Alfred Quellmalz – Volksliedforschung in Südtirol (1940-1942)
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Alfred Quellmalz – Volksliedforschung in Südtirol (1940-1942) Masterarbeit zur Erlangung des Grades Master of Arts (MA) im interuniversitären Masterstudium Musikologie an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von JULIA MAIR am Institut für Musikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz Begutachter: Univ.-Prof. Dr.phil. Michael Walter Graz 2017 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Alfred Quellmalz – Jugend, Krieg und Studium 2 2.1 Das Deutsche Volksliedarchiv 4 2.2 Das Staatliche Institut für Deutsche Musikforschung in Berlin 7 2.3 Die Abteilung II Volksmusik 9 2.4 Die Frage nach Quellmalz' politischer Motivation und das Leben nach Kriegsende 14 3. Südtirol – Die Option 21 3.1 Das Ahnenerbe 30 3.2 Die Südtiroler Kulturkommission 34 3.3 Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgemeinschaft für Optanten und der Kulturkommission 36 3.4 Die Gruppe Volksmusik 39 3.5 Alfred Quellmalz' Mitarbeiter in Südtirol 43 3.6 Ähnliche Forschungen im Faschismus 57 4. Die Feldforschungen in Südtirol 60 4.1 Aufnahmetechnik – Das Magnetophon 62 4.2 Beispiele 63 5. Die Zusammenarbeit mit den faschistischen Behörden 73 6. Die Bedeutung der 'Sammlung Quellmalz' für die Südtiroler Volksmusik nach 1945 – Rezeption und Verwendung 76 7. Schlusswort 81 8. Bibliographie 82 1. Einleitung Übersende eine Aufstellung der Daten von Märkten, Almabtrieben und Kirchtagen, die bis Neujahr im Kreis Bruneck abgehalten werden. Von Wahlen bei Toblach ist eine gute Beschreibung der Bräuche beigelegt. Für Dr. Wolfram und Quellmalz dürfte die sogenannte Knittelmusik von Interesse sein. Von Mühlbach ob Gais im Tauferertal wird folgendes gemeldet: Von grösserer Bedeutung dürfte für die Kulturkommission das Vorhandensein des alten 5-stimmigen deutschen Bauerngesangs in der Kirche sein, mit vielen schönen alten Liedern. Der Chor singt gut und stimmrein. Das Dörfchen liegt eine Stunde hoch am Berg. Dies Dörfchen dürfte für die Filmleute von Bedeutung sein am heurigen Kirchtag, der am 20. Okt. stattfindet. Kirchtag mit dem Aufstellen des Kirchtagmichls, und sein Begräbnis, dann der Almabtrieb mit seinen Bräuchen.1 Die vorliegende Masterarbeit hat zum Ziel, die musikwissenschaftlichen Feldforschungen, welche im Auftrag des Ahnenerbes von der Gruppe Volksmusik unter der Leitung von Alfred Quellmalz in den Jahren 1940-1942 in Südtirol durchgeführt wurden, zu beleuchten und zu kontextualisieren. Das einleitende Zitat gibt bereits einen Eindruck von Quellmalz' Tätigkeiten in Südtirol sowie von der Bedeutung, die das nationalsozialistische Regime der Volksmusik beimaß. Neben Quellmalz' beruflichem Werdegang und seinen Tätigkeiten am Staatlichen Institut für Deutsche Musikforschung in Berlin sollen in dieser Arbeit auch die Aufgabenbereiche seiner Mitarbeiter in der Gruppe Volksmusik einer näheren Betrachtung unterzogen werden, wobei die ideologische Involvierung ebenfalls betrachtet werden wird. Ferner wird ein weiterer Fokus auf die Entwicklung und Organisation des Ahnenerbes sowie der davon abzweigenden Kulturkommission gerichtet. In einem weiteren Teil der Arbeit wird die Situation in Südtirol hinsichtlich Faschismus und Option beleuchtet; auch wird die Frage nach ähnlichen musikwissenschaftlich-ethnologischen Untersuchungen von faschistischer Seite her aufgeworfen, was für eine Kontextualisierung der Sammlung Quellmalz unerlässlich ist. Die letzten Kapitel dieser Masterarbeit befassen sich unter Einbeziehung der Archivmaterialien (Alfred Quellmalz' Nachlass, Briefe, die 'Sammlung Quellmalz') aus 1 Nachlass Quellmalz, Abschrift eines Briefes von Peskoller (Leiter der Abteilung III) an Alfred Quellmalz, Richard Wolfram und SS-Hauptsturmführer Dr. Bousset, unter Beifügung der Aufstellung über Almabtriebe, Märkte und Kirchtage, vom 17. September 1940. 1 dem Referat Volksmusik in Bozen mit der genauen Durchführung der Feldforschung (Methoden, technische Geräte, Transport, musikwissenschaftliche Faktoren), welche an einigen Beispielen dargestellt wird. Es soll auch erklärt werden, warum die Südtiroler Volksmusik sowohl für den Nationalsozialismus als auch für Quellmalz von so großer Bedeutung war. Die Arbeit schließt mit der Frage nach der Rezeption und Bedeutung der 'Sammlung Quellmalz' für die Südtiroler Volksmusik. 2. Alfred Quellmalz – Jugend, Krieg und Studium Alfred Quellmalz wurde am 25. Oktober 1899 in Oberdigisheim in Deutschland geboren. Sein Vater Gustav Quellmalz praktizierte als Arzt und erhielt ab 1900 in Isny (Allgäu) eine Stelle als Stadtarzt. Quellmalz, zu diesem Zeitpunkt noch ein Kleinkind, begleitete seinen Vater oftmals auf seinen Arztbesuchen, die ihn auch auf viele Bergbauernhöfe führten. Dies und auch die Tatsache, dass Quellmalz mit seinen Eltern und seinen zwei jüngeren Brüdern Kurt und Heinz viele Wanderungen in den Bergen Nord- und Südtirols unternahm, prägte sein Leben und seine Interessen entscheidend. Urlaubsaufenthalte verbrachte die Familie Quellmalz nicht nur in Österreich, sondern auch in Meran, Bozen und Prad in Südtirol. Neben diesen Faktoren war auch die Begegnung Quellmalz' mit klassischer Musik für sein Leben sehr wichtig. Von 1912 bis 1917 besuchte er ein Humanistisches Gymnasium in Dresden, wo er unter anderem das Spiel auf der Violine für sich entdeckte und das Ziel verfolgte, Musiker zu werden. Diesem Traum kam jedoch sein unverhohlener Enthusiasmus für den ersten Weltkrieg in die Quere: Quellmalz' Begeisterung und Kampfbereitschaft führten dazu, dass er – wie zahlreiche seiner Altersgenossen – die Schule abbrach und sich für den Kampfeinsatz beim Württembergischen Gebirgsbataillon meldete. Sein erster Einsatz an der Front brachte ihn durch Zufall nach Südtirol, wo er als Beobachter und Meldegänger tätig war. Ferner betätigte er sich auch als Sanitäter. Auch Quellmalz' Vater war als Arzt an der Dolomitenfront eingesetzt worden, an jener Front, die sich zwischen 1915 und 1918 vom Stilfser Joch an der Schweizer Grenze bis über das Ortlergebirge und den Adamello (Provinz Brescia) hin zum Gardasee erstreckte. Alfred Quellmalz bestätigte später, dass die Stationierung in Südtirol seine Beziehungen 2 zu diesem Land noch weiter gefestigt habe. Im Frühjahr 1918 fand Quellmalz' Kriegseinsatz jedoch ein jähes Ende, als er sich an der Piave-Front eine Gasvergiftung zuzog. Den Urlaub, der ihm daraufhin zur Genesung zugestanden wurde, nutzte er, um seinen Abschluss am Gymnasium nachzuholen. Nach Ende des ersten Weltkrieges hatte Quellmalz vor, sich an den Kämpfen gegen die Kommunisten in Bayern zu beteiligen, doch da er seine Gasvergiftung nicht zur Gänze auskuriert hatte, erschwerten gesundheitliche Probleme diesen Plan. Eine Tuberkuloseerkrankung, die er sich zusätzlich zuzog, bescherte ihm bis 1921 abwechselnd Aufenthalte im Militärlazarett in Ulm und im Sanatorium seines Vaters in Isny. Obwohl Quellmalz diese Erkrankungen selbstverständlich stark beeinträchtigten, fand sich darin auch Positives: ihm wurde eine vierzigprozentige Kriegsversehrtheit bescheinigt, welche ihm im Zweiten Weltkrieg letztendlich den Einberufungsbefehl ersparen sollte.2 Als seine Genesung endlich Fortschritte machte, strebte Quellmalz danach, seine musikwissenschaftlichen Interessen weiterzuverfolgen. Im Sommersemester 1921 immatrikulierte er sich an der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg und begann, Musikwissenschaft und Philosophie zu studieren. Neben seinen Kursen bekam er hier erstmals Kontakt zur Bündischen Jugend, bei der ihm vor allem die tiefe Verbundenheit zum Volkslied und zur Volksmusik im Allgemeinen zusagte. Dieses Empfinden führte schließlich dazu, dass Quellmalz dieser aus der Wandervogel- Bewegung hervorgegangenen Organisation beitrat. Im Jahr 1922 schließlich führte Alfred sein Studium an der Universität Leipzig fort und wechselte 1923 nach München. Im Bestreben, eine Laufbahn als Musiker einzuschlagen, besuchte er zwar weiterhin musikhistorische und -theoretische Kurse, legte seinen Schwerpunkt jedoch auf die Praxis. Seine Aufnahme in die Akademie der Tonkunst erfolgte 1925, wo er damit begann, Violine und Komposition zu studieren. Zu diesem Zeitpunkt traf er auf die in München lebende Stuttgarter Ausdrucks- und Kunsttänzerin Leonie Blum, welche er 1927 heiratete. Zusammen gründete und leitete das Paar eine Schule für Musik und künstlerischen Tanz, denn obgleich Quellmalz keinen Studienabschluss hatte, befähigte 2 Vgl. Thomas Nussbaumer, Alfred Quellmalz und seine Südtiroler Feldforschungen (1940-42). Eine Studie zur musikalischen Volkskunde unter dem Nationalsozialismus (Biblioteca Musicologica Bd. 6), Innsbruck u. a. 2001, S. 17-18. 3 ihn ein absolvierter Lehrgang zu 'Einheitlicher Musiklehre' zur Abhaltung von Kursen für Kinder und Anfängerkursen für Erwachsene. Gelehrt wurde unter anderem Harmonielehre, Gehörbildung und Musikgeschichte.3 Ab April 1928 war Quellmalz am Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg am Breisgau als musikwissenschaftlicher Assistent tätig, und 1937 wurde er an das Staatliche Institut für deutsche Musikforschung in Berlin beordert. Zunächst fungierte er dort als Archivar, und 1938 wurde er zum Leiter der Abteilung II Volksmusik ernannt. Nach seiner Evakuierung in die fränkische Schweiz 1943 führte er dort die Arbeit mit seiner Abteilung fort. Im selben Jahr erhielt Quellmalz die Anweisung, seine Forschungsergebnisse aus den Jahren 1940-42, die er in Südtirol gesammelt hatte, auszuwerten. Der Grund dafür war, dass man den Beweis für die Zugehörigkeit der Südtiroler zum deutschen Kulturkreis erbringen wollte. Bis 1945 war Quellmalz mit dieser Ausarbeitung beschäftigt, konnte seine Forschungen jedoch nicht