 6000 Quadratmeter gro- deo-Künstlern entstand. Das Werk kreist um die ßer Raum, spärlich strukturiert durch einige Themen Obsessivität und Verlangen, inspiriert Stahlträger, kahl und beinahe feindlich. Irgend- durch die Person des römischen Kochkünstlers wo in dieser Leere entdeckt man schließlich eine Apicius, der auf der fanatischen Suche nach dem kleine Zuschauertribüne, einige Stuhlreihen, ein perfekten Rezept sich selbst verzehrte. Isaac prä- Baugerüst, eine Projektionswand. Das Wissen sentiert an diesem Abend eine reduzierte, hoch- um die Geschichte des Orts, das Fehlen der ehe- virtuose Version des Werks für Zuspielband, maligen Fertigungsanlagen, die Dimensionen einen (schauspielernden) Blockflötisten, Live- des Raums und seine bedrohliche Kahlheit – all Elektronik und Videoprojektion, die ihren Zu- das erzeugt zunächst ein Gefühl des Ausgelie- sammenhalt nicht nur aus den visuellen Antei- fertseins und des Verschwindens, das die entlas- len, sondern auch aus der klaren Gerichtetheit senen Werftarbeiter vermutlich in ungleich exis- der Musik bezieht und die noch einmal auf die tentiellerer Weise erfahren mussten und auf das Werkstattqualität des Raumes Bezug nimmt. die erste Komposition des Abends ausdrücklich Bezug nimmt. Hammerfest von Anke Brouwer Der zweite Festivaltag begann mit zwei Refera- integriert Klänge von gesägtem und gehämmer- ten im Bachzaal des Amsterdamer Konservato- tem Metall in eine immer durchsichtiger wer- riums. Sehr interessant und didaktisch hervorra- dende Partitur für third flute (Paul Leenhouts), gend aufbereitet war der Vortrag von Adrian E-Gitarre (Timuçin Sahin), industrial percussion Brown, in dem er den Mythos der „Ganassi- (Martin Lincoln) und Live-Elektronik (Anke Flöte“ widerlegte. Das Instrument im Wiener

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Kunsthistorischen Museum, das immer als der aber auch neue künstlerische Herausforderun- Prototyp eines Solo-Instruments angesehen gen zu suchen und anzunehmen, die das her- wurde, (kopiert 1975 als erstes von Fred Mor- kömmliche Bild des Musikers als Spezialisten für gan), ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Teil eines … hinter sich lassen. Reanimate the artist in Consorts. Hinweis dafür ist u. a. ein erhaltenes yourself! lautete eine der Aufforderungen, mit Etui, das auf der Innenseite des Deckels den glei- denen er seine thematisch weitgefassten Ausfüh- chen Stempel aufweist wie die besagte g-Alt Flö- rungen beschloss. te, und in das zwei g-Alt-, eine Tenor- und eine Bassblockflöte hineinpassen. Diskutiert wurde Splash! Ein wunderschön renoviertes Jugend- allerdings die Frage, wie sich ein Diskant-In- stil-Schwimmbad – einige Besucher ziehen ihre strument mit einer weiten Bohrung und dem da- Bahnen im Wasser, Kinder springen vom durch kräftigeren Ton klanglich in ein Consort Sprungbrett, rufen, lachen. Oben, auf der Em- eingepasst hat. pore, wo sich auch die Umkleidekabinen befin- den, hat sich schon das Praetorius Recorder En- In seinem What’s next? überschriebenen Referat semble (Leiden) unter der Leitung von Norbert setzte sich Walter van Hauwe mit den möglichen Kunst postiert, zwanzig Spielerinnen und Spie- Zukunftsperspektiven für Blockflötenspieler ler mit Bass- und Großbassblockflöten. Plötz- und -lehrer auseinander, nicht ohne zunächst ei- lich höre ich einige Sopraninoblockflötentöne, ne kritische Bestandsaufnahme der jüngeren Ge- sie kommen aus den verschiedenen Ecken des schichte des Instruments zu geben, wobei er sich Bades und konkurrieren mit den schrillen Rufen bewusst für eine auf Amsterdamer Erfahrungen der Kinder. Ich bin unsicher, ob das Event schon beruhende Sicht der Dinge entschied. Nach dem begonnen hat, da setzt die Gruppe mit den Bass- Boom der Professionalisierung in den 1980er blockflöten ein. Gespielt wird Paul Leenhouts Jahren stehen Blockflötisten heute vor der Komposition Baden Baden Das, immer wieder Situation , dass ihr Instrument im Alte-Musik- unterbrochen von Merlin Twaalfhovens Werk Betrieb weitgehend auf die Rolle eines Neben- Vogels für 12 Ausführende mit Sopranino- und instruments der Holzbläserfamilie zurückge- Garkleinblockflöten. Es dauert eine Weile, bis drängt wird (nicht unähnlich seiner Funktion im ich verstehe, dass beide Werke simultan aufge- 18. Jahrhundert). Zugleich verfügen sie zwar führt werden. Der Lärm der Badegäste überla- über ein hochinteressantes und enorm ange- gert leider die Musik, ein wirkliches Zuhören wachsenes Repertoire Neuer Musik, erreichen wird so verhindert, schade – oder ist es vielleicht damit aber häufig nur Randbereiche des Publi- so gewollt? Zu erkennen sind Jazz-Elemente in kums. Parallel dazu verstärkt sich der politische Paul Leenhouts Werk, dessen einzelne Ab- und soziologische Druck auf Kulturveranstalter schnitte fortgesetzt wiederholt werden und in und Bildungsinstitutionen, einerseits mit immer dem weder Anfang noch Ende klar definiert geringeren finanziellen Ressourcen auszukom- sind. In der Programmbeschreibung lese ich, es men, sich andererseits aber neuen musikalischen könnte verglichen werden mit einem „Sound- Einflüssen und Bedürfnissen zu öffnen, die be- track für einen Film, in dessen letzter Szene ein sonders im multikulturellen Umfeld europäi- Öltanker sinkt und der Kapitän erst als letzter scher Großstädte virulent werden. Wie können das Schiff verlassen darf“. Paul Leenhouts zwei- konzertierend und pädagogisch aktive Blockflö- te Komposition Reflections in Green T-Y-Light tisten sich diesem Wandel stellen und in ihm ma- für Recorder-Nonett wurde schon 1998 für ein teriell und künstlerisch überleben, ohne ihre Konzert im Nemo-Gebäude komponiert. Die Identität zu verlieren? Walter van Hauwe plä- Musik soll die verschiedenen Eindrücke und Bil- diert für eine doppelte Strategie: sich seiner eige- der reflektieren, die sich einem Betrachter bie- nen Geschichte bewußter zu sein (und das bein- ten, der bei Nacht vom Dach dieses von Wasser haltet gerade auch die ambivalente Geschichte umgebenen, einem riesigen Schiffskorpus glei- der Blockflöte im 20. Jahrhundert), zugleich chenden Gebäudes schaut.

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Bedeutung Amsterdams im 17. und 18. Jahrhun- dert verstanden werden, als Rückbesinnung auf eine Epoche, in der die Stadt aufgrund des öko- nomischen Wachstums während des „Goldenen Zeitalters“ auch zu einem Zentrum des Musik- drucks und des Instrumentenbaus wurde und zugleich zahlreichen reisenden Komponisten und Virtuosen als Brückenkopf zwischen Eng- land und dem Kontinent diente. Vor diesem Hintergrund war es durchaus konsequent, für das Konzert englisches (bzw. englisch-konti- nentales) Repertoire auszuwählen. Die erste Programmhälfte war Trio- und Solosonaten Händels gewidmet – Kompositionen in einem italianisierenden Stil, die in England vermarktet wurden und deren Publikationsgeschichte ne- benbei auch die Konkurrenz der Verlagshäuser Walsh (London) und Roger (Amsterdam) spie- gelt. Die Aufführung durch Clémence Comte (Blockflöte), Igor Roughadze (Violine), Maaike Boekholt (Gambe) und Siebe Henstra (Cemba- lo) litt ein wenig unter dem zu ästhetisierenden Zugriff, mit dem das Ensemble zwar die melodi- sche Oberfläche der Musik sorgsam pflegte, ih- re wunderbare Beredtheit jedoch oft außer Acht ließ. Ganz anders der Eindruck, den der zweite Teil des Konzerts hinterließ. Das Ensemble The Royal Wind Music – bestehend aus zwölf Stu- Für die Hot Summernights in Autumn von Chiel dierenden des Amsterdamer Konservatoriums Meijering stellen sich die Spielerinnen direkt am unter der Leitung von Paul Leenhouts – prä- Schwimmbecken auf. Außer 20 Sopranino- sentierte ein Programm mit englischer Consort- blockflöten spielen noch eine Oboe und Cem- musik der Hoch- und Spätrenaissance und stell- balo als Soloinstrumente mit. Der Titel spiegelt te damit nebenbei auch eine Verbindung zur wohl die ursprüngliche Einstellung des Kompo- Entstehungszeit der Noorderkerk her. Der Es- nisten zur Blockflöte wieder: „Ich habe nie damit prit, mit dem diese Gruppe musiziert, ließ ver- gerechnet, für dieses Instrument zu schreiben, mutlich niemanden im Publikum unberührt: in genauso wenig wie man eine heiße Sommernacht absoluter musikalischer und technischer Über- im Herbst erwartet …“ Leider geht jedoch auch einstimmung, bei völliger Klarheit der tiefen dieses Stück im Lärm unter. So bleibt insgesamt Flöten und hervorragender Klangführung in den ein etwas unbefriedigender Eindruck und die hohen Instrumenten, mit farbiger Artikulation Neugier, die Kompositionen dieses Nachmittags und in vollkommener Identifikation mit den ex- einmal in ruhigerer (aber vielleicht ähnlich sug- pressiven Qualitäten der Satzstruktur ließ die gestiver) Umgebung zu hören. Gruppe unter dem sparsamen Dirigat von Paul Leenhouts im Nu eine eigene musikalische Welt Für das Konzert am Samstagabend pilgerte das entstehen. Royal Wind arbeitet in den meist 5- Publikum in die am Rand des Jordaan-Viertels oder 6-stimmigen Kompositionen mit unter- gelegene Noorderkerk. Die Wahl dieses Kon- schiedlichen Stimmverdoppelungen in 41-, 81- zertorts konnte als Referenz an die kulturelle und 161-Lage und setzt damit eine Anweisung

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Marin Mersennes um, der in seiner Harmonie Oberstimme und Bordun entsteht ein span- Universelle für Blockflötenconsorts eine Kom- nungsvoller Dialog: die sich fortspinnende Me- bination der Register „entsprechend dem großen lodie wird gefärbt von den Intervallen, die zwi- und dem kleinen Register einer Orgel“ be- schen Ober- und Unterstimme entstehen. Nach schreibt. Die klanglichen Resultate sind verblüf- einer Weile setzt eine Tabla (Heiko Dijker) ein, fend, hinsichtlich der Klangfülle ebenso wie in und die Blockflötistin wechselt zum Duduk – ei- Bezug auf die Transparenz der Stimmführung nem armenischen Rohrblattinstrument, das an und die Verräumlichung des Klangbilds, und sie ein warm klingendes Saxophon erinnert. Der sind nicht zuletzt ein Ergebnis der engen letzte Teil wird wieder von der Blockflöte über- Zusammen arbeit des Ensembles mit der Block- nommen und steigert sich in immer schneller flötenbauerin Adriana Breukink, aus deren werdendem Tempo bis zum Schluss: „Das Stück Werkstatt das hervorragende Instrumentarium Shalako formt eine Synthese aus südindischer stammt. klassischer Tradition, armenisch-arabischen Einflüssen und dem modernen Klangspektrum Wer nach den vielfältigen Eindrücken noch ge- zeitgenössischer Musik. Shalako ist ein stolzer nügend Kondition besaß, fand sich am Samstag armenischer Tanz, der die Ausführenden zur kurz vor Mitternacht zum Late-Night-Special Ekstase treibt und in einen Zustand der Trance im Planetarium des Amsterdamer Zoos Artis ein, führt“ (Chander Sardjoe). Die Suggestivität des um Bassblockflötenimprovisationen von Lau- Werks war nicht zuletzt der dynamisch und rens Tan zu hören, gefolgt von Chander Sard- klanglich fein nuancierten, mühelos wirkenden joes Komposition Shalako für Blockflöte und Ausführung Raphaela Danksagmüllers zuzu- Duduk/Tabla. Das Licht in der Kuppel über uns schreiben, die mit ihrem expressiven Spiel die wird erst rot, dann blau, erste Sterne scheinen am Zuhörer bezauberte. Und: dieses Konzert war Himmel auf, dann immer mehr, bis es schließlich zweifellos eine sehr gelungene Verbindung von dunkel wird und die Musik einsetzt. Man kann Raum und Musik. sich im Sessel bequem zurücklehnen, die Stim- mung genießen und sich von der Musik davon- Das Programm des offenen Podiums am Sonn- tragen lassen. Laurens Tan improvisiert minimal tagvormittag war zeitgenössischen Ensemble- music auf der Bassblockflöte, die zeitweise werken gewidmet, gespielt durch Studierende klingt, als würde sie von zwei Spielern ausge- des Amsterdamer Konservatoriums. Die Sopra- führt: sich wiederholende Motive in der unteren nistin Harma Everts und die Blockflötistinnen Lage, durchbrochen von hohen Tönen oder Ak- Stephanie Brandt und María Martínez Ayerza korden, das Ganze in einem fortlaufenden präsentierten eine engagierte, sehr gut ausgehör- rhythmischen Fluss, der Endlosigkeit suggeriert. te Wiedergabe des Terzo congegno del sole pas- Eine kurze Pause und weiter geht es, im gleichen sante (Dritter Mechanismus der vorüberziehen- Stil zwar, aber mit anderem musikalischen Ma- den Sonne) von Gabriele Manca. Der Titel des terial. Noch einige dieser kurzen Improvisatio- Werks spielt auf eine Bühnenmaschine am Hofe nen folgen – das Ganze könnte als ein Kaleidos- der Medici an, eine mechanische Sonne, deren kop von Klängen und Stimmungen bezeichnet Funktion es war, den Ablauf der Zeit zu veran- werden. Der Spieler wandert im Kreis, der Klang schaulichen. In den sprunghaften Wechseln zwi- kommt somit von verschiedenen Seiten, die schen extrem unterschiedlichen Klangebenen er- Dunkelheit und Weite des Sternenhimmels ver- hebt Manca das Verhältnis von wirklicher und setzt die Hörer in einen unbegrenzten Raum. empfundener Zeit zum Thema seiner Komposi- Dann, nach einer kurzen Pause – es wird zwi- tion. Third Ear Deaf, für Blockflöte und Sho schendurch wieder hell – erleben wir den zwei- komponiert von Keiko Harada, baut auf zwei ten Sonnenuntergang, und eine Altblockflöte zentralen ästhetischen Prinzipien in japanischer (Raphaela Danksagmüller) scheint zu einem ge- Kunst und Musik auf: Naru und Ma, zu über- strichenen Bordun zu improvisieren. Zwischen setzen in Werden und Raum bzw. Zeit. Ma

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könnte als Maß des künstlerischen Ausdrucks mischter Ensemblebesetzungen präsentierte. verstanden werden, aber auch als der Raum zwi- Das AXYZ-Ensemble, das den ersten Teil des schen Spieler und Hörer. Rhythmische Figuren, Abschlusskonzerts bestritt, setzt sich aus einer Stille und „sound events“ machen den Charak- Vokalistin, zwölf Spielern moderner und histo- ter dieses Stückes aus. Arwieke Glas und Naomi rischer Instrumente sowie einem Dirigenten (Jos Sato boten eine berührende und spannungsvolle Zwaanenburg) zusammen. Die Gruppe befasst Interpretation dar. In der Improvisation Percus- sich mit Neuer Musik, die ihre strukturbilden- sio für Paetzold-c-Bass beschränkte sich Hester den Elemente aus außereuropäischen oder im Groenleer auf drei Ebenen perkussiver Klänge europäischen Kontext an den Rand gedrängten und deren Interaktion: Zungentätigkeit, Klap- Musikkulturen ableitet. Im Programm des pengeräusche und den akustischen Innenraum AXYZ-Ensembles ging Stevan Tickmayers Zy- des Instruments (in Resonanz versetzt mit Hilfe klus Revisited Paths vielleicht am explizitesten eines Schlägels). Faszinierend waren diese Ein- auf dieses Anliegen ein. Die farbigen, span- fachheit der Mittel und die Spannung, die die nungsvollen kurzen Sätze beziehen ihre struktu- Spielerin – sozusagen im Dialog mit sich selbst – rellen Grundlagen aus wenig bekannten musika- aufbaute. Agnes Dorwarths Komposition Arti- lischen Traditionen Bulgariens und Istriens und culator III spielt im Titel auf das Action-Movie sind in ihrer drängenden, spielerischen Komple- Terminator III an. Im Film werden Fäuste und xität weit von jeglicher World-Music-Gefällig- ausgeklügelte Waffen benutzt, in der Komposi- keit entfernt. Das Werk Fantasia der Komponis- tion werden stattdessen Zunge und Blasinstru- tin Jasna Velickovic collagiert über einem ment eingesetzt. Beides hilft, „musikalische „Bildgrund“ aus Vokal- und Holzbläserklängen Schlachten“ zu gewinnen. Die Partitur verlangt in assoziativer Folge Fetzen aus verschiedensten von den Spielern alle Arten von Artikulation Musikstilen zwischen „leichter“ und „klassi- und Klangeffekten, einschließlich Flüstern, Sin- scher“ Musik, unterläuft aber deren Eingängig- gen, Schreien und Gurren. Die Mitglieder des keit immer wieder durch raffinierte Überlage- Trios L’Art du Bois (Verena Fütterer, Margret rungen und sparsame Verfremdungen. Martijn Görner und Lena Hanisch) lieferten eine unter- Voorvelt verfolgt in seiner Komposition War haltsame, brillante und sehr witzige Ausfüh- Parts ein Programm der Fragmentierung und des rung, die dem theatralischen Anspruch des Kommunikationszerfalls, das sich in seiner Stücks voll gerecht wurde. Grundidee an das u. a. bei Kriegsveteranen auf- tretende Multiple-Persönlichkeits-Syndrom an- Die Kunsttheorie des 20. Jahrhunderts formu- lehnt. Das Werk vermittelt den Eindruck, aus lierte für das Museum als Ort ästhetischer Er- vier verschiedenen Stücken zusammengesetzt zu fahrung das Ideal des white cube, des neutralen, sein, die einander überlappen und sich allmäh- weißen Raums, der die Konzentration des Besu- lich gegenseitig auslöschen, wobei dieser Vor- chers vollständig auf die Betrachtung des Kunst- gang auch groteske oder komische szenische werks lenkt, ohne ihn mit zusätzlichen ortsbe- Elemente einschließt. Den drei Kompositionen zogenen Informationen oder Suggestionen zu ist der weitgehende Verzicht auf avancierte konfrontieren. Der aus den 30er Jahren stam- Spieltechniken gemeinsam; die klanglich hete- mende Bachzaal des Konservatoriums vermittelt rogenen Instrumente werden hier nicht durch etwas von dieser zurückgenommenen Objekti- Verfremdungen einander angenähert und bis zur vität: ein schmuckloser Raum, eine „Schuh- Unkenntlichkeit vermischt, sondern entweder schachtel“, deren hervorragende Akustik den in „reinen Farben“ gegenübergestellt oder unter Klang auch noch in seinen Details trägt – ein Ausnutzung ihres „normalen“ Klangs als Kom- idealer Raum also, um auch komplexe musikali- binationsregister geführt. Die Blockflöte findet sche Strukturen durchhörbar zu machen, und sich in der Rolle eines klassischen Orchesterin- insofern besonders geeignet für das Schlusskon- struments wieder, und in dieser „integrierten“ zert, das die Blockflöte im Kontext großer ge- Funktion wurde sie von Susanna Borsch auch

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präzise und mit selbstverständlicher Virtuosität nem Team für die Konzeption und Durchfüh- gehandhabt. rung dieses Festivals ganz herzlich zu danken.

Eine eher „konfrontative“ Annäherungsweise Auf die nächste Veranstaltung der ERPS (Euro- prägte dagegen das abschließende Doppelkon- pean Recorder Players Society) im Jahr 2006 in zert für zwei Blockflöten und Kammerensemble Wien, die sich unter dem Titel 3. Recorder Play- (bestehend aus Streichquartett, Piccolo, Oboe, ers Biennale präsentieren wird, darf man ge- Klarinette, Trompete, Posaune, Klavier und spannt sein. Schlagzeug) des jungen Niederländers Matijs de Roo. Die äußerst dynamische Komposition mit P.S.: Es bleibt den Chronisten noch die Aufga- dem Titel Zu zweien stellt die beiden oft sehr eng be, kurz von den weiteren Perspektiven des Eu- geführten Blockflötenstimmen (gespielt durch ropean Recorder Players Club zu berichten, der María Martínez Ayerza und Erik Bosgraaf) den am Rande des Festivalgeschehens seine Mitglie- anderen Instrumentalgruppen im Sinn des tradi- derversammlung durchführte. Der Verband tionellen Concertare gegenüber, spielt wechseln- nahm eine Änderung des Namens vor: Er heißt de Instrumentierungen virtuos gegeneinander nun European Recorder Players Society (ERPS aus und wird durch die vehementen rhythmi- e.V.) und beschloss, die ursprünglich als Annual schen Aktionen von Klavier und Schlagzeug un- meeting begonnene Veranstaltungsreihe nun im erbittlich vorangetrieben. Die Tatsache, dass die Anschluss an das Amsterdamer Festival als Bien- beiden hervorragenden Solisten und die Mitglie- nale mit Konzerten und Workshops weiterzu- der des von Lucas Vis geleiteten Orchesters noch führen. Darüber hinaus soll den Mitgliedern ver- Studierende sind, gibt einen Eindruck von dem stärkt die Möglichkeit zum Austausch über den Engagement, mit dem am Amsterdamer Kon- Newsletter gegeben werden. Das Präsidium (für servatorium Ensemblepraxis in Neuer Musik zwei Jahre wiedergewählt: Ulrike Volkhardt und vermittelt wird. Manfredo Zimmermann) nimmt sich vor allem der Betreuung der Mitglieder an (Website, News- Abschließend betrachtet war es ein eindrucks- letter etc.), während ein Event Director mit der volles Festival, dessen Konzept, verschiedene Planung und Organisation der jeweils nächsten Arten von Musik an unterschiedlichen, aber Biennale (2006 in Wien; 2008 geplant in Zürich) kongenialen Orten aufzuführen, sehr überzeug- betraut ist. Weitere Informationen finden Inter- te. Eine Aneinanderreihung von Konzerten essierte im Internet unter www.erps.info.  wurde dadurch vermieden, jeder Ort prägte die Konzertatmosphäre, den Klang, die Ausführung und das in der Erinnerung weiterlebende Bild mit. Ein deutlicher Schwerpunkt lag, wie angekün- digt, auf der zeitgenössischen Musik, wobei die Blockflöte in vielen Kompositionen in Verbin- dung mit anderen Instrumenten eine gleichbe- rechtigte, manchmal sogar untergeordete Rolle zu spielen schien. Selten wird man jedoch die Möglichkeit haben, so viele unterschiedliche Werke mit vielfältigen, teilweise außereuropäi- schen Kompositionsweisen innerhalb so kurzer Zeit zu hören. Auch die Begegnung mit einer neuen Generation junger, sehr anrührender Spielerinnen und Spieler wird zu den bleibenden Eindrücken dieses Wochenendes gehören. Es bleibt, dem Organisator Paul Leenhouts und sei-

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Katja Reiser Schwarz-wald-gip-fel-aaaaaaaaaah! – ERTA-Symposion 2004

Das diesjährige ERTA-Symposion fand als Rah- ausgewählter Dirigiergesten oder die Einteilung menprogramm für einen ERTA Wettbewerb – in kleinere Gruppen. Dabei wurde er selbst zum Musik bis 1750 für Ensembles mit Blockflöte(n) Gruppenteilnehmer, lieh sich eine Blockflöte und anderen Instrumenten – in der Schwarz- und demonstrierte, dass man für diese Art von waldmetropole Freiburg im Breisgau statt. Das Improvisation das Instrument, welches man südbadische Wetter zeigte sich vom 24. bis zum spielt, nicht beherrschen muss. Damit empfiehlt 26.10. nicht gerade von seiner besten Seite, die Maurer, auf diese Art und Weise im Instrumen- Bedingungen in den Räumlichkeiten der Frei- talunterricht mit Anfängern zu arbeiten, um burger Musikhochschule waren jedoch optimal dem musikalischen Ausdruck mehr Gewicht zu und bestens organisiert. geben als dem Erlernen von Noten.

Das Symposion stand unter dem Motto Impro- Im Anschluss erarbeitete Markus Schwenkreis visation. Den Auftakt dazu machte am Freitag- Satzmodelle des Generalbasszeitalters in seinem abend das Ensemble sYn.de mit eigenen und Workshop Die Standards barocker Improvisa- fremden Kompositionen in eigenen und „frem- tionskunst. Er erläuterte, dass sequenzierende den“ Interpretationen. Die vier Musiker – Mei- Fortschreitungen zusammen mit Orgelpunkten ke Herzig, Katharina Dustmann, Nils Tannert und Kadenzen den Großteil der harmonischen und Marco Ambrosini –, die aus verschiedenen Formensprache des Barock bilden. In einem musikalischen Richtungen kommen, schafften kurzen Vortrag wurden mehrere dieser Modelle eine ungewöhnliche sYnthese: Avantgardisti- mit Beispielen aus Continuo- und Solosonaten sches Stockschlagen und altägyptische Finger- vorgestellt. Es war zu sehen, dass sie sehr oft nur spiele führten über skandinavische Saiten zur die Funktion eines Gerüstes erfüllen, das je nach süddeutschen Quadratflöte – ein sYnergetisches Kontext mit unterschiedlichem motivischem In- Klangkonglomerat – im Endeffekt wahrschein- halt gefüllt wird. Er demonstrierte, wie durch lich eine sYn.de. Dass dieses Konzert von der Duoimprovisationen über ostinaten Bässen das Improvisation lebte, versteht sich von selbst. harmonische Bewusststein und das Hören auf den Duopartner geschult werden kann. Das Va- Der Samstagmorgen begann mit einem Work - riieren einer einfachen melodischen Linie im shop mit Albrecht Maurer, welcher einen Ein- harmonisch gebundenen Kontext stellt dabei blick in das freie und spontane Gestalten von eine gute Vorübung für das Verzieren langsamer Musik gab. Im Schutze einer großen Gruppe Sätze dar. Mit einer Gruppe von vier Blockflö- kann jeder Teilnehmer seine individuelle Kraft tisten erarbeitete Schwenkreis eine Quartgang- entdecken, vermittelte der Dozent. Er bildete Ciacona, indem er jeweils einen Spieler den Bass eine große Gruppe von aktiven Teilnehmern und spielen und die anderen darüber improvisieren erprobte das Dirigieren mit Zeichen und Gesten ließ. als Inspiration für die eigene Arbeit mit größe- ren Besetzungen. Dabei wies er auf die Notwen- Im dritten Workshop des Symposions stellte digkeit hin, Regeln festzulegen, die die Improvi- Matthias Maute sein Lehrwerk über Improvisa- sation in einem gewissen Rahmen verlaufen tion im Blockflötenunterricht vor, welches dem- lassen. Er bat immer wieder aktive Teilnehmer, nächst bei Breitkopf erscheinen wird. Er berich- die Ensembleleitung zu übernehmen und Ab- tete über seine eigenen Erfahrungen beim sprachen mit der Gruppe auszuprobieren, wie Improvisieren mit Schülern und betonte dabei zum Beispiel das vorherige Festlegen einiger den Aspekt, dass Schüler und Lehrer während

376 TIBIA 1/2005 ERTA-Symposion der Improvisation auf derselben Stufe stehen. Er JOHN HANCHET hatte dann selbst zu improvisieren, da ihm eine Der Spezialist für Schalmeien, Gruppe aus Schülern unterschiedlichen Alters und Frühe Blockflöten und Könnens in den Raum gesetzt wurde. Er ließ die Kinder immer wieder acht Schläge lang den gleichen Ton spielen – Sopranflöten g und Altflöten c – und Reih um jeweils ein Kind dazu eine achtschlägige Melodie improvisieren, wel- che mit g, bzw. c, begann und endete. Danach er-

arbeitete Maute eine Improvisation mit dem Pu- www.hanchet-woodwind.co.uk [email protected] e-mail: blikum. Er teilte die Zuhörerschaft in drei 1, Roxley Close, Norwich NR7 0QH Gruppen ein. Eine Gruppe sollte ein dreisilbiges England ((0044) 1603 437324 Wort im Sinne eines Dreiertaktes sprechen und ständig wiederholen, die nächste ein vier- und die dritte ein fünfsilbiges. Dem Anlass und der Situation entsprechend waren es die Wörter dorff (Blockflöte), Angelika Huemer (Blockflö- ER-TA-yes, Block-flö-te-ohhhh und Schwarz- te), Peter Trefflinger (Barockcello) und Nikolaus wald-gip-fel-ahhhh. Der Dozent empfiehlt Newerkla (Cembalo) erhielt den zweiten Preis Übungen dieser Art als Einstieg zum Improvi- für ein Programm aus englischer Barockmusik sieren. Ferner stellte er anhand der Zuspiel-CD und irischen Traditionals. Ein dritter Preis wur- seiner Improvisationsschule die Möglichkeiten de nicht vergeben. dar, zu schwierigeren Sachverhalten, wie Kaden- zen, Grounds und Blues- und Jazz-Schemata zu Einigen „privaten“ Nachbesprechungen ist zu gelangen. Letzteres ist sicher auch für das eigene entnehmen, dass das Prozedere beim Wettbe- Erlernen fremder Stilrichtungen interessant. werb auch für Irritation gesorgt hat. So gab es offen bar (abweichend von jeder „normalen“ Nach einer Pause am Nachmittag, in welcher die Konzertsituation) keine Möglichkeit für die En- Ausstellung von Instrumenten und Noten be- sembles, sich vor ihrem Auftritt kurz im Saal sucht werden konnte, fand das Finale des ERTA- einzuspielen und die Akustik und z. B. das ge- Wettbewerbs statt. Am Freitagnachmittag spiel- stellte Cembalo kennenzulernen. Die einzelnen ten acht Ensembles, bestehend aus Blockflöte(n) Ensembles wurden dem Publikum praktisch und anderen Instrumenten. Für diese zweite nicht vorgestellt. Der Jury-Vorsitzende hatte so- Runde des Wettbewerbs hatten sie sich per ein- gar sichtlich Mühe, überhaupt die Namen der gesendeter Demoaufnahme qualifiziert. Gefor- Ensemblemitglieder wiederzugeben, was beson- dert waren Programme, bestehend aus schnellen ders gegenüber den ausländischen Teilnehmern und langsamen Sätzen alter Musik, unter der Be- äußerst unhöflich wirkte. rücksichtigung historischer Aufführungspraxis. Die Jury, bestehend aus Hans-Martin Linde Nach Bekanntgabe der Preisträger waren weder (Vorsitz), Robert Ehrlich, Kristin von der Golz, Gespräche mit den einzelnen Ensembles über Paul Leenhouts und Claire Michon, hatte vier die Wertungen der Jury vorgesehen noch ein Ensembles ausgewählt, die nun ein halbstündi- Ausklang z. B. bei einem Glas Sekt. Eine solche ges, themenbezogenes Programm präsentieren wahrscheinlich gedanken-, aber eben auch lieb- sollten. Den ersten Preis gewannen Martin Er- lose „Abwicklung“ ist bei vielen Wettbewerben hardt (Blockflöte), Silvia Müller (Blockflöte) Usus und beim nächsten ERTA-Wettbewerb und Mikhail Yarzhembovskiy (Cembalo) aus unbedingt zu vermeiden. Es soll aber nicht ver- Weimar mit ihrem Programm Passacaglien und schwiegen werden, dass die Organisation durch Chaconnen aus Italien, Frankreich und England. die vielen netten Helfer vor Ort einhellig gelobt Das Quadriga Consort aus Graz mit Karin Sill- wurde.

TIBIA 1/2005 377 Blockflöte kaput t?

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378 TIBIA 1/2005 Berichte

Oliver Rosteck „Wir wollen mit Ihnen Musik machen“ Ensemblespielkurse des Blockflötenzentrums Bremen

Fünf Kurse für reines Blockflöten-Ensemble- neuen Gruppen zusammenzu schließen. Im En- spiel wurden im Abstand von jeweils zwei semblespiel Unerfahrenere haben die Gelegen- Monaten vom Blockflötenzentrum Bremen im heit, im Zusammenspiel mit Geübteren wei tere Jahr 2004 veranstaltet. Im zentral gelegenen und Erfahrungen zu sammeln und eventuell beste- wunderschönen Gertrudenhof (einem moder- hende Hemmungen ab zu bauen. nen Seminarzentrum in historischem Ambiente) fanden sich Blockflötisten jeden Spielniveaus Grundsätzlich ist es den einzelnen Teilnehmern und jeden Alters für ein Wochenende zusam- und Teilnehmerinnen überlassen, ob sie sich men. Unter der Leitung erfahrener Dozentinnen während des Kurses auf eine oder wenige und Dozenten wurde Literatur einer be - Flötengrößen festlegen wollen oder sich im Ver- stimmten Zeit oder eines Themas erarbeitet. lauf in möglichst vielen verschiedenen Stimmla- gen versuchen wollen. Wichtig ist bei allen Semi - Die Kurse waren sowohl inhaltlich als auch naren das intensive Herausüben derjenigen methodisch sehr vielfältig angelegt. Neben zwei Stellen, die für den Gesamtzusammenhang des Schwerpunkten auf der Ensemblemusik der Re- Stückes ausschlaggebend sind. Diese intensive naissance und des frühen Barock (Stephan Probenarbeit wird immer wieder aufgelockert Schrader und Martina Bley) gab es ein Über - durch das Musizieren der neu erarbeiteten Lite - blickseminar mit „orchestral“ besetzter Lite ra - ratur, denn die Freude am Spielen soll ebenfalls tur von der Renaissance bis zur Moderne (Diet- nicht zu kurz kommen. rich Schnabel), des weiteren Bearbeitungen chinesischer und jüdischer Folklore (Philipp Die Seminare sind besonders geeignet für alle, die Tenta) sowie als letzten Kurs des Jahres Musik in einer entspannten, aber dennoch konzentri- zur Vorweihnachtszeit (Peter Thalheimer). erten Atmosphäre mit anderen Interessierten neue Literatur kennenlernen und diese in einer Viele Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer ha - großen Runde erarbeiten und musizieren wollen. ben an mehreren Kursen dieses Jahres teil ge - nommen und sich schon für die geplanten Semi - nare im nächsten Jahr vormerken lassen, so dass Weitere Informationen finden auf S. 404 in diesem Heft  die Weiterführung im nächs ten Jahr gesichert ist.

Die Seminare richten sich an Laien, die schon einige Erfahrung mit dem Blockflö tenspiel gesammelt haben. Eigene Ensembleerfahrung ist nicht notwendig, alle Teil- nehmer vereint der Wunsch, neue Literatur kennenzulernen und in Austausch mit anderen Musi - zierenden zu treten. Teilnehmerin- nen und Teilnehmern ohne eigenes Ensemble bietet sich hier die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten und sich zu

TIBIA 1/2005 379 Berichte

Radelint Blühdorn Flöten in der Zirkusmanege. Ein Projekt an der Musikschule Steinfurt

Am Anfang stand die Idee, mit Blockflöten eine vorstellbar ohne Schlagzeuguntermalung und musikalische Zirkusvorstellung einzustudieren. Trommelwirbel. Es galt also, Percussionisten Zirkuslieder gibt es genügend, und sie sind si- eines Kollegen für dieses Projekt zu gewinnen. cherlich nicht einer bestimmten Instrumenten- Erstaunlich, wie behaftet das Image der Block - flöte schon bei 10–12-jährigen ist: Schlagzeuger mit Blockflöten …? Blockflöten im Zirkus …?

Interessant war nun das Zusammenwachsen der beiden Instrumentengruppen: Skeptisch und einer leisen, coolen Trägheit verfallen, betraten die fünf Schlagzeuger das Probenfeld. Der Bann war gebrochen, als die fünf Jungen die Aufgabe bekamen, selbst herauszufinden, welcher Sound zu welchem Lied passt. Ungeheuer motiviert be- gann ein Ausprobieren und Beraten. Sehr schnell setzte eine große Kollegialität zwischen den bei- den Instrumentengruppen ein, jede Gruppe rea- gierte auf die andere, motivierte sich gegenseitig und hörte einander zu: Die Verbindung dieser so unvereinbar geglaubten Instrumente war gelun- gen!

Es gab aber noch ein weiteres Ziel: Die Verbin- dung von Musik und Bild, von Klang und Raum, von Text und Tanz oder Bewegung. Auf freiwil- liger Basis konnte jeder Musiker Artistennum- mern anbieten. Es fanden sich Einradfahrer, Zauberer, Pferdebändiger, Seifenbläser, Tänze- rinnen, Stelzengänger und Clowns. Nun galt es, Artisten musikalisch zu unterstützen und musi- kalische Inhalte oder Texte artistisch umzuset- zen, um dadurch eine umfassendere Ansprache der Musiker und des Publikums zu erreichen. Also suchte ich nach Stücken, die die Darstel- lung der Artisten unterstrichen und zugleich für gruppe vorbehalten. Das musikalische Material das Orchester arrangierbar waren. Einige der war schnell ausgesucht, arrangiert und in einzel- Zirkuslieder gaben ihrerseits durch bildhafte nen Stimmen so individuell ausgearbeitet, dass Texte Anregung und Material für tänzerische auch Schüler mit zwei bis drei Jahren Unter- Choreographien. Früherziehungskinder und richtserfahrung mitspielen konnten. Ein vier- jüngere Blockflötisten entwickelten mit Begei- stimmiges Orchester konnte mit der Probenar- sterung ganze Formationen. Egal welchen Aus- beit beginnen! Eine Zirkusvorstellung ist un- gangspunkt wir vorfanden: Ob erst der artisti-

380 TIBIA 1/2005 Flöten in der Zirkusmanege

sche Beitrag musikalisch oder die Mu- sik artistisch zu erweitern war: Musiker und Darsteller verschmolzen zu einer Ein- heit.

Zwei meiner Schülerinnen im Alter von 15 und 16 Jah- ren hatten den Wunsch, Blockflöten- artisten zu sein. Sie spiel- Darstellungen und das permanente Ineinander- ten jeweils ein modernes Stück: La Luna von greifen der Musik mit Bildhaftem bewirkte eine Christiane Martini und Es geht eine dunkle intensive Auseinandersetzung der Schülerinnen Wolk’ von Gerhard Deutschmann. Sie insze- mit den einzelnen Stücken, einen großen Selbst- nierten sich (Verkleidung, ausgearbeitete Sitz- erfahrungsanteil durch geforderte eigene Kreati- und Stehpositionen) und den Raum (Beleuch- vität und eine große Aufmerksamkeit in der Zu- tung, Hintergrund, Farbe). Beide Spielerinnen sammenarbeit! wurden abschnittsweise durch Tanz oder Bewe- gung einer weiteren Person im Ausdruck erwei- Die Musiker und Zuhörer waren gleichermaßen tert und unterstützt. Die Mehrschichtigkeit der begeistert und inspiriert. Die Idee, ein interdis- ziplinäres Projekt mit Kin- dern und Jugendlichen zwi- schen 5 – 16 Jahren zu gestalten, war gelungen um- gesetzt. Der thematische Rahmen „Zirkus“ bot eine große Plattform an Möglich- keiten. Die 85 Teilnehmer und die über 400 Zuschauer bei unserer Aufführung am 10. Oktober 2004 teilten am Ende die Überzeugung: Mit Blockflöten ist vieles mög- lich! 

Fotos: Manfred Greving

TIBIA 1/2005 381 Berichte

Bettina Haugg Aspect-Kurs Les jeux sont faits – 20.–27. August 2004 in Weikersheim

Was das Ensemble Aspecte mit Matthias Weilen- gen und bot 100%igen Ersatz, denn es war nicht mann (Blockflöte), Brian Franklin (Gambe) und einfach für ihn, in das stehende Konzept des Martin Derungs (Cembalo) und der Leiter der Kursteams einzusteigen. Es gelang ihm, den Teil- Agentur Allegra, Thomas Rainer, in diesem Jahr nehmern innerhalb weniger Tage ein Gefühl für wieder auf die Beine gestellt haben, ließ keine französischen Barocktanz zu vermitteln, und er Wünsche übrig. Ihrem Ruf folgten in diesem studierte mit ihnen (und den Dozenten!) eine Jahr vor allem junge Teilnehmer. Menuett-Choreographie ein, die sich sehen las- sen konnte – das mit Kursteilnehmern, die fast Frankreich zwischen 1600 und 1750, beleuchtet alle noch nie mit Barocktanz in Berührung ge- von allen Seiten durch die dazu geladenen Do- kommen waren. zenten Dorothee Oberlinger (Blockflöte), Mo- nika Baer (Barockvioline), Nikolaus Schalz Die Woche war vollgepackt mit Referaten über (Musikwissenschaft) und Bernd Niedecken (Ba- Lieselotte von der Pfalz (Dorothee Oberlinger), rocktanz). Letzterer war in allerletzter Minute die mit ihren Briefen intime Einblicke in die Ge- für den erkrankten Alain Christen eingesprun- pflogenheiten am Hof Ludwigs XIV. ermöglich-

Ensemble der Dozenten, v.l.n.r.: Brian Franklin, Martin Derungs, Monika Baer, Matthias Weilenmann und Dorothee Oberlinger Foto: Bettina Haugg

382 TIBIA 1/2005 Aspect-Kurs

te. Monika Baer er- die mit Genuss gesungenen Triller und Verzie- läuterte die ver- rungen. schiedenen Orche- ster am Hof und die Martin Derungs brachte mit René Descartes den Stellung Jean-Bap- philosophischen Aspekt dieser Zeit ins Spiel und tiste Lullys. Über spannte mit einem Text des modernen Lyrikers die Laute in Frank- Durs Grünbein den Bogen in die heutige Zeit. reich, eines der Dieser Text aus den „42 großen Gesängen“, dra- wichtigsten Instru- stisch anschauliches Szenario des Dreißigjähri- mente zu dieser gen Kriegs, war Grundlage für sprachliche und Zeit, berichtete Bri- klangliche Improvisationen, die, genannt Ele- an Franklin mit ein- ments I-III, in die drei Dozentenkonzerte ein- drücklichen Hör- gearbeitet wurden. Die Elements waren einge- beispielen, und bettet in Musik von François Couperin, Marin Matthias Weilen- Marais und Jacques Hotteterre. Sonates en trio mann blickte auf bildeten die Klammer, um die in barocken Ko- zwei Aspekte in der stümen fantastisch getanzten Tanzsätze Marais’. bildenden Kunst Frankreichs im 17. Es war wieder eine äußerst harmonische und an- Jh.: vanitée und ta- strengende Woche, die sich sehr gelohnt hat. bleau vivante. Man ist jedesmal erstaunt, wie viel Energie man Der Tänzer Bernd Niedecken selbst freisetzen kann. Im großen musik- Foto: Bettina Haugg wissenschaftlichen Vom 29. August – 6. September 2005 heißt es Seminar (zentral in der Mitte der Woche) erläu- dann Satyrs Masque. Nähere Informationen un- terte Nikolaus Schalz die Grundelemente für die ter www.allegra-online.de  Konzeption einer Ästhetik der französischen Barockmusik.

Willkommene Ab- wechslung nach langem Zuhören waren neben den Tanzstunden auch die gemeinsamen Chorproben unter der Leitung von Matthias Weilen- mann. Zusammen schnupperten wir in dem Chor mit großem Frauen - überhang in Chor- sätze Jean-Baptiste Lullys und Marc Antoine Charpent- iers hinein. Größte Freude verbreiteten Kurs in französischem Barocktanz Foto: Bettina Haugg

TIBIA 1/2005 383 Bücher + Zeitschriften

Wolfgang Rüdiger und Ortwin Nimczik So kann also ein Ensembleleiter ganz präzise pla- teamwork! nen. Außerdem gibt es noch Informationen zu Musik & Bildung, Spezial: Neue Musik für Schüler ensembles, den Stücken und sehr brauchbare „Anregungen Mainz 2004, Schott Musik International für die musikalische Gestaltungsarbeit“. Am Ende steht eine Partitur, Graphik oder ver- Musik & Bildung ist ein Periodicum, in dem man gleichbare Spielvorlage, also das, was der Spieler über die Jahre hinweg wertvolle Anregungen und in die Hand bekommt. Besser, so meine ich, fundierte Diskussionsbeiträge zum Thema Musik kann man es nicht machen. in Schule und Musikschule lesen konnte, recht ei- gentlich ein Muss für Lehrer. Und dazu gibt es Soll man hier in dieser Besprechung nun die ein- immer wieder Spezials über Sonder themen. zelnen Komponisten beurteilen? Natürlich nicht. Qualitätskriterien können bei diesem Un- Für das neueste dieser Spezials, teamwork, hat ternehmen nur die Machbarkeit sein und der pä- sich der Verlag zwei bedeutende Profis gewählt: dagogische Nutzen. Und beides ist in jedem Fall Wolfgang Rüdiger, Prof. für Pädagogik an der gegeben. Hinzu kommt die Sorgfalt und Ein- Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf, deutigkeit der gewählten Notation, beson ders dazu aber Gründer, Leiter und Solo-Fagottist da, wo mit fünf Linien und Noten (traditionell des Ensemble Aventure. (Er kennt neue Musik oder geändert) gearbeitet wird. Und da gibt es ei- also von der pädagogisch-wissenschaftlichen nen Stolperstein in einem Teil einer längeren Seite her und als Praktiker im Ensemblespiel, so- Komposition: Die Besetzungsliste von Iris ter wie als virtuoser Solist) und Schiphorst/Helmut Oehring: Prolog 1 aus A.N. enthält neben Gesang, 3 Bläsern, Klavier und Ortwin Nimczik, Leiter des Studiengangs Mu- Elektronik auch drei tiefe Streicher: Gambe, sikpädagogik und Schulmusik an der Musikaka- Violoncello und Kontrabass. Im Violoncellopart demie in Detmold. Neben vielen Gremientätig- steht nach einer Viertelpause ein großes F mit keiten ist er auch der vds-Beauftragte des folgender Spielanweisung (das F ist zwar eckig, Teamwork-Wettbewerbs. aber eindeutig ein F): „Bogen mit beiden Hän- Die beiden Autoren stellen im Spezial folgende den auf Saiten drücken …“ (im Heft S. 51, Takt Stücke vor: 2). Man sollte wissen, dass das Violoncello 4 Sai- Uwe Rasch: Herzblättern, : ten hat (C – G – d – a). Das F ist keine leere Sai- Drei, Gerhard Rühm: 1:0, Heinz Gappmayr: 1- te. Soll ich nun den Bogen mit beiden Händen 9 , Tom Johnsen: X und IX (diese 4 Titel als ein wohin auch immer drücken, dann kann ich aber Beitrag: Zahlen), Leon Schidlowsky: Am Grab das F nicht greifen, weil der Mensch halt leider Kafkas, Dieter Schnebel: MoMa-Museums - nur 2 Hände hat, die bereits beschäftigt sind. stücke II, Iris ter Schiphorst/Helmut Oehring: Erschwerend kommt hinzu, dass die G-Saite die A.N., Peter Hoch: ZeiTRäume. zweitunterste ist. Ein Doppelgriff unter G geht Ein beachtliches Spektrum an Komponisten, also auch nicht, doch das F suggeriert das Spiel Notationstechniken, Klängen – und dazu hand- unter G und zwar „auf den Saiten“. Entweder feste Anregungen für fächerübergreifenden Un- fehlt der Hinweis auf eine Skordatur (G auf F terricht, beispielsweise: Deutsch, Kunst, Bewe- herunterstimmen) oder das ganze geht weder gung, Szene, Geschichte und Religion. freihändig noch auf den Saiten. Warum gerade F Die Anlage aller Texte ist gleich, was die Orien- statt zweier notierter leerer Saiten (mehr sind tierung sehr erleichtert. Auch gibt es zu jedem wohl bei dieser Dynamik nicht drin)? Und nur Komponisten Informationen über Leben und mit einem Hals? Werk. Zudem eine Art Steckbrief jeder bespro- Allerdings, Euer Ehren: möglicherweise gibt es chenen Komposition: Instrumentarium, Anzahl mildernde Umstände: Diese Art von Musik ist in der Spieler, Vorkenntnisse der Spieler, Proben - der Regel mit einem umfassenden Vorwort, einer umfang. Legende, versehen. Sollte diese Legende tatsäch-

384 TIBIA 1/2005 Bücher + Zeitschriften

lich existieren und den Takt 2 VC berücksichti- manchen reich ornamentierten Bildwerken gen, dann schlagen diese mildernden Umstände Schidlowskys eher karg anmutende musikali- natürlich zu Buche bei der Urteilsverkündung, sche Graphik Am Grab Kafkas …“ beginnt ein vorausgesetzt, diese Legende ist keine Legende. Passus, der den Text analysiert. Dennoch: eine Note unter G fordert mindestens Ich kenne Schidlowsky persönlich; er hat mir in 2 Klänge. den siebziger Jahren ein Bläserquintett gewid- Spätestens seit dem Notationskongress 1964 in met, das ich dann mit einem Ensemble meiner Darmstadt wird über Probleme der Notation Kammermusikklasse in seinem Beisein einstu- nachgedacht; es gibt sogar ein Buch (Erhard diert und uraufgeführt habe in . So Karkoschka, Das Schriftbild der Neuen Musik, weiß ich nicht nur, wie spannend und fesselnd die Moeck Verlag, Celle), das systematisch über die Arbeit mit ihm und seiner Musik ist (meine Stu- Notwendigkeit neuer Notationstechniken nach- denten waren ebenso begeistert bei der Sache wie denkt und informiert. ich), sondern auch, wie verschieden die Graphik Ist nun dieser Stolperstein wirklich schlimm? von 1970 ist von der zum Kafka-Text. Und da Oder stehe ich da als pedantischer Erbsenzähler würde ich mir einen Zusatz zu den Hinweisen ohne jeden Sinn für die wahre Kunst? Rüdigers wünschen: Der Kunstlehrer sollte nicht nur Graphik allgemein und Graphik/Musik zum Ich meine, er ist zumindest gefährlich, denn im- Projekt beisteuern, sondern einen Bildvergleich merhin geht es bei diesem Projekt zumeist um zwischen dem frühen und späteren Schidlowsky den ersten Kontakt der jungen Musiker mit neu- anstellen, denn der könnte belegen, wie eng und en musikalischen Techniken, und da gehört die präzise Schidlowsky am kargen Kafka-Text ent- Notation als wichtiger Faktor dazu, es muss lang komponiert („lakonische Kürze und apo- eben jedes Detail stimmen, genauso, wie wir es diktische Härte des Texts“ – Rüdiger). beispielsweise bei Chopins freien Rhythmen ge- wohnt sind (obwohl gerade die ein fast unüber- Bleibt nur noch zu hoffen, dass dieses Spezial windliches Problem dargestellt haben anno Schule macht. Und Musikschule. 1840). Albrecht Gürsching (Das tiefe fis der Geigen im Rosenkavalier ist kein Argument: Es ist eingebettet in ein Unisono der Streicher, die Bratschen werns scho richtn. Und Journal of the American Musical Instrument Strauss? „Musikalisch isses richtig“.) Society Das alles aber schmälert in keinem Fall den Wert Volume XXIX (2003), hrsg. von Thomas G. MacCracken, ISSN 0362-3300 dieses Spezials. Die Stücke sind alle einstudiert und aufgeführt; unsere Autoren sollten sich Neben dem englischen Galpin Society Journal schon darauf verlassen, dass die Partituren stim- und dem französischen Musique – Images – In- mig sind. Zwar will ich die Kompositionen nicht struments: revue française d’organologie et d’i- bewerten, dennoch erlaube ich mir die Feststel- conographie musicale hat sich das Journal of the lung, dass Schidlowsky/Kafka für mich der Hö- American Musical Instrument Society längst als hepunkt dieser Sammlung ist, nicht nur wegen eines der wichtigsten instrumentenkundlichen der Komposition, sondern ebenso wegen Kafkas Publikationsorgane etabliert. Die Beiträge ha- Text, der dem Werk zugrundeliegt. ben einen – im angelsächsischen Sinn – akade- Die Texte von Rüdiger und Nimczik sind alle mischen Anspruch und berühren thematisch ein sehr gut und lesenswert. Man kann nur uneinge- weites Spektrum, von außereuropäischen In- schränkt loben, was da an Information, Analy- strumenten bis zu Firmengeschichten amerika- sen und Stil zu genießen ist. Besonders Rüdigers nischer Instrumentenhersteller. In der letzten Kafka/Schidlowsky-Text ist ein sprachlich-ana- Ausgabe (Jg. 29) ist für Leser von Tibia vor allem lytisches Meisterwerk: „Die im Gegensatz zu der umfangreiche und detailreiche Beitrag von

TIBIA 1/2005 385 Bücher + Zeitschriften

Robert S. Howe über The Invention and Early nete Instrumente – wie etwa ein Tenor–Saxo- Development of the Saxophone, 1840–55 von In- phon von 1866 und ein Bariton von 1857 im Mu- teresse (S. 97–180). Angesichts der vielen Pub - sikmuseum Basel – können dem Autor gemel- likationen der letzten Jahre zur Geschichte der det werden ([email protected]). Saxophone – von Malou Haine und Ignace de Martin Kirnbauer Kayser über Wally Horwood, Günter Dullat, Karl Ventzke bis zu Jean-Louis Delage, um nur einige Autoren zu nennen – stellt sich die Frage, was der Autor Neues zu bieten hat. Tatsächlich NEUEINGÄNGE referiert Howe vor allem bekannte Dokumente und Ergebnisse; wichtige Quellen zitiert er meist Haug, Hermann: Bibliographie und Diskographie der aus der Sekundärliteratur und oft nur in eng li - Musik für Soloblasinstrumente und Orchester scher Übersetzung. Gleichwohl gelingt ihm eine – Band 1: Blockflöte, Flöte, Wiesbaden 2004, übersichtliche und konsistente Darstellung der Breitkopf & Härtel, ISBN 3-7651-0378-0, Best.- Frühgeschichte des Saxophons, bei dem es sich Nr. MR 2285, 21 x 29,7 cm, 323 S., brosch., €34,00 bekanntlich in den ersten Jahren um das heute – Band 2: Oboe, Klarinette, Fagott, Saxophon, Es–Bariton bezeichnete Instrument handelt, und Wiesbaden 2004, Breitkopf & Härtel, ISBN 3- das die Ophicleïde in der Militärkapelle ersetzte . 7651-0379-9, Best.-Nr. MR 2286, 21 x 29,7 cm, Howe setzt sich intensiv mit den Dokumenten 458 S., brosch., € 48,00 auseinander und zeichnet so die Entwicklung – Band 3: Horn, Trompete, Posaune, Tuba, Wies- des Instrumentes (etwa Klappenmechanik oder baden 2004, Breitkopf & Härtel, ISBN 3-7651- Verkleinerung des Schallbechers) und den suk- 0380-2, Best.-Nr. MR 2287, 21 x 29,7 cm, 323 S., zessiven Familienausbau nach. Die Anschau- brosch., € 34,00 lichkeit beruht vielleicht auch darauf, dass Ho- we selbst einige frühe Saxophone von Adolphe – 3 Bände im Schuber, Wiesbaden 2004, Breit- Sax (von etwa 175 insgesamt erhaltenen Instru- kopf & Härtel, Best.-Nr. MR 2284, 21 x 29,7 cm, menten aus den Jahren zwischen 1843–1860) be- brosch., € 98,00 sitzt und Angaben über Spielweise, Mechaniken Mather, Betty Bang/Elisabeth A. Sadilek: Johann Se- oder auch das Gewicht der Instrumente prak- bastian Bach, Partita in A Minor for Solo Flute, BWV tisch erproben konnte. Als Beigabe findet sich 1013, with Emphasis on the Allemande. Historical ein Verzeichnis der erhaltenen Saxophone in Clues and New Discoveries for Performance, Falls chronologischer Ordnung, ähnlich der Liste bei House Press, PO Box 7121, Nashua, NH 03060- Haine und de Keyser 1980. Hier nicht verzeich- 1762/USA, 2004

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Sieglinde Heilig: Easy Going Leichtes Spiel auf der Sopranblockflöte, Band 1 inkl. CD, Wil- helmshaven 2004, Heinrichshofen’s Verlag, N 2551, € 21,95

Dieser Blockflötenschule ist eine CD zum Mit- spielen und Zuhören beigefügt. Eingespielt wur- de sie vom Flanders Recorder Quartet, dem Pia- nisten und Komponisten Piet Swerts und dem Gitarristen Thomas Bredgens-Mönkemeyer. Bart Spanhove hat das Vorwort zu diesem Un- terrichtswerk verfasst. Er lobt die Art und Wei- se, mit welcher Kinder hier mit Übungen und Überlegungen vertraut gemacht werden, welche sonst ausschließlich Berufsmusiker beschäfti- gen. In einem „Rundbrief an alle Blockflötenfreun- de“ erklärt Knut den Schülern die CD zum Mit- spielen und Zuhören, stellt sich selbst jedoch nicht vor. Wahrscheinlich ist Knut die Maus, die auf den folgenden Seiten immer wieder zu sehen ist. Die Schule beginnt mit Übungen zu Haltung, Artikulation, Tondauer und Notenschrift, wie wir sie aus anderen Schulen und unserem eige- nen Repertoire kennen. Die ersten Töne sind h, a und g. Zeitgenössische Musik und grafische Rainer Butz / Hans Magolt: Flötenzirkus Notation werden eingeführt. Band 2: Die Blockflötenschule für Kinder ab fünf Jahren, Mainz Die Überlegungen und Übungen, welche Bart 2004, Schott Musik International, ED 9487, € 7,95 Spanhove im Vorwort erwähnt, tauchen in Form von Briefen von Knut an Experten aus dem Alte- Nun gibt es also einen zweiten Band zum Flöten- zirkus – der Blockflötenschule, deren Vorwort Musik-Bereich auf. Den Schülern wird auf diese den Diplomstudiengang Musikerziehung mit Weise der Zusammenhang zwischen Artikula- Hauptfach Blockflöte ersetzt. Denn alles, was tion und Sprache oder die Erfindung des Metro- der geneigte Lehrer wissen muss, steht dort drin. noms erklärt. Sehr gut gelungen ist die Erklä- Zum Beispiel, dass es auch Blockflöten aus rung des Unterschieds zwischen barocker und Kunststoff gibt und solche, die sich schon seit deutscher Griffweise. Adriana Breukink wird in mehreren Jahrzehnten im Familienbesitz befin- einem Brief gefragt, ob man statt einer neuen den. Die Autoren empfehlen, beim Kauf einer Blockflöte nicht auch die alte von Tante Hilde- Blockflöte auf den Klang zu achten; und im Un - gard nehmen kann. Schade allerdings, dass das terricht immer schön auf das „düd“. Aha! Spiel mit deutscher Griffweise auch in diesem Lehrwerk noch in Erwägung gezogen wird. Auch bei Band II handelt es sich um eine konser - vativ angelegte Sammlung von Liedern, einge- Eine gut gelungene Blockflötenschule mit exzel- bettet in ein nettes Geschichtchen vom Zirkus. lenter Mitspiel-CD. Wegen relativ kleiner No- Nach und nach werden neue Töne eingeführt – tenschrift und viel Theoretischem für Kinder ab natürlich (wo vorhanden) mit der Alternative ca. sieben Jahren geeignet. Katja Reiser der deutschen Griffweise! Denn: wozu Barock?

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Experimentelles und Zeitgenössisches: nicht das ausgesehen haben?), rechtfertigt nach meiner existent. Neue Ideen, Schwieriges spielerisch zu Meinung nicht eine bis ins Absurde gehende Be- lehren: ebenfalls nicht. arbeitung für (moderne) Querflöte. Nur ein ein- Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen ziges Beispiel: die Fuge wird zur Einstimmigkeit Zirkus brauchen wir wirklich nicht! Denn unser verurteilt in einer Weise, die dux und comes Fachwissen, unsere Fantasie und die tollen Schu- nicht mehr erkennen lässt; die dreistimmigen len, die einige von euch verfasst haben, sind weit- Zwischen spiele verkommen zu mühseligen aus mehr wert als die hier beschriebenen Kunst- Sechzehntel-Ketten usw. usw. stückchen. Katja Reiser Johann Nikolaus Forkel sagte von der Chroma- tischen Fantasie: Diese Fantasie ist einzig und hat nie ihres Gleichen gehabt. Forkel hatte recht. Johann Sebastian Bach: Bach-Exercitium/ Darum sollte man auch dieses Werk lieber nicht Préludes, Fantaisies, Toccatas, Exercitium verunstalten. Hans-Martin Linde bearb. von Jean-Claude Veilhan, für Altblockflöte solo, Paris 2002, Editions Musicales Alphonse Leduc, AL 29 391, keine Preisangabe Detlev Müller-Siemens: Bedlam Dances Johann Sebastian Bach: Toccata et Fuga für Flöte (Piccolo, Flöte, Bassflöte) und Schlagzeug, Mainz BWV 565, Fantasia Chromatica BWV 903 2004, Schott Musik International, Best.-Nr. 9735, € 17,95 für Querflöte solo bearb. von Jean-Claude Veilhan, Paris 2002, Editions Musicales Alphonse Leduc, AL 29 399, keine Preisan- In den drei Dances dominiert der Eindruck von gabe Hast (Presto possibile), von Eile (kurz hinge- tupfte Figuren), auch von Nervosität (von Kurz- Ausnahmsweise seien im folgenden zwei Ausga- pausen durchsetzte Klangbänder) und Aufge- ben miteinander betrachtet. Beide haben Bach regtheit (Molto agitato/rit./accel./rit./accel.). Es als Ausgangspunkt, und beide Editionen sind ist schade, dass die Ausgabe keinen Hinweis auf mit bewundernswerter Akribie erstellt worden. den Hintergrund für diesen Eindruck gibt. Man Mit dem Ausdruck „erstellt“ deute ich die muss nämlich eigentlich wissen, dass Bedlam in Schwächen dieser Bearbeitungen an, so wie sie alten Zeiten das Londoner Irrenhaus war. Der sich mir persönlich zeigen. Flöteninstrumente bei Shakespeare vorkommende Tom-o-Bedlam sind einstimmige Instrumente, auch wenn mit (King Lear) ist z. B. ein lunatic. Und noch heut- Hilfe bestimmter Spielfiguren und Arpeggien zutage sagt man in manchen englischen Fami- eine Schein-Mehrstimmigkeit entstehen mag. lien, wenn Lärm und Durcheinander die Nerven Aus mehrstimmiger Orgelmusik entsteht durch strapazieren, Bedlam let loose. Aneinanderreihung von Sechzehntelketten (ge- wonnen aus verschiedenen Stimmen der Vorla- In Müller-Siemens’ Dances nun ist beiden Spie- ge) weder eine Pseudo-Mehrstimmigkeit noch lern ein Höchstmaß an Virtuosität zuge dacht, eine echte Einstimmigkeit. Das Ergebnis derar- das in manchen Passagen sogar geradezu aber- tiger Bearbeitung klingt nicht nur unnatürlich witzig wirkt. Das klingt dann wahrhaft like Bed- und unflötistisch, sondern unverständlich. lam ... Daneben jedoch kommen auch echter Witz, rhyth mische Finessen und Klangzauber „Exercitien“ – ja, das sind die derart entstande- zu ihrem Recht. Überdies bestechen die Stücke nen Bach-Etüden wohl. Sie stellen spiel- und durch ihren klaren Aufbau und eine reiche Far- atemtechnisch hohe Anforderungen. Aus wun- bigkeit. Beiden Spielern werden reizvolle In stru - derbaren Vorlagen wird aber nichts anderes als m entenwechsel abverlangt, so dass nie klangli- ermüdendes Übmaterial. Das hätte man der che Einförmigkeit aufkommt. Die sicher lich Bachschen Musik lieber ersparen sollen. not wendige Feinarbeit an diesen ungewöhnli- Dass die berühmte d-Moll-Toccata vielleicht ur- chen Stücken (Dauer: 14’) lohnt sich sehr. Wirk- sprünglich für Solovioline gedacht war (wie mag lich empfehlenswert! Hans-Martin Linde

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Gioachino Rossini: Solfeggien 16 Kompositionen für ein Melodieinstrument mit Klavierbe- gleitung, Stuttgart 2003, Carus 16.047, € 38,20

Rossinis Opern lösten, wie man weiß, in den ers - ten Dezennien des 19. Jahrhunderts in ganz Eu- ropa einen Begeisterungstaumel aus. Die hier vorgelegten Kompositionen stammen aus der Zeit zwischen 1822 und 1827, als die Verleger Pacini, Girard oder Schlesinger versuchten, von Rossinis Ruhm zu profitieren. Die 16 Vokalisen eignen sich als vokale Übungs- stücke mit Klavierbegleitung nicht nur sehr gut im Instrumentalunterricht als vortreffliche Stu- dien für Tonentwicklung und Intonation (per render la voce flessibile hieß es damals), sondern empfehlen sich auch als Musikstücke für vielfäl- tige Gelegenheiten und sind Beispiele dafür, wie Rossini mit seinen melodischen Einfällen auf im- mer neuen Stufen überzeugend gestaltete Werke vollbringt. Über Rossinis Entlehnungen bei sich selbst und sein augenzwinkerndes Spiel mit Zi- taten aus eigenen und fremden Werken findet sich viel Wissenswertes in dem ausführlichen Vorwort des Herausgebers G. J. Joerg. Dessen Arbeit über Rossinis Chor- und Ensemblemusik im Carus-Verlag (CV 70.090) einzusehen, wäre Jules Pillevestre: Piccolinette, Fantaisie-Polka in diesem Zusammenhang nützlich. für zwei Piccoli und Klavier, Paris 2003, Gerard Billaudot, kei- Die Vokalisen sind „für ein Melodieinstrument ne Preisangabe mit Klavierbegleitung“ ediert, leider fehlen in der Ausgabe des Rezensenten die im Vorwort Jules Pillevestre lebte von 1837 – 1903. Eine klei- versprochenen Stimmen in B und F. Angesichts ne Text-Szene ist dem Werk vorangestellt, die des prohibitiven Preises (in alter Währung über mit folgenden gemurmelten Worten von Picco- 75 DM !) dürfte die allgemeine Kaufbereitschaft linette schließt: Oui, tu es l’amour … la vie … le aber sowieso eher zurückhaltend ausfallen. Die bonheur! Eine höchst spritzige und amüsante Tatsache, dass es ein Verlag heute wagt, solche Musik der guten Laune, ein Salonstück der Ex- Stücke zugänglich zu machen, kann nicht hoch traklasse mit einer virtuosen Kadenzeinleitung genug gelobt werden. Der Preis aber dürfte und folgenden rasanten Polkateilen. Die Picco- selbst für den aufgeschlossenen Musiklehrer, der loflöten sind sehr virtuos geführt, meist in die Noten ja als erster kaufen muss, um sie dann paralle len Terzen oder Sexten. Das verlangt be- im Unterricht einzusetzen, eine (zu) hohe Hür- sonders in der Kadenz ein sehr gutes Zusam- de sein. menspiel der beiden Piccolisten. Wenn des wei- teren ein leichtes staccato, auch in höchster Lage, Der Notensatz ist neu erfasst und mit guten sozusagen ein Spitzentanz, gemeistert wird, Wendestellen sehr gut lesbar. Einige wenige dann verführt dieses kleine Werk das Pub likum Druckfehler und Notationseigenheiten kann mit Sicherheit zu Ovationen. man leicht verbessern. Zˇeljko Peˇsek Frank Michael

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borene Komponist erhielt seine Ausbildung als Cellist und Komponist in Cambridge, Essen und Köln. Ers te Anregungen für das Nonett ergaben sich während eines Aufenthaltes in Norditalien. In der Bucht von Lerici begegnete er den Spuren der beiden Dichter Bysshe Shelley und Lord By- ron, deren Charaktere sich unmittelbar in der Komposition widerspiegeln. Das einleitende Adagio, welches zum Schluss der einsätzigen Komposition in verkürzter Fassung wieder auf- taucht, ist Shelley gewidmet, während der im- pulsive und aufgeregte Charakter im Allegro moderato seine Entsprechung in Lord Byron findet. Bereits in den ersten Takten schafft Wa- terhouse mit dem solistischen Beginn des Horns, der in die motorische Figur der Bratsche mündet und das vom Fagott eingeführte Motiv mit der übermäßigen aufwärts gerichteten Oktave vor- bereitet, eine Atmosphäre der Weite. Die sorg- fältige motivische Arbeit des Komponisten setzt sich in den folgenden Teilen der Komposition fort und vermittelt auch bei den Tempo- und Taktwechseln der einzelnen Abschnitte immer die klare Struktur der Komposition. Keine der auch im äußeren Erscheinungsbild gut gestalte- ten Stimmen führt an technische Grenzen. Da- mit bleibt bei der Einstudierung und Auffüh- Graham Waterhouse: rung des Werkes genug Raum für die – Nonett op. 30 Ausarbeitung der interessanten Parallelführun- für Flöte (Piccolo), Oboe, Klarinette, Horn, Fagott, Violine, gen und Bezüge zwischen den einzelnen Instru- Viola, Violoncello und Kontrabass, Frankfurt/M. 2003, Robert menten. Jacobean Salute unterscheidet sich vom Lienau Musikverlag, Partitur RL 40830, Nonett nicht nur durch die Erweiterung der € 16,90, Stimmen RL 40831, € 24,50 Streicherbesetzung um die zweite Violine, son- – Jacobean Salute op. 34 dern ist auch kompositorisch anders angelegt. Besonders zu Beginn des Werkes stehen sich für Bläserquintett, Streichquartett und Kontrabass, Frank- furt/M. 2003, Robert Lienau Musikverlag, Partitur RL 40840, Bläserquintett und Streichquintett gegenüber € 12,90, Stimmen RL 40841, € 22,50 und verschmelzen erst allmählich zu einem gro- ßen Ensemble. Ursprünglich hatte der Kompo- Große gemischte Kammermusikbesetzungen nist das thematische Material seiner kleinen sin- fordern Komponisten und Interpreten gleicher- fonischen Dichtung für schottische Dudelsäcke maßen heraus. An der Grenze des orchestralen konzipiert. Vorschläge und Verzierungen in den Klanges, aber vorzugsweise ohne die Koordina- Melodien und Glissandi der Streicher, welche tion durch einen Dirigenten, bedarf die Ver- das Durchblasen der Bordunpfeifen imitieren, schmelzung solistischer Vielfalt zu einem En- finden hier ihren Ursprung. Das aus dem 17. semble hoher Aufmerksamkeit. Gleich mit zwei Jahrhundert stammende Klagelied Lady Doyle’s Kompositionen im zeitlichen Umfang je einer Salute, welches unter der Herrschaft des schotti- knappen Viertelstunde stellt sich Graham Wa- schen Königs Jacob VI. entstand, steht am Be- terhouse dieser Herausforderung. Der 1962 ge- ginn und – nach Möglichkeit von der Piccolo-

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flöte hinter der Bühne gespielt – am Schluss der Komposition. Mit seiner Melancholie schließt es die an altschottischen Tänzen orientierten Teile ein, die mit ihrem schwungvollen Charakter ge- radezu zur Bewegung animieren. Insgesamt ist Jacobean Salute zwar etwas anspruchsvoller in den Anforderungen an die Interpreten als das Nonett, aber für die Zuhörer ein ausgesprochen interessantes und vielseitiges Hörerlebnis. Andreas Schultze-Florey

Reza Najfar: La persienne für Flöte und Klavier, Paris, Alphonse Leduc, AL 29518, kei- ne Preisangabe

Reza Najfar wurde 1960 in Teheran geboren. Der inzwischen als Professor für Flöte in Inns- bruck wirkende Najfar legt mit La persienne eine ausgesprochen orientalisch gefärbte Kom- position mit entsprechend beschwörender und ornamentaler Gestik vor. Polymetrisch in sich verschachtelte Ostinati prägen neben einer or- namental reichen und besonders im letzten Satz extrem virtuos verzierten Melodik ein musikali- sches Bild von pastoralem bis ekstatischem Charakter, wie man es im großorchestralen Ge- wand von Rimsky-Korsakows Scheherazade tierten Fla geoletts, kommen in dem wirkungs- kennt. Dabei ist der Satz reicher mit scharfen vollen Werk nicht vor, aber an herkömmlicher Dissonanzen gewürzt, und der getragene rituell Virtuosität ist namentlich der letzte Satz eine anmutende Mittelteil in der Art eines Tombeau Herausforderung für jeden Flötisten. Kein Zu- scheint besonders gut auf das dem Werk voran- fall, dass dieses Werk Emmanuel Pahud gewid- gestellte Motto von Omar Khayam zu passen: met ist. Ein farbenprächtiges, sinnliches Werk, Quand le rideau tombe, ne reste ni toi ni moi. das seine Wirkung im Konzertsaal sicher nicht Neue Spielweisen der Flöte, außer ein paar no- verfehlt. Frank Michael

Blockflötenbau Herbert Paetzold - Blockflöten in handwerklicher Einzelfertigung - Nachbauten historischer Blockflöten - Viereckige Bassblockflöten von Basset bis Subkontrabass

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le Verschmelzung aller Instrumente. Wir den- ken, Mendelssohn hätte seine helle Freude da ran gehabt. Und im Spinnerlied kann sich dann auch noch Mendelssohns berühmte Elfenromatik ein- stellen. Eine sehr lohnende, schöne Neuausgabe! Frank Michael

Gerhard Braun: Nachtvogel beweint Andro- meda Zweites Bläserquintett für Altflöte, Englischhorn, Bass-Klari- nette, Horn und Fagott, Bad Schwalbach 2003, Edition Gravis, EG 866, Spielpartitur € 9,60, 1 Set (5 Exemplare), € 36,00

Trotz der nur ca. sechs Minuten Aufführungs- dauer ist allein schon die Verwendung der Son - derinstrumente, denen das Stück seine dunklen Farben verdankt, Grund genug für ein Bläser- quintett, sich ausführlich mit der 1989 entstan- denen Komposition zu beschäftigen. Zunächst muss die Spielpartitur, die aus einseitig bedruck- ten losen Blättern besteht, auf die individuellen Bedürfnisse der fünf Instrumentalisten abge- stimmt werden. Obwohl der Notentext sehr übersichtlich dargestellt ist, bedarf es insbeson- dere der Einrichtung von geeigneten Wendestel- len. Spätestens bei dieser Beschäftigung stößt Felix Mendelssohn-Bartholdy: 4 Lieder ohne dann der Fagottist in Takt 97 auf die Stelle, wo er Worte einen Tempelblock samt Hartgummischlägel be- für 2 Flöten, Altflöte in G und Bassflöte (Violoncello), bearbei- nötigt. Sind dann noch die Mehrklänge in Flöte, tet von Gottfried Stein, Frankfurt 2004, Zimmermann ZM Englischhorn und Bassklarinette auf die jeweili- 34890, € 17,95 gen Instrumente ausgerichtet, bleibt noch die für ein Bläserquintett ungewohnte Beschäftigung Das ist eine der besten Bearbeitungen, die uns seit mit der Artikulation der gesprochenen Silben in längerer Zeit unter die Finger gekommen ist. Sie Takt 95. Das ist auch ein guter Einstieg in die klingt gut, jede Flöte hat etwas zu tun, sie ist rela- Probenarbeit und lässt die Spieler nicht gleich tiv leicht zu realisieren. Doch halt! Über einen über die rhythmischen Finessen in Takt 5 stol- „schönen“ Ton sollten alle vier Flötisten verfügen. pern. Hier werden innerhalb des 7/16tel-Taktes Die Auswahl der 4 Lieder ist auch absolut über- Figuren im Verhältnis 8:7, 10:7 und 9:7 überein- zeugend. Einfach unglaublich schön und melan- ander geschichtet, die immerhin zu Beginn des cholisch das Venezianische Gondellied mit dem nächsten Taktes wieder exakt zusammentreffen überhängenden pp-Schlusston in der 1. Flöte. müssen. Auch im weiteren Verlauf der Kompo- Harmonik, Melodik und Poesie: möglicherwei- sition sind es vordergründig rhythmische Ele- se kommt das Liedhafte, der Gesang in dieser mente, die als Grundlage des Zusammenspiels Fassung noch mehr zum Tragen als in der origi- Aufmerksamkeit erfordern. Gerhard Braun, nalen Klavierfassung. Die extra eingelegte Cel- geb. 1932 in Heidenheim a. d. Brenz, bringt ne- lostimme ist zu loben, dennoch, mit Bassflöte ben den Erfahrungen als Flötist und Pädagoge wird es schöner klingen, einfach durch die idea- seine intensive Beschäftigung mit Klangexperi-

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H. C. FEHR Blockflöten Ihr Spezialist für Alleinvertrieb für Deutschland Querflöten und Blockflöten

Flute Village Inh. Friedemann Koge Schulstraße 12 D-35216 Biedenkopf Telefon 06461-6962 Fax - 9 22 99 [email protected] menten avantgardistischer Kompositionen in Ludwig van Beethoven stellt ihn in seiner Co- sein zweites Bläserquintett ein. Typisch sind die riolan-Ouverture von 1807 als einen Menschen Verwendung sprachlicher Elemente und die dar, wie man ihn sich von inneren Konflikten knappe Form sowohl des ganzen Stückes wie zerrissener kaum vorzustellen vermag. auch dessen einzelner Teile. Für die Interpreta- Die Wucht und die Dynamik beethovenscher tion ist es hilfreich, wenn man weiß, dass sich die Orchesterdramatik auf fünf Instrumente zu künstlerischen Ambitionen von Gerhard Braun reduzieren scheint gewagt, ist im vorliegenden auch auf Zeichnungen und Bilder erstrecken und Falle jedoch durchaus gelungen. Joachim Paul Klee dabei wesentliche Anregungen gelie- Linckelmann hat in seiner Bearbeitung für Holz- fert hat. Motivische Elemente wechseln mit bläserquintett nicht versucht, den Orches - sparsam eingesetzten Mehrklängen und rhyth- terklang zu imitieren, sondern sich auf den Cha - misch im Unisono gehaltenen Passagen, die bis rakter sowohl der kleinen Besetzung als auch der hin zum fortissimo marcato eindrucksvoll die einzelnen Instrumente eingelassen, so dass fünf klangliche Kraft der Besetzung zur Schau stel- gut spielbare, instrumententypische Einzelstim- len. Durch seinen Farbenreichtum, die dynami- men entstanden sind. Durch teilweise unter- schen Schattierungen und die abwechslungsrei- schiedliche Dynamikangaben vermittelt der Be- chen Klangereignisse in Verbindung mit der arbeiter auch seine Vorstellung des ins gesamt kompakten Form des Stückes, ist das zweite Blä- ausgewogenen, farbenreichen Gesamtklanges. serquintett von Gerhard Braun ein idealer Be- standteil für ein Konzertprogramm, das den Zu- Die technischen Anforderungen sind nicht be- hörer anregen, aber nicht überfordern möchte. sonders hoch, trotzdem setzen besonders die Andreas Schultze-Florey rhythmischen Raffinessen der Partitur, die an einigen Stellen sehr langen Phrasierungsbögen – zum Beispiel in der Achtel-Begleitfigur des Sei - tenthemas – und die große dynamische Band- Ludwig van Beethoven: Coriolan-Ouverture breite erfahrene Spieler voraus. op. 62 Partitur und Stimmen sind gut lesbar und schön bearbeitet für Holzbläserquintett von Joachim Linckelmann, gedruckt, allein über ein paar Vorzeichen auch Partitur mit Stimmen, Kassel 2003, Bärenreiter-Verlag, € an Stellen, wo sie nicht unbedingt nötig gewesen 21,95 wären, hätte man sich beim ersten Spielen noch Rachedurstig steht der einstige Volksheld Mar- gefreut. cius Coriolanus mit dem Volskerheer seiner ehe- Als kurzes und wirkungsvolles Stück ist die bear- maligen Heimatstadt gegenüber, als ihn seine beitete Coriolan-Ouverture eine Bereicherung für Gattin und Mutter um Gnade für Rom anflehen. das Bläserquintett-Repertoire. Alban Peters

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NEUEINGÄNGE Jadin, L. E.: Sonate en sol majeur opus XIII n° 2, Bärenreiter-Verlag, Kassel pour flûte et piano (et basse ad lib.), original pour Levine, C. / Mitropoulos-Bott, Chr.: Die Spiel- piano-forte, flûte et basse (F. Chatoux), 2004, technik der Flöte II: Piccolo, Alt- und Bassflöte, GB 7490, € 14,75 mit CD, 2004, ISBN 3-7618-1788-6, € 39,95 Krakamp, E.: Le carnaval de Messine opus 91, Scartazzini, A. L.: Il pozzo sepolto, für Klavier pour flûte piccolo et piano, Révision de la partie und fünf Bläser, 2004, P+St, BA 8300, €39,95 de flûte piccolo: J.-L. Beaumadier, 2004, GB 7639, € 9,17 Gérard Billaudot Editeur, Paris Taffanel, P.: Fantaisie sur le Freischütz, Opéra Anonyme: Les yeux noirs (Traditionnel russe) de C. M. von Weber, pour flûte et piano, Révi- pour quatuor de clarinettes, Arrangement: F. sion de la partie de flûte: Ph. Bernold, 2004, GB Héau, 2004, GB 7570, € 9,17 6746, € 14,75 Bach, J. S.: Album pour flûte à bec soprano ou Taffanel, P.: Fantaisie sur Les Indes Galantes, alto et clavecin (Michel Sanvoisin), 2004, GB Opéra ballet de J.-Ph. Rameau, pour flûte et pia- 7469, € 14,75 no, Révision de la partie de flûte: Ph. Bernold, Dittersdorf, C. Ditters von: Andante pour b 2004, GB 7293, € 12,30 quatuor de clarinettes (ou 4 clarinettes en si ) Tulou, J.-L./Beaumadier, J.-L.: 140 petits exer- (J. Lancelot), 2004, GB 5105, € 11,81 cices et études, tirés de la Méthode populaire, Jadin, L. E.: Sonate en sol majeur opus XIII n° 1, pour 1 ou 2 piccolos, 2004, GB 7440, € 18,80 pour flûte et piano (et basse ad lib.), original pour piano-forte, flûte et basse (F. Chatoux), 2004, Editions Bim & The Brass Press, CH-1674 Vuarmarens GB 7489, € 14,10 Friedman, St.: Paying the Piper, for piccolo and harpsichord (or piano), 2003, Bim Fl 11, keine Preisangabe Bosworth Music GmbH, Berlin (Vertrieb) Duckett, R. / Price, G. J. / Slater, P.: Explora- tions, A Workbook of Musical Starting Points, mit CD, Team World Music Ltd., 2004, TWM00109, keine Preisangabe Harris, P.: I can’t believe pieces can be this easy! 12 leichte Stücke für Klarinette mit Kla- vierbegleitung, Chester Musik, London 2004, CH68651, keine Preisangabe Breitkopf & Härtel, Wiesbaden Mozart, W. A.: Idomeneo, Harmoniemusik by Johann Nepomuk Wendt, for 2 Oboes, 2 Cla- rinets, 2 Horns, 2 Bassoons and Contra bassoon, – Vol. I, 2004, MR 02248, P+ St, € 45,00 – Vol. II, 2004, MR 02249, P+St, € 45,00 Deutscher Verlag für Musik, Leipzig (Auslieferung: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden) Dittrich, P. H.: Kammermusik XIII, für Oboe, Violoncello und Klavier, 2004, DVfM 8379, Par- titur, € 19,00 edition baroque, Bremen Cooking & Gardening, 25 Melodien für ein Melodieinstrument (Blockflöte, Oboe, Traverso,

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Violine) und B.c., aus The Dancing Master Heinrichshofen’s Verlag, Wilhelmshaven (J. Playford et al.), Band II, 2004, eba 1228, € 14,50 Bach, J. S.: Suite Nr. 2 F-Dur, für Blockflöten - Corbett, W.: Sonata I & II, Sonaten für 2 Alt- ensemble (SATB) (Ulrich Herrmann), 2003, N blockflöten und B.c. aus seconda, 2003, 3943, € 12,50 eba 1220, € 14,50 Boismortier, J. B. de: Concerto C-Dur Nr. 5, Detri (Manuskript Rostock): Solo Flute à Bec, für Blockflötenensemble (AAAT) (Ulrich Herr- Sonate in c-Moll für Blockflöte und B.c., 2003, mann), 2004, N 3956, € 8,50 eba 1117, € 6,90 Corette, M.: Le Phénix, für Blockflöten - Janequin, C.: Bataglia Francese, für 4 Instru - ensemble (AAAT) (Ulrich Herrmann), 2003, N mente (Blockflöten oder andere Blas instru - 3825, € 8,50 mente, Gamben-, Geigen-Consort oder entspr. Davis, A.: Eine Suite voller Wunder. Sechs Sze- Misch besetzung, hrsg. von O. Tetampel, 2004, nen aus Alice im Wunderland, für 3 Block flöten eb 5001, € 13,50 (SAT), 2004, N 2439, € 9,95 Janequin, C.: Canzon delli Ucelli, für 4 Instru - Dussek, F. J.: Notturno, für Blockflöten - mente (Blockflöten oder andere Blas instru mente ensemble (AAT) (Ulrich Herrmann), 2003, N SATB, Gamben-, Geigen-Consort oder entspr. 3954, € 8,50 Misch besetzung, hrsg. von O. Tetampel, 2004, Händel, G. F.: Concerto d-Moll (nach op. 3 Nr. eb 5002, € 11,00 5), für Blockflötenensemble (STB) (Ulrich Herr- Purcell, D.: Sonata Sexta & Chacone, für Alt- mann), 2003, 3908, € 12,50 blockflöte und Basso continuo (Chacone auch Heger, U.: Straßenmusik à 3, für 3 Querflöten, für Voice Flute), 2004, eba 1150, € 13,90 Klezmer, Blues, Ragtime und Latin-Folk, 2003, Sammartini, G.: Sämtliche Sonaten, Band II, N 4777, € 10,00 op. 1 Nr. 1 und 2, für Altblockflöte und B.c., Heger, U.: Straßenmusik à 3, für SAT-Block - 2004, eba 1102, € 13,00 flöten plus Bassinstrument ab lib., Klezmer, Blues, Ragtime und Latin-Folk, 2003, 4888, € 10,00 Edition Tre Fontane Ronald Brox, Münster Pepusch, J. Chr.: Concerto C-Dur op. 8 Nr. 2, Mozart & Bach, Inhalt: Fuge aus „Die Zauber- für Blockflötenensemble (SAATB) (Ulrich flöte“/Ach Gott vom Himmel sieh darein (Er- Herrmann), 2003, N 3944, € 8,50 furth 1524)/Ach Gott vom Himmel sieh darein Pez J. C.: Concerto Pastorale, für Blockflöten - BWV 741, für 5-6 Blockflöten (H. Vissing), ensemble (SSAATB) (Ulrich Herrmann), 2004, 2004, ETF 2024, € 11,00 N 3948, € 12,50 Emerson Edition Ltd., GB-Ampleforth, North York - Porta, B.: Trio d-Moll op. I Nr. 1, für 3 Quer- shire flöten (Hugo Ruf), 2003, N 2528, € 14,00 Greaves, T.: Four Bagatelles, for four flutes, Purcell, H.: The Old Bachelor, für Blockflöten - 2003, E433, £ 8,50 ensemble (SATB) (Ulrich Herrmann), 2004, Jacob, G.: Music for a Wedding, for flute, clari- 3947, € 8,50 net, viola and cello, 2004, E447, £ 8,50 Roelcke, Chr.: Weihnachten ist überall, für 2 Revell, R.: Trois pensées, 1. Je me demande, 2. Je Sopranblockflöten und Tenor- (Alt-) Blockflöte crois – j’en doute! 3. Enfin!, for flute and piano, oder Violine ab lib., 2003, N 2529, € 11,00 1923/2004, E453, £ 8,50 Vivaldi, A.: Concerto Nr. 4 „L’Inverno“ (Der Winter) aus „Die vier Jahreszeiten“ für 3 Block - J. Hamelle & Cie Éditeurs, Paris (Auslieferung: A. flöten (S-B) in wechselnden Besetzungen (Jean Leduc, Paris) Cassignol), 2003, N 3941, € 10,50 Fauré, G.: mélodies, transcrites pour flûte et piano, Éditions Musicales Alphonse Leduc, Paris – Vol. II, 2004, HA 9727 Joubert, C.-H.: Le secret du limaçon, pour cla- – Vol. III, 2004, HA 9728 rinette en sib et piano, 2004, AL 29509, keine keine Preisangaben Preisangabe

TIBIA 1/2005 395 Noten

Sarmanto, H. / Aaltonen, J.: Mother cries, Sie einen „musikalischen“ Ton, 2003, ED 9627, pour flûte et piano, 2004, AL 29575, keine Preis- € 14,95 angabe Kember, J.: Starting Out. Erste Stücke für An- Sarmanto, H. / Aaltonen, J.: Sweet embraces, fänger auf der Querflöte, 2004, ED 12762, pour flûte et piano, 2004, AL 29576, keine Preis- € 12,95 angabe Megastarke Popsongs 3 mit CD, für Sopran- Sarmanto, H. / Aaltonen, J.: The long nights, Blockflöte. Allein oder zu zweit spielen, 2004, pour flûte et piano, 2004, AL 29574, keine Preis- ED 9763, € 13,95 angabe Regner, H.: Flötengeschichten, 8 leichte Stücke Sarmanto, H. / Aaltonen, J.: Waltzing with für Flöte und Klavier, 2004, FRT 189, € 9,95 you, pour flûte et piano, 2004, AL 29577, keine P. J. Tonger Musikverlag, Köln Preisangabe Borck, E. v.: Kleine Suite, op. 19, für Flöte Moeck Verlag, Celle allein, 2003, 3028-1, € 6,00 Autenrieth, R.: Country Life. Vier Szenen für Haag, H.: Due e Tre, Trio für Flöte, Violine und zwei c-Blockflöten in gleicher Lage, Reihe: Zeit- Viola op. 48, 2004, 2996-1, € 21,60 schrift für Spielmusik, 2004, EM 782, € 3,50 Kohoutek, C.: Erblühtes Stilleben, Fragment Baumann, M.: Duo op. 116, für Altblockflöte für Tenor-Saxophon solo, Reihe: Saxophonar und Violine, Reihe: Zeitschrift für Spielmusik, Sax 63, 2003, 3121-1, € 8,00 2004, EM 785, € 3,50 Linde, H.-M.: Drei Stücke, für Alt-Saxophon Franck, C.: Vier Versetten, für drei Blockflöten und Klavier, Reihe: Saxophonar Sax 68, 2004, (Christa Roelcke), Reihe: Zeitschrift für Spiel- 3255-0, € 14,60 musik, 2004, EM 781, € 3,50 Universal Edition, Wien Leenhouts, P.: Short Wave, für Blockflöten - Panufnik, R.: A Wind at Rooks Haven, for quartett (AATB), Reihe: Q4TT, hrsg. vom Am- mezzo-soprano and flute (1997), 2003, UE sterdam Loeki Stardust Quartet, 2004, EM 2825, 70127, keine Preisangabe € 10,00 Play Along Flute, World Music junior, Christ - Maurer, A.: Lola rennt nicht immer, für vier mas mit CD (R. Graf), UE 2004, 32693, € 12,50 Blockflöten (ATBB), 2004, Reihe: Zeitschrift für Play Along Recorder, World Music junior, Spielmusik, EM 783/784, € 5,00 Christ mas mit CD, für Sopran-/Altblockflöte Maute, M.: Indian Summer, für Blockflöten - (R. Graf), 2004, UE 32694, € 12,50 ensemble (SATB), Reihe: Zeitschrift für Spiel- World Music junior, Christ mas mit CD, für musik, 2004, EM 779/780, R 5,00 Ensemble in variabler Besetzung (R. Graf), 2004, Maute, M.: Ten Times Tenor, für 10 Tenor- UE 32712, Partitur und Stimmen, € 15,50 blockflöten, Reihe: The Recorder Orchestra, EM 3301, € 16,00 Musikverlag Zimmermann, Frankfurt/M. Mendelssohn-Bartholdy, F.: 5 Stücke, für Block- Mazur, A.: Das Pars-pro-Toto Spiel. Neue flötenquartett (SATB) (Grete Zahn), Reihe: Zeit- Klänge auf Teilen der Flöte, eine Anleitung mit schrift für Spielmusik, 2004, EM 776/777, € 5,00 CD, 2003, ZM 33470, € 33,95 Miehling, K.: Variazioni sopra una canzona Stibal, K.: Die Querflöten-Freunde, Blätter tedesca, für drei Blockflöten (SAT), Reihe: Zeit- zum Arbeiten, Einspielen und Üben als Ergän- schrift für Spielmusik, 2004, EM 778, € 3,50 zung zum Unterricht für Anfänger und Fortge- Purcell, H.: Chaconne d-Moll, für vier Block- schrittene, 2004, ZM 65006, € 24,95 flöten (SATGb) und B.c. ad lib., (Martin Nitz), Waterhouse, G.: Sicilian Air op. 56, für Flöte Reihe: Zeitschrift für Spielmusik, 2004, EM und Klavier, 2004, ZM 34970, € 11,94 786/787, € 5,00

Schott Musik International, Mainz Graf, P.-L.: The Singing Flute. So entwickeln

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Vivi Felice – Musik des 15. – 18. Jahrhun- derts aus Italien, Spanien und Dalmatien Jeremias Schwarzer (Blockflöte), Egon Mihajlovic (Cembalo und Truhenorgel), Meerbusch 2003, Cybele CDs, Verlag, Ver- trieb Meerbusch, Best.-Nr. cybele 200.403 www.blockfloetenladen .de Vivi felice – Lebe glücklich! Das kann glücken mit Jeremias Schwarzer und Egon Mihajlovic, diesem so gut aufeinander eingespielten Team. Mit gleich mehreren roten Fäden bündeln sie in Follia-Variationen Alessandro Scarlattis raubt stetem Wechsel von Ausgelassenheit und Ruhe die Bearbeitung allerdings bisweilen Zusam - flötistisch gewendete spanische Orgel-Kontra- menhang und Sinn, denn wo die Rollenverhält- punkt- und Diminutionskünste zusammen mit nisse beider Instrumente nicht klar definiert volks- und tanzmusikalischen Burlesken, im sind, bleibt ihnen für sich genommen oft nur ein Brennpunkt das Follia-Thema. fragmentarisches Stammeln. Wunderbar das Mimikry-Versteckspiel der Flö- Da befinden sich beide Spieler in Corellis Follia te, die perfekt im Orgelsound verschwindet und op. 5, so will man meinen, auf sicherem Terrain, allenfalls ihr flexibleres Klangpotential als Re- sofern dies bei dem „Wahnsinn“ überhaupt mög - serve spürbar werden lässt. Beeindruckend auch lich ist. Es ist, und zwar so, dass es dem Stück die Schwerelosigkeit, mit der die Diminutions - nicht guttut. Das durchgängig flotte Tanz-Tempo, akrobatik über erdverbundenem Cantus firmus ganz bewusst allen Adagio-Allegro-Vivace- (Codex Faenza, 15. Jh.) oder im himmelhoch etc.-Angaben von Corelli zum Trotz, soll dem jauchzenden „Vestiva i colli“ (Giovanni Pierlui- gi da Palestrina/Francesco Rognoni 1585? – Stück dauerhaft einheizen und ihm so neue Sei- 1624?) gelingt. ten abzwingen. Bei solcher Dauerhatz – die Bea - glemeute inbegriffen (Takt 314 ff.) – bleibt jeg - Zwei Scarlatti-Fassungen, ursprünglich reine liche Dramaturgie auf der Strecke; der finale Cembalo-Stücke, jetzt mit „Outsourcing“ eines Effekt, die gesteigerte Schlusswirkung bleibt Flötenparts, geben Beispiel für gelungene, aber auch weniger glückliche Bearbeitung: Domeni- aus. Eigentlich dürfte nach dem Wahnsinn doch co Scarlattis Sonate e-Moll lässt sich ohne weite- nichts mehr kommen können. Kommt aber, res auf die wahrscheinliche Urform einer Solo- nämlich noch eine von den reizenden Frottolen Sonate mit basso continuo zurückführen und aus Dalmatien (Andrea Antico da Montona, regt in dieser empfindsam mit Voice-Flute ein- 1470? – 1540?), recht martialisch mit viel Regal- gespielten Fassung zur Nachahmung an. Den Register-Getöse. Isa Rühling

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Austrian Images, after Berg zen glaubt man zum einen die Stadt Wien, zum Iván Eröd: Trio op. 59; Gottfried von Einem: Verdehr-Trio op. anderen aber auch die ungarischen Wurzeln des 97; Thomas Christian David: Trio Nr. 1, Trio Nr. 2, Trio Nr. 3 Komponisten herauszuhören. (Aziz Djoune); Verdehr Trio: Walter Verdehr (Violine), Elsa Besonders hörenswert ist die Zusammenstellung Ludewig-Verdehr (Klarinette), Silvia Roederer und Gary Kirk- patrick (Klavier), Wien 2002, Doblinger Musikverlag, 1 CD, der drei Trios von Thomas Christian David, de- Best.-Nr.: CRYSTAL Records CD 944. ren Entstehungszeitraum sich über annähernd zwanzig Jahre erstreckt. Auch diese Werke sind Austrian Images ist bereits der vierzehnte Teil ei- in Zusammenarbeit mit dem Verdehr Trio ent- ner Serie, in der das Verdehr Trio eine Auswahl standen, so dass weniger die kompositorische der über 150 Werke vorstellt, die es im Laufe sei- Entwicklung des Komponisten im Vordergrund nes Bestehens bei renommierten Komponisten steht, als die Variation eines Grundtones, der die für die Besetzung Violine, Klarinette und Kla- musikalisch-technischen Ausdrucksmöglichkei- vier in Auftrag gegeben hat. Die vorliegende CD ten des Auftraggeberensembles möglichst groß- umfasst Trios der in Wien tätigen Komponisten zügig ausschöpft. Iván Eröd, Gottfried von Einem († 1996) und Als ein Grundcharakteristikum des Stils fallen Thomas Christian David. bereits im Trio Nr. 1 die raschen Stimmungs- Der Untertitel Vienna after Berg wirkt in man- und Klangfarbenwechsel auf. Im Hinblick auf cherlei Hinsicht irreführend, weder lässt er die die Farbe ist besonders das Ende des zweiten Entstehungszeit der Kompositionen zwischen Satzes virtuos umgesetzt: als Begleitstimmen den Jahren 1978 und 1995 vermuten, noch die einer Flageolett-Melodie der Violine verschmel- keinesfalls in der Nachfolge der schönberg- zen Klarinette und Klavier so vollkommen, dass schen Zwölfton-Schule stehende tonal bis frei- der Zuhörer einen Klang wahrnimmt, der an ein tonale Tonsprache, der sich die Komponisten Vibraphon oder sogar an ein elektronisches Mu- bedienen. Gegen die Dodekaphonie polemisiert sikinstrument erinnert. Charakteristisch für die von Einem sogar öffentlich: […] Der Komponist Möglichkeiten des Ensembles ist auch der letzte soll Musik schreiben und ist nicht verpflichtet, ei- Satz: technisch anspruchsvoll, hochvirtuos und ner diktatorischen Vorschrift oder technischen brillant, die allerhöchsten Register der Klarinette Ideologie zu gehorchen. Melodische Linien und ausnutzend. Akkorde sollen dem Komponisten und dem Hö- Trio Nr. 2 von 1989 wirkt auf Anhieb in sich rer Freude und Anregung vermitteln […].1 Der ruhend, was daran liegen mag, dass es von tradi- Stil seines 1992 entstandenen Verdehr-Trios op. tionellen, deutlich wahrnehmbaren Formprin- 97 bewegt sich dieser Forderung entsprechend zipien und Verarbeitungstechniken wie Sona- innerhalb der (erweitert) tonalen Grenzen. tenhauptsatzform, motivischer Arbeit und In seinem im Jahre zuvor entstandenen Trio op. Fugato bestimmt wird. Als Ausgleich zu den 59 scheint sich Iván Eröd ebenfalls mit der Fra- Randsätzen – der dritte Satz ist motorisch ge- ge nach der Tonalität beschäftigt zu haben. Der prägt mit einer sich geradezu überschlagenden zweite Satz – Veränderungen – ist eine Folge Coda – ist der „Aria“-Satz durch einfache und von Variationen unterschiedlichen Charakters in schlichte Schönheit gekennzeichnet, in dem vor verschiedenen Instrumentierungen, die einen allem Violine und Klarinette „singen“. großen Bogen schlagen vom solistisch vorgetra- Das sehr klangfarblich geprägte Trio Nr. 3 mit genen Klarinetten-Thema, das nahezu alle dem Titel Aziz Djoune von 1995 ist von einem Möglich keiten harmonischer, aber auch atonaler iranischen Liebeslied inspiriert, das mit diesen Verarbeitung offenlässt, bis hin zum verklärend- Worten beginnt. Assoziationen an orientalische versöhnlichen Abschluss, an dem es noch einmal Klänge und abendländische Formprinzipien er- ausharmonisiert erscheint – die Entscheidung gänzen sich hier zu einem farbenfrohen und ab- fällt zugunsten der Tonalität. In den anderen Sät- wechslungsreichen Werk.

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Für das Verdehr Trio zu schreiben ist ein großes Witz entsprechender Schöpfungen Joseph und ungetrübtes Vergnügen, denn das Ensemble Haydns problemlos messen: Da ist schon ein verfügt über die emotionalen und technischen meisterlich erfundenes, schalkhaftes Hauptthe- Möglichkeiten, sämtliche Wünsche des Kompo- ma, bei dessen Wiederkehr das Fagott über man- nisten zu erfüllen, äußerte Thomas Christian chen eingestreuten Triller „strauchelt“, aber nie- David einmal über die Interpreten.2 Wer die vor- mals stürzt, und auf einigen beigefügten liegende CD hört, wird dies bestätigen können. Tonleiterpassagen gleichsam „ausrutscht“, ohne Alban Peters zu fallen. In den meisten Sätzen sind Kadenzen –––––––––––––– ANMERKUNGEN vorgesehen, die Eckart Hübner – mal kürzer, 1 Englisch im Beiheft der CD mal länger – geschmackvoll ausführt. Bemer- 2 ebda. kenswert sind außerdem im Schluss-Satz des Konzerts C74 zwei ungewöhnliche als Recitati- vo accompagnato gestaltete Abschnitte, die Ro- settis Originalität ebenso belegen, wie zum Bei- spiel die Stockungen im Finale des Konzerts Antonio Rosetti: Bassoon Concertos C69: Scheinbar unsicher geworden, wendet sich (Murray C74, C75, C73, C69), Eckart Hübner (Fagott und Lei- der Solist fragend an das Orchester – dann fällt tung), Deutsche Kammerakademie Neuss, Georgsmarienhütte ihm doch noch das Hauptthema ein, und er setzt 2003, cpo, 1 CD, Best.-Nr. cpo 999 936-2 die musikalische Reise sichtlich erleichtert fort. Während gegen Ende des 18. Jahrhunderts für Für die vorliegende Einspielung wurde das his - die Flöte oder Klarinette zahlreiche Konzerte torische Aufführungsmaterial der Ludwigslus - geschrieben worden sind, gehört das Fagott zu ter Kapelle verwendet, aus dem einst auch unter den weit weniger berücksichtigten Holzblasin- der Leitung des Komponisten musiziert worden strumenten. Meistens sah sich ein Komponist ist. Jedes Konzert dokumentiert Rosettis außer- dazu nur durch die Bekanntschaft mit einem Fa- ordentlichen Erfindungsreichtum: In den ra- gottisten veranlasst, was auch bei Rosetti anzu- schen Sätzen – meistens mit einer „Chasse“ als nehmen ist. Von seinen insgesamt neun bekann- Finale – verbinden sich melodische und virtuo- ten Fagottkonzerten sind noch sechs erhalten. se Elemente zu einem homogenen und stimmi- Das „Universal=Lexicon der Tonkunst“ billigte gen Ganzen – wenn man von einem „singenden schon 1838 Rosettis Kompositionen zu, dass in Allegro“ sprechen darf, dann hier! Weit aus- ihnen Joseph Haydns „– obschon unerreichtes – schwingende Kantilenen bestimmen die lang - Vorbild keineswegs zu verkennen“ sei. Je mehr samen Sätze. Auszierungen sind hier kein man aber aus dem Schaffen des als Anton Rösler äußerliches Beiwerk, sondern wesentlicher Be- um 1750 in Böhmen geborenen, in Oettingen- standteil. Wallerstein und Ludwigslust tätigen Kapell - Eckart Hübner, der das bestens disponierte Be- meisters kennen lernt, desto eher entpuppt er sich gleitorchester auch leitet, präsentiert Rosettis als ernsthafter Konkurrent, der seinen ungleich kurzweilige Konzerte in hervorragender Spiel- berühmteren Kollegen durchaus zu „erreichen“ laune: Großer Ton, geschmackvolle Agogik und vermag. Davon kann man sich leicht überzeugen, eine großartige Leichtigkeit bei den virtuosen weil inzwischen – nicht zuletzt durch das Ver- Passagen. Der transparente Gesamtklang ver- dienst der rührigen Internationalen Rosetti-Ge- hilft auch dem Orchester zu seinem Recht, sellschaft, die auch eine Werkausgabe ihres Na- wobei den Hornisten im ersten und dritten Kon- menspatrons veröffentlicht – viele seiner zert ein Sonderlob gebührt: Rosetti hat für sie Sinfonien und Konzerte auf CD erhältlich sind. „himalaya-verdächtige“ Partien geschrieben, Ein geistreicher Satz, wie das launige Schluss- denen man ihre Schwierigkeiten und die damit Rondo des F-Dur-Konzerts (Murray C75), verbundenen Strapazen nicht anhört. kann sich beispielsweise mit dem einfallsreichen Georg Günther

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Harald Sæverud bildliche Einspielung des abwechslungsreichen, Symphonie Nr. 5 op. 16, Oboenkonzert op. 15, Entrata oft gutgelaunten Stücks. regale op. 41, Sonata Giubilata op. 47; Gordon Hunt Wie auch sein wohl berühmtester Kollege Ed- (Oboe), Stavanger Symphony Orchestra, Ole Christian vard Grieg, verbrachte Sæverud den größten Teil Ruud, Kassel 2003, BIS Records AB, 1 CD, Best.-Nr. Bis seines Lebens in der Hafenstadt Bergen. Entrata 501162 regale und Sonata Giubilata sind kürzere Gele- Die Ehrungen und Auszeichnungen, die der genheitswerke zu Festlichkeiten seiner Heimat- Komponist Harald Sæverud in seinem Heimat- stadt, in denen das Stavanger Symphony Or- land erhielt, lassen seine Bedeutung für das Mu- chestra unter der Leitung von Ole Kristian Ruud sikleben Norwegens erahnen – als wichtigste genauso hohe Orchesterqualität beweist wie in sind ein lebenslanges Künstlerstipendium, nach den vorangegangenen Werken. Hervorstechen- seinem Ritterschlag die Erhebung zum Kom- de Merkmale dieser Aufnahme sind die erlesene mandanten des Königlichen Norwegischen St. Klangkultur sowie eine aus der intensiven Be- Olav-Ordens und das Staatsbegräbnis am Ende schäftigung mit Musikstilen unterschiedlichster seines langen Lebens im Jahre 1992 zu nennen. Art gewonnene Flexibilität, die besonders dem Oboenkonzert zugute kommt. Mit insgesamt neun Symphonien gilt er als der Das Label BIS hat sein Gespür für hierzulande führende Symphoniker Norwegens. Seine groß wenig bekannte Hörenswürdigkeiten vor allem besetzte fünfte Symphonie op. 16, Quasi una im Bereich der Nordischen Musik bereits zahl- fantasia, war unmittelbar bei ihrer Urauffüh- reich unter Beweis gestellt. Auch die vorliegen- rung im Jahre 1941 ein großer Erfolg, der wahr- de CD begeistert und macht neugierig auf die scheinlich auch darin begründet liegt, dass sie zu bereits erschienenen Aufnahmen von Orches - der Zeit der deutschen Besatzung ein aus- terwerken Harald Sæveruds in derselben Beset- drucksstarkes Dokument des Widerstandes war. zung. Alban Peters Sucht man nach einem musikalischen Vergleich, so werden sich die größten Ähnlichkeiten in den Symphonien Schostakowitschs finden las- sen, in deren Nähe sich dieses Werk Sæveruds als ein Stück Zeitgeschichte auch thematisch be- NEUEINGÄNGE findet. Clarinet Now mit Werken von L. Bernstein, Die zentrale Rolle der Oboe, die mit vielen Soli M. Gould, E. Walton Vercoe, J. Chappell und und zentralen Überleitungen betraut ist, schafft B. Bartók; Chester Brezniak (Klarinette), Jeffrey auf der CD eine direkte Verbindung zu dem Chappel (Klavier), Robert Stallman (Flöte), zwei Jahre zuvor entstandenen Oboenkonzert Centaur Records Inc., 2003, 1 CD, Best.-Nr. Cen op. 15, in dem sich der Komponist jedoch einer 50 2663 (Auslieferung: Klassik Center Kassel) vollkommen anderen Tonsprache bedient. In European Flute Festival 1999, Live-Mitschnitt der fast neoklassizistisch gehaltenem Stil wechselt Großveranstaltung in der Frankfurter Hoch- das Werk schnell zwischen dialogartigen, schule für Musik und Darstellende Kunst, Disc manchmal fast spröde wirkenden Passagen von 1: F. Doppler: Ber ceuse op. 15; F. Martin: Balla- Solooboe und Orchester, kantabler Linienfüh- de; M. Castelnuovo-Tedesco: Scherzo rondo; P. rung und virtuosem Wettstreit. Die Oboe kann Boulez: Derive; P. Morlacchi: Il pastore svizzero sich dabei immer optimal entfalten und muss per flauto e piano forte; A. Piazzola: aus Histoi- sich niemals auf „Kraftproben“ mit dem Or- re du Tango Bordel 1900; P. A. Genin: Traviata; chester einlassen, das oft nur sparsam koloriert. M. Marais: Les folies d’espagne für Flöte und B. Gordon Hunt gelingt mit seinem warmen, wei- c., C. Bolling: aus Baroque & Blue; S. Keller: Fi- chen Ton und seiner Fähigkeit zu schnellen ve in Four für Flöten und Live-Elektronik; G. Charakter- und Klangfarbenwechseln eine vor- Wehinger: When I think of you; Disc 2: O. Neu-

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wirth: Spleen II, für Bassflöte; J. Golob: Glasba mann (Barocklaute), Rafik Samman (Perkus - für Flöte und Klavier; A. Jolivet: 1. Satz aus So- sion), 2004, ATMA classique, 1 CD, Best.-Nr. nate für Flöte und Klavier; B. Martinu° : 3. Satz ACD2 2344 aus Sonate; L. Lieberman n: 1. Satz aus Sonate Matthew Locke: Consort of Fower Parts, Six Suites; für Flöte und Klavier; J. S. Bach: 1. Satz aus So- Flanders Recorder Quartet, Bart Spanhove, Han nate A-Dur BWV 1032; E. Denisov: Sonate für Tol, Joris Van Goethem, Paul Van Loey, Kor- 2 Flöten (Allegro, Molto tranquillo); Ph. Racine: schenbroich 2004, Aeolus-Tonträger, 1 CD, Mais, hier …; M. Meyer-Olbersleben: Ständchen Best.-Nr. AE-10106 aus Fantasie-Sonate op. 17; J. Fran çaix: Cinque Piccolo Duetti; Deutsche Gesellschaft für Flöte G. Ph. Telemann / M. Maute: Duos & Fantaisies, En- e.V., Eschersheimer Landstr. 93, 60322 Frank- semble Caprice: Matthias Maute und Sophie La- furt/M., 2 CDs, Best.-Nr. DGFF002 rivière (Blockflöte und Traversflöte), Alexander Weimann (Clavichord), 2004, ATMA Classique, Les Sept Sauts: Barocke Kammermusik am Stuttgar- 1 CD, Best.-Nr. ACD2 2309 ter Hof mit Werken von Th. Schwartzkopff, An- onyme, S. Bodino, Sig. Detri; Ensemble Capri- Un lay de consolation, mit Werken von Dirk ce: Matthias Maute (Blockflöte, Traversflöte, Reith, Susanne Erding Swiridoff, Hans-Chris - Barockvioline), Sophie Larivière (Blockflöte, tian von Dadelsen, Axel Ruoff, Wilfried Jentzsch Traversflöte), Lukas Friedrich (Barockvioline), und Wolfgang Grandjean; Ulrike Volkhardt Michael Spengler (Viola da gamba), Maria (Blockflöte), Mainz 2004, Wergo/Schott, 1 Ar- Gross mann (Cembalo, Orgel), Hubert Hoff- tist-CD, Best.-Nr. Arts 8106 2

European Recorder Teachers Association

Liebe Leserinnen und Leser,

gleich nach den CD-Rezensionen, also an dieser Stelle im Heft, waren bisher die Ver- lautbarungen der European Recorder Teachers Association e. V. zu lesen, kurz ERTA- Nachrichten genannt.Auf vier redaktionellen Seiten pro Ausgabe, die der Moeck Ver- lag dem Verein seit 1993 kostenlos zur Verfügung stellte, konnte dieser seine Mitglieder über alle Belange des Vereins informieren. TIBIA war also (auf vier Seiten) das Organ der ERTA.

Diese enge Zusammenarbeit zwischen ERTA und TIBIA ist jetzt beendet worden. Der Verein wird in Zukunft per Anschreiben mit seinen Mitgliedern in Kontakt treten.

TIBIA wird aber den ERTA-Kurskalender weiterhin abdrucken. Unsere Leser finden ihn jeweils am Ende der Rubrik „Veranstaltungen“, in diesem Heft also auf Seite 407. 

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Ruf nach Südkorea

Hartmut Gerhold, bis lage für die Arbeit des German College of Music zum Ende des vergangen Weimar ist ein Kooperationsvertrag zwischen Jahres Mitherausgeber der Franz-Liszt-Hochschule und der Kangnam- von Tibia, wurde von der Universität, der am 26. Oktober 2004 in Weimar Musikhochschule Franz unterzeichnet wurde. Auf deutscher Seite wird Liszt Weimar als Gastpro- das Projekt gefördert durch den DAAD (Deut- fessor an das German Col- scher Akademischer Austauschdienst) und das lege of Music Weimar at Bundesministerium für Wissenschaft und For- Kangnam University in schung. Für den geplanten deutsch-koreanischen Yongin (bei Seoul) in Süd- Bachelor-Studiengang Major in Music entsendet korea berufen. die Musikhochschule Weimar die Dozenten für die künstlerischen Hauptfächer. Der Unterricht Gerhold wird während der auf vier Jahre ange- in den übrigen Fächern wird von koreanischen legten Aufbauphase dieser neu gegründeten er - Fachkräften erteilt. Das German College of Mu- sten binationalen Musikhochschule die Fächer sic Weimar beginnt mit dem Unterricht Anfang Flöte und Kammermusik unterrichten. Grund - März 2005 zum Sommer- Semester.

Theo Kinder In Memoriam Elli Edler-Busch

Am 4.10.2004 verstarb fünf Flöten gemeinsam musizierten, spielte sie 80-jährig Frau Elli Ed- mit Interessierten im Flötenchor. Da immer mehr ler-Busch an einem Spieler daran Freude und Erfüllung fanden, Krebsleiden. Geboren gleichzeitig aber kein Kurs-Anbieter sich zu am 30.4.1924, studierte solch „abwegigen“ Angeboten hergab, gründete sie Querflöte zunächst sie 1983 den – inzwischen internationalen – Ver- in Graz und dann bei ein Freunde der Querflöte e.V., dessen langjähri- Johannes Lorenz in ge Vorsitzende sie war und den sie durch ihre Art Hamburg. In ihrer jah- unvergesslich geprägt hat. Dieser Verein gab erst- relangen Un ter richts - mals bundesweit interessierten Flötisten die tätigkeit an der Jugend - Möglichkeit, in zahlreichen Kursen und Veran- musikschule Hamburg staltungen zusammen zu musizieren und unter sammelte sie eine Unmenge an Erfahrung im professioneller Anleitung Neues dazuzulernen. Umgang mit Lernenden. Sie war stets die Prakti- Er ist inzwischen im 22. Jahr und hat ungebrem- kerin, die versuchte, Erfahrenes neu umzusetzen, sten Zulauf und Zuspruch. Der Verein und seine und die vor allem immer auch nach neuen, nach Entwicklung sind sicherlich als ein Hauptteil ih- weiterführenden Wegen suchte. res Lebenswerkes zu sehen, schon allein dafür ge- bührt ihr größte Anerkennung. Die ihr weit über die Grenzen Hamburgs hinaus zustehende berufliche Anerkennung blieb ihr Mit Respekt und Dankbarkeit werden wir uns immer ein wenig versagt, da sie für viele vielleicht an sie erinnern. Theo Kinder zwei Schritte voraus war. Zu Zeiten, in denen es Im Namen des Vereins noch undenkbar war, dass mehr als höchstens Freunde der Querflöte e.V.

402 TIBIA 1/2005 Neues aus der Holzbläserwelt

Die Preisträger des ERTA-Wettbewerbs vom 24. und 25. September 2004 in Freiburg

Den ersten Preis erhielt das Ensemble von Mar- um der Stadt Wien. Karin Silldorff studierte tin Erhardt (Blockflöte), Silvia Müller (Block- Blockflöte bei Robert Finster und Rahel Stoell- flöte) und Mikhail Yarzhembovskiy (Cembalo). ger. Zusammen mit An- Sie spielten gelika Huemer erhielt Werke von A. sie den Würdigungs- Falconiero, preis der Gesellschaft G. B. Vitali, der Freunde der M. Marais, H. Musikuniversität Purcell sowie Graz. Sie ist ein eigenes zudem Mit- Arrangement glied der Gra- des Readings zer Irish- Ground. Folk-Band Shennani- Alle drei Mu siker sind Studenten an der Hoch- gans und un- schule für Musik Franz Liszt Weimar und traten terrichtet am zum Wettbewerb erstmals in dieser Besetzung Konservato- auf. Martin Erhardt studiert Blockflöte bei Prof. rium in Myriam Eichberger, Cembalo bei Prof. Bern- Graz. Peter hard Klapprott und Musiktheorie bei Prof. Trefflinger Klaus Heiwolt. Silvia Müller studiert ebenfalls studierte zunächst Violoncello bei Jannis Chro- Blockflöte bei Prof. Myriam Eichberger, und nopoulos in Graz, danach Barockcello bei Jörg Mik hail Yarzhembowskiy studierte zunächst Zwicker in Wien und Viola da Gamba bei Lo- Klavier und begann danach ein Cembalostudi- renz Duftschmid. Er ist Mitglied vieler österrei- um bei Prof. Bernhard Klapprott. chischer Orchester für Alte Musik und ver- schiedener Kammermusik ensembles. Nikolaus Newerkla ist als Komponist und Arrangeur auf- Der zweite Preis wurde dem Quadriga Consort grund seiner intensiven Beschäftigung mit Quel- zuerkannt, das im Jahr 2000 von den Freunden len alter englischer Musik für zahlreiche Bear- und Mu sikern Angelika Huemer (Blockflöte beitungen im Repertoire des Quadriga Consort und Gambe), Karin Silldorff (Blockflöte), Peter verantwortlich. Er studierte zunächst Klavier in Trefflinger (Barockcello) und Nikolaus Newer- Graz, fand aber durch den Einfluss des Organis- kla (Cembalo) gegründet wurde, alle vier damals ten und Improvisators Kurt Neuhauser den Weg Studenten der Grazer Musikuniversität. Sie zu alten Tasteninstrumenten, insbesondere dem überzeugten mit dem Programm Songs & Tunes, Cembalo. das Grounds, Tänze und Lieder auch in eigenen Im März 2005 wird die neue CD des Quadriga Arrangements von den Britischen Inseln umfasste. Consorts „As I Walked Forth“ in der ORF-Edi- Angelika Huemer studierte Blockflöte u. a. bei tion Alte Musik erscheinen. Das Ensemble wur- Robert Finster, Rahel Stoellger und Michael de außerdem für ein Konzert am 25. Juni 2005 Posch, Viola da Gamba bei Lorenz Duftschmid beim renommierten österreichischen Trigonale- an der Musikuniversität und dem Konservatori- Festival für Alte Musik in verpflichtet.

TIBIA 1/2005 403 Ensemblespiel-Kurse im Blockflötenzentrum Bremen – 2005 – Kurs I 14. – 16. Januar 2005 Kurs IV 25. – 26. Juni 2005 mit Bart Spanhove vom Flanders Recor- mit Dörte Nienstedt (Bremen) der Quartet, Belgien Einstieg ins Ensemblespiel mit ersten „Wie können wir ein richtig gutes Ensem- Versuchen vierstimmig zu musizieren – ble werden?“ – ein Kurs für versierte Spie- Anregungen zu Atmung, Haltung, Artiku- ler und feststehende Blockflötengruppen lation und Daumentechnik Preis: € 90,–/65,– Preis: € 75,–/40,–

Kurs II 11. – 13. März 2005 Kurs V 30. Sept. – 2. Okt. 2005 mit Stefan Schrader (Bremen) mit Paul Leenhouts (Amsterdam) Ensemblespielkurs für alle! Musik mit vie- Einführung in den Jazz: Improvisation len Flöten, schöner Literatur und viel und Ensemblespiel mit jazzigen Arrange- Spaß – auch für Anfänger im Ensemble- ments für alle Blockflötenbegeisterten mit spiel Instrumenten in allen Größen Preis: € 75,–/40,– Preis: € 90,–/65,–

Kurs III 21. – 22. Mai 2005 Kurs VI 11. – 13. November 2005 mit Irmhild Beutler vom Ensemble Drei- mit Martina Bley (Bremen) klang Berlin Weihnachtliche Musik für Blockflötenor- Ensemblespiel in großer Gruppe mit Wer- chester – Einstimmen auf Weihnachten in ken von Irmhild Beutler u.a. – geeignet für großer Besetzung, besonders willkom- geübte Ensemblespieler men sind Bass-, Großbass- und Sub- Preis: € 75,–/40,– bassflöten Preis: € 75,–/40,–

Information: Osterdeich 59a, 28203 Bremen Tel.: 0421-702852 · [email protected]

404 TIBIA 1/2005 UK MOECK/SRP SOLO RECORDER PLAYING COMPETITION

Aimed at young players who aspire to a professional career in music, the competitors will probably be approaching their final years of study or have recently started on their chosen career Adjudicators Paul Leenhouts, Pierre Hamon, Ian Wilson

First prize of a recital at the Greenwich International Festival of Early Music 2006

Cash prizes donated by Moeck UK, The Society of Recorder Players and the Walter Bergmann Fund

Finals to take place in the form of a public concert during the Greenwich International Festival of Early Music 2005

Initial entry requirements include a CD or cassette of 30 minutes duration, including a brief set piece, demonstrating the applicant’s standards of playing over a wide cross-section of the recorder repertoire

This is an International Competition open to recorder players under thirty years of age on 1st November 2005 Closing date for entries 4th February 2005

For further information please contact: M ary Tyers, C ompetition A dministrator 1A H illcrest, D urham DH 1 1RB, E ngland Tel: 0191 384 0629 · E -mail: [email protected]

TIBIA 1/2005 405 Veranstaltungen

eine Meisterklasse und Vorträge von Andreas 5. FOLKWANG SYMPOSION Gutzwiller, Kouhei Nishikawa u.a. (Ehrengast FÜR BLOCKFLÖTENMUSIK/ ist der berühmte japanische Komponist Ryohei QUERFLÖTENMUSIK Hirose aus Kyoto), Info: www.folkwang-hoch schule.de, Rubrik: Aktuelles NEUE MUSIK AUS JAPAN 11.–13.3.2005, Querflöten-Workshop, Interpreta - UND IHRE WURZELN tion, Flötentechnik, Methodik für Flötenlehrer, IN DER TRADITION Flötenliebhaber jeden Alters, Musikstudenten, Leitung: Elisabeth Weinzierl und Edmund PROF. RYOHEI HIROSE, KYOTO/TOKYO Wächter, Ort: Bayreuth, Villa Hornschuh, Info: Landesverband Bayerischer Tonkünstler e.V., DR. ANDREAS GUTZWILLER, BASEL Sandstr. 31, 80335 München, Tel. 089 - 54 21 20 KOUHEI NISHIKAWA, TOKYO 80, E-Mail: LV.Bayerischer.Tonkuenstler@t- PROF. DR. DETLEV SCHAUWECKER, KYOTO online.de HIROMI ISHII, LONDON 28.3.–3.4.2005 Seminar für Blockflöte, Zielgruppe: PROF. GUNHILD OTT, ESSEN Musikpädagogen, fortgeschrittene Laien und Studierende der unteren Semester, Werke von GUDULA ROSA, MÜNSTER/ESSEN G. Ph. Telemann vom Solo über Kammermusik PROF. ULRIKE VOLKHARDT, ESSEN bis zu Kantate und Konzert, Renaissance und Mittelalter bilden den zweiten Schwerpunkt, 11. - 13. FEBRUAR 2005 Leitung: Marianne Lüthi, Ort: St. Moritz, Info: INFO: Hotel Laudinella, Kurse, CH-7500 St. Moritz, http://www.folkwang-hochschule.de Tel.: +41-(0)818360000, Fax: +41(0)818360001, Rubrik: Aktuelles E-Mail: [email protected], www.laudinella.ch 28.3.–3.4.2005 Woche für Renaissancemusik im Kloster Bernstein (Sulz/Neckar), Leitung: 5.3.2005, Flöten ohne Grenzen, Meisterkurs / Michael Brüssing (Viola da gamba), Günther Work shop, Neue Musik für Flöte / Flöte und Hartenstein (Historische Blasinstrumente), Ort: Klavier mit Carin Levine und Kristi Becker, Ort: Tagungshaus Kloster Bernstein, 72172 Sulz/ München, Gasteig, Info und Anmeldung: Ver- Bern stein, Info: Tel.: +49-(0)7454-8314, Fax: band Münchener Tonkünstler e.V., Tel.: 089-52 +49-(0)7454-9805070 und Michael Brüssing, 055840; E-Mail: muenchner.tonkuenstler@t- Robert-Hamerlingg. 5/16, A-1150 Wien, Tel./ online.de Fax: +43-1-8922350, E-Mail: michael.brues [email protected] Vom 11.–13. Februar 2005 findet das 5. Folkwang Symposion für Blockflöten-/Querflötenmusik statt. 25.-30.4.2005 Meisterkurs Klarinette, Prof. Fran - Zum Thema „Neue Musik aus Japan und ihre çois Benda (Berlin), Ort: Georgsmarienhütte, Wurzeln in der Tradition“ gibt es Konzerte mit Info: Forum artium, 49124 Georgsmarienhütte, Shakuhachi, Noflöte, Block- und Querflöte, Am Kasinopark 1-3, Tel.: +49-(0)5401-34160, Fax: +49-(0)5401-34223, www.forum-artium.de, E-Mail: [email protected] 3.–8.5.2005 Meisterkurs Flöte, Prof. Michael Faust Blockflöte kaput t? (Düsseldorf), Ort: Georgsmarienhütte, Info: Forum artium, 49124 Georgsmarienhütte, Am Die besten Flötenbauer Deutschlands reparieren für Sie. Kasinopark 1-3, Tel.: +49-(0)5401-34160, Fax: early music im Ibach-Hau s ·Tel. 02336 /990290 ·Fax 02336 /914213 +49-(0)5401-34223, www.forum-artium.de, E- Mail: early-musi c@ t-online .de Mail: [email protected]

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TIBIA 1/2005 407 Veranstaltungen

LETZTE MELDUNGEN: Impressum TIBIA · Magazin für Holzbläser 22.1.2005 3. Blockflötentag im Ibach-Haus, Schwelm, 30. Jahrgang · Heft 1/2005 mit Dorothee Oberlinger (Vivaldi – eine Fund - Herausgeber: Dr. Her mann Moeck, Prof. Christian grube für die Blockflöte), Adriana Breukink Schneider, Peter Thalheimer, Prof. Dr. Ulrich Thieme (Block flötenbau), Fa. Moeck (Reparaturworkshop Schriftleitung: Sabine Haase-Moeck und Ausstellung), Nadja Schubert (Improvisation E-Mail: [email protected] Anschrift der Redaktion: Moeck Musikinstrumente + mit Kindern), Manfredo Zimmermann (3 Tempi Verlag, Postfach 31 31, D-29231 Celle Play Along Mitspiel CDs – ein neues Konzept) und Telefon: 05141/88 53 0, Fax: 05141/88 53 42 einem Konzert mit Piers Adams & Red Priest, In- E-Mail für redaktionelle Beiträge: fo: Early Music im Ibach-Haus, Wilhelmstraße 43, [email protected] 58332 Schwelm, Tel.: 02336-990290, Fax: 02336- Gezeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Mei- 914213, [email protected] nung der Herausgeber, der Schriftleitung oder des Verlages dar. Sämtliche Rechte für alle Länder blei- 18. – 19.2.2005 Das Instrumentarium Johan Sebas - ben vorbehalten. Nachdruck – auch teil weise – nur tian Bachs, Symposium im Rahmen der 7. Stuttgar- mit vorheriger Genehmigung des Verlages. Für unver langt eingesandte Manuskripte und Fotos ter Bachwoche, Info: Internationale Bachakademie, übernehmen Verlag und Redaktion keine Haftung. Johann-Sebastian-Bach-Platz, 70178 Stuttgart, Tel.: Die Redak tion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt zu (0711) 619210, Fax: 0711-6192130, www.bach ver öf fentlichen. akademie.de Erscheinungsweise: viermal jährlich – Januar, April, Juli, Oktober. Redaktionsschluss: 15. November, 12.3.2005 4. Blockflötentag im Ibach-Haus, Schwelm, 15. Februar, 15. Mai und 15. August mit Bart Spanhove (Blockflötenkurs), Ralf Ehlert Bezugskosten: Jahresabonnement im Inland r 20,00, (Reparaturworkshop und Ausstellung), Ursula- Ein zelheft r 6,50; Jahresabonnement im Ausland Kurz-Lange (Instrumententaschen) und einem r 22,50; zuzüglich Versand kosten Anzeigenverwaltung: Renate Szentpáli, Konzert mit Dan Laurin, Info: Early Music im Moeck Musikinstrumente + Verlag Ibach-Haus, Wilhelmstraße 43, 58332 Schwelm, Postfach 31 31, D-29231 Celle Tel.: 02336-990290, Fax: 02336-914213, early- Telefon : 05141/88 53 45, Fax: 05141/88 53 42 E-Mail: [email protected] [email protected] 1 Zur Zeit gilt Preisliste Nr. 17, r 30,00 ( /16 Seite) bis 1 16.4.2004 5. Blockflötentag im Ibach-Haus, Schwelm, r 420,00 ( /1 Seite), zuzüglich Mehrwertsteuer; Zu - mit Karel van Steenhoven (Blockflötenkurs), Ste- schläge für angeschnittene Anzeigen, Satzspie gel - überschreitungen, Platzierungsvorschrift. Anfallende phan Blezinger (Ausstellung), Fa. Mollenhauer Litho- bzw. Satz kosten werden gesondert in Rech- (Reparaturworkshop) und Konzerten des Amster- nung gestellt. dam Loeki Stardust Quartets und Preisträgern des Anzeigenschluss: 1. Dezember, 1. März, 1. Juni, ERTA-Wettbewerbs 2004, Info: Early Music im 1. September Ibach-Haus, Wilhelmstraße 43, 58332 Schwelm, Satz: Moeck Musikinstrumente + Verlag, Celle Tel.: 02336-990290, Fax: 02336-914213, early- Druck: MHD Druck und Service GmbH, Hermannsburg © 2005 by Moeck Musikinstrumente + Verlag, Celle, [email protected] Printed in Germany, ISSN 0176-6511

TIBIA 2/2005 erscheint im April 2005 und bringt neben Berichten, Rezensionen und Informa- tionen voraussichtlich Sachbeiträge zu folgenden Themen: David Lasocki: Ein Überblick über die Blockflötenforschung 2002 Georg Meerwein: Der Oboist Alfred Gleißberg und die Berthold-Oboe Mareike Bruns: Holz – Werkstoff für den Flötenbau Ulrich Thieme: Das zweite Leben – Frans Brüggen als Dirigent und ein Porträt der Blockflötenpädagogin Siri Rovatkay

408 TIBIA 1/2005