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:LUIUHXHQXQVDXIGHLQHQ%HVXFKLQXQVHUHU)DKUVFKXOH Liebe Leserinnen und Leser,

Ein ereignisreiches Jahr neigt sich für das OHG und auch für die FATAL dem Ende zu. Nach vielen Jahren des Umbaus, die sowohl den Schülern als auch den Lehrern einiges abverlangt haben, sind die Renovierungen nahezu fertiggestellt und unsere Schule erstrahlt in neuem Glanz. Endlich können die Schüler wieder in einem ruhigeren Umfeld arbeiten und ihre neugestaltete Schule genießen. Das sollte natürlich auch standesgemäß mit Editorial einem Schulfest gefeiert werden. Bei Bratwürsten, Karaoke und Live-Mu- sik konnten die neuen Räumlichkeiten erstmals in Augenschein genom- men werden. Außerdem fand auch noch das Ehemaligentreffen statt, bei dem so mancher ehemaliger Schüler seine alte Penne wohl kaum noch wiedererkannt hat. Das offizielle Schulfest mit der Enthüllung der Otto- Hahn-Büste stellte einen schönen Abschluss der Feierlichkeiten im Okto- ber dar. Einige kleine Collage aus Bildern der verschiedenen Veranstaltun- gen einschließlich des in das Rahmenprogramm eingebetteten Sponsoren- laufs haben wir auf den Seiten 95 und 96 abgedruckt.

Unser Rattenreporter Knött, der in den vergangenen Ausgaben oftmals über den Umbau berichtet hatte, kann sich nun endlich auch einmal anderen Themen widmen. Im Vorfeld dieser Ausgabe hat er sich intensiv mit einem möglichen Beitrag für das Kulturhauptstadtjahr 2010 beschäftigt. Den Bericht über seine Bemühungen findet ihr auf Seite 13.

Der FATALe Höhepunkt des Jahres war definitiv die Preisverleihung des Schülerzeitungswettbewerbs des SPIEGEL-Magazins, bei der unsere Redaktion in der Kategorie „Heftinhalt“ ausgezeichnet wurde. Mein Re- daktionskollege Bastian Steuwer und ich durften für ein Wochenende nach Hamburg zum SPIEGEL-Verlag reisen und den Preis entgegennehmen. Die Reportage dazu findet ihr auf Seite 6. Zudem waren wir in diesem Jahr wieder beim rheinischen Schülerzeitungspreis erfolgreich und erreichten den 2. Platz. Ihr seht, für die FATAL-Redaktion geht ein erfolgreiches Jahr zu Ende und wir hoffen, dass wir euch auch in Zukunft ein in- teressantes und lesenswertes Heft bieten können.

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben wir für euch auch in dieser Ausgabe wieder viele spannende Themen im Gepäck. So zieht beispielsweise der Artikel „Zwei Jahre Obama“ (Seite 20) Bilanz über die bis- herige Regierungsarbeit des US-Präsidenten, der bei den jüngsten Kongresswahlen im November eine schmerzhafte Niederlage erlitten hat.

Aber auch politikfreie Themen kommen nicht zu kurz. So haben wir in dieser Ausgabe das Thema Mode als Schwerpunkt gewählt und beleuchten es aus verschiedenen Perspektiven. Wir stellten uns beispielsweise die Frage „Was trägt das OHG“ und spürten dem Modestil des „typischen“ OHG-Schülers nach (Seite 15). Au- ßerdem führten wir ein Interview mit der Designern Barbara Schwarzer, das Aufschluss über die Produzen- tenperspektive gibt (Seite 92). „Was sagt Mode über uns aus?“ war eine weitere wichtige Frage, mit der wir uns auseinander gesetzt haben. Der Artikel „Mode: Ein soziologisches Phänomen“ auf Seite 93 beschäftigt sich mit diesem Themenkomplex, ebenso wie unser Titelbild. Es soll verdeutlichen, inwiefern uns Mode de- finiert und wie viel sie zu unserer Außenwirkung beiträgt. Überlegt doch einmal selbst, welche Eigenschaf- ten euch spontan zu den Personen auf dem Titelbild einfallen. Woran macht ihr das fest und was hat das mit ihrem tatsächlichen Charakter zu tun? Ein doppelseitiger Comic auf den Seiten 90 und 91 soll die Thematik schließlich auf unterhaltsame Weise abrunden.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

Tobias Schillings, Chefredakteur

3 HAGENSTRASSE Zwei Jahre FATAL meets SPIEGEL 6 Oba- Ausstellung "Ruhrgebiet - Arbeitswelten entdek- ma: Als ken": Anschauliches Projekt einer auf den ersten Blick der ehe- ungewöhnlichen Kooperation 8 malige Streitschlichtung am OHG: Konflktregelung von Senator Schüler zu Schüler 9 des US- Heavy on wire in Germany: Besuch von der anderen Bundes- Seite der Welt 10 staates Ruhr.2010 und die Suche nach einem Beitrag: Illinois Knötts Vorbereitungen auf das Kulturhauptstadtjahr 13 Anfang November 2008 die Präsidentschaftswahl ge- Was trägt das OHG? Eine Stilfrage 15 wann, ging das nicht nur in den USA mit einer großen ABI - UND DANN? Aufbruchsstimmung einher. Der vom so genannten „Kampf gegen den Terror“ geprägten Bush-Ära mit ih- Abitur: Abschluss, Ungewissheit und Träume 16 ren kriegerischen und antidemokratischen Auswüchsen Warum ich schon zur Uni gehe... Mein Probestudium war man vielerorts überdrüssig geworden, so dass man an der Uni Duisurg-Essen 17 dem jungen Afroamerikaner das Versprechen eines Berufseignungstests: Orientierungshilfen oder Zeitver- „Wandels“ gerne abnehmen wollte. Mittlerweile ist schwendung? 17 Obama in den frustrierenden Niederungen der Realpoli- Karriere bei der Bundeswehr 18 tik angekommen. Zeit für eine Zwischenbilanz: S. 20 IM FOKUS Zwei Jahre Obama: Zeit der Wunderwechsel? 20 Die Freimaurer: Was steckt hinter der Geheimgesell- schaft? 26 Der Irankonflikt: Baut Ahmadinedschad die Atom- bombe? 29 Hells Angels: Höllenengel in Lederkluft 33 WICHTIGE VISAGEN Helmut Schmidt 36 Herta Müller: Kämpferin gegen Diktatur und Unge- rechtigeit 37 Leonardo da Vinci 39 DER BABBELFISCH Franco después de su muerte TC/I1 " 42 Are you Cinderella? 44 Hells Angels: Die raubeinigen Motorradfreunde der in- ternationalen Rocker-Vereinigung, die 1948 in den USA ZEITVERTREIB gegründet wurde und in etwa 32 Staaten aktiv ist, Ein Stück Industriegeschichte: Radeln auf der machen in den Medien immer wieder durch blutige HOAG-Bahntrasse 46 Bandenkriege mit den „Bandidos“, einer konkurrieren- FanFiction: Die Kunst, aus etwas Altem etwas Neues den Gruppierung, sowie Verwicklungen in schwere zu machen 47 Straftaten Schlagzeilen. Wir klären über die Strukturen The Oscars - The Academy Awards: Die Geschichte und Hintergründe der Organisation auf. S. 33 eines weltweiten Medienereignisses 49 Glücksspiel: Risiken eines staatlich geförderten Privat- vergnügens 51 FanFiction: Stellt euch- Das Phänomen „Bis(s)“ 52 vor, Harry Potter würde WISSEN IST MACHT auf die Brücke des Raum- schiffs Enterprise gebeamt Mode: Ein soziologisches Phänomen 53 werden, um deren Crew Übergewicht als Phänomen der Überflussgesell- mit wirkungsvollen Zau- schaft: Ursachen eines globalen Trends 56 bersprüchen im Kampf ge- Die Fraunhofer-Gesellschaft: 60 Jahre im Auftrag der gen die Borg oder Alfs bö- Zukunft 57 sen Zwillingsbruder zu Was ist Zukunft? Und was bedeutet sie für uns? 59 unterstützen. Jedes Szena- AUF DIE OHREN rio ist denkbar, sofern es in der FanFiction-Szene Ayumi Hamasaki – Die Kaiserin des J-Pop 61 einen Menschen gibt, der Itchy Poopzkid – Von Nutella und Punkrock 62 es aufschreibt! S. 47 Muse – Die erfolgreichste Band, die keiner kennt 63

4 Culcha Candela: Eine Multikultiband 64 KASSENSTURZ Umbau des Hans-Böckler-Platzes: Droht der Marti- nikirmes damit das Aus? 65 Bruzzler oder Becel? Wie Werbung aus der Krise hilft 66 Wie wir täglich im Supermarkt über den Tisch ge- zogen werden 67 Zwanzig Jahre Wiedervereinigung und jetzt Auf- bau West? 69 HIN UND WEG Austauschjahr in Panama: Schule in Lateinamerika 70 Japan – Ein Land mit vielen Gesichtern: Wissens- wertes und Kuriositäten 72 Lokalpolitik: Dass die in Dinslaken beliebte Martini- Dominikanische Republik: Traumstrände am Rand Kirmes zwischen dem 5. und 9. November an ihrem und Elend im Kern 74 angestammten Platz stattfinden konnte, ist lange Zeit „Unser Baby hat seine Milchzähne verloren“: New nicht selbstverständlich gewesen. Durch den geplanten York und das World Trade Center 76 Umbau des Hans-Böckler-Platzes wurde es notwendig, unter Abwägung der Interessen aller betroffenen Grup- BEWEGUNGSMELDER pierungen verschiedene Alternativen zu diskutieren. Skifahren einmal anders: Der Sprung ins Blaue 80 Der Baubeginn auf dem Gelände hinter dem ehemali- Yas Island: Eine Formel-1-Oase in der Wüste von gen Karstadt-Gebäude wird nun jedoch im kommenden Abu Dhabi 81 Jahr endgültige Sachzwänge schaffen und die Debatte Kick it like Angie: Frauenpower ist nicht nur in der weitergehen. Wir stellen die verschiedenen Positionen Politik gefragt 82 vor und zeichnen das Hin und Her des Kirmesjahres 2010 nach. S. 65 LESEFIEBER Rupien! Rupien! Die Romanvorlage zu „Slumdog Millionär“ 84 Käuferfalle Supermarkt: Wer den Discounter oder Torn Away 85 Supermarkt seines Vertrauens nicht gerade unmittelbar Warrior Cats: In die Wildnis 85 nach dem Verzehr verschiedener Sättigungsbeilagen Drachenbrut – Die Feuerreiter seiner Majestät 86 betritt, wird an der Kasse häufig feststellen, wesentlich Faunblut: Ein besonderes Buch aus dem Fantasy- mehr gekauft zu haben, als eigentlich nötig gewesen Genre 86 wäre. Natürlich ist jeder Konsument für sein Kaufver- SCHREIBSALON halten selbst verantwortlich, doch arbeiten die meisten Einzelhändler mit ausgeklügelten Tricks, um die Kauf- Der Sommer und der Winter - Christina Wollnitz 88 bereitschaft der Kunden zu erhöhen. S. 67 Im Café - Katharina Bochmann 89 Damals war er erst sechs - Nadine Nayseh 89 Comic: Kleider machen Leute - Sarah-Ly Lohmann 90 Wasserski: Neben der alljährlichen Ex- NACHGEFRAGT kursion ins öster- Mode aus Düsseldorf: Interview mit der Designerin 92 reichische Mölltal, Barbara Schwarzer bei der sich eure Mitschülerinnen und SCHLUSSAKKORDE -schüler der jeweili- Collage: Schulfeierlichkeiten im Oktober 2010 95 gen 9. Jahrgangsstu- fe waghalsig in die Impressum 98 schneebedeckte Tie- Letzte Worte 98 fe stürzen, hat sich an unserer Schule Inserentenverzeichnis 98 ein weiteres Projekt auf zwei Brettern etabliert, das in der 11. Jahrgangsstufe auf den Gewässern der „Xantener Südsee“ stattfindet. Da dieser Sport auch für andere Jahrgangsstufen inte- ressant sein könnte, hat eine unserer Reporterinnen für euch einen anschaulichen Erfahrungsbericht ver- fasst. S. 80

5 Hagenstraße

FATAL meets SPIEGEL Zwei Redakteure in Hamburg

„Und der erste Preis bei unserem diesjäh- rigen Schülerzeitungswettbewerb geht an.... die FATAL-Redaktion aus Dinsla- ken”, verkündet der Moderator der Verlei- hung, der Chefredakteur des SPIEGEL- Magazins. Er überreicht uns die Trophäe und beglückwünscht uns zu unserem Sieg. Wir sind total überrascht und freuen uns riesig. Während wir die Auszeichnung in Tobias Schillings (links) und Bastian Steuwer die Höhe stemmen, werden wir von allen vor dem SPIEGEL-Verlagsgebäude Seiten fotografiert und der ganze Saal ap- plaudiert. Unfassbar! Haben wir es wirklich geschafft uns gegen diese riesige Konkurrenz durch- zusetzen? Wir können es beide kaum glauben.... WM-Stimmung in der Strand-Bar Ich wache auf. Das Rumpeln des Intercity muss

Nach einer kurzen Verschnaufpause in unserer „Bude” machen wir uns auf den Weg zu einer Strand-Bar bei den Landungsbrücken, wo wir die anderen Nominierten treffen. Bereits auf dem Weg dorthin begegnen wir einigen Redakteuren aus Bay- ern, die sofort sehr sympathisch erscheinen. Nach einigen Orientierungsschwierigkeiten finden auch wir uns in der Bar ein. Ein ganzer Bereich ist dort für uns reserviert, es gibt Getränke jeglicher Art und es wird gegrillt. Ich bin sehr beeindruckt von dem Aufwand, den der SPIEGEL für uns Nachwuchsjou- nalisten betreibt. Die Gruppe der Preisträger besteht aus ungefähr 50 Leuten. Die Stimmung im Club ist sehr angenehm, es gibt große Liegesessel und Sitz- kissen. Mit den anderen Redakteuren verstehen wir Das SPIEGEL-Gebäude in Hamburg uns auf Anhieb gut und schon bald sind wir in ein Gespräch über Schülerzeitungskonzepte, das gute Essen und Fußball vertieft. Einer der Jungjournali- mich aufgeweckt haben. Neben mir sitzt mein Re- sten aus Bayern versucht mir zu erklären warum daktionskollege Bastian und ist in eine Zeitschrift Brezeln und Bratwürste in Hamburg niemals so gut vertieft. Wir sind auf dem Weg nach Hamburg, um schmecken können wie die in Bayern. Ich bemerke an der Preisverleihung des diesjährigen Schülerzei- an diesem Abend, dass auffallend viele Schülerzei- tungswettbewerbs des SPIEGEL-Verlags teilzuneh- tungen aus den südlichen Bundesländern wie Bay- men. Vor ein paar Wochen wurde uns mitgeteilt, ern oder Baden-Württemberg vertreten sind, dage- dass wir unter den Preisträgern seien, jedoch haben gen nur sehr wenige aus Nordrhein-Westfalen. Au- wir noch keine Vorstellung von unserer Platzierung. ßer dem Austausch von Klischees und einer Diskus- Wir wissen nur, dass wir in der wichtigsten Einzel- sion über deren Wahrheitsgehalt kommt es jedoch kategorie „Heftinhalt” nominiert sind. Nach vier- zu keinen weiteren Konflikten zwischen den ver- stündiger Fahrt kommen wir in Hamburg an. Die schiedenen Regionen. Der 4:0 Sieg der deutschen Vorfreude steigt bereits, wir wollen endlich die an- Nationalmannschaft gegen Australien in der Vorrun- deren Redakteure kennen lernen. Alle Preisträger de unterstützt noch die ohnehin schon entspannte sind der „Superbude” untergebracht, einem Atmosphäre. Als bei jedem Tor ein nahe gelegenes schicken kleinen Hotel mit sehr origineller Einrich- Transportschiff seine Hupe ertönen lässt und Kano- tung. nenschläge gezündet werden, kommt sogar schon

6 richtige Weltmeisterschaftsstimmung auf. Nur ein Nach der Redaktionssitzung gibt es eine Pause und Redakteur, der aus Italien stammt, kann sich nicht so Mittagessen in der futuristisch anmutenden Kantine sehr wie die meisten anderen über den Triumph der SPIEGEL-Redaktion, dem so genannten „lila freuen. Er unterstützt seine „Azzurra” mit Leib und Salon”. In der Pause tauschen wir uns mit den ande- Seele und hat sich aus diesem Grund seine Haare an ren Preisträgern über unsere Schülerzeitungen aus den Seiten in den Nationalfarben Italiens gefärbt. und vergleichen sie miteinander. Viele haben Ausga- Doch auch er freut sich über einen gelungen Abend. ben ihrer Blätter dabei, die wir uns anschauen. Ich bin beeindruckt von der Professionalität einiger Zei- Einzig das Wetter will dazu nicht wirklich beitragen. tungen, die ein ausgezeichnetes Layout besitzen, Es bleibt zwar die ganze Zeit über trocken, doch mit durch tolle Fotos überzeugen oder originelle Titel- der Zeit wird es ziemlich kühl und viele Leute ver- bilder zeigen. In diesen Kategorien sind der FATAL suchen sich eine der wenigen vorhandenen Decken viele der vertretenen Schülerzeitungen überlegen, zu sichern. Nach dem Spiel kehren viele der Nach- jedoch haben wir uns auch nur für die Kategorie wuchsjournalisten in das Hotel zurück, um noch im „Heftinhalt” beworben. Besonders beeindruckt mich hoteleigenen, glücklicherweise beheizten „Kitchen-

club” zusammenzusitzen. Andere erkunden noch Hagenstraße das Nachtleben von Hamburg und besuchen die eine oder andere Bar. Schließlich fallen Bastian und ich müde aber zufrieden in unsere Betten und träumen von der Preisverleihung. Der nächste Tag verspricht sogar noch besser zu werden. Der große Tag Am nächsten Morgen weckt uns bereits um halb neun der Wecker, der „große Tag” ist endlich ge- kommen. Nach einem kurzen Frühstück machen wir uns müde, aber motiviert auf den Weg zum SPIE- GEL-Gebäude, um an der wöchentlichen Heftkritik der Redaktion teilzunehmen. In dieser Redaktions- sitzung wird jede Woche die neu erschienene Ausga- be besprochen und von einem Experten bewertet. Kulinarisches Rahmenprogramm Dieses Mal kritisiert einer der Gewinner des Vorjah- res, Rick Noack, das neue Heft. Die Heftkritik fin- det im elften Stock statt, von dem aus man einen tol- der „Innfloh” aus Mühldorf am Inn und die „Echo” len Blick über ganz Hamburg hat. Die Sitzung an aus Wertingen. Der „Innfloh” ist 150 Seiten dick, sich finde ich sehr interessant, da über viele Aspekte trotzdem aber komplett in Farbe gedruckt. Das finde des Heftes noch nachträglich diskutiert wird. Auch ich sehr erstaunlich, da ein Farbdruck sehr teuer und die Nachwuchsjournalisten kommen zu Wort und normalerweise für eine Schülerzeitung uner- können ihre Meinung äußern. Die SPIEGEL-Redak- schwinglich ist. Allerdings konnte diese Redaktion bereits im letzten Jahr den Wettbewerb gewinnen und somit auch ein beträchtliches Preisgeld, welches vermutlich für die Druckkosten genutzt worden ist. Die „Echo” überzeugte mich vor allem durch ihr herausragendes Layout, welches auch aus einem professionellen Magazin stammen könnte. Einige der Nominierten waren bereits im letzten Jahr bei der Preisverleihung dabei. Von ihnen erfahren wir, dass nur jeweils die drei Besten jeder Kategorie aus- gezeichnet und nach Hamburg eingeladen werden. „Das bedeutet, dass wir mindestens den dritten Platz beim ‚Heftinhalt’ erreicht haben!“, jubeln Ba- stian und ich. Mit solch einer hohen Platzierung hat- ten wir gar nicht gerechnet. Nach der Pause nehmen wir an einem Workshop zum Thema „Recherche” teil, bei dem uns ein Re- Teilnahme an einer SPIEGEL-Redaktionskonferenz dakteur und eine Dokumentarin des Verlages etwas zu der Arbeits- und Rechercheweise des SPIEGEL erzählen. Es ist interessant zu erfahren, wie die Re- teure gehen auf die Kritik der Schüler ein und dakteure ihre Informationen beschaffen und wie vie- scheuen sich nicht vor einer Diskussion. Dies fällt le Instanzen ein einziger Artikel durchlaufen muss, mir sehr positiv auf, da die ausgebildeten Journali- bis er abgedruckt werden darf. Leider ist die Zeit bei sten somit zeigen, dass sie uns Nachwuchsredakteu- diesem Workshop sehr knapp bemessen, so dass nur re ernst nehmen. noch sehr wenig Zeit für Fragen bleibt. Denn die

7 Preisverleihung ist nahe und bei uns steigen lang- denke ich mir. Schon als der Moderator zur Laudatio sam Spannung und Vorfreude. Als wir den Raum der ansetzt, ahne ich, dass wir als Erstes die Trophäe Auszeichnung betreten, sind bereits überraschend entgegennehmen dürfen. Und tatsächlich: „Der drit- Hagenstraße viele Leute anwesend. Viele Redakteure des Verla- te Platz in der Kategorie ‚Heftinhalt’ geht an die FA- ges und jeweils ein Vertreter der Kooperationspart- TAL-Redaktion aus Dinslaken”, sagt der Chefredak- ner des Wettbewerbs sind zugegen. So sind unter an- teur und übergibt uns die Trophäe. Wir freuen uns derem „Das Telefonbuch”, die „SOS Kinderdörfer” riesig und sind stolz auf die Leistung unserer Redak- und „SchülerVZ” vertreten. Die Moderation der tion. Mit solch einer tollen Auszeichnung hätte noch Preisverleihung führt Mathias Müller von Blumen- vor ein paar Wochen niemand gerechnet. Nun kön- cron, der Chefredakteur des SPIEGEL. Er moderiert nen wir uns ganz entspannt den Rest der Preisverlei- das Geschehen locker, aber souverän und überreicht hung ansehen. Klarer und verdienter Gesamtsieger wird der „Innfloh”. Er dominiert beinahe jede Kate- gorie und räumt jede Menge Preise ab. Nach der Verleihung feiern wir zusammen mit den anderen Redakteuren unseren Preis im „lila Salon”. Es gibt Champagner, Snacks und zwei Discjockeys sorgen für Musik. Natürlich wird auch das WM- Spiel Italien gegen Paraguay übertragen. Doch auch die Enttäuschung des kleinen Italieners über das ma- gere Unentschieden seiner Nationalelf kann die gute Stimmung nicht trüben. Bis tief in die Nacht sitzen wir noch zusammen und reden, tanzen oder spielen Kicker. Am nächsten Tag fahren wir nach einer kleinen Sightseeing-Tour durch Hamburg zufrieden und stolz zurück nach Hause. Wir hatten drei wirklich Fachsimpeln in chilliger Atmosphäre tolle Tage, in denen wir lauter nette Leute kennen gelernt, viel Spaß gehabt und eine tolle Auszeich- den Preisträgern ihre Trophäe. In der Kategorie nung erhalten haben. Ich hoffe, dass die FATAL wei- „Heftinhalt”, in der die FATAL-Redaktion nominiert terhin so gute Arbeit leisten wird und noch viele ist, werden als erstes die Preise verliehen. „Nun ist weitere Redakteure an einer solchen Preisverleihung es so weit, jetzt entscheidet sich, welche Platzierung teilnehmen dürfen. wir erreicht haben. Den dritten Platz haben wir ja schon sicher. Wir können also nur noch gewinnen”, Tobias Schillings, Stufe 13

Ausstellung „Ruhrgebiet – Krupp. Das allgemeine Ziel dieser Zusammenarbeit Arbeitswelten entdecken“ ist es, die Berufsorientierung und Bildung an unse- Anschauliches Projekt einer auf den ersten rer Schule zu optimieren. Das heißt die Lerngrund- Blick ungewöhnlichen Kooperation

Was haben Deutschlands größtes Stahl- und Rü- stungsunternehmen und das Otto-Hahn-Gymnasium Dinslaken gemeinsam? Nun ja, auf den ersten Blick nicht wirklich viel. Trotzdem verbindet Thyssen Krupp Steel eine langjährige Kooperation mit unse- rer Schule. Schon seit 2004 besteht eine Zusammen- arbeit, die schließlich im Februar 2006 durch einen Kooperationsvertrag gefestigt wurde. Diese Kooperation besteht zum Beispiel aus Fortbil- dungen für die Lehrer unserer Schule, Ausflüge zu den Werken von Thyssen Krupp, Bewerbungstrai- ning, Unterstützung bei der Ausstellung von Fachar- Das Stahlbuch in den Ausstellungsräumen der Sparkasse beiten durch die Bereitstellung von Materialien, Un- terstützung von Projekten wie „Jugend forscht“ und lagen unserer Schule sollen möglichst gut sein und vieles mehr. Sogar der Druck unserer Schülerzeitung die Schüler sollen bei der schweren Entscheidung geschieht mit der Unterstützung von Thyssen der Berufswahl durch optimale Information und Be-

8 ratung unterstützt werden. Dies wird jedoch nicht cus Kiel mit einem von ihm selbst entwickelten Ver- nur durch Informationsveranstaltungen vermittelt, fahren auf Stahlplatten festgehalten. Später entstand sondern vor allem auch durch interessante Projekte im Rahmen des Kunstunterrichts ein 20-seitiges wie beispielsweise die Programmierung von Lego- Buch mit Stahlseiten welches den Arbeitsablauf do- robotern im Rahmen des Informatikunterrichts. kumentiert und veranschaulicht. Dieses Buch wurde zusammen mit den Stahltafeln bei der Ausstellung Ein Produkt dieser Zusammenarbeit war die Aus- ausgestellt. Mittlerweile befinden sich die ausge- stellung „Ruhrgebiet – Arbeitswelten entdecken“, stellten Gegenstände wieder in unserer Schule. welche Anfang des Jahres im Rahmen von Ruhr.2010 in der Hauptstelle der Sparkasse Dinsla- Abschließend lässt sich feststellen, dass die Koope- ken-Voerde-Hünxe stattfand. Dafür fotografierten ration sehr gut für uns und unsere Schule ist, da sie und interviewten 24 Schüler unserer Schule ver- neue Wege der Bildung und Berufsorientierung bie- schiedene Arbeitnehmer bei ThyssenKrupp. Daraus tet und das alles auf eine interessante und ganz und entstanden auf der einen Seite zahlreiche Fotos und gar nicht langweilige Art und Weise. Bleibt nur zu auf der anderen Seite gewannen die Schüler Einbli- hoffen, dass diese Zusammenarbeit noch lange be-

cke in die Berufe der Arbeiter, die auch für sie selbst stehen bleibt. Hagenstraße einmal interessant sein könnten. Aus den vielen Fo- tos wurden schließlich elf Stück ausgewählt und in Brian Brand, Stufe 12 der Dunkelkammer des Ateliers des Künstlers Mar-

Streitschlichtung am OHG ziehung zu ihren Mitschülern stehen. Konfliktregelung von Schüler zu Schüler Seit dem Schuljahr 2002/2003 werden am Otto- Hahn-Gymnasium Schüler und Schülerinnen aus der Jahrgangsstufe 9 in freiwilligen Arbeitsgemein- Dienstagmorgen, 9.35 Uhr, große Pause. Tom trottet schaften zu Streitschlichtern ausgebildet. Im letzten schlecht gelaunt über den Schulhof. Soeben hat er halben Jahr konnten durch die Kooperationsarbeit zum zweiten Mal eine 5 in Mathe wiederbekommen mit dem „Deutschen Kinderschutzbund Dinslaken und nun befürchtet er großen Ärger mit seinen El- Voerde e.V.“ 24 neue Streitschlichter ausgebildet tern. Auf der anderen Seite des Hofes spielt Marcel werden und ihre Ämter antreten. mit seinen Kumpels Fußball. Sie sind in das Spiel vertieft und achten kaum darauf, was um sie herum geschieht. Es ist keine Absicht, aber schon ist es passiert. Marcel stößt mit seinem Ellbogen in Toms Bauch. Der Ball ist verloren, Tom hält sich den Bauch vor Schmerzen. Beide sind sauer. Wütend starren sie sich an. Dass einige der herbeigelaufe- nen Jungs schreien: „Prügelt euch, prügelt euch“, hilft nicht gerade, die Situation zu entspannen. Solche und ähnliche Konflikte zwischen Schülern gibt es täglich. Es wird geschubst, gerempelt, geprü- gelt, Sachen von anderen beschädigt, gelästert, aus- gegrenzt – und das beinahe in jeder Pause. Oftmals werden diese Konflikte nur oberflächlich geklärt. In den meisten Fällen bekommt der vermeintlich „Schuldige“ eine Strafe oder beide Beteiligten müs- Das Streitschlichter-Team bei einem Freizeittreffen sen sich beieinander entschuldigen. Der Vorfall scheint somit zunächst geregelt, da der Konflikt aber nie wirklich geklärt wurde, kann schon bei der näch- Die Streitschlichtergruppen werden von Frau sten Gelegenheit ein weiterer Streit entstehen. Dachowski und Herrn Zampich sowie von Frau Wi- ßenberg und Herrn Grans (Mitarbeiter des „Deut- Um dies zu verhindern gibt es an vielen Schulen schen Kinderschutzbundes“) betreut. Auch sie gehö- Deutschlands Streitschlichter. Das sind Schüler, die ren neben den aktiven Streitschlichtern zu den An- als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und ein- sprechpartnern für Streitfälle. greifen, wenn Mitschüler in Streit geraten. Häufig finden Lehrer nicht den richtigen Zugang zu den Be- Im Mittelpunkt der halbjährigen Ausbildung steht teiligten eines Streits und drohen stattdessen mit die Auseinandersetzung mit Konfliktlösungsstrategi- Strafarbeiten und Verweisen. Die jungen Streit- en und Kommunikationsfähigkeiten. Außerdem sol- schlichter haben dahingegen oft mehr Erfolg, weil len die Schüler darin geschult werden, Streit- und sie in einer lockereren und vertrauensvolleren Be- Schlichtungsgespräche zu führen, Problemlösungen

9 anzubieten und diese gemeinsam mit den Anwesen- vertraglich notiert. Nach einiger Zeit findet ein Ter- den zu entwickeln. min statt, an dem kontrolliert wird, ob alle Beteilig- ten sich an die Vereinbarung gehalten haben. Jeder Hagenstraße Nach der Ausbildung folgt die Umsetzung der Theo- Schüler kann sich darauf verlassen, dass nichts von rie in die Praxis. Manche Streitschlichter führen ihr dem Gesagten an andere Personen weitergegeben Amt bis zum Abschluss der Oberstufe fort. wird oder auf anderen Wegen an Lehrer oder Mit- schüler gelangt. Jeden Dienstag und Donnerstag sind die Streit- schlichter in der ersten großen Pause in Raum 001 Wer mehr über die Streitschlichtung am OHG erfah- anzutreffen. Dort können Gespräche geführt und ren möchte, kann sich entweder auf der Schulhome- weitere Termine vereinbart werden. Jedes Schlich- page informieren oder an die Ansprechpartner wen- tungsgespräch läuft nach einem bestimmten Verfah- den. ren mit festen Regeln ab, an die sich alle Beteiligten halten müssen. Die Streitschlichter hören sich die verschiedenen Meinungen der Anwesenden an und versuchen mit den Beteiligten auf eine Lösung hin- Sina Erben, Stufe 12 zuarbeiten. Die Ergebnisse des Gesprächs werden

Heavy on wire in Germany ging ohne den obligatorischen Döner oder die Cur- Besuch von der anderen Seite der Welt rywurst, und zur Verwunderung aller wünschte er sich von meiner Mutter eines Tages Sauerkraut zum Mittagessen. „This looks not as industrial as the cities around” Die gute Anbindung an die nächstgelegenen Groß- waren die ersten Worte, nachdem mein neuseeländi- städte gefiel Harry besonders an Dinslaken, ein Be- scher Austauschschüler Harrison James Wynn, der such in Düsseldorf war eben so schnell und einfach sich zu dieser Zeit noch in seiner Heimat Auckland gemacht wie ein Ausflug nach Münster, den er mit befand, durch Google Earth einen Blick auf Dinsla- einer Austauschschülerin aus den USA, die ebenfalls ken geworfen hatte.

Ende November letzten Jahres sollte mein Gast aus Übersee anreisen und im Rahmen meines Aus- tausch-Stipendiums bei der „Gesellschaft für Deutsch-Australischen/Neuseeländischen Schüler- austausch“ (GDANSA bzw. auf englisch GASS) für 10 Wochen in meiner Familie leben. Man hatte zwar im Voraus schon erste Kontakte über das Internet- portal Facebook geknüpft, aber etwas aufgeregt war ich schon, als ich ihn dann mit meinen Eltern am Flughafen Düsseldorf abholte. Und dann kam er uns auch schon entgegen, Harry im luftigen Sommerout- fit, in Neuseeland herrschten ja zurzeit wärmere Temperaturen als in Deutschland. Auckland in Neuseeland – Harrys Heimat Zu Hause angekommen galt es, sofort etwas mit dem nach dem langen Flug erstaunlich aktiven Har- ry zu unternehmen, der Besuch eines Weihnachts- auf meine Schule ging, unternahm. In Neuseeland marktes in Dinslaken stand auf dem Programm. Die ging er schon in die zwölfte Klasse, die Stufe 11 war weihnachtlichen Traditionen faszinierten ihn beson- also schon Geschichte für ihn. Das wurde aber durch ders, feiert man doch in Neuseeland vorzugsweise die Sprachbarriere wieder ausgeglichen, wobei sein bei 30 Grad am Strand und erlebt diese Zeit im Jahr Deutsch, das schon bei der Ankunft passabel war, somit ganz anders als in Deutschland. In den Genuss mit der Zeit immer besser wurde. Zwar gab es ab von Weihnachtsmärkten sollte er noch in mehreren und zu ein paar Missverständnisse bei Umgangs- Städten wie z. B. Essen, Xanten oder Köln kommen, sprache und deutschen Sprichwörtern, da „du bist wo dann direkt ein Tagesausflug mit Besichtigung schwer auf Draht“ mit „you are heavy on wire“ zu von Bauwerken, dem Besuch von Museen wie dem übersetzen, nur für Verwirrung sorgte. Häufig quit- neuen Römermuseum in Xanten oder auch mal eine tierte er Aussagen mit der Frage „Ah wirklisch?“, Shoppingtour daraus gemacht werden konnte. Das unabhängig davon, ob er die betreffende Aussage deutsche Essen mundete ihm sehr, kein Ausflug ver- auch verstanden hatte und auch ohne den Sachver-

10 halt noch weiter zu verfolgen. Insgesamt gefiel ihm Familie eins, lagen unter dem Weihnachtsbaum. Alle die deutsche Schule recht gut, vor allem war sie sei- freuten sich über das Mitbringsel aus Übersee, am ner Meinung nach nicht „as strict as in New Zea- besten waren wahrscheinlich die Weihnachtskarten, land“, na, dann möchte ich nicht wissen, wie Schule die er natürlich auf Deutsch verfasst hatte. Auch er in Neuseeland ist… sollte nicht zu kurz kommen – da er im Voraus den Wunsch nach einer Fahrt Richtung Norden geäußert Von meinen Freunden und meinem Umfeld wurde hatte, sollte nach den Ferien ein Wochenendtrip Harry sofort freundlich aufgenommen, dementspre- nach Hamburg stattfinden. Doch erstmal kamen die chend waren wir viel unterwegs. Von DVD- bis Ke- Ferien – Ski fahren in Oberstdorf stand auf dem gelabend, Feiern oder dem Besuch von diversen Programm. Harry bevorzugte das Snowboard und Dinslakener Lokalitäten am Wochenende war so belegte außerdem noch einen Kurs, da ihm die Ab- ziemlich alles dabei, und sobald die anwesenden fahrten wohl doch noch nicht so geheuer waren. So Leute das Heimatland des Gastes erfahren hatten, jagten wir zwar nicht zusammen die Pisten runter, konnte dieser sich vor Fragen kaum noch retten. Bei gefallen hat es ihm aber trotzdem. Kurz vor Silve- allen Freizeitaktivitäten durfte natürlich auch ein ster setzte ihn dann eine Magen-Darm Verstimmung

Konzertbesuch von Dinslakens Schlagerstar Nr. 1 kurzzeitig außer Gefecht, für den Jahreswechsel und Hagenstraße nicht fehlen – als der Wendler auf dem Voerder den Sekt stand er dann letztendlich doch noch ein- Weihnachtsmarkt seine Hits zum Besten gab, waren mal auf. Am 01.01. ging es wieder zurück Richtung wir dabei. Harry stellte jedoch für sich fest, dass sei- Dinslaken – am 02. des Monats mussten wir schon ne Lieblingsmusik von anderer Natur ist. In Neusee- in Dortmund sein, das GASS-Wintercamp, auf dem land spielt Harry Wasserball und steht eher auf Rug- aktuelle sowie ehemalige Teilnehmer des Aus- by als auf Fußball, den richtigen Verein musste ich tauschprogrammes zusammenkamen, fand statt und ihm trotzdem zeigen, und so standen wir an einem Harry freute sich, seine Landsleute wiederzusehen. Wochenende in Schalkes Nordkurve und sahen einen Zusammen erlebten wir eine coole Woche mit wenig Schlaf, aber dafür umso mehr Spaß. Nach dem Win- tercamp ging es für mich wieder in die Schule, Har- ry hatte seine einwöchige freie Reisezeit – in einer Dreiergruppe besuchte er unter anderem München, Salzburg und Konstanz. Als er wieder in Dinslaken eintraf, merken wir, wie schnell die Zeit verging, und dass er nur noch für zwei Wochen hier bleiben sollte. So machten wir uns am darauf folgenden Wo- chenende auf nach Hamburg, um die Hansestadt zu erkunden. Bei Temperaturen von -10 Grad und ei- nem zugefrorenen Hafenbecken wurde es mit der Hafenrundfahrt nichts, wir machten jedoch das beste aus der Situation – von Reeperbahn bis Hamburger Michel war alles dabei. Und dann ging seine Zeit in Deutschland auch schon Freundlicher Empfang am Flughafen zu Ende. Am letzten Abend in Dinslaken wurde noch eine kleine Abschiedsfeier im Keller organi- siert, alle Freunde, die er in den zehn Wochen Auf- Sieg über Hertha BSC Berlin. In Dinslakens „Local enthalt kennen gelernt hatte, kamen vorbei und Hero“ -Woche, der Aktionswoche von „RUHR wünschten ihm eine gute Heimreise. Zunächst sollte 2010“, wurde es noch internationaler für ihn, lernte er aber noch eine Woche in Berlin mit allen anderen er doch bei der „DinArt Dernissage“, der Feier der Gästen aus Übersee verbringen. Lebenshilfe mit Gästen aus Dinslakens Partnerstadt Agen, auch noch einige Franzosen kennen. Am nächsten Morgen gab es nach dem Abschied noch ein paar Komplikationen, der Zug in Dinslaken Zwischenzeitlich besuchten wir auch einmal ge- wurde mangels Timing verpasst, der in Duisburg meinsam mit GDANSA -Vorstandsmitglied Christo- dann schlussendlich so gerade eben noch erwischt. pher Hüsgen meinen Sponsor, die Volksbank Dinsla- ken, wo uns Vorstandsvorsitzender Helmut Böing Insgesamt war der Austausch eine interessante Er- begrüßte. fahrung und hat mir trotz mancher Einschränkungen im häuslichen Bereich und in meiner Freizeit Spaß Die Weihnachtszeit wurde besonders spannend für gemacht. Ich konnte etwas über andere Kulturen ler- ihn, ob das obligatorische Stiefel-vor-die-Tür-Stel- nen und meinem Gast hoffentlich auch etwas von len an Nikolaus, das Verschicken von Weihnachts- der deutschen Kultur und Sprache vermitteln. karten an Freunde und Verwandte, das Schmücken des Weihnachtsbaumes oder das Kekse backen – an allem nahm er aktiv teil. Als dann der heilige Abend kam, verschwand er erstmal für eine Zeit in seinem Felix Weber-Frerigmann, Stufe 12 Zimmer, bei der Bescherung merkten wir, wieso. Vier hübsch verpackte Geschenke, für jeden aus der

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Ruhr.2010 und die Suche nach einem Wohnung rum und fand gleich ein paar Farbtuben Beitrag und Papier. Und schon hatte ich eine Idee. Ich wollte einen Förderturm malen, schließlich sind wir ja im Knötts Vorbereitungen auf das Ruhrgebiet, wo man sich an jeder Ecke die Pfoten Kulturhauptstadtjahr an so einem Ding stößt. Fröhlich fing ich an zu ma- len und dachte: „Knött, das wird ein super Bild, du warst ja auch schon immer gut in Kunst.“ Doch schnell hatte ich mit herben Rückschlägen zu kämp- Hallo Leute, ich bin’s, Knött, Rattenreporter der FA- fen. Ich war viel zu klein für meinen Pinsel, und TAL. Das Jahr 2010 ist doch wirklich was Besonde- ständig kippte er mit mir nach links oder rechts über, res. Weil der Jahresbeginn total verschneit und eis- was mein Kunstwerk erheblich verunstaltete. Fru- kalt gewesen ist? Nein, in diesem Jahr ist das Ruhr- striert gab ich auf, beschloss aber weiter ein Kunst- gebiet Kulturhauptstadt! Das war Grund genug für werk zu erschaffen, das dann bestimmt auch auf ei- mich, mich kulturell etwas zu engagieren. Was dabei nem der Projekte von Ruhr.2010 aufgehängt wer- rausgekommen ist? Seht selbst! den würde. Ich musste ja keine Motive malen oder

zeichnen und dachte an moderne Kunst und revolu- Hagenstraße 9. Januar 2010. Ich saß in meiner Küche, las die tionäre neue Kunststile, die ich erschaffen könnte. Zeitung und stolperte über einen Artikel, demzufol- Prompt hatte ich eine tolle Idee. Ich füllte einen Un- ge das Kulturhauptstadtjahr an diesem Tag eröffnet terteller mit Farbe und legte mich hinein. Dann warf wurde. „Kulturhauptstadt Ruhrgebiet“, dachte ich, ich mich auf ein Stück Leinwand, das ich bei mir „und ich bin dabei, schon irgendwie toll.“ Trotzdem gefunden hatte, sodass die Farbe darauf haften blieb. merkte ich noch nicht viel davon. Gut, ich hätte zur Doch nicht nur meine Wenigkeit sollte auf meinem Open-Air-Eröffnungsfeier gehen und mir meine Bild auftauchen. Ich fand auch noch andere Gegen- Pfoten bei Schnee und Minusgraden abfrieren kön- stände, die ich in Farbe tunkte und aufs Blatt pfef- nen, aber ehrlich gesagt hatte ich darauf nicht be- ferte, wie Schwämme, Geldstücke und Käse. Da- sonders viel Lust. Trotzdem wollte auch ich irgend- nach verteilte ich noch ein wenig Farbe auf mein einen Beitrag leisten. Bild, indem ich noch einmal durchlief, und schon war mein Kunstwerk fertig. In der Mitte ein Ab- Ich fing an zu überlegen, was ich tun könnte, irgend- druck einer Ratte in rot, diverse Gegenstände des was mit Kultur. Schnell kam ich auf die Idee, etwas täglichen Bedarfs in allen erdenklichen Farben und Künstlerisches zu machen, Bilder, Skulpturen, rundherum gelbe Pfotenabdrücke. Das war ein Zeichnungen, Fotografie. Also rannte ich in meiner Kunstwerk, wenn nicht sogar ein Meisterwerk. Stolz

000 zeigte ich mein Bild meiner Frau – und bekam einen Ich startete einen letzten Versuch, mich noch irgend- dicken Dämpfer versetzt. Sie verriss mein Bild mit wie im Kulturjahr einzubringen, mit Fotos. Also den Worten: „Oh Schatz, wie süß, hast versucht ein schnappte ich mir die Redaktionskamera der FATAL Hagenstraße Bild zu malen?“ Das war zu viel. Ich beschloss, da- und machte mich auf nach Lohberg, um Fotos von mit aufzuhören, Bilder zu malen, und mich anderen der Zeche zu machen. Ich stieg in den Bus und war kulturellen Aktivitäten zu widmen. etwas empört, dass der Busfahrer mich ignorierte und mir demonstrativ keinen Fahrschein verkaufte. Unglaublich, wenn jetzt ein Kontrolleur käme, dann hätte ich ja keinen Fahrschein. Ich nahm mir einfach Etwas gefrustet, verschonte ich die Kultur jedoch ei- vor, mich im Falle eines Falles irgendwo zu verste- nige Zeit von mir und gönnte mir eine künstlerische cken, würde schon schief gehen. An der Zeche stieg Pause. Meine Bilder hatte ich wütend aus dem Fen- ich aus und rannte durch die Anlage, machte Fotos ster geschmissen. hier und da, fand aber trotzdem kein vernünftiges Fotomotiv, bis mir der Förderturm in den Sinn kam. Doch bald wurde ich von der Muse geküsst. Ich Zunächst machte ich nur so ein Foto. Das war schon wollte einen tollen Ruhr-Song schreiben, so wie ganz gut, aber nichts Herausragendes, deswegen Herbert Grönemeyer, nur besser. Also ging ich in kaufte ich mir eine Taschenlampe und farbige Folie. den Musikraum, kletterte auf das Klavier, stemmte Ich versuchte verzweifelt, den Turm irgendwie farb- den Klavierdeckel hoch und begann zu komponie- lich in Szene zu setzen, aber das wollte nicht so ren. Ich sprang auf jede Taste, die ich brauchte, recht gelingen. Ich hatte ja nur eine Pfote für die Ka- rannte zur nächsten und sprang wieder drauf. Natür- mera und eine für die Lampe frei, und so verwackel- lich beachtete ich die Harmonielehre, Taktmaß und ten die Bilder immer wieder. alles, was wichtig war. Alles war toll, nur die Töne, die ich produzierte, wenn ich über die Tasten lief, störten irgendwie. Bald merkte ich, dass das Klavier nicht mein Instrument war, auch an der Gitarre, So fuhr ich frustriert nach Hause und blieb auch selbst an der Mundharmonika scheiterte ich kläg- richtig frustriert. Ich hatte so oft versucht, mich kul- lich. Nach Stunden frustrierter Suche fand ich end- turell einzubringen. Anscheinend war ich wohl lich ein Instrument, dem ich gewachsen war, die Tri- künstlerisch völlig unbegabt. Doch dann sah ich bei- angel. Das war zwar nicht ganz das Niveau, das ich läufig mein Gemälde in einer Zeitung, die auf dem mir vorgestellt hatte, aber gut, damit musste ich Boden lag. Offensichtlich hatte es ein junger Künst- mich abfinden. Nach ein paar Tagen war ich fertig ler gefunden und bei einem der Wettbewerbe zur und hatte einige Demoaufnahmen für Plattenfirmen Ruhr.2010 eingeschickt. Es hatte doch tatsächlich gemacht. Nun musste der Song mit dem tollen Titel den Preis für das „originellste“ Bild gewonnen. War- „Dinslaken“ öffentlich zum Besten gegeben werden, um originell in Gänsefüßchen stand, war mir ein deshalb suchte ich mir das Zentrum der Dinslakener Rätsel, aber ich war glücklich über den Erfolg, kul- Kultur und stellte ich mich an der verrosteten Skulp- turell etwas bewegt zu haben. Glücklich, aber auch tur am Ententeich hinter der Stadthalle auf. Nach etwas empört, dass der Künstler das Bild einfach so anderthalb Stunden hatte ich kein Geld in meinem als seins ausgegeben hatte, rollte ich das Blatt zu- Bauhelm, den ich statt einer Mütze hinlegte (ich sammen und stieg pfeifend in den Bus. musste ja auch den industriellen Charme des Ruhr- gebiets einbringen), sondern nur ein paar Brotstücke Meine Mühen hatten sich doch noch gelohnt. von einem kleinen Jungen, der „der Ente noch etwas Brot geben“ wollte. Auch die Entdeckung durch ei- nen Plattenmanager oder das Interview mit einem Dustin Ehret, Stufe 11 Journalisten der Lokalzeitung blieb komischerweise aus. Merkwürdig.

000 Was trägt das OHG? an“ oder „Der Sänger von As I Lay Dying [Tim Eine Stilfrage Lambesis] ist mein Gott! Wenn ich könnte, würde ich mich kleiden und so leben wie er“. Weitere Bei- spiele für solche „imitierten“ Stile an unserer Schule sind Skater, Schüler im „Jogginghosen-“ und dem noch nicht sehr bekannten, aber durchaus verbreite- Entsprechen OHG-Schüler dem Klischee der mar- ten „Upper East-Side-Style“, der vor allem durch kenbewussten Gymnasiasten, oder haben wir Mut zu Serien wie „Gossip Girl“ geprägt wird. Individualität? Diese Frage habe ich mir gestellt und bin der Sache mir dem „eigenen Stil“ auf den Die äußerliche Anlehnung an berühmte Vorbilder Grund gegangen. hat sicher etwas mit der Suche nach der eigenen Identität zu tun. Es Nach allgemeiner Vorstellung tra- gehört viel Mut dazu, sich gen Gymnasiasten aus- der Welt als die Person zu schließlich Markensa- zeigen, die man wirk-

chen, die dem aktuel- lich ist. Dazu muss Hagenstraße len Trend entspre- man allerdings erst chen. einmal wissen, Mit Hilfe eines wer man ist. Fragebogens habe ich ver- Was ich zudem schiedene festgestellt OHG-Schüler habe, ist, dass interviewt, es immer um herauszu- mehr ganz finden, ob junge Schü- dieses Vorur- ler an unserer teil auf unsere Schule gibt, Schule zutrifft. die sich „auf- Bei meinen stylen“ und Nachforschun- versuchen „IN“ gen stellte ich zu sein. In der 5. fest, dass unsere Klasse habe ich Schülerschaft das selbst nicht darüber genannte Klischee zu- nachgedacht, ob mei- mindest teilweise bestä- ne Schuhe zu meiner tigt. Auf die Aufforderung, Jacke passen, oder ob viel- seinen Kleidungsstil zu be- leicht ein Schal besser zu mei- schreiben, reagierte ein Schüler bei- nem T-Shirt wirkt als eine Kette. spielsweise mit zwei simplen Worten: Dem Anschein nach haben in den letzten „Hauptsache Marke“. Die Frage nach dem Anteil Jahren die jüngeren Schüler dieses Bewusstsein von Markenkleidung in der persönlichen Garderobe stark entwickelt und stehen möglicherweise schon wurde einmal sogar mit den Worten „ausschließ- im Grundschulalter stundenlang vor dem Spiegel. lich“ beantwortet. Ob ich selbst meinen endgültigen Stil gefunden Aktuelle Kleidungstrends und Marken sind jedoch habe, weiß ich nicht. Aber ich bezweifle, dass man nicht das einzige, woran sich Jugendliche an unserer ihn finden kann, wenn man sich sein Leben lang Schule orientieren. So können auch Freunde und hinter Marken oder berühmten Vorbildern versteckt. Stars aus Musik, Sport und Film als Vorbilder für die tägliche Aufmachung vieler Schüler dienen. Auf meine Fragen erhielt ich dann sinngemäß Antworten Sarah-Ly Lohmann, Stufe 11 wie „Ich ziehe ähnliche Sachen wie meine Freunde

000 Abi - und dann?

Abitur Menschen, eine neue Kultur und eine andere Le- Abschluss, Ungewissheit und Träume bensweise kennen zu lernen. Doch so unterschied- lich unsere Persönlichkeiten sind, so unterschiedlich unsere Wege sein werden, so haben wir doch eines gemeinsam: Wir fangen alle etwas Neues an. An der Abitur bedeutet Abschluss, und ein Abschluss ist Schule waren wir die Ältesten und Erfahrensten, meistens mit einem Neuanfang verbunden. Doch be- schließlich sind wir schon 13 Jahre lang dort, so ge- vor dieser Neuanfang erfolgt, schwebt eine große hen wir gemeinsam als die Ältesten und Erfahren- Wolke der Ungewissheit über den kommenden Ab- sten von der Schule und fangen als die Jüngsten und iturienten. Kein Wunder, denn es gibt unendlich vie- Unerfahrensten an, unabhängig davon, welchen Weg le Möglichkeiten, die man nutzen kann, da man nun wir letztendlich einschlagen werden. frei und ungebunden ist. Ob Auslandsreisen kombi- niert mit Arbeit als Au pair, Kellner oder das einfa- Abitur bedeutet Abschluss, den Abschluss, den wir che In-den-Tag-Hineinleben, all diese Dinge haben uns nach 12, 13, 14 oder auch 15 Jahren endlich ver- ihre speziellen Reize. Jedoch fragt man sich, wie dient haben und als Zeichen unserer Leistung nun man nun Ordnung in das innere Chaos bringen kann mitnehmen dürfen. Der Abschluss, der uns ermög- und herausfindet, was das Richtige für einen ist. licht, das Neue aufzusuchen und zu beginnen. Die Ungewissheit, die nicht als Zeichen der Schwäche, Diese Frage, die jeden Menschen früher oder später sondern als Zeichen der Menschlichkeit gesehen einmal heimsucht, ist eine Frage, die Ungewissheit, werden muss, wird uns wohl für immer begleiten. Unsicherheit und Neugier mit sich bringt. Denn wer Denn egal was wir tun oder was wir erreichen kann sicher sein, dass er mit dem Studium, das er in möchten, sie ist in jedem von uns mehr oder minder einem halben Jahr anfangen wird, und mit dem Job, vorhanden und offenbart, dass wir keine perfekt kal- den er nach diesem Studium ausübt, wirklich glück- kulierenden Maschinen, sondern einfach nur Men- lich wird? Natürlich leben wir in einem Zeitalter, in schen sind, die nicht immer wissen, was auf sie zu- dem wir die Möglichkeit haben, unsere Wünsche und Träume zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu ver- wirklichen. Doch leben wir auch in einem Zeitalter, in dem Zeit gleich Geld ist und jeder noch so kleine Fehler seine Konsequenzen nach sich zieht. So ist jede Entscheidung, die wir treffen, offensichtlich oder unterschwellig mit Unsicherheit verbunden, denn in die Zukunft sehen kann niemand. So kann uns auch niemand eine Versicherung geben, was un- sere Entscheidungen anbelangt. Ob man letzendlich glücklich wird oder nicht, ist heute noch nicht ab- sehbar. Absehbar ist aber der Weg, den wir einschla- gen werden. Hierbei gibt es unendlich viele Mög- lichkeiten, was prinzipiell sehr gut ist, da wir alle in- dividuelle Persönlichkeiten besitzen. Die einen wol- len sich ehrgeizig ins Studium stürzen, um ihrem Verabschiedung der Abiturienten Traumjob ein Stückchen näher zu kommen. Das soll nicht heißen, dass jeder, der studiert, automatisch kommt. Was uns aber dazu verleitet, weiter zu ma- hohe Ziele verfolgt und seine innigsten Träume ver- chen, und uns dazu ermutigt, das Neue trotz der be- wirklichen möchte. Ein anderer Antrieb ist die klas- gleitenden Ungewissheit aufzusuchen, sind unsere sische Ungewissheit, da haben wir sie schon wieder. Wünsche und Träume. Unsere Träume rufen uns ein Was soll ich machen nach meinem Abitur? Viel- bestimmtes Bild von uns selbst ins Gedächtnis und leicht das, was ich schon mein ganzes Leben mache: verleiten uns dazu, die Dinge zu verfolgen, die uns Lernen (mehr oder weniger, versteht sich). Eine an- zu dieser Vorstellung bringen werden. Ob es nun die dere Möglichkeit bietet das Ausland: Das Angebot harte Arbeit während einer Ausbildung, das Lernen ist riesig und vielfältig, ob work and travel in Au- während des Studiums oder die Entdeckung eines stralien, als Au pair in England, eine Sprachreise neuen Landes ist, all diese Dinge haben eines ge- nach Frankreich oder ein Kurzaufenthalt in New meinsam, sie drücken die Selbstverwirklichung aus, York. Auslandsreisen sind aufregend und spannend die wir erreichen möchten, um unserem persönli- und bieten einem frisch gebackenen Abiturienten die chen und individuellen Traumbild zu entsprechen. Möglichkeit, unabhängig und selbstständig zu han- deln und zu leben. Zudem ist es der Traum vieler junger Menschen, etwas Neues zu entdecken, neue Nadine Nayseh, Abitur 2010

16 Warum ich schon zur Uni gehe… diensystem informieren, damit ihr wisst, was auf Mein Probestudium Chemie an der Uni euch zukommt, und was für Wahlmöglichkeiten ihr Duisburg- Essen habt. Die nächsten Sitzungen waren dann „chemi- scher“. Wir lernten beispielsweise die organische und die anorganische Chemie kennen. (Wusstet ihr, dass es von den ca. 18 Millionen chemischen Ver- „Du gehst schon zur Universität?“, fragte mich bindungen ca. 17 Millionen organische, also solche mein Tischnachbar neulich, als ich meinen Timer mit Kohlenstoff, gibt?) Bei der Physikalischen Che- aufschlug. „Warum das denn?“ mie lernten wir, wie der Katalysator beim Auto funktioniert, und in einer anderen Sitzung bekamen Die ganze Geschichte fing eigentlich damit an, dass wir die Umweltchemie erklärt. Am Ende jeder Vor- unsere Chemielehrerin uns fragte, ob wir Lust hät- lesung bekamen wir einige Fragen zu der jeweiligen ten, an einem Probestudium teilzunehmen. Wer spä- Vorlesung, die wir zu Hause beantworten sollten. ter Chemie studieren möchte, so wie ich, konnte sich einen Info-Zettel mitnehmen. Dort stand, dass Besonders erwähnenswert ist noch die Campusfüh- die Fakultät für Chemie der Universität Duisburg- rung. Wer Lust hatte, konnte sich an zwei verschie- Essen die Schüler der Jahrgangsstufen 11-13 wieder denen Terminen entweder vor oder nach einer Vorle- dazu einlädt, an einem achtwöchigen Probestudium sung über das Campusgelände führen lassen. So be- Abi - und dann? in Essen teilzunehmen. Ich meldete mich für das kam man einen Eindruck davon, wie zum Beispiel Studium an und bekam auch schnell eine Antwort. die Cafeteria aussieht oder wie groß die Bibliothe- Ich sollte mich am ersten Tag des Probestudiums am ken sind. Campus Essen im Hörsaal S04 T01 A02 einfinden. Nach der letzten Sitzung bekamen wir alle eine Teil- An der Universität angekommen, war ich am An- nahmebestätigung, und unsere Antworten auf die je- fang von ihrer schieren Größe überrascht. Zuerst weiligen Fragen wurden ausgewertet. Die besten fand ich mich nicht wirklich in dem Gebäude zu- drei bekamen als Preis ein Buch. recht, aber nach einigem Fragen konnte ich den Vor- lesungssaal schlussendlich doch erreichen. Beim er- Insgesamt kann man sagen, dass das Probestudium sten Mal gab es (nur) eine Einführung in das Che- sehr viel Spaß gemacht hat. Es hat mir dazu verhol- miestudium. Wir bekamen das Bachelor- und Ma- fen, mich in den unterschiedlichen Bereichen der stersystem erklärt, was es mit den Credit Points auf Chemie zurechtzufinden. So kann ich das Probestu- sich hat und warum die Universität Duisburg-Essen dium guten Gewissens weiterempfehlen. besonders für Chemiker geeignet ist. Für diejenigen, die demnächst auch die Universität besuchen wol- len: Ihr solltet euch frühzeitig genauer über das Stu- Paul Görs, Stufe 12

Berufseignungstests deinen Kenntnissen und Fähigkeiten gestellt, die Orientierungshilfen oder Zeitverschwen- dann hinterher einen Gesamteindruck von dir ver- dung? mitteln. Anhand dieser Daten wird daraufhin ein Be- ruf, der zu dir passt, ausgewählt. Doch nicht immer wird so detailliert vorgegangen. Oft gibt es nur we- nige Kategorien und keine große Bandbreite an Be- rufen. Jeder hat sie schon einmal gesehen, diese so ge- nannten Berufetests. Sie stehen oft in der Kritik, da So fragt man sich, ob Berufseignungstests wirklich es viele „schwarze Scharfe“ unter ihnen gibt. Vor Sinn machen. Diese Frage ist allerdings nur schwer allem die „Online-Berufetests“ sind nicht immer se- zu beantworten, denn es gibt auch seriöse und an- riös. Solche Tests können schließlich von nahezu je- spruchsvolle Berufetests, die in jedes kleinste Detail dem ins Internet gestellt werden und leider fehlt den gehen und eine große Auswahl an Berufen anbieten. meisten oft die nötige Kompetenz. Eben genauso, wie es sein sollte. Allerdings sind die meisten dieser seriösen Test kostenpflichtig. Doch was genau ist eigentlich ein Berufseignungs- test? Ein Berufseignungstest soll dir nicht nur bei Allgemein können sie helfen, sich für eine Richtung der Frage helfen „Was soll ich werden?“, sondern zu entscheiden. Seinen konkreten Beruf sollte man soll auch deine Talente und Interessen klar heraus- allerdings nicht von diesem einen Test abhängig ma- stellen. Jeder von uns hat seine persönlichen Talen- chen, denn solche Tests sind im Endeffekt bloß Sta- te. Diese besonderen Fähigkeiten können anhand tistiken. Ob einem die vorgeschlagenen Berufe von Beratern / Psychologen oder Testverfahren zum wirklich gefallen, kann man wohl nur durch zum Vorschein gebracht werden. In einem Berufetest Beispiel Praktika oder Erfahrungsberichte Dritter werden dir also Fragen zu deiner Persönlichkeit, herausfinden.

17 Wer sich über mögliche Berufe informieren will, durchaus nützlich sind, um sich einen Überblick zu

Abi - und dann? sollte im Internet auf offizielle Seiten zurückgreifen verschaffen, welches Gebiet einem am ehesten liegt, (z. B. www.planet-beruf.de). So bieten viele Univer- dennoch sollte man sich nicht zu sehr davon beein- sitäten kostenlose Berufseignungstests an, die gut flussen lassen und eigene Erfahrungen sammeln, durchdacht und strukturiert sind. Zudem kann man denn die Wahl des Berufes sollte man selbst treffen sich bei der „Bundesagentur für Arbeit“ sowohl per- und gut überdenken. sönlich als auch im Internet beraten lassen. Leonie Meurer, Stufe 11 Alles in allem würde ich sagen, dass Berufetests

Karriere bei der Bundeswehr Marine entscheidet, sind es 17 Jahre. Allerdings gibt es auch andere Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man sich auch für eine zivile Ausbil- Da ich im Januar ein Praktikum bei der Bundes- dung bei der Bundeswehr entscheiden. Da gibt es wehr absolviert und dort einige interessante Erfah- die Möglichkeit, eine Ausbildung zur/zum Verwal- rungen gemacht habe, möchte ich die Bundeswehr tungsfachangestellte/r zu absolvieren, oder man ent- an dieser Stelle einmal als Arbeitgeber vorstellen. scheidet sich für eine Ausbildung zur/m Bürokauf- frau/-mann. Allerdings muss man hier auch die Grundausbildung machen. Die Bundeswehr bietet verschiedene Möglichkeiten, um Karriere zu machen. Die Aufgaben und Auslandseinsätze der Bundes- wehr Unter anderem hat man die Möglichkeit, ein Studi- um aufzunehmen. Neben Medizin und Jura kann Die heutigen Aufgaben der Bundeswehr decken ein man auch Geschichte oder Pädagogik studieren. In weites Spektrum von Terrorismusbekämpfung über jedem Kurs kann man den Bachelor und den Master humanitäre Hilfe bis zum Katastrophenschutz ab. absolvieren. Auch kann man ein Studium im Aus- land ergreifen. Das Studium bietet sich allerdings Die Bundeswehr ist im Moment in sechs Ländern am meisten an, wenn man vorhat, die Offizierslauf- und an zwei Marine-Operationen beteiligt. bahn einzuschlagen. Insgesamt verläuft es dann an- ders, als wenn man ein Mannschafter werden will. Das in den Medien präsenteste Einsatzgebiet ist Af- Man muss sich schon früh für das Studium bewer- ghanistan. Es gibt zwei verschiedene militärische ben und dann wird erst einmal geprüft, ob man auch Operationen, die im Moment in Afghanistan laufen. geeignet ist. Wenn man dann aufgenommen wird, Einmal gibt es ISAF (International Security Assi- kommt man in eines von drei Offiziersanwärter-Ba- stance Force), diese kümmert sich vor allem um den taillonen. Nach dieser Grundausbildung macht man Wiederaufbau dauerhafter Regierungsinstitutionen eine Sprachschulung in Englisch. Danach wird man und auch um die Wahrung der Menschenrechte, da nach Dresden geschickt, um dort den Offizierslehr- die einheimischen Sicherheitskräfte zu deren Durch- gang 1 zu belegen. Besteht man diesen, beginnt das setzung noch nicht fähig sind. Es dürfen 4500 deut- Studium. Während dieses Studiums wird man bis sche Soldaten dort eingesetzt werden, im Moment zum Leutnant befördert. Nach dem Studium muss sind aber nur 3000 dort (womit Deutschland der man den Offizierslehrgang 2 bestehen, der auf be- drittgrößte Truppensteller ist) die mit 60.000 Solda- reits vorher gelernten Dingen aufbaut. Zudem ist das ten aus 40 verschiedenen Nationen zusammenarbei- Studium bei der Bundeswehr ein wenig anders als ten. Die Bundeswehr operiert hauptsächlich in der an einer zivilen Universität. Zum einen gibt es nur nördlichen Hälfte des Landes. Sie beteiligte sich Trimester und keine Semester, was heißt, das der erstmals im Jahre 2001 am ISAF Einsatz. Die ande- Stoff schneller durchgenommen wird. Ein anderer re internationale Truppe ist die OEF (Operation En- Punkt ist, dass das Studium bei der Bundeswehr be- during Freedom), welche den Kampf gegen die Ter- zahlt wird. Es gibt aber auch gewisse Vorrausetzun- rororganisation Al-Qaida als Hauptziel hat. Die gen, die man erfüllen muss. Zum einen muss man ISAF hat damit nichts zu tun. Es gibt auch noch die das Abitur besitzen, dann sollte man nicht über 25 QRF (Quick Reaction Force), deren Aufgaben unter Jahre alt sein und man muss sich für eine bestimmte anderem Patrouilleneinsätze, Absicherungsoperatio- Zeit verpflichten. Man sollte auch gut darüber nach- nen und taktische Reserve des Regionalkomman- denken, wo man sich verpflichtet, da es bei der deurs Nord umfassen. kämpfenden Truppe mehr höhere Offiziersposten zu besetzten gibt als bei den Unterstützungstruppen. Ein weiteres immer mal wieder in den Medien er- Beim Heer beträgt die vorgeschriebene Verpflich- wähntes Einsatzgebiet der Bundeswehr ist der Ko- tungszeit 13 Jahre. Bei der Luftwaffe muss man sich sovo. Die Aufgabe der Bundeswehr ist die Überwa- 16 Jahre verpflichten und wenn man sich für die chung der Entwicklung von professionellen, demo-

18 kratischen und multi-ethnischen Sicherheitsstruktu- die Anschläge am 11.9.2001. Hauptsächlich geht es ren. Bereits seit 1999 ist die Bundeswehr dort mit darum, die Seewege zu überwachen. Es soll Präsenz 1800 Soldaten stationiert und ist damit der größte gezeigt werden, um den internationalen Terrorismus Truppensteller der KFOR (Kosovo Force). Insge- zu bekämpfen. samt sind dort 13.000 Soldaten aus 37 verschiede- nen Nationen im Einsatz. In den achtziger Jahren Dann gibt es noch die Marineoperation ATLANTA kam es zum Bürgerkrieg auf dem Balkan zwischen in Somalia. Diese ist noch sehr neu. Erst am 2 De- den Serben und der Untergrund-Organisation UCK zember 2008 wurde das Mandat bis 2012 verlängert. (Ushtria Climitare e Kosovoes). Sie gingen aber Es geht darum, die Piraterie in dem Seegebiet um auch gewaltsam gegen die zumeist albanische Be- Somalia zu bekämpfen. Dort wurden unter anderem völkerung vor. Bereits 1998 forderte die NATO die auch Passagierschiffe gekapert und gegen Lösegeld Einstellung der Feindseligkeiten. Es gab diplomati- wieder freigelassen. Die somalische Regierung war sche Anstrengungen, die Konflikte beizulegen, doch machtlos gegen die Piraten und bat daher im Febru- alle Bemühungen scheiterten. Erst nachdem die ar 2008 den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Nato Luftangriffe durchführte, und zwar zwei Tage, um Beistand. Dieser forderte erst im Dezember dazu nachdem die Verhandlungen endgültig gescheitert auf, Streitkräfte dorthin zu entsenden. waren, flog auch die deutsche Luftwaffe 78 Tage lang Angriffe auf serbische Ziele. In New York wur- Zudem hat die Bundeswehr verschiedenartig charak- Abi - und dann? de die KFOR gegründet. terisierte Aufträge. Der erste ist „Schützen“. Das heißt, sie muss ein sicheres Umfeld schaffen, um ef- Ein weiteres Einsatzgebiet ist das Mittelmeer. Dort fektiv unterstützen zu können. Darunter fällt auch ist die Bundeswehr an zwei Operationen beteiligt. Luft- und Seeüberwachung. Der zweite Auftrag ist Eine davon heißt UNIFIL. Die Aufgabe der deut- „Helfen“. Hierbei geht es darum, dass die Bundes- schen Streitkräfte, die dort seit 2006 stationiert sind, wehr hilft, die Infrastruktur aufzubauen und für bes- ist die Überwachung der libanesischen Grenze und sere hygienische Bedingungen zu sorgen. Die Bun- die Kontrolle von verdächtigen Schiffen. Auch sol- deswehr soll Vertrauen schaffen. Der dritte Auftrag len die Soldaten dort humanitäre Hilfe leisten, wenn heißt „Vermitteln“. Die Soldaten müssen sich mit dies notwendig sein sollte. den Einheimischen verständigen. Der letzte Auftrag heißt „Kämpfen“. Das Kämpfen gilt hier als Grund- Eine weitere Operation im Mittelmeerraum ist die lage, um überhaupt helfen zu können und den Frie- Active Endeavour. Seit dem 26 Oktober 2001 sind den zu bewahren. dort deutsche Soldaten an Marineoperationen der Nato beteiligt. Der Grund für die Präsenz dort waren Lukas Rosenberger, Stufe 12

000 Siedepunkte

Zwei Jahre Obama Zeit der Wunderwechsel?

Groß war der Jubelschrei vor anderthalb Jahren. Nachdem im November 2008 Barack Obama zum ersten afroamerikanischen Präsidenten der Verei- nigten Staaten von Amerika gewählt worden war, legte er am 20. Januar 2009 den Amtseid als Präsi- dent der Vereinigten Staaten ab. Mit einem pompö- sen Wahlkampf hatte es Obama nicht nur geschafft, die US-Öffentlichkeit auf seine Seite zu ziehen, son- dern auch große Teile der Weltgemeinschaft. Politi- ker und normale Bürger, die während der Admini- stration Bush die USA mit großer Skepsis und Ab- lehnung betrachteten, fanden nun in Obama eine Art Messias, eine Gestalt des Wandels und der Erlö- sung. Die Ausgangssituation war wahrlich nicht so sonnig, wie es scheinen mag. So war es insbesondere diese Begeisterung, die Obama Probleme während seines ersten Jahres brachte. In der Euphorie des Wahl- kampfes und über den Wahlsieg war vollkommen in den Hintergrund gerückt, was Präsident Obama ad hoc zu Beginn seiner Amtszeit überhaupt zu leisten imstande war. Die Erwartungen an den neuen Präsi- denten waren von Beginn seiner Amtszeit an riesig Der „Messias“? Barack Obama und keineswegs, wie man in Europa oftmals glaubt, gleich. Der große Wunsch nach „Change“, dem grundlegenden Wandel in der US-Politik, wurde seine Herzensangelegenheit, den US-Bürgern eine vielfach und wird vielfach überschätzt. Der Wahl- allgemeine Krankenversicherung zu gewährleisten. sieg für Präsident Obama war zwar an Wahlmännern Das bisherige System war auf freiwillige Kranken- gemessen riesig, an Stimmen jedoch wesentlich versicherungen ausgelegt, weshalb 46 Mio. US- kleiner, als man annehmen könnte. Den grundlegen- Amerikaner keine Krankenversicherung besessen den Wechsel wollte vor allem die Weltgemeinschaft, haben. Das machte etwa 15% der gesamten Bevöl- ob in Südamerika, Afrika, Europa oder im Nahen kerung aus. Ein weiterer Teil galt als unterversichert Osten. In den USA hingegen verbrachte der ehema- und war dem Risiko ausgesetzt, bei Krankheiten lige Vizepräsident Cheney Monate damit, im Fern- entlassen zu werden. Die meisten freiwilligen Kran- sehen anzukündigen, dass eine Krankenversiche- kenversicherungen wurden vom Arbeitgeber ange- rung Sozialismus wäre und dass Obama Schwäche boten, doch galt dies nicht für alle Arbeitgeber. zeigen würde, wenn er Folterungen an Gefangenen Staatliche Programme gab es nur für soziale Härte- stoppte. fälle, Arbeitslose zählten aber nicht dazu. Gleichzei- tig konnten es sich viele reiche Amerikaner leisten, Was ist also übrig geblieben von den großen Hoff- versicherungslos zu sein. Für sie stellte dies kein Ri- nungen an Präsident Obama? Was wurde aus seiner siko dar, allerdings fehlten gleichzeitig ihre Zahlun- großen Gesundheitsreform? Wie haben die USA ihre gen den Krankenversicherungen, die sich aus- Wirtschaftskrise bewältigen können und vor allem: schließlich von mittleren und unteren Einkommen Wie schafft es Obama, das Image der USA in der finanzieren mussten. Letztlich führte das gesamte Welt wieder aufzupolieren? System zu Kosten von etwa 2,2 Billionen US-Dollar (1,5 Bio. Euro). Damit zahlten die USA, gemessen Der lange Kampf um das richtige Rezept an ihrem Bruttoinlandsprodukt etwa doppelt so viel wie sämtliche anderen Industriestaaten. „Ich bin nicht der erste Präsident, der dieses Pro- blem anfasst, aber ich bin entschlossen, der letzte zu Präsident Obama wollte beide Fliegen mit einer sein“, so entschlossen begründet Präsident Obama Klappe schlagen. Durch die Gesundheitsreform soll-

20 ten die Millionen Nichtversicherten eine Möglich- im Rahmen der Gesundheitsreform Schritt für keit erhalten, Schutz vor Krankheit zu bekommen, Schritt Frauenrechte abgebaut würden, weil sie in gleichzeitig sollten die explodierenden Kosten im den Kompromissfassungen geopfert wurden. Gesundheitswesen eingedämmt werden. Die Idee von Präsident Obama war simpel. Er wollte Weiteres Kopfzerbrechen bereiteten die gewaltigen schlichtweg eine Versicherungspflicht einführen, die Kosten, die mit der Reform verbunden sind. Rund entweder über den Arbeitsgeber (die ebenfalls die 871 Milliarden Dollar (ca. 600 Mrd. Euro) kalkulier- Pflicht erhalten, Versicherungen anzubieten) oder te die Regierung dafür ein. Teile daraus sollten aus privat geregelt wird. Für eine größere Anzahl an so- Mitteln der bisherigen Gesundheitsversorgung kom- zial Schwachen sollten weitere Fördergelder bereit- men, die mit der Reform überflüssig werden sollten. gestellt werden. Zudem sollte die Versicherungsin- Weitere Teile sollten die Versicherungen im Rahmen dustrie stärker reguliert werden. von Abgaben zahlen. Zudem galt es als wahrschein- lich, dass die Gesamtkosten für Gesundheit durch die Reform sinken würden, nämlich auf Kosten der Gewinne der Versicherer. Dennoch schreckte eine

solche Zahl angesichts einer Rekordverschuldung Siedepunkte ab, gerade da sich für einen Großteil der US-Bürger, die weiterhin bei ihrer Arbeitsstelle versichert blie- ben, nichts ändern würde. Ende März stimmte der US-Senat Obamas abge- specktem Gesetzesentwurf mit knapper Mehrheit zu. Auch wenn Obama Kompromisse eingehen musste und nicht alle Reformvorhaben umsetzen konnte, ist ihm Respekt zu zollen. Dass die USA endlich ein funktionierendes Gesundheitssystem bekommen ha- ben, wie es in den meisten europäischen Staaten seit weit über 100 Jahren vorhanden sind, wie es sogar in mehreren Entwicklungsstaaten vorhanden ist, war mehr als überfällig. Wie geht’s Joe the Plumber? Viel dringender als die Reform des Gesundheitssy- stems wurde in der öffentlichen Wahrnehmung der US-Bürger die Wirtschaftspolitik angesehen. Schon im Wahlkampf, beeindruckt von der internationalen Finanzkrise, war dies das Hauptthema, und so ge- langte ein Mann zu ungeahnter Popularität während des Wahlkampfes. Samuel Joseph Wurzelbacher, Amtseinführung 2008 besser bekannt als Joe the Plumber (Joe der Klemp- ner), wurde zum Symbol der amerikanischen Mittel- klasse. Obamas ehemaliger Konkurrent John McCa- Mit diesem Vorschlag hatte Obama einen Goliath in führte ihn ins Feld, um Obamas Steuerpläne zu herausgefordert. Die Versicherungsindustrie ist in kritisieren. Durch das Programm des Demokraten den USA sehr einflussreich und verfügt über eine würden mehr und mehr ehrliche Amerikaner wie Joe ganze Armee von Lobbyisten. Dazu kamen noch er- the Plumber bestraft. hebliche Aufwendungen in Marketing und Werbung gegen die Gesundheitsreform. Unterstützt wurden Mittlerweile ist von den Steuerplänen Obamas kaum sie von Kirchen und Konservativen. Reflexartig ver- noch die Rede. Mitten in der Wirtschaftskrise be- kündeten konservative Agitatoren, Obamas Reform schäftigten die US-Gesellschaft vor allem zwei The- würde den Sozialismus in den USA einführen und men: zum einen die Kontrolle der Finanzmärkte und zur Einführung von sogenannten Death Panels (To- zum anderen das Konjunkturpaket der Regierung desgremien) führen. Gemeint waren damit zum ei- Obama. Beide Punkte stellten sich als höchst kon- nen der allgemeine und freie Zugang zu einer Versi- trovers dar. In der Finanzaufsicht stellte es sich als cherung und zum anderen die Übernahme von Ko- Problem dar, dass diese in den USA vorher praktisch sten einer Abtreibung. Obwohl diese Vorwürfe an nicht existent gewesen war. Nicht einmal die eigene Absurdität kaum zu überbieten waren und man Notenbank war in Staatshand. Das einzige Instru- gleichwohl Obama auch hätte vorwerfen können, er mentarium, was der Regierung blieb, waren ihre hätte Jesus gekreuzigt, verfehlten sie ihre Wirkung Rettungsgelder, denn diese konnten an Bedingungen nicht. Die Öffentlichkeit zeigte immer weniger Ver- geknüpft werden wie die Gestaltung der Firmenpoli- ständnis für die Vorschläge. In den Verhandlungen tik und die Höhe der Managergehälter. Doch Oba- wurde letztlich tatsächlich die Übernahme der Ko- mas Pläne gingen weiter. Seinen Vorschlägen zufol- sten von Abtreibungen gestrichen, ein gewaltiger ge sollten Firmen, die vor einem Kollaps stehen, in Rückschritt. Dadurch wuchs die Befürchtung, dass ihrer Leitung vollständig von der Regierung über-

21 nommen werden dürfen. Gleichzeitig wollte Obama Goldene Himbeere für den Weltklimagipfel die Firmen an ihrer eigenen Rettung beteiligen, denn das Geld, das die Finanzkrise bislang verbraucht Diese „grüne Wende” zu einer umweltfreundliche- Siedepunkte hat, wird man wohl nie wieder sehen. Um dies ren Wirtschaft in den USA war auch eins der ganz durchzusetzen, fuhr Obama eine Doppelstrategie. großen Wahlkampfversprechen von Barack Obama. Zum einen versuchte er, zu Hause Gesetze bestätigt Insbesondere im Ausland weckte es Hoffnungen, zu bekommen, was fast aussichtslos schien, zum an- dass die USA sich nun auch endlich im Umwelt- deren versuchte er, internationale Regeln für die glo- schutz stärker engagieren würden. Große Hoffnun- balen Finanzmärkte auf den Weg zu bringen. Hin- gen lagen daher auf dem Weltklimagipfel in Kopen- sichtlich der nationalen Finanzmarktreform ist ihm hagen. ein Erfolg zu bescheinigen: Mitte Juli 2010 stimmte der Senat einem Gesetz zu, das Banken und Investo- Obwohl die USA das Kyoto-Abkommen zur Regulie- ren strengere Vorgaben und Kontrollen auferlegt und rung von Treibhausgasen immer noch nicht ratifi- mehr Transparenz bei riskanten Finanzgeschäften ziert hatten, wurde vielfach eine Führungs- und Vor- einfordert. Auch wird ein Insolvenzverfahren für bildfunktion von Präsident Obama in Kopenhagen Banken eingeführt, das im Fall einer Pleite eine or- gefordert. Doch auch hier machte ihm seine Heimat dentliche Abwicklung ermöglicht und damit verhin- Sorgen. Zwar schaffte die Regierung es, einen Ge- dern soll, dass eine Bank durch Misswirtschaft das setzesvorschlag zum Emissionshandel im Kongress ganze Finanzsystem in Gefahr bringt. Ohne Kom- durchzusetzen, doch war hier viel Fingerspitzenge- promisse ging es aber auch hier nicht: So wurde die fühl nötig. Letztlich blieben die einzelnen Regulato- geplante Bankenabgabe, die dem Haushalt eigent- rien weit hinter dem zurück, was beispielsweise EU- lich 16 Milliarden Dollar Entlastung bringen sollte, Standards sind, und ganze 44 Abgeordnete seiner ei- genen Partei stimmten gegen das Gesetz. Dies und die Tatsache, dass etwaige Zusagen für konkrete Schritte gegen den Klimawandel erneut im Kon- gress hätten bestätigt werden müssen, schränken den Handlungsspielraum für den Präsidenten ein. Die von Wissenschaftlern und Umweltaktivisten gefor- derten 40% Reduzierung von Treibhausgasen bis 2020 fand beispielsweise keinen Anklang im Kon- gress, lediglich auf 4% konnte man sich einigen. Gleichzeitig hat das Weiße Haus bislang wenig Ehr- geiz gezeigt, die Initiativen für Energie- und Um- weltrecht im Kongress zu unterstützen und ihnen damit öffentlich den Rücken zu stärken. Ganz im Gegenteil, Obama kündigte sogar an, ein bereits ver- Obama und sein „Vize“ Joe Biden abschiedetes Gesetz zum Klimaschutz nicht voll- ständig ausnutzen zu wollen. Angesprochen auf mögliche Handelsstrafen mit Staaten, die Klima- vor der entscheidenden Abstimmung aus der Geset- schutzvorgaben missachten, sagte Obama, dass er zesvorlage gestrichen. dieses Instrumentarium für kontraproduktiv halte und nicht nutzen wolle. Gerade im Bezug auf den Das Konjunkturpaket in Höhe von 787 Milliarden Dollar (543 Mrd. Euro) trägt dagegegen nur sehr be- scheidene Früchte. Immer noch sind rund 10% der Bevölkerung arbeitslos. Allerdings ist fairerweise zu erwähnen, dass erst nach Überwindung der Welt- wirtschaftskrise mit einer Besserung auf dem US- Arbeitsmarkt zu rechnen ist. Gleichzeitig versucht Präsident Obama auch noch eine grüne Wende in den USA durchzuführen. Allerdings war nach Ab- schluss des Wahlkampfes nur noch wenig die Rede davon. Bislang hat sich erst ein konkreter Vorschlag zur Förderung grüner Wirtschaft etabliert und dieser ist mit 2,3 Milliarden Dollar (1,6 Mrd. Euro) Steuer- erleichterungen vergleichsweise mickrig.

Joe the Plumber wiederum geht es nicht schlecht. Sitzung der Internationalen Atombehörde in Wien War er doch schon im Wahlkampf Besitzer seiner ei- genen Firma mit einem Gewinn von einer halben Million Dollar im Jahr. Mittelstand sieht eigentlich Handel mit China wäre dies wohl eine wirksame auch anders aus, und es ist gerade die untere Ober- Maßnahme gewesen, um sich weltweit für den Kli- schicht wie Wurzelbacher, die der gesamten Lage maschutz zu engagieren. noch am entspanntesten entgegen sehen kann. Letztlich fand also der Weltklimagipfel in Kopenha-

22 gen statt und Obama war, nach einigem Hin und Truppen, sondern als demokratisch gewählter Präsi- Her, doch angereist. Doch anstelle großen Jubels dent, der, anstatt mit Gewalt und einem weiteren gab es direkt weitere Kritik, diesmal aus einer ande- Krieg, besonnen auf die neue Lage reagiert. Obama ren Richtung. Viele lateinamerikanische und afrika- übernahm die Verantwortung für das Scheitern der nische Länder warfen dem US-Präsidenten vor, sie Sicherheitssysteme, ein Novum, das in der Admini- auszuschließen. Tatsächlich arbeitete Obama vor- stration Bush undenkbar gewesen wäre. Da es Oba- nehmlich in einer Gruppe mit 15-20 Staaten zusam- ma ebenfalls ablehnte, die Bürgerrechte im „Mutter- land der Freiheit“ noch weiter zu beschneiden, wur- de ihm schnell Schwäche vorgeworfen. Letztlich konnte sich Obama durchsetzen und die USA sind bislang noch nicht im Jemen einmar- schiert. Obama ist Realist genug um zu wissen, dass die USA sich einen dritten weitestgehend sinnlosen und aussichtslosen Krieg nicht leisten können, we-

der in Bezug auf ihr Ansehen noch finanziell. Auch Siedepunkte in der Frage des Umganges mit dem Täter schaffte es Obama, seine Linie durchzusetzen. Obwohl die Lage rechtlich vollkommen klar war, dass sich Umar Abdulmutalleb wegen versuchten Mordes vor einem Gericht zu verantworten hatte, kamen Forde- rungen auf, Abdulmutalleb vor ein Militärtribunal zu stellen. Dort wären Strafen leichter zu erreichen gewesen und die Rechte von Abdulmutalleb erheb- Eröffnungssitzung Weltklimagipfel COP15 lich geschwächt worden. Es hätte mitunter sogar zu sogenannten „alternativen Verhörmethoden“ kom- men können, welche schlichtweg Folter sind. Doch men an einem Beschlussentwurf. Der bolivianische hier musste Obama Rückgrat beweisen und hat es Präsident Evo Morales erinnerte daran, dass der Mo- getan, denn schon in der Guantánamo-Frage musste ment von allen und nicht von wenigen gekommen er sich wegen ähnlicher Sachverhalte erklären. sei. Ähnliche Anschuldigungen folgten von anderen Sitzungsteilnehmern. Auch das Ergebnis der Neben- Im Wahlkampf kündigte Obama an, mit den Ma- verhandlungen Obamas wurde umgehend kritisiert. chenschaften der Regierung Bush aufzuhören und So beklagte die Delegation Tuvalus, dass der Vor- schlag des Zwei-Grad-Zieles für ihr Land den Tod (meint die Überschwemmung) bedeutet. In der ge- reizten Atmosphäre des Klimagipfels musste Obama sich letztlich eingestehen, dass seine Sonntagsreden den aufgebrachten Entwicklungsländern weder hel- fen noch sie beruhigen. Für konkrete Vorschläge war er nicht vorbereitet; zum Teil weil er nicht konnte, zum Teil weil er nicht wollte. The American Angst: Terror Die US-amerikanische Öffentlichkeit interessierte sich ohnehin nur wenig für den Klimagipfel und seinen Ausgang. In der weit verbreiteten Wahrnehmung sind Einschränkungen für den Klimaschutz eine Bedrohung für den American Way Obama-Gegner of Life. Dieser Lebensstil wird als beinahe heilig be- trachtet. Daher verwundert es nicht, dass der Klima- wieder für einen legalen Umgang mit Terrorver- gipfel schon bald in den Hintergrund trat, nach dem dächtigen zu sorgen. Maßgeblich war hierfür das gescheiterten Anschlag auf einen Linienflug nach Versprechen, das Gefangenenlager in Guantánamo Detroit. Bay binnen 100 Tagen zu schließen. Letztlich hat sich hierbei als diplomatisch nicht geschickt oder Ein Schockzustand lähmte die Öffentlichkeit und glaubwürdig erwiesen, am 22. Januar, nach zwei Ta- stellte den Präsidenten vor ein großes Dilemma. Im gen im Amt, zu verkündigen, dass dies nicht mög- Lichte des Anschlages häuften sich wieder Stim- lich sei und man ein Jahr brauchen werde. Auch die- men, die einmal mehr die Sicherheitspakete verstär- ses Jahr ist nun vorbei und noch immer sitzen Ge- ken wollten. Sie erwarteten, dass Obama sich klarer fangene in Guantánamo. Die Frage ist hier, was oder äußerte und sofort aktiv handelte. Dazu der Republi- wo das Problem ist. Anders, als zu erwarten war, ist kaner Peter King: „Das Land erwartet das einfach die Schuldfrage kein Problem, die US-Behörden von seinem Oberkommandierenden.“ Doch Obama verkünden bereits bereitwillig, dass die meisten In- sieht sich weniger als Oberkommandeur der US- haftierten niemals schuldig waren. Problematisch

23 scheint die Zukunft der Gefangenen. Die meisten Kernforderung, dem Stopp des Siedlungsbaus. Wie der Gefangenen würde weitere Verfolgung und Fol- sehr allen die Lage des US-Präsidenten bewusst war, ter in ihren Heimatländern er- Siedepunkte warten und daher verhindert die Regierung die Ausweisung in solche Heimatländer. Zur weiteren Rechtfertigung wur- den noch schnell Statistiken über bereits entlassene Häftlin- ge angefertigt, die Amnesty-In- ternational-Mitarbeiterin Kate Allen in der britischen Tages- zeitung Guardian folgenderma- ßen bewertet: „Diese geradezu tatsachenfreien Mitteilungen haben eine lange und gründ- lich unehrenhafte Tradition in der Guantánamo-Zeit. Zuvor wurden sogar solche wie die ‚British Tipton Three’ als zum Terrorismus zurückgekehrt klassifiziert, einfach weil sie öffentlich gegen Guantánamo protestiert haben seit ihrer Freilassung.“ Mit solch ähnli- chen Begründungen wurden, als Reaktion auf den Anschlag, Die New Yorker Börse an der Wall Street Freilassungen in den Jemen untersagt, obwohl weder Be- weise noch Indizien vorliegen, dass sich die un- wurde deutlich, als die israelische Regierung diese schuldigen Häftlinge dort tatsächlich Al Qaeda an- Forderung komplett ignorierte und neue Siedlungen schließen würden. In der Zwischenzeit wird nach im Westjordanland genehmigte. Die neugewählte Drittstaaten gesucht, die freiwillig ehemalige Gefan- Regierung konnte sich zunächst noch zu einem lei- gene aufnehmen. Bislang hat man nur mäßig Erfolg sen Protest durchringen, dann schwieg sie. Auch bei gehabt, doch immerhin haben sich Palau und Anti- anstehenden Wirtschaftsverhandlungen mit Israel gua und Barbuda bereit erklärt, einige Inhaftierte (es ging um immerhin 2 Mrd. Euro) schien es kein aufzunehmen, und auch Deutschland hat Anfang Problem zu sein, dass Israel den völkerrechtswidri- Juli zugestimmt, zwei Häftlinge in Hamburg und gen Siedlungsbau wieder aufgenommen hat. Rheinland-Pfalz einzugliedern. Schließlich schwenkte die US-Regierung vollends um, zur großen Freude Obamas innenpolitischer Solange Obama sich nicht endlich an das internatio- Gegner, die für den Fall der Unterstützung für Palä- nale Recht hält, scheint diese Frage aber nicht gelöst stina schon ihre Kampagnen vom Terroristenfreund zu werden. Rechtlich steht nämlich jedem einzelnen hin zum Antisemiten vorbereitet hatten. Obama hat Häftling nicht nur die Freiheit, sondern auch politi- sich damit vielleicht den Hals gerettet, bei den Palä- sches Asyl zu für den Fall, dass im Heimatland Ver- stinensern aber auch jeden Anfangskredit verloren. folgung zu erwarten ist. Solange nun die USA nicht Palästinenserpräsident Abbas fasste im November beginnen, Inhaftierte auf ihr eigenes Territorium zu des vergangenen Jahres in der argentinischen Zei- entlassen, wird Guantánamo wohl noch bestehen tung „Clarin“ zusammen, dass Obama noch nichts bleiben und das Image der USA weiter sinken. für den Frieden im Nahen Osten getan habe. Nobelpreis, nur keiner weiß warum Obama selbst beruft sich auf seine Afghanistan-Poli- tik bei der Befriedung der Region, doch dies scheint Gerade dieses Image wollte Obama im Nahen Osten noch fragwürdiger. 30.000 weitere Soldaten sollen wieder verbessern. Doch früher, als ihm lieb war, bis Ende 2010 entsendet worden sein in einen Krieg, geriet Obama zwischen alle Fronten. Der Gaza- der nicht zu gewinnen ist. Ebenso wie im Irak und Krieg Israels (zeitlich passend in den israelischen in Vietnam ist die Bevölkerung gegen die Anwesen- Wahlkampf und zwischen Wahl und Amtseinfüh- heit der Truppen und lehnt die Besatzer ab. Egal, rung Obamas) hatte den Konflikt zwischen Israel welche militärischen Schläge gegen die Taliban ge- und Palästina wieder aufgeheizt. Nachdem sich alles lingen werden, sie werden immer weiteren Zulauf gelichtet hatte, blieb ein vollkommen zerstörter Ga- bekommen. Die Anwesenheit der Besatzungstrup- zastreifen und eine ultrakonservativ-nationalistische pen verschärft dies Problem nur weiter. Der US-Di- Regierung in Israel zurück. Obamas Versprechen, plomat Matthew Hoh schrieb dazu in seiner Kündi- für Vertrauen bei der arabischen Bevölkerung zu gung: „Bei meinen Einsätzen sowohl im Osten als sorgen, schien schon damals auf wackeligen Füßen auch im Süden des Landes fiel mir auf, dass der zu stehen. Doch blieb Obama zunächst bei seiner Großteil der Aufständischen nicht für die Taliban

24 kämpft, sondern gegen die Anwesenheit von auslän- tisches Erbe, waren die Spielräume eng für Präsi- dischen Soldaten und gegen die Steuern, die ihnen dent Obama. Dennoch lässt sich der Eindruck nicht von einer für sie nicht repräsentativen Regierung in Kabul auferlegt werden.“ Auch wenn die 60 Außen- minister der Afghanistan-Konferenz Ende Juli 2010 beschlossen haben, die meisten der 150.000 Solda- ten aus Afghanistan abzuziehen und die afghani- schen Kräfte selbst für die Sicherheit des Landes sorgen zu lassen: Es scheint fraglich, ob sich eine gemeinsame diplomatische und zivile Lösung für den Konflikt auf Aussteigerprogramme für Taliban und die schrittweise Entlassung in die Selbstverant- wortlichkeit beschränken kann, wenn die Kämpfe gleichzeitig unvermindert weitergehen.

Die Liste der außenpolitischen Desaster der US-Re- Siedepunkte gierung lässt sich fortführen. Während des Militär- putsches in Honduras schauten die USA tatenlos zu und verfehlten es danach, sich mit einem klaren Be- kenntnis für Präsident Zelaya für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Die Zustimmung zu Neuwahlen in Honduras, die den Militärputsch nachträglich legitimierten, war weder klug noch richtig. Obama schaffte es damit, sich auch noch in Lateinamerika unbeliebt zu machen und alle Hoff- nung in eine Wiederbelebung der transamerikani- schen Beziehung zu vernichten. Weiterhin traten die USA dem internationalen Abkommen zum Bann von Landminen nicht bei, mit der Begründung, sie seien für ihre nationale Verteidigung wichtig. 150 Marktradikale machen Obama das Leben schwer Staaten hatten zuvor das Abkommen unterzeichnet, darunter sogar Großmächte wie China oder Russ- land. Die Vorbildrolle, die man sich von den USA von der Hand weisen, dass viele der Versprechungen erhofft hatte, fand einmal mehr keine Anwendung in im Wahlkampf nicht seine wahren Prioritäten waren. der konkreten Politik. Dennoch wurde Barack Oba- Das erste Jahr stand ganz im Schatten der Gesund- ma nach einer äußerst kontroversen Entscheidung heitsreform. Sie wurde durchgesetzt, auch wenn ei- der Friedensnobelpreis verliehen. Ungläubigkeit und nige bittere Pillen geschluckt werden mussten. Doch Ablehnung aus dem Ausland und blanker Hohn und dafür musste vieles andere Leiden, die Umwelt und Spott aus dem Inland waren die Folge. Die offizielle die Situation im Nahen Osten, um nur zwei Beispie- Begründung lautete: „Für außergewöhnliche An- le zu nennen. strengungen zur Änderung des weltweiten diploma- tischen Klimas.“ Passend zum Wort Klima regt sich Obama hatte viele Hoffnungen geweckt auf ein an- Kritik, dass Obamas Außenpolitik genau wie die Po- deres, ein besseres Amerika. Doch der Durchschnitt- litik Bushs nur auf bestimmte Staaten ausgerichtet samerikaner will keinen großen Wechsel, er setzt auf war und es keineswegs eine Gleichbehandlung aller Kontinuität. Verglichen mit Europa sind die USA Staaten gab: weder auf dem Klimagipfel mit Oba- erzkonservativ. Themen wie Abtreibungen, Gesund- mas persönlicher Runde, noch bei den G20-Treffen heitsvorsorge oder ein rechtmäßiger Umgang mit zur Finanzkrise, noch bei den Gesprächen im Nahen Gefangenen sind in Europa selbstverständlich, in Osten. Dass Obama zur selben Zeit noch zwei Krie- den USA aber höchst umstritten. Um einen wahren ge führte, in einem Gefangenenlager über 150 Ge- Wandel zu vollziehen, hätte Obama vor allem eines fangene rechtswidrig festhalten ließ, einen dieser auf die Agenda setzen müssen: die Verhaftung und Kriege intensivieren wollte, neue Militärbasen in Strafverfolgung von hohen Offiziellen der Bush-Re- Kolumbien baute und die alte Regierung nicht zur gierung. Ex-Präsident Bush selbst, der ehemalige Rechenschaft gezogen hatte, spielte anscheinend Vize-Präsident Cheney oder Ex-Außenministerin keine Rolle bei der Auswahl des Friedensnobelpreis- Rice haben sich strafbar gemacht, nach US-amerika- trägers. nischen Recht und nach internationalem Recht. Solange die verantwortlichen Akteure dieser Regie- Was ist nun also geblieben von Hope and rung noch immer in den US-amerikanischen Medien Change? Angst und Panik verbreiten, scheint es fraglich, ob die Regierung Obama den Wandel tatsächlich voll- Der Enthusiasmus ist weg, Barack Obama ist hart in ziehen kann. Die Abstrafung der Demokraten bei der Realität gelandet. Jedem anderen Präsidenten den jüngsten Kongresswahlen ist bezeichnend. hätte man ein durchschnittliches Zeugnis ausgestellt. Gebunden durch die schwierigen politischen Kräfte- verhältnisse zu Hause und ein noch schwereres poli- Bastian Steuwer, Abitur 2010

25 Die Freimaurer wortlich, unter anderem die bolschewistische Revo- Was steckt hinter der Geheimgesellschaft? lution, die Französische Revolution und sogar den Zweiten Weltkrieg sollen sie angezettelt haben. Be- Siedepunkte hauptungen zufolge ziehen sie die Fäden hinter der Politik, die Organisation streitet jedoch jegliche An- Seit fast dreihundert Jahren besteht nun der Mythos schuldigungen ab und versucht solchen Klischees der Freimaurer. Trotz dieser langen Zeitspanne übt unter anderem mit Tagen der „offenen Tür“ entge- die Geheimgesellschaft immer noch eine starke Fas- genzuwirken. An diesen Besuchstagen können „Su- zination auf die Menschen aus. Eine Aura des Ge- chende“ Informationen über Symbole, Rituale und heimnisvollen umgibt sie und viele Legenden und Tätigkeiten der Organisation erhalten. Verschwörungstheorien ranken sich um die Organi- sation. Bekannte Persönlichkeiten wie Goethe oder Churchill gehörten den Freimaurern an. Doch was sind eigentlich die Freimaurer und was tun sie? Wo- her stammen die Verschwörungstheorien und will der Geheimbund wirklich die Weltherrschaft an sich reißen? Entstehung der Freimaurer Die wahrscheinliche Herkunft der Freimaurer sollen die aus dem Mittelalter stammenden Steinmetzbru- derschaften gewesen sein, die mit dem Benedikti- nerorden verbunden waren, bis sie sich schließlich unabhängig erklärten und sich dem Bund deutscher Steinmetze anschlossen. Mündliche Überlieferungen Freimaurer-Symbol: Zirkel und Winkel der Gesetze und deren Befolgung in der Bruder- schaft sind das einzige, was die Geschichtshistoriker Freimaurerei in der Praxis zur Verfügung haben. Das überall bekannte Symbol der Freimaurer besteht Als Geburtsstunde der modernen Freimaurerei gilt aus Winkelmaß und Zirkel. Solche Zeichen sollen der 24. Juni 1717. An dem Tag schlossen sich in aber keineswegs geheime Erkennungszeichen sein, London vier Logen zu einer Großloge zusammen sondern eher zum Denken anregen und ihren Mit- und gründeten somit die bis heute bestehende Frei- gliedern zeigen, dass Sie keinesfalls eine vorgefer- maurerei. tigte Moralpredigt erhalten. Der Zirkel des Logos soll das Geistige erfassen, wobei das dreieckige Es gibt drei erwerbbare Grade der Freimaurerei: Winkelmaß ein Zeichen für die Materie darstellt. Lehrling, Geselle und Meister. Durch Selbsterkennt- Ein anderes bekanntes Symbol des Geheimbundes nis und ständiges Arbeiten an sich selbst erlangt ist das allsehende Auge. Es symbolisiert Gottes man höhere Grade. Auge und seine Wachsamkeit. Suchende, wie die Mitglieder der Loge alle Nicht- Logenangehörige arbeiten tagtäglich an ihrem eige- Freimaurer nennen, können ebenfalls in die Loge nem Sein und ihrem Charakter. Dies geschieht durch eintreten. Voraussetzung hierfür ist, dass man ein die so genannte Tempelarbeit, bei der die Mitglieder Mann mit typischen freimaurerischen Eigenschaften versuchen, durch Diskussionen einen höheren Grad ist. Die wichtigste und typischste dieser Eigenschaf- ihrer Selbst zu erreichen. „Freimaurerei ist keine ten ist die Esoterik, die Selbsterkenntnis. Religion“, merken die Logenmitglieder immer wie- der an. Brüder in einer Freimaurerloge kennen sich Traditionen, wie zum Beispiel das typische Hand- alle untereinander, unterhalten sich ihrer Ideologie schütteln als Erkennungsmerkmal, soll es auch nach aber keineswegs über religiöse Absichten oder schon bei den Steinmetzen im Mittelalter gegeben politische Verhältnisse. haben. Ein Meister kannte in seinem eigenen großen Betrieb nicht alle Mitarbeiter persönlich und musste Die Zahl der Mitglieder ist insgesamt stark rückläu- durch das Handzeichen und besondere geheime fig, was der Grund für mehr Öffentlichkeitsarbeit Passwörter herausfinden, wer welcher Lehrling und sein dürfte. Derzeit sind ungefähr fünf bis sechs wer Geselle war, damit der Lohn eindeutig zugewie- Millionen Menschen Mitglieder in verschiedenen sen werden konnte. Logen. In England sind es ungefähr 600 000 Mit- Ein Anlass für all jene Verschwörungstheorien, wel- glieder in 8 500 Logen. Am häufigsten findet man che die Freimaurer umgeben, sind unter anderem die Freimaurer in Nordamerika, wo es rund vier Millio- noch heute versteckten Zeichen auf der amerikani- nen Mitglieder sind. Im Gegensatz dazu wächst die schen Ein-Dollar-Note. Mitgliederanzahl von im Moment 14 500 in Deutschland stetig. Dies liegt wahrscheinlich daran, Den Freimaurern wird nachgesagt, dass sie bei Zere- dass sich einige Logen des „typischen Männerbun- monien Teufelsaustreibungen praktizieren. Freimau- des“ auch Frauen öffnen bzw. sich manche Frauen rer seien sogar für all das Übel auf der Welt verant- auch zu reinen Frauenlogen zusammenschließen.

26 Die Faszination des Geheimbundes jedoch geht vor ker, Literaten oder Unternehmer. Diese Tatsache zog allem von den vielen Verschwörungstheorien aus, die Vermutung nach sich, dass die Gesellschaft ein die sich im Laufe der Jahrhunderte gebildet haben. Ort der Korruption sei, an dem sich die Mitglieder ungestört besprechen und Pläne schmieden konnten. Der Mythos der Freimaurer Die eigentlichen Ideale der Vereinigung seien nur Fas- Die vielfältigen Verschwö- sade. Den Logen wurde rungstheorien, die in der Ge- vorgeworfen, dass sie sich schichte der Organisation auf- nur um die Karrieren ihrer gestellt wurden, führten oft- Mitglieder kümmerten, um mals zu ihrer Verfolgung. Be- damit die soziale Ordnung reits 1738, also 21 Jahre nach zu zerstören. Gründung der ersten Logen, erließ Papst Clemens der Ein anderer Mythos der Siebte ein Dokument, wel- Freimaurer betrifft ihre un- ches jedem Christen die Mit- klaren Ursprünge. Der Ur- Siedepunkte gliedschaft in einer solchen sprung der Gruppe soll der Gesellschaft verbot. Er be- Theorie nach bei den Tem- gründete das Verbot mit der pelrittern liegen, die sich Geheimhaltungspflicht des zur Zeit ihrer Verfolgung Ordens, „denn würden sie in Großbritannien nieder- nichts Böses tun, so hätten sie gelassen hatten. Schließ- das Licht nicht zu scheuen”. lich bildeten sie die Ge- Auch die Nachfolger Cle- sellschaft der Freimaurer, mens des Siebten hielten an um ihr „geheimes” Wis- seinem Verbot fest und droh- sen, welches sie auf ihren ten jedem Mitglied mit dem Reisen erhalten hatten, zu Ausschluss aus der Kirche. wahren und weiterzuge- Pius der Neunte beispielswei- ben. Außerdem wird der se bezichtigte sie der „Staats- Geheimbund im Zusam- gefährdung” und Leo der menhang mit seiner Grün- Dreizehnte nannte sie „Teu- dung immer wieder in Ver- felswerk, das ausgerottet wer- bindung mit den Illumina- den“ müsse. Die Abneigung ten gebracht. Die Illumina- der Kirche gegenüber den ten waren eine andere Ge- Freimaurern begründet sich heimgesellschaft, welche vor allem durch die Tatsache, sich jedoch schon 1785 dass sich in ihren Logen auflöste. Nach der Auflö- Menschen jeglicher Religion sung des Ordens gab es versammelten und jeder will- Gesellen-Beförderung (Kupferstich, frühes 18. Jh.) Spekulationen, dass viele kommen war. Für die Geistli- Mitglieder sich den Frei- chen der damaligen Zeit war maurern anschlossen und das ein völlig undenkbarer Zustand. Daher warf die somit die Pläne und das Gedankengut der Illumina- Kirche ihnen vor, Gotteslästerung zu betreiben, Or- ten weiter bestand. gien zu feiern und zu sündigen. Übrigens gilt das Verbot für Christen, Mitglied in einer Freimaurer- Viele Verschwörungstheoretiker führen den Einfluss Organisation zu werden, bis heute, allerdings ist es der Freimaurer auf die USA als weiteren Beweis für praktisch kaum durchsetzbar. die niederen Machenschaften an. Viele Präsidenten und hohe Politiker wie zum Beispiel George Wa- Die meisten Staaten im 18. Jahrhundert wurden von shington oder Franklin D. Roosevelt waren beken- einem absolutistischen Herrscher regiert, daher wa- nende Freimaurer. Es wird behauptet, dass die Orga- ren die Freimaurer den Mächtigen aus Regierung nisation in dieser mächtigen Position großen Ein- und Kirche ein Dorn im Auge. Denn die Geheimge- fluss auf Amerika und den Rest der Welt ausüben sellschaft besaß eine andere Auffassung von Politik, konnte. Auch heute sind noch einige Freimaurer Teil sie strebte nach Freiheit und Gleichheit. Das machte des amerikanischen Kongresses. sie im 18. Jahrhundert zu einem beliebten Ziel von Verschwörungstheorien. So wurde ihnen beispiels- Die Theorie um den Einfluss der Freimaurer ist eng weise unterstellt, die Französische Revolution aus- mit einem anderen Mythos verknüpft: gelöst zu haben. Diese Anschuldigung nahmen viele Herrscher zum Anlass, die Freimaurer noch rigoro- Die Freimaurer und die Weltherrschaft ser zu verfolgen. So wurden zum Beispiel Mitglie- der der Organisation in Spanien und Portugal mit Eine der ältesten und bekanntesten Verschwörung- Hexen gleichgestellt und daher von der Inquisition stheorien um den Geheimbund ist der Glaube, dass verfolgt, gefoltert und hingerichtet. Viele Freimaurer die Freimauer nach der Weltherrschaft streben. Der waren Personen des öffentlichen Lebens, also Politi- Ursprung dieser Vermutung ist wahrscheinlich die

27 Tatsache, dass sich oft mächtige Männer in den Ver- verboten. Für ihn stellten die Freimaurer ein Symbol einigungen trafen. Im Zusammenhang mit der Ver- des Judentums dar, welches er beseitigen wollte. schwiegenheitspflicht lassen sich so leicht dunkle Außerdem waren einige seiner politischen Gegner Siedepunkte Machenschaften vermuten. wie unter anderem Churchill oder Roosevelt Frei- maurer. In seinem Buch „Mein Kampf” schrieb er Die Theorie entstand bereits im 18. Jahrhundert und 1924: „Was die Freimaurerei in den Kreisen der so wurde von einem Jesuiten namens Augustin Barruel genannten Intelligenz an allgemein pazifistischer verbreitet. Er setzte die Freimaurer mit den Illumi- Lähmung des nationalen Selbsterhaltungstriebes naten gleich und vermutete bei ihnen eine Ver- einleitet, wird durch die Tätigkeit der großen, heute schwörung gegen Kirche, Herrscher und Bürger. Be- immer jüdischen Presse der breiteren Masse, vor al- sonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lem aber dem Bürgertum vermittelt.” Im Zweiten wurde diese Theorie durch die Veröffentlichung der Weltkrieg wurden die Anhänger der Organisation „Protokolle der Weisen von Zion” populär. Diese verfolgt und getötet. Dokumente sollen von einem Kongress einer jüdi- Bis heute konnte den Freimauren noch keine Welt- schen Interessengruppe stammen, die angeblich herrschafts-Verschwörung nachgewiesen werden, nach der Weltherrschaft streben. Die Freimaurer trotzdem dringt sie unter anderem durch die Medien sollten sie dabei unterstützen. Nach Behauptung der mit Sendungen wie „Galileo Mystery” immer wie- Protokolle wollten beide Gruppen dazu gemeinsam der in das öffentliche Bewusstsein. Presse, Banken und Justiz infiltrieren und dadurch Staat und Kirche schwächen. Schließlich würden sie Die Freimaurer selbst weisen natürlich jegliche An- den Menschen das eigenständige Denken abgewöh- schuldigungen zurück. Der ehemalige Großmeister nen und bürgerliche Rechte und Freiheiten abschaf- der Vereinigten Großlogen von Deutschland, Dr. fen. Aus heutiger Sicht wird die Echtheit der Proto- Klaus Kott, argumentiert beispielsweise: „Wenn es kolle jedoch stark angezweifelt und es wird vermu- uns in den letzten dreihundert Jahren nicht gelungen tet, dass sie Fälschungen aus der Feder Augustin ist, die Weltherrschaft zu übernehmen, dann wären Barruels sind. wir eine ziemlich erfolglose Organisation.” Er glaubt, dass die Verschwörungstheorien vor allem Die Weltherrschaftspläne der Freimaurer wurden von Menschen stammen, die „mit den Freimaurern wie in diesem Beispiel sehr häufig in Verbindung nichts anzufangen wissen, weil sie sich von ihren ei- mit Juden gebracht. Der Höhepunkt dieser Ver- genen Vorurteilen treiben lassen”. schwörungstheorie stellt das Dritte Reich dar. Schon in Zeiten der Weimarer Republik wurde dem Ge- Auch wenn in der Geschichte viele mächtige Men- heimbund teilweise völlig absurde Absichten vorge- schen Mitglieder der Organisation gewesen sind, worfen. Der ehemalige deutsche General Erich Lu- lässt sich keine einzige der kursierenden Verschwö- dendorff, der im Ersten Weltkrieg gekämpft hatte, rungstheorien belegen. Den Spekulationen um die behauptete beispielsweise, dass die Freimaurer sich Weltherrschaftsansprüche der Freimaurer kann viel- mit den Juden gegen das „Deutschtum” verschwo- leicht mit einer Aussage begegnet werden, auf die ren hätten und Menschen zu „künstlichen Juden” wir bei unseren Recherchen gestoßen sind: „Wer et- abrichten würden. Außerdem hätten sie maßgeblich was davon weiß, spricht nicht darüber.Wer darüber zur Niederlage des Deutschen Reiches und zu seiner spricht, weiß nichts davon.” Demütigung im Ersten Weltkrieg beigetragen. Trotz dieser wirren Anschuldigungen fielen die Aussagen Ludendorffs im Ditten Reich auf fruchtbaren Boden. Matthäus Holzmann (Stufe 12) und Tobias Schillings Der gescheiterte General wurde vom Großteil der (Stufe 13) Bevölkerung als National- held gefeiert. Auch der NSDAP-Politiker Alfred Ro- senberg beteiligte sich an dieser regelrechten „Hetz- jagd” gegen die Vereinigung. Er behauptete, die Freimau- rer hätten den Ersten Welt- krieg vorsätzlich und be- wusst ausgelöst. In Folge dieser Anschuldi- gungen wurden bereits 1920 alle Freimaurer aus der NSDAP ausgeschlossen und später immer wieder durch körperliche Gewalt bedroht und eingeschüchtert. Schließlich wurden sie im Jahr 1935 von Adolf Hitler

28 Der Irankonflikt jekt durch Technologie und dem Bau von Reaktoren Baut Ahmadinedschad die Atombombe? zu unterstützen. Schließlich begann im selben Jahr ein deutsches Kraftwerk-Unternehmen mit dem Bau eines so genannten Leichtwasserreaktors in Bu- Kaum ein anderes Atomprogramm hat in der Ver- gangenheit für so viel Aufsehen in der Öffentlichkeit gesorgt wie das des Irans. Viele westliche Mächte befürchten, dass der Iran den Bau von Atomwaffen anstrebt und die friedliche Nutzung des Urans nur als Fassade dient. Verschärft wird der Streit zusätz- lich durch die Tatsache, dass der Iran ein autoritä- res Regime darstellt und von den USA schon seit 1984 zu den „Schurkenstaaten” gezählt wird. Mitt- lerweile gibt es auch im eigenen Land eine breite Opposition, die sich gegen die Diktatur und das Nu- klearprojekt stellt. Aufstände und Demonstrationen Siedepunkte werden von der Regierung blutig niedergeschlagen. Trotz diverser Sanktionen der Vereinten Nationen ist eine Lösung des Streits noch nicht in Sicht. Die Geschichte des Atomprojekts Seitens des Irans gibt es schon seit 1959 Bestrebun- gen zur Nutzung von Kernenergie. Zunächst führten Forscher jedoch nur Versuche an Testreaktoren durch. 1968 unterzeichnete der Iran zusammen mit den USA, Großbritannien, der Sowjetunion und ei- nigen anderen Staaten den Atomwaffensperrvertrag. Dieser Vertrag beinhaltet ein Verbot zur Herstellung und Nutzung von Atomwaffen sowie das Recht auf die zivile Nutzung der Kernenergie. Mit ziviler Nut- zung ist vor allem die Stromgewinnung gemeint. Zu Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad diesem Zweck gründete sich 1974 die Atomic Energy Organization of Iran (AEOI). Sie entwickel- ten das Nuklearprogramm für den Iran, welches den schehr am Persischen Golf. Aufgrund der iranischen Bau von 23 Kernkraftwerken bis zum Jahr 2000 Revolution 1979 mussten die Arbeiten jedoch unter- vorsah. Westliche Industriestaaten wie Frankreich brochen werden. Der neue politische Führer des und die Vereinigten Staaten waren bereit, das Pro- Landes, Ruhollah Chomeini, ließ die Arbeiten wei- ter pausieren, er sah die Atomenergie nicht als notwendig an und bezeichnete nukleare Massenvernichtungs- waffen als „unisla- misch”. Der von 1980 bis 1988 andauernde erste Golfkrieg zwi- schen Iran und dem Nachbarstaat Irak ver- hinderte ebenfalls eine Wiederaufnahme des Projektes und erst 16 Jahre nach Unterbre- chung der Arbeiten war ein neuer Partner für die Fertigstellung des Reaktors gefun- den: Russland erklärte sich bereit, den Bau innerhalb von vier Jah- ren fertig zu stellen und außerdem für zehn Jahre die Brennele- mente für die Anlage zu liefern. Die Arbei-

29 einandersetzung würde vermutlich den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzen.

Siedepunkte Zudem hat der Iran sein Nuklearprogramm über ei- nen langen Zeitraum geheim gehalten und somit ge- gen Auflagen des Atomwaffensperrvertrages versto- ßen. Des Weiteren hat die Regierung die dafür nöti- ge Technologie heimlich und vermutlich illegal im- portiert. Kritiker des Projektes argumentieren, dass die Geheimhaltung für ein ziviles Programm nicht notwendig sei, sondern nur für ein militärisches. Der Staat Iran zählt zu den energiereichsten Ländern der Erde, er besitzt beispielsweise die drittgrößten Erd- ölreserven der Welt. Daher gebe es aus Sicht der Kritiker keinen Bedarf des Landes an Kernenergie. Flugabwehrstellung der Urananreicherungsanlage nahe Natanz Ein anderes Indiz für die feindlichen Absichten des Irans gegen Israel ist die Tatsache, dass der Gotte- ten verzögerten sich jedoch erneut und der erste staat seit langem die radikalislamische Hamas und Testlauf des Nuklearreaktors fand erst im Februar die Hisbollah unterstützt haben soll. Die Unterstüt- 2009 statt. Die vollständige Inbetriebnahme ist für zung solcher terroristischer Bewegungen, die schon den Sommer 2010 geplant. Das dafür nötige Uran seit Jahren gegen Israel kämpfen, hat dem Iran einen und Anlagen zu dessen Anreicherung hat der Iran Platz auf der so genannten „Achse des Bösen” gesi- vor allem aus Pakistan erhalten. Als dies 2002 öf- chert. Dieser Begriff wurde unter US-Präsident fentlich wurde, war die Regierung gezwungen, ihr Bush eingeführt und bezeichnet die Länder Irak, gesamtes Nuklearprogramm offen zu legen und der Iran und Nordkorea. Weitere Gründe für diese Ein- Wiener Atombehörde vorzustellen. Auf Druck dieser stufung liegen unter anderem in den immensen Institution unterzeichnete der Iran ein Jahr später Menschenrechtsverletzungen des Staates. So gibt es das so genannte „Safeguard”-Abkommen, welches zum Beispiel weder Meinungs- noch Informations- die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages si- freiheit, politisch oppositionelle Minderheiten wer- chert und eine Kontrolle sämtlicher entsprechender den verfolgt und es gibt regelmäßig Hinrichtungen. Anlagen beinhaltet. Der eigentliche Konflikt um das Besonders im letzten Jahr kam es zu Demonstratio- iranische Nuklearprogramm kam erst im Jahr 2005 nen und Aufständen, welche die Regierung jedoch auf, als Mahmud Ahmadinedschad zum neuen Re- gierungschef gewählt wurde. Der Konflikt Die Ursache für den Streit um das Atomprogramm ist die Angst vieler westlicher Staaten wie den USA, Großbritannien oder Frankreich, dass der Iran die Urananreicherung zum Zweck des Baus von Nukle- arwaffen vorantreibt. Wenn der Iran zu einer Atom- macht aufsteigen würde, bedeutete dies eine immen- se Bedrohung durch den fundamental islamisch or- ganisierten Staat, vor allem für den Staat Israel. Be- sonders die aggressiven Reden Ahmadinedschads unterstreichen die Feindschaft zwischen den Nach- barländern. Im Jahr seiner Amtseinführung 2005 forderte er beispielsweise sehr vehement den Abzug Soldaten westlich von Kundus im November 2001 der Truppen Israels aus Jerusalem: „Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Annalen der Geschichte verschwinden.“ Das schwierige Ver- gewaltsam niederschlagen ließ. Eine demokratische hältnis der beiden Länder hat seinen Ursprung in der Revolution könnte zur Lösung des Konfliktes füh- Islamischen Revolution von 1979, seitdem befürch- ren, da sich viele Gegner des Atomprojektes an der ten vor allem die USA einen Krieg der beiden Staa- Bewegung beteiligen, jedoch birgt sie auch Gefah- ten. Auch die Unterstützung der Palästinenser im ren. Eine Revolution könnte zu einer Kurzschlussre- Nahost-Konflikt durch den Iran verschärft den Kon- aktion seitens der Regierung führen. So könnte die flikt noch zusätzlich. Israel selbst besitzt bereits Technologie schnell in falsche Hände geraten Atomwaffen, durch die sich der Iran bedroht sieht, daher wäre der Bau von Nuklearraketen für die Re- Der Iran selbst bestreitet natürlich jegliche Vorwürfe gierung in erster Linie eine Schutzmaßnahme. Ob- und beteuert, die Atomreaktoren nur zur zivilen Nut- wohl der reine Besitz von Atomwaffen nicht zung zu betreiben. Die Regierung beharrt auf ihr zwangsläufig zu einem Krieg führen muss, bleibt durch den Atomwaffensperrvertrag gesichertes das Risiko. Eine mit solchen Waffen geführte Aus- Recht zur nicht militärischen Nutzung der Kernener-

30 gie. Die Vereinten Nationen forderten sie erstmals Wege aus dem Konflikt 2006 zur Einstellung des Projektes auf. Provokatio- nen der iranischen Regierung wie zum Beispiel Nach der Bekanntgabe des iranischen Präsidenten, durch die Wiederinbetriebnahme eine Kernreaktors, dass es keine weiteren Gespräche geben werde, gibt welcher eigentlich von der Internationalen Atom- es seitens der UN nur noch wenig Hoffnung auf eine energieorganisation (IAEO) stillgelegt worden war, diplomatische Lösung des Konflikts. Nur eine Wie- führten immer wieder zu einer Verschärfung des deraufnahme der Verhandlungen seitens des Irans Streits. Nachdem die EU 2006 ankündigten, den könnte den Streit etwas entschärfen. Zur Zeit befin- UN-Sicherheitsrat einzuschalten, drohte der Iran den sich die Vereinten Nationen in einer „diplomati- sämtliche Verhandlungen abzubrechen und die Zu- schen Sackgasse” bezüglich des Atomprogramms. sammenarbeit mit der Internationalen Atombehörde Selbst die USA unter ihrem neuen Präsidenten Ba- zu beenden. Weiterhin nahm das Land die gestoppte rack Obama haben dem Iran in der Vergangenheit Urananreicherung wieder auf und ignorierte ver- Gespräche angeboten. Unter der Bush-Regierung war dies völlig undenkbar, für sie zählte er nur als „Schurkenstaat”, mit dem keine Verhandlungen ge-

führt wurden. Obama hofft zur Zeit auf eine andere Siedepunkte Lösung des Konflikts, nämlich auf eine demokrati- sche Revolution im Land. Dies wurde in einer Rede Obamas bezüglich der umstritten iranischen Präsi- dentschaftswahlen im Juni letzten Jahres deutlich. Mit einem Aufstand, bei dem die Regierung abge- setzt werden würde, wären alle Probleme gelöst. Doch obwohl sich eine Revolution bereits andeutet, lässt sich ihr Ausgang unmöglich voraussagen. Ein möglicher Lösungsansatz wurde 2005 direkt nach den Wahlen aufgestellt. Demnach müsste es zu Sicherheitsmission in der Provinz Kapisa einem Kompromiss zwischen beiden Parteien kom- men. Der Iran sollte sich zur nuklearen Selbstbe- schränkung und zu umfassenden Kontrollen bereit schiedene von der IAEO verlangten „vertrauensbil- erklären. Dafür sollte er technologische Unterstüt- denden Maßnahmen”, obwohl der Iran weiterhin zung des Westens bekommen und in begrenztem Mitglied in der Organisation blieb. Weitere Verhand- Maße Uran anreichern dürfen. Der Vorschlag erhält lungen blieben jedoch erfolglos. Erst im Oktober unter anderem noch genauere Beschränkungen für 2009 erklärte die Regierung ein Entgegenkommen die Urananreicherung zum Beispiel hinsichtlich der in Fragen des Nuklearprogramms. Sie würde die zur Gewinnung nötigen Zentrifugen. Außerdem Anreicherung des Urans nach Russland verlagern, müsste die Regierung auf den Bau eines so genann- den Atomwaffensperrvertrag befolgen und mit der ten Schwerwasserreaktors, welcher in der Lage ist, Atombehörde zusammenarbeiten. Nur eine Woche waffenfähiges Plutonium zu produzieren, verzich- später beschuldigte der Iran jedoch die USA, am ten. Verschwinden eines Kernphysikers beteiligt zu sein, und revidierte seine Versprechen. Schließlich erklär- Ein anderer Lösungsansatz der Atombehörde sieht te Präsident Ahmadinedschad in einer Rede im De- vor, dass nur noch die IAEO selbst Urananreiche- zember, dass es keine weiteren Gespräche geben rungsanlagen betreibt. Dadurch könnte die Herstel- werde und die Urananreicherung nicht verlagert lung von waffenfähigem Plutonium in sämtlichen werden würde. Mitte Februar 2010 erklärte sich der Mitgliedsstaaten unterbunden werden. Dadurch hät- Iran schließlich nach der ersten Produktion von ten die Länder allerdings keinen Zugriff auf den tat- hoch angereichertem Uran eigenmächtig zum Atom- sächlichen Produktionsprozess mehr. Andere Vor- staat. Obwohl einige Staaten wie die USA die Be- schläge zur Lösung des Streits wären zum Beispiel hauptung eines ersten Anreicherungsprozesses be- die Beschränkung der Reichweite von Raketen- zweifelten, kündigte die internationale Staatenge- sprengköpfen in bestimmten Regionen oder die meinschaft weitere Sanktionen an. Schaffung einer konsequent atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten. Seit der Eskalation des Konflikts hat die UN immer Eine Alternative zu solchen Kompromissen liegt nur wieder Sanktionen gegen den Iran ausgesprochen in einer gewaltsamen Auseinandersetzung und der wie zum Beispiel das Einfrieren von Vermögen oder Besetzung des Landes. Obwohl es für viele Staaten Beschränkungen in den Bereichen Handel, Investi- wie zum Beispiel die USA oder Frankreich nur die tionen und Reisen. Die USA hat im März 2008 ein „letzte Möglichkeit” darstellt, wird ein Krieg gegen vollständiges Handels- und Investitionsboykott ge- den Iran nicht mehr ausgeschlossen. So sagte der gen den Staat ausgesprochen. Mittlerweile wird einflussreiche US-Senator Joe Liebermann auf der auch ein Krieg gegen den Iran seitens der Vereinten Münchener Sicherheitskonferenz im Februar dieses Nationen nicht mehr ausgeschlossen. Darüber hin- Jahres: „Wir müssen uns entscheiden: Entweder für aus gibt es noch verschiedene andere Vorschläge zur harte Wirtschaftssanktionen, damit die Diplomatie Schlichtung des Konflikts. funktioniert, oder wir stehen vor militärischem Ein-

31 greifen.“ Grund für den möglichen Bau einer Atomwaffe sein. Daher müsste ein Lösungsvorschlag auch die Absi- Ein Krieg würde jedoch auch weitreichende Folgen cherung des iranischen Staates beinhalten, zum Bei- Siedepunkte für die Bevölkerung und die Nachbarstaaten haben, spiel durch die nukleare Abrüstung Israels. Jedoch doch momentan gibt es kaum Alternativen, da sich müsste dazu auch die iranische Regierung Stellung Staatschef Ahmadinedschad jeglichen Verhandlun- beziehen, ihre Interessen formulieren und gegebe- gen entzieht und keine Kompromisse akzeptiert. Es nenfalls selbst Lösungen anbieten. Diese waren bis ist jedoch unwahrscheinlich, dass es der iranische jetzt meist eher halbherziger Natur. Bisher sind also Präsident so weit kommen lassen wird, bisher kehrte keine Schlichtungsmöglichkeiten in Sicht und der er immer wieder an den Verhandlungstisch zurück. Konflikt bleibt auch aufgrund fehlender adäquater Zudem muss man erwähnen, dass bisher keiner der Lösungsansätze festgefahren. Lösungsvorschläge auf die Interessen des Irans ein- gegangen ist. Für die Regierung in Teheran könnte die Bedrohung durch Israel ein ausschlaggebender Tobias Schillings, Stufe 13

32 Hells Angels Die „Hells Angels” gerieten besonders im Jahr 1969 Höllenengel in Lederkluft in die Schlagzeilen der Presse. Sie fungierten damals bei einem Konzert der Rolling Stones im nordkalifornischen Altamont als Ordner und einer der „Angels” erstach einen 18-jährigen farbigen Der Ruf der „Höllen-Engel” könnte schlechter nicht Fan, der eine Pistole gezogen und damit auf die sein. Beinahe jeden Monat gibt es neue Schlagzeilen Band gezielt hatte. Der junge Mann stand offenbar über Gewalttaten, Drogenhandel, Prostitution und unter Drogeneinfluss. Danach kam es zu einem Bandenkriege verfeindeter Rockergruppen. Gerichtsverfahren gegen den Ordner, bei dem er Eigentlich unpassende Nachrichten für eine allerdings freigesprochen wurde. Auch in den Vereinigung, die nach eigenen Angaben auf den nachfolgenden Jahrzehnten bis heute standen die Prinzipien Respekt, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und „Hells Angels” oft in den Schlagzeilen aufgrund Freiheit beruht. Ist die Motorradgang wirklich eine verschiedener Straftaten wie Körperverletzung, Bande Krimineller oder doch nur ein Club Drogenhandel, Schutzgelderpressung oder sogar halbstarker Motorradverrückter, die gerne mal den Mord. Die Verwicklung der Gruppe in kriminelle harten Hund heraushängen lassen? Machenschaften ist jedoch seit Jahren umstritten. In Siedepunkte Deutschland wurden bereits zwei „Angels”-Clubs Die Entstehung und Geschichte der Höllen-Engel als kriminelle Vereinigungen verboten, 1983 die Vereinigung in Hamburg und 2001 die Düsseldorfer Die „Hells Angels” sind eine Motorradgang mit Biker. Hintergrund dieser Verbote waren eine Reihe einer langen Tradition, mittlerweile gibt es sie seit von Straftaten, die im Zusammenhang mit den 62 Jahren. Sie wurden am 17. März 1948 in Rockern geschehen waren. Der Hamburger Fontana, Kalifornien gegründet. Eine Gruppe Motorradclub hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst motorradbegeisterter Kriegsveteranen des zweiten im Rotlichtmilieu etabliert und viele Mitglieder Weltkrieges schloss sich zusammen, um gemeinsam waren in diesem Gewerbe zum Beispiel als dem Alltag zu entfliehen und Spaß auf ihren Bordellbesitzer oder Sicherheitskräfte aktiv. Einige Motorrädern zu haben. Die vorerst eher lose der Höllenengel waren 1980 in einen Mord an Vereinigung benannte sich nach dem Geschwaders einem Sylter Disco-Betreiber verwickelt. Außerdem des ehemaligen Kampfpiloten Arvid Olsen: Die „Hells Angels”. Diese in England stationierte Bomberstaffel hatte im zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Armee gekämpft und verschiedene deutsche Städte bombardiert. Ab dem Jahr 1957 begann das Gründungsmitglied und Angel-Legende Ralph „Sonny” Barger, den Einfluss des Motorradclubs auszuweiten. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Gruppe nur in Kalifornien vertreten und besaß nur relativ wenige Mitglieder. Unter neuer Führung schlossen sich mehrere Motorradgangs den „Angels” an und der Club verbreitete sich in den 1960er Jahren in den ganzen USA, später auch auf dem ganzen amerikanischen Kontinent und in anderen Erdteilen. Der erste „Hells Angels” Club in Deutschland entstand 1973 in Hamburg. Mittlerweile sind sie eine weltweit vertretene Organisation, die allerdings aufgrund vieler Negativschlagzeilen ein gewalttätiges und kriminelles Image besitzt. Dieses Image entstand bereits in den 60er Jahren, in denen die Rocker durch Auseinandersetzungen mit der Polizei, Prügeleien und Rivalitäten mit anderen Gruppen auf sich aufmerksam machten. Auch die Erstellung Der Deathshead, das Symbol der Angels eines eigenen Ehrenkodexes mit eigenen Werten und Gesetzen formte ein Bild der Gang als Gesetzlose. Zu den selbst auferlegten Regeln der Biker zählte sollen andere Mitglieder des Clubs im Jahr 1983 zum Beispiel das Gebot, in Kalifornien nur einen Richter verprügelt haben und eine Frau mit zwischen 6:00 und 16:00 Schusswaffen zu Gewalt dazu gezwungen haben, einem anderen gebrauchen, oder das Verbot, die Frau eines „Hells Angel” die Stiefel zu lecken. Diese Straftaten Mitglieds anzurühren. Außerdem gab es die Pflicht, konnten jedoch bis heute nicht bewiesen werden. an allen Treffen des Clubs so weit möglich Doch der Mord an dem Discobesitzer führte zu teilzunehmen, ein unentschuldigtes Fernbleiben zog einem Verfahren, welches zu Haftstrafen gegen 13 eine Geldstrafe nach sich. Dieser Ehrenkodex, den Mitglieder und dem Verbot der Hamburger „Angels” ich später noch näher beleuchten werde, besteht mit führte. Auch das Verbot des Düsseldorfer Clubs einigen Änderungen bis heute. geschah in Folge eines Gerichtsverfahren gegen

33 Motorrad besitzen. Dann folgt eine Phase, in der man Siedepunkte das Charter kennenlernt, die Hangaround-Phase und später die mindestens einjährige Prospect- Phase, in der geprüft wird, ob der Anwärter auf den Member-Status zum Rest der Gruppe passt. Die „Hells Angels” besitzen verschiedene Symbole wie die Zahl 81. Diese Zahl steht für die Das Hells Angels Charter in New York Buchstaben H und A, die Initialen des zehn Mitglieder der Gruppe unter anderem aufgrund Clubs. Außerdem tragen viele Mitglieder die von schwerem Raub, räuberischer Erpressung und Abkürzung AFFA auf ihrer Kleidung oder haben sie Bildung einer bewaffneten Gruppe. Auch heute sogar eintätowiert. AFFA steht für „Angels Forever, stehen die Biker noch häufig aufgrund Forever Angels”. Das wichtigste Zeichen der verschiedener Straftaten wie Körperverletzung, Höllen-Engel ist der „Deathshead”, ein Totenkopf Mord, Menschenhandel oder Prostitution in den mit Flügeln. Dieses Symbol befindet sich auf der Schlagzeilen. Es gilt als gesichert, dass viele Rückseite aller Lederjacken, die ein wichtiges „Angels” im Rotlichtmilieu aktiv sind, Bordelle Statussymbol für die Rocker darstellen. Denn nur kontrollieren und dort Macht ausüben. Jedoch ist es ein vollwertiges Mitglied erhält solch eine für Polizei und Justiz schwierig, den „Hells Angels” Lederkutte mit dem Totenschädelsymbol. Die Jacke die Bildung einer kriminellen Vereinigung ist Eigentum des Charters, das bedeutet, wenn ein nachzuweisen. Besonders die Verschwiegenheit der Mitglied austritt oder ausgeschlossen wird, muss sie Rocker gestaltet es schwierig, Kronzeugen in zurückgeben werden. Über die Rückgabe dieser solchen Fällen zu finden. Die meisten Gewalttaten Lederkluft gibt es oft Streitigkeiten, besonders wenn richten sich gegen andere Motorradgruppen wie die ein Member aus dem Club ausgeschlossen wurde. 1966 in Texas gegründeten „Bandidos”. Um die So wollte ein ehemaliger „Hells Angel” seinen Rocker und ihre Rivalität mit anderen Rauswurf nicht akzeptieren und daher auch die Motorradgangs zu verstehen, muss zunächst auf die Jacke nicht wieder herausgeben. Daraufhin brachen Struktur und das Selbstverständnis der Höllenengel mehrere Biker bei ihm ein, stahlen die Jacke und eingegangen werden. verpassten ihm eine Tracht Prügel. Für die Polizei galt dies als eine Straftat, für die Angels war es eine Struktur und Selbstverständnis der Angels Frage der Ehre. Das hat auch mit dem bereits erwähnten Ehrekkodex der Höllen-Engel zu tun. Die „Hells Angels” sind in so genannten Charters organisiert, dies sind die Untergruppen in den Dieser Ehrenkodex basiert auf den eigenen Regeln einzelnen Städten. In Deutschland gibt es 42 und Wertvorstellungen der „Hells Angels” und steht Charter, in denen rund 700 Biker organisiert sind. oft im Konflikt mit dem Gesetz. Dazu gehört zum Das Charter in Hannover gilt als das weltweit Beispiel die Regel, nie ein anderes Mitglied zu größte. Die einzelnen Untergruppen sind jeweils verraten oder im Stich zu lassen, nie zu lügen und hierarchisch geordnet. An der Spitze stehen ein nicht zu betrügen. Viele dieser Grundregeln bauen Präsident und sein Stellvertreter, der Vice-Präsident. auf absolutem Vertrauen der Rocker zu einander auf. Außerdem gibt es verschiedene andere Posten wie Die „Angels” selbst beschreiben den Motorradclub Secretary (Verwaltung) oder Treasurer als eine „Bruderschaft, die auf Respekt, Ehrlichkeit, (Schatzmeister). Um Mitglied (Member) eines Zuverlässigkeit und Freiheit” beruht. Hier zeigen Clubs zu werden, muss man zunächst die beiden sich gewisse Parallelen zur italienischen Mafia, Unterstufen Prospect und Hangaround durchlaufen. denn auch diese besitzt einen ähnlich strengen Das Auswahlverfahren basiert nach Aussagen des Ehrenkodex. Im Gegensatz zu den Bikern sind deren Pressesprechers und längsten Mitglieds der „Hells Mitglieder allerdings in Familien organisiert, doch Angels” in Deutschland, Django, auf auch dort muss absolutes Vertrauen herrschen. In Menschenkenntnis. Es gibt keine speziellen Familien gibt es meist schon durch die Aufnahmebedingungen, man müsse nur ein Verwandtschaftsverhältnisse ein Art Grundver-

34 trauen, in den Chartern der Motorradgruppe muss Konflikten nur um Fragen der Ehre handeln? Ist es dieses jedoch erst aufgebaut werden. Das Vertrauen möglich, dass sich Rocker im ganzen Land unter den Mitgliedern stellt einen der Grundpfeiler Straßenschlachten aufgrund einer der Organisation dar. Daher gibt es auch solch eine Meinungsverschiedenheit liefern, oder steckt doch lange Probezeit für Anwärter auf eine mehr dahinter? Viele Experten sind der Meinung, Mitgliedschaft. Die Rocker leben in gewisser Weise dass es bei diesen Auseinandersetzungen vor allem für den Club und dies erklärt ihren teilweise schon um Macht und viel Geld geht. Ein Polizist sagte in fast extremen Stolz und ihre hohe diesem Zusammenhang der Zeitung „Welt”: „Bei Selbstidentifikation mit der Gruppe. Dieser Stolz diesen Tätergruppen, und so muss man sie nennen, kann allerdings auch zu Problemen führen, geht es um Drogen- und Waffenhandel, um besonders im Konflikt mit anderen Motorradgangs. Schutzgelderpressung. Die Rockerbanden wollen die Türen der bekannten Lokale übernehmen, weil Bandenkrieg in Lederkutten sie dann bestimmen können, welche Geschäfte dahinter stattfinden. Wer die Tür hat, hat die Macht. In Deutschland sind die „Hells Angels” besonders Und beide Parteien streben danach.” Auch der Mord aufgrund ihres Konflikts mit den verfeindeten an einem Höllen-Engel im Oktober letzten Jahres Siedepunkte „Bandidos” berüchtigt. Nach Aussage der „Angels” scheint Teil von Machtspielen gewesen zu sein: geht es in diesen Auseinandersetzungen vor allem Sowohl der Täter als auch das Opfer seien schon jahrelang im Rotlichtmilieu aktiv gewesen. Daher um Ehre, dies bleibt jedoch zu bezweifeln. Natürlich vermutet auch das Düsseldorfer Landeskriminalamt, sorgt die starke Identifizierung mit dem eigenen dass es bei dem Mord um „Gebietsansprüche und Club zu Rivalitäten zwischen den Bikern, ähnlich Marktanteile” ging. wie zum Beispiel bei Fußballfans von Schalke 04 oder Borussia Dortmund. Besonders die Aufstellung Es gibt jedoch auch andere Meinungen bezüglich eines Ehrenkodexes mit eigenen Regeln und das dieser Anschuldigungen. So sagte der Kriminologe vorausgesetzte absolute Vertrauen der Mitglieder Klaus Boers 2007 im Interview mit der „Zeit”, dass sorgt allerdings für eine deutliche Steigerung einer es sich bei den Motorradgangs vor allem um bloßen Rivalität. Am ehesten ließen sich die Rocker „Machokulturen” handele. Es ist jedoch zweifelhaft, noch mit Hooligans vergleichen, wobei auch dieser ob die beschriebenen Gewaltexzessen auf reine Vergleich nicht optimal ist, da es meist um mehr als Männerrituale reduziert werden können. nur eine bloße Rivalität geht. Die Konflikte gleichen oftmals eher einem Krieg. Den Höhepunkt dieses Rockerkrieges stellten die Auseinandersetzungen der beiden Motorradclubs in den 90er Jahren in Skandinavien dar. Dort hat es Straßenschlachten mit Maschinenpistolen, Handgranaten und Panzerfäusten gegeben, mehrere Biker wurden verletzt oder sogar getötet. Auch in den Deutschland ist der Bandenkrieg mittlerweile angekommen. So wurde beispielsweise im Jahr 2007 ein „Hells Angels”-Mitglied und Motorradhändler von zwei „Bandidos” ermordet. In dem darauffolgenden Prozess, in dem beide Täter zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, kam es in Deutschland zu weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen der Gruppen. Im November 2009 gewann der Konflikt besonders im Ruhrgebiet Eine Gruppe Höllenengel mit ihren Motorrädern noch mehr an Schärfe. Zu Beginn des Monats lieferten sich über 300 Rocker eine Massenschlägerei im Rotlichtviertel in Duisburg, Endgültig klären lässt sich diese Frage wohl in bei der die Einrichtung des Stammlokals der nächster Zeit nicht, Fakt ist jedoch, dass von den „Bandidos” größtenteils zerstört wurde. Sogar eine „Hells Angels” eine starke Faszination ausgeht. Handgranate wurde auf das Clubhaus geworfen, Möglicherweise, weil sie sich keinen Regeln glücklicherweise explodierte sie nicht. Die Polizei unterwerfen und das Gefühl von Freiheit vermitteln. vermutet den Mord an einem „Hells Angel” Anfang Jedoch darf man Freiheit nicht mit Gesetzlosigkeit Oktober 2009 als Hauptursache für diese verwechseln. Gewaltexzesse, sie konnte jedoch in den meisten Fällen gegen die gut organisierten Übergriffe der Rocker nichts ausrichten. Besonders im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren gegen Tobias Schillings, Stufe 13 Mitglieder der beiden Clubs kam es immer wieder zu schweren Auseinandersetzungen. Kann es sich bei diesen schweren, gewalttätigen

35 Wichtige Visagen

Helmut Schmidt den schnell vor dem Hintergrund des menschenverachtenden Systems, Am 17. Juni dieses Jahres hat der dessen Ideen und Zielsetzungen und nun 91-jährige Helmut Schmidt den der „großen Scheiße des Krieges“ „Point-Alpha- Preis“ für besondere (wie Schmidt es auf den Punkt Verdienste um die deutsche und eu- bringt). Als er Ende zwanzig, An- ropäische Einheit erhalten. Für die fang dreißig ist und der Krieg zu FATAL ist dies ein willkommener Gunsten der Alliierten und zum Anlass, auf ein bewegtes Politikerle- Wohl der Menschheit beendet ist, ben und eine herausragende Ham- beschließt Schmidt, der SPD beizu- burger Persönlichkeit zu blicken. treten. Durch politische Diskussio- nen während der Kriegsgefangen- Auch wenn die 91 Kerzen auf der schaft in Belgien fühlt er sich ver- Geburtstagstorte schon lange nieder- pflichtet, einen Teil zur Prävention gebrannt sind und nur noch der Ge- weiterer Kriege beizutragen. ruch von Mentholzigaretten in der Luft liegt, wird es im Hause Helmut Schmidt 1975 Während seiner dreißigjährigen Schmidt in Hamburg-Langenhorn Bundestagslaufbahn (1953-1982) be- auch dieses Jahr nicht still um den findet sich vor allem der linke Flügel Altkanzler und dessen Frau „Loki“. Im Juni reiht der Partei ständig auf Kriegsfuß mit dem streitbaren sich der Point-Alpha-Preis zu den unzähligen Eh- Hanseaten. Als Hamburger Senator (1961-1965) rungen ,die Helmut Schmidt in seiner langjährigen macht er sich jedoch schnell einen Namen und ge- Laufbahn als Politiker erhielt. Anlass für den mit nießt vor allem durch sein durchdachtes Vorgehen 25.000 € dotierten Preis sind zum einen der damals bei der Sturmflut 1962 in der Hansestadt hohes An- umstrittene NATO-Doppelbeschluss aus dem Jahre sehen in ganz Westdeutschland. Schmidt ist zudem 1979, der die Sowjetunion zur Abrüstung der damals ein großartiger Redner, der weiß, wie er sein Wissen installierten Mittelstreckenraketen drängte und so rhetorisch gekonnt verpackt. Nicht allzu überra- im Nachhinein stabilen Frieden in Europa ermög- schend wird Schmidt im Jahr 1966 SPD-Fraktions- lichte. Zum anderen werden die erfolgreichen Ver- vorsitzender im Bundestag und nach der aus sozial- handlungen des Altkanzlers mit Ostblockländern bei demokratischer Sicht erfolgreichen Wahl 1969 Bun- der Konferenz zur Sicherheit und Zusammenarbeit desminister der Verteidigung. Zur Zeit der SDP- in Europa (kurz: KSZE) im August 1975 gewürdigt. FDP-Koalition avanciert der Hamburger schnell zu Diese führten zur Lockerung der bis dato gespann- einem der wichtigsten Berater des Bundeskanzlers ten politisch-militärischen Situation in Europa und zwangen den Ostblock zu humanitären Zugeständ- nissen. Doch ist dies nur ein kleiner Beitrag des vielleicht kontroversesten Kanzlers in der Geschich- te der Bundesrepublik Deutschland. Um die Person Helmut Schmidt etwas besser zu verstehen und ei- nen groben Einblick in dessen bewegtes Leben zu gewinnen, müssen wir weiter in die Geschichte Deutschlands zurückblicken. Helmut Heinrich Waldemar Schmidt wird am 23. Dezember 1918 kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in der Hansestadt Hamburg geboren. Zu seiner Mutter hat der junge Helmut ein sehr gutes Verhältnis, seinen Vater lernt er eher als Respekts- Schmidt in seinem Arbeitszimmer person und ehrgeizigen Menschen schätzen. Gustav Schmidt ist halbjüdisch, was die Familie zur Urkun- denfälschung während der Zeit des NS-Regimes Willy Brandt. Nachdem dieser durch die Aufdek- zwingt. Zwei Jahre vor Kriegsausbruch besteht der kung eines DDR-Agenten im Kanzleramt zurückge- neunzehnjährige Schmidt das Abitur in Hamburg treten ist, um seine politische Integrität zu wahren, und geht nach dem damals üblichen Arbeitsdienst wird Schmidt 1974 dessen Nachfolger und damit zur Wehrmacht. Als der Krieg ausbricht, dient er als der fünfte Bundeskanzler der BRD. In dieser Positi- Offizier im Osten wie im Westen an beiden Fronten. on versucht er vor allem Wert auf wirtschaftspoliti- Die anfänglich latente Euphorie gegenüber den Ge- sche Aspekte zu setzen, um die Bundesrepublik in- meinschaftsidealen der Nationalsozialisten schwin- nenpolitisch zu stärken. Im Gegensatz zu seinem

36 Vorgänger, der immer als Visionär gegolten hat, journalistischen Arbeit erhält der langsam ergrauen- wird der neue Kanzler als „Macher“ respektiert. Ne- de Schmidt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrun- ben den schon erwähnten Meilensteinen seiner Bun- gen wie beispielsweise den spanischen Godo-Preis. deskanzlerlaufbahn (KSZE, NATO-Doppelbe- schluss), muss sich die Bundesregierung zunehmend In den letzten Jahren widmete der überzeugte Ham- mit der immer brutaler agierenden, terroristischen burger, der jeden Tag eine Schachtel Mentholziga- Vereinigung der Roten Armee Fraktion konfrontiert sehen. Auf dem Gipfel des Terrors im „Deutschen Herbst“ und der Entführung der Passagiermaschine „Landshut“ wird Schmidt auf eine nervenaufreiben- de Probe gestellt. Auf seine Anweisung hin wird das Flugzeug in Mogadischu von einer Bundeswehrspe- zialeinheit gestürmt und alle Passagiere befreit, be- vor die Terroristen zur Sprengung der Maschine kommen. Schmidts Entscheidungen werden zu sei- ner Regierungszeit oftmals scharf kritisiert, stellen sich im Nachhinein jedoch meistens als zutreffend

heraus. Nach acht bewegten Jahren an der Macht Wichtige Visagen wird die Koalition aus SPD und FDP 1982 schließ- lich durch ein konstruktives Misstrauensvotum auf- gelöst. Der Christdemokrat Dr. Helmut Kohl wird sechster Kanzler und beendet damit eine sozialde- Schmidt mit US-Präsident Reagan mokratische Ära. Schmidt, der mehr aus Verantwor- tung gegenüber dem deutschen Volk als aus persön- retten raucht, der Kunst und der Musik mehr Auf- lichen Gründen Kanzler geworden ist und sich merksamkeit. Im Oktober 2010 musste er den Tod selbst nie als Berufspolitiker hat sehen wollen, seiner Frau Loki verkraften, mit der er über 60 Jahre wechselt mit weit über 60 Jahren in den journalisti- verheiratet gewesen war. schen Bereich. Dank Gerd Bucerius, einem deut- schen Verleger und CDU-Politiker, findet der allsei- tig begabte Exbundespolitiker schnell ins Geschäft David Knapp, Abitur 2010 und wird Mitherausgeber der ZEIT. In Folge seiner

Herta Müller schen Nitzkydorf im Landesteil Banat geboren. Sie Kämpferin gegen Diktatur und Ungerechtig- ist Teil einer kleinen deutschen Minderheit in Rumä- keit nien, den Banater Schwaben. Diese Bevölkerungs- gruppe wurde bereits im 17. Jahrhundert vor allem aus den südlichen Teilen Deutschlands und aus Lothringen auf Befehl des Kaiserreichs Österreich „Den Literatur-Nobelpreis für Deutschland finde dort angesiedelt. Im zweiten Weltkrieg standen viele ich super, aber wer ist denn Herta Müller?” dieser Rumäniendeutschen in Diensten des Deut- Solche oder ähnliche Gedanken sind wahrscheinlich schen Reiches und waren besonders stark in der vielen Schülern durch den Kopf gegangen, als im Waffen-SS vertreten. Auch Herta Müllers Vater Oktober letzten Jahres bekannt wurde, dass eine diente in der deutschen Wehrmacht. Nach Ende des Deutsche den Literatur-Nobelpreis gewinnen wird. Krieges wurden ihre Mutter, wie viele andere Ange- In der Zwischenzeit ist Herta Müllers Bekanntheit hörige der Banater Schwaben, zur Zwangsarbeit in immens gestiegen und ihr neuestes Werk „Atem- die heutige Ukraine deportiert. Ihr Vater war ge- schaukel” wird von vielen Literaturkritikern als Hö- zwungen, sich seinen Lebensunterhalt als LKW- hepunkt ihrer Karriere gefeiert. Das Medieninteres- Fahrer zu verdienen. Nach dem Abitur studierte sie se war besonders vor der Preisverleihung so groß in den 70er Jahren Rumänistik und Germanistik an wie schon lange bei keinem deutschen Literaten der Universität des Westens in Timisoara und stand mehr. Die Autorin wird auf Lesungen schon gefeiert dort der Aktionsgruppe Banat nahe, einer Vereini- wie ein Popstar und gilt mittlerweile schon fast als gung junger deutscher Autoren in Rumänien, die in Ikone der deutschen modernen Literatur. Am wich- der Herrschaft des kommunistischen Diktators Nico- tigsten erscheint bei dem ganzen Rummel jedoch nur lae Ceausescu für Meinungsfreiheit kämpften. Spä- der Nobelpreis und nicht die Person Herta Müller ter arbeitete sie als Übersetzerin in einer Maschinen- an sich. Dabei hätte sie eine sehr interessante Le- fabrik, wurde jedoch dort entlassen, nachdem sie die bensgeschichte zu erzählen, die sich stark in ihren Zusammenarbeit mit dem rumänischen Geheim- Werken widerspiegelt... dienst, dem Securitate, verweigert hatte. Ein Mitar- beiter des Geheimdienstes sei damals zu ihr gekom- Ihr Lebenslauf men, um sie dazu zu bringen, Spitzeldienste zu lei- Herta Müller wurde am 17. August 1953 im rumäni- sten, doch Müller lehnte ab, obwohl der Mann sie

37 mit dem Tod bedroht haben soll. Danach wurde ihr den Preis als Außenseiterin, doch die Juroren der Wichtige Visagen das Büro entzogen und sie war gezwungen, auf der Schwedischen Akademie entschieden zu ihren Gun- Treppe zu arbeiten. Die Autorin wurde schikaniert, sten. In der Würdigung heißt es, sie hätte „mittels indem unter den Mitarbeitern verbreitet wurde, dass Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa sie für den Geheimdienst arbeite. Außerdem musste Landschaften der Heimatlosigkeit” gezeichnet. Her- sie Übersetzungen anfertigen, die niemand angefor- ta Müller ist erst die zwölfte Frau und die dreizehnte dert hatte. So kam sie zum Schreiben und betrachte- Deutsche, die den Nobelpreis für Literatur erhält. te sich nach ihrer Entlassung als Schriftstellerin. Später verdiente sie ihren Lebensunterhalt als Leh- Ihr Werk rerin an Schulen und Kindergärten. Herta Müllers Gesamtwerk dreht sich vor allem um Im Jahr 1982 erschien ihr erstes Werk „Niederun- die Diktatur eines totalitären Regimes und Überwa- gen”. Dieses regierungskritische Buch konnte im chungsstaates. Diese Diktatur wird in vielen ih- kommunistischen Rumänien allerdings rer Bücher thematisiert, wie zum Bei- nur in einer stark zensierten Fassung spiel erscheinen. Zwei Jahre später entschloss sie sich, als freie „Der König verneigt sich und Schriftstellerin zu arbeiten, tötet” oder „Heute wäre doch in Folge ihres ersten ich mir lieber nicht be- Werks wurde ihr in ih- gegnet”. Sie erzählt rer Heimat ein Ar- von Einsamkeit, beits- und Publikati- Angst, Verrat und onsverbot erteilt. der Ausweg- und Sie war in dieser Perspektivlosig- Zeit Verhören, keit. Grundlage Hausdurchsu- ihrer Texte chungen und sind meist Bedrohungen ihre eigenen durch die Se- Erfahrungen curitate aus- in Rumäni- gesetzt. en bis zu ih- Schließlich rer Ausreise erreichten sie 1987. Oft sogar Todes- bereitet drohungen. Müller ihre 1987 verließ Texte fik- Müller mit tional auf, ihrem dama- indem sie ligen Ehe- andere Per- mann, dem sonen ihre Schriftsteller Geschichte Richard Wag- erzählen ner, Rumänien lässt, oder sie und reiste in die nutzt andere Bundesrepublik literarische Deutschland aus. Mittel wie Seitdem lebt und Sprachcollagen. arbeitet sie in Berlin. In ihrem Werk Nach ihrer Ausreise „Die blassen Herrn erhielt sie mehrere Herta mit den Mokkatas- Lehraufträge an Universi- Müller beim deutschen Buch- sen” setzte sie ver- täten in Deutschland und preis 2009 in Frankfurt schiedene Texte und Bil- im Ausland. Außerdem war der aus Zeitungen zusam- sie bis 1997 Teil der Schriftstel- men, sodass daraus Gedichte lervereinigung P.E.N und ist seit entstanden. Bei der Betrachtung 1995 Mitglied der Deutschen Akademie ihres Gesamtwerkes stechen besonders für Sprache und Bildung. Herta Müller erhielt die ausdrucksstarken Titel der Bücher hervor bereits viele Auszeichnungen, unter anderem den wie zum Beispiel „Der König verneigt sich und tö- Kleist-Preis und den Würth-Preis für europäische tet”. Außerdem nutzt sie oft ungewöhnliche Sprach- Literatur. Im Jahr 2009 wurde ihr Roman „Atem- bilder und Metaphern wie „Herztier” oder „Reisen- schaukel” für den deutschen Buchpreis nominiert de auf einem Bein”. In ihren Texten finden sich häu- und gelangte dort in die Endausscheidung. Im Okto- fig Verdinglichungen oder Vermenschlichung von ber desselben Jahres wurde bekannt, dass Herta Dingen, so auch im Titel ihres neuen Romans Müller den Literatur-Nobelpreis erhalten wird. Ei- „Atemschaukel”. Sie nutzt diese Verdinglichungen gentlich galt sie unter den anderen Kandidaten für vor allem bei Gefühlen wie zum Beispiel Trauer, um

38 darzustellen, dass sie sich mit normalen Worten in einem Deportationslager in der Ukraine arbeiten nicht mehr beschreiben lassen. So ist die Hauptper- musste. Sie schrieb das Buch vor allem auf Grundla- son ihres neuen Romans stellenweise so hungrig, ge seiner Erinnerungen und Erzählungen verschie- dass sie sich von Wörtern ernähren muss. Besonders dener anderer Opfer. Ursprünglich war der Roman auffallend an ihren Texten ist die Sprachintensität. als Gemeinschaftsprojekt zwischen den beiden Lite- Müller verdichtet die Worte und sprachlichen Mittel raten geplant, doch Pastior starb 2006. Mit diesem wie kaum eine andere moderne Schriftstellerin und Werk erschließt sich die Autorin ein neues Themen- verleiht so ihren Texten eine besondere Ausdrucks- gebiet, das Schicksal der Rumäniendeutschen nach stärke. Die Autorin verstand Sprache auch immer als dem Zweiten Weltkrieg. Außerdem gab sie bekannt, Waffe der Unterdrückung, dies zeigt sich vor allem dass sie sich mit ihrer Rolle während des Krieges in in ihrer Vergangenheit. Sie musste jahrelang in der deutschen Armee auseinander setzen wird. Ein Angst leben, wurde überwacht und bedroht, doch neues Buch wird allerdings erst in einigen Jahren er- trotzdem versuchte sie mit ihrem Schreiben aufzu- scheinen, jetzt wird sie erstmal eine mindestens rütteln und gegen das Regime zu kämpfen. zweijährige Schreibpause einlegen. Das macht sie nach jedem Buch, daran ändere auch der Umstand, Ihr neuestes Werk „Atemschaukel” gilt als Höhe- dass sie Nobelpreisträgerin ist, nichts. Mit dem punkt ihrer Karriere. Es beschreibt den Weg eines Schreiben hätte das für sie nichts zu tun.

jungen Mannes in ein Deportationslager in Russ- Wichtige Visagen land, welcher symbolisch für die Deportation der Rumäniendeutschen steht. Müller hatte den Roman Tobias Schillings, Stufe 13 zusammen mit dem deutschen Poeten Oskar Pastior begonnen, der selbst vier Jahre als Zwangsarbeiter

Leonardo da Vinci den Worten: „Wenn du allein bist, wirst du dir ganz gehören.“ Leonardo da Vinci wurde am 15. April 1452 geboren Im Jahre 1477 arbeitete er mit geringem Gehalt für und starb am 2. Mai 1519. Er galt damals wie Lorenzo de Medici, einem der führenden Politiker in heute als größter Künstler seiner Zeit. Italien. In dieser Zeit seines Lebens malte er zum er- sten Mal alleine. Seine Bilder waren überwiegend Leonardo da Vinci wurde in dem Kastell Vinci ge- religiös geprägt, wie die „Madonna Benois“ oder boren. Daher kommt auch sein Nachname da Vinci. die „Madonna mit Nelke“. Leonardo gehörte zu den Seine Eltern waren der 25-jährige Piero da Vinci ärmeren Künstlern, die meist nur eine vorüberge- und die 22-jährige Sklavin Caterina. Der Vater wur- hende Stelle hatten, doch als sich die meisten Künst- de damals für seine gute Redekunst und perfekte ler 1448 in Rom niederließen, um dort für den Vati- Aussprache – auch ausländischer Wörter – hoch ge- kan zu arbeiten, bekam er eine Chance, am Hofe der lobt. Aus diesem Grund wurde er Notar. Diesen Be- Sforzas, den Herzögen von Mailand, zu arbeiten. ruf übte er so gut aus, dass er schon bald zu den Der Herzog stand kurz vor dem Krieg mit Venedig reichsten Notaren Italiens gehörte. Dadurch erhielt und benötigte gute Waffeningenieure. Leonardo, der er Kontakte zu den Landesherren und ermöglichte es sich zum Hobby gemacht hatte, Waffen zu ent- Leonardo so ein Leben im nur 30 Kilometer entfern- werfen, schrieb in einem ausführlichen Brief an den ten Florenz. Dort interessierte er sich schon früh für Herzog, dass er ein sehr guter Militärarchitekt sei, Kunst und Musik. Die Zeichnungen seines Sohnes und führte am Ende des Briefes noch seine Kentnis- imponierten dem Vater so sehr, dass er sie dem da- se als Maler und Architekt auf. Der Herzog war be- mals bedeutendsten Bildhauer und Maler Verocchio geistert von dem Brief, nahm Leonardo gerne auf zeigte. Verocchio war von den Zeichnungen eben- und bewilligte ihm sogar sein lang ersehntes gutes falls begeistert und nahm Leonardo als Lehrbur- Gehalt. So konnte er Florenz verlassen und nach schen auf. Im Alter von 20Jahren war die Ausbil- Mailand gehen. Beim Hofe des Herzogs entwickelte dung für Leonardo zu Ende. Doch er blieb trotzdem sich Leonardo zum Wunderkind, fortan war er nicht bei Verocchio und sie fertigten 1475 gemeinsam das nur für die Waffen, Kunst und Architektur in Mai- Bild „Taufe Christi“ an. Dieses Bild spielte in land zuständig, sondern auch für die Organisation Leonardos Leben eine große Rolle, denn er war ein festlicher Anlässe. großer Verehrer von Jesus Christus. Leonardo wurde in seiner Anfangszeit als Künstler viel mit anderen Er konstruierte einen Entwurf, in dem er die sanitä- Künstlern verglichen. Anfangs mit Künstlern wie ren Einrichtungen in Mailand verbesserte. Sandra Botticelli und Pietro Perugino, mit denen er 10 Jahre gemeinsam arbeitete, und später mit dem Seine Ideen sammelte er aus gerade aktuellen The- circa 20 Jahre jüngeren Michelangelo. Leonardo men, wie zum Beispiel der Pest. Er erkannte, dass wurde, im Gegensatz zu Michelangelo, als offen und die Pest nur zu bekämpfen sei, wenn man die Häu- freundlich beschrieben. Leonardo hatte jedoch einen ser sauber halte. So errichtete er unter anderem die Hang zur Einsamkeit. Freunde beschrieben ihn mit erste Müllabfuhr Mailands. In dieser Zeit konnte

39 Leonardo seine künstlerischen Fähigkeiten endlich te ein absolutes Meisterwerk werden und Michelan- Wichtige Visagen voll ausnutzen. Für die Tochter des Herzogs kreierte gelos Werke mühelos in den Schatten stellen. er einen Badepavillion und wollte den Herzog mit Leonardo brach seine Skizzen mehrfach ab, da er einer Bronzestatue verewigen, was aber scheiterte, das Licht nicht gut genug fand. Er gab dem Bild ein da Leonardo immer wieder unzufrieden war und rätselhaftes Lächeln, das moderne Wissenschaftler von vorne anfing. In seiner Zeit in Mailand malte er heute noch zum Streiten veranlasst. Leonardos für die umliegenden Kirchen und Kathedralen. Zwi- Kunst wurde nun überall geschätzt. schen 1483 und 1486 malte er die erste Version der „Madonna in der Felsgrotte“. Die Auftraggeber Von 1504-1511 war er im Dienste des französischen nahmen diese aber nicht an, da Madonna in einer Königs. In dieser Zeit starben sein Onkel und sein kalten Höhle dargestellt wurde. Aus diesem Grund Vater. überarbeitete er das Bild und ihm gelang ein farben- Diese frohes Bild, das den Wünschen der Auftraggeber plötzli- vollkommen entsprach. In dieser Zeit malte er meh- chen rere Bilder und füllte seine Notizbücher mit Skizzen Trauerfäl- mit Kriegsmaschinen, Flugmaschinen, Schiffen und le ließen Waffen. Leonardo nicht in Mit 40 Jahren bekam er den Auftrag, ein Bild zu Ruhe und malen, das Jesus bei seinem letzten Abendmahl zei- so wurde gen sollte. Schon vor der Fertigstellung wurde die- er am ses Gemälde von vielen Künstlern gelobt. Im De- französi- zember 1499 begann Leonardo in Venedig seine schen Hof Dienste als Ingenieur. Dort stellte er auch seine entlassen, Kriegsmaschinen vor, darunter ein Taucheranzug für da er kei- den Unterwasserkampf, der erst 1819 von deutschen ne nen- Entwicklern realisiert wurde. nenswer- ten Erfol- Nachdem er auf Ablehnung gestoßen war, zog er ge vor- wieder nach Florenz. Dort interessierte er sich mehr weisen für wissenschaftliche Fragen als für die Malerei. konnte. Nachdem er in Florenz wissenschaftliche Bücher Leonardo gelesen hatte, widmete er sich der Mathematik. bekam Doch in Florenz wurde er auch dieses Mal nicht durch sei- glücklich und trat daher bei Cesare Borgias, einem ne Kon- Eroberer, den Dienst an. Nun war er der oberste In- takte eine genieur und verbesserte in allen Städten, die der Er- Stelle Das mysteriöse Lächeln der Mona Lisa oberer erreichte, das tägliche Leben, indem er zum beim Beispiel die Häfen erneuerte. Dann versuchte er er- Papst im Vatikan. neut in Florenz zu arbeiten. Dort sollte er ein Schlachtgemälde malen, was er zunächst ablehnte, Zu dieser Zeit wurde er durch Krankheiten ge- dann aber doch annahm, da Michelangelo, sein schwächt und konnte so keine außergewöhnlichen größter Konkurrent, ebenfalls ein Schlachtgemälde Bilder mehr entwerfen. Nach Jahren wenig hervor- entwerfen sollte. ragender Arbeit bekam Leonardo ein Angebot, das er nicht abschlagen konnte, denn er war mittlerweile Dieses Bild weckte den Lebensgeist Leonardos wie- sehr alt geworden. Leonardo bekam einen Alterssitz der auf und ließ ihn Tag und Nacht schuften. Er ar- in Frankreich, wo er seine letzten Jahre verbringen beitete meist pausenlos, schlief wenig und begrün- sollte. Dort konnte Leonardo nach Lust und Laune dete dies mit den Worten: „Meisterwerke erfordern wissenschaftliche Bücher studieren und Feste orga- höchste Konzentration.“ Wissenschaftler der heuti- nisieren. Leonardo starb am 2. Mai 1519. gen Zeit vermuten dahinter eine Art nie aufhörende Arbeitssucht. Als beide Schlachtgemälde ausgestellt wurden, bezeichneten viele die beiden Werke als Erst Jahrhunderte später wurden Leonardos Techni- Meilenstein der Kunstgeschichte. Beide Bilder ver- ken in die Tat umgesetzt. Wissenschaftler sind noch fielen mit der Zeit und wurden übermalt. Leonardo heute von der absoluten Intelligenz Leonardos faszi- kümmerte sich nun wieder mehr um die Wissen- niert. Sie versuchten den Intelligenzquotienten von schaft und ließ so seine malerischen Fähigkeiten erst Leonardo festzustellen und stellten fest, dass er jen- einmal liegen. Michelangelo kam das gerade recht seits allen Möglichen gewesen sein soll. Schon Wo- und er sagte über seinen größten Konkurrenten: „Als chen nach seinem Tod kamen die ersten Gerüchte Maler ist er ein würdiger Gegner, aber als Ingenieur auf, dass er nicht von der Erde abstammte. Viel- ist er ein hoffnungsloser Fall.“ Leonardo fühlte sich leicht ist der hohe Intelligenzquotient ja der Beweis angegriffen und nahm in der nächsten Zeit jeden dafür… Auftrag an. Geld war ihm nun so ziemlich egal, und er arbeitete mehr denn je. In den Jahren 1503–1506 malte er intensiv an der Mona Lisa. Dieses Bild soll- Lars Gierkink, Klasse 8d

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Der Babbelfisch

Franco después de su muerte TC \l1 " por ser rey de España. También dijo que « los enemigos de España y de la civilización cristiana están alerta ». Así la situación estaba clara, también El 20 de noviembre de 1975 Francisco Franco el después de la muerte del dictador, España tenía que caudillo de España murió. En los siete años después esperar más años bajo la opresión. de la muerte del General Franco España tuvo su época de transición hacia la Democracia. Y hoy, Pero los que querían la democracia tenían un aliado con muy fuerte, el nuevo rey Juan Carlos I. Desde más de 30 años después, uno se pregunta ¿qué su llegada al poder Juan Carlos sólo tenía una papel juega Franco hoy? misión, la misión de devolver la democracia al Por esto, se tiene que saber lo que significa el pueblo español. Pero los poderes antiguos habían Franquismo y quién es Franco. Francisco Franco mantenido su poder y también sus estructuras y así nació en 1892 en Galicia. Muy temprano en su vida el camino hacia la democracia sólo podía ser exitoso Franco se decidió por una carrera militar. A los si había una cooperación entre los franquistas y los quince años Franco entró en la Academia Militar en reformistas. Por eso hubo esa cooperación del rey Toledo y algunos años después se fue para luchar en con los franquistas. Así el primer Presidente del la guerra contra Marruecos. Por su actuación en la Gobierno fue Carlos Arias Navarro un militante del guerra hizo carrera en un tiempo muy corto. Se régimen antiguo. Pero el pueblo que quería el concocía a Franco por luchar de una manera cambio hizo lo suyo para terminar con los del imcompasiva y brutal. Cuando la guerra civil antiguo régimen, después de muchas empezó en 1936, Franco era el comandante del manifestaciones y un pedido del rey Arias Navarro ejército de España y generalísimo de las fuerzas dimitió. Parecía que una batalla había sido ganada, anti-republicanas. pero la dictadura no fue vencida. Otra vez el nuevo Presidente del Gobierno era un hombre de los En estas fuerzas había conservadores, militares, poderes antiguos, el secretario general de la fascista monarquistas y principalmente los fascistas de la Falange, Adolfo Suárez. Es la ironía de la historia Falange. Durante la guerra civil Franco también que un hombre totalmente anti-democrático tuvo apoyo de Alemania e Italia, ambos países con trabajara para restablecer la democracia. Suárez un gobierno fascista en ese tiempo. En la guerra simplemente se sentía obligado por los deseos del civil Franco y sus fuerzas armadas cometieron rey. Así hubo la legalización de los partidos y el varios crímenes. Al final los franquistas ganaron la restablecimiento del parlamento. España sólo tenía guerra y controlaron toda España. que sufrir un ataque más a la nueva y jóven democracia. El 23 de febrero de 1981, más de cinco La España del franquismo empezó. Franco prohibió años después de la muerte del caudillo, el ejército y principalmente todas las posibilidades para hacer la guardia civil intentaron un golpe de estado. Pero una oposición política y también prohibió las otra vez fue Juan Carlos él que evitó una catástrofe. lenguas y culturas regionales, porque muchos de los Con un discurso como jefe militar pudo convencer opositores eran regionalistas de Cataluña o del País al ejército de terminar este intento. Finalmente la Vasco. Estos aspectos en junto con el control de los democracia llegó. Pero la transisción no fue medios de comunicación formaron una dictadura en perfecta. Los crímenes de la guerra civil y de la España. Durante algunos años nada cambió en dictadura no fueron procesados y muchos políticos España, pero en los años 1960 y en los años 1970 del franquismo pudieron organizarse en uno de los comenzó un cambio por el nuevo factor del turismo. dos grandes partidos, en el Partido Popular. España comenzó a abrirse de una manera amplia. Por ejemplo los primeros medios de comunciación Continuación desde entonces TC \l2 " extranjeros fueron legalizados en ese tiempo. Pero el acontecimiento con la mayor importancia para el Cuando las franquistas tuvieron que aceptar el proceso de apertura fue la muerte del caudillo establecimiento de la democracia buscaron un foro Francisco Franco. para permanecer en la política española. Finalmente fue Manuel Fraga Iribarne, el Ministro de Transición y herencias del franquismo Información y Turismo de España en el gobierno de Franco, él que fundó el partido. El Alianza Popular Lamentablemente esto no fue el fin de la dictadura o (hoy Partido Popular) no sólamente fue un foro de del franquismo en España. Francisco Franco ya los antiguos políticos, sino también es legalmente el había tenido sus ideas para el tiempo después de su sucesor de los partidos franquistas. Se debe muerte. A través de su testamento Franco demandó mencionar que el PP practica la democracia, pero que la unidad de España fuera mantenida y que Juan también se han mantenido los valores conservadores Carlos de Borbón fuera el próximo líder de España del franquismo que los defienden hoy todavía.

42 Además ya no han procesado los crímenes de la En el mismo mes también hubo la primera ley para dictadura franquista. la rehabilitación de las víctimas del régimen de Franco. También fue la primera ley para el Por otro lado hay otra continuación de la oposición esclarecimiento de los crímenes contra los derechos al franquismo se habla de la ETA. En los tiempos de humanos y para la remoción sistemática de los Franco la ETA era algo como un ejército para la símbolos franquistas. liberación del País Vasco frente al opresor. Como ya se ha mencionado, fue un tiempo muy crítico por los Contra todos de estos intentos en favor de la regionalistas en España. Por no poder hablar su memoria de la historia española había grandes propia lengua y ni poder vivir su propia cultura protestas, también del Partido Popular. En este mucha gente de estas culturas se sentía oprimida por contexto han dicho que « la eliminación de símbolos el gobierno central. En algunos casos, como en los historicos sólo abre heridas. « Así también han de los miembros de la ETA, esto condujo a una subrayado muchas veces que una confrontación con radicalización hacia el terrorismo. La mayor parte la historia “no ayuda a nadie”. El Partido Popular de los ataques terroristas eran frente a la guardia tampoco ha condenado las crímenes del franquismo. civil, a la policía o al ejército como representantes Jaime Mayor Oreja un miembro del Partido Popular del gobierno central. Así había simpatía en la ha dicho al referirse a este tema que no va a sociedad vascuense y española. condenar el franquismo porque forma parte de la Der Babbelfisch historia española y “en la guerra hubo dos bandas”, España una nación de varios hermanos poniendo a un mismo nivel el comportamiento de los republicanos y el de los fascistas. Pero la ETA sólo es lo más conocido en un conflicto muy grande. Se habla de la relación entre las La diferencia entre España y Alemania regiones y el estado central. Como se ha mencionado había la situación que varios pueblos de En general la gran diferencia entre la memoria España fueron oprimidos por el gobierno central. Lo popular en Alemania y en España son las grandes más llamativo era la cuestión del uso de las lenguas. fuerzas en favor del dictador. Como sólo hubo una Durante la dictadura el uso de estas lenguas (el transición por un gran tiempo, no hubo un tiempo catalán, el gallego, el vasco) estaba prohibido. Así para condenar en un nivel político y social lo que se podían desarrollar movimientos para separar una había pasado en la dictadura. Pero ahora ya es región del estado central. También tenían gran posible por gran partes de la sociedad de rechazarlo apoyo en la sociedad por haber tenido un enemigo al dictador. Por suerte hay un cambio en la manera claro. de mirar este tema en los últimos años. España ahora comienza su época de recordar. Ahora Franco Pero ahora estos movimientos y partidos tienen tiene todavía una inmensa influencia en la política algunos problemas. Les falta un enemigo claro para española y esto no va a cambiar, pero lo que se obtener aceptación en toda de España. En sus puede esperar es que algún día desaparezca la regiones han mantenido el apoyo y han recibido el sombra del dictador. poder político. Y también ahora hay grandes diferencias entre las regionalistas y las nacionalistas sobre qualquiera Bastian Steuwer, Abitur 2010 razón. Vocabulario: En cada debate, en cada conflicto se tiene que el caudillo: der Anführer, Führer entender el miedo de las minorías frente a una la transición: der Übergang renovación del estado en los años de la dictadura. imcompasiva: herzlos Aquí Franco siempre está en cada boca. el apoyo: der Beistand, die Unterstützung amplia: weitestgehend La lucha para recordar el acontecimiento: das Ereignis, der Vorfall la apertura: die Öffnung Es una situación especial en España en la que el el aliado: der Alliierte, der Verbündete franquismo tiene una influencia muy grande en las devolver: zurückgeben tradiciones de la política y de la sociedad, pero por el militante: der Politiker, der Vorkämpfer otro lado ambos rechazan recordar ese tiempo. el pedido: die Bitte, der Auftrag dimitir: zurücktreten Así que ha durado más de 30 años hasta que el golpe de estado: der Putsch, der Staatsstreich empiece un recuerdo público de la sociedad evitar: verhindern española. Hasta el 17 de marzo de 2005 había una sentir oprimido: sich unterdrückt fühlen estatua de Francisco Franco de 7 metros en la Plaza condujo (conducir): zu etwas führen de San Juan de la Cruz en Madrid. Ese día se retiró retirar: wegnehmen, zurückziehen la estatua del ambiente público de la capital la remoción: die Entfernung española. Junto a la remoción hubo una protesta de el esclarecimiento: die Aufklärung manifestantes en favor del dictador. Esto también ha la herida: die Wunde pasado en varias otras ciudades españolas.

43 Are you Cinderella? day he texted her, because he wanted to meet her

Der Babbelfisch and he couldn't wait any longer. She didn't know what she could answer him. But on that day he Once upon a time there was a little girl who lived wrote that she should come to the school celebration alone with her father. They were best friends. The at 11 o'clock in the middle of the dance floor. When name of the little girl was Amy. She loved every day the day came her stepmother destroyed her plans of her life but on one day all was different. It was because she was to work at the cafe and at 1 o'clock Amy's 7th birthday when her dad got to know a.m. she could go home. Amy couldn't disagree with Madonna. That was the worst day for Amy because Madonna and so she went to work. At 10 o'clock her her dad fell in love with Madonna. One year later best friend ran into the cafe and asked why she was they married and Madonna brought two kids into the working and wasn't celebrating. She told him the family. They were called Matthew and Mary and story and he told her that she could come with him. they hated Amy. Amy whereas was glad that she The colleagues at the Cafe said that they would wasn't alone. But one day Madonna came home and help Amy and didn't say anything to Madonna. Amy cried. Her twins ran to her and asked: “Mum?! was very happy about it but then she got frightened What's wrong?“ She answered that Amy's dad has because she had no costume. One of the colleagues been dead. When Amy heard that she ran into her was a good friend of Amy's and she said that she room and cried. In the evening she had to leave her had a costume for Amy. Amy smiled. So Amy room and move to the garret. Amy missed her father changed her clothes they drove to the celebration. At very much and so she wantet to realise one of her 11 o'clock Amy was in the middle of the dancefloor. fathers dreams. She had to go to the best college. Suddenly she heard Maik's voice. He asked: “Are Seven years later her days were very hard. Amy had you my Cinderella?“ Amy turned around but Maik to wake up very early. She had to make breakfast couldn't identify her because she wore a mask. and before she could go to school she had to work in Abruptly he took the mask away from her face. He her dads cafe. Everything in her life was bad. But looked suprised. But then he said: “Amy?! Are you two things helped her to continue her life. The first my Cinderella?“ She answered: “Yes. I am your thing was her best friend Leo. He could made her Cinderella. But what about your girlfriend Olivia?“ laugh and she was always allowed to sleep at his Maik said: “Olivia is not my girlfriend any more house. The second thing was her friend Maik who because I love you.“ So he kissed her and Amy was she got to know on Internet. But Maik didn't know the happiest person in the world. where she lived. Maik was the best friend of her stepbrother Matthew and her stepbrother hated Amy. So Amy couldn't say Maik where she was. Every Ann-Cathrin Dunkel, Stufe 12

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Zeitvertreib Ein Stück Industriegeschichte Radeln auf der HOAG-Bahntrasse

Der HOAG-Bahntrassenradweg ist für alle geeig- net, die gern Fahrrad fahren, sich für Kultur inter- essieren (wenn auch nur im Rahmen von Ruhr.2010) oder auch beides verbinden wollen. Die Trasse ist ein sehr schöner Radweg und eine gute Möglichkeit, den Strukturwandel im Ruhrgebiet im wahrsten Sin- ne des Wortes zu „erfahren“. Das Kulturhauptstadt- jahr 2010 sollte auch eine Gelegenheit für eine Rad- tour auf einem der schönsten Bahntrassenradwege sein. Und die Strecke gliedert sich – mit vielen An- bindungen an örtliche Straßen und sogar die Orsoy- er Rheinfähre – als Etappe ideal in viele Radtouren ein.

Zur Strecke gebracht So ist die HOAG-Trasse markiert Die Strecke verläuft beinahe durchgehend auf der ehemaligen HOAG-Bahntrasse. Auf dieser wurde bis 1995 Kohle und Stahl transportiert. Die Trasse Werksgasthaus der Gutehoffnungshütte als Zeugen beginnt am Walsumer Rheinhafen und endet in einer vergangenen Epoche. Der Gasometer wird zur Oberhausen-Sterkrade. Zeit als Ausstellungsraum genutzt. Bis zum 30.12.2010 läuft dort im Rahmen von Ruhr.2010 die Mehr als Kohle und Stahl Ausstellung Sternstunden – Wunder des Sonnensys- tems. Der Konzern Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb (GHH), betrieb dort un- Guter Radweg ist teuer ter anderem die Zeche Sterkrade und die namensge- bende Gutehoffnungshütte (1782-1969 in Betrieb). Im Mai 2007 wurde die vom Regionalverband Ruhr 1808 fusionierten die Gutehoffnungshütte, die St. umgebaute Strecke eröffnet. Der Umbau dauerte Antony-Hütte (beide GHH) mit der Hütte Neu-Essen fünf Jahre und kostete sieben Millionen Euro. Ende zur Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Ha- August 2007 wurde das letzte Teilstück mit An- niel & Huyssen (JHH). schluss an den Grünen Pfad (auch ein Bahntrassen- radweg und Teil der Route Industriekultur) freigege- 1873 wurde aus der JHH wieder die GHH. 1903 ben. wurde der erste Walsumer Rheinhafen fertiggestellt. Um den Güterverkehr zum Werksgelände zu si- Der 3,5 m breite Weg ist nur etwa 2 km lang asphal- chern, baute der Konzern die HOAG-Trasse. Ein tiert; der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad- weiterer Hafen folgte zwei Jahre später. 1921 wurde Club) kritisierte, dass die restlichen 10 km aus einer die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG (MAN) wassergebundenen Decke (eine Art Vlies mit einer gekauft. Schicht Kalksandsteinschotter darüber) bestehen. Bei guten Wetterbedingungen habe ich aber keine Nach dem 2. Weltkrieg musste der Konzern geteilt Probleme mit dem Fahrbahnbelag gehabt. werden; so wurde der Bereich Eisen- und Stahler- zeugung zur Hüttenwerke Oberhausen AG (HOAG) Die Gestaltung der Strecke ist bemerkenswert. Nicht und der Bereich Kohleförderung zur Bergbau AG genug, dass jede Brücke von bunten, 1,5 m hohen Neue Hoffnung. Auf Grund einiger geschäftlicher Spielfiguren flankiert wird, an jeder Zufahrt steht Turbulenzen blieben am Ende nur noch die MAN ein aus alten Schienen hergestelltes Schild Turbo AG und einige kleinere Unternehmen übrig. („HOAG“) und bei (selten auftretenden) Kreuzun- Es ist zu bedenken, dass die JHH 1858 der größte gen ein ebensolches mit dem Straßennamen der zu Arbeitgeber im Ruhrgebiet war. kreuzenden Straße. Vielfältig künstlerisch gestaltete Betonsäulen runden das Programm ab. Die 16 Brü- In den 1990er Jahren entstand auf dem HOAG-Ge- cken und Unterführungen, welche die Strecke nahe- lände das CentrO, damals das größte Einkaufszen- zu autofrei machen, sind für den Radweg saniert trum Europas (75000m² Fläche). Heute stehen noch worden. Sie wurden teilweise von Schülern gestaltet der Gasometer Oberhausen sowie das ehemalige und zeigen Aspekte von Industriekultur im Wandel

46 der Zeit. Somit sticht die HOAG-Trasse mit ihrer künstlerischen Gestaltung als ein Juwel unter den Bahntrassenradwegen hervor, glänzt aber auch mit ihrer alleeartigen Begrünung. Rastplätze sind keine Mangelware. Die 13 Halte- punkte, die an der Strecke gebaut worden sind, er- gänzen sinnvoll das vorhandene Repertoire. So kann man an einer Stelle direkt vom Radweg über einen 3 m hohen Einstieg mit einer 22 m langen Röhrenrut- sche zum Walsumer Spielplatz am Lindemannshof rutschen. (Die Rutsche ist nicht nur bei Radtouren mit kleineren Geschwistern unbedingt einzuplanen.) Ein weiteres Highlight am Rand der Strecke ist ein

Fahrrad-/ Kickboard-/ Skaterpark. Zeitvertreib Schlussstrich Auf den Geschmack gekommen? Mehr Informatio- nen gibt es auf der gut gepflegten Bahntrassenra- deln-Seite von Dr. Achim Bartoschek: www.bahntrassenradeln.de. Die HOAG-Trasse heißt dort NW 3.01a.

In einem Rutsch vom Radweg zum Spielplatz Lindemanns- hof Johannes Leuker, EF

FanFiction nen Fans statt. Erst die Science-Fiction Fangemein- Die Kunst, aus etwas Altem etwas Neues zu de rund um die US-Serie „Star Trek“ von 1967 machen machte FanFictions um einiges bekannter. Im Rah- men dieser Fernsehserie erschienen 1975 auch die ersten Slash-FanFiktions, welche gleichgeschlecht- liche Liebe zum Thema hatten (z. B. zwischen Kirk FanFiction-Plattformen sind in den letzten Jahren und Spock). Doch auch, wenn Star-Trek den Be- immer beliebter geworden. Zu erklären ist dies da- kanntheitsgrad der FFs hatte steigen lassen, so wa- mit, dass wohl jeder schon einmal das Gefühl hatte, ren sie doch bis 1990 noch einer sehr kleinen Fange- dass ein anderer Schluss oder die Veränderung ei- meinde vorbehalten, die hauptsächlich über persön- nes Charakters ein Buch oder einen Film zum Bes- liche Briefe und einige wenige Zeitschriften mitein- seren hätte verändern können. ander verbunden waren. FanFictions oder auch kurz FF sind von Fans eines Heutzutage wächst die Fangemeinde rund um die bestimmten Buches, Films oder Charakters verfasste fiktiven Geschichten stetig, und auch die Spannbrei- Geschichten, die sich mit der Thematik oder den te wächst mit der Anzahl der Anhänger. So gibt es Protagonisten ihrer Vorlage befassen. Sie geben aktuell neben Foren für Bücher, Filme und Serien Fans die Möglichkeit, ihre Lieblingsgeschichten zu auch die Möglichkeit, eine Story zu Animes/Man- verändern, wie es ihnen beliebt. Durch das Internet gas, Cartoons/Comics, Computerspielen, Musicals, haben die Autoren auch die Möglichkeit, ihre voll- realen Personen, Tabletop- und Rollenspielen u. a. endeten Werke auf diversen Internetseiten zu prä- zu verfassen. Des Weiteren haben die Autoren auch sentieren und von anderen Usern bewerten zu las- die Möglichkeit zu Crossovern, welche dann aus sen. verschiedenen Genren und Themen stammen. Wer einmal solch eine FanFiktion-Seite besucht, wird se- Wirklich bekannt wurden FFs erst durch das Inter- hen, dass es bei Themen wie High-School Musical, net, aber ihre Geschichte begann schon viel früher, Bis(s) und Harry Potter bedeutend mehr Beiträge etwa in den 30er Jahren. Grundlage bildeten dafür gibt als bei Filmen und Büchern, die nicht ganz so die Romane von Sir Arthur Conan Doyle, der mit bekannt sind. In welchem Ausmaß z. B. Harry Potter seiner Hauptfigur Sherlock Holmes die Fantasie vie- und die Bis(s) Reihe verändert werden, können wohl ler Leser angeregt hatte. Diese Anfänge fanden aber die Betroffenen selbst am besten erklären. Hier ein meist in sehr kleinen Kreisen unter eingeschwore- Auszug aus einer Therapiesitzung, die von Edward

47 Cullen und Harry Potter besucht wird: schlagen, sondern sie eher anderen Fans präsentie- ren. „Wir befinden uns in einem gemütlich eingerichte-

Zeitvertreib tem Zimmer, das in beruhigenden Blau- und Braun- Harry und Edward schauen sich nachdenklich an. tönen gestrichen ist und in dessen Mitte drei einla- dende Sessel stehen. In einem sitzt eine gepflegte Frau im mittleren Alter mit einem Notizblock in den Händen, ihr gegenüber haben zwei der bekanntesten fiktiven Charaktere der Welt Platz genommen. So- wohl Harry Potter als auch Edward Cullen schauen die Therapeutin über ihre verschränkten Arme fin- ster an und warten darauf, dass die Sitzung beginnt. Therapeutin: Schön, dass Sie beide gekommen sind. In meinen Notizen steht, dass Sie über die Verände- rung Ihrer Bücher, in Form von FanFiktions, die im Internet kursieren, reden wollen. Ihrer Körperhal- tung entnehme ich, dass es Sie sehr zu belasten scheint. Harry: Verändern nennen Sie das? Meine… unsere Geschichten werden komplett entstellt. Machte Fan-Fictions bekannt: Raumschiff Enterprise Therapeutin: Nun, könnten Sie das näher erklären? Therapeutin: Ich sehe, Sie verstehen, was ich meine. Immerhin werden diese Geschichten von Ihren Fans Eine FanFiction ist doch wohl das größte Lob, das verfasst, was ja eigentlich eher ein Lob ist, oder es gibt, denn es beweist, dass Ihre Leser so von Ih- sind Sie da anderer Meinung? ren Geschichten beschäftigt werden. Sie wollen es selbst einmal probieren, eine fiktive Erzählung zu Harry: Zu Anfang war es ja auch sehr schmeichel- verfassen. Und wenn Sie mit Ihren Geschichten das haft, da FanFictions ja beweisen, dass sich meine erreichen können, verstehe ich nicht, wo Ihr Pro- Fans mit der Harry-Potter-Reihe beschäftigt haben. blem liegt. Doch Sie können sich nicht vorstellen in welche Richtungen die selbstverfassten Texte der Autoren Edward: Nun, ich weiß nicht, wie Harry das sieht. gehen. Vorher habe ich das noch nie von diesem Stand- punkt aus betrachtet. Es stimmt schon, dass sich un- Therapeutin: Wohin denn so zum Beispiel? sere Fans riesige Mühe geben...“ Edward: Nun, in meinem Fall werden meine Familie Verlassen wir diese Szene wieder, die uns die unter- und ich häufig als normale, menschliche Wesen dar- schiedlichen Zusammenstellungen von Paaren ge- gestellt und nicht als die Vampire, die wir sind. Das zeigt hat, und wenden uns den Autoren zu, die beim allein ist ja nicht schlimm, doch was am gewöh- Verfassen ihrer FanFictions neben dem Schreibstil nungsbedürftigsten ist, sind die Liebesbeziehungen, auch auf gewisse Richtlinien zu achten haben. Zu- die sich unsere Fans einfallen lassen. So verliebe mindest, wenn sie ebendiese im Internet veröffentli- ich mich in manchen Geschichten in einen meiner chen wollen. So müssen sie ihrer Geschichte eine Geschwister, egal ob weiblich oder männlich. Letz- Altersbeschränkung beifügen. Außerdem gibt es tens hab ich auch eine FF entdeckt, in der ich mit Seiten, die auf „Beta“ gelesene FFs bestehen, das Jessica, einer von Bellas Freundinnen, die ich im heißt, dass sie von einem anderen User geprüft und Übrigen nicht leiden kann, zusammen bin. korrigiert wurden, bevor man sie veröffentlichen darf. Auf Seiten, wo es diese Regeln nicht gibt, ist Harry: Edward, das ist doch noch gar nichts. Bei das Angebot natürlich größer, aber nicht jede Fan- den HP- FanFictions scheint es sehr beliebt zu sein, Fiction, die man beginnt zu lesen, ist stilistisch sich eine Beziehung zwischen Ron Weasley, Draco schön und sagt einem zu. Malfoy oder sogar Dumbledore und mir vorzustel- len. Fehlt nur noch, dass ich bald ein Date mit Ha- Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, dem grid habe. Aber fast noch beliebter ist die Vorstel- gebe ich den Tipp, es doch einfach einmal selbst zu lung, dass Snape und meine beste Freundin Hermi- versuchen oder sich auf so einer Internetseite umzu- ne Granger zusammen glücklich sein können, darum schauen: beneide ich sie auf keinen Fall. - www.FanFiction.de Therapeutin: Nun, das hört sich alles sehr interes- sant an und ich verstehe, dass Sie sich aufregen, - www.myFanFiction.de aber glauben Sie, das dies wirklich gerechtfertigt ist? Denn hinter den selbst verfassten Geschichten Ihrer Leser steckt doch eine Menge Mühe. Außer- dem wollen sie doch keinen Profit aus ihren FFs Laura Schulze, Stufe 11

48 The Oscars – The Academy Awards Herrick beim Anblick der Figur eine Ähnlichkeit zu Die Geschichte eines weltweiten ihrem Onkel Oscar feststellte. Medienereignisses Verliehen wurde der Oscar zunächst in den Katego- rien bester Schauspieler, beste Schauspielerin, bester Regisseur, bester Film, bester Drehbuchautor, bester Kameramann, bestes Szenenbild und bester Ton. Mit Im März dieses Jahres war es wieder so weit: Alle der Entwicklung der Medien- und Filmindustrie ka- bedeutenden Persönlichkeiten der Filmindustrie men immer mehr Kategorien hinzu, so dass auch die versammelten sich im Kodak Theatre, um bei der Dauer der Verleihung zunahm. Aus der anfänglich Vergabe des Oscars dabei zu sein – für uns der An- unspektakulären Versammlung ist mit den Jahren lass, euch einen kurzen Einblick in die Geschichte eine der wichtigsten und lukrativsten Medienveran- des begehrten Preises zu geben. staltungen geworden, deren Länge nicht unter vier Stunden bleibt, was Alles begann am 11. an der Vorstellung

Januar 1927 mit der der Nominierten, Zeitvertreib Idee, ein Komitee zu den bewegenden gründen, welches Dankesreden der Auszeichnungen für Sieger und den be- besondere Leistun- eindruckenden Per- gen im Bereich der formances der Mo- Medien durch Wah- deratoren und len bestimmen sollte. Showgäste liegt. Erst zwei Jahre spä- Um der Länge der ter wurde die Idee in Show Grenzen zu die Tat umgesetzt. setzten, ist die Zeit Der erste „Academy der Dankesreden Award of Merit“ (me- der Gewinner auf rit = Verdienst) wur- 30-40 Sekunden de innerhalb von we- begrenzt worden. nigen Minuten ver- liehen, was vergli- Übrigens: Von Ge- chen mit der heutigen winnern und Verlie- Show unglaublich er- rern spricht man scheint. Jedoch stieß schon lange nicht er nicht auf großes mehr. Schließlich Interesse, da die Ge- sind selbst Oscar- winner unter ande- Nominierungen rem schon eine Wo- durch die kostenlo- che zuvor bekannt se Werbung für den gewesen waren und Film bzw. die ver- erst im Jahr darauf schiedenen Film- die Verleihung über schaffenden vor das Radio veröffent- und hinter der Ka- lich wurde. mera äußerst Ge- winn bringend. Der Um das Interesse zu Text der Laudato- erhöhen, entschloss ren hat sich deshalb man sich 1941, die so verändert, dass Gewinner erst am sie nicht mehr sa- Abend der Verlei- gen: „And the win- hung bekannt zu ge- ner is ...“, sondern ben. Die Namen der es heißt: „And the Gewinner befinden Oscar goes to ..“. sich bis heute in ver- siegelten Umschlä- Besonderheiten gen, deren Inhalt nur der letzten 81 Os- den Notaren bekannt car-Verleihungen: ist. Die Verleihung wurde schon ein paar Der deutschen Jahre später im Fern- Schauspielerin Lui- sehen übertragen. se Rainer gelang es als erste, den Oscar in zwei auf- einander folgenden Jahren zu gewinnen (1937 mit Der Name „Oscar“, unter dem der Preis bekannt „Der große Ziegfeld“ und 1938 mit dem Film „Die wurde, entstand schon in den frühen 30er Jahren, gute Erde“). Bei den Männern gelang dies Spencer angeblich als die Akademie-Sekretärin Margaret Tracy in den Jahren 1938 („Captains Courageous“)

49 und 1939 („Boys Town“). Die erfolgreichsten Filme in der Geschichte der Os- car-Verleihung sind „Titanic“ (1997), „Ben Hur“ Auch 1939 war ein revolutionäres Jahr für den Os- (1959) und „Herr der Ringe – Die Rückkehr des Kö-

Zeitvertreib car, da Hattie McDaniel als erste farbige Schauspie- nigs“ (2003). lerin für ihre Rolle der Mammy in „Vom Winde ver- weht“ mit einem Oscar als beste Nebendarstellerin „Titanic“ war in 14 Kategorien nominiert, „Ben ausgezeichnet wurde und somit der erste farbige Hur“ in zwölf und „Herr der Ringe – Die Rückkehr Gast (keine Bedienstete) die Verleihung besuchte. des Königs“ in elf. „Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs“ gewann in allen nominierten Sparten, Zum ersten Mal gab es 1969 bei der Wahl der besten die anderen auch in jeweils 11. Hauptdarstellerin zwei Siegerinnen, die dieselbe Stimmzahl erhalten hatten. Katherine Hepburn Walt(er) Disney erhielt insgesamt 26 Oscars und („Der Löwe im Winter“) und Barbra Streisand wurde 37 Mal nominiert. Er wurde meistens in der („Funny Girl“) erhielten beide einen Oscar. Kategorie „bester Kurzfilm“ ausgezeichnet. Für Schneewittchen und die sieben Zwerge wurden ihm Whoopi Goldberg war die erste Frau, die allein die 1939 neben der normalen Oscar-Statue noch 7 Mi- Oscar-Show moderierte. niaturausgaben überreicht, die die sieben Zwerge darstellten. 1994 gelang es Tom Hanks in zwei aufeinander fol- genden Jahren, den Oscar als bester Hauptdarsteller Heutzutage werden Unmengen von Dollar für Wer- zu gewinnen: 1993 für „Philadelphia“ und 1994 für bung, Dekoration und natürlich Garderobe „ver- „Forrest Gump“. schwendet“. Jeder Gast bereitet sich schon Monate zuvor auf diesen Moment vor, um ihn unvergesslich Bis 2000 wurde die Verleihung nur von Männern werden zu lassen… produziert. In diesem Jahr wurde Lili Fini Zanuck die Produzentin der Oscars. Ob auch wir einmal die Oscar-Verleihung besuchen werden? Wir wissen es nicht, aber es bleibt ein gro- Erwähnenswert ist zudem Katherine Hepburns Lei- ßer Traum. stung, vier Mal als beste Darstellerin ausgezeichnet worden zu sein. Jack Nicholson gewann schon drei Mal den Oscar und ist daher das männliche Gegen- stück zu Katherine Hepburn. Sarah Hermens & Sarah-Ly Lohmann, Stufe 11

50 Glücksspiel Passend zum Thema haben wir ein kurzes Inter- Risiken eines staatlich geförderten view mit dem Soziologiestudenten Thomas Privatvergnügens Bochmann, 28, Universität Hamburg, geführt: 1.Wie kommt es zur Spielsucht? „Dass von Glücksspielen eine Faszination für Men- Glücksspiel ist ein anregendes, aber zugleich auch schen ausgeht, ist allgemein bekannt und bis in die ernsthaftes Thema. Für viele ist z. B. LOTTO ein ge- Antike belegt, ebenso wie der Umstand, dass diese legentlicher Spaß, ein kleiner Adrenalin-Kick. Sams- Faszination sich zu einer Sucht steigern kann. Diese tagmorgens trifft man sich am Kiosk nebenan, trinkt Sucht hat nicht nur Folgen für den betroffenen Spie- gemeinsam einen Kaffee und füllt seinen Lottoschein ler; sondern zieht sowohl materielle als auch soziale aus. Hin und wieder gewinnt man eine kleine Sum- Schäden im Umfeld des Spielers nach sich.“ me. Das hört sich ja alles höchst positiv an, werden nun die meisten sagen. Doch bei all dem Spaß gibt 2. Welche Folgen hat die Spielsucht?

es auch Schattenseiten. Nämlich die Menschen, die „Jedem Menschen kommen in der Gesellschaft ver- Zeitvertreib nicht begreifen, dass man eher vom Blitz getroffen schiedene Rollen und damit verbundene Pflichten wird, als den Hauptgewinn abzukassieren, und glau- zu, beispielsweise als ErnährerIn der Kernfamilie, ben, durch hohe Einsätze Gewinne zu erzielen. InhaberIn von Sorgerechten gegenüber Kindern und damit verbundenen Pflichten usw. Wird das Leben Das Beispiel LOTTO von Glücksspielen vereinnahmt, wie dies im Falle LOTTO (ital. LOTTO/ fra. Los: Anteil, Schicksal, einer Sucht der Fall wäre, werden im gleichen Maße Los) ist eine sehr beliebte Form des Glücksspiels. zunehmend materielle wie auch immaterielle Res- Es werden jeweils zum Mittwochs- und Samstags- sourcen gebunden. Jene Ressourcen stehen dann spiel Scheine verkauft. Jeder kann individuell die nicht mehr zur Ausübung oben genannter Rollen Anzahl der Spielreihen und die Zusatzmöglichkei- und damit verbundener Pflichten zur Verfügung.“ ten, wie Spiel 77 und/oder Super 6, wählen. In Deutschland gilt die Variante 6 aus 49, welche in an- 3. Welche Rolle spielt der Staat? deren Ländern variiert. Die Deutschen gaben 2006 „Der Staat befindet sich, als demokratisch gewählte rund 5 Mrd. € für Lottoscheine aus, wobei man Vertretung der Gesellschaft, in dem Spannungsfeld, nicht vergessen darf, dass der Staat fast 50% von dem Verlangen nach Glücksspiel einerseits und dem der Einsatzsumme erhält. Vermeiden der negativen Folgen, also der Abwehr sozialer Schäden, der Glücksspielsucht andererseits Glücksspiel, Wirtschaft und die Krise gerecht zu werden. Das Ergebnis dieses Abwä- Viele Leute fragen sich, ob die Glücksspielindustrie gungsprozesses bildet der 2008 geschlossene seit der Wirtschaftskrise Kunden verloren hat. Über- Glücksspielstaatsvertrag. Dieser Vertrag soll die all muss gespart werden, also auch in diesem Be- Entstehung von Glücksspielsucht verhindern, dem reich, denkt man. Die Antwort aber ist erschreckend. Spieltrieb der Bevölkerung Rechnung tragen, Ju- Eine Studie für Onlinespiele hat ergeben, dass die gend- und Spielerschutz gewährleisten sowie den Tendenz zum Glücksspiel von der Krise unbeein- ordnungsgemäßen Ablauf der Glücksspiele sicher- trächtigt ist. Die Rate von Spielern und Einsätzen stellen.“ wird auch in der nächsten Zeit eher noch wachsen. 4. Wie siehst du das Thema LOTTO in diesem Zu- Unkontrolliertes Glücksspiel – Auswirkungen sammenhang? und Fakten zur Spielsucht „Vom LOTTO geht zwar eine vergleichsweise ge- Jedes Glücksspiel, sogar LOTTO, kann Gegenstand ringe Gefährdung aus, das staatliche Lotteriewesen einer Spielsucht werden. Die Zahl der Spielsüchti- wird den Anforderungen des Glücksspielstaatsver- gen wächst unaufhörlich. In Deutschland gibt es trags jedoch nur sehr ungenügend gerecht. Erstens rund 100.000 Betroffene, wobei einer Studie zufolge ist, entgegen dem Wissen, dass hohe Geldgewinne Männer häufiger als Frauen betroffen sind. die Glücksspielsucht fördern, der Jackpot ein we- Doch was ist eigentlich so schlimm an dieser Krank- sentliches Element der Lotterie. Zweitens ist be- heit? kannt, dass gerade LOTTO ein sehr intransparentes Zum einen gibt es natürlich Kosten für die Allge- Glücksspiel mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit ei- meinheit; Suchtbehandlungen und Therapien sind nes Totalverlustes ist. Drittens werden die erzielten meist sehr teuer. Aber man vergisst leicht die seeli- Gewinne nur zu Teilen als Steuer und zu karitativen schen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen. Zwecken abgeführt, die Verwendung wesentlicher Durch Sucht können Depressionen sowie andere Anteile wird nicht veröffentlicht. Daher drängt sich psychische und sogar physische Krankheiten auftre- die Frage auf, ob die Gesetzgebung und die Umset- ten. Oftmals werden Familienverhältnisse zerrüttet, zung in Form des staatlichen Lotteriewesens tat- weil neben den Kranken auch die Angehörigen nicht sächlich und nach Kräften dem erklärten Ziel des mit der Sucht und deren Folgen klarkommen. Fehl- Allgemeinwohls folgen.“ zeiten am Arbeitsplatz durch Krankheiten oder Re- habilitationsmaßnahmen führen häufig zum Verlust des Jobs. Die Folgen sind oftmals gravierend. Be- schaffungskriminalität, Strafverfolgung und Über- Katharina Bochmann, EF schuldung sind nur einige Beispiele.

51 Das Phänomen „Bis(s)“ besgeschichte eher langweilig.“ Diese Meinung teilen aber nur wenige ihrer Mit-

Zeitvertreib schülerinnen, denn die meisten finden diese Liebe Fast jedes Mädchen kennt inzwischen die Geschich- gegen jede Vernunft unglaublich romantisch und te von Stephenie Meyer, die aus vier Büchern be- Robert Pattinson (alias Edward Cullen), der die steht. Diese heißen „Bis(s) zum Morgengrauen“, Hauptrolle in den erfolgreichen Verfilmungen spielt, „Bis(s) zur Mittagsstunde“, „Bis(s) zum Abendrot“ extrem süß. Und das ist nicht nur in Deutschland so. und „Bis(s) zum Ende der Nacht“. Das Phänomen Bis(s) ist inzwischen auf der ganzen Welt bekannt und beliebt. Für alle, denen diese Titel nichts sagen, ist hier noch einmal die Geschichte: Eva Holzmann, Klasse 8a Isabella Swan (17) zieht bei ihrer Mutter im sonni- gen Phoenix aus und geht zu ihrem Vater nach Forks, einer verregneten Kleinstadt auf der Halbin- sel Olympia. Für sie be- deutet das die Rückkehr an einen Ort, den sie zu- tiefst verabscheut. Doch bald wird sie an ihrer neu- en Highschool auf die Cullen-Geschwister auf- merksam. Diese sind auch kaum zu übersehen, denn dem Aussehen nach könn- te man sie eher für Mo- dels halten und Edward Cullen, Bellas Tischnach- bar in Biologie, ist der At- traktivste von allen. Aber er hütet ein düsteres Ge- heimnis: Die Cullens sind Vampire. Obwohl Bella das enddeckt, fühlt sie sich zu ihm hingezogen und hat keine Angst, denn sie weiß, dass er und seine Familie beschlossen ha- ben, sich nur von Tieren zu ernähren. Sie verlieben sich ineinander, aber durch ihn gerät sie beina- he ständig in Lebensge- fahr... Inzwischen gibt es alle möglichen Fanartikel zu dem neuen Traumpaar, von Büchern mit näheren Informationen über T- Shirts bis hin zu Action- Figuren ist alles dabei. Aber nicht jeder findet diese Liebesgeschichte toll. Julia Krüger (9b) meint: „Ich verstehe gar nicht, was die Leute für einen Wirbel um die Bis(s)-Geschichte ma- chen. Ich finde diese Lie-

52 Mode: Ein soziologisches Phänomen über die bloße Schutzfunktion hinausgehen. Schon im alten Ägypten lässt sich erkennen, das Mode viel über einen Menschen und die Gesellschaft aussagt. So wurden die Kleidungstücke immer komplizierter und unpraktischer, je höher der gesellschaftliche Die Mode – sie begegnet uns jeden Tag: entweder Stand des Trägers war. Die wohlhabenden Ägypte- bei der altbekannten morgendlichen Frage „Was rinnen trugen zum Beispiel zu besonders festlichen ziehe ich heute an?” oder in Zeitschriften, auf Pla- Anlässen hautenge und knöchellange Gewänder, in katen oder im Fernsehen. Sobald wir nur aus dem denen das Gehen kaum möglich war. Haus gehen, ja sogar, wenn wir nur unsere Augen

öffnen, begegnet uns Mode fast pausenlos. Doch Die Mode der nachfolgenden Zivilisationen war zu- Wissen ist Macht warum ist Mode für uns so wichtig? Warum laufen nächst durch eine größere Zweckmäßigkeit gekenn- nicht alle Menschen nackt oder in weißen Säcken zeichnet. Die Griechen beispielsweise individuali- herum? Welchen Einfluss hat sie auf sierten ihre Kleidung vor allem durch die Art, wie unser Verhalten und wo liegen ei- sie ihre Überhänge falteten. Bei den Römern gab es gentlich ihre Ursprünge? Verschö- nerten gar schon die Steinzeitmen- schen ihre Felle?

Mit dem Thema Mode beschäftigten sich bereits viele Philosophen und Sozialwissenschaftler, denn Klei- dung ist nicht nur ein hauptsächli- ches „Frauen-Thema”, sondern sie ist ein wichtiger Teil unseres gesell- schaftlichen Zusammenlebens. Der deutsche Philosoph und Soziologe Georg Simmel befasste sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein- gehend mit diesem Thema und ver- fasste 1906 sein Werk „Die Philoso- phie der Mode”, welches bis heute zu den wichtigsten soziologischen Werken zum Thema Mode zählt. „Wer über Mode schreibt, wäre ein Narr, wenn er meinte, auch nur das geringste zur Heilung ihrer Ver- rücktheit beitragen zu können“, meinte bereits der deutsche Philo- soph Friedrich Theodor Vischer, der im 19. Jahrhundert lebte. Diese Statue eines Römers in „Verrücktheit” der Menschheit gibt einer Toga es allerdings nicht erst seit dem 19. Jahrhundert, sondern sie hält schon Auch der gesellschaftliche Stand spiegelt sich in der seit mehreren tausend Jahren an. Kleidung wider. Mode in der Antike in der Modewelt keine klare Trennung zwischen Männern und Frauen. Das wichtigste Kleidungs- So gilt als gesichert, dass bereits im alten Ägypten, stück war die Tunika, welche nahezu jede Bevölke- also vor über 3000 Jahren, Kleidung einen wichti- rungsschicht trug, Männer ebenso wie Frauen. gen Stellenwert besaß. Sie galt als Statussymbol, als Zeichen von Macht und Reichtum. Zu diesem Zeit- Bis heute war die Modewelt vielen Veränderungen punkt hatte die Kleidung längst nicht mehr die allei- unterworfen und der Blick in die Geschichte hat be- nige Aufgabe des Schutzes inne. Ursprünglich stell- reits einige Funktionen der Mode offenbart. In der te man Kleidung aufgrund von Kälte und Witterung Neuzeit kamen weitere Funktionen dazu, die von her, doch bereits an Steinfiguren aus der Vorzeit las- verschiedenen Soziologen und Philosophen beleuch- sen sich Kleidungsstücke wie Tücher entdecken, die tet wurden.

53 Mode in der Neuzeit Auch wenn viele Philosophen und Soziologen Theo- Wissen ist Macht rien bezüglich der Mode aufgestellt haben, konnten Der Soziologe Gabriel Tarde vertrat die Meinung, sie sich ihr doch nicht entziehen, wie schon der Kö- dass der sogenannte „Nachahmungstrieb” für die nigsberger Philosoph Immanuel Kant gegen Ende Entstehung der modischen Kleidung verantwortlich des 18. Jahrhunderts bemerkte: „Besser ist es aber sei. Nach seiner Meinung passt sich das Individuum doch immer, ein Narr in der Mode, als ein Narr au- durch sie an die Gemeinschaft an, also fördert das ßer der Mode zu sein.” Tragen von Mode die Sozialisation, also die Einglie- derung in die Gesellschaft. Die Ansicht des Philoso- Mit dem Narr außer der Mode ist hier jemand ge- phen Thorstein Veblen stellt einen Kontrast zu dieser meint, der weder auf seine Kleidung achtet noch In- Theorie dar. Er geht davon aus, dass sich der teresse an jeglicher Form von Mode hat. Kant be- Mensch durch seine individuelle Bekleidung von zeichnet einen solchen Menschen als „Sonderling”, und das möchte nun wirklich niemand sein. Doch kann man jemanden wirklich als Sonderling be- zeichnen, weil er sich nicht für Mode interessiert? Oder anders gesagt, kann man über die Kleidung ei- nes Menschen auf seinen Charakter schließen? Zu- sammengefasst führt das zu der Frage: Was sagt Mode über uns aus? Ein bekanntes Sprichwort besagt: „Kleider machen Leute”. Dieses kurze Sprichwort sagt eigentlich schon sehr viel über die Soziologie der Mode aus, denn es ist eine Tatsache, dass Kleidung unser Ver- halten beeinflusst und Informationen über den Trä- ger preisgibt. Dies ist die für Soziologen wohl inter- essanteste und am meisten untersuchte Thematik in Bezug auf Mode. Die Bedeutung der Mode für unser gesellschaftli- ches Zusammenleben lässt sich gut durch einen „galaktischen” Perspektivenwechsel darstellen: Man stelle sich vor, dass eine unbekannte außerirdische Art auf die Erde käme, um unser Verhalten und un- sere Mode zu beobachten. Was würden diese Wesen durch unsere Bekleidung auf uns schließen? Kleidung gibt beispielsweise Auskunft über unsere Geschlechtszugehörigkeit. Die Modeunterschiede zwischen Frauen und Männern sind hoch und trotz des Trends, dass sich immer mehr Männer stärker für Mode interessieren, gibt es eine klare Grenze zwischen femininer und maskuliner Mode. Die An der Kleidung zeigen sich ebenfalls Schönheits- Kleidung ist auch für das Zusammenspiel der Ge- ideale. schlechter sehr wichtig und gibt neue Anreize. So ist zum Beispiel das Tragen von Hosen bei Frauen durch die Emanzipation gesellschaftlich akzeptiert. anderen abheben will. Der schon eingangs erwähnte Philosoph Georg Simmel fasste beide Theorien zu- Außerdem gibt Mode Auskunft über die Schichtzu- sammen, denn er war der Meinung, dass der Mensch gehörigkeit. Georg Simmel spricht in diesem Zu- sich je nach Kontext durch Mode entweder abhebt sammenhang sogar von Klassenmoden und bezeich- oder anpasst. Diese Theorie wird „Anthropologi- net die Mode als „ein Produkt klassenmäßiger scher Dualismus” genannt. Des Weiteren gibt es Scheidung”. Für ihn bedeutet dies, dass die höheren noch die Annahme, dass der Sexualtrieb ausschlag- Schichten sich durch ihre Kleidung von den unteren gebend für die Entstehung der Mode war. Diese An- Schichten absetzen, um eine gewisse Distanz zu nahme misst der erotischen Signalwirkung der Be- wahren. Das spiegelte sich besonders gut in der kleidung einen großen Stellenwert zu, beispielswei- Mode des 18. Jahrhunderts in Frankreich wider. Zu se durch die Beeinflussung der Partnerwahl. dieser Zeit herrschte eine strikte Ständeordnung, Schließlich gibt es noch die Theorie, die in der Neu- was bedeutete, dass allein durch die Geburt der ge- gier und dem Reiz des Neuen die entscheidenden sellschaftliche Stand festgeschrieben war. Die Adeli- Ursachen zur Entstehung der Mode sieht. Trends gen trugen teure und schwere Stoffe, besonders verdeutlichen diese Theorie, da sie meist von einem kompliziert geschnittene Kleider und Perücken. Die neuen Anreiz ausgehen wie zum Beispiel einer neu- Armen hingegen mussten ihre Kleider meist selbst en Marke. nähen und trugen daher nur sehr einfache Klei-

54 dungsstücke. So ließ sich bei den Menschen bereits Dieses Beispiel zeigt, dass Mode nicht nur kulturel- von Weitem ihre Standeszugehörigkeit an der Klei- le, sondern auch religiöse Zusammengehörigkeit dung ablesen. deutlich macht. Dazu gehören auch die christliche Mönchskutte oder die jüdische Kippa. Aus diesem Beispiel leitet Außerdem lässt Kleidung die Lebensweise und Kör- sich direkt der perideale einer Person erkennen. So unterscheidet nächste sich zum Beispiel die Bekleidung einer Person, die Aspekt ab, in Deutschland lebt, sehr stark von der eines austra- denn die Mode lischen Buschbewohners. Auch bestimmte Körperi- einer Epoche deale lassen sich an der Kleidung ablesen. Im 18. lässt ebenfalls Jahrhundert galten breite Hüften und ein üppiger Rückschlüsse Busen als Schönheitsideal, daher spiegelte sich dies auf den jewei- auch in der Mode wider. Kleider wurden sehr weit ligen Zeitgeist ausgeschnitten und der Hüftbereich wurde beson- sowie die ge- ders betont. Heutzutage könnte man das Muskelshirt sellschaftli- als Beispiel anführen, denn es hebt die Muskulatur

chen und ge- hervor und lässt somit auf ein solches Körperideal Wissen ist Macht schichtlichen schließen. Dies zeigt auch, dass in der heutigen Zeit Entwicklun- die Betonung des Körperlichen deutlich zugenom- gen zu. Ver- men hat. Die Unterschiede zwischen den Schichten, deutlichen der Kultur und der ethischen Herkunft haben nicht lässt sich das mehr den Stellenwert wie in früheren Zeiten, son- durch den dern es zeigt sich eine klare Tendenz in der Mode, Wechsel im die Geschlechtszugehörigkeit und vor allem die Ge- Schön- schlechtsmerkmale herauszustellen. Das bedeutet, Eine so genannte Burka heitsempfin- dass das Körperliche, der Sex deutlich mehr Raum den zur Zeit in der Modewelt einnimmt. der Französi- schen Revolu- Auch die Globalisierung hat dazu beigetragen, dass tion. Nach dem Ende der Ständeordnung wollten die Unterschiede zwischen Kulturen sich nicht mehr Menschen keine sichtbaren Klassenunterschiede deutlich in der Kleidung niederschlagen. Die einzel- mehr, stattdessen sollte in allen Lebensbereichen nen, individuellen Modestile der Länder bleiben Gleichheit und Gerechtigkeit herrschen. Daher wur- zwar erhalten, jedoch erreichen sie nun auch ein Pu- de die Klassenmode abgeschafft und die Kleider der blikum in anderen Erdteilen. In der Vergangenheit einfachen Bevölkerung waren beliebt. gab es eine viel stärkere „modische Separation” als heute, denn heute trägt nicht nur der Amerikaner Des Weiteren soll Mode auch die Persönlichkeit ei- eine Jeans, sondern auch Menschen aus Afrika, Eu- nes Menschen ausdrücken, schließlich möchte sich ropa und dem Rest der Welt. Auch die Wichtigkeit jeder in irgendeiner Weise von anderen absetzen und von Mode in der Gesellschaft scheint subjektiv ge- nicht als Mitläufer abgestempelt werden. Allerdings sehen zugenommen zu haben. Das hat jedoch damit hilft Kleidung auch bei der Zuordnung zu einer be- zu tun, dass viele Menschen es sich früher einfach stimmten Gruppe, wie zum Beispiel bei Fußballfans. nicht leisten konnten auf ihre Kleidung zu achten, da Diese beiden Aspekte stehen eigentlich im direkten sie wenig Geld und noch weniger Bekleidung besa- Kontrast zu einander, denn auf der einen Seite soll ßen. Mode personalisieren, also individuell geprägt sein und auf der anderen Seite ist sie normierend und Es lässt sich jedoch sicher sagen, dass die Mode in steht zum Beispiel für eine bestimmte Gruppierung. allen Zeiten einen sehr hohen Stellenwert besaß und Dieser Widerspruch lässt sich durch die bereits er- in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben bis wähnte Theorie zur Entstehung der Mode nach Sim- heute eine wichtige Rolle spielt, sogar für die Men- mel erklären, denn ihre Bedeutung ist immer kon- schen, die eigentlich gar kein Interesse an ihr haben. textabhängig. In manchen Situationen soll uns Klei- Denn wie bemerkte schon der berühmte Mode- dung von anderen abheben, in anderen dient sie schöpfer Karl Lagerfeld: dazu, als Teil der Gruppe zu gelten und sich ihr an- zupassen. „Der Mode entkommt man nicht. Denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Verschiedenheit zeigt sich auch in anderen Aspek- Mode.” ten, denn unsere Bekleidung gibt auch Aufschluss über kulturelle Unterschiede. So unterscheidet sich die Damenmode der westlichen Welt gravierend von der vieler muslimischer Staaten. In Afghanistan bei- Tobias Schillings, Stufe 13 spielsweise ist es für viele gläubige Musliminnen üblich, einen so genannten Burka zu tragen, ein lan- ges Gewand, welches zur vollständigen Verschleie- rung des Körpers dient.

55 Übergewicht als Phänomen der Menschen möchten immer eine große Auswahl vor- Wissen ist Macht Überflussgesellschaft weisen, denn das, worauf man Lust hat, das soll man schließlich auch Zuhause haben. Warum es also Ursachen eines globalen Trends nicht reicht, eine Sorte Eis oder nur eine Packung Schokoriegel zu kaufen, liegt klar auf der Hand: Es gibt so unheimlich viel Auswahl! Dieses Überange- In den letzten 10 Jahren ist der Anteil der überge- bot bestimmt unser Kaufverhalten: Wenn es nur we- wichtigen Kinder in Deutschland auf 5 Prozent ge- nig Angebot gäbe, würden wir auch weniger kaufen. stiegen. Auch bei der älteren Bevölkerung sieht es Dadurch aber, dass es alles in 15 Sorten und Varia- nicht besser aus: 58 Prozent sind übergewichtig. tionen gibt, wird man regelrecht dazu gezwungen, Damit liegen die Deutschen auf dem zweiten Platz, mehr zu kaufen und auch zu verzehren: So konsu- direkt hinter den US-Amerikanern, die mit 66 Pro- mieren die Deutschen jeden Tag pro Person 2300 zent übergewichtiger Erwachsener vorne liegen. So- Kalorien, obwohl die empfohlene Tagesmenge an gar in China breitet sich dieser Trend aus, obwohl Kalorien bei 2000 liegt. So werden durchschnittlich China stets für einen gesunden Lebensstil bekannt pro Person 300 Kalorien mehr aufgenommen, was gewesen ist. Dies wirft zwangsläufig die Frage nach zwangsläufig dazu führt, dass viele Menschen - den Ursachen auf. nicht alle - durch die erhöhte Kalorienzufuhr über- gewichtig werden. Einen einzigen Grund für Übergewicht gibt es nicht, Abgesehen von der Menge der Nahrungsmittel müs- vielmehr sind es verschie- dene Faktoren, die gemein- sam auf unsere und eben auch andere Gesellschaften einwirken und Übergewicht verursachen. Um diese un- terschiedlichen Faktoren zu erklären, möchte ich ein kleines Beispiel aufführen: Ben ist 12 Jahre alt und sitzt nachmittags vor dem Fernseher. Obwohl er erst vor einer Stunde Mittages- sen gegessen hat, verspürt er Appetit auf etwas Süßes. In der Küche, in der Ab- stellkammer oder in der all- gemein bekannten Süßig- keitenschublade, die in 65 Prozent aller Haushalte vor- handen ist, findet er alles, was das Herz begehrt. Ob Kuchen, Kekse, Weingum- mi, Pudding, Fruchtjo- ghurts, Milchschnitte oder diverse Schokoriegel, Ben hat nun die Qual der Wahl. Mit einem Schokoladen- pudding und zwei Doppel- keksen sitzt er wieder ge- mütlich vor dem Fernseher, so dass man meinen könnte, Ben lebe im Schlaraffen- land. Nicht nur Ben, son- dern auch sehr viele andere Menschen leben ebenfalls in diesem Schlaraffenland, denn ohne große Mühe und Anstrengung bekommen wir alles, was das Herz und vor allem der Gaumen be- gehrt. Doch woran liegt es, dass wir oder unsere Eltern das Zuhause so mit Süßig- keiten eindecken, als ob es kein Morgen gäbe? Die

56 sen die Qualität der aufgenommenen Nahrung und essen sollte. Darüber hinaus wird empfohlen, 1-2 ihre Verwertung genauer betrachtet werden. Damit Mal die Woche Fisch und mindestens 2 Mal täglich kommen wir zu den Klassikern der Ursachen von Milch und Milchprodukte zu sich zu nehmen. Übergewicht: Falsche Ernährung und Bewegungs- Fleisch und Eier sollte man jedoch nur 2-3 Mal wö- mangel. Doch warum wird in unserer Gesellschaft chentlich verzehren. Süßigkeiten und tierische Fette von Bewegungsmangel gesprochen, wenn gleichzei- sollten äußerst selten und in kleinen Mengen konsu- tig belegt werden kann, dass fast jeder zweite Ju- miert werden. So sähe also die gesunde Ernährung gendliche in seiner Freizeit Sport macht und einen aus. Warum diese heutzutage nur von wenigen Men- Sportverein besucht? Das Problem liegt weniger bei schen umgesetzt wird, liegt zum einen an dem be- der sportlichen Aktivität, sondern eher bei der all- reits geschilderten Überangebot an Nahrungsmitteln täglichen Bewegung. Im 21. Jahrhundert ist es und zum anderen an den Massenmedien. Wie beein- selbstverständlich, dass man Bus, Bahn, das Auto flussen denn Medien unser Essverhalten? Ganz ein- oder im anstrengendsten Fall das Fahrrad benutzt. fach: Wenn man dreißig Mal am Tag einen Hambur- All diese Fortbewegungsmittel, die unser Leben er- ger in 119 x 175 cm sieht, ist es nur natürlich, dass leichtern, machen das Laufen unnötig und reduzie- sich ein Appetit auf einen Hamburger bemerkbar ren die Anzahl der gelaufenen Meter von 40.000 auf macht. Jedoch sind Straßenplakate nicht die einzi- 900 pro Tag. Richtig gelesen, 40 km pro Tag liefen gen Medien, die uns dauernd mit Essenswerbung unsere Vorfahren vor langer Zeit. Zugegeben, das aufsuchen: Zeitschriften, Prospekte, Fernsehwer- Wissen ist Macht wäre heutzutage nicht mehr angemessen, aber wenn bung, Radio etc. kommen noch hinzu. So kann man man betrachtet, dass die Menschen heute durch- es Kindern nicht verübeln, wenn sie beispielsweise schnittlich nur noch 900 Meter zu Fuß gehen, ver- dauernd Gummibärchen oder Kinderschokolade es- steht man, was mit dem Mangel an alltäglicher Be- sen wollen. Zudem ist es sehr wichtig zu erwähnen, wegung gemeint ist. dass gesunde Lebensmittel meist recht teuer sind Wenn man nun die Ernährung betrachtet, stellt sich und diese Kosten auf Dauer nicht für alle sozialen zu allererst die Frage, was denn nun „falsche” und Schichten tragbar sind. „richtige” Ernährung ist. Nach der von Ernährungs- wissenschaftlern entwickelten Ernährungspyramide So müssen all diese Aspekte und Faktoren betrachtet sollte jeder Mensch täglich 1,5- 2 Liter Flüssigkeit, werden, um den globalen Trend zum Übergewicht überwiegend Wasser, aufnehmen. Zudem stellen zu erklären. Es gibt nicht die eine Hauptursache, Kohlenhydrate enthaltende Grundnahrungsmittel sondern das Zusammenspiel der beschriebenen Fak- wie Brot, Kartoffeln, Reis und Nudeln die Basis für toren sorgt für die Ausbreitung des Phänomens. So- eine gesunde und ausgewogene Ernährung dar. Als gar in China! nächstes präsentiert die Ernährungspyramide Gemü- se und Obst, von denen man jeweils 2-5 Portionen Nadine Nayseh, Abitur 2010

Die Fraunhofer-Gesellschaft schleiferlehrling begann? „60 Jahre im Auftrag der Zukunft“ Geboren am 6. März 1787 als elftes Kind eines Gla- sermeisters, begann Fraunhofer nach dem Tod seiner Eltern mit elf Jahren eine Spiegelschleiferlehre in Innerhalb von 60 Jahren ist aus einem Büro mit drei München. Über seine folgende Beschäftigung als Mitarbeitern die führende Organisation für ange- Optiker am Mathematisch-Mechanischen Institut wandte Forschung in Europa geworden. Mit über zur Herstellung von astronomischen Instrumenten 17.000 Mitarbeitern in mehr als 80 Forschungsein- stieg er durch Können und Fleiß zum Werkmeister richtungen auf der ganzen Welt stellt sie einen der einer nach Benediktbeuern ausgelagerten optischen beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland dar. Was ist Werkstatt auf, die Ort seiner größten Errungenschaf- das Rezept, das die Fraunhofer-Gesellschaft so er- ten werden sollte. In dem kleinen Dorf in Oberbay- folgreich macht? Was macht den großen Erfolg die- ern leistete er nicht nur Bemerkenswertes auf dem ser Organisation aus, deren Namenspatron mit sei- Gebiet der Optik, wie die Entdeckung der nach ihm nem steilen Aufstieg vom einfachen Glasschleifer- benannten fraunhoferschen Linien im Sonnenspek- lehrling zum gefeierten Wissenschaftler und erfolg- trum oder seine Forschungen zur Beugung von reichen Unternehmer sinnbildlich für diese Entwick- Licht, er nutzte diese Erkenntnisse auch, um seine lung steht? optischen Geräte zu verbessern. Gleichzeitig bewies Fraunhofer auch großes Geschick als Unternehmer, In meinem Artikel möchte ich diesen Fragen auf den da es ihm gelang, mit seinen wissenschaftlichen Grund gehen und das Phänomen des Modells Entdeckungen auch wirtschaftlichen Erfolg zu erzie- „Fraunhofer-Gesellschaft“ erklären. len und die Glashütte in Benediktbeuern zu einer für diese Zeit modernen und erfolgreichen Produktions- Warum wählten die Gründer der Gesellschaft stätte zu machen. Damit lieferte er das Leitbild der vor sechzig Jahren Joseph von Fraunhofer als heutigen, nach ihm benannten Fraunhofer-Gesell- Namensgeber aus, der doch als einfacher Glas- schaft, kurz FhG.

57 Durch seinen Erfolg als Wissenschaftler wurde sammenarbeit mit den Kunden aus dem In- und Wissen ist Macht Fraunhofer Professor und Mitglied der Bayerischen Ausland innovative Ideen entwickelt, getestet und Akademie der Wissenschaften. Er war ganz oben praktisch anwendbar gemacht. In der so genannten angekommen, wurde zum Ehrenbürger Münchens „Vorlaufforschung“ werden auch Untersuchungen ernannt und sogar geadelt. Nach seinem Tod im Jahr und Entwicklungen durchgeführt, die erst in der Zu- 1826, im Alter von nur 39 Jahren, wurden eine Stra- kunft eine Rolle spielen könnten, wodurch die FhG ße, eine U-Bahn-Station und mehrere Schulen nach einen erheblichen Anteil am technologischen Vor- ihm benannt. sprung vieler deutscher Unternehmen hat. Außer- dem fördert die Fraunhofer-Gesellschaft auf zahlrei- Doch was hat diese Lebensgeschichte mit der chen Gebieten des Lebens nachhaltiges Wirtschaften Fraunhofer-Gesellschaft zu tun? und umweltschonende Technologien. Im Jahr 1949, zur Zeit der Gründung der Bundesre- Die Zentrale in München gibt den Instituten einen publik Deutschland, wurde in München ein kleines einheitlichen Rahmen, nimmt ihnen einen Teil der Büro mit drei Mitarbeitern eingerichtet. Es sollte Verwaltungsarbeit ab und vertritt die FhG nach au- Fördermittel zur Stärkung der wirtschaftsnahen an- ßen. Dennoch sind die Institute sehr selbstständig gewandten Forschung, sammeln und verteilen und und müssen nach dem so genannten „Fraunhofer- zunächst hauptsächlich in Bayern agieren. Schon Modell“ einen großen Teil ihrer eigenen Finanzie- bald trug die FhG dazu bei, die am Boden liegende rung tragen. Das Fraunhofer-Modell besagt, dass deutsche Wirtschaft aufzubauen, und gewann mehr sich die Institute etwa zu 60 Prozent durch ihre Pro- und mehr Akzeptanz. Sie wurde mit öffentlichen jektarbeit finanzieren müssen und zu 40 Prozent Geldern gefördert, bis – bereits nach fünf Jahren – eine Grundfinanzierung aus Bundes- und Landes- das erste eigene Forschungsinstitut in Mannheim ge- mitteln erhalten. Da auch die Grundfinanzierung gründet werden konnte, das Institut für Angewandte vom wirtschaftlichen Erfolg abhängig ist, versuchen Mikroskopie, Photographie und Kinematographie die Institute und ihre Mitarbeiter immer, möglichst IMPK mit anfangs sieben Mitarbeitern. unternehmerisch und marktorientiert zu handeln. Nach diesem vielversprechenden Anfang setzte ein Ein weiterer Vorteil dieses Modells ist, dass alle In- wahrer Boom ein, trotz des Widerstands anderer stitute auf bestimmte Themenfelder spezialisiert deutscher Forschungsorganisationen und einer star- sind und selbst Schwerpunkte in ihrer Arbeit setzen, ken Konkurrenz im Bereich der angewandten For- wodurch insgesamt ein sehr breites Spektrum an schung, speziell durch das amerikanische Battelle Forschungs- und Entwicklungsthemen abgedeckt Memorial Institute mit seinem Standort in Frank- wird. Gleichzeitig gibt es aber auch eine Zusam- furt/Main. Mit anfänglicher Unterstützung vor allem menarbeit der Institute in mehreren „Verbünden“ seitens der Länder Bayern und Baden-Württemberg wie dem Fraunhofer-Verbund „Informations- und entstanden in den folgenden Jahren Institute in ganz Kommunikationstechnik“, „Life Sciences“ oder Deutschland. Dann geriet die Fraunhofer-Gesell- „Produktion“. Dieses Modell nennt die Gesellschaft schaft in die Kritik: Wegen der Beteiligung an um- selbst als Grund für ihren Erfolg. strittenen militärischen Forschungen mussten 1968 einige Institute zum Teil durch Polizeieinsatz vor Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass heutzutage der Besetzung durch aufgebrachte Studenten ge- viele bekannte und oftmals nicht mehr wegzuden- schützt werden. 1969 wurde ein nächster wichtiger kende Errungenschaften unserer modernen Welt aus Schritt getan, die FhG erhielt eine staatliche Grund- Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft stammen. finanzierung, womit die Gesellschaft weiter ausge- Eine der bedeutendsten Erfindungen von Fraunho- baut werden konnte. Ab 1994 gründete die FhG For- fer-Wissenschaftlern ist wohl MPEG-2 Layer 3. – schungsstätten und Vertretungen in der ganzen Welt, Ist doch klar, das kennt doch wohl jeder! Na gut, be- zunächst in den USA, dann in mehreren europäi- kannter ist dieses Audiocodierverfahren wahrschein- schen Nachbarländern und asiatischen Staaten wie lich unter dem Namen „mp3“, den die Entwickler Dubai und Russland. Die Forschungsorganisation als griffigere Abkürzung auswählten. Es wurde im wuchs unaufhörlich, auch weil immer wieder andere Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Forschungsinstitute in die Gesellschaft aufgenom- übrigens dem größten Institut in der Gesellschaft, men wurden. Im vergangenen Jahr feierte die Fraun- entwickelt und setzte sich ab 1998 international hofer-Gesellschaft mit ihren mittlerweile 17.000 durch. Doch das ist nur eins der vielen Patente, die Mitarbeitern ihr 60-jähriges Bestehen. aus der Fraunhofer-Gesellschaft kamen und immer noch kommen – die FhG patentiert seit 1992 jedes Warum ist die Fraunhofer-Gesellschaft so erfolg- Jahr die meisten Erfindungen in Deutschland! Von reich? einem Implantat, das Gehörlose wieder in einem ge- wissen Bereich hören lässt, bis zum ersten Solar- Das Grundprinzip der FhG ist die angewandte For- haus, das allein Sonnenenergie benötigt und schon schung und Entwicklung, das heißt anwendungsori- 1992 von Wissenschaftlern im Fraunhofer-Institut entiertes Arbeiten im Auftrag von Wirtschaft, Indu- für Solare Energiesysteme ISE entwickelt wurde, ist strie und öffentlichen Einrichtungen, worin sie sich praktisch alles dabei! von anderen Forschungseinrichtungen wie der Max- Planck-Gesellschaft unterscheidet. In unserer Nähe gibt es unter anderem das Fraunho- In den zahlreichen Instituten werden in enger Zu- fer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energie-

58 technik UMSICHT in Oberhausen, direkt neben dem bietet die FhG auch Schülern zahlreiche Möglich- CentrO, das Institut für Mikroelektronische Schal- keiten zur Auseinandersetzung mit aktuellen wissen- tungen und Systeme IMS in Duisburg sowie weitere schaftlichen Problemstellungen (Workshops, „Girls zum Beispiel in Dortmund, Aachen und Schmallen- Day“, „Talent-School“) und vermittelt über Prakti- berg. ka Einblick in den Alltag der Forscher. Der gute Ruf der Fraunhofer-Gesellschaft ist Anreiz Bei Interesse könnt ihr euch im Internet unter für viele engagierte, hochqualifizierte Hochschulab- www.fraunhofer.de über die Fraunhofer-Gesellschaft solventen und Wissenschaftler, in einem der Institu- und die einzelnen Institute weiter informieren. te zu arbeiten, beispielsweise für eine Promotion. Nicht umsonst war die Fraunhofer-Gesellschaft im vergangenen Jahr Deutschlands zweitbeliebtester Johannes Schwerdt, EF Arbeitgeber (nach Porsche). Im Rahmen ihrer vielseitigen Nachwuchsförderung Wissen ist Macht

Was ist Zukunft? Zukunft. Doch stand sie das nicht schon immer? Und was bedeutet sie für uns? Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder größere und kleinere Probleme, die gelöst werden mussten, sei es im privaten oder im internationalen Rahmen. Eine Triebfeder für die Überwindung die- Die Zukunft ist ein Thema, das die Menschen schon ser Probleme waren sicherlich auch die Gedanken seit vielen Jahrtausenden beschäftigt. Bereits vor an das Bevorstehende. Nur wer heute schon an Mor- 2500 Jahren erbauten die alten Ägypter einen Gra- gen denkt, kann vorsorgen und Problemen vorberei- nitschrein, der den ersten astrologischen Kalender tet entgegentreten. Dieser Satz hört sich zwar wie der Welt zeigt. Durch ihn erhofften sie sich, über den ein Werbeslogan für eine Altersvorsorge an, doch Lauf der Sterne bestimmte Ereignisse vorhersehen genau das beschreibt er auch. Der Mensch erreicht zu können. Auch heute ist der Drang der Menschen, durch seine Zukunftsängste und Sorgen eine Art die Zukunft vorherzusehen, ungebrochen. Das zei- „Zukunftsvorsorge”. Natürlich machen Zukunfts- gen beispielsweise die unzähligen Astrologiesendun- ängste einerseits pessimistisch und die Meisten wür- gen im Fernsehen. Doch warum ist das Bevorste- den wohl gerne ohne sie leben, aber sie haben eben hende für den Menschen so wichtig? Und was be- auch diesen entscheidenden Nutzen, da sie zum deutet eigentlich Zukunft? Nachdenken über kommende Probleme anregen. Ei- gentlich stellt es für viele Menschen eine Form von Der Gedanke an das Kommende begegnet uns im Freiheit dar, völlig ohne Sorgen in den Tag hineinle- Alltag immer wieder. Viele Dinge, die wir tun, sind ben zu können, doch eine solch unbeschwerte Le- auf die Zukunft ausgerichtet. Es hat mit Zukunft zu bensform würde auf die ganze Welt bezogen im- tun, wenn ein Schüler jeden Morgen in die Schule mensen Schaden für das Individuum und die Gesell- kommt, um seinen Abschluss zu erreichen. Es hat schaft nach sich ziehen. Wenn alle Menschen dieser mit Zukunft zu tun, wenn eine Bank wie zum Bei- Erde auf der Stelle ihre Zukunftsängste verlieren spiel die Sparkasse Schülerprojekte unterstützt. Es würden, versänke die Welt im Chaos. Nicht nur hat mit Zukunft zu tun, wenn sich ein Paar dazu ent- langfristige Probleme wie der demografische Wan- scheidet, seinen Kinderwunsch zu verwirklichen. del, die Überschuldung oder der Klimawandel wür- Rein physikalisch betrachtet bezeichnet die Zukunft den völlig unbeachtet bleiben, sondern auch Dinge lediglich einen Bereich der Raumzeit, über die man wie der Arbeitsmarkt, oder das Warenangebot wären nur eine wirkliche Aussage treffen kann: dass es sie radikalen Änderungen unterworfen. Selbst die inne- geben wird. Dies zeigt auch das Grundcharakteristi- re Sicherheit wäre gefährdet, denn niemand würde kum der Zukunft, die Ungewissheit. Denn niemand mit Feuern, Straftaten oder Ähnlichem rechnen. Die kann eine absolut sichere Aussage über das Bevor- gesamte Wirtschaft und Politik ist von Weitsicht be- stehende treffen, und ich denke, das ist es, was dem stimmt, daher wären auch diese Sektoren völlig aus- Menschen Angst macht: das Unbekannte. geschaltet. Die Menschheit wäre wieder in der Steinzeit angelangt. Der Gedanke an das Kommende Der Nutzen von Zukunftsängsten hat den Fortschritt der Menschheit gesichert, viele Errungenschaften wie zum Beispiel Medikamente Zukunftsängste sind in der heutigen Gesellschaft be- oder Zahlungsmittel wären ohne solche Überlegun- sonders aufgrund von Massenarbeitslosigkeit und gen wohl nie gemacht worden. Es liegt wohl in der Wirtschaftskrise weit verbreitet. Menschen fürchten Natur des Menschen, langfristiger zu planen, um um ihre Arbeit, um das Wohlergehen ihrer Kinder eine Form von Sicherheit dafür zu erhalten. Schon oder um ihre Renten. Die gesamte Menschheit steht in früheren Zeiten legten die Menschen Vorräte an aufgrund des Klimawandels vor einer unsicheren und bauten sich Hütten und Häu-

59 ser, um Schutz zu finden. Damit sicherten sie das triebskraft haben alle Menschen gemeinsam: den Wissen ist Macht Überleben ihrer Art. Folglich stellt die Zukunftspla- Gedanke an das Kommende. Wir versuchen unsere nung einen wichtigen Wesenszug der menschlichen Ziele zu erreichen, um den Erfolg später genießen Spezies dar. zu können. Diese Ziele können sowohl persönlicher als auch uneigennütziger Natur sein. Auch wenn je- Die Angst vor dem Unvorhersehbaren mand Mitglied einer karitativen Vereinigung ist, treibt ihn der Gedanke an eine bessere Zukunft an. Aus der Furcht vor dem Unbekannten leitet sich Vieles, was wir tun, ist auf das Kommende ausge- ebenfalls der große Vorhersagungsdrang der richtet. Denn warum bemüht sich jemand um eine Menschheit ab. Da die Zukunft ungewiss ist, ver- Beförderung oder einen neuen Job? Um in Zukunft sucht man sie zum Beispiel über Modelle und Pro- abgesichert zu sein und das Leben genießen zu kön- gnosen vorherzusagen. Auch wenn sie oftmals hel- nen. Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Men- fen, auf bestimmte Entwicklungen vorbereitet zu schen ist, dass er etwas braucht, worauf er sich freu- sein, können sie jedoch nie ganz zuverlässig sein. Es en kann. Nur wenn er weiß, dass in Zukunft noch et- ist natürlich sehr wahrscheinlich, dass ein fallender was auf ihn wartet, an dem er Spaß hat, kann er auch Ball den Boden trifft, man kann aber niemals abso- mit Freude durch das Leben gehen. Die Menschen, lut sicher sein. Denn Prognosen und Vorhersagen für die es keine Zukunft mehr gibt und die auch basieren immer nur auf Erfahrungen, die Zukunft nichts mehr haben, worauf sie noch hoffen können, folgt jedoch nicht aus der Erfahrung. haben auch ihren Antrieb verloren. Ihr Leben scheint vorbestimmt und keine Überraschungen Aber ist es nicht vielleicht sogar besser, das Kom- mehr zu bieten. Hier zeigt sich auch, dass gerade die mende nicht zu kennen? Macht nicht gerade diese Ungewissheit der Zukunft den Reiz des Lebens aus- Ungewissheit das Leben interessant? Eine Gesell- macht. Wichtig für viele Menschen ist ebenfalls der schaft, in der alles schon vorbestimmt ist, stelle ich Gedanke, in ihrem Leben etwas zu erreichen, damit mir sehr langweilig vor. Die einzelne Person könnte man sich in Zukunft noch an sie erinnert. Auch in tun, was sie wollte, doch trotzdem könnte sie die zu- diesem Fall stellt die Zukunft eine antreibende Kraft künftigen Ereignisse nicht beeinflussen. Niemand dar, andererseits ist der Gedanke an das Morgen hätte mehr den Antrieb etwas zu tun, wenn er wüss- auch die Grundvoraussetzung, um in seinem Leben te, dass sowieso alles unausweichlich ist. Ich denke, etwas zu erreichen. Denn wer nur im Hier und Jetzt dies ist auch einer der Gründe, warum viele Men- lebt, trifft völlig unvorbereitet auf das Bevorstehen- schen nicht an einen Determinismus des Lebens de. glauben wollen, denn das würde bedeuten, dass sie ihre Zukunft nicht selbst in der Hand haben. Dieser Die Zukunft nimmt in unserer modernen Gesell- Glaube ist meiner Meinung nach die Antriebskraft schaft einen immensen Stellenwert ein und stellt die des Menschen. antreibende Kraft für die menschliche Existenz dar. Gerade das Unbekannte macht den Reiz des Lebens Zukunftsmotive aus und den einzigen Weg, das Kommende vorher- zusagen, erkannte schon Willy Brandt: „Der beste Vor kurzem gab es im Fernsehen einen Werbespot Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestal- mit dem Slogan: „Jeder Mensch hat etwas, das ihn ten.“ antreibt.” Dieser Spruch passt sehr gut zum Thema der Bedeutung der Zukunft für den Menschen. Zwar hat jede Person andere Beweggründe, aber eine An- Tobias Schillings, Stufe 13

60 Ayumi Hamasaki – Die Kaiserin des wie um Tokio oder Osaka, sehr stark von ihren Stars J-Pop und deren Stil beeinflusst. Für uns deutsche grenzt diese Art der „Vergötterung“ schon fast an Wahnsinn und würde wahrscheinlich von der Allgemeinheit Ayumi Hamasaki ist eine der bekanntesten und er- abgelehnt. folgreichsten Sängerinnen in ganz Japan. Ihr Stil prägt eine ganze Nation. Ihre Musik berührt Millio- Ayumi Hamasaki, von ihren Fans auch liebevoll Ayu nen Menschen. Sie ist einfach echt. Sie steht nun seit genannt, ist eine der Künstlerinnen aus dem Hause 10 Jahren professionell auf der Bühne. Passend zum Avex Trax. Nach einer langen, erfolglosen Zeit wur- Jubiläum gibt es einen kurzen Überblick. de hier ihr Potential erkannt und gefördert, was sich Auf die Ohren sowohl für Ayu als auch für Avex bezahlt machte. Zunächst sollte man wissen, wie in Japan die Mu- siklandschaft gestaltet ist, denn sie unterscheidet sich in manchen Punkten vom deutschen Modell. In japanischer Musik wird zwar japanisch gesungen, jedoch gibt es englische Einflüsse, die „japanisiert“ werden. Das heißt, englische Begriffe fließen mit neuer, japanischer Aussprache und Betonung in die Lieder ein, um sie so ansprechender zu gestalten und an die Veränderungen in der japanischen Spra- che anzupassen. Auch die Länge japanischer Musik ist anders. Normale Songs haben für unser Verständ- nis Überlänge, da sie im Durchschnitt fünf Minuten lang sind. Ferner verfügen japanische Plattenfirmen über eine ganz andere Konzeption, um ihre Schütz- linge weiterzubilden bzw. zu schützen. „Avex Trax“ verhindert beispielsweise, dass die Musik ihrer Künstler außerhalb des asiatischen Raumes in Mas- sen verbreitet wird. So kommt es, dass man in Deutschland keinen Radiosender findet, der J-Pop

Ayumi Hamasaki 2007 in Shanghai

Von ihren 43 (ab 17.12.2008 ganze 44) Singles er- reichten bereits 31 Platz 1 der japanischen - Charts. Ferner schaffte sie es als einzige Musikerin, 18 Nummer-1-Hits in Folge zu erlangen. Auch die Ayumi Hamasaki - Arena Tour 2006 Verkaufszahlen sprechen für sich. Ihre Single „To- gether When…“ verkaufte sich über 1,7 Millionen Mal, die Single „A“ über 1,6 Millionen Mal. Eben- so sind ihre Bühnenshows sind beim japanischen oder J-Rock von japanischen Künstlern aus dem Publikum sehr beliebt. Ihr jährlicher Silvester-Event Hause Avex Trax spielt. Weiterhin ist es in Japan ist immer schon Wochen im Voraus ausverkauft und nicht unüblich, dass beliebte Sänger und Sängerin- die Fans reißen sich förmlich um die Karten. Ayumi nen Modell für Computerspiel- oder Sammelfiguren schreibt ihre Songs übrigens selbst, was vielleicht stehen oder ihre eigenen Fernsehshows moderieren. den Hype um sie erklärt, da sie statt der üblichen Auch die Schauspielerei (meistens in Doramen, ei- Themen wie Liebe oder Liebeskummer eher The- ner Art Soap-Opera) wird immer beliebter. Die japa- men in Richtung Selbstzweifel, Einsamkeit und nische Jugend wird, besonders in Großstadtgebieten Hoffnung ins Visier nimmt. Gerade diese Themen

61 sprechen die japanische Jugend an und stoßen auf fallen gelassen. Allerdings wurde sie kurze Zeit spä- großes Interesse. Von 2002 bis 2004 hatte Ayumi ter von Masato Matsuura von der Plattenfirma

Auf die Ohren ihre eigene Fernsehshow, „AYU READY?“. Sie the- „Avex Trax“ entdeckt. Nachdem sie zustimmte, matisierte die japanische Kultur und lud Gäste aus nahm sie Gesangsunterricht in New York und veröf- der Musikszene ein. Ihr Kleidungsstil wurde mehr- fentlichte 1998 ihre Debüt-Single „poker face“. Das fach von japanischen Modemagazinen wie „Ca- war der Startschuss für eine glänzende Karriere, die waii“ oder „ViVi“ ausgezeichnet und es entstanden jedoch bald von einer schlechten Nachricht über- sogar Ayumi-Sammelfiguren, Ayupan genannt. schattet werden sollte. Ihre Fans erlitten einen regel- rechten Schock, als Ayus Ärzte diagnostizierten, Doch auch Ayumi hatte es nicht immer leicht im Le- dass ihr linkes Ohr zunehmend die Hörfähigkeit ver- ben und einige Schicksalsschläge zu verkraften. liert. Seit 2003 ist sie auf dem linken Ohr vollstän- Drei Jahre nach ihrer Geburt, am 02.10.1978 in Fu- dig taub. Doch Ayumi zerbricht nicht an ihrem kuoaka, verließ ihr Vater die Familie und sie wurde Schicksal. Im Gegenteil. Sie nutzt ihren Vorbildcha- von ihrer Mutter und Großmutter großgezogen. Um rakter, um anderen Menschen Mut zu machen und die dürftige Familienkasse aufzubessern, modelte um zu beweisen, dass es sich lohnt, nie aufzugeben. Ayu mit sieben Jahren bereits auf lokalen Moden- schauen. Mit vierzehn Jahren bekam sie dann einige Ayumi Hamasaki ist eine starke Frau, die ihr Leben kleinere Filmrollen in Tokio angeboten, was jedoch gemeistert hat. Sie hält viele musikalischen Rekorde nicht viel Erfolg nach sich zog. Hierbei verwendete und hat einen Haufen Auszeichnungen erhalten, die sie das Pseudonym Kurumi Hamazaki. Als Ayumi sie aufgrund ihres langen und schwierigen Lebens- dann auch noch von ihrer Modelagentur fallen ge- weges sicher verdient hat. Im Namen der FATAL: lassen wurde, weil man sie mit 1,56 m Körpergröße Herzlichen Glückwunsch, Ayumi, zu deinem 10. für zu klein hielt, änderte sie ihren Stil vollkommen Bühnenjubiläum. Auf das weitere erfolgreiche Jahre und behielt dadurch die Angewohnheit, ständig ihre folgen mögen. Haarfarben und Frisuren zu wechseln. 1995 veröf- fentlichte sie dann unter dem bekanntem Pseud- onym ihr erstes Rap- mit dem Label „Nippon Columbia“. Jedoch waren diese ersten „Gehversu- Nils Borchers, Stufe 13 che“ nicht sonderlich erfolgreich und Ayumi wurde

Itchy Poopzkid MTV Bandtrip, bei dem Itchy Poopzkid gegen Von Nutella und Punkrock Madsen gewannen. Außerdem spielten sie eine Li- veshow bei den MTV European Music Awards in München. Die drei Jungs bestritten bis jetzt zwei „Itchy Poopzkid“ ist eine deutsche Punkrockband, Tourneen durch Deutschland, Österreich und die die Titel wie „Silence Is Killing Me“, „You Don’t Schweiz und eine weitere quer durch England. Bring me Down“ und „Drogenfrau“ geschrieben und gesungen hat. Doch was ist nun das Besondere an dieser Band? Das ist leicht zu beantworten. Eine Schülerband, die Zum Werdegang: Im Jahr 2000 wurde von vier lediglich durch ihre Musik berühmt wird, ist heutzu- Schülern aus Eislingen/Fils die Band „Nutella” ge- tage selten. Itchy Poozkid sind drei Jungs, die keine gründet. Die vier Jungs coverten unter anderem Alkohol- oder Drogenexzesse brauchen, um Spaß zu Songs von Metallica und wollten mit ihrem Band- haben; eine coole Punkrockband, die mit ihrer CD kürzel „Na” das Metallica-Logo nachahmen. „Dead Serious“ abermals ihre Fans von sich über- 2001 beschlossen die Bandmitglieder, eigene Songs zeugen konnte. zu produzieren, und aus „Nutella” wurde „Itchy Poopzkid”. Heute besteht die Band lediglich aus drei Mitgliedern: Sibbi (Sebastian Hefner) und Pan- zer (Daniel Friedl), die jeweils Gesang, Gitarre und Katharina Bochmann, EF E-Bass übernehmen, und Sailor oder Saikov (Tobias Danne), der Schlagzeug spielt. Die ersten Schritte ins Musikbusiness machten die Drei als Vorband von Donots, Yellowcart, (+44), Boy Sets Fire und Bouncing Souls. Im Juli 2007 spielten sie als Vorband von Sum 41 eine komplette Deutschlandtournee lang. So wuchs und wächst die Fangemeinde von Itchy Poopzkid stetig. Die Band produzierte ein Album nach dem anderen: 2004 Fuck-Ups…Live!, 2005 Heart to Believe, 2007 Time to Ignite und 2009 Dead Serious. Einer der Höhepunkte in ihrer Karriere war die Teilnahme am

62 Muse – Die erfolgreichste Band, die und umgebaute Schlagzeuge. keiner kennt 2002 machte Muse eine kreative Pause und brachte, abgesehen von einer Doppel-CD mit einem Live- Mitschnitt und elf unveröffentlichten Liedern frühe- Wer Lieder wie ,,Starlight“, ,,Uprising“ oder ,,Su- rer Jahre, nichts heraus. permassive Black Hole“ im Radio hört, wird nicht unbedingt auf den Namen der Band kommen. Zu- Nach dem Album „Absolution“ machte Muse ein mindest in Deutschland wissen die wenigsten, von sehr schweres Jahr durch. Der Vater des Schlagzeu- wem diese Ohrwürmer stammen. Eine seit mehr als gers Dominic Howards war nach dem Glastonbury 15 Jahren bestehende englische Band namens Muse, Festival 2004 unerwartet an einem Herzinfakt ge- welche sich nach und nach an die Spitze der Charts storben und die Band drohte auseinander zu bre- heraufgearbeitet hat, ist die Antwort. chen. Es fing alles ganz unauffällig an. Matthew Bellamy, Als sich Howard von seiner Trauer erholt hatte, ent- Christopher Wolstenholme und , schied sich Muse, auf eine lange Tour zu gehen, drei Studenten vom Teignmouth Community College welche bis 2006 andauern sollte. Auf die Ohren in England, hatten 1994 eine gemeinsame Band na- mens Rocket Baby Dolls gegründet und trafen sich Im Juni 2006 brachte die Band schließlich ein weite- in ihrer Freizeit, um regelmäßig Lieder zu spielen. res Album namens ,,Black Holes and Revelations“ Als sie auf einem lokalen Rock-Konzert unerwartet heraus, welches das Album mit den wohl populär- gewannen, schmissen sie kurzerhand ihre Universi- sten aller Muse-Lieder enthält. Genau ein Jahr spä- tätspläne und Jobs hin, änderten ihren Namen zu ter, am 16./17. Juni 2007, weihte Muse das Wem- Muse und fingen an, ihr erstes Album zu produzie- bley Stadion in London ein. Obwohl ursprünglich nur ein Konzerttag geplant war, wurden auf Grund des großen Andrangs daraus kurzerhand zwei ge- macht. Am 11. September 2009 kam schließlich ihr aktuell- stes Album „Resistance“ auf den Markt, welches in 14 Ländern zeitweise auf Platz 1 der Albumcharts katapultiert wurde. Im Vergleich zu dem Album „Black Holes and Revelations“, welches in ,,nur“ 4 Ländern auf Rang 1 der Albumcharts gelangte, be- deutete dies selbst für Muse eine Spitzenplatzierung. Auch in Deutschland, wo Muse bis dahin weitge- hend unbekannt geblieben war, erreichten sie inner- halb kürzester Zeit eine große Fan-Gemeinde. Muse bei Rock im Park (2007) Eine Mainstream-Gruppe möchten sie aber dennoch nicht werden. Sie machen ihr eigenes Ding, und ge- rade das scheint bei den Fans so gut anzukommen. ren. Nachdem sie aus Teignmouth gezogen waren, Dabei verwenden sie einen Musikstil aus Rock, Me- ließen sich von dem amerikanischen Rock der frü- tal, Hard Rock und Klassik sowie zahlreichen Ele- hen 90er Jahre inspirieren, um in England eine Al- menten aus anderen Musikarten. Eine eindeutige ternative zum Britischen Pop anbieten zu können. Stilfestlegung ist im Grunde nicht möglich. Nach einer Reihe von Konzerten trafen sie auf den Produzenten Dennis Smith, welcher ein Aufnahme- Live liefert Muse einen Sound und eine Bühnens- studio in Cornwall besaß. Es folgte eine Serie von how, die mit dem Begriff „bombastisch“ nur unzu- Studioaufnahmen und Singles. 1998 erreichten sie reichend beschrieben ist. Größenwahn, Sentimenta- schließlich mit ihrem zweites Album ,,Muscle Muse- lität, Pathos, Härte und Kopflastigkeit, das alles un- um“ den großen Durchbruch. Für ihr drittes Album terstützt durch Lasergewitter wie in „Star Wars“ bis ließen sie sich von dem Produzenten von Radio- hin zu konfettigefüllten Riesenballons und Dampf- heads erfolgreichstem Album ,,The Bends“ unter die fontänen – Muse ist nicht nur Musik, Muse ist ein Arme greifen und verzeichneten mit diesem neuen Spektakel für alle Sinne und die Musiker für viele Album einen weiteren Erfolg. Von da an ging es mit die würdigen Nachfahren von Queen. Muse steil bergauf. Nachdem sie von 1999 bis 2000 zu zahlreichen Konzerten und Festivals auf der gan- zen Welt getourt waren, besaßen sie bereits eine gro- ße Fangemeinde in Westeuropa. Nach einer zweijäh- Jan Duda, Stufe 11 rigen Pause fingen sie auf Druck der Plattenfirmen an, an ihrem viertem Album ,,Origin of Symmetry“ zu schreiben. Die Band zeigte sich bei diesem Al- bum innovativer und experimentierfreudiger und etablierte in ihren Stücken Klaviere, Kirchenorgeln

63 Culcha Candela – Eine Multikulti- spielt; im Gegenteil, sie schreiben auch viele gesell- band schaftskritische Texte (z. B. „Schöne neue Welt“).

Auf die Ohren Ihr erstes Album „Union Verdadera“ erschien im Jahr 2004, das letzte Album „Schöne neue Welt“ im Jahr 2009. Die Bandgeschichte Die größten Erfolge der Band Die Gruppe Culcha Candela, was auf Deutsch so viel wie „heiße Kultur“ bedeutet, wurde im Jahre Den größten Erfolg bisher hatte die Gruppe, als ihre 2001 gegründet. Die Band wurde von den Musikern bekannteste Single „Hamma“ direkt auf Platz 1 der Johnny Strange, Itchyban und Lafrontino ins Leben Charts einstieg. Mit diesem Erfolg hatte keines der gerufen. Im darauffolgenden Jahr kamen dann noch Bandmitglieder gerechnet. Zudem ist auch die zu die restlichen vier Bandmitglieder nach und nach dem Lied gehörende Platte „Culcha Candela“ ihr hinzu. Die Herkunft dieser sieben Personen ist völ- bisher erfolgreichstes Album. Die ausverkauften lig unterschiedlich. Sie kommen von vier verschie- Tourneen in Deutschland, Österreich und der denen Kontinenten und aus fünf verschiedenen Län- Schweiz sprechen für sich. Aber auch einige Kon- dern: Deutschland, Polen, Kolumbien, Uganda und zerte in Polen oder gar in Asien und Südamerika zei- Korea. Diese Konstellation ist auch der Grundstein gen, dass die Gruppe überall anerkannt und gehört für den weltweiten Erfolg. Zudem singen und rap- wird. Dieser Erfolg ist noch nicht allzu vielen in pen sie in vier unterschiedlichen Sprachen, Deutsch, Deutschland gegründeten Gruppen gelungen und Englisch, Spanisch und einem französischem Ak- hängt vor allem mit der Vielfalt an unterschiedlichen zent („Patois“). Ihre Musikrichtung ist nicht klar zu Typen zusammen, die sich in ihrer Musik genial ver- definieren, hauptsächlich spielen sie allerdings einen einigen. Mix aus Pop und Dancehall. Sie selbst verstehen sich nicht nur als eine Gruppe, die „Partymusik“ Adrian Schnier, Stufe 12

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64 Umbau des Hans-Böckler-Platzes trum eine Vielzahl an Kunden abwerben wird. Eine Droht der Martinikirmes damit das Aus? Bürgerinitiative kritisierte im Jahr 2007 ebenfalls, dass die Bebauung ohne Einbindung des Hertie- Hauses eine „Insellösung“ sei, die nicht zur Attrakti- vitätssteigerung der Innenstadt beitrage. Statt eines Tausende kleine Lämpchen blinken in jeder Farbe Neubaus solle man lieber die bestehende Einkaufs- des Regenbogens, der Geruch von Zuckerwatte, straße mit deren Geschäften und den benachbarten Lebkuchen und Glühwein verteilt sich in den Stra- Neutorplatz sanieren. ßen, die Stimmen der Losverkäufer und Karussellbe- Kassensturz treiber sind durch die Mikrophone zu hören – in der Außerdem gibt es Beschwerden, weil die große Dinslakener Innenstadt ist Martinikirmes. Parkplatzfläche, die die Besucher der Innenstadt bis- her nutzten, komplett wegfallen wird. Neben den DIN-Tagen im August ist dies die größte Attraktion, die Dinslaken zu bieten hat. Die Martini- Karl-Heinz Rudorf, Leiter des Planungsamts, wider- kirmes – bekanntlich das letzte große Volksfest am legt diese Argumente in einer E-Mail wie folgt: unteren Niederrhein und einer der letzten innerstäd- „Die EU-Ausschreibung ist in intensiver Abstim- tischen Jahrmärkte – lockt jedes Jahr zur St. Mar- mung zwischen Politik, Verwaltung und Einzelhan- tins-Zeit zahlreiche Besucher von nah und fern an. del (vertreten durch die Industrie- und Handelskam- Jung und Alt genießen fünf Tage lang das attraktive mer, dem Einzelhandelsverband und den Sprechern Angebot aus Fahrgeschäften, Unterhaltung, Neuhei- der örtlichen Werbegemeinschaften) einvernehmlich ten und Gaumenfreuden. durchgeführt worden. So ist z. B. festgelegt, dass im geplanten Projekt nur großflächige Ladeneinheiten Von Freitag bis Dienstag hält der Ausnahmezustand entstehen, die keine Konkurrenz zum kleinteiligen in der Innenstadt an. 150 Fahrgeschäfte und Verkö- Handel in der Neustraße erzeugen. Es werden auch stigungsstände verteilen sich über den gesamten nicht weniger Parkplätze entstehen. Es ist vertrag- Hans-Böckler-Platz, über die Parkplätze vor dem lich geregelt, dass die Parkplätze, die heute vorhan- früheren Hertie-Haus und über die Neustraße. Die den sind, zusätzlich zu dem Bedarf des Projektes ge- Straßen und Parkplätze verwandeln sich, wenn es baut werden müssen.“ dunkel wird, in ein einziges Lichtermeer und sind nicht wieder zu erkennen. Das abschließende Feuer- Die eingeworfenen Gegenargumente der Bevölke- werk am Dienstagabend setzt dem ganzen Spektakel rung zu diesem Projekt konnten die Bauunternehmer noch einmal die Krone auf, und schon während der daher nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Der aufwendigen Aufräumarbeiten freuen sich die Besu- Umbau des Hans-Böckler-Platzes ist von der Stadt cher auf die Martinikirmes im nächsten Jahr. beschlossen worden und wird demnach definitiv er- folgen. Doch die Zukunft dieser traditionellen Kirmes schien lange Zeit ungewiss. Schon im Herbst 2009 Nach der oben erläuterten europaweiten Ausschrei- wurden Sorgen und Ängste einiger Dinslakener laut, bung hat man nun einen Investor gefunden, der die dass mit dem Umbau des Hans-Böckler-Platzes weitere Planung und den Bau des Zentrums über- auch das Aus der Martinikirmes verbunden ist. nehmen wird. Besonders die Jugend Dinslakens machte sich große „Der Investor für das Projekt ist die Hellmich-Grup- Sorgen, denn auf die Kirmes möchte niemand ver- pe Dinslaken. Durch diese Entscheidung haben sie zichten. Ein Jahr ohne dieses Event kann sich kaum sich zu einer aktiven Mitarbeit verpflichtet“, so jemand vorstellen. Karl-Heinz Rudorf. Das Projekt wird nun in einen Bebauungsplan umgesetzt. „Was ist Dinslaken schon ohne Martinikirmes?“, war eine oft gehörte Aussage zu diesem Thema. So stehen derzeit vor allem die Fragen über die zu- künftige Größe und Struktur des Gebäudes im Vor- Grund für diese Befürchtungen lieferten die Umbau- dergrund. Vermutet wird, dass eine Tiefgarage genü- pläne der Stadt. Die freie Parkplatzfläche soll einem gend Parkmöglichkeiten bieten soll, um den erhoff- großen, modernen Einkaufszentrum weichen, dessen ten Besucheranstrom aufzufangen. Bau sehr umstritten ist, denn für die Martinikirmes wäre dann kein Platz mehr. Wenn diese Verhandlungen beendet sind und der Bebauungsplan seine Gültigkeit erhält, könnte die Die Besitzer der umliegenden Geschäfte machen Fertigstellung des Einkaufszentrums nach Schätzun- sich auch Sorgen um ihre berufliche Zukunft. Sie gen etwa im Jahr 2011 oder 2012 erfolgen. rechnen damit, dass ihnen das neue Einkaufszen-

65 Und auch über die Zukunft der Martinikirmes hat Veränderungen meist skeptisch entgegengeblickt man sich Gedanken gemacht. Die Stadt Dinslaken wird. möchte mit allen Mitteln versuchen, die Martinikir- Kassensturz mes weiterzuführen, und derzeit sehen die Verant- Im Februar verkündete Bürgermeister Michael Hei- wortlichen in diesem Punkt auch keine Probleme. dinger schließlich die erlösende Nachricht: die Mar- „Wir sind optimistisch, dass uns die Kirmes erhalten tinikirmes findet definitiv statt und zwar wie ge- bleibt!“, garantiert der Pressesprecher der Stadt, wohnt in der Innenstadt. Da sich der für den Herbst Horst Dickhäuser. geplante Baubeginn am Hans-Böckler-Platz verzö- gert hat, konnte die Kirmes in diesem Jahr sogar Wo die Martinikirmes letztendlich ihren Platz finden noch einmal an ihrem angestammten Ort stattfinden. wird, war lange Zeit unklar. Ab 2011 sollen sich die Kirmesattraktionen dann von der Neustraße bis zum Altmarkt tummeln. Die Bis zum Anfang des Jahres 2010 standen zwei Mög- Kirmesbetreiber wollten den Plänen der Stadtver- lichkeiten zur Debatte. „Zum einen könnte die Kir- waltung, die Kirmes zur Trabrennbahn zu verlegen, mes weiterhin in der Dinslakener Innenstadt statt- nicht folgen. Somit war diese Option die einzig zu finden, mit Ausnahme des Hans-Böckler-Platzes“, verwirklichende Lösung des Konflikts. so Dickhäuser. „Die Martinikirmes würde dement- sprechend kleiner ausfallen und man könnte die Die Martinikirmes ist auch bei den Kirmesbetrei- hohe Zahl von 150 Betreibern wahrscheinlich nicht bern sehr beliebt. Sie ist einer der letzten Jahrmärkte halten.“ Der Vorteil wäre jedoch, dass man in einem des Jahres und sorgt bei den Schaustellern für die fi- gewohnten Umfeld bleiben könnte, so, wie man es nanzielle Absicherung vor dem langen kirmesfreien seit vielen Jahren tut, und vor allem so, wie die Be- Winter. sucher es kennen und schätzen. Schon bei der Kirmes im Jahr 2009 verkündete eine Die andere Möglichkeit stellte ein Umzug auf das Besucherin: „Egal, wo die Martinikirmes in den Gelände der Dinslakener Trabrennbahn dar. „Hier nächste Jahren ihren Platz finden wird, ich werde wäre eindeutig mehr Platz zur Verfügung, sodass so- mir das alljährliche Highlight nicht entgehen lassen gar noch Erweiterungsspielraum für die Größe der und Überraschungen liebt ja schließlich jeder.“ Kirmes wäre“, erklärt Dickhäuser weiter. Jedoch erschließt sich der Nachteil aus dem Vorteil der anderen Variante. Ein Umzug würde von den Sina Erben und Laura Zampich, Stufe 12 Besuchern sicherlich negativ aufgefasst werden, da

Bruzzler oder Becel? ment für Wie Werbung aus der Krise hilft neue Er- nährungs- wege. So weit so gut. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich immer Im näch- noch nicht von den schwer wiegenden Folgen der sten Spot, weltweiten Wirtschaftskrise erholt. Vor allem größe- zwei Minu- re Unternehmen leiden unter Absatzverlusten und ten später, verminderten Konsumausgaben. Doch es gibt Chan- sitzt Herr cen, die Konjunkturkurve auch langfristig wieder zu Bohlen je- heben. Anstatt zu sparen und auf bessere Zeiten zu doch mit hoffen, müssen die Unternehmen investieren, und rotem Polo- zwar in qualitativ hochwertige Werbung. Hemd im Garten und Dieter Bohlen kann nicht nur großartig Sprüche bei genießt den „Deutschland sucht den Superstar“ klopfen, sondern Sonnen- Herr Bohlen ist ebenfalls ein fulminanter Schauspie- schein. Er ler für Fernsehspots im öffentlichen Fernsehen. freut sich, Doch zwei Spots irritieren nicht nur mich besonders weil er die auffällig: Einerseits sehe ich den Ex-Modern-Tal- extra safti- king-Sänger bei untergehender Sonne in weißer gen Bruz- Dieter Bohlen profitiert von der Wer- Tracht über einen Strand rennen. Er freut sich seiner zler-Würst- bebranche Lebenslust, obwohl ihm sein Arzt einen enorm ho- chen auf hen Cholesterinspiegel attestiert hat. Doch damit ist dem Grill jetzt Schluss, denn die cholesterinsenkende Becel- liegen hat Margarine gibt Dieter Lebensenergie und ein Funda- und er gleich herzhaft kosten darf.

66 Der Widerspruch, der sich hier für den leicht kriti- man gerade jetzt etwas bewegen“. Ein deutscher schen Betrachter ergibt, ist offensichtlich. An dieser Normalverbraucher wird täglich von ungefähr 3000 Stelle möchte ich aber nicht über die Geldvermeh- Werbebotschaften befeuert. Das heißt, dass es un- rungsstrategien von Dieter Bohlen richten oder auch möglich ist, sich mit jedem Produkt ausführlich zu nur ein Wort über seine Gesamtpersönlichkeit beschäftigen. Die Aufmerksamkeit erhalten nur verlieren.Vielmehr geht es um die Unternehmen, die kreative, gut durchdachte oder mit Prominenz behaf- diese Spots über Werbeagenturen entwickeln lassen tete Aufträge. Daher investiert beispielsweise der haben. Der psychologische Aspekt, der hinter dem Metrokonzern um Media Markt und Saturn so viel Einsatz allgemein bekannter Persönlichkeiten steckt, Geld in Werbekampagnen, bei denen sich selbst Ali- ist folgender: Die allseits bekannten Gesichter aus ce Cooper noch über ein wenig Taschengeld freuen Fernseh-, Radio- und Printmedien vermitteln immer darf. den Eindruck von Wissen und Macht. Die Attrakti- vität der Persönlichkeiten (in welcher Form auch Historische Belege für den Erfolg in die Werbung immer), verschmilzt untrennbar mit dem Produkt. investierender Unternehmen während einer Krise Verena Pooth als Werbequeen für den Discounter gibt es zahlreiche. So nutzten beispielsweise Kel- KIK, Mario Barth als Anführer der Media Markt loggs, Procter & Gamble, Chevrolet und Camel die Kassensturz Agenda 2010 oder Mike Krause als Latzhosenkrie- Weltwirtschaftskrise 1929-33 für ausgedehnte Wer- ger für OBI, alle diese Promis stehen für ein Unter- bekampagnen und schufen sich so einen Wettbe- nehmen und werden unmittelbar mit diesem verbun- werbsvorteil, der bis heute noch zu spüren ist. Na- den. Gerade in Zeiten der wirtschaftlichen Rezessi- türlich sind die USA nicht mit Deutschland und die on und der Krisen ist es daher äußerst wichtig, in damalige Zeit nicht mit der heutigen vergleichbar, bekannte Gesichter investieren. Diese Vermark- doch folgt das Prinzip der gleichen Unternehmens- tungsstrategie bietet den Kunden vor allem in der bzw. Werbestrategie. Letztendlich geht es heute wie Krise ein Gefühl der Sicherheit und den Glauben, damals um die Attraktivitätssteigerung von Produk- das Geld gut investiert zu haben. ten, um unter einer bestimmten Marke Wettbewerbs- vorteile zu erlangen. Unabhängig davon muss jeder Auf Grund der prekären Finanzlage deutscher Kon- Konzern für sich entscheiden, ob er auf Kreativwer- zerne sind viele Unternehmer jedoch nicht mehr be- bung oder doch lieber auf alternde Promis setzt. reit, übermäßig viel Geld in Werbeaufträge (beson- Werbung ist unabdingbar auch in Krisenzeiten, denn ders im Fernsehbereich) zu investieren. Dabei muss gerade hier entscheidet sich, wer als Gewinner oder es nun umso mehr darum gehen, qualitativ hochwer- Verlierer das Konjunkturtief übersteht. tige Werbung zu betreiben und die Konsumenten durch fesselnde Spots und Eye-Catcher zu begei- stern. Auch Andre Kemper, Leiter der Werbeagentur Springer & Jacoby, spricht sich für Investitionen David Knapp, Abitur 2010 während der Krise aus: „Mit kraftvollen Ideen kann

Wie wir täglich im Supermarkt über Produkte, die wir am meisten brauchen, weit von- den Tisch gezogen werden einander entfernt und immer im hinteren Teil des Supermarktes zu finden. Helena packt auf dem langen Weg zu der ge- Helena wollte nur kurz für die Klassenfahrt eine wünschten Milch vier weitere Produkte in den Packung Chips kaufen, kam dann aber doch mit Einkaufskorb, die eigentlich nicht auf ihrer Ein- einem ganzen Einkaufswagen aus dem Laden. kaufsliste stehen. Wem ging es denn noch nicht so? So geht es vielen Käufern, denn es ist schwer, der Um das herauszufinden, sind wir mit dem Politik- Masse der Angebote zu widerstehen. Wirtschaftskurs von Herrn Kleimann den Einkaufs- Diese „Falle“ ist ja noch recht auffällig, aber es gibt fallen der Supermärkte auf die Spur gekommen. Dinge, die nur unser Unterbewusstsein wahrnimmt. Nachdem wir uns länger in der Schule mit den Käu- Obwohl in den Verkaufsräumen meist wenige oder ferfallen befasst haben, haben wir in kleinen Grup- sogar keine Fenster vorhanden sind, fühlen wir uns pen die Fallen in den Supermärkten vor Ort unter- wohl und geborgen. Sogar die Hintergrundmusik be- sucht und anschließend eine Befragung gestartet. einflusst bei unserem Kauf. Sie ist so ausgewählt, Dabei ist uns aufgefallen, dass jeder Supermarkt bis dass wir länger im Laden bleiben wollen, weil wir ins kleinste Detail geplant ist und die Supermärkte uns so wohl fühlen. der gleichen Kette immer gleich aufgebaut sind. Es gibt aber noch andere Käuferfallen, die uns dazu Was aber bei allen Supermärkten gleich ist, ist, dass verleiten, länger im Laden zu bleiben und langsamer es nur darum geht, dem Kunden möglichst viele zu laufen. Direkt am Eingang finden wir meist eine Produkte zu verkaufen. Obstauslage, die so schön aussieht, dass wir automa- Zum Beispiel sind alle Hauptnahrungsmittel, die tisch unser Tempo verlangsamen. Auch die meist im

67 „Quengelware“ an der Kasse ist die letzte Falle, mit der die Supermärkte versuchen, die Käufer „über den Tisch zu ziehen“. Die Mütter (oder auch Väter) Kassensturz haben meist nicht die Geduld, noch auf ihr Kind aufzupassen, und kaufen deshalb etwas von der oft überteuerten (!) Quengelware. Helena geht zufrieden, aber mit leerem Geldbeu- tel auf Klassenfahrt. Um genauer zu wissen, wie die Käufer den Ablauf des Einkaufes empfinden, haben wir diese in den verschiedenen Gruppen befragt. Dabei sind wir zu folgendem Ergebnis gekommen: Die meisten Käufer gehen gerne einkaufen und fühlen sich während des Verkaufsraum eines bekannten Discounters Einkaufs wohl. Wie wir herausgefunden haben, liegt das an der Wärme, dem Licht und den anderen Ei- Eingangsbereich vorhandenen Pflanzen dienen zur genschaften. Verlangsamung unseres Tempos. Der durchschnittliche Einkauf dauert nur zwischen Sogar Temperatur und Duft können uns beeinflus- 10 und 20 Minuten, wenn überhaupt nicht länger als sen. Das nutzen auch die Supermarkt-Experten. Uns 45 Minuten. Auch die Preise sind für über die Hälfte ist aufgefallen, dass auf dem Boden oft Aufkleber der Käufer in Ordnung. Fast alle kaufen zuviel ein. sind und uns Paletten mit „Sonder-Super-Günstig- Ein Grund dafür sind zum Beispiel die Maxipackun- Packungen“ den Weg versperren. Obwohl es oft gen, die dem Käufer, wie vorhin schon berichtet, nicht günstiger ist, greifen hier viele Käufer zu. Eine dazu verleiten, mehr zu kaufen als nötig. weitere Falle ist aufgedeckt. Besonders mit der Aufstellung der Produkte inner- Unser Fazit: Die Supermärkte täuschen uns mit im- halb eines Regals geben sich die Supermarkt-Archi- mer neuen Käuferfallen, und es ist schwer, sich da- tekten Mühe. Die teuersten Produkte finden wir auf von nicht beeinflussen zu lassen. Also lieber mal ei- Augenhöhe, die der mittleren Preisklasse sind wei- nen Einkaufszettel schreiben und bewusst durch den ter oben und die günstigsten finden wir nahe dem Laden gehen. Boden, ganz unten im Regal. Das liegt daran, dass man eher zu den Produkten auf Augenhöhe greift, Hier noch mal die wichtigsten und auffälligsten ohne die Preise zu vergleichen. Tricks der Supermärkte: Helena findet nach langem Suchen das Regal mit Trick Wirkung der Milch. Gleich daneben liegt ihre Lieblings- Temperatur, Musik und Man möchte länger im Konfitüre. Düfte Laden bleiben Große Obstauslage in Man wird langsamer und Neben den Hauptnahrungsmitteln (wenn man sie sonnigem Licht „rennt“ nicht durch den denn mal findet) liegen meist teure Luxusartikel, zu Laden denen die Käufer dann auch meist greifen, obwohl sie diese Produkte meist nicht brauchen. Auch sind Anordnung im Regal Man kauft das Teuerste überall im ganzen Laden sogenannte Stopper-Regale (Tipp: Unten im Regal aufgebaut. suchen) Packpaletten mitten im Animation zum Kauf un- Helena sucht ihre Lieblingsschokolade, aber da, Gang wichtiger Produkte wo diese immer zu finden gewesen ist, liegt jetzt Regelmäßiges Umräu- Man lernt neue Produkte das Toilettenpapier. men kennen (die man kaufen Die Supermärkte räumen öfters ihre Regale um, da- soll) mit man auch andere Produkte kennen lernt, die Luxusartikel direkt bei Man kauft Dinge, die man sonst nicht auf der Einkaufsliste hat. der Hauptnahrung man nicht braucht Quengelware Man kauft überteuerte Helena geht mit den Chips, der Schokolade, der Süßigkeiten, die es im Milch, der Konfitüre und dem Toilettenpapier Laden oft billiger gibt zur Kasse und wundert sich, dass ihr Wagen auf Supersondergünstigpak- Man glaubt, ein einmal doch so voll ist. kungen Schnäppchen zu machen, Vor ihr ist eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter es kostet aber meist an der Reihe. Die Kleine möchte unbedingt einen gleich viel oder sogar Lutscher haben. Sie quengelt so lange, bis die mehr Mutter endlich einen für sie auf das Band legt. Miriam Holzmann (Klasse 9b) und Rena Hientzsch So wie der Mutter geht es vielen anderen auch. Die (Klasse 9d)

68 Zwanzig Jahre Wiedervereinigung einzuleiten. und jetzt Aufbau West? Dabei soll gerade strukturschwachen Regionen in Westdeutschland wie dem Ruhrgebiet Förderung entgegen gebracht werden, die aus Kürzungen in Letztes Jahr feierte die deutsche Einheit ihr 20-jäh- Ostdeutschland entstehen soll. Die Gerechtigkeits- riges Jubiläum. Damals „kam zusammen, was zu- frage ist hierbei schwer zu beantworten. Zum einen sammen gehörte“. Zwei Jahrzehnte nach der Tei- ist es immer noch so, dass Ostdeutschland dem We- lung ziehen viele Politiker Bilanz von der bisher er- sten hinterher hinkt, dennoch ist der Förderungsbe- reichten Annäherung zweier ehemals grundverschie- darf auch im Westen in den vergangenen Jahren dener Staaten. stark gestiegen. „Wie ein wiedervereinigtes Deutschland aussehen Aus der Wissenschaft kommt mittlerweile ein ganz wird, weiß heute niemand“, brachte der erste ge- anderer Vorschlag. Man solle doch aus dem Ost- samtdeutsche Kanzler Dr. Helmut Kohl es 1990 auf West-Denken ausbrechen und sich verstärkt auf die den Punkt. Der Drang nach Frieden und Demokratie Kontraste zwischen nord- und süddeutschen Bun- Kassensturz beflügelte in den letzten Jahren der 1980er die Men- desländern konzentrieren. So würden Förderungen schen in der Deutschen Demokratischen Republik. für die wirtschaftlich stärkeren neuen Bundesländer Der Sozialismus kam an seine Grenzen: Lebensmit- Thüringen oder Sachsen gestrichen und die schwä- telmangel, die Staatssicherheit, schlechte Infrastruk- cheren westdeutschen Länder Nordrhein-Westfalen tur und die Diktatur der SED-Führung machten den oder Schleswig-Holstein stärker gefördert. Doch ob Menschen nach dreißig Jahren Ost-West-Trennung ein solch komplett neuer Ansatz in absehbarer Zeit bewusst, dass es im sozialistischen Mutterland so mehrheitsfähig sein könnte, ist zu bezweifeln. nicht weitergehen kann. Mit weitestgehend friedli- chen Demonstrationen und Boykotten gelang es am 09.11.1989, die Berliner Mauer auch als Symbol deutsch-deutscher Trennung zu öffnen und den Weg David Knapp, Abitur 2010 in eine neue Zukunft zu ebnen. Die Bundesrepublik Deutschland gliederte fünf neue Bundesländer (Brandenburg, Mecklen- burg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-An- halt und Thüringen) in das bestehende fö- derale System ein. Die damals euphorische Stimmung ist seitdem drastisch gesunken. Soziale, infrastrukturelle und ökonomische Disparitäten konnten in den letzten zwei Dekaden nur teilweise bewältigt werden. Zu groß sind die Gräben, welche nach dem Krieg durch die Siegermächte und deren Staatsauffassungen gegraben wurden. Doch die Probleme sind nicht nur ideolo- gisch-politisch begründet, sondern schlichtweg auch finanziell. Nach dem Zu- sammenbruch der Sowjetunion ver- schwand ein wesentlicher Handelspartner und Absatzmarkt für die ostdeutschen Bundesländer. Zu den enormen Vereini- gungskosten (z. B. Deutscher Einheits Fonds – 82 Milliarden Euro), standen dementsprechend weitere Investitionen für Wirtschaft und Industrie auf dem Ein-  kaufszettel. Mittlerweile betragen die Ge- samtausgaben für den Aufbau Ost etwa 1,3     Billionen Euro. Dabei wachsen die Ausga-     !!"# ben jedes Jahr um je weitere 100 Milliar- den Euro. Es wird folglich mit unermess- baren Summen für Restrukturierung und $!!!%  &!'()*+',-  #! die Utopie eines gleichberechtigten . /'+-'''. 0/'+-,' Deutschlands gekämpft. Zeitgleich werden jedoch die Investitionen in westdeutsche   1 ! ! #! Bundesländer gekürzt. Das brachte den #45 !   "6 7! 8 neuen Bundesverkehrsminister Peter Ram- sauer (CSU) in der Woche des 20. Mauer- falls auf die Idee, nun einen Aufbau West

69 Hin und weg

Austauschjahr in Panama hat mir ganz schön Kopfzerbrechen gemacht! Schule in Lateinamerika Ich besuche hier eine öffentliche Schule.

Es lohnt sich aber auf jeden Fall, sein Kind auf eine Privatschule zu schicken, denn das Niveau ist dort Ich lebe jetzt seit 10 Monaten in dem kleinen latein- höher. Die Examen sind schwieriger und die Schüler amerikanischen Land Panama. Hier haben wir tro- haben viel mehr Hausaufgaben auf, außerdem fällt pisches Klima, d. h. es gibt nur Regenzeit (in unse- nicht ständig Unterricht aus. Privatschulen zu besu- rem Sommer und Herbst) und Trockenzeit (in unse- chen ist aber nur der sozialen Oberschicht möglich, rem Winter und Frühling), also keine vier Jahreszei- denn das Schulgeld ist teuer. Die Öffentlichen ko- ten. Um mich hier zurecht zu finden, war zunächst sten nur 13 Dollar, die Privaten zwischen 50 und die Sprache die erste Hürde. Anfangs war es nicht 200 Dollar. einfach, aber Spanisch ist ja nicht schwer zu lernen. Ich hatte bald keine Schwierigkeiten mehr zu spre- Ein kleiner schmerzlicher Nachteil der öffentlichen chen oder andere zu verstehen. Schulen ist die Uniform. Zwar haben auch die priva- ten Schulen eine Uniform, aber sie ist schicker. Ich lebe hier in einer großen kolumbianischen Fa- milie mit drei etwa gleichaltrigen Schwestern. Dau- Die Schuhe müssen immer sauber sein. Die Socken ergast im Haus ist die Familie eines Onkels, sie sind dunkelblau und müssen vier Finger über dem übersiedelt gemeinsam mit der Oma von Venezuela Fußknöchel enden! Die Hose muss über die Schuhe nach Panama. Außerdem gibt es noch zahlreiche reichen, der Rock zwei Finger unters Knie. Das wei- Verwandte, die uns re- ße Hemd hat auf der linken Seite in Brusthöhe die gelmäßig besuchen. Anfangsbuchstaben der Schule aufgestickt, fehlen Es leben in meiner noch die Krawatte der Jungen und die Schleife der Familie Menschen Mädchen. Ohrringe dürfen nicht länger als zwei verschiedener Haut- Zentimeter und nur in den Farben dunkelblau, farben zusammen. schwarz oder weiß getragen werden (ebenso Haar- schmuck), Armbänder und Ketten sind verboten. Natürlich gehört zu Klar, dass man die Haare nicht färben darf, nicht ge- einem Austauschjahr schminkt oder mit lackierten Nägel in die Schule ge- auch der Schulbesuch. hen darf. Ich habe ehrlich ge- Um dies alles zu kontrollieren, sitzt am Eingang ein sagt sehr lange ge- Lehrer, der die Uniform begutachtet und regelmäßig braucht, um das Jungen wegen zu langem Haar und Mädchen wegen Schulsystem zu ver- lackierter Fingernägel nach Hause schickt. Aus mei- stehen, dabei ist es ner Klasse wurde kürzlich z. B. ein Junge wegen gar nicht so kompli- seiner weißen Socken nach Hause geschickt. Die ziert: Mit sechs Jah- Privatschulen sind darin genauso streng, tragen aber ren wird man in die buntere Farben und schicke Poloshirts. Ich finde das Hanna und ihre Mitschüler in Schul- Grundschule einge- Tragen der Uniform in Ordnung, denn alle haben uniform schult, in der man das Gleiche an und keiner kann sagen, dass jemand wiederum sechs Jahre sich hässlich angezogen hat. bleibt, um dann für Allerdings gibt es doch eine Möglichkeit, sein weitere sechs Jahre Schuloutfit ein wenig aufzumotzen: durch große, aufs College zu wechseln. bunte, mit Strasssteinchen verzierte Uhren und Ta- schen. So findet man immer einen Weg, sich von an- Mein Problem lag darin, dass die Schüler hier sa- deren zu unterscheiden. gen: „Ich bin im neunten Schuljahr”, oder, was das Gleiche bedeutet, „Ich bin im dritten Level”. Wenn Ich hatte vor meinem ersten Schultag meine Schwe- man nämlich auf das College kommt, fängt man im stern in ihren Uniformen gesehen und mir dann „ersten Level“ an. Gleichzeitig ist dieses Jahr auch selbst alles ohne viel Nachzudenken angezogen... das siebte Schuljahr. Am Anfang habe ich den klei- Ganz falsch: Meine Schwestern haben daraufhin mi- nen Unterschied zwischen Level und Jahr nicht be- nutenlang an mir herumgezupft und mir versucht zu merkt und mich natürlich gewundert, dass viele jün- erklären, wie genau das Hemd und die Socken sitzen gere Mädchen sagten, sie seien im gleichen Jahr- müssen und dass die Haargummis auch nicht hell- gang wie ich und meine beiden Schwestern. Ja, das blau, sondern nur dunkelblau sein dürfen.

70 Montags versammeln sich übrigens Schüler und der vorbeiläuft und natürlich auch immer irgendje- Lehrer in der Turnhalle. manden in der Klasse grüßt. Wir haben einige Räu- Hin und weg

Viel Platz auf dem Schulhof

Ich musste mich dort am ersten Tag vorstellen. Es me mit Klimaanlage, in denen es ziemlich kalt ist, werden dann die Nationalhymne und die Schulhym- dafür in den anderen umso wärmer. Ich habe in die- ne gesungen, eine kleine Predigt gehalten, ein Gebet sem Halbjahr morgens Unterricht (7.00 Uhr bis und ein Schwur gesprochen sowie wichtige Infor- 12.35 Uhr), dadurch ist aber die Hitze auszuhalten. mationen für die folgende Woche bekannt gegeben. Die andere Hälfte der Schüler hat nachmittags von 12.40 Uhr bis 18.05 Uhr Unterricht. Wir haben acht Jede Schule hat ihre Spezialisierung in verschiede- Stunden die jeweils 40 Minuten dauern, dazwischen nen Fachrichtungen, die man wählen kann. nur eine kurze Pause. Das ist wenig, aber man kann sich auch daran gewöhnen. Es gibt an meiner Schule z. B. nicht nur Natur- wisschenschaften mit dem Schwerpunkt „Umwelt”, Ein weiterer großer Unterschied zu unserem System sondern auch noch Elektrotechnik, Konstruktion sind die fast dreimonatigen Sommerferien von und Wirtschaft mit dem Schwerpunkt „Unterneh- Weihnachten bis März. Das Schuljahr beginnt im men”. März, ist in Trimester eingeteilt und endet im De- zember mit einer Feier der Abschlussklasse. Auf Grund des Sprachproblems besuchte ich im er- sten Semester den naturwissenschaftlichen Zweig, Bei meiner Ankunft bin ich in die laufende Ab- da sich ja in Physik, Biologie und Chemie die Zah- schlussklasse eingestuft worden und habe auch die len und Formeln nicht unterscheiden. Nun habe ich Schulabschlussfeier schon mitgemacht, nun mache den Zweig „Commercio“ – Wirtschaft gewählt, wo ich quasi die erste Hälfte dieses Abschlussjahres ich Fächer wie Informatik, Buchhaltung und Be- mit. triebswirtschaft habe. Jetzt könnt ihr euch vielleicht vorstellen, dass Schu- Mir gefällt die Schulzeit hier seht gut, denn alle ge- le auch ganz anders funktionieren kann als in hen sehr freundlich und spaßig miteinander um, Deutschland! nicht nur die Schüler untereinander, sondern auch der Umgang mit den Lehrern ist freundlich und lo- cker, man spricht die Lehrer auch mit Vornamen an. Hanna Seydel, Stufe 12 Das Schulgebäude sieht ganz anders aus als bei deutschen Schulen. Es ist sehr offen gebaut, was auf Grund des warmen Klimas hier kein Problem ist. Die Klassenräume haben keine Fensterscheiben, (Anmerkung der Redaktion: Hanna ist mittlerweile sondern Gitterstäbe, sodass man jeden sehen kann, wieder wohlbehalten in Deutschland angekommen.)

71 Japan – Ein Land mit vielen Präfektur besteht. In dem ganzen Land herrschen Gesichtern etwa sechs Klimaarten, was auch die unglaubliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren erklärt. Doch was Hin und weg Wissenswertes und Kuriositäten vor allem beeindruckt, sind die Unterschiede zwi- schen Land und Stadt, wobei es in Städten wie z. B. Länder, die uns noch immer fremd und an- dersartig erscheinen und den Betrachter in vielerlei Hinsicht überraschen, gibt es nicht viele, vor allem nicht in der Zeit der Globalisierung. Dass Japan etwas von der westlichen Welt in seine Kultur übernommen hat, ist offensichtlich, doch trotzdem hat sich diese Inselkette ihre Fremdheit bewahrt. Und genau die- se Fremdartigkeit macht Japan so be- sonders und lässt es als Reiseziel für viele Leute immer interessanter erschei- nen. Die Tatsache, dass Japan heute in zu- nehmendem Maße in der Urlaubspla- nung vieler Menschen berücksichtigt wird, liegt vor allem daran, dass die Preise in der Vergangenheit um einiges Dieses Gebäude höher waren als heute, und damit sind gehört zum Weltkulturerbe neben den Flugkosten auch Nebenkosten wie Taxifahrten oder einfach eine Tasse Kaffee gemeint. Doch seit der Euro einge- führt wurde, ist eine Reise nach Japan um einiges Preiswerter geworden. Doch was fasziniert Men- Tokio neben mehr Häusern und Menschen auch ver- schen so sehr am Land des Lächelns? hältnismäßig viele Parks und Grünanlagen gibt, um den Stadtbewohnern auch die Möglichkeit zu geben, Japans Hauptstadt Tokio liegt auf der Hauptinsel einen Spaziergang ins Grüne zu unternehmen. Wer Honshu. Der Rest der Inselgruppe setzt sich aus Ho- einmal Tokio besucht, könnte sogar das Glück ha- kaido im Norden, Shikoku und Kyushu im Süden zu- ben, den Fudjisan, Japans höchsten Berg, zu sehen, sammen. Die vier großen Inseln werden von 6.848 da er oft von Wolken bedeckt ist. Tokios Bewohner anderen Inseln umrahmt. Des Weiteren besteht Ja- leben nah an ihrem Wahrzeichen, das wie ein stei- nerner Beschützer über sie wacht. Was allerdings am meisten an Japan fasziniert, ist wohl die ungewöhnliche Kultur, die sich in Ge- bäuden, Menschen und Verhaltensweisen wider- spiegelt. So überrascht es nicht, dass die UNESCO Jahr für Jahr neue Gebäude als Welt- kulturerbe benennt, wie z. B. einige historische Dörfer, Tempel, Schreine oder auch die Atom- bombenkuppel in Hiroshima. Als Zeichen des Friedens werden dort jedes Jahr aufs Neue von Besuchern und Bewohnern Papierkraniche in der Stadt und vor allem in den Tempeln verteilt. Das Falten von Kranichen oder allgemein Ori- gami ist eine Kunstform, die es schon seit Jahr- hunderten in Japan gibt und genauso zur Kultur gehört wie die für uns so fremden Schriftzei- chen. Die japanische Schriftsprache setzt sich aus drei verschiedenen Zeichenarten zusam- Ein geschmückter men. Am häufigsten benutzt werden die kom- Tempel plizierten, aus dem Chinesischen stammenden Kanji, für Fremdwörter verwendet man die Sil- benschriftart Katakana und eine andere Silben- schrift, das Hiragana, lernen Kleinkinder in der Grundschule. Schilder an Bahnhöfen oder Restau- pan aus 47 Präfekturen (Bundesländern), wobei Ho- rants werden meistens im Kanji oder in lateinischen kaido die einzige Insel, ist die nur aus einer einzigen Buchstaben, die dort Romaji genannt werden, be-

72 nutzt. Doch genauso kompliziert wie mit ihren zum Beispiel werden unsere herkömmlichen Stern- Schriftzeichen haben Japaner es auch gerne in ande- zeichen-Horoskope dort gegen Blutgruppen-Voraus- ren Lebenslagen, so verstehen sie es, aus etwas sagen getauscht. So wird der Blutgruppe 0 beispiels- scheinbar Banalem wie einer Tasse Tee eine ganze weise ein Tag voller Überraschungen vorausgesagt, Zeremonie zu machen. Neben Tee ist auch Sake während sich Gruppe AB vor Reinfällen schützen (Reiswein) ein beliebtes japanisches Getränk, eben- soll. Wofür Japan wirklich bekannt ist, vor allem in so wie ein starker Schnaps namens Shochu (Alkohol der westlichen Kultur, sind wohl Manga und Anime. trinken ist in Japan ab 20 erlaubt). Entgegen der In ihrem Geburtsland sind sie natürlich noch um ei- weit verbreiteten Meinung, japanisches Essen mit niges populärer und werden für alles Mögliche ver- Sushi gleichzusetzen, bietet Japans Küche eine gro- wendet. So findet man sie als Werbung auf Pizza- ße Vielfalt an verschieden Gerichten, deren Zutaten schachteln oder ein Tempel lässt sich ein Maskott- und Zubereitung von Region zu Region unterschied- chen entwerfen, mit dem wieder mehr Besucher die lich ist. Die traditionelle Küche arbeitet mit dem, Heiligtümer gelockt werden sollen. was sie auf der Insel findet, also mit Fisch, Reis, Gemüse, besonders Soja, Bohnen, Hirse und Seetang. Tokio mit dem Hin und weg "Fudji" im Hintergrund Doch was einen Besucher aus dem Westen wahrscheinlich am meisten überraschen wird, sind die Gepflogenheiten beim Essen. So be- stellt man nicht ein eigenes Gericht, sondern es werden mehrere kleine Portionen bestellt, die sich die ganze Tischgesellschaft teilt. Worauf man als Besucher auf jeden Fall ach- ten sollte, sind einige Höflichkeitsregeln, auf die in Japan immensen Wert gelegt wird. So sollte man nicht zu überzeugt „Nein“ sagen, da das manchmal als unhöflich aufgefasst wird, es reicht ein vages „Ja“, was dann nicht unbedingt als Zustimmung gesehen wird. Des Weiteren sollte man jeglichen Schweißgeruch oder das Naseputzen in der Öffentlichkeit vermeiden, da die japanische Bevölkerung sehr viel Wert auf Hygiene legt. Nach einem Restaurantbesuch werden keine Trinkgelder erwartet, und wenn man in ein Privathaus eingeladen wird, sollte man besonders auf seine Manieren achten. In anderen Situatio- nen wird einem das häufig nachgesehen, wenn man Ausländer ist, jedoch sind Einla- dungen in private Wohnungen selten, und man sollte sich dabei sehr respektvoll verhal- ten. Geschenke werden immer gerne gesehen, und wenn man den Wohnbereich betritt, zieht man die Schuhe aus und lässt sie mit der Spitze zur Eingangstür stehen. Normalerwei- se verbeugt man sich zur Begrüßung, aber von Ausländern wird das nur erwartet, wenn sie nachweislich mit den japanischen Gepflo- genheiten vertraut sind. Praktisch ist z. B. auch, dass Japaner nicht unter- Neben den Höflichkeitsregeln sind Japanern ihre schreiben müssen, wenn sie ein Schreiben unter- traditionellen Feste sehr wichtig, wie z. B. das zeichnen oder ein Paket annehmen. Dafür haben sie Kirschblütenfest (Ohanami). An diesem Feiertag Stempel mit ihren Familiennahmen. Blöd nur, wenn macht man mit Freunden oder der Familie eine man die andauernd verliert. Kirschblütenbesichtigung, was bedeutet, dass ein Spaziergang durch einen Park auf dem Programm Dass Japaner sich gerne von ihren Mitmenschen ab- steht, in dem die Bäume von blühenden Kirschblü- heben, haben Firmen, die USB-Sticks entwerfen, ten bedeckt sind. Oder das „Mädchenfest“ Hina- schon längst erkannt, so gibt es USB-Sticks in Form matsuri, bei dem historische Puppen auf einem Po- von Sushi, berühmten Anime- oder Filmfiguren. Das dest in einer sehr wichtigen Reihenfolge aufgebaut Verrückteste in meinen Recherchen war aber, dass werden (einen Jungen-Tag gibt es natürlich auch). Pepsi jedes Jahr eine neue Sorte mit individuellen Geschmacksrichtungen herausbringt, wie z. B. Pepsi Japan ist wahrhaftig ein Land voller Kuriositäten, mit Gurkengeschmack oder mit dem Aroma von

73 Ingwer. Diese Getränke sind selbstverständlich sehr Fans) und nähen sich Kostüme, die sie für Cosplay farbenfroh. (Costume + Play, Verkleidung als Mangafigur) ver- wenden. Diese östliche Art von Comics ist wohl das, Hin und weg Wer auf der Toilette gerne etwas liest, für den haben was sich am meisten im Westen eingebürgert hat, sich die Japaner Klorollen mit bedruckten Gedichten neben dem Essen. oder Kurzgeschichten ausgedacht. Noch schöner ist aber das Verweilen auf der beheizten Klobrille mit Die in diesem Artikel genannten Beispiele sind nur Musik, warmer Unterspülung und Parfüm in der einige von vielen. Um der vielfältigen japanischen Luft. Außerdem läuft in fast allen Toiletten Hinter- Kultur gerecht zu werden, bräuchte man einige Sei- grundmusik, um andere Geräusche zu übertönen ten mehr. Japan ist ein Land, das sich vor allem we- und die Privatsphäre zu wahren. gen seiner isolierten Insellage eine ganz eigene Kul- tur bewahrt hat. Es stimmt, dass durch die Einflüsse Wie oben schon angedeutet, macht die Manga- und der letzten Jahrzehnte einiges an westlichem Kultur- Animeszene einen großen Teil des „modernen“ Ja- gut in Japan etabliert wurde, doch wird diese beson- pans aus. Neben bestimmten exotischen Bezeich- dere Inselkette wohl niemals ihren besonderen Reiz nungen und Unterscheidungen in den Manga-Gen- verlieren. res wie z. B. Shojo (Fantasymanga für Mädchen) oder Shonen-Ai (Liebe zwischen Männern) fällt auf, dass sich Fans auch oft im alltäglichen Leben von ihren Lieblingsmangas beeinflussen lassen. Bei- Laura Schulze, Stufe 11 spielsweise eifern sie ihren Vorbildern in Sachen Kleidung nach oder werden zu Otakus (extreme

Dominikanische Republik heutigen Haiti, entstanden riesige Zuckerrohrplanta- Traumstrände am Rand und Elend im Kern gen. Der Zucker war in Europa damals ein begehrtes Luxusgut. Den auf der Insel ansässigen Taino-India- nern brachte die Pflanze jedoch kein Glück. Zu Tau- senden wurden sie versklavt und mussten unter un- Jährlich reisen ca. 2 Millionen Menschen auf die menschlichen Bedingungen auf den Feldern schuf- Karibikinsel, die für ihre weißen Traumstrände und ten. Viele starben an Entkräftung und eingeschlepp- viel Sonne bekannt ist, und es lässt sich kaum ver- ten Krankheiten. Auch die Gold- und Silberminen muten, wie schlecht es den Menschen, die dort Le- brachten lediglich den spanischen Besatzern Reich- ben, zum Teil wirklich geht. Ein Großteil der Bevöl- tum, den Taino jedoch den Tod. Der einseitige Zu- kerung lebt in Armut oder an der Armutsgrenze. ckerrohranbau laugte die Böden aus und verdrängte bald einheimische Nahrungspflanzen. Das größte Standbein der Dominikaner ist der An- 1804 wurde die Insel Hispaniola unabhängig, 1844 bau von Kakao, Kaffee, Bananen und vor allem trennte sich der dominikanische Teil von Haiti und Zuckerrohr. Christoph Kolumbus brachte im Jahre 1865 endgültig von Spanien. 1916 bis 1924 besetz- 1494 von den Kanaren Zuckerrohrwurzeln mit auf ten die USA das Land. Sie begünstigten die Diktatur die neu entdeckte Insel. Im Westen der Insel, dem Rafael Leonidas Trujillos (1930 bis 1961). Dessen

74 2003 das Genick. Die Inflation betrug in je- nem Jahr 42,5 Prozent. Große Teile der Be- völkerung verarmten, denn Grundnahrungs- mittel, Strom und Benzin wurden für viele Menschen unerschwinglich. Der damalige Präsident Hipolito Mejia wurde für die Wirtschaftsmisere verantwortlich gemacht und 2004 durch Leonel Fernandez Reyna abgelöst, der das Land wieder stabilisieren sollte. Die Arbeitslosenrate ist mit 17 Pro- zent jedoch hoch und der Reichtum un- gleich verteilt: Die wohlhabenden zehn Pro- zent der Bevölkerung verfügen über 40 Pro- zent des nationalen Einkommens. Gerade in ländlichen Gebieten sind die Lebensbedin-

gungen ausgesprochen schlecht, was immer Hin und weg mehr Menschen in die Elendsviertel der Hauptstadt treibt. Die Kultur der Dominikanischen Republik vereint afrikanische, spanische und ameri- kanische Einflüsse. Auch wenn heute spa- nisch gesprochen wird, werden Ausdrücke der Taino weiterhin verwendet. Wörter wie Hurrikan, Tabak, Mais und Ananas gehen auf sie zurück, ebenso wie die Erfindung der Hängematte. Auch einige Taino-Gerich- te werden heute noch zubereitet, wie etwa die Casabe-Fladen, die aus dem Mehl der Yucca-Wurzeln gebacken werden. Im Merengue, dem dominikanischen Natio- naltanz, sind spanische und afrikanische Hütte unter Palmen Elemente vermischt, ebenso in der Musik

Clan häufte unermesslichen persönlichen Reichtum an und ließ die Korruption er- blühen. Nach Putsch und Bürgerkrieg intervenierten die USA 1966 erneut und setzten eine neue Verfassung ein. Während der Amtszeit der Reformpartei wuchs der Schuldenberg – trotz neuer Einnahmen durch den Tourismus. Die Plantagen des Hauptex- portguts Zuckerrohr sind bis heute zu 30 Prozent im Be- sitz US-amerikanischer Un- ternehmen, zu 10 Prozent in den Händen dominikanischer Familien und zu 60 Prozent in Staatsbesitz. Der Bevölke- rung stand nur wenig Anbau- Gemüsemarkt fläche zur Verfügung und das ausgelaugte Land brachte im- mer weniger Erträge. Die Wirtschaft war endgültig am Boden, als 1978 der der Dominikaner. Der Karneval ist in der Dominika- Weltmarktpreis für Zuckerrohr drastisch fiel. In den nischen Republik eines der wichtigsten kulturellen 80er und 90er Jahren boomte das Land durch den Ereignisse. Ausbau des Tourismus. Ein großer Finanzskandal brach der Wirtschaft des Landes jedoch im Jahr Leonie Meurer, Stufe 11

75 „Unser Baby hat seine Milchzähne schlichtweg notwendig war. Das World Trade Cen- verloren“ ter hatte insgesamt 239 Aufzüge, 71 Rolltreppen und 43.600 Fenster, von denen sich jedoch keines öffnen Hin und weg New York und das World Trade Center ließ. Die Reinigung von einem der Zwillingstürme dauerte einen Monat und erfolgte über eine Kon- struktion auf dem Dach. Sobald der eine Turm kom- Das World Trade Center oder kurz WTC galt auf- plett sauber war, fing die Fensterputzanlage bei dem grund der Zwillingstürme als Wahrzeichen von New anderen Twin Tower aufs Neue mit der Reinigung York City. Bis zum verheerenden Anschlag vom 11. an. September 2001 prägten sie die Skyline von Man- hattan, da sie alle anderen Wolkenkratzer überrag- Die 415 und 417 bzw. mit Spitze 527 Meter hohen ten, und verliehen ihr die Einzigartigkeit. Nun soll Türme hatten jeweils 110 Etagen und 99 Aufzüge. es wieder aufgebaut werden. Pro Turm betrug die Nutzfläche 400.000 Quadrat- meter. Die Türme verfügten sogar über eine ei- gene Postleitzahl. In den Zwillingstürmen ar- beiteten etwa 50.000 Menschen und es kamen 80.000 Besucher am Tag hinzu. Nur 30 Prozent der Fassade der zwei Türme nahmen die 43.600 Fenster ein. Die Säulen dazwischen er- hielten eine Aluminiumlegierung, was die Tür- me wärmer erscheinen lassen sollte. Dafür wurden 200.000 Tonnen Stahl und 325.000 Kubikmeter Beton verarbeitet. Beim Bau des World Trade Centers sind insgesamt 60 Men- schen ums Leben gekommen. Kurzzeitig galt der Nordturm mit seinen 417 Metern als höch- stes Gebäude der Welt und löste das Empire State Building mit seinen 381 Metern nach 41 Jahren ab. Zwei Jahre später, 1974, musste der Titel jedoch an den 25,3 Meter höheren Willis Tower in Chicago abgegeben werden. Als weitere Besonderheit der Zwillingstürme galten die stabilisierenden Stahlträger-Fach- werkkonstruktionen, die „hat truss“. Jedoch hat seinerzeit niemand geahnt, dass diese Sta- bilisierungen in knapp 30 Jahren noch von gro- ßem Nutzen sein würden. Der erste Schicksalsschlag Am 26. Februar 1993 wurde der Gebäudekom- plex erstmals Ziel eines Bombenanschlags isla- mistischer Terroristen, die einen gemieteten Transporter, der mit 700 Kilogramm Spreng- stoff und Druckgasbehältern mit Wasserstoff geladen war, in der Tiefgarage des Nordturms des WTC abgestellt hatten. Das Resultat der Explosion war ein 30 Meter großes Loch in vier der sechs Untergeschosse. Bei diesem An- schlag starben sechs Menschen, 1000 weitere wurden verletzt. Es folgte einer der größten Rettungseinsätze in New York City, 45 Prozent der Feuerwehrleute wurden zu dem Ereignis gerufen. In den Jahren 1997 und 1998 wurden Zwillingstürme WTC1 und WTC2 sechs islamistische Terroristen des Attentats für schuldig befunden und zu jeweils 240 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Den eigentlichen Plan Insgesamt bestand der 1973 fertiggestellte Komplex der Terroristen gestand der Hauptattentäter nach sei- aus sieben Gebäuden, die WTC eins bis sieben be- ner Verhaftung: Mit einer noch größeren Menge nannt wurden. Das WTC beherbergte nicht nur Bü- Sprengstoff den Nordturm zum Einsturz zu bringen roflächen, es verfügte auch über ein Hotel, Restau- und auf den Südturm stürzen zu lassen. Gescheitert rants und eine unterirdische Shopping Mall. Die Ge- ist der Plan, da den Terroristen nicht genügend bäude waren durch Tunnel und Brücken miteinander Sprengstoff zur Verfügung stand. Es hätte bei „er- verbunden, was aufgrund der unvorstellbaren Größe folgreicher“ Umsetzung mit 100.000 Toten gerech-

76 net werden müssen sowie einer weit reichenden Zer- Die Aufräumarbeiten wurden im Mai 2002 beendet störung umliegender Gebäude. und das Areal, auf dem einst das WTC stand, ist nun unter dem Namen „Ground Zero“, was auf Deutsch Der größte und letztendlich vernichtende Anschlag „Bodennullpunkt“ bedeutet, bekannt. Eigentlich be- auf das WTC erfolgte acht Jahre später, am Dienstag, dem 11. Sep- tember 2001, als islamistische Terroristen, die der Terrororgani- sation al-Qaida angehörten, vier Passagierflugzeuge entführten und in wichtige zivile und militä- rische Gebäude in den USA steu- erten. Jedoch war New York City von den „September 11 attacks“, wie sie in Amerika genannt wer- den, am massivsten betroffen. Hin und weg September 11 attacks Zwischen 8:10 Uhr und etwa 9:30 Uhr Ortszeit wurden vier Passa- gierflugzeuge auf Inlandsflügen von den jeweils fünf bzw. einmal vier Attentätern entführt. Zwei davon wurden in die Zwil- lingstürme des WTC gelenkt und eins in das Pentagon bei Wa- shington D.C. Das vierte Flug- zeug stürzte nach Kämpfen zwi- schen Entführern, Besatzungsmit- gliedern und Fluggästen um 10:03 Uhr in Shanksville bei Pittsburgh im Bundesstaat Penn- sylvania ab, das Anschlagsziel blieb unbekannt. Um 8:46 Uhr schlug der Flug AA 11 im Nord- turm des WTC ein, um 9:03 Uhr der Flug UA 175 im Südturm. Der Flug AA 77 flog um 9:37 Uhr in das Pentagon. Um 9:59 Uhr, 56 Minuten nach dem Einschlag, stürzte der Südturm ein, um 10:28 Uhr, ganze 102 Minuten später, als der Einschlag erfolgte, der Nordturm. Diese Verzögerung ist Schweres Baugerät im Herzen New Yorks auf die bereits erwähnte Stahlträ- ger-Fachwerkkonstruktion, die „hat truss“, zurückzuführen. Um 17:20 Uhr folgte das 174 Meter hohe WTC 7, als Ursache schreiben die Worte Ground Zero einen Punkt auf wurden die über Stunden andauernden Brände und der Erdoberfläche, auf oder über dem eine Bom- die daraus resultierenden Schäden genannt. Die benexplosion stattgefunden hat oder stattfinden soll. Zwillingstürme fielen fast senkrecht und unter der eigenen Last in sich zusammen, Grund war die enor- Bedeutung für die Bevölkerung me Hitze der einschlagenden Flugzeuge und die dar- aus resultierende Zerstörung der Konstruktionen. Die Nachricht von den Anschlägen vom 11. Septem- Sie begruben etwa 2.800 Menschen unter ihren ber hatte sich rund um die Welt wie ein Lauffeuer Trümmern, 343 Feuerwehrleute verloren während verbreitet. Nicht nur die Einwohner von Manhattan, der Rettungseinsätze ihr Leben. Insgesamt setzen von New York oder den Vereinigten Staaten wurden sich die Opferzahlen wie folgt zusammen: 2.590 mitten ins Herz getroffen, es herrschte riesige Be- Tote in und an den beiden Türmen des WTC, 24 troffenheit, Sorge und Abscheu auf der ganzen Welt. dort vermisste Personen, 125 Tote im Pentagon 14 Man kann von einem Weltereignis sprechen, das Verletzte, die in den Folgetagen bzw. an Spätfolgen keinen Flecken Erde unberührt gelassen hat. Vor al- starben, 246 Passagiere und Besatzungsmitglieder lem die Wucht des Ereignisses regte die Menschheit der vier entführten Flugzeuge sowie die 19 Entfüh- zum Nachdenken an. Die Süddeutsche Zeitung äu- rer. ßerte sich so: „Die Terroristen wussten, warum sie

77 das World Trade Center für ihren Angriff wählten Spiegelung des Abwesenden und nicht einen Gewerbepark am Rande von India- napolis: Es war ein Ziel, wie sie es brauchten, um Der Entwurf der Gedenkstätte „Reflecting Absence“ Hin und weg außer Tausenden von Menschen auch Milliarden (Spiegelung des Abwesenden) stammt von dem 31- Herzen und Köpfe zu verletzen.“ Auch eine vor 50 jährigen Architekten Michael Arad, der mit dem Jahren aus dem Schwabenland nach New York aus- Landschaftsplaner Peter Walker und dem Architek- gewanderte Reiseleiterin fand: „Für die New Yorker ten Max Bond sein Projekt umsetzen soll. Bürger- ist es so, als hätte ihr Baby (Manhattan) seine meister Michael R. Bloomberg äußert sich wie folgt Milchzähne (die markanten Zwillingstürme) verlo- zu der Gedenkstätte: „Die Gedenkstätte, die von Mi- ren.“ Die Süddeutsche Zeitung beschrieb dies wie chael Arad und Peter Walker entworfen wurde, ist folgt: „Wer in Manhattan das Glück hatte, ein Ap- unter vielen hervorragenden Entwürfen ausgewählt partement mit Blick auf die Türme zu bewohnen, las worden, weil sie es vermag, die Schwere der Attak- morgens an ihnen das Wetter ab. Wer aus der U- ken auf unsere Stadt einzufangen. Gleichzeitig gibt Bahn kam, musste an der Kreuzung nur die silbrigen sie aber auch New Yorks Spirit und unserer uner- Spitzen suchen, um zu wissen, wo Norden und Süden schütterlichen Hoffnung auf eine Zukunft eine war. Auch mitten in der Nacht, wenn selbst Manhat- Form.“ tan im Schwarz versank, brannte im World Trade Center noch Licht. Es war Manhattans Hausberg.“ Die Gedenkstätte am WTC besteht aus drei Etagen, Der Verlust des WTC wurde vielen erst im Rück- die nur für Fußgänger zugänglich sein werden. Auf blick bewusst. Es lag außerhalb der sozialen Welt der obersten Etage, dem Plaza Level, entsteht eine Manhattans. Es lag in der Ferne, ging niemanden et- Parkanlage mit Bäumen und Lichtungen, die Platz was an, doch jetzt wird es schmerzlich vermisst. Die für 5000 Menschen bietet und symbolisch als Be- Funktionen des WTC waren bei der Trauer anfangs kräftigung des Lebens zu verstehen ist. Die „Fußab- zweitrangig. Nur die nüchternen Fakten zeigten den drücke“ der ehemaligen Twin Towers bleiben beste- Verlust von über zwei Millionen Quadratmeter Bü- hen und die Besucher können vom Park aus die bei- rofläche auf. Wenig später bereits lautete die Devi- den tiefer gelegten Bassins betrachten, die wiederum se: Baut auf die Stadt! fallende Wasserkaskaden auffangen. Vom Stadtpark gelangt man über zwei Rampen in die Memorial Die Zukunft des WTC Hall, der mittleren und ersten unterirdischen Etage über 10.000 Quadratmeter. Dort ist es ruhiger als im Manhattan war nicht versunken, aber es hatte sein Park und den Mittelpunkt bilden die zwei mit Was- Gleichgewicht verloren wie eine schlecht beladene ser gefüllten Bassins, welche durch Grotten, Gänge Autofähre. Um dieses Gleichgewicht wieder herzu- und Tunnel miteinander verbunden werden. Um die stellen, musste auf dem Bodennullpunkt Ground originalen Fußabdrücke der Zwillingstürme werden Zero etwas Neues geschaffen werden, der Wieder- hüfthohe Wände gezogen, auf denen alle bei dem aufbau wurde zur patriotischen Pflicht. Das sagte Anschlag zu Tode gekommenen Opfer namentlich auch der ehemalige Bürgermeister Rudolph Giulia- erwähnt werden. Die Besucher werden nur durch ei- ni: „Wir werden wieder aufbauen. Die Skyline wird nen „Vorhang“ aus Wasser von dem Becken ge- wieder komplett sein.“ Auch Hilary Clinton stimmte trennt, was symbolisch für das Leben stehen soll. dem zu: „Kein Zweifel: Wir werden dort etwas Ähn- Zudem werden auf dieser Etage Überreste des ehe- liches bauen wie das World Trade Center.“ Doch maligen WTC in Galerien ausgestellt. Vom Memori- vor allem die treffenden Worte des 32-jährigen Feu- al Center gelangt man auf die letzte Etage, das Be- erwehrmannes Joe Maresca brachten die bereits be- drock (=Urgestein) Level, welches sich 23 Meter standenen Schicksalsschläge der Weltmacht auf den unter der Erde befindet. Der Weg führt den Besu- Punkt: „Amerika steht für Fortschritt und Verbesse- cher an der Flutmauer bzw. Slurry Wall der Zwil- rung. Amerika, das heißt länger leben, Krebs heilen, lingstürme vorbei, den letzten verbliebenen Überre- zum Mond fahren. Baut es wieder auf!“ Zwei Mona- sten. Die Mauer wird von Tageslicht beleuchtet und te vor dem Anschlag hatte Larry Silverstein das die Besucher können sie berühren. Der Gouverneur World Trade Center für 3,2 Milliarden Dollar über- George E. Pataki beschreibt die düsteren Gruben- nommen. Er selbst stellte anschließend fest: „Es wände als „Symbol für die Stärke und Standfestig- wäre die Tragödie der Tragödien, diesen Teil von keit New Yorks, als Menschen versucht haben, unse- New York nicht wieder aufzubauen. Würde man das ren Glauben an die Freiheit zu zerstören. Arad, Wal- Gebäude nicht wiederaufbauen, hieße das, den Ter- ker und Bond haben ein bewegendes und passendes roristen den Sieg zu überlassen.“ Mahnmal für diejenigen geschaffen, die wir an der Stätte des World Trade Centers verloren haben. Es Das finale Design des neu entstehenden World Tra- erfasst unser Gefühl des Verlustes, aber auch den de Centers steht seit 2006 fest: Vier neue Türme Mut und den Glauben, die sich auch im Angesicht sind in Planung, die One bis Four World Trade Cen- der Tragödie durchgesetzt haben.“ ter heißen und Höhen von 541 Metern, 411 Metern, 383 Metern und 297 Metern haben werden. Das Ge- bäude 7 World Trade Center wurde bereits 2006 er- öffnet. Darüber hinaus ist eine Gedenkstätte, die Julia Leppek, Stufe 12 World Trade Center Memorial, geplant. Die Fertig- stellung des Komplexes ist voraussichtlich in den Jahren 2012 bis 2013.

78 Reisebüro Müller Dinslaken Ihr Touristik & Kreuzfahrtbüro Bahnstrasse 14 / 46535 Dinslaken Tel.: 02064-606530 / Fax: 606531 [email protected] Urlaub buchen sollten Sie nur bei Fachleuten! * Eigener Flughafentransferservice REISEBÜRO * Flug-, Bus- und Schiffsreisen * Computer-Last-Minute-Reisen * Sonderreisen * nur Flug-, und Hotelvermittlung MÜLLER * Vertretungen aller namhaften Reiseveranstalter * Billigflüge und Graumarkttickets weltweit * Kreuzfahrten Preise wie im Internet. Beratung von Mensch zu Mensch klusive Qualität ist unser Zuhause i n N atürlich möchten wir Ihnen eine Urlaubsreise verkaufen. Das ist l n schließlich unser Geschäft. Viel wichtiger ist uns aber, Sie als Stamm- e k unden zu gewinnen und zu behalten. h Deshalb versehen wir uns als Dienstleistungsbetrieb, der Ihnen einen c u mfassenden Service rund um Ihre Reise bietet: individuelle Beratung, ä gewissenhafte Planung und präzise Abwicklung ihrer Buchung. Und wenn wirklich mal was schiefgeht, kümmern wir uns um Sie. L Darauf können Sie sich verlassen. www.reisenmitmueller.de Bewegungsmelder

Skifahren einmal anders zu fahren. So besaß ich als „normale“ Skifahrerin Der Sprung ins Blaue natürlich meine zusätzlichen Vorurteile. Doch wuss- te ich bis dahin auch noch nicht, wie viel Spaß man beim Wasserski wirklich haben kann! „Gehe in die Hocke und lehne dich ein Stück nach hinten, aber auf keinen Fall zu weit, sonst fällst du Eine ganz andere Welt ins Wasser. Halte deine Arme gestreckt und die Spannung in deinem Körper! Du schaffst das schon, Wasserski ist grundsätzlich dem normalen Skifahren das ist nicht so schwer!" ähnlich, was ja schon der Name verrät. Man steht auf zwei Brettern und fährt über das Wasser, wobei So oder zumindest so ähnlich klangen die Worte des es beim einen gefroren und beim anderen, nun ja, übermotivierten jungen Mannes, der sich mit einem eben nicht ist. (Wie Jack O’Neill schon sagte: „It’s Dauergrinsen um die Leute kümmerte, die bisher only frozen water.“) Dennoch ist Wasserski vom noch nie auf den Brettern standen. Leute wie mich. Aufbau her generell anders, wo doch schon allein die Hangabtriebskraft nicht vorhanden ist. Als mein Sportlehrer damals von unserem Trai- ningsplan für das Jahr sprach und dabei das Wort Beim Wasserski wird man mithilfe eines Bootes oder eines „Liftes“ von einer Leine mit Haltegriff über das Wasser gezogen. Ähnlich wie beim alpinen Skifahren gibt es natürlich verschiedene Variatio- nen, über das Wasser gezogen zu werden. Neben Monoski, dem Snowboard ähnlichen Wakeboard, dem Teller, Trickski oder Sprungski kann man auch mit einem Kneeboard sitzend über das Wasser sau- sen. So ist für jeden etwas dabei, auch wenn einiges natürlich mit verhältnismäßig mehr Übung verbun- den ist. Für Anfänger eignen sich die „normalen“ Skier, also Paarski, am besten. Es ist leichter, sein Gleichge- wicht auf dem Wasser zu halten, und auch der Start (der eigentlich generell das Schwierigste ist) bereitet durch die höhere Antriebskraft der breiteren Bretter weniger Probleme. Es gibt verschiedene Variationen, über das Wasser zu Die größte Hürde gleiten. Hier sind es Monoski. Was ich neben dem Start eigentlich noch kompli- zierter finde, ist der langwierige Kampf mit dem Ne- „Wasserski“ fiel, waren die Meinungen sehr geteilt. oprenanzug. Die Suche nach dem passenden Exem- plar, die sich durch die vielen Ansprüche, die ein Auf der einen Seite standen diejenigen, die ohnehin Mensch so hat, eigentlich als vollkommen unmög- gerne Neues ausprobierten, auf der anderen Seite die lich erweist („Er darf nicht zu eng sein, sonst sieht Kurskameraden, die überhaupt keine Lust hatten, man zu dick aus. Aber um den Körper rumwabern und in der guten Mitte dümpelte dann eine Handvoll sollte er auch nicht, das verfehlt ja die Funktion.“), der Leute, denen sowieso alles egal ist. In diesem ist neben dem eigentlichen Umziehen glatt ein Kin- Fall würde ich mich zu den letzteren zählen. Im Ge- derspiel. Hat man nun ein vernünftiges Objekt in der gensatz zu vielen meiner Mitschüler war mir Was- Hand, beginnt der Spaß nämlich erst. Wenn man sei- serski bekannt, da mein Freund im Verein fährt. So ne Beine, ohne auf dem nassen Boden der Umklei- hatte ich natürlich schon oftmals die Gelegenheit, dekabine auszurutschen, in den viel zu engen Neo- mir die Sache aus nächster Nähe anzusehen, jedoch prenschläuchen verstaut hat, folgt gleich der Kampf niemals so nah, um selbst mit der Nase im Wasser mit den Armen. Hierbei erweist sich das wilde Rum- zu liegen. Die Gelegenheit dazu hatte ich zwar zwi- rudern der Gliedmaßen als effektivste Methode, wo- schendurch, dennoch war ich meist zu faul mich bei man natürlich in den zusätzlich auch noch viel dazu aufzuraffen, wirklich auf die Bretter zu sprin- zu engen Kabinen auf seine Mitmenschen Rücksicht gen. Außerdem war es mir persönlich nicht so rich- nehmen sollte. Hat man das Verstauen der Extremi- tig geheuer, auf nicht gefrorenem Wasser mit Skiern täten hinter sich gebracht, beginnt eine neue Suche,

80 die sich meist auch als Langwierigste erweist: Die sicht spritzte und ich den Wind spürte, der mit ge- Suche nach dem Reißverschluss. Falls man Pech hat fühlten 120 km/h an meinem Gesicht vorbeisauste und alleine in der Umkleidekabine steht (was einem (auch wenn es nur knapp 25 waren), war ich sehr wenigstens die Rücksichtnahme beim „Rumrudern“ stolz auf mich. So war mein erstes Wasserski-Erleb- erspart), muss man sich aus dem gesamten Gummi- nis doch wirklich sehr gelungen. Am nächsten Tag anzug wieder hinausarbeiten und vor den Kabinen wurde meine Freude ein wenig getrübt, denn mir ta- nach Hilfe suchen. Also könnte der Spaß unglückli- ten Stellen und Muskeln an meinem Körper weh, cherweise mit Publikum von vorne beginnen. Nach von deren Existenz ich vorher nicht einmal gewusst dem Umziehen darf man sich dann vor dem Spiegel hatte. Doch trotzdem, dieser Sprung ins Blaue hatte bewundern, der in diesen Umkleiden natürlich nicht mein Interesse geweckt! fehlen darf, und marschiert guten Gewissens mit dem Gedanken aus der Umkleide, dass man wenig- Mittlerweile bin ich selbst Mitglied im Wasserski- stens nicht der einzige Mensch ist, der wie das Verein und tue mich ein wenig schwer damit, von „Sams“ aussieht. den normalen Paarski auf Monoski umzusteigen. Auch wenn mir heute noch immer nach fast jeder Die Fahrt ins Ungewisse Trainingseinheit die Muskeln schmerzen, bin ich sehr glücklich darüber und stolz darauf, damals auf Nachdem ich nun diese Prozedur hinter mir hatte die Bretter im Wasser gestiegen zu sein. Ich würde und wackelig in der Hocke den dauergrinsenden Ty- es immer wieder tun und empfehle es jedem, der es Bewegungsmelder pen anstarrte, wurde mir doch wieder ein wenig noch nicht probiert hat. mulmig und ich merkte, wie ich langsam mit dem Gesäß voraus immer weiter nach hinten kippte. Wer selbst einmal den Schritt aufs Wasser wagen Doch plötzlich spannte sich endlich die Leine, und – möchte, kann diesem Wunsch in Xanten oder in ja wirklich! – ich wurde zu meiner eigenen Überra- Duisburg-Wedau an der Wasserskianlage vielleicht schung übers Wasser gezogen und stand dabei sogar einmal nachgehen. Nur zu! noch verhältnismäßig gerade auf den Brettern! Tat- sächlich, ich hatte es geschafft und bewältigte sogar eine ganze Runde um den See, ohne dabei aus den Kurven zu fallen. Als das Wasser nun in mein Ge- Christina Wollnitz, Stufe 13

Yas Island chitekten Hermann Tilke aus der Wüste gestampft Eine Formel-1-Oase in der Wüste von Abu worden. Dhabi Für dieses Projekt wurden 14.600 Menschen be-

Der Bau einer Formel-1- Strecke in Abu Dhabi auf der 2500 Hektar großen Insel Yas Island, auf der schon seit eini- gen Jahren eine neue Stadt der Superlative errichtet wird, stellt einen weiteren Meilen- stein im Bauwahnsinn einiger arabischer Scheichs dar. So ist in den Rennkurs, auf dem der Deutsche Sebastian Vettel vor kurzem jüngster Weltmeister der Formel-1-Ge- schichte wurde, ein Hotel inte- griert, das aus zwei Teilen be- steht, die durch eine Brücke miteinander verbunden sind. Das Besondere an dieser Brücke ist, dass unter dieser Außenansicht: der Yas-Marina-Circuit in Abu Dhabi die Rennwagen hindurchrasen, denn die zwei Hotelteile wer- den durch ein Stück der Rennstrecke getrennt. Der schäftigt, von denen ein Großteil in Indien und Paki- gesamte Formel-1-Kurs ist in gerade einmal zwei stan heimisch ist. Die Arbeiter schufteten Tag und Jahren von dem berühmten deutschen Streckenar- Nacht an dieser Strecke, für die alleine zwei Millio-

81 Bewegungsmelder nen Kubikmeter Sand bewegt wurden. plätze wurden so aufgestellt, dass jeder Zuschauer 30 Prozent der Strecke überblicken kann. Der Er- Das in die Rennstrecke integrierte Hotel besteht aus bauer dieser Strecke hat damit mehr auf die Qualität einer einmaligen Glasfassade, die aus fast 5000 ver- als die Quantität der Sitzplätze geachtet. schiedenen LED-Platten besteht, 17000 Quadratme- ter groß ist und rund 60 Millionen Euro gekostet hat. Auf Yas Island sollen noch mehrere solcher Projekte Das Hotel wird schon als neues Wahrzeichen von verwirklicht werden. Am 04.11. bereits wurde die Abu Dhabi gehandelt, da die Glasfassade in der Ferrari-World eingeweiht, welche die größte Ach- Nacht ein einmaliges Lichtspiel hervorruft. Der terbahn der Welt beherbergt. Von außen erinnert der Geldgeber dieses Projektes ist der Scheich von Abu Komplex der Ferrari-World an einen Ferrari GT mit Dhabi, Khalifa bin Zayed al Nahjan, dessen Vermö- 210.000 Quadratmetern Dachflächen. Zudem sollen gen auf 19 Milliarden Dollar geschätzt wird. Er be- auf dieser Insel ein Golfplatz, eine Wohnsiedlung zahlte für die 5,554 Kilometer lange Strecke und einen Polo-Platz entstehen. Yas Island ist das 720.000 Quadratmeter Asphalt und 225.000 Kubik- teuerste und auch das unglaublichste Projekt der meter Beton. Die Bauarbeiter leisteten für dieses Vereinigten Arabischen Emirate. Projekt insgesamt 35 Millionen Arbeitsstunden. Zu- dem wurden 5000 Bäume eingepflanzt, um der öden Weitere Rennstrecken sollen in Indien bei Neu-De- Wüste einen Hauch von Grün zu verpassen. lhi entstehen und in Südkorea. Diese stehen auch bei Es können bis zu 50.000 Zuschauer den Rennfah- der Formel 1 zur Auswahl. rern zusehen, wie sie die 21 Kurven auf dieser Strecke meistern. Die Tribünen und die Zuschauer- Yannik Hermey, Stufe 12

Kick it like Angie le“, in Frankreich von beiden Geschlechtern ge- Frauenpower ist nicht nur in der Politik spielt. Auch die Frauen der Inuit haben sich an ei- gefragt nem ähnlichen Spiel beteiligt. Die britischen Mäd- chen spielten nach der internationalen Vereinheitli- chung der Regeln seit 1863 an ihren Schulen Fuß- ball. Die erste britische Mannschaft, die „british La- Frauen- und Mädchenfußball wird immer populärer. dies“, wurde 1894 von Nettie Honeyball ins Leben Die Spielweise, das Regelwerk und die taktischen gerufen. Um ihren Anstand beizubehalten, trugen sowie strategischen Grundregeln sind bei beiden die Spielerinnen Hüte und knielange Röcke. Die Geschlechtern gleich. Obwohl Frauenfußball in ei- deutschen Frauen fingen dagegen recht spät mit dem nigen Ländern mit gewissen Einschränkungen ak- Sport an. In den 1930er Jahren gründete Frankfurt zeptiert wird, kämpfen die meisten Länder immer den ersten Frauenfußballverein. Die Frauen konnten noch um gesell- schaftliche Ak- zeptanz. In Sau- di-Arabien z. B. ist es den Frau- en immer noch untersagt, Fuß- ball zu spielen. Im Iran ist es ih- nen erlaubt, wenn sie Kopftü- cher tragen. Au- ßerdem dürfen die Männer ih- nen nicht dabei zusehen. Umge- kehrt dürfen die Frauen den Männern auch nicht beim Sport zugucken. Im 12. Jahrhun- dert wurde der Vorläufer des Mannschaftsfoto der Dinslakener U17 heutigen Fuß- balls, „La Sou-

82 jedoch zunächst nur gegen die Männermannschaften Natürlich ist die Euphorie bei den Fußballern noch spielen. größer als die bei den Fußballerinnen, das liegt vor allem daran, dass Fußball als eine reine Männerdo- In der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft mäne angesehen wird und der Männerfußball mehr war es für Frauen verboten, Sport zu betreiben. im Fokus der Öffentlichkeit steht. Doch mittlerweile Bewegungsmelder

Anspannung kurz vor dem Anpfiff

Auch der DFB unterband 1955 die Bildung von Da- kann man sich auch Frauenfußballspiele im Fernse- menmannschaften. Dieses Verbot wurde am 30. Ok- hen ansehen. Seit der Weltmeisterschaft 2006 in tober 1970 aufgehoben. Doch leider geschah dies Deutschland wollen auch immer mehr Mädchen nicht ohne einige Auflagen. Die Frauen mussten Fußball spielen, was man daran erkennen kann, dass eine halbjährige Winterpause einlegen, weil sie als es z. B. in Dinslaken und Umgebung immer mehr schwache Wesen galten, Stollenschuhe waren verbo- Mädchenmannschaften gibt. In Dinslaken ist SGP ten, die Bälle waren kleiner und leichter und die Oberlohberg der Verein mit den momentan meisten Spielzeit betrug 70 Minuten. Später wurde sie auf Mädchenmannschaften. Der Verein hat eine U13 (D- 80 Minuten erhöht. Der erste deutsche Pokalsieger Jugend), eine U15 (C-Jugend) und eine U17 (B-Ju- wurde 1981 ermittelt. Das Finalspiel findet auch gend), die nebenbei auch sehr erfolgreichen Fußball noch heute vor dem Pokalfinale der Männer statt, spielen. um es den Frauen zu ermöglichen, auch einmal vor Der beste Frauenfußballverein in NRW ist der FCR einem großen Publikum ihr Können unter Beweis zu 2001 Duisburg; die 1. Mannschaft spielt in der Bun- stellen. Der erste Pokalsieger war SSG 09 Bergisch desliga. Und so wird es auch in Zukunft immer Gladbach. Das erste offizielle Frauen-Länderspiel mehr Frauen und Mädchen geben, die sich für den fand am 10. November 1982 statt. Der bis jetzt er- Fußballsport interessieren und ihn ausüben. Auch folgreichste deutsche Frauenfußballverein ist der 1. wenn die Frauen niemals dieselbe Anerkennung be- FFC Frankfurt mit insgesamt 21 Titeln. kommen werden, wie es bei den Männern der Fall, ist es wichtig, sich auch in diesem Bereich für mehr Die erste Weltmeisterschaft fand 1991 in China statt, Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt ein- wo das deutsche Team den 4. Platz belegte. 2003 in zusetzen. den USA und 2007 in China wurden die deutschen Frauen Weltmeister. 2011 gilt es den Titel in Deutschland zu verteidigen. Seit 1995 sind die Frau- en ungeschlagene Europameisterinnen. Ann-Cathrin Dunkel, Stufe 12

83 Lesefieber

Rupien! Rupien! nen Fragen und seine dazu gegebenen Antworten Die Romanvorlage zu „Slumdog Millionär“ durch, die alle richtig gewesen sind. Zu jeder Ant- wort erzählt er ihr dann eine Geschichte aus seinem Leben, die grausamen Erfahrungen beinhaltet und Viele kennen wohl den umjubelten Film „Slumdog seine richtige Antwort auf die jeweils gestellte Frage Millionär“, der im Jahr 2009 acht Oscars und vier erklärt. Wirklich jede Antwort hat mit einem Ereig- Golden Globes gewon- nis aus seinem Leben zu tun. nen hat. Doch nur weni- Sein Leben ist nie besonders ge kennen die Roman- glücklich verlaufen, da seine vorlage für den Film. Mutter ihn nach der Geburt Der Roman wurde von vor einer Kirche zurückgelas- Vilas Swarup geschrie- sen und er sie nie gesehen hat, ben und trägt den Titel wie auch den Rest seiner Fa- „Q & A“ (questions and milie. answers) – dies ist der Titel der Originalausga- Ich finde das Buch sehr ge- be. Die deutsche Versi- lungen, da es auch ernstere on heißt „Rupien! Ru- Themen beinhaltet, wie z. B. pien!“. Korruption, die immer größe- re Kluft zwischen Arm und Das Buch unterscheidet Reich, Kindermissbrauch, Le- sich erheblich von dem ben in den Slums und die eth- Film, da dieser nur die nischen Spannungen zwi- Grundgeschichte über- schen den Weltreligionen. nommen hat: Ein armer Dies sind natürlich keine Junge, der eigentlich schönen Themen, aber es ist immer nur Pech in sei- gut, dass diese Themen nicht nem Leben gehabt hat, verharmlost werden. Es ist löst bei einer Quizshow spannend,dieses mitreißende („Wer wird Millionär“) Lebensabenteuer mit zu ver- eine Frage nach der an- folgen und zu erleben. Man deren, obwohl dies für stellt sich oft die Frage „Wird jemanden, der eigent- er es schaffen?“ und „Wird lich nie richtig zur sich sein Leben doch noch Schule gegangen ist, un- zum Guten wenden?“ möglich sein dürfte. Zwar enthält die Romanvorla- Selbst gebildeten Men- ge nicht dieselben im Film schen gelingt es nur in gestellten Quizfragen und die den seltensten Fällen, alle Fragen zu beantworten. damit verbundenen Erlebnisse, doch gibt es ein paar Es passiert also generell nur in Ausnahmefällen. Überschneidungen. Auch für jemanden, der den Darüber wundern sich auch die Produzenten der Film gesehen hat, hält das Buch noch viele Überra- Show und zweifeln daran, dass gerade dieser Junge, schungen bereit. Deshalb empfehle ich jedem, dem der nicht wirklich gebildet ist, alle Fragen auf lega- der Film gefallen hat, dieses Buch zu lesen. lem Weg hat beantworten können. Sie lassen ihn festnehmen und die Polizei versucht daraufhin mit Autor: Vikas Swarup Foltermethoden, die Wahrheit aus ihm herauszube- kommen. Titel: Rupien! Rupien! Im Unterschied zur Verfilmung bekommt die Haupt- Verlag: Kiepenheuer & Witsch figur, die hier Ram Mohammed Thomas und nicht Jamal Malik heißt, im Buch Unterstützung von einer ISBN: 978-3462037388 Anwältin, um zu beweisen, dass er die Antworten auf die ihm gestellten Fragen alle gewusst und nicht Preis: 8,95 € betrogen hat. Diese Anwältin ist Smita Shah, die ihm in seinem Leben schon einmal unter einem an- deren Namen begegnet ist – doch dies bemerkt er erst später. Mit ihr geht er noch einmal alle einzel- Sarah Hermens, Stufe 11

84 Torn Away Nun kennt ihr den Ausgang der Geschichte … oder doch nicht? Wen die spannende und erstaunliche Geschichte des Declan Doyle gepackt hat, sollte es Der nordirische Junge Declan Doyle wird im Alter sich nicht nehmen lassen, dieses Buch zu lesen. von 13 Jahren nach dem Tod seiner Eltern zu seinen Verwandten nach Kanada geschickt, um dort ein Torn Away ist ein sehr empfehlenswertes Buch, da neues Leben zu beginnen. Declan fühlt sich von An- sich hier jede Art von Mensch angesprochen fühlen fang an unwohl in Vancouver. Er möchte auf kann, egal ob arm oder reich oder ob jung oder alt. schnellstem Wege zurück nach Belfast, um die Mör- Des Weiteren bezieht der Autor James Heneghan Er- der seiner Eltern zu finden, die im Nordirlandkon- fahrungen und Situationen aus seinem eigenen Le- flikt zu Tode gekommen sind. ben mit ein, was die auf englisch geschriebene No- velle zu etwas sehr Persönlichem und Besonderen Während er alleine in Belfast nach den Mördern sei- macht. ner Eltern fahndet, gerät er in die Gang „Holy Terro- rists“, die sich seit einiger Zeit Straßenschlachten Alle Fans der englischen Sprache werden hier auf Lesefieber mit der Polizei liefert. ihre Kosten kommen, da sich die Novelle erstaun- lich gut lesen lässt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fasst die Polizei Declan jedoch, sodass er nun auf Verlangen der Landesbehörde zu seinem Onkel Matthew per Flug- zeug nach Vancouver geschickt wird. Autor: James Heneghan Dort angekommen, versucht er mit allen Mitteln, Titel: Torn Away wieder zurück nach Belfast zu gelangen. Verlag: Cornelsen Sein Onkel Matthew Doyle kann dieses Hin und Her nicht mehr ertragen, weshalb er einen Deal vor- ISBN: 978-3-464-06825-0 schlägt: Declan soll mindestens noch bis Dezember in Vancouver bleiben und anschließend die Erlaub- Preis: 9,25 € nis bekommen, nach Belfast zurückzukehren. Als Declan dann noch die Wahrheit über den Tod seines Vaters erfährt, überwältigen ihn die Gefühle und für ihn ist die Entscheidung klar. Florian Kreilkamp, Stufe 12

Warrior Cats – In die Wildnis Mir gefiel das Buch sehr gut, da es spannend ge- schrieben ist und es wirklich einmal eine neue Er- fahrung ist, ein Buch über Katzen zu lesen. Ich emp- Obwohl man es zunächst nicht wirklich glauben fehle das Buch deswegen all denjenigen, die gerne möchte, geht es in diesem Buch tatsächlich um: Kat- Fantasy-Romane lesen und mal etwas Neues entdek- zen. Zudem kommt es ganz ohne Elfen, Zwerge und ken wollen. andere Fabelwesen aus. Das ist zunächst einmal ver- wirrend, wie viele Fantasy-Bücher handeln schließ- lich von Tieren? Doch wer das Buch gleich wieder in das Bücherregal stellt, ist damit schlecht beraten! Autor: Erin Hunter Denn obwohl es am Anfang langweilig klingt, ein „Tierbuch“ zu lesen, verbirgt sich hinter dem Titel Titel: Warrior Cats- In die Wildnis eine spannende Geschichte. Verlag: Beltz & Gelberg Es geht um eine Hauskatze namens Sammy, die da- von träumt, wie die Wildkatzen im Wald zu leben. ISBN: 978-3-407-81041-0 Eines Tages fasst Sammy sich ein Herz, geht in den Wald hinein und wird tatsächlich Schüler des Don- Preis: 14,90€ nerclans, eines der vier Wildkatzenclans, die seit Generationen in dem Wald leben. Dort wird er als Krieger ausgebildet und lernt zu jagen und zu kämp- fen. Er bekommt neue Freunde, allen voran einen Paul Görs, Stufe 12 Schüler namens Graupfote, doch nicht alle erkennen ihn aufgrund seiner Herkunft als Clankatze an. Aber dann droht der Schattenclan, ein anderer Katzen- clan, den Donnerclan aus seinen Territorien zu ver- treiben. Es kommt zum Krieg…

85 Drachenbrut vor die Wahl gestellt, entweder sein altes Leben fortzusetzen oder fortan das ruhmreiche, aber einsa- me Leben eines Drachenreiters zu führen. Dieses Fantasybuch spielt während der napoleoni- Mir gefällt dieses Buch besonders, weil es nicht wie Lesefieber schen Kriege, genauer gesagt, als Napoleon auf dem die meisten anderen Fantasybücher im Mittelalter Höhepunkt seiner Macht angelangt ist und nun seine spielt. Herrschaft mithilfe von Drachen sichert. Doch seine Machtgier ist damit noch nicht gestillt. Schon bald Auto: Naomi Novik wird er seine Armee über den Ärmelkanal schicken, um England, das letzte freie Land Europas zu unter- Titel: Drachenbrut werfen. Währenddessen kapert der englische Seeka- pitän Will Laurence vor der spanischen Küste eine Verlag: cbt französische Fregatte. Im Frachtraum dieses Schif- fes macht er eine unglaubliche Entdeckung: das Ei ISBN: 978-3-570-30410-5 eines äußerst seltenen Drachen! Einige Tage darauf, als der Drache unerwartet mitten auf See schlüpft, Preis: 8,95 € kümmert sich Will um das Drachenjunge. Doch als der Drache ihn als seinen Reiter bestimmt, wird er Lutz Görs, Klasse 8d

Faunblut den faszinierenden Faun kennen lernt, ist nichts Ein besonderes Buch aus dem Fantasy-Genre mehr, wie es war. Plötzlich erbebt die Stadt am Ran- de der Zeit, denn die Rebellen wollen ihre Heimat von der grausamen Lady Mar befreien, die seit Jah- ren mit eiserner Faust regiert. Auch gefährliche, Seine Haut roch nach Wald und Winter. bleiche Wesen, genannt Echos, scheinen wieder auf- Nach Moosen und Farn, zutauchen um Rache an der Lady zu nehmen, die ihr und ein wenig auch nach Schnee. Volk vor Jahrzehnten ausgerottet hat. Mitten in die- Es war ein Duft, der sie schwindlig sem Chaos verlieben sich Jade und Faun entgegen machte und verwirrte. jeder Vernunft ineinander und Jade erkennt, dass sie nicht nur Mitleid für die Echos empfindet, es scheint Als Jade, das Mädchen mit den flussgrünen Augen, noch eine andere Verbindung zu geben... Nina Blazon ist mit „Faunblut“ ein wunderbarer Ro- man gelungen, der den Leser in die faszinierende Welt von Faun und Jade entführt. Schon der Ein- band überzeugt durch Besonderheit und schmückt jedes Bücherregal. Doch vor allem bieten Jade und Faun eine willkommene Abwechslung zu jedem der Vampir-Romane, die im Moment das Fantasy-Genre beherrschen. Wer „Faunblut“ liest, wird merken, dass es mit jeder Seite schwieriger ist, es beiseite zu legen, und es nicht mehr so einfach ist, aus dieser Welt aus Mythen und Legenden aufzuwachen.

Autor: Nina Blazon Titel: Faunblut Verlag: cbt ISBN: 978-3570160091 Preis: 18,95 €

Laura Schulze, Stufe 11

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Lesefieber Schreibsalon

Der Sommer und der Winter dass er den Menschen mit dieser Unterredung einen riesigen Gefallen getan hatte. So sorgte er sehr schnell dafür, dass alle Bäume und Pflanzen wieder Wie jedes Jahr um jene Zeit zog der Winter ins ihre Blätter trugen. Die Tage wurden wieder länger Land. Die Tage wurden langsam dunkler, die Tem- und die Vögel fanden den Weg zurück in ihre Hei- peraturen fielen um ein paar Grad und die Bäume mat. Und die Menschen freuten sich. Er war sich verloren allmählich ihre Blätter. Doch trotzdem – ir- sehr sicher, dass er richtig gehandelt hatte. Doch lei- gendetwas war in diesem Jahr anders. Die Zeit ver- der wurde der Sommer nach einigen Monaten sehr ging und verging, doch es wurde einfach nicht Win- müde. Er wurde so müde, dass es ihm passierte, dass ter. Der Sommer blieb standhaft und ließ den Winter er mitten am Tage einschlief, weil er so viel zu tun nicht ein. Das erschien dem Winter sehr merkwür- hatte. Und wenn der Sommer einschläft dann ist das dig, also machte er sich auf den Weg, den Sommer sehr schlecht. Denn es gab keinen vernünftigen zur Rede zu stellen. Seine Suche war sehr langwie- Rhythmus mehr für die Menschen und Tiere. So war rig, doch er hatte Glück. Unter dem einzigen Baum der Tag manchmal viel zu lang, die Nächte waren im ganzen Lande, der noch keine Blätter verloren zum Teil zu kurz, zwischendurch brach die Nacht hatte, saß der Sommer und schaute griesgrämig in auch mitten im Tage ein oder umgekehrt. Das die Baumkrone. Als der Sommer den Winter er- Schlimmste an allem war jedoch, dass der Sommer blickte, drehte er ihm mürrisch den Rücken zu. seine Temperatur nicht mehr richtig regulieren „Liebster Sommer, was ist mit dir los? Warum lässt konnte. Und so geschah es, dass der Sommer kom- du mich nicht ins Land?“, fragte der Winter traurig plett überfordert war. Als er eines Tages nach einem und schaute den Sommer unglücklich an. „Wieso Nickerchen wieder aufwachte, war es passiert: Die fragst du mich das, Winter?“, antwortete der Som- Pflanzen und Bäume ließen alle ihre Blätter und mer. „Das muss dir doch selbst schon längst aufge- Zweige hängen, sofern sie noch vorhanden und fallen sein. Merkst du denn nicht, dass mich die nicht verbrannt waren. Das Gras war ganz braun, Leute viel lieber mögen als dich? Im Sommer sind weil es zu wenig Feuchtigkeit hatte. Die Menschen die Menschen immer glücklich. Im Winter hinge- zogen sich in ihre Häuser zurück und hatten gen… Da sind sie traurig, weil die Tage so dunkel schlechte Laune, da bei der Hitze alles viel zu an- und so kurz sind und sie nicht so lange draußen in strengend war. Das erschütterte den Sommer zutiefst der Natur bleiben können, da alles viel zu kalt ist.“ und er merkte, dass er Hilfe brauchte. Doch wer Der Winter schaute verdutzt. „Aber das stimmt doch sollte ihm schon helfen? Ihm konnte doch gar keiner gar nicht, lieber Sommer. Natürlich sind die Tage helfen…Da fiel ihm der Winter ein. So ließ der kürzer und es ist kalt, aber wenn ich den Schnee Sommer durch die Strahlen den Winter suchen. Das bringe, freuen sich auch viele Menschen. Sie ziehen war sehr schwer, da der Winter sich so tief in seinem sich schön wohlig warm an und verbringen ebenso Winterschloss verkrochen hatte. Dennoch schaffte viel Zeit in der Natur und sind glücklich.“ „Nein, es eines Tages ein Strahl und kitzelte den Winter an das siehst du falsch.“ Jetzt guckte der Sommer den der Nasenspitze, wovon er sofort erwachte. Er Winter böse an. „Wenn sich die Menschen im Win- schlief nämlich so lange schon so tief, dass er schon ter freuen, dann freuen sie sich höchstens wegen des fast eingefroren war, und so kam der kleine Sonnen- Schnees. Und das auch nur für ein paar Tage, weil strahl genau richtig, um den Winter vor dem ewigen der Schnee irgendwann matschig wird und alles viel Schlaf zu retten. Der Winter war noch immer sehr zu kalt ist. Und ab da freuen sich die Menschen ein- traurig, doch als er erfuhr, was passiert war, nahm er fach nur, weil der Winter bald vorbei ist.“ Nun seine Beine in die Hand und zog ins Land hinaus. guckte der Sommer ganz böse und plusterte sich vor Das tat gut! Das Wetter kühlte ab, die Bäume und Wut regelrecht auf. „Ist es wirklich so schlimm? Pflanzen verloren wieder ihre Blätter und konnten Mögen mich die Menschen denn wirklich gar sich ausruhen, die Tiere und die Menschen hatten nicht?“, fragte der Winter enttäuscht. Der Sommer wieder einen normalen Rhythmus und freuten sich nickte und schaute sehr ernst. Da kullerten dem über den Schnee. Der Sommer war dem Winter sehr Winter vor Enttäuschung ein paar Tränen über die dankbar und es tat ihm schrecklich Leid, dass er den weißen Wangen und er ging fort. Er hätte niemals Winter so schlecht geredet hatte. Er sah ein, dass gedacht, dass so viele Menschen so böse darüber sich die Menschen sowohl über den Sommer, als sind, wenn Winter ist. Das machte ihn so betrübt, auch über den Winter freuen, und erkannte, dass die dass er wieder zurück in sein Winterschloss ging, Erde nur durch beide in einem regelmäßigen Rhyth- um sich dort zu verstecken und einen lebenslangen mus erhalten bleiben konnte. So freundeten sich Winterschlaf zu halten. Denn wenn ihn doch nie- Sommer und Winter an und sorgen bis heute noch in mand haben wollte, dachte der Winter, dann brauch- jedem Jahr für viel Spaß und Lebensfreude – und te er auch gar nicht mehr da zu sein. das sogar zu jeder Jahreszeit! Der Sommer war nun sehr zufrieden. Er wusste, Christina Wollnitz, Stufe 13

88 Im Café schmunzeln, da diese Frau im Gegensatz zum Mann keine Freude und Energie, sondern Melancholie aus- strahlt. Sie sieht ein wenig traurig aus. Ihr Blick Wie jeden Tag gehe ich in meiner Mittagspause in schaut ins Leere, bohrt sich tief in die graue Wand ein Café. Ich lasse mich ein wenig erschöpft in ei- gegenüber. Ich bekomme Mitleid mit ihr; muss mich nem der bequemen Sessel nieder und blättere in ei- zurückhalten, um nicht aufzustehen und sie zu trö- ner gerade erst gekauften Zeitung. Ich lese meist nur sten. Auch der fröhliche Mann schaut sie an. Er be- die Überschriften, gelegentlich ein oder zwei Arti- merkt ihre Traurigkeit und lächelt ihr aufmunternd kel, schaue mir aber die Bilder an. Ich bestelle mir zu. Sie spürt wohl seinen Blick auf sich und schaut einen Kaffee, ohne Milch, aber mit fünf Stücken auf. Ihre Blicke begegnen sich. Nun verändert sich Zucker. Herrlich… Ich lege die Zeitung beiseite und ihr Gesichtsausdruck. Ihre Traurigkeit scheint dahin- betrachte meine Umgebung. Die Sonne scheint, oder zuschmelzen, wie Eis in der Sommersonne. Ihre Au- sollte ich besser sagen: strahlt durch die geöffneten gen beginnen zu strahlen, die Sorgen scheinen von Fenster. Man riecht den bevorstehenden Frühling. ihr abzufallen. Beim Anblick dieses zufriedenen und Ich lasse meinen Blick weiter schweifen und ent- fröhlichen Mannes stiehlt sich ein Lächeln auf ihr

decke einen Mann. Er strotzt nur so vor Freude und Gesicht. Sie atmet die frische Frühlingsluft tief ein Schreibsalon Energie. Er genießt diesen wunderschönen Tag, und und beginnt endlich diesen wunderschönen Tag zu auch auf meinem Gesicht breitet sich nun ein Lä- genießen. cheln aus. Nun wandert mein Blick weiter und ich entdecke eine junge Frau. Ich muss ein wenig Katharina Bochmann, EF

Damals war er erst sechs... ihn draußen abgesetzt hatte, wo Nachbarn sich be- reits versammelt hatten, rannte sie, mit dem Blick einer äußerst besorgten Mutter, wieder ins Haus, ob- Damals war er erst sechs. Er war erst sechs Jahre alt wohl die Nachbarn versuchten, sie davon abzuhal- und wollte eigentlich nur mit seiner Schwester spie- ten. Erleichtert wartete er draußen und war froh, len. „Du musst im Schrank suchen”, sagte er zu sei- dass seine Mutter seine Schwester retten würde. ner Schwester und schloss die Schranktür im Schlaf- „Gleich sind wir alle wieder zusammen und wenn zimmer seiner Eltern sofort ab, als sie hineingekro- Papa kommt, essen wir dann Abendbrot”, dachte er chen war. Das Klopfen seiner Schwester fand er lus- sich und wartete. Während er wartete, sah er, wie tig, doch als diese im Dunkeln Angst bekam, sagte die Feuerwehrwagen hintereinander fuhren und die er, dass sie keine Angst haben müsse und er ihr Männer aufgeregt ins Haus rannten. Dann durfte er Licht holen würde. Seine Mutter bereitete in der Kü- mit dem netten Mann in einem Krankenwagen mit- che das Abendessen vor, sodass er aus dem Wohn- fahren, der ihm sagte, dass sein Papa ins Kranken- zimmer eine Kerze vom Tisch nehmen konnte. Je- haus kommen würde. „Aber was ist mit meiner den Abend zündete seine Mutter Kerzen an, denn sie Mama und meiner Schwester?”, fragte er, worauf fand, dass Kerzen alles viel gemütlicher und schöner der nette Mann nicht antwortete. gestalteten. Als er den Schrank wieder öffnen woll- „Du hast sie getötet”, sagte sein Vater, als er ihm ge- te, fiel derWachsstab aus seiner Hand und rollte un- schildert hatte, was geschehen war. „Warum hast du ter das Bett. Panik überkam ihn, er sah, wie etwas das getan? Warum hast du sie getötet?”. Er wusste unter dem Bett flackerte, seine Schwester schrie und nicht, was geschehen war, wen hatte er getötet? Sei- klopfte an die Schranktür, seine Mutter rief, dass er ne Mama und seine Schwester? Nein! Man tötet seine Schwester nicht ärgern sollte. Es fing an zu doch niemanden, den man liebt. „Sie sind nicht tot, dampfen und das Feuer brach aus. „Ich komme Mama holt sie aus dem Schrank, bald sind sie auch gleich wieder”, sagte er seiner Schwester, die immer hier”. Doch dann zogen Menschen seinen Vater zur noch im Schrank saß, ging aus dem Zimmer heraus Seite, der plötzlich hinfiel und getragen werden und schloss die Tür, damit seine Mutter nicht merk- musste. Er sah viele Menschen und wusste nicht, te, was er angerichtet hatte. Was sollte er nun tun? was geschehen war... Er ging an den Ort, den er immer aufsuchte, wenn er Heute ist er 34 Jahre alt und weiß nun, was damals Angst hatte, Ärger zu bekommen. Er versteckte sich geschehen ist. Heute fragt er sich, ob die Menschen im Abstellraum, zwischen dem Regal für die Kon- es sehen oder ob sie es wissen, dass er ein Mörder servendosen und dem Regal mit den Nudelpackun- ist. Bestimmt wissen sie es, sonst würden die Men- gen und den Süßigkeiten. Plötzlich hörte er, wie sei- schen ihn auf der Straße nicht so komisch ansehen. ne Mutter panisch die Namen ihrer Kinder rief, aus Bettina aus der dritten Etage wäre bestimmt nicht so Angst antwortete er nicht. Als seine Mutter in die unfreundlich, wenn sie es nicht wüsste. Bestimmt Abstellkammer hineinstürmte und ihn aus seinem wissen alle seine Kollegen, dass er schuld ist, und Versteck herausriss und Richtung Haustür trug, meiden deshalb den Kontakt mit ihm. Er hat nie konnte er nicht glauben was er sah, das ganze Haus wieder von dem Geschehen erzählt, weil er weiß, war voll mit grauem und schwarzem Rauch und hin- dass er die Schuld daran trägt. ter ihnen sah er die brennenden Türen, die Stühle und die Teppiche. Alles brannte! Als seine Mutter Nadine Nayseh, Abitur 2010

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Nachgefragt

Mode aus Düsseldorf 30, welche von Niveau Interview mit der Designerin Barbara und Stil geprägt ist. Schwarzer Ich mache eventige Mode, das heißt nicht nur Abendroben, son- dern auch die Tages- Nachrichtensprecher, Moderatoren und Schauspie- mode, die so elegant ler – Barbara Schwarzers Mode hat in den letzten ist, dass sie auch pro- 10 Jahren weite Kreise gezogen und wird immer po- blemlos zum kleinen pulärer. Die erfolgreiche Düsseldorfer Designerin Anlass getragen wer- erzählt über ihr Modelabel und berichtet über das den kann. Luxuriöses Berufsbild eines Designers. Understatement komi- biniert mit femininer Frau Schwarzer, zunächst interessiert uns, wie es Note. Auf die Richtige Barabara Schwarzer denn dazu kam, dass Sie Gesicht und Namen für Mischung kommt es ein Modelabel geben! an. Dass ich Designerin werden wollte, stand schon im Besonders bekannt sind Sie für ihre eleganten Kindesalter fest. Ein eigenes Label zu gründen hatte Abendkleider. Ich kann mir vorstellen, dass Sie ich zwar nicht speziell als Ziel, doch als mein Mann, in diesem Bereich der Modebranche auf eine sehr Claus Schwarzer, 1985 die Geschäftsleitung der Au- interessante Kundenclientel stoßen. gustat GmbH übernahm, bat sich für uns beide eine einmalige Chance. Also gründeten wir neben der er- Das mag von außen sicher so scheinen, aber wenn folgreichen Linie „Angie – the event collection“ man bereits jahrelang in der Branche tätig ist, ge- noch das Label wöhnt man sich daran. Die Abendkleider werden „Barbara Schwar- häufig auf Events wie der Goldenen Kamera, dem zer“. Echo oder Ähnlichem getragen. Zu meinen Kundin- nen gehören z. B. Frauke Ludowig, Lena Gercke, Was unterschei- Barbara Maier, Mariella Ahrens, Bettina Zimmer- det „Angie“ mann oder Birgit Schrowange. hauptsächlich von „Barbara Schwarzer“? Verkaufen Sie Ihre Mode ausschließlich in Während ich beim Deutschland? Label „Barbara Schwarzer“ das Beide Linien sind in allen europäischen Ländern Chefdesign über- vertreten. Besonders der russische Markt ist in den nehme, ist mein letzten Jahren neben Deutschland ein wichtiger Sohn, Kolja Handelssektor geworden. Früher haben wir auch Schwarzer, bei viel in die USA verkauft, was jetzt aber aus Kosten- „Angie“ dafür zu- gründen nicht mehr lukrativ ist. ständig. Es sind, modisch gesehen, Wie hart war die „Augustat GmbH“ von der zwei voneinander Wirtschaftskrise betroffen? unabhängige Mar- ken. „Angie“ ist, Verwunderlicherweise zählen wir die Jahre der Wirt- verglichen mit schaftskrise zu den umsatzstärksten. „Barbara Schwar- zer“, die jüngere Wir können natürlich nur spekulieren, woran das und frischere liegt. Wünschenswerterweise könnte es an unseren Mode, welche al- Kollektionen liegen, aber ich gehe einfach davon Feine Abendgarderobe lein durch den aus, dass die Leute sich in schweren Zeiten etwas Preis vemehrt von Gutes tun wollen. Und wer möchte in dieser Gesell- jungen Frauen ge- schaftsklasse schon auf luxuriöses Auftreten ver- tragen wird. Das Label „Barbara Schwarzer“ hinge- zichten? gen fokussiert sich auf die anspruchsvolle Frau ab

92 Man fragt sich ja immer, woher Designer wohl dio gemacht, anders aber die Produktion. Zunächst ihre Inspirationen haben. Woher wissen Sie denn, lassen wir mit Hilfe der Schnittmuster Musterteile was zur Zeit im „Trend“ liegt und welche Farben anfertigen. Diese werden uns dann zugesandt und und Stoffe aktuell sind? entweder noch geändert, oder weiter in Produktion gegeben. Für die sogenannte „Inspiration“ ist es wichtig, ein ruhiges und atmosphärisches Arbeitsumfeld zu ha- Produziert wird doch sicher nicht in Deutsch- ben. Unser Studio in Düsseldorf ist dafür perfekt, land, oder? denn ich liebe dieses loftige, helle und gleichzeitig ursprüngliche Ambiente. Besonders einflussreich Nein, wir produzieren nichts mehr in Deutschland. sind auch die Gesellschaft, die Umwelt und die Poli- Wir hatten mal eine Musterschneiderei im Haus, tik. Zu Zeiten der Emanzipation z. B. versuchen wir aber es lohnt sich einfach nicht mehr. Wir lassen durch unsere Mode überwiegend in Asien und den USA Kleidung her- Frauen besonders stellen. Dies hat aber keinerlei Einfluss auf die Qua- selbstbewusst und lität unserer Teile. Präsentieren tun wir unsere Klei- stark erscheinen zu dung dann auf Modemessen, wo sie von Kunden ge- Nachgefragt lassen. Hinzu kommt sichtet und erworben wird. noch, dass ich sehr viel mit meinem Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es einige Mann reise. Jede Zeit dauert, bis eine solch ausgefeilte Kollektion Stadt und jeder Ort tatsächlich zu kaufen ist. Woran arbeiten Sie verschafft uns neue denn zur Zeit? Ideen. Ja, das ist richtig. Wir fangen gerade an, die Som- Ist es nicht beson- merkollektion für 2011 zu designen. Es ist viel Ar- ders schwer, sowohl beit, 200-250 Kollektionsteile zu erstellen, und es den aktuellen kostet unwahrscheinlich viel Energie. Doch ich wer- Trend, als auch die de nach jeder fertigen Kollektion wieder vom Stolz eigene Note in Ihre gepackt und freue mich auf die nächste Saison. Kleidung einzubrin- gen? Trotz der großen Anstrengung macht Ihnen ihre Arbeit noch Freude? Die modischen Trends legen eher die Selbstverständlich. Das wichtigste im Beruf des De- großen und modisch signers ist die Leidenschaft. Sie glauben gar nicht, einflussreichen Desi- wie viel Persönliches in einer Kollektion steckt. Das gner fest. Die großen körperliche und geistige Wohlbefinden ist von gro- Designer bezeichnen ßer Bedeutung. Hätte ich also kein Spaß an meiner sich als Künstler, als Arbeit, wäre ich lange nicht mehr so erfolgreich. Modeschöpfer. Es ist völlig legitim, sich Unsere Redakteurin Regina Was prägt denn den Alltag eines Designers? Ver- bei ihnen etwas abzu- Seese in einem Kostüm von bringen Sie ihre Zeit ausschließlich mit dem De- schauen, und durch Barbara Schwarzer signen neuer Kleidungsstücke? meine Entwürfe, wel- che meinen Stil und Das ist leider nicht der Fall. Heutzutage gehört viel modischen Ge- Organisatorisches dazu. Es steht bald z. B. wieder schmack verkörpern, wird die Mode tragbar ge- die cpd (Collection Premier Düsseldorf), eine Mo- macht. demesse, an. Im Moment konzentriere ich mich also darauf, die Kleidungsstücke messebereit zu machen. Kurz und knapp, Frau Schwarzer: Wie kommt es von einer Inspiration zu einem fertigen Klei- Frau Schwarzer, Sie als Designerin haben einen dungsstück im Laden? Beruf, den sich sicher viele junge Mädchen und Jungen wünschen. Was muss ein zukünftiger De- Kurz und knapp – das ist leicht gesagt. Das erfassen signer mitbringen, um seinen Beruf erfolgreich eines Trendes habe ich bereits beschrieben, somit ausüben zu können? wäre der nächste Schritt üblicherweise die Anferti- gung eines Musterteiles. Dazu nehme ich ein Stück Meine Arbeit setzt sich sowohl aus privaten als auch Stoff, stecke es zu einem Kleidungsstück an einer fachlichen Kompetenzen zusammen. Was jeder De- Puppe zusammen und lasse mir von den Schnitt- signer mitbringen sollte, ist die bereits erwähnte technikern ein Schnittmuster dafür anfertigen. Leidenschaft. Man muss beständig kreativ und offen sein. Besonders, wenn man ein Label leitet, darf Werden die Schnittmuster bei Ihnen im Haus an- man nie abschalten. Alles, was ich sehe und denke, gefertigt? bringe ich sofort mit meiner Arbeit in Zusammen- hang und darüber sollte man sich definitiv bewusst Ja, richtig. Die werden in Düsseldorf im Designstu- sein. Als Designer ist Mode kein Hobby, es ist das

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Lesefieber Collage: SchulfeierlichkeitenimOktober 2010 Unternehmen. Manbrauchteinfachständig Ab- arbietet manimDurchschnittnur3Jahrebeieinem sofort inden Arbeitsmarkt integrieren. Als Designer le PraktikaundErfahrungaufweisenkann,lässtsich konfrontiert. Nurwerausgesprochengutistundvie- ten ProblematikwirdmanerstnachdemExamen Talent unddasgewisse„Knowhow“.Mitdergröß- ersten Semestersicher, dennausschlaggebendsind zeitaufwendig. NichtmalmitFleißschafft mandie Beruf raten.DasStudiumistunheimlichschwerund sen Berufswegeswürdeichniemandemzudiesem raussetzt. Trotz meinesvergleichsweise reibungslo- gner/in, welchesverständlicherweisedas Abitur vor- Unumgänglich istdasStudiumzum/zurModedesi- Hindernisse auf? aus? Wo treten besondershäufigProbleme und Und wiesiehtesmitdemschulischen Werdegang Leben. Regina Seese,Stufe12 Jahr einOutlet. in DüsseldorfaufderFringsstraßenochdreiMalim Carsh Haus sondern sindinKaufhäusernwie „Young Couture“habenkeineeigenenBoutiquen, degeschehen geben.„BarbaraSchwarzer“und hoffe, ichkonnteeinenkleinenEinblickindasMo- Ich bedankemichauchfürdasregeInteresseund deren Interesse Siegeweckthaben. ten, woIhre Modedennerhältlichist,für alle, worten. Vielleicht könnenSieunsjanochverra- formative Interviewunddiedetaillierten Ant- Zum Schlussbedankeichmichfür dassehr in- knüpft ist. wechslung, welcheauchmitneuerMotivationver- erhältlich. Außerdem habenwirbeiuns P&C oderdem

Nachgefragt Fotos: Herr Hawix

IMPRESSUM Kontaktdaten: Redaktion FATAL Schlussakkorde Otto-Hahn-Gymnasium Dinslaken Chefredakteur: Tobias Schillings Hagenstraße 12, 46535 Dinslaken Tel.: 02064/54050; Fax: 02064/731785 Layout: Johannes Leuker E-Mail: [email protected] Finanzen/Marketing: Frederik Ortmann, Niklas Homepage: http://www.fatal-ohg.de Dietzsch Netzwerk: http://www.zeitungsfieber.de

Textkorrektur: Tobias Schillings, Sina Erben, Laura Zampich, Nils Borchers, Brian Brand LETZTE WORTE Nun haben wir es zum Glück doch noch geschafft, Fotos: FATAL-Redaktion, Wikipedia das Jahr 2010 nicht veröffentlichungslos ausklingen zu lassen und gleichzeitig noch unser neues Logo Titelseite: Nils Borchers auf die Titelseite zu bringen. Besondere Verdienste hat sich hierbei unser neuer Layouter Johannes Leu- ker erworben, der sich innerhalb kürzester Zeit in Redakteure: die von uns verwendete Software einarbeiten und Katharina Bochmann, EF anschließend die Mammutaufgabe bewältigen muss- Nils Borchers, Stufe 13 te, die Unmengen an Texten und Bildern in eine Brian Brand, Stufe 12 publikationsreife Form zu bringen. Dabei ist es ihm Jan Duda, Stufe 11 gelungen, unser bislang sehr schematisches Layout Ann-Cathrin Dunkel, Stufe 12 an einigen Stellen etwas aufzubrechen – ein Ansatz, Dustin Ehret, Stufe 11 den wir in Zukunft weiterverfolgen werden. Ein be- Sina Erben, Stufe 12 sonderer Dank gebührt auch den beiden neuen Mar- Lars Gierkink, Klasse 8d keting-Redakteuren Frederik Ortmann und Niklas Lutz Görs, Klasse 8d Dietzsch, die unsere Heftfinanzierung mit einem Paul Görs, Stufe 12 Auftragsrekord abgesichert haben. Sarah Hermens, Stufe 11 Yannik Hermey, Stufe 12 Andreas Kleimann Eva Holzmann, Klasse 8a Matthäus Holzmann, Stufe 11 Inserentenverzeichnis David Knapp, Abitur 2010 Eriks Fahrschule 2 Florian Kreilkamp, Stufe 12 Stadtwerke Dinslaken 12 Julia Leppek, Stufe 12 Skurril 13 Johannes Leuker, EF Bellenhaus 14 Sarah-Ly Lohmann, Stufe 11 Juwelier Michels 15 Leonie Meurer, Stufe 11 Lotto Kos 19 Nadine Nayseh, Abitur 2010 Skurril 28 Lukas Rosenberger, Stufe 12 Ritas Fotoatelier 32 Tobias Schillings, Stufe 13 Der Fahrradladen 32 Adrian Schnier, Stufe 12 Deutsche Bank 41 Laura Schulze, Stufe 11 Fahrschule Janssen 44 Johannes Schwerdt, EF Volksbank Dinslaken 45 Regina Seese, Stufe 12 Schollin 50 Bastian Steuwer, Abitur 2010 Gasthof Ortmann 52 Christina Wollnitz, Stufe 13 DKS Wohnungsbau und Verwaltungs GmbH 56 Laura Zampich, Stufe 12 Lackierer Stricker 60 G&G Musicshop und Casebau 64 Musikschule Volker Remberg 64 Betreuende Lehrkraft: Andreas Kleimann Das Fahrradlädchen 69 Reisebüro Müller 79 ViSdP: Tobias Schillings ThyssenKrupp Printmedia GmbH 87 Fahrschule Startklar 94 Auflage der Printausgabe: 400 Stück Budesagentur für Arbeit 97 ThyssenKrupp Steel 99 Druck: ThyssenKrupp Printmedia GmbH Sparkasse Dinslaken 100

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7K\VVHQ.UXSS6WHHO(XURSH :LUGHQNHQ6WDKOZHLWHU “Wir haben jetzt endlich auch ein Jugend-Girokonto bei der Sparkasse.”