Erweiterungsbau Finanzamt Biberach Impressum

Herausgeber Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg Neues Schloss, Schlossplatz 4 70173

Redaktion und Konzeption Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt

Gestaltung Staatsanzeiger für Baden-Württemberg GmbH, Stuttgart

Druck Kohlhammer Druck, Stuttgart

Fotonachweis Christian Richters Fotografie, Berlin: Titel, S. 2, 4, 6, 7 oben, 7 unten, 8-9, 12, 14, 16-17, 18, 20, 23, 26, 30, 32; Wilhelm Mundt, Köln: S. 22; Ministerium für Finanzen BW: S. 5; Vermögen und Bau BW, Amt Ulm: S. 10, 21, Impressum; hartwig schneider architekten, Stuttgart: Pläne S. 24, 28, 29

© Oktober 2016

Die Broschüre steht unter www.fm.baden-wuerttemberg.de im Informations- service zum Download zur Verfügung.

Elektroinstallation an Betonfertigteil Erweiterungsbau Finanzamt Biberach Inhalt

5 Grußwort 25 Gedanken zur Architektur Edith Sitzmann MdL Prof. Hartwig Schneider Ministerin für Finanzen des Landes hartwig schneider architekten, Stuttgart Baden-Württemberg 31 Projektdaten 11 Bauen für die Steuerverwaltung Ministerialdirigent Rolf Sutter 33 Planungsbeteiligte Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg 34 Ausführende Firmen 15 Moderne Organisationsstrukturen für eine effektive Steuerverwaltung 37 Impressum Leitender Regierungsdirektor Roland Eberhart Vorsteher des Finanzamts Biberach

19 Vom Wettbewerb zum Gebäude Leitender Baudirektor Wilmuth Lindenthal Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Ulm

Gebäudeansicht Südwest 3 Grußwort

Edith Sitzmann MdL Ministerin für Finanzen des Landes Baden-Württemberg

Über 70 Prozent der Einnahmen des Landes Baden- Weise. Mit dem Bau haben wir mehr Platz und neue Württemberg speisen sich allein aus Steuern. Mit Flächen für die Aktenhaltung geschaffen. Zudem den Steuereinnahmen ist es möglich, vielfältige sind nun alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Aufgaben wie beispielsweise die soziale Sicherung, Finanzamts zentral am Hauptsitz nahe der histo- die Daseinsvorsorge oder die innere Sicherheit zu rischen Altstadt untergebracht. Das erleichtert die erfüllen. Neben einer hohen Effizienz und Leistungs- Zusammenarbeit sicher noch mehr. Auf rund 2.500 stärke der Verwaltung ist die kundenorientierte und Quadratmetern finden künftig rund 90 Bedienstete bürgerfreundliche Steuerverwaltung ein zentraler einen attraktiven und zeitgemäßen Arbeitsplatz vor. Baustein, denn der Servicegedanke und die Bürger- freundlichkeit sind uns wichtig. So entstand mit dem Ich danke allen, die am Bau beteiligt waren, sehr Erweiterungsbau auch eine moderne zentrale Infor- herzlich für ihr Engagement. Damit konnte der mations- und Annahmestelle für die Bürgerinnen Erweiterungsbau so gut gelingen und der veran- und Bürger. schlagte Kostenrahmen eingehalten werden. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzamts Ein weiterer Baustein ist die adäquate Unterbringung Biberach wünsche ich weiterhin viel Erfolg und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit dem immer viel Freude beim Arbeiten in den neuen Erweiterungsbau für das Finanzamt Biberach haben Räumen. Mein abschließender Dank geht zudem wir die Rahmenbedingungen deutlich verbessert – an alle Bürgerinnen und Bürger des Landes Baden- und das auf eine architektonisch sehr ansprechende Württemberg.

Linke Seite: Gebäudefassade von Westen 4 5 Versammlungsraum

Flurzone Erdgeschoss

Linke Seite: Innenhoffassade 6 Fassade Bahnhofstraße mit Haupteingang

8 9 Bauen für die Steuerverwaltung

Ministerialdirigent Rolf Sutter Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg

Die Ausgaben des Landes Baden-Württemberg belie- Neuunterbringung des Landeszentrums für Da- fen sich zuletzt auf über 40 Milliarden Euro jährlich tenverarbeitung in , die Sanierung von – mit steigender Tendenz. Sie werden größtenteils denkmalgeschützten Unterkunftsgebäuden des durch Steuereinnahmen finanziert. Bildungszentrums der Oberfinanzdirektion Karls- ruhe in Schwäbisch Gmünd, die Verbesserung der Verantwortlich hierfür ist die Steuerverwaltung der Gesamtunterbringung der Finanzämter Überlingen, Oberfinanzdirektion Karlsruhe mit ihren 65 Finanz- -Tiengen und Donaueschingen und nicht ämtern und insgesamt rund 15.000 Bediensteten. zuletzt der nun fertiggestellte Erweiterungsbau für Diese sind in über 230 mehrheitlich landeseigenen das Finanzamt Biberach. Gebäuden mit rund 400.000 m² Nutzfläche unterge- bracht. Insgesamt hat das Land in den vergangenen Wie im Landesbau üblich, gilt auch für die Steuer- fünf Jahren über 40 Millionen Euro in diese Im- verwaltung das oberste Ziel einer zweckmäßigen, be- mobilien investiert. Die Zahlen machen deutlich, darfsgerechten und wirtschaftlichen Unterbringung. dass die baulichen Aufgaben zur Unterbringung der Um diese zu optimieren und langfristig gleich- und Steuerverwaltung einen Schwerpunkt der Staatlichen hochwertige Arbeitsbedingungen für die Bedienste- Vermögens- und Hochbauverwaltung bilden. ten zu schaffen, wurde gemeinsam von Finanzmi- nisterium, Oberfinanzdirektion und Landesbetrieb Das Spektrum reicht von langfristigen Entwick- Vermögen und Bau das Musterraumprogramm für lungs- und Masterplänen, der Planung und Durch- die Finanzämter aus den 1990er-Jahren grundlegend führung von Neubau-, Umbau-, Sanierungs- und überarbeitet. Beim Erweiterungsbau des Finanzamts Bauunterhaltsmaßnahmen bis hin zum Gebäude- Biberach wurde das im November 2015 eingeführte und Immobilienmanagement. Bei der Ertüchtigung neue Musterraumprogramm bereits im Vorgriff an- des Gebäudebestandes gewinnen die gestiegenen gewandt. Eine wesentliche Neuerung hierbei ist die Anforderungen an die Energieeinsparung und den Umsetzung einer zeitgemäßen Kombibürostruktur. Brandschutz zunehmend an Gewicht. Die Unterbringung des Finanzamts verteilte sich auf Bedeutende Baumaßnahmen für die Finanzver- mehrere Bürogebäude im Innenstadtbereich und am waltung der letzten Jahre sind unter anderem die Stadtrand von Biberach sowie in den Nachbarge-

Linke Seite: Wettbewerbsmodell 10 11 meinden und . Trotz dieser tekten erreichen eine hohe städtebauliche Qualität vielen Standorte existierte ein Nutzflächenfehlbedarf durch die sehr gelungene Positionierung, Differen- von über 1.000 Quadratmetern. Für eine angemes- zierung und Maßstäblichkeit des Baukörpers. Das sene Unterbringung der Bediensteten und Verbesse- geforderte Raumprogramm ist schlüssig umgesetzt, rung der Betriebsabläufe bestand somit dringender die innere Erschließung ist einfach und verständlich. Handlungsbedarf. Mit dem Neubau und der einhergehenden räum- lichen Konzentration am Hauptsitz des Finanzamts Die Prüfung der Unterbringungsmöglichkeiten Biberach wurde eine architektonisch und funktional zeigte, dass mit einem Erweiterungsbau am landes- überzeugende Lösung mit modernen Arbeitsplätzen eigenen Hauptstandort Bahnhofstraße in Biberach geschaffen. Die im Musterraumprogramm für die die Platzprobleme sowie die organisatorischen Un- Büroarbeitsplätze vorgesehene Kombibürostruktur zulänglichkeiten am wirtschaftlichsten zu beheben wurde von den Architekten vorbildlich umgesetzt. waren. Das städtebaulich wichtige Areal liegt am nordöstlichen Rand der Biberacher Altstadt im Die Einhaltung der veranschlagten Gesamtbaukosten Bereich der ehemaligen Stadtbefestigung. Im Westen von rund 8 Millionen Euro war eine Herausforderung. wird es begrenzt durch den Alten Postplatz, im Süden Dass diese erfolgreich gemeistert wurde, ist in erster durch die Bahnhofstraße und im Norden und Osten Linie dem Engagement, der Motivation und der Kre- durch den Bismarckring. Im unmittelbaren Umfeld ativität aller Beteiligten zu verdanken. Gemeinsam befinden sich mehrere denkmalgeschützte Gebäude. wurden bereits in der Planungsphase die Weichen gestellt, Maßnahmen zur Kosteneinsparung identifi- Aufgrund der städtebaulich sensiblen Situation wurde ziert und im weiteren Projektverlauf ohne Einbußen für den Erweiterungsbau in Abstimmung mit der bei der gestalterischen und funktionalen Qualität des Stadt Biberach im November 2010 ein nichtoffener Gebäudes umgesetzt. einphasiger Planungswettbewerb ausgelobt. Aus den am Wettbewerbsverfahren beteiligten 23 Architektur- Mein Dank gilt allen, die ihren Beitrag zur erfolg- büros ging der Entwurf des Büros hartwig schneider reichen Vorbereitung, Planung und Durchführung architekten aus Stuttgart als Sieger hervor. Die Archi- des Projektes geleistet haben.

Linke Seite: Fassadendetail 12 13 Moderne Organisationsstrukturen für eine effektive Steuerverwaltung

Leitender Regierungsdirektor Roland Eberhart Vorsteher des Finanzamts Biberach

Die räumliche Unterbringung von Beschäftigten druck verschafft und sich vor allem mit der dortigen kann Motivation und Arbeitserfolg steigern, sofern Belegschaft über deren Erfahrungen ausgetauscht. sie der Arbeitsorganisation und den Arbeitsabläufen Das Ergebnis war eindeutig, die Konzeption „Kombi- Rechnung trägt – umgekehrt verändern sich die An- büro“ sollte übernommen werden. sprüche an die räumliche Unterbringung, wenn sich Organisation und Arbeitsabläufe weiterentwickeln. Entsprechend ist man bei der Raumplanung des Er- In den baden-württembergischen Finanzämtern wird weiterungsbaus ganz bewusst von der bisher üblichen seit etwa dem Jahr 2000 in zehn und mehr Personen Unterbringung mehrerer Beschäftigter in einem starken Teams gearbeitet. Innerhalb der Teams kann Büro abgerückt; jetzt hat jedes Teammitglied einen sich der Einzelne sowohl fachlich als auch in der eigenen, eher kleineren zum Flur hin verglasten Bü- Anwendung der immer umfangreicher werdenden roraum; die laufenden Akten und Steuererklärungen Bearbeitungssoftware besser spezialisieren. Zudem befinden sich zentral im Flur, in dem sich in Sichtwei- können personelle Engpässe flexibler aufgefangen te auch ein Meeting-Point mit einer kleinen Teeküche und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit oder sowie der Zentraldrucker bzw. Scanner befinden. mit einem Telearbeitsplatz besser zur Vereinbarkeit Großraumbüros wurden nur in einigen wenigen orga- von Beruf und Familie integriert werden. nisatorisch sinnvollen Bereichen eingerichtet. Obwohl der Neubau erst kürzlich bezogen wurde, Bei der räumlichen Planung des Erweiterungsbaus zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Möglichkeit des für das Finanzamt Biberach bestand von Anfang an Rückzugs zur ungestörten konzentrierten Arbeit bei der Anspruch, den Anforderungen der Teamarbeit gleichzeitiger Anbindung an das Team sehr geschätzt und den künftigen Entwicklungen im Finanzamt wird, ebenso die guten Rahmenbedingungen zur gerecht zu werden. Glücklicherweise konnte auf eine kurzfristigen Begegnung zum Erfahrungsaustausch Raumkonzeption des Fraunhofer-Instituts für Arbeits- oder zur Pause. wirtschaft und Organisation zurückgegriffen werden, welche 2003 anlässlich des Neubaus des Finanzamts Das Steuermodernisierungsgesetz 2016 führt die erstellt und umgesetzt wurde. Eine alle Steuerverwaltung auf dem Weg zur Beleglosigkeit Tätigkeitsbereiche und -ebenen umfassende Delega- und Digitalisierung weiter voran; bei dessen Umset- tion hatte sich am 16. März 2009 vor Ort einen Ein- zung werden die Vernetzung der Mitarbeiterinnen

Linke Seite: Haupteingang 14 15 und Mitarbeiter und das individuelle konzentrierte Arbeiten mehr denn je vonnöten sein. Mit den neuen Räumen ist der Veranlagungsbereich dafür gut aufgestellt. Nach langen Zeiten der zersplitterten Unterbringung ist das Finanzamt nun in Biberach und Riedlingen jeweils zentral untergebracht; die ver- schiedenen Stellen werden somit besser zusammen- arbeiten können und das Zusammengehörigkeits- gefühl wird gestärkt werden.

Als Vorsteher des Finanzamts Biberach freue ich mich gemeinsam mit den Beschäftigten über diese Verbesserungen. Es ist mir ein großes Anliegen, allen Institutionen und Personen zu danken, die sich auf dem langen Weg der Beantragung, Planung und Voll- endung so unermüdlich für dieses Projekt eingesetzt haben.

Blick vom Amtsgericht

16 17 Vom Wettbewerb zum Gebäude

Leitender Baudirektor Wilmuth Lindenthal Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Ulm

Das Land Baden-Württemberg verfolgte mit dem das nun mit dem Erweiterungsbau hervorragend Erweiterungsbau für das Finanzamt Biberach mehrere ergänzt wird. Mit der vorgesehenen Umgestaltung des Ziele. Die Reduzierung von neun Standorten und die unmittelbar angrenzenden Alten Postplatzes durch Arrondierung der landeseigenen Gebäude am Alten die Stadt Biberach wird künftig auf die besonderen Postplatz sowie die Optimierung der innerbetrieb- Bedürfnisse der landeseigenen Gebäude reagiert und lichen Abläufe, die durch bauliche Maßnahmen in naher Zukunft ein in sich stimmiges innerstäd- unterstützt werden sollten, standen im Vordergrund tisches Quartier geschaffen. der Planungen. Neben der städtebaulichen Einbindung werden vor Durch den Neubau können vier Standorte, die bisher allem die innerbetrieblichen Arbeitsabläufe verbessert über die Stadt verteilt sind, aufgegeben werden. Das und mit der Realisierung einer Kombibürolösung Finanzamt präsentiert sich künftig auf dem innerstäd- eindrucksvoll erfüllt. Bei diesem Organisationskon- tischen Grundstück mit zwei Bestandsgebäuden und zept gruppieren sich kleine Büroeinheiten um eine dem ergänzenden Erweiterungsbau als Solitär. Zusam- gemeinsame Zentralablage. Damit haben alle Mitar- men mit dem benachbarten Amtsgericht ergibt sich beiterinnen und Mitarbeiter eines Sachgebiets kurze ein Ensemble, das im spannenden Dialog historischer Wege zu den gemeinsamen Akten. Dadurch können Bausubstanz und aktueller Architektur steht. nicht nur die Büros freundlicher gestaltet, sondern auch Prüfungsaufgaben wirtschaftlich und effektiv Damit leistet der Neubau auch einen wichtigen umgesetzt werden. Beitrag zur städtischen Weiterentwicklung, denn das Baugrundstück liegt an der Nahtstelle von ehemaliger Im Jahr 2010 wurde ein einphasiger, nichtoffener Stadtbefestigung und neuzeitlicher Stadt. Mit der Planungswettbewerb mit 23 Teilnehmern durchge- Aufgabe der Stadtbefestigungsanlagen im 19. Jahrhun- führt. Von der Lösung erwartete man einerseits eine dert konnten die Flächen des ehemaligen Zwingergra- Antwort auf die prominente städtebauliche Situation bens für eine bauliche Entwicklung genutzt werden. mit den unterschiedlichsten Randbedingungen und Um die Jahrhundertwende entstanden in diesem andererseits die Erfüllung der funktionalen Anfor- Bereich mehrgeschossige villenartige Gebäude, da- derungen des Raumprogramms mit knapp 2.500 runter auch das bisherige Hauptamt des Finanzamts, Quadratmeter Nutzfläche.

Linke Seite: Hausecke Haupteingang 18 19 Eingerichtetes Kombibüro Meetingpoint in der Kombizone

Am 20. Mai 2011 entschied das Preisgericht, dem einen zentral angeordneten, maßstäblich dimensio- Stuttgarter Architekturbüro hartwig schneider archi- nierten Innenhof. Auf die im Wettbewerb vorgeschla- tekten den ersten Preis zu erteilen. Das Preisgericht gene vollverglaste Fassade wurde aus Kostengründen legte im Abschlussprotokoll unter anderem dar: verzichtet. An ihre Stelle tritt eine Lochfassade aus „Die Arbeit zeichnet sich durch eine hohe städtebau- pigmentierten Sichtbeton-Sandwichelementen, was liche Qualität mit überzeugender Differenzierung und dem sommerlichen Wärmeschutz und der Intimität Maßstäblichkeit aus. Der Übergang von historischer der an der Außenfassade liegenden Büros zugute zu neuzeitlicher Stadt wird gestalterisch und struktu- kommt. rell überzeugend weiterentwickelt. Durch die zentrale Positionierung auf dem zur Verfügung stehenden Für das Energiekonzept verfolgten wir mit den Grundstück sowie durch die kompakte Kubatur des Architekten und Fachingenieuren einen schonenden Gebäudes entstehen gut proportionierte und differen- Ressourceneinsatz. Durch die Installation einer zierte Außenbereiche.“ bivalenten Wärmeerzeugungsanlage können 50% der Gebäudeheizlast über eine Wasser/Wasser-Wärme- Kombibüro Mittelzone mit Rollregalanlage Die intelligente Umsetzung des Raumprogramms, das pumpe abgedeckt werden. Als Wärmequelle dient die Nebenräume konsequent entlang der lärmbehaf- aufgrund der günstigen Grundwasserbedingungen teten Außenfassaden anordnet, führt zu einer klaren eine oberflächennahe Geothermieanlage. Im Zusam- Ablesbarkeit und Übersichtlichkeit der Funktions- menspiel mit der Bauteilaktivierung können sehr gute bereiche im Gebäude. Es entstehen räumlich klar Aufenthaltsbedingungen im Ablauf der Jahreszeiten strukturierte und funktional gute Arbeitsplätze um geboten werden.

20 21 Blickbezug Flur-Innenhof

Der Innenhof war geradezu prädestiniert als Ausstel- lungsort für das Kunstobjekt „Trashstone 628“ des bekannten Künstlers Prof. Wilhelm Mundt. Wilhelm Mundt verarbeitet in seiner seit 1989 erzeugten Werkgruppe „trashstones“ Dinge und Gegenstände, die in seiner bildhauerischen Arbeit anfallen und nicht mehr gebraucht werden. Schlichtweg sind dies auch Abfallprodukte seines künstlerischen Schaffens und des täglichen Lebens. Danach überzieht er die Rohlinge mit einem Laminat aus glasfaserverstärktem Polyesterharz. Durch mehrere Schleif- und Poliervor- gänge erhalten die Gebilde ihre typische Form mit „handschmeichlerischer“ Oberflächenqualität.

Die Baumaßnahme wurde von März 2014 bis Juli 2016 unter der Projektsteuerung des Amtes Ulm mit Gesamtbaukosten von 8 Millionen Euro erfolgreich umgesetzt.

Linke Seite: Trashstone 628 im Innenhof 22 23 Gedanken zur Architektur

Prof. Hartwig Schneider hartwig schneider architekten, Stuttgart

Prominent am Rande der Biberacher Innenstadt im wichtige Sichtbeziehungen in Richtung Innenstadt Bereich der ehemaligen Stadtbefestigung gelegen, erhalten. Von besonderer Bedeutung war die Lage galt es mit dem Erweiterungsbau für das Finanzamt des Eingangs. Eine großzügige öffentliche Vorzone an nicht nur die neue Organisations- und Bürostruktur der Bahnhofstraße nimmt Besucher in Empfang und modellhaft räumlich umzusetzen, sondern auch eine führt sie zum neuen Hauptzugang. Über die Pforte Antwort auf den Ort am Übergang von historischer gelangt man direkt in die zentrale Informations und zu neuzeitlicher Stadt zu formulieren. Es war ein Annahmestelle im Erdgeschoss. Von hier aus ergeben Baukörper zu entwickeln, der sich maßstäblich sich reizvolle Blicke in den Innenhof, um den wir und doch ordnend in das Umfeld eingliedert und das Gebäude organisiert haben. Im Erdgeschoss, über zugleich die dem Finanzamt Biberach angemessene den Hof beidseitig belichtet, haben wir auch den Adressbildung leistet. Dieser Komplexität entspricht der Öffentlichkeit und dem Ulmer Tor zugewandten das Wechselspiel zwischen selbstbewusster Setzung Sitzungssaal mit Seminar- und Sozialraum situiert. und sensibler Eingliederung, das die städtebauliche Besonderer Wert wurde auf eine störungsfreie interne Haltung wie auch die architektonische Gestalt des Erschließung der Abteilungen in den Obergeschos- Baus bestimmt. sen gelegt. Sie erfolgt über die beiden notwendigen Treppenhäuser und einen Nebeneingang in der Den Neubau haben wir als freistehenden Baukör- Südfassade, der auch die direkte interne Verbindung per vom Bestandsgebäude abgerückt. Die Ausrich- zum Bestandsgebäude herstellt. tung des kompakten Solitärs orientierten wir an den bestimmenden städtebaulichen Vektoren: am Die Abmessungen des Baukörpers und seine innere ehemaligen Verlauf der Stadtmauer, am Bismarck- Organisation wurden maßgeblich von den funkti- ring, an der Freistellung des denkmalgeschützten onalen Anforderungen der in den Obergeschossen Amtsgerichtes und an der südlichen Nachbarbe- situierten Büroarbeitsplätze bestimmt. Dabei stehen bauung mit der Neuen Gasse Richtung Ulmer Tor. kleinen, an der Fassade situierten Einzelbüros in den Traufhöhe und Dachform führen die Raumkanten Mittelzonen neben den Besprechungs- und Kopierbe- am Bismarckring ruhig und klar weiter und korre- reichen überwiegend Registraturflächen in Arbeits- spondieren mit den neuen Geschäftshäusern. Durch platznähe zur Verfügung. Aufgrund großer Akten- die Beschränkung auf drei Geschosse werden auch mengen sind diese als hohe Rollregale ausgeführt.

Linke Seite: Lageplan 24 25 Die flexible und doch gegliederte Raumstruktur er- Betonfassade fügt sich der Bau respektvoll und maß- möglicht sowohl eine Anpassung an sich verändernde stäblich, aber dennoch selbstbewusst in die denkmal- Abteilungsgrößen als auch einen Wechsel der Büroor- geschützte Umgebung ein. ganisation. Der nach oben offene Innenhof sorgt für eine gute natürliche Belichtung und Belüftung der Im Inneren wird das Gebäude von wenigen durch- Büros und eine gute Orientierung. gängig eingesetzten Materialien und einer auf den Lichthof und das Tageslicht orientierten Raumstruk- Die klimatisch und aufgrund der Baugrundverhält- tur bestimmt. Die Anordnung der weiß beschichteten nisse zwar aufwendige, aber dennoch sinnvolle Situie- Trockenbauwände im Wechsel mit klar verglasten rung der Archivflächen im Untergeschoss ergab sich Flurtrennwänden bildet die räumliche Hierarchie des sowohl aus den städtebaulichen Zielsetzungen als Gebäudes ab. Die in den Büros als Speichermasse auch aus der Tatsache, dass wegen der Beschaffenheit und zur Bauteilkühlung in Sichtbeton belassenen des Baugrundes auch bei Verzicht auf eine Unterkel- Decken werden in den Erschließungsbereichen mit lerung aufwendige Gründungsmaßnahmen erforder- hellen Holzwolleleichtbauplatten akustisch bedämpft. lich gewesen wären. Die Böden sind in hellen, warmen Farbtönen gehal- ten – Linoleum in den Erschließungsbereichen und Um diesen Umständen und den wirtschaftlichen Vor- gewebte Teppiche in den Büros. gaben zu entsprechen, wurde die Struktur des kom- pakten Baukörpers als effiziente Stahlbetonkonstruk- Neben der Verwendung langlebiger und möglichst tion mit einer tragenden Fertigteilfassade entwickelt. wartungsarmer Materialien und Konstruktionen In die hell pigmentierten Betonsandwichelemente stand ein innovatives Klimakonzept im Fokus der sind stehende Einzelfenster mit Schallschutzver- Überlegungen zur Nachhaltigkeit. Die Kühlenergie glasung und integrierten Senkrechtmarkisen einge- für die sommerliche Bauteiltemperierung der Büros lassen. Themen wie serielle Reihung und Stapelung und ein hoher Anteil der benötigten Heizenergie gliedern die Fassaden und schaffen zusammen mit werden durch eine oberflächennahe Geothermie- den hellen mineralischen und textilen Oberflächen anlage aus dem Grundwasser gewonnen. einen Bezug zu den umliegenden Bauten. Durch die gestalterische Zurückhaltung der fein strukturierten

Linke Seite: Zentrale Informations- und Annahmestelle 26 27 Grundriss 1. und 2. Obergeschoss Querschnitt Gebäude

5 m 5 m

Grundriss Erdgeschoss Längsschnitt Gebäude

5 m 5 m

28 29 Projektdaten

Chronologie Wettbewerbsentscheidung Mai 2011 Genehmigung der Bauunterlage September 2012 Baubeginn März 2014 Fertigstellung Juli 2016

Gebäudedaten Nutzfläche 2.444 m² Verkehrsfläche 524 m² Bruttorauminhalt 12.499 m³

Kosten Gesamtbaukosten 8,0 Mio €

Linke Seite: Treppenhaus 30 31 Planungsbeteiligte

Bauherr Landschaftsarchitekt Haustechnikplanung ELT Vermögen und Bau Planstatt Senner Ingenieurbüro G. Volz GmbH & Baden-Württemberg Breitlestraße 21 Co. KG Amt Ulm 88662 Überlingen Im Letten 26 Mähringer Weg 148 71139 Ehningen 89075 Ulm Kunst am Bau Prof. Wilhelm Mundt Bauphysik Nutzer Volksgartenstraße 44a Bauphysik 5 Finanzamt Biberach 50677 Köln Zwischenäckerle 73 Bahnhofstraße 11 71522 Backnang 88400 Biberach Tragwerksplanung Tragwerkeplus Geologie Projektsteuerung Dieselstraße 12 Henke und Partner GmbH Vermögen und Bau 72770 Waldseer Straße 51 Baden-Württemberg 88400 Biberach Amt Ulm Prüfstatik Dipl.-Ing. Stefan Krämer Archäologie Planung und Projektleitung Meisenweg 47 Büro für Archäologie und hartwig schneider architekten 88400 Biberach Befundaufnahme Weihs Birkenwaldstraße 54 Neckartenzlingerstraße 40 70191 Stuttgart Haustechnikplanung HLS 72657 Altenried Keppler + Kähn GmbH Bauleitung/SiGeKo Bleichstraße 5 Vermessung Gurland und Seher 89077 Ulm Vermessungsbüro Günter Gräber Architekten & Peter Javorsky GbR Bleicherstraße 1 Hermann-Volz-Straße 46 88400 Biberach a.d. 88400 Biberach

Linke Seite: Längsfassade Bismarckring 32 33 Ausführende Firmen

Abbrucharbeiten Fassaden Bodenbeläge Fliesenarbeiten Beschriftungen Elektroinstallation KS Engineering GmbH Metallbau Weber GmbH Straehuber AG Röhlich GmbH Eicher Werkstätten Prinzing Elektrotechnik GmbH Wendelinsgrube 1 Fünfminutenweg Süd Nr. 13 Gewerbering 3 Zum Handwerkerhof 9 Wilhelm-Maybach-Straße 30 Robert-Bosch-Straße 33 88471 04603 Windischleuba 84405 Dorfen 90530 Wendelstein 71394 Kernen im Remstal 73431 Aalen

Kampfmittelsondierung Dachabdichtung Schlosserarbeiten Schließanlage Hans Werndl Gebäudeautomation KaMiSo Süddeutschland Meyer GmbH Bauabdichtung Bacher GmbH Häfele GmbH & Co. KG Abt-Ulrich-Straße 3 Kieback & Partner GmbH & GmbH Esslinger Straße 3 Mittlerer Weg 7 Adolf-Häfele-Straße 1 89079 Ulm Co. KG Wildberger Straße 16 71334 Waiblingen 88512 Mengen 72202 Nagold Technisches Büro Bodensee 71034 Böblingen Außenanlagen Rengoldshauer Straße 11 Estrichbau Schreinerarbeiten Rollregalanlagen Grüner & Mühlschlägel 88662 Überlingen Rohbauarbeiten Okatar Estrichbau GmbH Schreiner Schweitzer GmbH ZBV Lagertechnik GmbH GmbH & CO. KG Matthäus Schmid GmbH & In der Pfingstweide 11 Talfinger Straße 5 Industriestraße 37a Leipzigstraße 33 Technische Isolierungs- Co. KG 66663 Merzig 89073 Ulm 91781 Weißenburg 88400 Biberach arbeiten Hornberg 8 ISO-Baran GmbH 88487 Baltringen Trockenbau Malerarbeiten Baureinigung Heizungsbau und Klosterstraße 30-32 Trockenbau München GmbH Heinrich Schmid GmbH & Tugend Gebäudereinigungs- Sanitärinstallation 67547 Worms Gerüstbauarbeiten Boschstraße 2a Co. KG service Schnitzer GmbH Kircheis & Partner Gerüstbau- 82178 Puchheim Im Lehrer Feld 8/1 Starenweg 11 Max-Eyth-Straße 1 Bauheizung und Baugesellschaft mbH 89081 Ulm 70736 Fellbach 88400 Biberach Max Leier Gewerbestraße 1 G Systemtrennwände Industriestraße 4 08352 Raschau-Markersbach Lindner Aktiengesellschaft Holzinnentüren Aufzugsbau Lüftungsbau 88339 Bad Waldsee Bahnhofstraße 29 Sedlmeyr Spezialtüren GmbH Thieme Silex GmbH TIB Technik Imbau GmbH 94424 Arnstorf Waldstraße 14 Stöherstraße 15 Nürtinger Straße 19 Rohrleitungsbau 86316 Friedberg 04347 Leipzig 72636 Frickenhausen Franz Lohr GmbH Steinbeisstraße 10 88214

34 35 Telekommunikation Beweissicherung Möblierung / Ausstattung Rud. Otto Meyer Technik Ltd. Prof. Klaus Hager Reiss Büromöbel GmbH & Co. KG Gmünder Straße 26 Südring 6 Gartenstraße 105 73540 Heubach 04924 Bad Liebenwerda 73430 Aalen Fachgutachten Interstuhl Büromöbel GmbH Kanalbefahrung Bornscheuer / Drexler / Eisele & Co. KG Rothdach Umweltdienst GmbH GmbH Brühlstraße 21 Bergstraße 2 Nöllenstraße 7 72469 Meßstetten-Tieringen 87751 Heimertingen 70195 Stuttgart Hiller Objektmöbel GmbH Günter Steiner Technische Abnahmen Kippenheimer Straße 6 Josef-Christian-Straße 35 TÜV Bau- und Betriebstechnik 77971 Kippenheim 88499 Riedlingen Benzstraße 17 89079 Ulm Brune Sitzmöbel GmbH Energieversorgung Flurweg 15 e.wa riss GmbH Co. KG Aufrufanlage 53639 Königswinter Freiburger Straße 6 ARAS Aufrufanlagen 88400 Biberach Firma HAHN GmbH Grunewaldstraße 55 10825 Berlin

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