Nesterschutz für Braunkehlchen im Unterengadin Jahresbericht 2016

Jürg Wirth Petra Horch

Bericht zu Handen des Kantons Graubünden, Amtsstelle Natur und Landschaft, der beteiligten Gemeinden, des Vogelschutzvereins, der Feldmitarbeiter und weiterer Inte- ressierter Nesterschutz für Braunkehlchen im Unterengadin − Jahresbericht 2016 1

Impressum

Nesterschutz für das Braunkehlchen im Unterengadin – Jahresbericht 2016 Bericht zu Handen des Kantons Graubünden, Amtsstelle Natur und Landschaft, der beteiligten Gemeinden, des Vogelschutzvereins, der Feldmitarbeiter und weiterer Interessierter.

Autoren Jürg Wirth (Regionalkoordinator Unterengadin), Petra Horch (Projektleiterin Artenförderung Braunkehlchen)

Mitarbeiter im Feld Gian Fümm, Michel Rauch, Lüzza Rauch, Rico Viletta, Men Janett, Tina Gluderer, Elias Häller (Zivildienstleisten- der an der Vogelwarte)

Fotos, Illustrationen (Titelseite) Gian Fümm

Zitiervorschlag Wirth, J. & P. Horch (2016): Nesterschutz für das Braunkehlchen im Unterengadin. Jahresbericht 2016. Schwei- zerische Vogelwarte Sempach.

Kontakt Petra Horch, Schweizerische Vogelwarte, Seerose 1, 6204 Sempach Tel. 041 462 97 00, 041 462 97 44 (direkt), Fax 041 462 97 10, [email protected]

© 2017, Schweizerische Vogelwarte Sempach

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Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung 3 1. Ausgangslage 3 2. Braunkehlchen-Nesterschutz 2016 4 2.1 Durchführung 4 2.2 Ergebnisse 2016 4 2.2.1 Russonch Plan sar Duri und Scuol Pazos 4 2.2.2 Prade und Pazzoel 6 2.2.3 Guarda 8 2.2.4 9 2.2.5 10 3. Zusammenfassung 2016, Ausblick 2017 10 4. Dank 11 5. Literatur 11

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Zusammenfassung 2016 war bereits das 13. Jahr für das Projekt Nesterschutz des Braunkehlchens im Unterengadin. Das Erste von Jürg Wirth als neuem Regionalkoordinator für die Vogelwarte als Nachfolger von Men Ja- nett. Seine Arbeit begann erst mit einem Vortrag bei den Bauern zur Wichtigkeit des Nesterschutzes und dann mit einem Aufruf, um neue Freiwillige für den Nesterschutz zu rekrutieren. In den Gemeinden Scuol, Ftan, , Ardez, Guarda und Lavin machten sich darauf Freiwillige daran, die Nester der Braunkehlchen zu suchen, diese zu markieren und anschliessend mit den Bauern zu verhandeln, damit diese rund eine Are um das Nest stehen lassen. Insgesamt gelang es den Freiwilligen 20 Nester zu lokalisieren, leicht weniger als letztes Jahr, was aber durchaus auch dem Umstand des Übergangs geschuldet ist. In 16 Nestern, damit gleich vielen wie letztes Jahr, konnten die Beobachter Bruterfolge vermelden, eines vermähte der Bauer, weil er die Markierung durch die Pfosten falsch interpretierte. Da die meisten Braunkehlchen schliesslich doch in Wiesen brüteten, die wegen der Witterung später gemäht wurden, waren sie zum Mahdzeitpunkt be- reits ausgeflogen. An 7 Bauern wurde eine Entschädigung ausbezahlt.

Abb. 1. Das Braunkehlchen-Nest ist eine geflochtene Konstruktion aus Grashalmen, die oft in einer Bodenkuhle angelegt wird und gegen oben durch Blätter der Krautpflanzen abgedeckt ist (© Sarah Burg).

1. Ausgangslage Während die Braunkehlchen im Unterland praktisch ausgestorben sind, kommen sie im zwar noch vor, doch der Bestand sinkt stetig. Das Braunkehlchen wird auf der Roten Liste der Brutvögel Schweiz als verletzlich eingestuft (Keller et al. 2010a) und ist eine Art, für welche in der Schweiz För- dermassnahmen umgesetzt werden sollen (Keller et al 2010b). Das Braunkehlchen und weitere Wie- senbrüter leiden unter der Intensivierung der Landwirtschaft, v.a. unter den früheren Schnittzeitpunk- ten der Wiesen. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren Brutverhalten und Mahdzeitpunkt so harmoni- siert, dass die Vögel ihre Brut durch hatten bis die Bauern mit Mähen begannen. Seit die Landwirt-

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schaft aber auch in Bergtälern wie dem Engadin intensiviert wird und die Bauern immer früher mähen, um möglichst proteinreiches Futter für ihre Kühe zu gewinnen, schaffen es die Braunkehlchen nicht mehr regelmässig, ihre Brut vor dem ersten Schnitt aufzubringen. In einem separaten Projekt will die Vogelwarte die Verschiebung der Mahdtermine der einzelnen Parzellen seit 1980 dokumentieren, doch dazu an anderer Stelle mehr. Doch nicht nur der immer frühere Mähbeginn macht den Vögeln zu schaffen, sondern auch die steigende Mechanisierung in der Landwirtschaft. Daher stellen seit über 10 Jahren freiwillige Mitarbeiter der Vogelwarte und lokale Vogelschützer für gewisse Flächen, für welche bekannt ist, dass sie früh gemäht und immer noch von Braunkehlchen besiedelt werden, fest, wo die Braunkehlchen brüten. Die Nester werden markiert und dem Bewirtschafter gemeldet mit der Bitte, rund eine Are um das Nest ungeschnitten zu lassen, bis die Jungvögel ausgeflogen sind. Als Dank und Lohn für die Mitarbeit erhält der Bauer 40 Fr. von der Vogelwarte. Immer leistungsfähigere Maschinen erhöhen allerdings die Schlagkraft der Bauernbetriebe, was heisst, dass sie viel mehr Wie- senfläche in viel kürzerer Zeit mähen. Dies erschwert die Arbeit der freiwilligen Nestersucher zusätz- lich, da sich die Nester erst während der Fütterungsphase einfach lokalisieren lassen. Pech aber, wenn der Bauer bereits während der Brutphase gemäht hat. Wohl zeigen sich die meisten Bauern kooperativ und die Nestersucher sind motiviert, trotzdem braucht es grosse Anstrengungen von allen Seiten, damit der Braunkehlchenbestand im Unterengadin nicht weiter schrumpft.

2. Braunkehlchen-Nesterschutz 2016

2.1 Durchführung Men Janett arbeitet wohl nicht mehr als Koordinator für die Vogelwarte, dafür kann er sich jetzt voll und ganz dem Nesterschutz widmen, was er im Gebiet Ardez auch tat. Zudem führte er den an der Vogelwarte seinen Zivildienst leistenden Elias Häller und Nesterschutzgreenhorn Jürg Wirth anschau- lich und erfolgreich in die zielgerichtete Suche ein. Denn dank Men Janett entdeckten die beiden tat- sächlich bereits nach wenigen Minuten ein Nest bei Guarda. Michel Rauch, Rico Viletta und Lüzza Rauch bearbeiteten Scuol und Teile von Sent. Auf einen Aufruf im Allegra dem lokalen Informations- und Veranstaltungsmagazin nach weiteren Nes- terschützern meldete sich Tina Gluderer aus Scuol. Sie stürzte sich mit Begeisterung in die Arbeit, konnte einige Nester lokalisieren und besucht nun gemeinsam mit Jürg Wirth auch den Feldornitholo- giekurs in Chur. Weil Ulrich A. Ammann die Nestersuche dieses Jahr aus gesundheitlichen Gründen nicht übernehmen konnte, übernahm Elias Häller dieses Gebiet und auch Ftan gemeinsam mit Tina Gluderer.

2.2 Ergebnisse 2016

2.2.1 Scuol Russonch Plan sar Duri und Scuol Pazos 11 Nester fanden die Sucher in Scuol, alle wurden markiert (Tab. 1 und 2, Abb. 2 und 3). Besonders erfreulich ist die Erfolgsquote: In 10 der 11 markierten Nester konnten die Jungvögel ausfliegen, im fehlenden hat die Mutter plötzlich mit Füttern aufgehört. Insgesamt wurden drei Entschädigungen ausbezahlt. Bei den anderen Nestern flogen die Vögel jeweils vor dem Mähen aus.

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Tab. 1. Übersicht über die Beobachtungen, das Datum der Markierung (=DM), den Nesterschutz und den Bruter- folg der geschützten Nester in Scuol Russonch, Plan sar Duri.

Gebiet Nest DM Schutz Beobachtung Brut- Parz-Nr. Prämie Bearb. Nr. erfolg Bewirtschafter Russonch, 1 3.6.16 Ja Hat plötzlich mit nein 991 Nein R, V Plan sar Duri füttern aufgehört Russonch, 2 6.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 1018 Nein R, V Plan sar Duri ausgeflogen Russonch, 3 6.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 1017 Nein R, V Plan sar Duri ausgeflogen Russonch, 4 7.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 1018 Nein R, V Plan sar Duri ausgeflogen Russonch, 5 7.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 991 Nein R, V Plan sar Duri ausgeflogen Russonch, 6 7.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 997 Nein R, V Plan sar Duri ausgeflogen Erfolgsquote Russonch 5/6

Abb. 2. Nesterschutz auf der Fläche Scuol Russonch. Rote Punkte = geschützte Nester (nummeriert gemäss Tab. 1).

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Tab. 2. Übersicht über die Beobachtungen, das Datum der Markierung (=DM), den Nesterschutz und den Bruter- folg (=BE) der geschützten Nester in Scuol Pazos.

Gebiet Nest DM Schutz Beobachtung BE Parz-Nr. Prämie Bearb. Nr. Bewirtschafter Scuol Pazos 1 3.6.16 Ja Gebrütet und aus- Ja 1166 Ja R, R, V geflogen Fadri Stricker Scuol Pazos 2 6.6.16 Ja Gebrütet und aus- Ja 1130 Ja R, R, V geflogen Corsin Casura Scuol Pazos 3 27.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 1162 Nein R, R, V ausgeflogen Roner, Scuol Scuol Pazos 4 27.6.16 Ja Vor dem Mähen Ja 1142 Nein R, R, V ausgeflogen A Porta Scuol Pazos 5 29.6.16 Ja Gebrütet und aus- Ja 1172 Ja R, R, V geflogen Flurin Prenner Erfolgsquote Scuol Pazos 5/5

Abb. 3. Nesterschutz auf der Fläche Scuol Pazos. Rote Punkte = geschützte Nester (nummeriert gemäss Tab. 2, Nest Nr. 5 liegt ausserhalb des Kartenausschnitts; © geo.gr.ch).

2.2.2 Ardez Prade und Pazzoel Drei zu vier lautete die Erfolgsquote in Ardez (Tab. 3, Abb. 4 und 5). Men Janett konnte vier Nester lokalisieren und markieren, bei einem allerdings interpretierte der Bauer die Pfosten falsch und mähte in deren Mitte, also dort wo das Nest war. In diesem Gebiet wurde lediglich eine Prämie ausbezahlt, weil die Vögel der anderen Nester schon vor dem Mähen ausgeflogen waren.

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Tab. 3. Übersicht über die Beobachtungen, das Datum der Markierung (=DM), den Nesterschutz und den Bruter- folg (=BE) der geschützten Nester in Ardez.

Gebiet Nest DM Schutz Beobachtung BE Parz-Nr. Prämie Bearb. Nr. Bewirtschafter Ardez 1 21.6.16 Nein Bauer hat zwischen Nein Cuttüra Nein MJ den Pfosten gemäht Fredi Clalüna Ardez 2 22.6.16 Ja Vor Mähen ausge- Ja Flandua Nein MJ flogen Jon Paul Thom Ardez 3 22.6.16 Ja Fläche stehen ge- Ja La Bindera Ja MJ lassen Gian Campell Ardez 4 22.6.16 Ja Vor Mähen ausge- Ja Funtana Nein MJ flogen Jon Paul Thom Erfolgsquote Ardez 3/4

Abb. 4. Nesterschutz in Ardez Plazzoel. Rote Punkte = geschützte Nester (nummeriert gemäss Tab. 3).

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Abb. 5. Nesterschutz in Ardez Prade. Rote Punkte = geschützte Nester (nummeriert gemäss Tab. 3).

2.2.3 Guarda In den zwei Nestern welche Elias Häller in Guarda gefunden hatte, kamen die Vögel ebenfalls durch und die Prämien wurden ausbezahlt (Tab. 4, Abb. 6).

Tab. 4. Übersicht über die Beobachtungen, das Datum der Markierung (=DM), den Nesterschutz und den Bruter- folg(=BE) der geschützten Nester in Guarda.

Gebiet Nest DM Schutz Beobachtung BE Parz-Nr. Prämie Bearb. Nr. Bewirtschafter Guarda 1 15.6.16 Ja Fläche stehen Ja Marco Prevost Ja EH gelassen Guarda 2 17.6.16 Ja Fläche stehen Ja Beni Prevost Ja EH gelassen Erfolgsquote 2/2

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Abb. 6. Nesterschutz in Guarda. Rote Punkte = geschützte Nester (nummeriert gemäss Tab. 4).

2.2.4 Ftan Weniger sicher präsentiert sich die Lage in Ftan. Zwar fanden Elias Häller und Tina Gluderer 5 Nester und konnten diese markieren. Da die beiden Beobachter diese Aufgabe zum ersten Mal ausführten, konnten sie nur bei einem Nest sicher einen Bruterfolg nachweisen (Tab. 5, Abb. 7).

Tabelle 5: Übersicht über die Beobachtungen, das Datum der Markierung (=DM), den Nesterschutz und den Bruterfolg (=BE) der geschützten Nester in Ftan.

Gebiet Nest DM Schutz Beobachtung BE Bewirtschafter Prämie Bearb. Nr. Ftan 1 20.6.16 Ja Beim Füttern ? Joannes Peer Nein EH, TG beobachtet Ftan 2 20.6.16 Nein Beim Brüten beo- ? Riet Peer Nein EH, TG bachtet Ftan 3 22.6.16 Nein Kein Nest mehr ? Riet Peer Nein EH, TG Ftan 4 22.6.16 Nein Pfosten gekippt, ? Riet Peer Nein EH, TG keine Bewegung mehr Ftan 5 29.6.16 Nein Beim Füttern Ja Giovanin Josty Ja EH, TG beobachtet Erfolgsquote 1/5

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Abb. 7. Nesterschutz in Ftan. Rote Punkte = geschützte Nester (nummeriert gemäss Tab. 5).

2.2.5 Lavin In Lavin (Curtins) fand Jürg Wirth keine Nester, ein schlechter Befund für den Braunkehlchenbestand, den Mathis Müller später bestätigte. Auch er begegnete bei seinen Braunkehlchenkartierungen im Rahmen des Monitoringprojekts der Vogelwarte auf dieser Fläche keinem Braunkehlchen. 2015 hatte er hier noch zwei singende Braunkehlchenmännchen gefunden.

3. Zusammenfassung 2016, Ausblick 2017 Angesichts der Tatsache, dass 2016 ein Umbruchjahr war, weil Jürg Wirth neu als Regionalkoordina- tor fungiert und mit Tina Gluderer eine neue Nesterschützerin zum Team gestossen ist, dürfen die Resultate als durchaus befriedigend eingestuft werden. Nichtsdestotrotz sieht die Zielsetzung für 2017 vor noch mehr Nester zu finden und noch mehr Braun- kehlchen zum Bruterfolg zu verhelfen. Die betroffenen Bauern verhielten sich durchs Band kooperativ und liessen die geschützten Flächen stehen. Jürg Wirth, der neue Regionalkoordinator der Vogelwarte im Unterengadin, wird das Thema Nester- schutz im Frühling 2017 in die Medien bringen. Damit sollen auch die Leute noch stärker für die Nes- terschutzproblematik sensibilisiert werden und damit sind womöglich zusätzliche freiwillige Nester- schützer zu rekrutieren. Ebenfalls ist vorgesehen, dass Jürg Wirth Claudia Müller von der Vogelwarte auf ihren Kartierungstou- ren begleitet. Dadurch soll er Erfahrung im Sichten der Vögel gewinnen. Besonders lobenswert ist die Arbeit des Zivildienstleistenden Elias Häller zu vermerken. Er machte sich mit viel Enthusiasmus und Ausdauer ans Werk und fand auch zahlreiche Nester.

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Ein weiteres Ziel im Rahmen des Nesterschutzes ist die Arbeit, welche die Verschiebung des Mahd- zeitupunktes der Wiesen im Laufe der Jahre dokumentieren soll. Dazu versucht Jürg Wirth von aus- gewählten Bauern in den jeweiligen Dörfern die Wiesenjournale der letzten 20 Jahre zu bekommen. Aus der Auswertung dieser Journale sollen dann Schlüsse zur Verschiebung des Mahdzeitpunktes gezogen werden können. Die Massnahme Nesterschutz ist eine „fünf vor zwölf-Massnahmen“, d.h. sie hat einen dringlichen Charakter – ist eine Notmassnahme. Sie rettet das Überleben der Braunkehlchenbrut. Mit ihr lässt sich aber das grundsätzliche Problem, dass sich die intensiv genutzten Wiesen für die Braunkehlchen ne- gativ verändern (viele Gräser, dichter Wuchs, kein Licht und keine Wärme am Boden und damit auch weniger und kleinere Insekten) und dass die Aufzucht der Brut in intensiv genutzten Wiesen aufwän- diger und weniger erfolgversprechend ist als in einer Blumenwiese (Britschgi et al. 2006), nicht aufhal- ten. Aber es dauert ca. 15 Jahre bis die Wiese nach einer Intensivierung so ungeeignet ist für die Braunkehlchen, dass sie gar nicht mehr darin brüten (Grüebler et al. 2015). Nesterschutz vermag in dieser Übergangs-Situation zwar den Verlust von Nestern in intensiver genutzten Wiesen zu verhin- dern. Er eröffnet aber auch das Risiko der Brutortsbindung an einen schlechten Brutort. Daher geht effektive, langfristige Braunkehlchenförderung mit dem Erhalt von Blumenwiesen mit einem späten Schnittzeitpunkt einher.

4. Dank Der grösste Dank gebührt den freiwilligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Ohne ihren selbstlosen Einsatz wäre ein solches Projekt gar nicht möglich. In Scuol waren dies Michel und Lüzza Rauch, Rico Viletta, sowie Gian Fümm. Men Janett beobachtete die Wiesen um Ardez und Tina Gluderer sowie Elias Häller nahmen sich den Nestern bei Ftan und Guarda an. Selbstverständlich hoffen wir, dass sie diese Aufgabe noch lange weiterführen werden.

5. Literatur Britschgi, A., R. Spaar and R. Arlettaz (2006): Impact of grassland farming intensification on the breeding ecology of an indicator insectivorous passerine, the Whinchat Saxicola rubetra: Lessons for overall Alpine meadowland management, Biological Conservation, 130, 193– 205. Grüebler M.U, P. Horch & R. Spaar (2015): Whinchats impacted by changes in alpine grassland management: research results from . In: Bastian H-V, Feulner J (Eds.): Living on the Edge of Extinction in Europe. Proc. 1st European Whinchat Symposium: 263–273. LBV Hof, Helmbrechts. Keller, V., A. Gerber, H. Schmid, B. Volet & N. Zbinden. (2010a): Rote Liste Brutvögel. Gefährdete Arten der Schweiz, Stand 2010. Umweltvollzug Nr. 1019. Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern und Schweizerische Vogelwarte, Sempach. Keller, V., R. Ayé, W. Müller, R. Spaar & N. Zbinden (2010b): Die national prioritären Arten: Revision 2010. Ornithol. Beob. 107: 265–285.

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