LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Drucksache 13. Wahlperiode 13/3619 21. 10 1998

Kleine Anfrage

der Abgeordneten AngelaSchneider-Forst und Ulla Schmidt (CDU)

und

Antwort

des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung

• Prävention gegen Gewalt an Schulen im

Die Kleine Anfrage 1736 vom 30. September !998 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: Welche konkreten Maßnahmen zur Prävention von Gewalt werden konkret an den einzelnen Schulen im Westenvaldkrcis durchgeführt bzw. geplant, um der Gewalt an den Schulen im Westerwaldkreis im Vorfeld zu begegnen?

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. Oktober 1998 wie folgt beantwortet:

Wie bereits in der Beantworcung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Beth (Drucksache 13/3385 vom 10. August 1998) bemerkt, legt die Landesregierung größten Wert darauf, Prävention zielgruppenspezifi~ch anzugehen. Gewaltprävention ist im originären Sinne Bestandteil der schulischen Unterrichts· und Erziehungskultur, d. h. des täglichen pädagogischen Miteinander­ umgehens, das darauf ausgerichtet ist, die Persönlichkeit jedes heranwachsenden Menschen zu stärken, sein Selbstwertgefühl auf­ und auszubauen, seine kommunikativen Fähigkeiten zu entwickeln, Frustrationserlebnisse zu verhindern bzw. zu reduzieren, deren Ursachen Kinder nicht nachvollziehen können, sowie die Fähigkeit zum friedlichen Austragen von Konflikten zu fördern . In dem Maße, in dem es gelingt, 'Kinder und Jugendliche in diesem Sinne in ihrer Entwicklung zu fördern, ist die wesentliche Grundlage zur Gewaltprävention gelegt. • Daher versteht die Landesregierung ihre Angebote und Anregungen für Schulen stets als I-Iilfe zur langfristigen Entwicklung eines auf die jeweils örtlichen Verhältnisse angepassten Präventionskonzeptes, das die Schulen gemäß ihrer Ausgangsvoraussetzungen gestalten und kontinuierlich auf seine Wirksamkeit hin überprüfen müssen. Hierzu stehen den Schulen des Landes die Angebote und gezielte Hilfen der Lehrerfort· und -Weiterbildung, des schulpsychologischen Dienstes, des Pädagogischen Zentrums und der Schulaufsicht zur Verfügung, wie sie beispielhaft in der Beantwortung der genannten Kleinen Anfrage aufgeführt sind. Darüber hinaus arbeiten viele Schulen im Bereich der Gewaltprävention mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der öffentlichen und freien Jugendhilfe, mit der Polizei sowie Organisationen und Vereinen im Sinne einer institutionellen Öffnung zusammen.

Gewaltprävention ist demnach ein langfristiger Prozess, der im schulischen Alltag erfahrbar werden muss und nur ausschnitthaft dargestellt werden kann. Die pädagogische Alltagsarbeit wird dabei unterrichtlich, fächerübergreifend und in der "Lebenswelt~ Schule geleistet. Die besondere pädagogische Sensibiiisierung kann durch Angebote und gezielte Aktionen und Programme gestei­ gert werden, die in ihrer Interdependenz und eingebunden in die pädagogische Gesamtkultur ein schuleigenes Prävention:Y konzept ausmachen, das allerdings nicht abschließend sein kann, sondern sich in einem permanenten Weiterentwicklungsprozess befindet.

Im Rahmen der Beantwortung der Anfrage können daher auf Grund der Komplexität der Thematik auch für den ~ kreis nur beispielhaft einzelne Hilfestellungen und Präventionsansätze ohne Prioritätemetzung genannt werden:

Druck: Landtag Rheinland·Pfalz, 16. November 1998 Drucksache 13/3619 Landtag Rheinland-Pfalz- 13. Wahlperiode

- In den letzten zwei Jahren erhielten die folgenden Schulen des Westerwaldkreises im Rahmen der Aktion "Sport und Spiel statt Gewalt auf dem Schulhof" finanzielle Unterstützungen für die Gestaltung des Pausenbereiches: die Hauptschule , die Grundschule Hachenburg, die Graf-Heinrich-Realschule Hachenburg, die Hauptschule , die Grundschule Nentershausen, die Grundschule Hoher Westerwald in Nisrer-Möhrendorf, die August-Schule in Neuhäusel, die Schule für Lernbehinderte in Hachenburg, die Grundschule -Görgenhausen, die Theodor-Heuss-Schule in , die Grundschule Wolfsteinschule in Bad Marienberg, die Hauptschule Am Tonberg in Höhe-Grenzhausen und die Grundschule Kaden.

- Die Grundschule und die Hauptschule/Regionale Schule Ransbach-Baumbach sowie die Hauptschule Höhe-Grenzhausen sind als Schulen im ,.sozialen Brennpunkt" anerkannr. Der Hauptschule Höhe-Grenzhausen "WUrden zusätzlich 15 Lehrerwochen­ stunden zugewiesen und eine verdoppelte Funktionspauschale zugestanden. Die Hauptschule/Regionale Schule Rausbach­ Baumbach erhielt zusätzlich 20 Wochenstunden und der Grundschule Ransbach-Baumbach wurde eine 3/10-Pauschale gewährt. Aus dem Kapitel1519 Titelgruppe 429 92 werden der Hauptschule Höhr-Grenzhausen und der Regionalen Schule Ransbach· Baumbach zur Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag acht bzw. vier zusätzliche Wochenstunden finanziert.

- Der schulpsychologische Dienst hat zahlreiche Elternabende, pädagogische Konferenzen und Klassenprojekte begleitet bzw. geplant, die nachfolgend chronologisch dargestellt werden:

Elternabend am mit dem Thema "Ursachen von Verhaltensproblemen und Gewaltbereitschaft",

pädagogische Konferenz in der Grundschule Selters mit dem Thema ,.Gewalt bei Kindern- was tun?", pädagogische Konferenz in der Grundschule \'i'littgert mit dem Thema .,Was tun bei Aggressionen?", • Klassenprojekt in der Grundschule Wescerburg mit dem Thema "Soziales Lernen, Gefahr wahrnehmen und ausdriicken, mit Wut umgehen",

,. Training von Interaktionsspielen zum Umgang mit Aggressionen" in Klasse 5 des Gymnasiums Montabaur,

vier Arbeitsgemeinschaften als Supervisionsangebote für Lehrerinnen und Lehrer, die sich schwerpunktmäßig mit Fällen von Aggressionen beschäftigten, und zwar an den Standorten der Beratungsstelle Montabaur, an der Grundschule Ransbach-Baum· bach, an der HaupLschule Montabaur und an der Grundschule Selters.

Als globale Ansätze mit der gleichen Zielrichtung sind die Projekte des Gymnasiums Montabaur "Verbesserung des Klassen· klimas", der Hauptschule Montabaur sowie der Hauptschule Ransbach-Baumbach ,.Auf dem Weg zur guten Klassengemein· schaft" zu nennen.

Im Jahr 1997 wurden stärker allgemein präventive Maßnahmen durchgeführt wie eine Arbeitsgemeinschaft für Lehrkräfte des Kreises in Form von Supervision mit der Behandlung von Fällen aggressiven Verhaltens in der Schule, die Arbeitsgemeinschaft Supervision ,.Umgehen mit Gewaltvorkommnissen in der Schule" der Grundschule Selters, der dreitägige Kurs Westernhohe zur Erlebnispädagogik sowie der anderthalbtägige Studientag der Grundschule Höhr-Grenzhausen mit dem Thema "Kreative Ruhe".

Nach zahlreichen Aktivitäten in den vergangenenJahren werden in 1998 u. a. Arbeiten aus dem Vorjahr fortgeführt, woraus auch eine Kontinuität der Arbeit der Schulen zu erkennen ist: ein dreitägiger Kurs für Sekundarstufen I - Lehrkräfte zur "Erlebnispädagogik", eine Arbeitsgemeinschaft Supervision an der Grundschule Selters mit dem Thema ,.Umgang mit • Gewaltvorkommnissen und Aggressionen", Projekttage mit Schülerinnen und Schülern an der Hauptschule Montabaur mit dem Thema "Umgehen mit Konflikten und Aggressionen", Projekttage und anschließende Arbeitsgemeinschaflen mit Klas:'>Cn· sprecherinnen und -sprechern an der Realschule Westeeburg mit dem Thema ,.Gegeneinander - oder geht es auch anders?" sowie ein Klassenprojekt ,.Wut und Ärger wahrnehmen und ausdrücken" an der Grundschule Kaden.

Geplant sind ferner u. a. eine Tagung für Schulleitungen und Lehrkräfte der Sekundarstufe I mit dem Thema "Gewalt in der Schule- was können wir tun? Bausteine zur Gewaltprävention", eine Arbeitsgemeinschaft für Lehrkräfte der Sekundarstufe I mit "Übungen zur Gewaltprävention", eine Arbeitsgemeinschaft für Lehrkräfte aller Schularten mit dem Thema .,Anders handeln in Konfliktsituationen", ein Studientag zur Vorstellung des Streitschlichterprogramms am Gymnasium , ein Studientag an der Grundschule Bad Madenberg sowie die Vorstellung eines Gewalt·, Interventions- und Präventions• programms aus Nor.vegen auf einer Dienstbesprechung der Schulleitungen der Hauptschulen. Die Arbeitsgemeinschaft Supervision wird fortgeführt, ebenso der Kurs zur Erlebnispädagogik.

- Darüber hinaus hat die Grundschule in Nentershausen in Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendamt mehrere erlebnispäda• gogische Projekte durchgeführt, um die Schülerinnen und Schüler zu stärken, insbesondere auch mit Blick auf den Übergang von der Grundschule zu weiterführenden Schulen.

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- Die Realschule nimmt seit einigen Schuljahren an dem bundesweiten Projekt "Erlcbnispädagogik" teil. 1996 erhielt sie hierfür eine finanzielle Zuwendung aus Landesmitteln. Zurzeit werden der Schule zusätzlich acht Lehrerwochenstunden zugewiesen, die für das Angebot von Schülerarbeitsgemeinschaften aus dem Bereich der Erlebnispädagogik eingesetzt werden. Dieses Angebot ist auch für Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Rennerod offen.

- An der Realschule Montabaur wird das Thema Gewaltprävention in Theaterstücken aufgegriffen, die von Schülerinnen und Schülern ein- bis zweimal pro Jahr aufgeführt werden.

- Bei der Koordinierung der Gewaltprävention nimmt der 1997 gegründete schulische Arbeitskreis "Gemeinsam gegen Gewalt" der Berufsbildenden Schule Montabaur eine besondere Rolle ein. Diesem Arbeitskreis gehören Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, der schulische Sozialarbeiter und bei Bedarf Vertreterinnen und Vertreter des Kreisjugendamtes, der Jugendpolizei und der Jugendgerichtsbarkeit an. Der Arbeitskreis hat u. a. folgende Projekte durchgeführt: eine Frage­ bogenaktion zur Bestandsaufnahme des Gewaltpotentials an der Schule, die Teilnahme an der Projektwoche ,.Gewalt an Schulen" des Westerwaldkreises und die Neugestaltung der Sc_hüleraufenthaltsb~rtic_he_.

Mit Hilfe des zurzeit durchgeführten Projekts "Planung und Bau einer Blockhütte" werden den Schülerinnen und Schülern in besonderer Weise Erfolgserlebnisse und Identifikationsmöglichkeiten vermittelt. Außerdem werden an der Berufsbildenden Schule Montabaur Konfliktsituationen und Möglichkeiten ihrer Lösung im Unterricht thematisiert, Informationsaus­ stellungen zum Thema Gewalt durchgeführt und Schülerinnen und Schüler, die Opfer von Gewalt wurden oder selbst Gewalt ausgeübt haben, individuell betreut. Auch die abgestimmte konsequente Anwendung von Ordnungsmaßnahmen im Rahmen des Schulgesetzes, der Schulordnung und der Hausordnung trägt zur Gestaltung der Schulgemeinschaft bei.

- Der Westerburger Notruf hat zur Vorbeugung sexueller Gewalt an Mädchen im letzten Winterhalbjahr mit dem Projekt • "Mädchenpräventionsarbeit an Schulen im ländlichen Raum" begonnen, das maßgeblich mit Landeszuschüssen finanziert wird. In dem Zusammenhang wurde ein Mädchentelefon beim Notruf eingerichtet und ein mobiler Pavillon als eigener Mädchenraum angeboten, in dem Informationen gegeben und Beratungstermine vereinbart werden können. Bestandteile des Projektes sind ebenfalls eine kontinuierliche Aufklärungsarbeit für Eltern und Lehrkräfte, regelmäßige Angebote von Selbst· Verteidigungs· und Selbstbehauptungskurscn, ein Projekttag zum Thema "Sexuelle Gewalt", Filme, Bücher und Informations-­ material zum Thema sexueller Missbrauch.

Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner Staatsminister •

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