Kurzporträts Der Ringträger
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Rainer Scharf KURZPORTRÄTS DER RINGTRÄGER PTB-Mitteilungen 01 / 2018 Ein Nobelpreis für die Technik 63 Ringträger 1916 CARL VON LINDE Der erste Werner-von-Siemens- als akademischer Lehrer war Ring wurde 1916 an Carl Ritter Linde erfolgreich, indem er von Linde verliehen. Als Sohn seinen Studenten thermodyna- eines Pastors am 11. Juni 1842 mische Vorgänge in Maschinen im oberfränkischen Berndorf praxisnah erläuterte. So erfuhr als Carl Linde geboren, nahm Rudolf Diesel in Lindes Ther- er 1861 nach dem Abitur ein modynamikvorlesungen den Studium der Maschinenlehre ersten Anstoß zur Entwicklung am Eidgenössischen Poly- des Dieselmotors. Carl Linde technikum in Zürich auf. Zu verließ 1879 den Staatsdienst , seinen Lehrern zählten dort um sich der industriellen der Mathematiker Richard Auswertung seiner Erfin- Dedekind, der Physiker Rudolf dungen und Patente widmen Clausius sowie die Ingenieure zu können. Zusammen mit Gustav Zeuner und Franz Reu- Bierbrauern und anderen Teil- leaux. Als engagierter Vertreter habern gründete er die „Gesell- studentischer Interessen geriet schaft für Lindes Eismaschi- er in Konflikt mit der Leitung nen“, deren Vorstand er wurde. des Polytechnikums, das er dar- Aus dem Unternehmen gingen aufhin 1864 kurz vor der Aus- zahlreiche technische Entwick- händigung des Ingenieurdip- lungen hervor, die der Kühlung loms verlassen musste. Da seine von Lebensmitteln, der Bier- Professoren ihn aber wegen brautechnik und Verfahren der seiner Fähigkeiten schätzten, chemischen Industrie zugute- stellten sie ihm persönliche kamen. 1890 trat Linde von der Zeugnisse aus, die ihm für den Geschäftsführung zurück und weiteren Berufsweg, so Linde, übernahm wieder eine Profes- wesentliche Dienste geleistet sur. In den folgenden Jahren hätten. Nach dem fehlenden gelang ihm die Verflüssigung Ingenieurdiplom sei er niemals von Luft sowie die Produk- gefragt worden. Wieder zurück tion von flüssigem Sauerstoff in Deutschland arbeitete Linde und flüssigem Stickstoff im in der Industrie, zuletzt als Großverfahren. Durch fraktio- Leiter des Konstruktionsbüros nierte Verdampfung konnte er der Lokomotivfabrik Krauß in reinen Sauerstoff und Stickstoff München. An der neugeschaf- gewinnen. Der 1895 geadelte fenen Polytechnischen Hoch- Carl von Linde erhielt neben schule in München wurde er dem Siemens-Ring zahlrei- 1868 Privatdozent, dann außer- che weitere Ehrungen, so den ordentlicher Professor und Orden Pour le Mérite für Wis- 1872 ordentlicher Professor für senschaften und Künste sowie Maschinenlehre. Aus seiner mehrere Ehrendoktorwürden. wissenschaftlichen Arbeit Er starb am 16. November 1934 gingen grundlegende Veröf- in München. fentlichungen und Erfindungen zur Kältetechnik hervor. So entwickelte er eine Ammoniak- Kältemaschine, indem er die Clausius’sche Thermodynamik systematisch anwendete. Auch 64 Kurzporträts der Ringträger PTB-Mitteilungen 01 / 2018 Ringträger 1919 CARL AUER VON WELSBACH Der zweite Pionier der tech- Beleuchtung beendet wurde. nischen Wissenschaften, der Seine Fabrik nahe Wien und mit dem Siemens-Ring geehrt ihre zahlreichen Tochtergesell- wurde, ist Carl Auer Freiherr schaften in aller Welt befrie- von Welsbach. Er erhielt die digten die Nachfrage nach Auszeichnung 1920 vor allem, „Auerbrennern“. Carl Auer von wie es in der Laudatio heißt, für Welsbach hatte schon frühzei- den „Aufschwung künstlicher tig Laborversuche durchge- Beleuchtung durch den Auer- führt, um den lichttechnischen brenner“ und für die „Osmi- Wirkungsgrad elektrischer umlampe, welche die Reihe der Glühlampen zu verbessern. elektrischen Metalldrahtlam- Statt der damals benutzten pen eröffnete“. Zudem führte Edison’schen Kohlefaden- er zahlreiche chemische und lampen, deren Lichtausbeute technologische Forschungsar- sich nicht mehr steigern ließ, beiten durch, aus denen u. a. entwickelte er Metallfadenlam- neue Trennverfahren für die pen, die zunächst Osmium- Elemente der seltenen Erden und später Wolframdrähte durch fraktionierte Kristalli- enthielten. Darauf geht auch sation hervorgingen. Er wurde der von ihm erdachte Name am 1. September 1858 in Wien der Firma „Osram“ zurück, die geboren, wo er nach dem seine entsprechenden Patente Besuch von Gymnasium und verwertete. Von 1910 bis 1928 Realschule 1878 ein Chemie- forschte er in seinem Laborato- studium aufnahm, das er in rium in dem von ihm gebauten Heidelberg fortsetzte und Schloss Welsbach bei Mölbling 1882 durch eine Promotion in Kärnten. Bemühungen, bei Robert Wilhelm Bunsen ihn für eine Tätigkeit an einer abschloss. Anschließend kehrte Hochschule zu gewinnen, er nach Wien an das chemi- blieben erfolglos. Neben dem sche Institut von Adolf Lieben Siemens-Ring erhielt er zahlrei- zurück, wo er eine Assistenten- che weitere Ehrungen, u. a. vier stelle annahm und die Eigen- Ehrendoktortitel der Universi- schaften seltener Erden sowie täten bzw. Technischen Hoch- die Leuchterscheinungen ihrer schulen in Wien, Karlsruhe, Verbindungen untersuchte. Freiburg und Graz. Schon 1901 Indem er Baumwollgewebe war Carl Auer in den Freiherrn- mit den Salzen bestimmter stand erhoben worden. Er starb seltener Erden tränkte und am 4. August 1929 in Mölbling. dann mit einem Bunsenbren- ner veraschte, stellte er die ersten Gasglühstrümpfe her, die er 1885 patentieren ließ. Nachdem er die Brenndauer und die Lichtausbeute der Glühstrümpfe erheblich ver- bessern konnte, leiteten diese den Siegeszug der Gasbeleuch- tung ein, der erst durch das Aufkommen der elektrischen PTB-Mitteilungen 01 / 2018 EinKurzporträts Nobelpreis der für Ringträgerdie Technik 65 Ringträger 1923 CARL BOSCH Carl Bosch, der 1924 den der großtechnischen Erzeugung Siemens-Ring erhielt, wurde von Ammoniak voran. Schon am 27. August 1874 in Köln 1913 konnte eine große Ammo- geboren. Der jüngere Bruder niakfabrik nahe Ludwigshafen seines Vaters war der Industri- in Betrieb genommen werden. elle Robert Bosch. Nach dem Während des Ersten Weltkrie- Besuch der Kölner Oberre- ges konnte das Deutsche Reich alschule, wo Carl Bosch die keinen Chile salpeter einfüh- Reifeprüfung ablegte, wollte ren, den es für die Herstellung er ein naturwissenschaftli- von Sprengstoff und Dünge- ches Studium beginnen. Doch mitteln benötigte. Daraufhin zunächst absolvierte er auf wurde unter Boschs Leitung Wunsch seines Vaters eine ein großes Ammoniakwerk Lehre in einem Eisenhütten- bei Leuna gebaut und 1917 in werk. Anschließend studierte Betrieb genommen, das Abhilfe er ab 1894 Maschinenbau und schaffte. Nach Kriegsende nahm Hüttenwesen an der Techni- Bosch 1919 an den Versailler schen Hochschule Charlotten- Friedensverhandlungen teil, burg und wechselte 1896 an in denen es ihm gelang, die die Universität Leipzig, wo er deutschen Chemieanlagen vor ein Chemiestudium aufnahm, der Zerstörung zu bewahren. das er 1898 mit der Promotion Mit Carl Duisberg, dem Gene- abschloss. Im Jahr darauf trat er raldirektor der Farbenfabriken als Chemiker in das Hauptlabo- Bayer Leverkusen, schuf er eine ratorium der Badischen Anilin- Interessengemeinschaft deut- und Sodafabrik in Ludwigshafen scher Chemiefirmen, aus der ein. Er beschäftigte sich u. a. mit 1925 der Großkonzern IG Far- Katalysatoren und ihrem Ein- benindustrie hervorging, dessen fluss auf die Geschwindigkeit Vorstandsvorsitzender Bosch chemischer Reaktionen. 1900 wurde. Unter seiner Ägide wandte er sich dem Problem zu, wurde die katalytische Druckhy- Ammoniak aus Luftstickstoff drierung von Braunkohle nach und Wasserstoff zu syntheti- einem Verfahren von Friedrich sieren. Er hatte ein angebliches Bergius („Kohleverflüssigung“) Syntheseverfahren, das Wilhelm entwickelt. Neben dem Sie- Ostwald der BASF zum Kauf mens-Ring erhielt Bosch viele anbot, untersucht und nicht weitere Ehrungen, darunter fünf bestätigen können. Als der Che- Ehrenpromotionen. 1931 erhielt miker Fritz Haber seine For- er gemeinsam mit Bergius den schungsergebnisse zur kataly- Chemienobelpreis für seine sierten Ammoniaksynthese bei Verdienste um die Entwicklung der BASF einbrachte, stand ihm chemischer Hochdruckverfah- Carl Bosch als kongenialer Mit- ren. 1937 wurde er Nachfolger arbeiter zur Seite. Gemeinsam von Max Planck als Präsident gelang es ihnen 1908, Ammo- der Kaiser-Wilhelm-Gesell- niak mit Osmium als Katalysa- schaft. Von den Nationalsozia- tor bei über 500 °C und einem listen aus allen Leitungspositi- Druck von mehr als 10 Megap- onen gedrängt, starb er am 26. ascal zu erzeugen. Ab 1909 April 1940 in Heidelberg. trieb Bosch die Entwicklung 66 Kurzporträts der Ringträger PTB-Mitteilungen 01 / 2018 Ringträger 1926 OSKAR VON MILLER Oskar von Miller wurde am Generatoren mit einer Leistung 7. Mai 1855 in München als von jeweils 1000 PS liefen, was Sohn des Leiters der dorti- damals Rekord war. Obwohl gen Königlichen Erzgießerei die AEG florierte, verließ von geboren. Nach seinem Abitur Miller 1890 das Unternehmen, studierte er am Münchner um in München ein eigenes Polytechnikum Wasser- und Ingenieurbüro zu gründen. Brückenbau. Nach dem Staats- Dessen erster großer Erfolg war examen arbeitete er als Bau- 1891 die organisatorische und ingenieur beim Straßen- und technische Leitung der „Elekt- Flussbauamt München und rotechnischen Ausstellung“ in später bei der königlichen Frankfurt am Main. Für großes Regierung von Oberbayern. Aufsehen sorgte eine von Miller Bei diesen Tätigkeiten waren initiierte 175 Kilometer lange seine kreativen Fähigkeiten Hochspannungsverbindung unerwünscht. Die Wende kam vom Kraftwerk Laufen am für ihn, als er 1881 von seiner Neckar zum Ausstellungsge- Behörde für mehrere Wochen lände in Frankfurt. Danach als Kommissär