kaktus 1€ AUSGABE 46 JULI 2014 Wie wohnt Frau Nachtigal? / Von Sokrates und Teddybären / Was für ein Typ ist dein Lehrer? LEHRERLEBEN - FAIR PLAY FAIR Gewalt gegen Regelhüter / EWE Bas kets / Fishtown Pinguins - rungen /Stockholm-Syndrom GEWALT Gewalterfah / Varel? ist couragiert Wie INHALT: Inhaltsverzeichnis

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ZIVILCOURAGE IN VAREL EWE BASKETS VAREL IM SCHEINWERFER 07 OLDENBURG MISCHT 24 DES EXPERIMENTS DIE LIGA AUF!

KUSCHELTIERE

HOMESTORY BEI FRAU NACHTIGAL 29 DIE FLAUSCHIGEN 37 MASCHAS ZUHAUSE FREUNDE DER LEHRER

TITELTHEMA SCHULE PANORAMA

07 Varel im Scheinwerfer des 29 Maschas Zuhause 42 Haute Cuisine Experiments Gemütlichkeit statt Schulalltag: Speisekartenpoesie in der Mensa Wir starten eine Versuchsreihe und So wohnt Frau Nachtigal! Die Katze des LMG wollen wissen, mit wie viel Zivilcou- genießt hier besondere Privilegien. rage wir in Varel rechnen können Dr. Geisler in den OP 32 Unter vollen Segeln Erstaunliche Erfahrungen im Ver- 12 Mobbing Viel Wind, Meer und friesische waltungstrakt Küste Das Thema, über das keiner redet 43 Es gibt viele schöne Dinge im und das trotzdem an jeder Schul- 34 Safety First Leben wand, auf jedem Schultisch einge- Ein Interview über Schilder, Knäufe Tschüss, Herr Ellermann! brannt ist. und abstürzende Flugzeuge 44 Tag der offenen Tür 14 Gewalterfahrungen in der Schule 35 Auf auf, ich will Kakao! Das LMG präsentiert sich von seiner Die Klasse 6D zeigt, wie Schüler in Zwischen Hausordnung und Frei- buntesten Seite der Schule mit Gewalt in Kontakt heitsdrang kommen. 45 Fishtown Pinguins sind Meister 37 Die flauschigen Freunde der 15 Genug ist genug Eishockey-Wahnsinn in Bremer- Lehrer haven Eine Fantasiegeschichte von Sophie Sokrates, Aristoteles und ihre über Erfahrungen mit dem Ausge- Leidensgenossen begleiten sie ein grenztsein nach dem Umzug in eine Leben lang. SPORT andere Stadt 40 Lehrertest 17 Eine Krankheit namens Liebe 24 Oldenburg mischt die Liga auf Dir ist langweilig im Unterricht? Du Power am Korb - die EWE Baskets Über das Stockholm-Syndrom: fragst dich, was dein Lehrer da vor- wenn Täter zu Geliebten werden jagen Titel! Der Kaktus war vor Ort ne schon wieder macht? Du willst und fieberte mit. 21 „Komm raus, wir machen dich wissen, ob eigentlich alle Lehrer fertig!“ gleich sind? Schiedsrichter haben einen Job, der nicht nur Nerven kostet, sondern auch gefährlich sein kann INHALT: Vorwort

IMPRESSUM 05

Liebe Leserinnen und Leser, Schülerzeitung des Lothar-Meyer-Gymnasiums Varel Ausgabe Nummer 38 “Chaos & Ord- Anschrift nung” war der allererste Kaktus, Moltkestraße 11 den ich gekauft habe. Die damaligen 26316 Varel Themen erscheinen heute fast antik, obwohl sie nur sieben Jahre zurück- E-Mail liegen: 2006 wurde das erste Mal [email protected] Zentralabitur geschrieben, Herr Zu- IBAN lauf ging in den Ruhestand und Frau DE53 2802 0050 1604 0586 00 Geisler übernahm die Schulleitung. Die Redaktion dieser Ausgabe hat (bis Chefredakteur, ViSdP Paul Engstler auf unsere treue Beratungslehrerin Marion Funch) das LMG vollständig Beratungslehrerin verlassen. Marion Funch

Anzeigenleitung, Finanzen Mit den verschiedenen Redaktions- Zum Inhalt der Ausgabe: Wir nähern Rieke Weden Generationen hat sich auch der Kak- wir uns dem Titelthema “Gewalt” tus verändert. Im Laufe der Zeit sind auf unterschiedliche Art und Wei- Redaktion ganze Kategorien begraben worden. se. Janine, Alina und Tobias haben Katrin Büsing, Jg. 10 Ein Beispiel dafür ist die Seite “Gruß in Varel überprüft, ob und wie viel Sarah Decker, Jg. 10 Svenja de Reuter, Jg. 12 und Stuss”, die mit dem Erfolg von Zivilcourage die Vareler besitzen (S. Janine Eddiks, Jg. 12 Facebook und WhatsApp immer lich- 7). Sie haben Szenarien öffentlicher Carl Engstler, Jg. 8 ter wurde, sodass wir uns vor eini- Gewalt entwickelt und nachgespielt. Paul Engstler, Jg. 12 gen Ausgaben dagegen entschieden Natascha schreibt über das rätsel- Alina Henkensiefken, Jg. 12 Annika Jakobs, Jg. 12 haben, eine leere Seite zu veröffent- hafte “Stockholm-Syndrom” (S. 17), Natascha Maier, Jg. 10 lichen. Zum Glück haben sich Redak- welches das Verhalten von Opfern in Catharina Meyer, Jg. 12 tionen getraut, mit neuen Formaten Geiselnahmen beschreibt, die eine Leonhard Nagl, Jg. 10 zu experimentieren, sodass neue Ka- fast liebesähnliche Beziehung zu ih- Raphael Wald, Jg. 9 tegorien entstanden sind, um diese rem Geiselnehmer aufbauen. Wie Svea Walther, Jg. 8 Jan Weden, Jg. 10 Lücken zu schließen. Die Idee, Leh- auch in der letzten Ausgabe war Le- Rieke Weden, Jg.10 rer unserer Schule zu Hause zu besu- onhard mit unserem Fotografen René Carolin Wilken-Fricke, Jg. 9 chen, gab es schon vor mehr als 20 zu Top-Spielen unterwegs: Dieses Tobias Willms, Jg. 12 Ausgaben, sie wurde zwischenzeitlich Mal berichtet er bei einem Spiel der Gastautoren begraben, bis sie vor 3 Ausgaben wie- Oldenburger EWE Baskets (S. 25) von Sophie Göb, Jg. 6 der auferstand, sodass auch in dieser der Dynamik in der Arena und befragt Klasse 6d Ausgabe eine Homestory (dieses Mal einige der -Stars zu ihrer bei Frau Nachtigal, S. 30) zu lesen ist. Karriere. Schulisch bewegen wir uns Layout Auch äußerlich veränderte sich der vom klinisch gelifteten Verwaltungs- Paul Engstler Jan Weden Kaktus merklich: Schon seit mehreren trakt über Türknäufe bis zum Lehrer- Carolin Wilken-Fricke Nummern ist der Umschlag farbig ge- test. druckt worden, seit der letzten Ausga- Fotos be erscheint der Kaktus nun vollstän- Für mich ist es die letzte Ausgabe als René Schierwagen dig in Farbe. Ich bin gespannt, wie Chefredakteur. Dank und Gruß an die Druck er sich in einigen Jahren entwickeln Redaktion. Onlineprinters GmbH wird, und hoffe, dass ich die Chan- Meine Telefonnummer habt ihr. Rudolf-Diesel-Straße 10 ce haben werde, immer einen in die 91413 Neustadt a. d. Aisch Hand zu bekommen. TITELTHEMA: Zivilcourage 07

ZIVILCOURAGE VAREL IM SCHEINWERFER DES EXPERIMENTS Wie viel Zivilcourage beweisen die Vareler, wenn es ernst wird? Text: Tobias, Alina und Janine Fotos: Svenja de Reuter TITELTHEMA: Zivilcourage Es ist 13:46 Uhr. Alina, Janine und ich “Scheiß Krüppel, was stehst im Weg Authentisch war’s allemal, das kann 08 stehen mitten in der Vareler Innen- rum?”. Für ein paar Sekunden wird es man nicht leugnen, allerdings wirkt stadt und blicken uns erwartungsvoll ganz still in der Innenstadt. Es ist, als Varel augenblicklich wie eingefroren. um. Angeblich soll es hier 23.640 würde gerade ein Scheinwerfer vom Ob es die Kälte ist oder die Szene, ist Einwohner geben. Blöd ist nur, dass trüben Himmel das Spotlight genau schlecht einzuschätzen. Janine steht wir lediglich 14 von ihnen erblicken auf Janine und Alina richten. Es gibt allein, wirkt verzweifelt, nahezu ver- können. Einige von ihnen sollen Teil keinen Passanten, der den Vorfall loren und wird von allen Seiten gründ- unseres Experiments werden. nicht bemerkt hat. lich beäugt. Ich höre eine Person flüs- Nun kommt der spannende Part. Was ternd fluchen und ein Pärchen heftig Von hier aus heißt es für uns drei, in sind die Reaktionen? Wer hat den Mut miteinander diskutieren, ob es nicht unsere Rollen zu schlüpfen und ge- einzuschreiten? besser gewesen wäre einzugreifen. trennte Wege zu gehen. Kurzerhand Zu spät, Leute – da hätte man schnell laufen wir in drei verschiedene Him- Wir sind überrascht: Zwei ältere Da- reagieren müssen. Ihr Kind hätte es melsrichtungen, um möglichst unbe- men werden unmittelbar aufmerksam sicherlich auch nicht allzu absto- merkt unser Experiment starten zu und weigern sich, einfach nur wegzu- ßend gefunden, wenn Sie eingeschrit- können. Jeder Passant, der bemerkt, schauen. Die eine beklagt sich über ten wären, nicht? Naja, nicht immer dass wir drei uns eigentlich gut ken- das boshafte Temperament Alinas, klappt es mit der Vorbildfunktion. nen und eine dramatische Szene in während sich die andere langsam,

der Öffentlichkeit nur vorspielen, aber sicher Janine annähert. Ich rase Ich renne mit meinem Heftchen und kann uns einen fetten Strich durch die wie ein rasender Reporter zu der Frau, einem Stift hinter einer Frau her, die Rechnung machen. Wir Amateure als um ihr ein paar Fragen zu stellen. „Es es sehr eilig hat, in einem Kiosk zu verschwinden. Nach ungefähr zwei Frauen sind gewalttätiger, muss Minuten kommt sie wieder heraus - und wer wartet gespannt auf die ich ehrlich zugeben. Dame? Natürlich ich. „Warum sind Sie nicht eingeschritten?“ ist mei- authentisch wirkende Schauspieler? war eine schreckliche Szene, das kön- ne erste Frage. Sie runzelt die Stirn. Undenkbar, oder? Optimismus sieht nen Sie mir glauben. Ich habe selbst Blöde Frage, nächste! „Haben Sie die anders aus. Ähnliches erlebt, da geht einem das Szene verfolgt?“ frage ich nun. Okay, hier schon an die Nieren!“, bekennt schien auch nicht sonderlich gut an- Nun wird es spannend. Ich hocke auf die Frau schluchzend. Sie selbst sei zukommen. Ich versuche es ein drit- der kleinen Treppe vor der Apothe- schlecht zu Fuß, erklärt sie uns bei- tes Mal: „Was halten Sie von Zivilcou- ke und beobachte Janine, wie sie auf den, und habe Erfahrungen mit ag- rage?“ Ihre Antwort ist verwirrend: Krücken an mir vorbeihumpelt. Es ist gressiven Frauen gemacht, die sie an „Ja, ich fand das grauenvoll. Meine nicht einfach, ein Lächeln zu unter- der Kasse geschubst und angepöbelt Tante hat immer gesagt: ‚Schreite ein, drücken und so zu tun, als sei man haben. „Frauen sind gewalttätiger, Mädchen!‘ Und.... ja.“ Gut, aha. Das sich fremd. Fremd ist auch die Ag- muss ich ehrlich zugeben.“, fügt sie mit den Interviews müssen wir aber gression, die Alina ausstrahlt. Wie sie hinzu. Eine Behauptung, die wir im noch üben, denn die Antwort auf mei- jetzt herankommt, wirkt sie fast kri- Laufe des Tages nicht nur einmal zu ne Frage war das definitiv nicht, so minell und die Rolle der Bösen scheint hören bekommen. viel ist klar. ihr wie auf den Leib geschneidert. Wir begeben uns wieder auf die ab- Unser neuer Standort ist das Famila Die Szene an sich spielt sich schnel- gesprochenen Plätze und führen das Zentrum. Gleich zu Anfang gibt es ei- ler ab als erwartet: Alina rempelt Ja- Experiment ein zweites Mal durch; nen Rollentausch: Nun bin ich der Bö- nine kräftig an und schreit lauthals doch dieses Mal kommt alles anders: sewicht, der Janine zu schubsen hat. TITELTHEMA: Zivilcourage Es fühlt sich nicht gut an, das kann Enttäuschung ist groß. Oft bekommen Letztlich aber erleben wir bei unserer 09 ich versichern, aber mein Geschrei wir zu hören: „Wäre das Opfer schlim- letzten Durchführung einen berüh- war sicherlich auch noch in der In- mer gefallen, hätte ich auch geholfen, renden Moment. Als Abschluss wirft nenstadt zu hören. Angeblich soll der aber so sah es doch so aus, als wür- sich Janine ein letztes Mal zu Boden, Pommesbudenfritze gesagt haben, er de sie selbst mit der Situation klar- während Alina zwischen Weinrega- hätte mir eine reingehauen. Jaja, ich kommen!“. Ein Mann Mitte 50 motzt len und Chipsreserven verschwindet. bin mir sicher, ich hätte zurückge- Janine an und wirft ihr vor, sie habe Eine blonde Frau eilt mit ihrer Toch- schlagen, aber Gott sei Dank kam es nicht aufgepasst, wo sie hingelaufen ter in unserem Alter zum Tatort und nicht so weit. wäre. War es nicht offensichtlich ge- hilft Janine hoch. Die Tochter sam- nug, dass Alina „Du Scheiß Krüppel!“ melt die Krücken auf und händigt sie Erschreckend wird es jetzt: Alina prä- geschrien hat und Janine die Krücken danach Janine aus, um sich darauf- sentiert uns ein perfektes Opfer und weggeschlagen hat – nein? Bei zwölf hin errötet hinter den Postkarten zu scheut sich nicht, einen kleinen Stunt Befragungen von Augenzeugen gen verstecken. Sie sagt selber, dass es zu absolvieren. Janine als Täter rem- erhielt ich sieben Mal die Antwort: ihr unangenehm war, da alle Augen pelt sie mit einem kräftigen Ruck, „Ja, ich finde so etwas ganz schreck- auf sie gerichtet waren, jedoch habe woraufhin Alina einen Fall simuliert und auf dem Parkplatz liegt, als gebe Bereits in der Erziehung fängt die es kein morgen. Der Vorfall sah realis- tisch aus, doch schreitet jemand ein? Aufklärung doch an, da muss man sich Von wegen. Vor Alina steht ein Auto, wartet geduldig vor dem am Boden Mut zum Helfen aneignen. liegenden Mädchen und fährt dar- aufhin in eine Parklücke, rückwärts. lich! Da sollte man Zivilcourage be- sie nun ein gutes Gefühl, weil sie Zi- Entweder der Fahrer hat die Situation weisen.“ Klingt auswendig gelernt vilcourage bewiesen hat. nicht einschätzen können oder er war und war es mit 99%iger Wahrschein- einfach ... total unzivilisiert. lichkeit auch – denn meistens warfen „Es ist schon gruselig zu sehen, wie Wir auf jeden Fall sind schockiert und die Passanten, die es nicht für nötig die anderen Leute zuschauen, aber wollen mehr wissen: Doch die Spuren hielten einzuschreiten, mit ihren lee- keinen Schritt tun, um auf irgendei- des Fahrers sind verwischt, sodass ren Worthülsen durch die Gegend. ne Weise zu helfen. Bei uns Zuhause ein Interview nicht möglich zu sein Warum nicht gleich sagen „Ich bin für wird am Tisch oft über Zivilcourage scheint. Weltfrieden!“? gesprochen. Bereits in der Erzie- hung fängt die Aufklärung doch an, da muss man sich Mut zum Helfen aneignen.“, fügt die Tochter hinzu, die sich in Slowmotion von den Post- karten loseist und zum Vorschein kommt.

Ende gut, alles gut? Das Experiment war – wir wollen ehrlich bleiben – weniger erfolgreich. Bei zwölf Durch- führungen sind dreimal Passanten eingeschritten, haben Janine gehol- fen beziehungsweise sie ermutigt, nicht den Kopf hängen zu lassen. In gewisser Weise hat jeder Versuch dazu geführt, dass wir Aufmerksam- keit bekamen – jeder Versuch zwang die Leute zu einer direkten Konfron- tation mit dem Thema Zivilcourage, aber bei insgesamt neun Versuchen war grundsätzlich nicht mehr drin als Flüstern, Munkeln und Tratschen über die vorgespielte Situation. Scha- Nach Absprache mit dem Filliallei- Langsam wird uns bewusst, dass der de, Varel, wir hatten uns mehr er- ter führen wir hier unseren Versuch Begriff Zivilcourage hier in Varel mit hofft. drinnen im Famila Zentrum fort. Die kleinen Buchstaben geschrieben wird. TITELTHEMA: Zivilcourage Das zweite Experiment steht an. Jani- nine hat ihr öffentliches Coming Out Die Frau am Nachbartisch hatte sich 10 ne, Alina und ich machen uns in ei- und ich meinen öffentlichen Mob- erst einmal hinter ihrer Tageszeitung nem Café breit und verfallen in drei bingmoment. versteckt, um dann Janine beizuste- verschiedene Rollen: Janine spielt das hen, als ich bereits gegangen war. lesbische Opfer, welches mir – dem Nach unserem Plan muss ich Janine „Lass dich von ihm nicht unterkrie- angewiderten Freund – beichtet, mit nun gründlich zur Schnecke machen. gen!“, sagt sie und reicht Janine ein einer Frau zusammen zu sein. Alina Das klang bei der Vorbesprechung al- Taschentuch. „Sei eine starke Frau, beobachtet das Spektakel genaues- les viel harmloser, doch für Hollywood sowas ist kein richtiger Freund. Du findest andere Freunde. Sowas musst du dir nicht bieten lassen.“ Janine Hier laufen sie doch alle nur blind spielt ihre Emotionen authentisch und als ich zurückkomme, sehe ich durch die Gegend, und schauen dabei zu, ihr verheultes Gesicht und setze mich wie Leute gemobbt, geschlagen oder scheinbar angeekelt auf den Stuhl. Ich bemerke, dass die Frau sich wie- belästigt werden. der zurückzieht, als ich erscheine. Ja- nine hält die Situation nicht aus und tens, um einzugreifen, wenn es un- bin ich dann wohl doch nicht geschaf- verlässt offensichtlich enttäuscht das angenehm und brenzlig wird. Was wir fen. Improvisation ist gefragt. Ich be- Café. am Anfang noch nicht wussten: Ja, ginne anhand der Bibel gegen Homo- das wird es. sexualität zu argumentieren, merke Nun wird es peinlich. Ich sitze al- jedoch schnell, wie schwer das ist. Ab lein herum, rühre nervös in meinem Die Szene fängt ganz normal an: Ja- und zu muss Janine grinsen. Ich gebe Kaffee, spreche die Frau auf die „wi- nine und ich sitzen im Café und quat- ja ehrlich zu, meine Argumente waren derliche Lesbe“ an und bitte um ihre schen über Schule, sind also ganz wir echt armselig. So erkläre ich ihr wü- Unterstützung. „Finden Sie doch si- selbst. Links neben uns beobachte ich tend, dass ich alles will – aber keine cherlich auch total ekelig!“, sage ich eine Frau, die genüsslich ihren Kaffee Freundschaft mehr. Daraufhin ver- zu ihr. Sie starrt quer durchs Café, schlürft und ihre Tageszeitung liest. schwinde ich auf die Toilette. Das war zuckt nicht mit der Augenbraue, gar Dann geht auch alles ganz schnell: Ja- geplant. nichts. Ich sehe, wie genervt sie von TITELTHEMA: Zivilcourage mir ist. Sie ruft: „Ich möchte ganz wir hier eine wirklich starke Frau ge- re Worte und irgendwie auch wahr. 11 schnell bezahlen!“ Jetzt flieht sie auch troffen haben, die in unserem Sinne Sie lächelt, zieht ihre Jacke an und noch, oder was? argumentiert, aber mit jedem wei- bedankt sich für das tolle Gespräch. teren Satz kommen uns mehr Zwei- Sie gehe nun mit einem guten Gefühl Mit Blicken setze ich Alina in Bewe- gung. Sie greift ein und wir erklären der Dame, dass die Situation nur ge- Die Jugend ist ein Hoffnungsträger. Ihr spielt gewesen sei. Ihr fällt sichtlich könnt was verändern, den Leuten die ein Stein vom Herzen. „Ich habe oft miterlebt, wie ähnlich schreckliche Augen öffnen, aktiv sein! Sachen vorgefallen sind. Ich bin im- mer tatkräftig eingeschritten und fel. Nahezu 20-25 Minuten erzählt nach Hause. musste oft selber büßen.“, erzählt sie uns die Frau ihre Lebensgeschichte, uns. „Varel beweist keine Zivilcoura- ohne konkret Bezug auf unser Expe- Was haben wir denn nun aus unseren ge. Hier laufen sie doch alle nur blind riment zu nehmen. Es ist, als ob sie Experimenten gelernt? Wir haben er- durch die Gegend, und schauen dabei Ansprechpartner gesucht habe, bei fahren, was es heißt, wenn Leute bei zu, wie Leute gemobbt, geschlagen denen sie sich einmal so richtig aus- einer Gewaltszene zuschauen, aber oder belästigt werden.“ lassen konnte – was in dem Falle wir nicht einschreiten. Dass so wenige Uns wird schnell klar, dass die Frau waren. Sie selbst gab zu: „Ich habe Leute letzen Endes so wenig Zivil- keine Freundschaft mit Varel ge- keine Freunde, sie sind alle weggezo- courage aufbringen, hatten wir nicht schlossen hat, ganz im Gegenteil. Sie gen, weil sie Varel auch nicht schön erwartet. Vielleicht aber haben wir lässt kein gutes Haar an Varel: „Ich fanden!“ auch einfach die falschen Menschen würde am liebsten wegziehen. Olden- getroffen. Zwischen all den Passanten burg ist schön, jung und aktiv, aber Letztlich findet sie doch noch nette fanden wir doch einige, die uns posi- Varel? Hier finden ja nicht einmal De- Worte zum Abschluss, bei denen wir tiv überrascht haben. Generell aber monstrationen statt!“, lästert sie und anfangen, uns Gedanken zu machen: gilt: Was dich angeht, Varel ... das mit versucht dabei stets im Flüsterton mit „Die Jugend ist ein Hoffnungsträger. der Zivilcourage müssen wir noch ein- uns zu sprechen. Ihr könnt was verändern, den Leuten mal üben. Im ersten Moment dachten wir, dass die Augen öffnen, aktiv sein!“ Kla- TITELTHEMA: Mobbing 12 MOBBING SPRICHT WIRKLICH KEINER DARÜBER?

„Mobbing“- das Thema, über das men wie schlecht es dem Kind geht. schaft und dem öffentlichen Leben. keiner redet und das trotzdem an Dabei gibt es noch einen deutlichen Oft spüren die Jugendlichen, die Opfer jeder Schulwand, auf jedem Schul- Unterschied zwischen Jungen und von Mobbingattacken geworden sind, tisch eingebrannt ist. Nur sehr we- Mädchen: Während Mädchen oft ein- diese Folgen noch Jahre danach, wenn nige wagen es, offen und freiwil- fach die Clique wechseln und so den nicht sogar ihr ganzes Leben. Oft fällt lig über dieses Thema zu sprechen, Attacken entgehen, gibt es bei Jungen es ihnen schwer, neue Beziehungen andere fassen es nicht mal mit der oft größere Gruppen, bei denen die aufzubauen und am Arbeitsplatz und Würstchenzange an. Dabei ist es Rangordnung festgelegt ist. Wenn sie in einer neuen Umgebung Fuß zufas- sehr wichtig, über Mobbing aufzu- nun aus der Gruppe fallen, sind sie oft sen. Sie führen ein zurückgezogenes klären und die Folgen zu besprechen. sofort in der ganzen Klasse unbeliebt. Leben und vertrauen nur wenigen Laut einer Studie der London School Doch Mobbing hat nicht nur Folgen Menschen. Experten behaupten sogar, of Economics and Political Sciences über einen kurzen Zeitraum: Noch dass 20% aller Selbstmordversuche gaben 17% der befragten Jugendli- nach vielen Jahren leiden die Opfer. von ehemaligen Mobbingopfern oder chen in Deutschland an, in den letz- ten 12 Monaten Online, aber auch im wirklichen Leben gemobbt oder Mobbing-Opfer haben lebenslang gehänselt worden zu sein. Der euro- mit den Folgen zu kämpfen päische Durchschnitt beträgt in der Studie 19%, trauriger Spitzenreiter ist Estland mit knappen 43%. Viele Folgen, die oft mit Mobbing einher- gerade Gemobbten begangen werden. der Mobbingopfer veschließen sich gehen, sind Bauchschmerzen, Schlaf- Das Überraschende ist , dass auch Ne- vor ihren Mitmenschen und berichten losigkeit, Depressionen, Essstörun- benstehende oft noch lange an ihren von ihrem Leiden erst, wenn der Druck gen, aber auch Suizidgedanken. Dies Erfahrungen zu nagen haben. Sie ha- auf sie unerträglich wird und sie ihn führt oft zu einem Leistungsabfall in ben Schuldgefühle, da sie nicht gehol- nicht mehr aushalten können oder der Schule und am Arbeitsplatz und fen haben oder das Leiden ihrer Freun- Freunde und Eltern selbst mitbekom- zum Zurückziehen aus der Gesell- de sie ebenfalls sehr belastet. Viele

DU GEHÖRST NICHT DAZU „Geh weg, wir wollen dich nicht bei uns!“ TITERLTHEMA: Mobbing

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ÄRGERN Der erste Schritt zum aktiven Mobbing haben dann Angst, selbst gemobbt zu ser Kategorie zählen, hätten im Ver- An diesen Fakten sieht man, dass werden, da sie die Opfer unterstützen. lauf ihres Lebens überdurchschnitt- nicht nur die Opfer leiden, sondern Dass die Täter, die nicht auf Grund von lich oft gesundheitliche, finanzielle auch Täter, Freunde und Mitläufer anderen Problemen, wie z.B. familiär und soziale Probleme. Auf einer Sei- auch noch lange Probleme mit der schwieriger Situation, andere Jugend- te leiden sie an dem, was ihnen zu- Situation haben und dieses sich auf liche mobben, kaum Nachwirkungen gefügt wurde, und andererseits an ihr ganzes Leben auswirkt. Um die- im späteren Leben spüren, ist nicht dem Gefühl, einen Lebensabschnitt se Probleme von vornerein zu ver- sonderlich auffällig. Die Täter sind oder das ganze Leben eines anderen hindern, muss noch mehr Aufklä- nur häufig in der Zeit, in der sie mob- ruiniert zu haben. Diese Mischung rung betrieben werden, und Opfer ben, noch unbeliebter als die Opfer. ist der Grund, warum diese Perso- sollten sich an möglichst früh an Verblüffend ist aber, dass die Ju- nen als gefährdet eingestuft werden: Vertrauenspersonen wenden, seien gendlichen, die selbst Mobbing so- Erstens sind potenziell selbstmordge- es Freunde, Lehrer oder die Eltern. wohl als Opfer, aber auch als Täter fährdet, zweitens sind sie laut For- erfahren haben, am stärksten mit schern auch amokgefährdet, da sie Spätfolgen zu kämpfen haben. Die einen zu großen Hass auf die Welt TEXT Jan Kinder und Jugendliche, die zu die- und sich selbst haben. ZEICHNUNGEN Annika und Catharina

QUERSCHNITT EINES MOBBINGKREISES Ärgern, Schubsen, Triezen TITELTHEMA: Gewalterfahrungen

14 Andre ist neu in der Klasse. Jeder starrt ihn an, als er in die erste Stunde kommt. Andre GEWALT- sucht sich einen Platz und setzt sich ausge- rechnet neben den Angeber Jonas. Jonas fin- ERFAHRUNGEN det das gar nicht cool und beginnt, Andre zu mobben. Alle Freunde von Jonas machen mit IN DER SCHULE – zum Beispiel ärgern sie Andre damit, dass er Sommersprossen im Gesicht hat. In der Pause geht Andre nach draußen und weint. Lass‘ dir nicht sagen, dass du beliebt Das bekommt Nina mit – sie empfindet Mit- wirst, indem du andere mobbst. Wenn leid für Andre und macht sich in der Klasse du beliebt sein willst, dann sei du selbst! für ihn stark. Die Klasse hört auf Nina und nach einiger Zeit kann Andre in der Klasse Freunde finden. Bald werden auch er und Jo- nas Freunde.

Julian hatte nicht aufgepasst. Als er nicht ant- worten konnte, sagte die Lehrerin spöttisch: „Guten Morgen, Julian! Auch schon ausge- schlafen?“. Wir fingen alle an zu lachen. In der Pause riefen wir alle zu ihm: „Guckt mal, Ralf tickte Peter an, um mit ihm zu reden. da läuft die Schlafmütze!“. Moritz sagte so- Peter war aber schlecht drauf und wollte gar: „Komisch, dass du es überhaupt in die nicht reden. Da Ralf nicht aufhörte, bis er Schule geschafft hast!“. eine Antwort bekam, stand Peter auf, nahm seinen Stuhl und warf ihn. Wir bedanken uns bei der Klasse 6D, Frau Brünjes und Frau Wulff für die Texte und Fotos auf dieser Seite.

Ich bemerkte, wie zwei ältere Schüler einen jüngeren als „Zwerg“ beleidig- ten. Der jüngere Schüler fing an zu weinen und rannte weg, die älteren lachten darüber. Der kleine Junge war ganz verängstigt. Ich frage mich, war- um die das gemacht haben. TITELTHEMA: Gewalterfahrungen GENUG IST GENUG 15

Hallo, mein Name ist Angelique Ro- mich als Freak, was auch immer das war, dass sie nicht mit Keilabsatz- skow, ich bin zwölf Jahre alt. Meine bedeutete. Louis-Vuitton-Schühchen für 3000 Familie und ich sind vor einer Woche Angie hatte jeden Donnerstag Erd- Dollar angestöckelt kam, sondern von Russland nach Fernfield gezogen. beerpudding mit Sahne dabei. Seit- normale flache Schuhe trug, und auch dem hasse ich Donnerstage, sie en- ihre Schultasche nicht von Gucci war. So beginnt meine Geschichte. Es war deten meist mit einem roten Fleck auf Nein, es war eine normale blaue Um- fünf Minuten vor acht, ich saß auf der meinem Anorak. Diesen Donnerstag hängetasche mit schwarzen Blumen Treppe vor meinem Klassenzimmer. würde alles anders werden, dach- und einer schwarzen Katze drauf. Ich Die anderen standen in einer Gruppe te ich. Wie gesagt: dachte ich! Doch musterte sie nicht so sehr wie mei- zusammen, unter ihnen ein Mädchen es musste alles noch viel schlimmer ne Mitschülerinnen, die alle schon, namens Angie. Angie war wie die Bar- kommen. Ich betrat die Klasse. Alle wie die Hyänen auf der Jagd, über- biepuppe, die ich nie hatte. Sie lebte flüsterten und zeigten auf mich. Es war legten, wie sie Carole Ann fertigma- in einer protzigen Villa am Stadtrand. nicht wie der Gang auf meinen Platz, chen könnten. Ich sah Carole Ann in Ich dagegen lebte in einer kleinen sonder wie der Gang durch die Hölle. die Augen. Dann sah sie mich an und Mietswohnung und musste mir ein Ich setzte mich. Mrs. Bloom betrat die zwinkerte mir zu. Ich lächelte freund- Zimmer mit meinem Bruder teilen. Klasse, sie wünschte uns einen guten lich zurück. Und wie das Schicksal es Ach ja, Angie bewohnte übrigens eine Morgen und wir setzten uns. Ich woll- so wollte, saß Carole Ann am nächs- ganze Etage und sie war ein Einzel- te einfach nur, dass dieser Morgen ten Tag schon neben mir. Naja, viel- kind. Doch es gab etwas, das konnte endlich endete. Mrs. Bloom gab uns leicht haben wir auch die Sitzordnung man mit Geld nicht kaufen, etwas, das eine Aufgabe, wir sollten Differenzen etwas manipuliert. Doch die Hauptsa- nur ich besaß, und das war meine Fa- berechnen. Ich war gut im Berechnen che ist doch, dass wir etwas gemein- milie. Sie dagegen... Na, ja, was soll von Differenzen. Doch alles, was ich sam hatten, und dieses Gefühl hatte ich dazu noch groß sagen? von mir gab, wurde kritisiert. Nicht ich beinahe vergessen. Ich hatte nun Wenn Angie und ihre Clique mich etwa von den Lehrern, nein, von den eine Freundin. Zusammen fühlten wir wieder mobbten, ging ich zu meiner Schülerinnen! uns stärker und niemand, aber wirk- Mutter und sie sagte: „Wie hat deine Plötzlich ging die Tür auf und Mrs. lich niemand konnte uns was anha- Oma immer gesagt? Andere können Bloom sagte: „Ich möchte kurz um ben, noch nicht einmal Angie, dieser durch Schönheit überzeugen, doch eure Aufmerksamkeit bitten. Wir be- Zerberus! (Für alle, die nicht wissen, die wahre Schönheit liegt hier drin.“ kommen eine neue Schülerin aus wer oder was Zerberus ist: Das ist der Und dann zeigte sie auf mein Herz.Ich Brooklyn, ihr Name ist Carole Ann.“ dreiköpfige Hund, der den Eingang verlernte das Lachen, das Weinen. Ich Carole Ann sah ungefähr so aus wie zur Hölle bewacht!) verlor sämtliche Illusionen. Die ande- ich: braunes Haar, braune Augen und Sophie ren in meiner Klasse bezeichneten was mir ganz besonders an ihr auffiel, TEXT TITELTHEMA: Stockholm-Syndrom 17

STOCKHOLM-SYNDROM EINE KRANKHEIT NAMENS LIEBE Wenn Täter zu Geliebten wer- den - Erfahrungen bei Geisel- nahmen

Text: Natascha Foto: AFP TITELTHEMA: Stockholm-Syndrom

18 Als am 25. August 1973 der schwedische Ministerpräsident Olaf Palme einen Anruf erhält, ahnt er noch nicht, was ihn er- wartet. „Palme, du enttäuschst mich wirklich sehr!“, schreit eine Frau ins Telefon. „Mein ganzes Leben war ich Sozialde- mokratin, und jetzt schacherst du mit unserem Leben. Könnt ihr uns nicht einfach mit dem Räu- ber wegfahren lassen? Ich habe keine Angst vor ihm, nicht die geringste Angst!“ Am 23. August 1973 dringt Jan Erik JAN ERIK OLSSON Olsson, ein schwedischer Gefan- gener auf Freigang, in eine Bank Als sie am 28. August, nach drei Was bringt Menschen dazu, je- ein und nimmt vier Mitarbeiter Tagen, schließlich befreit werden, manden zu lieben, obwohl oder ge- als Geisel. Fünf Tage lang hält er haben sie mehr Angst vor der Po- rade weil er sie gefangen hält und sie im Bankgebäude gefangen und lizei als vor ihrem Entführer. In zum Opfer macht? Diese Gefühle fordert Geld und die Entlassung ei- den vergangenen Tagen haben sie sind auf jeden Fall nicht echt und nes bekannten schwedischen Kri- Sympathie für ihn entwickelt und auch mit wahrer Liebe, ob roman- minellen. Dabei zögert er die Zeit sehen ihn nun nicht mehr als Geg- tisch oder platonisch, nicht zu ver- mit geschickten Aktionen heraus. ner, sondern als Verbündete an. gleichen. Schließlich gelingt die Befreiung der Geiseln, indem die Polizei ein Enmarks Verhalten ist für Entfüh- ÜBERLEBENSSTRATEGIEN Loch in die Wand bohrt und Gas in rungs- und auch für Gewaltopfer Stattdessen geht es bei dem Stock- den Raum strömen lässt, das die nicht unüblich. Tatsächlich ist es holm-Syndrom zum einen um Anwesenden, Opfer sowie Täter, beispielhaft für eine psychologi- Selbstschutz. Die Opfer gaukeln bewusstlos werden lässt. sche Störung, die in den letzten sich vor, dass sie den Täter lieben Die Medien berichten während Jahren immer mehr an Bekannt- und freiwillig bei ihm bleiben. Es und nach der Geiselnahme von der heit gewonnen hat und dem sogar ist eine Art Selbstlüge, die das Ge- Angst der Geiseln, doch in Wahr- berühmte Fälle wie die von Patty hirn sich ausdenkt, damit sie nicht heit entwickeln sich deren Gefühle Hearst und Natascha Kampusch den Verstand verlieren. in eine vollkommen andere Rich- zugeschrieben werden: das Stock- „Das Opfer ist zunächst schockiert tung. holm-Syndrom. und überfordert und besinnt sich Der Fall, auf den der Name des dann auf auf seine grundlegen- GANGSTER ALS VERBÜNDETE Syndroms zurückgeht, ging je- den, primitiven Instinkte.“, erklärt Am dritten Tag der Entführung er- denfalls in die Geschichte ein. Er der Psychiater Frank Ochberg. Das hält Ministerpräsident Palme den war nicht nur namensgebend, er Verhalten sei eine Überlebensstra- besagten Anruf. Die junge Frau am erregte auch in vielen Lädern das gie und gleichzeitig ein Versuch, anderen Ende der Leitung erweist Interesse der Öffentlichkeit, nicht das Gefühl von Kontrollverlust ein- sich als Kristin Enmark, eine der zuletzt wegen des Verhaltens der zudämmen. Geiseln, und sie bittet ihn nicht Geiseln. Eine weitere Theorie ist, dass das etwa um Hilfe. Doch was macht dieses psycholo- Verhältnis zwischen Täter und Op- Stattdessen macht sie ihm Vorwür- gische Phänomen aus? fer dem zwischen Kind und Eltern fe. Das Stockholm-Syndrom ist eine entspricht. Das Gefühl der Abhän- Die Zeit in Gefangenschaft hat vor Krankheit, über die Psychologen gigkeit von den Eltern - sogar das allem Enmarks Psyche verändert, viel diskutieren und deren Erfor- der Hilflosigkeit, wenn wir für et- doch auch die drei übrigen Geiseln schung noch immer in den Kinder- was zu klein sind - ist in unserer zeigen ein ähnliches Verhalten: schuhen steckt. Kindheit selbstverständlich. Ob- TITELTHEMA: Stockholm-Syndrom wohl wir von unseren Eltern ab- rer Beteiligung an Banküberfällen Neben Entführungen ist häusliche 19 hängen, vertrauen wir ihnen und später zu sieben Jahren Gefängnis Gewalt eine weitere Situation, in fühlen uns bei ihnen geborgen. verurteilt. der es oft dazu kommt, dass das Ein Gewalt- oder Entführungsop- Opfer sich an den Täter bindet und fer fühlt sich in diese Situation VERLIEBT IN DIE ENTFÜHRER Sympathie, wenn nicht sogar Lie- zurückversetzt und überträgt die Die wohl früheste Überlieferung be empfindet.Vor allem bei häus- positiven Gefühle auf den Täter. der Symptome ist der Raub der Sa- licher Gewalt ist es für das Opfer binerinnen. Diese Legende besagt, leicht, dem Syndrom zu verfallen: Es kommt vor, dass der Verstand dass es nach der Gründung Roms Denn meist war in diesen Situa- in solchen Momenten nicht mehr im Land an Frauen fehlte, sodass tionen die Liebe und Sympathie zwischen Realität und Fantasie die Römer kurzerhand die Sabiner schon vorher vorhanden, da es entscheiden kann und sich die einluden und ihre Töchter stahlen. sich um die Familie oder den Part- Wirklichkeit zurechtbiegt. Dabei Doch als die Sabiner kamen, um ner handelt. Es kommt zu einer wird die Gewalt, die einem wider- ihre Töchter zu befreien, wollten Form des Stockholm-Syndroms: fährt, verdrängt und stattdessen diese gar nicht gerettet werden. Das Opfer fühlt sich abhängig und werden positive Taten des Täters Sie verteidigten die Römer, zeig- hat Angst, die Kontrolle zu verlie- hervorgehoben. Das Opfer klam- ten sich verliebt und baten ihre ren. Dabei spielt auch Verdrän- mert sich an Gedanken wie „Er Eltern nicht zu kämpfen. Ihr Ver- gung eine wichtige Rolle. hat mir Wasser gebracht" und halten ähnelt stark dem der heu- „Sie will nur das Beste für mich" tigen Betroffenen des Stockholm- Natürlich entwickelt nicht jedes und redet sich ein, dass der Täter Syndroms, womit klar ist, dass dies Entführungsopfer das Stockholm- auf der richtigen Seite ist und das keinesfalls eine Entwicklung der Syndrom. Viele reagieren ganz Richtige tut. letzten Jahre ist. anders und empfinden Hass und Angst gegenüber ihren Entfüh- Als bisher extremstes Beispiel Das Stockholm-Syndrom besteht rern: die Gefühle, die wir als Au- dieser Denkweise gilt das Entfüh- nicht nur seit langer Zeit, es ist ßenstehende als logisch betrach- rungsopfer Patricia Hearst. Die auch weit verbreitet. Obwohl man ten. Enkelin des US-Zeitungskönigs nicht bei jedem Opfer feststellen Drei der vier Opfer, die damals in William Randolph Hearst solidari- kann, ob sein Verhalten tatsäch- Stockholm entführt wurden, leben sierte sich während ihrer Geisel- lich vom Syndrom geprägt ist - vor seitdem zurückgezogen. Kristin nahme 1974 mit den sozialrevo- allem nicht im Nachhinein -, gibt Enmark hielt noch lange den Kon- lutionären Zielen ihrer Entführer es immer wieder Fälle in Politik, takt zu ihrem ehemaligen Entfüh- und wechselte die Seiten. Sie wur- Medien und sogar in Partnerschaf- rer. Zwar heirateten sie nicht (wie de selber kriminell und wegen ih- ten, die dafür sprechen. die Legende besagt), doch sie be- suchte Olsson, während er seine Gefängnisstrafe absaß.

Das Stockholm-Syndrom ist eine Störung mit vielen Facetten, von denen längst noch nicht alle er- forscht sind. Es lässt sich kaum sagen, wo die Grenze zwischen Krankheit und Liebe verläuft, vor allem bei Gewalt in Familien und Partnerschaften. Viele Experten meinen, dass die Diagnose viel zu früh gestellt wird, ohne nach wei- teren Ursachen zu forschen. Doch es ist ein psychisches Phänomen, das es schon lange gibt und wohl immer geben wird, solange es OLSSONS VIER GEISELN auch Gewalt gibt. TITELTHEMA: Gewalt im Sport 21

GEWALT IM SPORT „KOMM RAUS, WIR MACHEN DICH FERTIG!“ Schiedsrichter haben einen Job, der nicht nur Nerven kostet, sondern auch gefährlich sein kann Text: Leonhard TITELTHEMA: Gewalt im Sport Viele wissen noch nicht einmal, was Niederlage ist man dann schnell beim falls zu und erklärt, dass gerade im 22 Abseits ist. Ein niederländischer Unparteiischen, kritisiert Florian Jo- Jugendbereich vielfach die Eltern für Schiedsrichter starb an einer solch chens (24), selbst Führungsspieler der Unruhe sorgen und ihr Kind in über- kritischen Entscheidung: Drei auf- Bezirksligamannschaft des TuS Oben- triebenem Maße schützen oder un- gebrachte jugendliche Fußballer ver- strohe: „Wenn es nicht läuft, ist zu oft terstützen wollen. Gleich von Gewalt prügelten ihn und traten auf den am der Schiedsrichter die erste Entschul- auf dem Sportplatz zu sprechen, hält Boden Liegenden ein. digung.“ „Dabei sind wir schließlich Kreye dagegen für übertrieben: „Wenn Ein Einzelfall? Keineswegs! Immer wieder werden Schiedsrichter ange- gangen, und das nicht nur in den Nie- Der Ball ist rund, der Hass ist groß. derlanden.Wir sprachen mit einigen norddeutschen Unparteiischen, die auch nur Menschen, die Fehler ma- es mal zu Tätlichkeiten kommt, ist es uns Trauriges zu erzählen hatten: chen, ebenso wie Spieler oder Trai- regelmäßig das Fehlverhalten einzel- „Kurz vor Abpfiff musste ich leider ner“, fügt Hohmann an. „Trotzdem ner. Gewalt findet eher außerhalb der noch eine Gelb-Rote Karte gegen einen wird uns jedoch oftmals die zentrale Sportplätze durch gewaltbereite so- Spieler aussprechen, obwohl seine ei- Rolle in der Fehlerkette zugeschrei- genannte Fans statt, die den Fußball gene Mannschaft deutlich gewann“, ben“, analysiert Andreas Kreye (53), lediglich als Anlass für handgreifli- schildert mir Dennis Hohmann (32) seit 1978 erfolgreicher Schiedsrichter che Auseinandersetzungen nutzen.“ den Ausgangspunkt der negativsten sowie stv. Vorsitzender des Schieds- Wenn ein Spiel härter wird, es emotio- Szene seiner 15-jährigen Karriere als richterausschusses im Landkreis naler zugeht und es zu Beleidigungen Referee und Kreisschiedsrichterlehr- Friesland, und erläutert an einem Bei- kommt, leitet er das Spiel kleinlicher, wart. „Auch nach dem Spiel ließ er spiel: „Wenn ein Stürmer eine klare ahndet er jedes Foul und verhängt sich nicht beruhigen, beleidigte mich Torchance nicht verwertet, wird er konsequent persönliche Strafen. und drohte mir wörtlich ‚Ich brech eher von seinen Mannschaftskamera- „Wenn es nicht gelingt, die Gemüter dich Asi in der Mitte durch‘, worauf den aufgemuntert. Ein Schiedsrichter wieder zu beruhigen, scheue ich mich ich schnell in die Kabine gegangen hingegen, der einen vermeintlich un- auch nicht, gleich mehrere Feldver- bin. Im Folgenden wurde gegen die berechtigten Strafstoß verhängt, ist weise auszusprechen“, erklärt er und Tür gehämmert und lautstark Parolen immer der Grund für die Niederlage ergänzt: „Bei Attacken gegen meine wie ‚Komm raus, wir machen Dich fer- der Mannschaft. Es ist offensicht- Person wird das Spiel sofort und ohne tig!‘ gerufen. Ich bin kein ängstlicher lich aus der Mode gekommen, Fehler jegliche Diskussion abgebrochen. Als Mensch, aber als ich so allein in der bei sich selbst zu suchen oder Fehler Schiedsrichter muss du zuverlässig Kabine saß und von außen heftig be- einzugestehen.“ Kreye beanstandet, Spielsituationen erkennen, bewerten

Es ist offensichtlich aus der Mode gekommen, Fehler bei sich selbst zu suchen oder Fehler einzugestehen.

schimpft wurde, fühlte ich mich ein- dass es „oft an Respekt und Achtung und dann konsequent zu deiner Ent- sam und hilflos. Das Schlimmste an vor der Leistung des anderen fehlt. scheidung stehen. Das erfordert Mut, der Situation war, dass ich nicht ge- Es wird immer nach Fehlern gesucht, Durchsetzungsvermögen und Charak- nau abschätzen konnte, was wirklich anstatt das Positive in der Gesamt- terfestigkeit und heißt auch, die Emo- da draußen abging. Dann habe ich die leistung hervorzuheben. Wer Fehler tionen der Spieler, Trainer und Zu- Polizei gerufen. Entschuldigt hat sich des anderen anprangert, lenkt von schauer auszuhalten.“ Was aber muss bei mir bis heute keiner.“ Dass solche eigenen Fehlern ab.“ Grundsätzlich verändert werden, damit sich die At- Vorgänge keine Ausnahmeerschei- sei die Bereitschaft gestiegen, andere mosphäre auf dem Sportplatz positiv nungen sind, zeigen weitere Vorfälle zu kritisieren und unangemessen mit entwickelt? Kreye erklärt, dass es zur im Profi-, insbesondere aber im Ama- ihnen umzugehen. Auch Jochens be- Kultur werden müsse, die Person und teurbereich, wo gerade in Ballungs- mängelt: „Einige Spieler neigen im- die Leistung anderer zu achten und zentren regelmäßig Spiele eskalieren. mer wieder zu Aussetzern. Gerade in zu respektieren: „Hierzu bedarf es Wenn sich soziale Probleme häufen hitzigen Situationen sind Beleidigun- Vorbilder, die aktiv gegensteuern und und die Welt des Fußballs eine Art gen deswegen keine Seltenheit. Wer Verantwortung übernehmen. Fehl- Ersatzrealität wird, ist es für viele ein sich unter Kontrolle hat, wird jedoch verhalten hingegen muss konsequent persönlicher Verlust, wenn die „eige- nicht darauf eingehen, besonders, geächtet und bestraft werden.“ Auch ne Mannschaft“ verliert. Bei der Su- wenn die Aussagen von Zuschauern Jochens verdeutlicht: „Alle Beteiligten che nach dem „Sündenbock“ für die kommen.“ Hohmann stimmt eben- sollten sich klar werden, dass es sich TITELTHEMA: Gewalt im Sport beim Sport meist um ein Hobby han- 23 delt, welchem wir Sportler in unse- rer Freizeit nachgehen.“ „Ärger oder Unzufriedenheit aus dem Alltagsle- ben sollten draußen bleiben“, führt Hohmann fort. „Des Weiteren bin ich der Meinung, dass Strafen deutlich härter ausfallen müssen. Keine Ent- scheidung, die wir fällen, rechtfertigt eine Beleidigung oder gar einen tätli- chen Angriff!“ Angreifen sollte man einen Schiedsrichter auch deswegen nicht, weil ohne ihn kein Fußballspiel möglich wäre. Anderen diesen Sport zu ermöglichen, macht auch Kreye viel Spaß: „Besonders faszinieren mich die ständig wechselnden Her- ausforderungen, der Kontakt mit den Menschen und die Bewegung an der WAS MAN ALS SCHIEDSRICHTER frischen Luft. Außerdem ist das Aus- ÜBER SICH ERGEHEN LASSEN MUSS üben des Schiedsrichteramtes sehr persönlichkeitsfördernd und bildet Aasgeier, Weihnachtsengel, Busengrabscher, Giftnudel, Gehirnakrobat, Eigenschaften aus, die im täglichen Korinthenkacker, Pinsel, falscher Fünfziger, Arsch mit Ohren, Xanthippe, Leben von Nutzen sind.“ Individuum, Schönling, Erbsenzähler - alles Schimpfwörter, für die ein Damit der Fußball auch in Zukunft die Schiedsrichter die rote Karte geben darf. schönste Nebensache der Welt bleibt, sind alle gefordert, die selbst Spaß und Freude am Sport haben. Auch Jochens ten sollte, bis die Emotionen verflogen schnell zu dem Entschluss, dass der erkennt, dass man vielleicht erst ein- sind, anstatt sofort den Schiedsrichter Schiedsrichter eigentlich alles richtig mal genauer über die vorangegangene anzufeinden, denn „wenn man eine gemacht hat.“ Spielsituation nachdenken oder war- Nacht darüber schläft, kommt man

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Neue Straße 1, Varel

ÖFFNUNGSZEITEN MO-FR 08.00-18.30 SA 10.00-14.00 24 SPORT: Basketball

EWE MISCHT DIE LIGA AUF! Power am Korb - die EWE Bas- kets jagen Titel! Der Kaktus war vor Ort. Text: Leonhard Fotos: René SPORT: Basketball

Auf einmal stehen sie alle vor uns: die Ansehen in Europa.“ Auch de Mello ist 25 Stars der EWE Baskets Oldenburg, Vor- davon fasziniert, dass sich immer mehr jahres-Vizemeister der 1. Basketball- Menschen für Basketball interessieren: Bundesliga! Wir spüren den Luftzug des „Ich werde immer häufiger in der Öffent- an uns vorbei zum Korb sprintenden Ro- lichkeit von begeisterten Fans erkannt, bin Smeulders. Kapitän das ist aber nie nervig, sondern meist lächelt uns zu. Unglaublich! Unser Fo- sehr angenehm, nett und amüsant.“ tograf René und ich sind ganz nah dran Auch innerhalb des Teams ist das Ver- am Geschehen, wir bewegen uns direkt hältnis bestens, erzählt mir Smeulders: am Spielfeldrand im Pressebereich. Auf „Wir verstehen uns alle super und unter- dem Weg zu unseren nur wenige Zenti- nehmen auch abseits des Spielfeldes viel meter vom Spielfeld entfernten Plätzen miteinander. Wir sind eine verschworene schieben sich hektisch mehrere Fotogra- Gemeinschaft!“ fen vorbei. Schon jetzt herrscht eine tolle Atmosphäre in der bis zu 6000 Zuschauer Auf diese wird es in der zweiten Hälfte der fassenden, hochmodernen EWE-Arena. Spielzeit ankommen, denn die Oldenbur- ger liegen mit 34:40 knapp hinten. Jetzt An diesem Sonntagabend wird die gleich EWE BASKETS geht es Schlag auf Schlag: Korb Bonn zu Beginn spannende Partie angepfiffen. OLDENBURG hier, 3er-Wurf Baskets da. „Kämpfen und Die starken Gegner aus Bonn erweisen siegen!“ dröhnt es von den Rängen. Der Die Basketballmannschaft der sich als hartnäckige Zweikämpfer und Bonner Radiomoderator neben mir ballt EWE Baskets Oldenburg ent- entschlossene Konterspieler, sodass es nach einem vergebenen 3er der Gäste die stand 2001 aus der Basketball- schnell 8:6 für die Gäste steht. Für einen Fäuste, hämmert auf den Tisch und brüllt abteilung des Oldenburger erfolgreichen Wurf werden im Normal- ins Mikro: „Geblockt, geblockt, vorbei das Turnerbund (OTB). Nach dem fall zwei Punkte berechnet, ein Treffer Ding!“ Dramatik pur in der Baskets-Fes- Aufstieg in die 1.Bundesliga hinter der knapp sieben Meter entfern- tung! Coach Machowski beißt energisch im Jahr 2000 gewannen die ten 3-Punkte-Linie bringt nochmal einen auf sein Kaugummi und holt seine Spieler Baskets in der Saison 2008/09 Zähler mehr. in einem Timeout an die Linie. Leiden- erstmals die Deutsche Meister- schaftlich kritzelt er auf einer Magnetta- schaft. 2013 zog das von Coach Am Spielfeldrand steht derweil Baskets- fel herum und gestikuliert wild: Da lang Sebastian Machowski trainier- Coach Machowski, dirigiert seine Spie- laufen, so verteidigen. Bloß keine Bälle te Team in die 6000 Zuschauer ler mit vollem Körpereinsatz, springt hin verloren geben! Zum Ende des dritten fassende, hochmoderne EWE und her, als spiele er selbst mit. Ange- Viertels wird es nochmals extrem span- Arena um. Tickets können be- strengt ruft er englische Anweisungen auf nend! Nach einer fragwürdigen Schieds- quem online oder an den zahl- das Spielfeld. Es scheint zu wirken: Mit richterentscheidung kommt es wenige reichen Vorverkaufsstellen er- mehreren verwandelten Freiwürfen von Meter vor mir zur Rudelbildung. Machow- worben werden. Smeulders kämpfen sich die Oldenburger ski versucht noch, seine Spieler zu beru- wieder ran. Der 2,08 Meter große Deut- www.ewe-baskets.de higen; nach kurzer Aussprache der Mei- sche mit niederländischen Wurzeln wird nungsverschiedenheiten kann es weiter aufgrund seiner Sprungkraft auch „Flie- gehen. Die Oldenburger, die mit dem fünf- gender Holländer“ genannt und ist stolz, 3-Punkte-Wurf knapp in Front gebracht. ten Sieg in Folge einen neuen Startrekord Profisportler zu sein: „Ich bin schon mit Von den Rängen tönt es „Super EWE Bas- aufstellen könnten, punkten erneut, doch 6 Jahren angefangen, im Verein Basket- kets“ nach Pippi Langstrumpf-Melodie. auch Bonn ist hellwach und verwandelt ball zu spielen, und durfte mein Hobby Spannung pur auf dem Basketball-Par- einige Körbe vor dem eigenen frenetisch zum Beruf machen. Mich fasziniert die feiernden Anhang. 52:61. Zwei Minuten Schnelligkeit, die Athletik, das Zusam- Ein Profi braucht viele Eigen- Atempause. Letzte taktische Besprechun- menspiel und die extreme Spannung“, er- gen. Die Cheerleader kommen aufs Feld schaften, aber das Wichtigste klärt er mir gegenüber. Dominik Bahiense und zeigen einige tolle Choreographien. de Mello (28) ist ebenso begeistert von ist immer, hart zu arbeiten und Weiter geht’s. Zehn Minuten bleiben, um ‚seinem‘ Sport: „Der abwechslungsrei- bodenständig zu bleiben. das Spiel noch zu einem Sieg zu drehen. che Verlauf eines Spiels voller Emotionen Spielmacher Jenkins hebt zwei Finger in macht einen unglaublichen Reiz aus. Um kett! „Die neue Arena ist toll geworden die Luft. Spielzug zwei also. Unter dem erfolgreich zu sein, bedarf es natürlich und ich bin glücklich, hier spielen zu dür- Korb lauert Smeulders. Nach mehreren Talent, aber genauso Disziplin, Durch- fen. Die Fans beleben die Halle großartig Versuchen gelangt der Ball schließlich setzungsvermögen, Teamfähigkeit und und sind ein wichtiger Rückhalt, das weiß zu ihm. Er steigt hoch und wuchtet ihn in Ehrgeiz.“ Auch Smeulders stimmt zu und ich als Spieler sehr zu schätzen“, erklärt den Korb! Auf der Gegenseite bekommen erläutert: „Ein Profi braucht viele Eigen- mir de Mello, der schon in seiner Kind- die Bonner ihre Chancen, die sie eiskalt schaften, aber das Wichtigste ist in mei- heit Profisportler werden wollte. Auf die nutzen. Wenige Sekunden noch zu spie- nen Augen immer, hart zu arbeiten und Entwicklung des Basketball angespro- len, 75:84 für Bonn. Ungenauigkeiten bodenständig zu bleiben.“ chen erzählt mir Smeulders nur Positives: beim Abwurf und in der Verteidigung Die Halle tobt. Gerade hatte Julius Jenkins „Die deutsche wird zeichnen sich ab. Die Uhr läuft runter: die Oldenburger mit einem spektakulären von Jahr zu Jahr stärker und erhält mehr neunzehn, achtzehn. Nächster Angriffs- SPORT: Basketball

versuch der Oldenburger. Doch die Zeit ist begrüßt. Kurz nach uns betreten auch 26 schneller. Drei, zwei, eins, null. Abpfiff. Machowski und der Gästecoach aus Bonn Die erste Saisonniederlage. Das war’s mit den Raum. Beide geben ihre Statements dem Rekordstart von fünf Siegen in Fol- zum Spiel ab und gehen auf die Fragen ge. Applaus gibt es trotzdem. Das Team weiterer Pressevertreter ein. Machowski kommt auf eine Ehrenrunde um den Platz und klatscht die Anhänger ab. Auch wir Wenn man sein Hobby zum Beruf halten unsere Hände hin. Smeulders, Joy- ce, Kramer, Jenkins, Paulding, Coach Ma- machen kann, ist das Gehalt nur chowski. Die Enttäuschung ist ihnen noch Nebensache. ins Gesicht geschrieben. Trotz der heutigen Niederlage steht eines bemängelt, man habe zu keinem Zeit- fest: Oldenburg mischt die Liga auf! Doch punkt richtig ins Spiel gefunden: „Wir ha- was genau sind die Saisonziele des Vize- ben zu viele Punkte abgegeben. Das ent- meisters? „Ich will die deutsche Meister- spricht nicht unseren Ansprüchen. Bonn schaft gewinnen! Das wäre schon mal ein muss man zu einer sehr guten Leistung Anfang“, erklärt mir Baskets-Star de Mel- gratulieren. Für uns gilt es jetzt, das Spiel lo entschlossen. Auch Smeulders möchte zu analysieren und Mittwoch gegen Zag- „an den Erfolg der letzten Saison anknüp- reb ein anderes Gesicht zu zeigen.“ Das fen und viele Spiele gewinnen. Persönlich taten sie. Eindrucksvoll setzten sie sich in will ich mich weiter verbessern und eine einem Basketball-Krimi mit 92:90 nach wichtige Rolle für unsere Mannschaft Verlängerung durch. Nach ca. 15 Minuten spielen.“ Auf ihr im Vergleich zu einem ist die Pressekonferenz beendet und wir Fußballprofi geringeres Gehalt angespro- verlassen den Raum durch die Gänge der chen, erklärt de Mello, er sei dankbar für Katakomben. Wir betreten den Vorraum seine privilegierte Situation und verglei- der Arena, hunderte Menschen strömen che sich nicht mit Fußballern. Smeulders aus der Halle in die Kälte der Nacht. Was ergänzt, er sei stolz, Profisportler sein zu für ein großartiger Abend! dürfen: „Natürlich möchte jeder so viel An dieser Stelle einen ganz herzlichen Geld wie möglich verdienen, aber ich bin Dank an die Verantwortlichen der EWE sehr zufrieden. Wenn man sein Hobby Baskets Oldenburg, die uns den Besuch zum Beruf machen kann, ist das Gehalt in dieser Form möglich gemacht haben. nur Nebensache.“ Danke an alle Spieler, die uns für Fragen Während sich die Arena langsam leert, bereitstanden, an die Fans und Presseleu- geht’s für uns jetzt noch auf die Presse- te, mit denen wir uns an diesem Abend konferenz! Mit etwas Verwunderung über austauschen durften, und natürlich die den jungen Besuch werden wir freundlich Mannschaft, die toll gespielt hat.

DISKUSSIONSBEDARF: FOLGE EINER SCHIEDSRICHTERENT- SCHEIDUNG SCHULE: Homestory 29

HOMESTORY MASCHAS ZUHAUSE Gemütlichkeit statt Schulalltag: So wohnt Frau Nachtigal! Die Katze genießt hier besonde- re Privilegien. Text: Leonhard Fotos: René SCHULE: Zu Hause bei Frau Nachtigal

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großen Lampe erhellten Glastisch. gerne auch mal von meinem Mann Die darf hier An der Wand befindet sich ein weißes bekochen“, verrät sie uns lachend. wirklich alles, Bücherregal, in dem wir sofort unsere Wir verlassen die Küche wieder und Unterrichtslektüren von Dürrenmatt begeben uns in das Obergeschoss. erzählt uns Frau Nachtigal, während oder Schiller erkennen. „Da stehen sie lächelnd ihre schwarz-weiße auch noch andere Bücher“, relativiert Neben dem weißen Doppelbett gibt Katze Mascha streichelt. Auch wir die Deutsch-Lehrerin sofort und es im Gästezimmer einen dazu lassen uns eine kurze Begrüßung deutet schmunzelnd auf einen dicken passenden IKEA-Schrank und an den nicht nehmen und wenden unsere Roman. Originell ist die Beleuchtung, Wänden Schwarz-Weiß-Fotografien Blicke dann zu einer großen welche aus mehreren Weinflaschen des Eiffelturms. Wir erkennen das

Weltkarte an der Wand des Flurs, besteht. Wir fragen, ob Frau Nachtigal Guinness Buch der Rekorde aus dem auf der alle Länder, die von Frau diese etwa allein ausgetrunken Jahr 2001, Spiele wie Activity, ein Nachtigal und ihrem Mann bereits habe. Nein, natürlich sei ihr Mann großes, antikes Radio und Ordner bereist wurden, grün markiert sind. maßgeblich beteiligt gewesen, werden aus der Studienzeit, die aber so „Bis jetzt war unser weitestes Ziel wir aufgeklärt. Auch der schöne langsam weggeräumt werden sollen. Kuba“, werden wir auf den kleinen Esstisch ergänzt toll die positive Fleck südlich der USA hingewiesen. Grundstimmung des Raumes. Weiter geht’s in das Ankleidezimmer, Nur wenig später betreten wir In der unspektakulären Küche erken- in dem neben zwei großen, ebenfalls das gemütlich eingerichtete nen wir am gut gefüllten Kühlschrank weißen Schränken ein Laufrad Wohnzimmer. Zwei bequeme Sofas ein fröhliches Foto von Frau Nachtigal steht, das allerdings nur im Winter mit zahlreiche Kissen und ein zusammen mit dem Star-Koch benutzt wird, weil es „im Sommer Sessel umrunden den von einer Tim Mälzer. „Sonst lasse ich mich draußen doch viel schöner ist.“ SCHULE: Zu Hause bei Frau Nachtigal

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Im hellen Bad imponiert ein kleiner, perfekt passender Kronleuchter. „Die Nachbarn haben uns schon mal gefragt, was wir wohl für ein Badezimmer haben, weil sie durch das Fenster nur den Kronleuchter sehen können.“

Wir erreichen das aufgeräumte, lichterfüllte Arbeitszimmer, werfen unsere Blicke zu dem geräumigen Schreibtisch und identifizieren: einen Duden nebst Synonym-Wörterbuch, einen modernen PC ebenso wie einen noch aus der eigenen Studienzeit stammenden Taschenrechner und: sehr viele Ordner. „Hier bereite ich den Unterricht vor, die Klausuren werden aber immer unten korrigiert“, erzählt sie uns. Wir erkennen unsere alten Klassenarbeitshefte, die hier bis zum Schuljahresende säuberlich sortiert aufbewahrt werden. Auf einem gemütlichen Stuhl, der eigentlich als Lesemöglichkeit vorgesehen war, hat es sich mittlerweile jedoch schon Frau Nachtigals Katze gemütlich gemacht.

Abschließend gibt‘s noch Kuchen und wir dürfen bei einer äußerst kurzweiligen Unterhaltung das Sofa testen. Auch Katze Mascha guckt noch mal vorbei - von den Süßspeisen bekommt das privilegierte Lieblingstier jedoch nichts mehr ab.

An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an Frau Nachtigal und ihren Mann für den sehr interessanten Einblick in ein privates Lehrer-Leben! 32 SCHULE: Segel-AG

SEGEL-ARBEITSGEMEINSCHAFT UNTER VOLLEN SEGELN Viel Wind, Meer und friesische Küste Text und Fotos: Sarah & Natascha SCHULE: Segel-AG „Weil es sehr viel Spaß macht und Bauteilen aus einem hochliegenden 33 sie sich stark von anderen AGs unter- Bauwagen auf. Allein oder mit einem scheidet. Wir sind oft draußen, lernen Partner legen sie vom kleinen Steg ab, viel über unsere Heimat und dürfen der ebenso wie die Segelschiffe dem sogar alleine Segelboote steuern, das Vareler Segelverein gehört. ist sehr interessant und lustig.“, ant- Der Segeltörn dauerte wie jedes Mal wortete eine junge Schülerin auf die knapp zwei Stunden, danach musste Frage, was ihr besonders an der Se- aufgeräumt werden. gel-AG gefällt. Auch weitere Teilnehmer(innen), die Doch das tatsächliche Segeln ist na- wir befragt haben, zeigten uns deut- türlich wetterabhängig und grund- lich, dass sie Gefallen an der Segel- sätzlich ab dem Spätherbst nicht AG, die vor ca. fünf Jahren von den mehr möglich. In diesem Jahr fand die Lehrern Herrn Peukert (LMG), der letzte Segel-Aktion am 25. September schon vorher eine beliebte Segel-AG statt. in Aurich hatte, und Herrn Michalke Sobald die Winde zu stark und die (Oberschule Varel) gegründet wurde, Temperaturen zu niedrig werden, gefunden haben. Das liegt wohl nicht wechselt auch das Programm der zuletzt an der großen Anzahl der inte- Segel-AG. In den Wintermonaten hal- ressanten Themen rund um das The- ten sich die Mitglieder jeden zweiten ma Segeln, Meer und friesische Küste. Mittwoch in der Oberschule Varel auf und stellen dort unter Leitung der Leh- Nachdem ihnen wichtige Sicher- rer Schiffsmodelle aus Holz her. Diese heitsregeln beigebracht und leuch- fallen dank der vielen Arbeitsstunden tend orange Schwimmwesten verteilt und Mühen sehr detailreich und indi- worden waren, zeigten uns begeis- viduell aus. So werden die ungefähr terte Schülerinnen und Schüler, die 30- 40 cm großen Modelle beispiels- hauptsächlich aus der 5. - 6. Klasse weise in bunten Farben gestrichen der Oberschule und des Lothar-Mey- er-Gymnasiums stammen, wie sie mit knapp zwei Meter langen Jollen Diese AG ist beliebt, weil sie die segeln. Zu dritt oder zu viert bauten einzige ist, die Werken anbietet. sie die die kleinen Boote mithilfe von

und mit Ausrüstung wie Ruder und Segel versehen, die auch jedes echte Segelboot benötigt. Ob dieser Teil der AG spannender ist als das eigentliche Segeln oder ob er eher die Freude auf den nächsten Se- geltörn verstärkt? „Wir haben, glaube ich, alle an bei- dem Spaß“, sagt ein langjähriges Mit- glied der AG. „Allerdings ist diese AG unter anderem beliebt, weil sie die einzige ist, die Werken anbietet.“ Und doch sei die Vorfreude auf den nächsten Sommer groß, wenn das Wetter wieder bereit ist für den nächs- ten Segelausflug. SCHULE: Interview mit Herrn Frels 34 SAFETY FIRST ÜBER SCHILDER, KNÄUFE UND ABSTÜRZENDE FLUGZEUGE Eine halbe Minute zu spät, und schon steht man vor verschlossener Klassentür. Einmal in der Stun- de zur Toilette gegangen, und schon muss man seine sanft dahin dämmernden oder engagiert dis- kutierenden Klassenkameraden durch energisches Klopfen aufschrecken, um eingelassen zu wer- den. Die im letzten Schuljahr neu angebrachten Türknäufe haben alle schon mal verflucht. Wir haben Herrn Frels, den Sicherheitsbeauftragten des LMG, befragt: Er ist der Experte für derar- tige Probleme.

Wer ist verantwortlich für die vor Amokläufen schützen und dieser Knäufe an den Türen? recht unwahrscheinliche Fall träte Neue Dinge, die eingeführt werden dennoch ein, dann würde jeder sagen, sollen, werden immer erst mal mit dass man sich davor hätte schützen Frau Geisler abgesprochen und eben- können. Die Frage ist nun, wie man so mit dem Landkreis. Schulen be- sich gegen abstürzende Flugzeuge kommen einen Sicherheitskatalog, in schützen kann. Sollte man die ganze denen sie sinnvolle Vorschläge fin- Schule in eine Glaskuppel einpacken? den, um die Sicherheit an der Schu- Man sollte doch realistisch bleiben. le zu verbessern. Wir fanden dort die Knäufe und haben uns entschlossen, Ein anderes Gefahren-Moment, das diese am Lothar-Meyer-Gymnasium Schüler beschäftigt: Ist das Tech- einzuführen. nikum brandschutzsicher wie die anderen Gebäude? diesen Ausnahmezufall schon mal ge- Ein Gebäude benötigt, um brand- Warum genau wurden sie ange- übt zu haben, bevor man möglicher- schutzsicher zu sein, zwei voneinan- bracht? weise davon überrascht wird. Die Knäufe dienen einerseits zur Si- der unabhängige Fluchtwege. Diese cherheit vor Eindringlingen, und besitzt das Technikum leider nicht, Würde es Durchsagen per Lautspre- andererseits ist es nun nicht mehr und da es denkmalgeschützt ist, kann cher an die Klassen geben, wenn möglich, dass Schüler bei nicht ab- man nicht so einfach eine zusätzliche es brennt oder es einen Amoklauf geschlossener Tür unbeaufsichtigt in Fluchttreppe an die Seite anbauen. gäbe? Klassenräume gelangen. Nun ist allerdings die Frage, ob man Sowohl bei Feuer als auch bei Amok Sicherheit oder Denkmalschutz vor- würde es eine Durchsage geben, die zieht. Darüber ist man sich noch nicht Knäufe haben große Nachteile. den Schülern Sicherheitsanweisun- ganz einig. Klassen stauen sich in den Fluren, gen durchgibt. und wenn zwischendurch jemand den Raum verlässt, muss extra je- Zum Halbjahreswechsel war ein Eine letzte Frage noch, die viel- mand aufstehen, um die Tür zu öff- Feueralarm in der Pause geplant leicht auch etwas mit Sicherheit zu nen. Was ist Ihre Meinung dazu? (der dann wegen Eisglätte ausfal- tun hat: Warum gibt es diese (häss- Diese Nachteile lassen sich leicht be- len musste). Wieso ein Alarm in der lichen) Schilder über den einzelnen seitigen, indem der Lehrer pünktlich Pause, wo Chaos eigentlich schon Trakten? zu Unterrichtsbeginn da ist und Schü- vorprogrammiert ist? Die Schilder dienen rein zur Orien- ler die Pausen nutzen, um beispiels- In den letzten Jahren lief der Feuer- tierung für neue Schüler, Fachkräfte weise auf die Toilette zu gehen. alarm immer nahezu gleich ab. Der und Eltern. Dabei ist es letztlich Ge- Alarm wurde mitten in der Stunde schmackssache, ob man die Schilder ausgelöst und jeder, egal ob Schüler Die Zahl der Amokläufe ist in als hässlich ansieht oder nicht. Deutschland aber sehr gering. Er- oder Lehrer, jeder wusste, was zu tun gibt es Sinn, so viel für einen eher war. Nun habe ich mir überlegt, dass Herr Frels, wir danken Ihnen für unwahrscheinlichen Fall zu inves- es bei einem Feueralarm in der Pause dieses informative Gespräch und tieren? Müsste man sich dann nicht zu einer Ausnahmesituation kommen hoffen sehr, dass es niemals einen auch gegen abstürzende Flugzeuge würde. Schüler und Lehrer wüssten ernsthaften Notfall am LMG gibt. absichern? nicht, ob sie den Fluchtweg für den Sobald es um Sicherheit geht, gerät Raum vor oder nach der Pause neh- die Frage des Geldes schnell in den men sollten und welchen Sammelplatz TEXT Raphael Hintergrund. Würde man sich nicht sie hätten. Ich dachte, es sei wichtig, FOTO René SCHULE: Verlassen des Schulgeländes

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AUF AUF, ICH WILL KAKAO! ZWISCHEN HAUSORDNUNG UND FREIHEITSDRANG

18 Jahre und zwei Monate alt, hungrig Generell sind alle Schüler über die tagspause in der 7. Stunde dar. Bei und mit dem guten Gefühl der Selbst- Gemeinde-Unfallversicherung versi- Arztterminen etc. allerdings – und das verständlich-keit auf dem Weg zu chert. Die Schule verpflichtet sich so ist neu – sind von jetzt an Formulare Edeka - Oberstufenschüler genossen zur Aufsicht, die jenseits des Schul- aus dem Sekreteriat zu holen. diese Freiheit als einen angenehmen geländes nicht gewährleistet werden Tribut an ihr Alter und die zunehmen- kann. Im Klartext: Stelle ich mich auf In der inzwischen losgetretenen Dis- de Selbstständigkeit. dem Pausenhof dösig an und verletze kussion wurde immer wieder die Fra- mich, ist klar, dass die Versicherung ge gestellt, wie nötig es denn wirklich Seit Beginn des vergangenen Schul- zahlen muss. Passiert mir das Gleiche für einen Schüler sei, das Schulgelän- jahres konnte es aber auch ihnen auf dem Weg zu Edeka, ist die Lage de zu verlassen. passieren, dass sie in einer solchen schwieriger. Fakt ist, dass in der Oberstufe ziem- Situation mit einem Donnerwetter lich oft Kurse mitten am Schultag des Aufsicht führenden Lehrers belegt Der Erlass stieß dennoch auf große ausfallen und zwei Stunden in der wurden und die allseits beliebte Haus- Empörung, vor allem bei volljähri- Pausenhalle doch schon ziemlich lang ordnung abzuschreiben hatten.Dass gen Schülern, die sich eingeschränkt werden können. Schließlich könnte das Verlassen des Schulgeländes für fühlten, und jenen, die in Freistun- man ebenso gut nach Hause fahren, in die unteren Klassenstufen verboten den wegen ausfallender Kurse (in der der Stadt Besorgungen machen oder war, war seit jeher bekannt – sollte Oberstufe bekanntermaßen keine Sel- ein Picknick mit der besten Freundin dies auch plötzlich für die „Großen“ tenheit) gezwungen werden sollten, in am Vareler Hafen veranstalten. Im gelten? der Pausen-halle zu verweilen – egal, Sommer, versteht sich. wie nah das eigene Zuhause war. Kon- Die Verwirrung war groß, bei Schülern sequent verfolgt werden konnte das Und frischgebackenen, ihre Freiheit wie bei Lehrern. Ganze ohnehin nur bei den Aufsichts- auskostenden Volljährigen kommt es kräften, die lückenlos darüber infor- vielleicht auch ein bisschen merkwür- Durch lückenhafte Information sei- miert waren. dig vor, mit dem Auto zur Schule zu tens der Schulleitung verbreitete sich fahren, ihre Entschuldigungen selbst die neue Regelung, die zum Schuljahr Im Herbst dieses Jahres gab es dann zu unterschreiben und gleichzeitig 2012/13 in Kraft trat, eher wie ein plötzlich eine Wende: Die Gesamt- auf dem Schulgelände festgehalten zu Gerücht: Das Verbot, das Schulgelän- konferenz kam zu dem Schluss, dass werden. de zu verlassen – mit Ausnahme der die alte Regelung doch schon ein paar Mittagspause bei entsprechender Er- Jährchen lang gut funktioniert hatte, Die Tatsache, dass eine uns aus die- klärung der Eltern - war auf die Jahr- und führte sie wieder ein, jedoch mit sen Gründen widersinnig erscheinen- gänge 11 und 12 ausgeweitet worden. einer kleinen Änderung: de Regelung durch intensive Ausein- andersetzung gekippt werden konnte, Über die Gründe erfuhr man nur durch Den Jahrgängen 5-10 ist es weiter- ist letztlich ein gutes Zeichen für de- Gerüchte; sie reichten von Schwierig- hin nicht erlaubt, das Schulgelände mokratische Prozesse an der Schule. keiten mit der Versicherung bis hin während der Schulzeit und in den zu Konkurrenzkämpfen der Caféteria Pausen zu verlassen, wenn nicht mit Edeka. Probleme mit der Versi- die Erlaubnis eines Lehrers vorliegt. TEXT Catharina cherung erschienen dabei plausibler: Eine Ausnahme stellt dabei die Mit- FOTO René SCHULE: Kuscheltiere 37

KUSCHELTIERE DIE FLAUSCHIGEN FREUNDE DER LEHRER Sokrates, Aristoteles und ihre Leidensgenossen begleiten sie ein Leben lang. Text: Carl, Svea, Alina Fotos: René SCHULE: Kuscheltiere Unsere Kuscheltiere waren und sind unsere treuen 38 Schleudergang in der Waschmaschine oder dem Begleiter in allen Lebenslagen. Zerren an Armen, Beinen, einfach allem.

Früher beschützten sie uns vor bösen Monstern Fast scheint es, als seien sie im Laufe unseres Her- im Kleiderschrank oder unter dem Bett und gaben anwachsens durch Fernsehen, Computer und ande- uns ein Gefühl der Geborgenheit. Sie halten allem re Konsolen ersetzt worden. Doch sieht man ge- stand, dem Baden in Schlammpfützen, dem Turbo- nauer hin, so sitzt irgendwo, heimlich in einer Ecke versteckt (wäre ja peinlich, wenn jemand sehen würde, dass man noch eines hat) oder im Regal, das Lieblingskuscheltier und wacht über uns. Tröstet uns bei Liebeskummer, Streit, Stress und gibt uns immer noch das Gefühl der alten Geborgenheit.

Wir haben uns auf die Suche nach den Lieblingsku- scheltieren einiger unserer Lehrer gemacht und das kam dabei heraus:

Sokrates (oben) Aristoteles (unten) Herr Wrieden

Rund 25 Jahre alt. Aristoteles ist selbst genäht.

Beide verstauben heute im Schlafzimmer.

Rudi Frau Tuchscherer-Winkel

Vor ca. 20 Jahren selbst genäht.

Heute in einer Kiste auf ihrem Dachboden SCHULE: Kuscheltiere

Freddy (links) 39 Frau Postel

Vor ca. 20 Jahren an einer Losbude gewonnen

Heute im Schlafzimmer

Bärchen (rechts) Frau Vogt

Vor 23 Jahren geschenkt bekommen, als sie einmal krank war

Heute in ihrem Nachtschrank

Enno Frau Tuchscherer-Winkel

Vor ca. 20 Jahren für den Sohn gekauft, der ihn nicht wollte

Heute in einer Kiste auf ih- rem Dachboden

Bärchi Frau Herhaus

Vor 55 Jahren zu ihrer Geburt bekommen

Heute auf ihrem Sofa SCHULE: Lehrertest

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SIE SIND NICHT ALLE GLEICH

Dir ist langweilig im Unterricht? Du fragst dich, was dein Lehrer da vorne schon wieder macht? Du willst wissen, ob eigentlich alle Lehrer gleich sind?

Dann mach jetzt unseren Test und finde heraus, welchem Typ dein Lehrer/ deine Leh- rerin entspricht! (Um es nicht allzu umständlich zu machen, bleiben wir bei der männ- lichen Form. Der Test gilt aber sowohl für männliche als auch für weibliche Lehrer.)

3. Wie läuft der Unterricht 1. Dein Lehrer kommt in den Klassenraum. Was passiert? typischerweise ab?

a Alle Schüler springen auf und d Er schreibt seinen Namen in a Hausaufgabenkontrolle, Arbeits- nehmen die Hacken zusammen. Druckbuchstaben an die Tafel. blatt, Besprechung, bevorzugte b Vereinzelt grüßen Schüler, ein e Mit einem verlegenen Lächeln Unterrichtsmethode, Pause Gespräch über das Wochenende setzt er sich an seinen Tisch und (wenn der Stoff den schnell beginnt. holt seine Zeitung hevor; keiner genug behandelt wurde). c Nachdem er seine Tasche bemerkt ihn. b Vorsichtige Frage nach den durchsucht hat, schlägt er sich Hausaufgaben, vorsichtiges gegen den Kopf und verlässt den Vorstellen des Stundeninhalts, Klassenraum wieder. Aufgaben für Einzelarbeit, die letztendlich mit der ganzen Klas- 2. Der Unterricht beginnt: se gelöst werden. c chaotisch. a mit einem einstimmigen „Guten c mit der Suche nach der richtigen d möglichst kreativer Einstieg (mit Morgen, Herr Lehrer!“ Kopie. möglichst unterschiedlichen b nach zehn Minuten mit dem d mit einer „kreativen“ Overhead- Medien), dann ein ausgewogenes Hinweis, man müsse jetzt auch Projektion. Maß an Gruppenarbeit, Partner- endlich mal den Unterricht e gar nicht. arbeit, Einzelarbeit, Gruppenar- beginnen. beit, Partnerarbeit, Einzelarbeit etc. e Die Klasse überzeugt ihn von einem Spiel. SCHULE: Lehrertest

4. Was ist die Antwort auf 41 die Meldung fehlender 5. Was stört den Lehrer 6. Wie reagiert der Lehrer auf Hausaufgaben? beim Unterrichten? die Störung?

a „Ab wann sind deine Eltern tele- a wahlweise ein unterdrücktes a Wenn der strenge Blick nicht fonisch zu erreichen?“ Kichern oder das Herausholen wirkt, wird der Zeigestock raus- b „Ach, du, bring mir die einfach der Trinkflasche. geholt. morgen vorbei, dann können wir b Die Schüler schließen den Lehrer b Der Lehrer bittet höflich um ja auch einen Kakao zusammen von ihren Wochenendgesprä- Ruhe und erzählt dann einen trinken....“ chen aus. Witz. c „Oh, ich hab Hausaufgaben c Ein Schüler ruft laut „Ich hab c Kreide, Schlüssel oder Schwamm aufgegeben?“ Ihre Zettel gefunden!“ fliegen in Richtung der stören- d „Ähm, ja, ich muss dir dann d Ein Schüler gähnt, ein anderer den Schüler. wohl einen Strich geben, aber, lacht, zwei Schülerinnen tu- d Der Lehrer versucht verzweifelt, naja, zeig mir die beim nächs- scheln. sich an das im Studium Gelernte ten Mal einfach nach, ich, ähm, e Bei welchem Unterrichten? zu erinnern, bringt aber nur ein mach jetzt nur einen Bleistift- nervöses Husten zustande. strich.“ e Auf welche der vielen Störungen e „Naja, wenn dein Hund die soll er reagieren? gefressen hat...ist nicht so schlimm, das kann ja mal pas- sieren.“ 8. In der Pause findet man 7. Der Unterricht endet: den Lehrer: Auswertung

a am Ende der Pause mit „Ihr a über die neuen Vorschriften Und jetzt kommt die Auswer- dürft jetzt Pause machen!“ gebeugt oder auf der Suche nach tung. Zähle zusammen, wie oft du b fünf Minuten vor Beginn der Schülern, deren Handys er ein- welchen Antworttyp angekreuzt Pause, weil der Lehrer weiß, kassieren kann. hast. Wo findest du die meisten dass die besten Brötchen immer b in einer Traube von Schülern, an Kreuze? schon so früh ausverkauft sind. die er Schokolade verteilt. c mit einem verwirrten Blick des c verwirrt über den Schulhof ir- Lehrers auf die Uhr und dem rend oder noch im alten Klassen- A DER STRENGE traurigen Satz „Jetzt haben wir raum seine Zettel sortierend. den Stoff schon wieder nicht d im nächsten Klassenraum, wo er Im günstigsten Fall ist er streng nicht geschafft.“ schon mal alles vorbereitet. nur mit den Schülern, sondern auch d millisekundenexakt mit dem e beim Verzehr des Vollkorn- mit sich selbst und erwartet von sich Klingeln. Butterbrotes, das seine Frau ihm mindestens ebenso viel wie von ihnen. e ohne Klingel - die geht nämlich liebevoll geschmiert hat. Dieser strenge Lehrer versteht sich als im Lärm unter. Trainer seiner Schüler und leidet bei jeder Niederlage.

B DER KUMPEL C DER CHAOT D DER NEULING E DER KUSCHELIGE

So ganz erwachsen ist er Seinen Schreibtisch möch- Man muss ihm zugute hal- Er erinnert ein bisschen an noch nicht geworden, oder er te man lieber nicht sehen ten, dass er nur die besten einen großen Teddybären, bildet es sich zumindest ein. – wahrscheinlich ist er auch Absichten hat – und dass ganz weich und flauschig – Deshalb glaubt er auch den gar nicht zu sehen unter man ihm in der Ausbildung natürlich nicht nur äußer- Schülern immer „auf Augen- ständig rutschgefährdeten beigebracht hat, Methoden- lich, sondern auch innen- höhe“ begegnen zu können Bergen von Heften, Büchern vielfalt entscheide über die drin. Ganz ohne Ecken und und tauscht sich mit ihnen und beschmierten Blättern. Qualität des Unterrichts. Kanten, ist er immer darum über all die Nebensächlich- Dass er in diesem Wust über- Also mindestens drei Metho- bemüht, den Schülern das keiten aus, von denen er an- haupt noch die Klassenar- denwechsel pro Stunde, (von Leben so angenehm wie mög- nimmt, dass sie das Leben beiten findet, die er gerade ihm) bevorzugte Arbeitsform lich zu machen. Am liebsten eines Jugendlichen bestim- an dem betreffenden Tag Gruppenarbeit - und wenn er würde er in einer zartfarbi- men. Auch auf Facebook. zurückggeben will, grenzt an Zeit zur Vorbereitung hatte, gen Wohnzimmerlandschaft ein Wunder. neue Unterrichtsmethoden. unterrichten. Alles wird gut! PANORAMA: Speisekarte der Mensa, neuer V-Trakt

42 KAKTUS VOR ORT HAUTE CUISINE SPEISEKARTENPOESIE IN DER MENSA DES LMG

Räuberpfanne mit buntem Gartenge- müse, Hühnerfrikassee „Gärtnerin- nen Art“, als Dessert „Bunter Frucht- DAS SCHWARZE LOCH joghurt“: LECKER !!!! Gedrängel, genervte Blicke und ein Etwa 80 Schüler/innen und Lehrer/ schwarzer Monitor : Seit Monaten innen drängen sich am Eingang zur verschwinden Vertretungsstun- Mensa des LMG. Kocht heute Steffen den, Freistunden und Mensapläne Hensler? Johann Lafer? Lichter Le- im schwarzen Loch des M-Traktes. cker? Nein, es ist der ganz normale Dieses technische Debakel hat gra- Mittagstisch aus Wilhelmshaven. Und vierende Folgen: Massenwanderun- gen verzweifelter Schüler, die zur deshalb gibt es auch keine Spitzen- falschen Zeit am falschen Ort waren küche, sondern in beiden Fällen ge- mit dem falschen Material (Turnbeu- schnetzeltes Fleisch unterschiedlicher tel statt Taschenrechner), und oben- Herkunft mit (Tiefkühl?)-Gemüse und zum vorhergehenden Schuljahr liest drein noch ungläubige, verwirrte einer der 5 verschiedenen Standard- sich die Speisekarte schon vielver- Lehrer. Natürlich könnte man auch saucen. Zum Nachtisch muss dann sprechender, aber es ist wie bei man- (ggfs. sogar im strömenden Regen) einfach der Aludeckel vom Joghurtbe- chem: Es steht mehr drauf, als letzt- bis in den K-Trakt marschieren, um cher abgezogen werden. Im Vergleich lich drin ist. den dortigen meist intakten Bild- schirm in Augenschein zu nehmen, aber welcher Schüler tut das schon? Und außerdem: Wozu zum Teufel hängt denn dieser Monitor im M- DR. GEISLER IN DEN OP! Trakt, wenn man ihn doch nicht nut- ERSTAUNLICHE ERFAHRUNGEN IM VERWALTUNGS-TRAKT zen kann??? Durchsagen wie die Aufforderung, in ge, was einen wieder in die Realität den Operationssal zu kommen, erwar- eines Schulfl urs holt, sind die meist EMPFEHLUNG tete ich, als ich das erste Mal den neu auf DIN A3 ausgedruckten Zeitungs- renovierten V-Trakt-Flur betrat, und artikel über die Schule oder Schüler, nicht „Schüler XY bitte zum Sekreta- die überall an der Pinnwand hängen, riat“. Vielleicht bin ich ja die einzige, und die neue Beleuchtung. aber mich erinnern die gelben Wän- Beim Verlassen des V-Traktes habe de und der Linoleum-Fußboden sehr ich dann noch vergeblich nach der an ein Krankenhaus. Auf dem Weg Desinfektionsfl asche, die schließlich zum Lehrerzimmer überraschte es an jedem Ein- bzw. Ausgang einer Sta- mich fast, dass keine Krankenbetten tion stehen sollte, gesucht und mich herumstanden und Krankenschwes- gewundert, wo denn wohl der Geruch IMBISS ZUM JADEBUSEN tern über den Flur liefen. Das einzi- von Desinfektionsmittel herkommt. Du suchst einen Ersatz für McDonald‘s oder Burger King? Griff zum Telefon, Essen bestellen und abholen. Warteschlangen gehören bei Bodo der Vergangenheit an. Mit Ham- burgern, Schnitzel, Currywurst und Hähnchen fi ndet jeder was (für Ve- getarier gibt’s auch Salate). Klatsch und Tratsch über alles Neue in Varel gibt‘s gratis dazu. Gestresste Gastgeber bestellen sei- nen Partyservice und können sor- genlos feiern. Probiert ihn mal aus!

Zum Jadebusen 48, 04451 - 7723 PANORAMA: Interview mit Herrn Elllermann

43 ES GIBT VIELE SCHÖNE EMPFEHLUNG DINGE IM LEBEN UND DIE KUNST GEHÖRT SICHERLICH DAZU! Es gibt Lehrer, die sind dem Kaktus auf besondere Weise verbun- den. Herr Ellermann ist einer von ihnen, und als er jetzt in den Ruhestand ging, erinnerten wir uns u.a. daran, dass er nicht nur das Logo fürs LMG (inzwischen allgegenwärtig) entworfen hat, sondern auch das für den Kaktus, und interviewten ihn in einer Pause im kleinen Lehrerzimmer.

GELÖSCHT Seit Collins „Panem“ erobern Dysto- pien den Büchermarkt. Eine solche ist Teri Terrys „Gelöscht“; es erzählt die Geschichte von Großbritannien im Jahr 2050, in dem eine Zentral- koalition regiert und „Lorder“ Angst und Schrecken verbreiten.

Um die Todesurteile an rebellieren- Herr Ellermann, Sie verlassen nach ben, eine mathematische Präzision. den Studenten zu vermindern, wur- langer Zeit das LMG, um in den Ru- Der Punkt soll an die Ausrufezeichen de die Methode des „slatens“ ent- hestand zu gehen. Was kommt da- bei studentischen Zirkeln erinnern wickelt: Jugendlichen werden durch nach? und auch an das „etwas auf den Punkt eine Operation alle Erinnerungen gelöscht und sie werden in neuen Erstmal kommt damit natürlich auch bringen“. Familien als neue Menschen in die eine Ruhezeit. Ich werde meinen gleichgeschaltete Gesellschaft ein- Schreibtisch sortieren und dann rei- Sie gehen mit der Ausstellung „Al- gegliedert. sen: an der französischen Atlantikküs- les muss raus“. Wie ist das für Sie? Was diese angebliche „zweite te bis nach Portugal, ins Guggenheim- Das finde ich große Klasse. Das zeigt Chance“ bedeutet, ist für die Prot- Museum in Bilbao, und natürlich auch mir, dass man hier das Alte raus- agonistin Kyla von Beginn an eine an den Strand. Außerdem habe ich schmeißt, dass man neue Wege geht seltsame Erfahrung. Kyla ist anders. noch viele gestalterische Ideen, die und es einen Neuanfang gibt. Es geht Was mit verwirrenden Träumen be- ich schon immer mal ausprobieren gut weiter - das finde ich toll. Auch ginnt, endet in einer wahnwitzigen wollte und für die ich jetzt Zeit finde. die Aktion mit den Zombies, die war Jagd nach ihrem Selbst, ihrer Ver- schön, die hat mir noch mal gezeigt, gangenheit und den Geheimnissen, die ihr in ihrer neuen Familie, ihrer dass ich nicht der einzige und letzte Das LMG-Logo wurde von Ihnen Schule und vor dem Staat begeg- entwickelt. Was waren Ihre Gedan- Gruftie hier bin. nen. ken dabei? Wer ist ihr Freund, wer ist ihr Feind, Was ich nicht wollte, war ein bärti- Zu guter Letzt: Möchten Sie noch wer ist sie selbst – und auf welcher ger Mann. Lothar Meyer, Karl Marx, etwas an alle, die Sie kannten, los- Seite steht sie, wenn es darauf an- der Weihnachtsmann - das wollte ich werden? kommt? nicht. Und dann habe ich viel auspro- Ja, unbedingt. Ich hatte eine super- Der erste Teil der Trilogie ist bis zur biert, so ein Schullogo darf ja nicht schöne Zeit hier am LMG, ich bin im- letzten Seite eine spannende, be- zu protzig sein, das muss jugendlich, mer gerne hierher gekommen, und drückende Geschichte, in der Men- schen zu Spielfiguren des Staates prägnant und immer aktuell sein. Ich dafür möchte ich mich ganz herzlich werden und der Leser sich fragt, bei allen Ehemaligen, Schülern und habe mich an den drei Elementen wie weit eine Regierung zu gehen Kreis, Quadrat und Dreieck orientiert, natürlich Kollegen bedanken. bereit ist. die alle drei Formen sind, die in der Und wir bedanken uns herzlich bei Ih- Natur so nicht vorkommen und des- nen für die Zeit mit Ihnen, Herr Eller- Coppenrath Verlag, ab 17,95 € wegen eine gewisse klare Eleganz ha- mann, und für dieses Gespräch. PANORAMA: Tag der offenen Tür

44 EMPFEHLUNG TAG DER OFFENEN TÜR BUNTER NACHMITTAG AM LMG

WO ERWACHSENE ZU KINDERN WERDEN Klettern, hüpfen, toben – für viele sind das Dinge, die mit Ende der Kindheit abgeschlossen sind. Im Bullermeck in Hooksiel wird das aber auch für alle über 16 mög- lich. Jeden ersten Freitag im Mo- nat öffnet die Spielscheune ihre Pforten für alle, die gerne noch einmal auf dem Riesentrampolin springen, von der Teppichrutsche rutschen oder im Bällebad mit Bällen werfen möchte. Dass man inzwischen fast zu groß ist, um im Schiff herumzutoben, und so alt, dass man beim Teppich- nach- oben-tragen außer Atem gerät, vergisst man bei diesem Spaß leicht. Eins allerdings ist anders als früher: Das Essen für zwi- schendurch wird nicht mehr von Mama gepackt.

Wann? Jeden ersten Freitag im Monat, 19 bis 23 Uhr Wir sind Gymnasium – auch wenn schiedenen Ständen auch so reichlich Wo? Bullermeck, An der Schleuse 3, Hooksiel ein paar eifrige Unterstufenschüler (von Crêpes bis zu Sahnetorten) , dass in ihrem Bemühen, Orientierungs- manche Eltern sich lieber bei Kaffee hilfen zwischen den verschiedenen und Kuchen untereinander auszu- Wie teuer? 5 Euro Eintritt, Ge- tränke kann man kaufen Gebäuden zu schaffen, ihre ganz ei- tauschen schienen, als zur nächsten gene Rechtschreibung kreierten. Das Informationsveranstaltung zu eilen. LMG zeigte sich nicht nur hier als Hoffentlich wundern sich die Fünft- einfallsreich. Viele Fächer hatten ne- klässler im nächsten Schuljahr nicht, ben Informationsmaterial auch Spie- wenn es in Raum K04 keine Schwarz- le, Experimente o.ä. für die Besucher wälder Kirschtorte mehr gibt, sondern vorbereitet. Zu essen gab es an ver- nur die üblichen Pausenbrote. PANORAMA: Fischtown Pinguins

45 FISCHTOWN PINGUINS AUS DER REDAKTION SIND MEISTER! EISHOCKEY-WAHNSINN IN BREMERHAVEN

SAME PROCEDURE AS LAST YEAR, SAME PROCE- DURE AS EVERY YEAR Na ja - nicht ganz: anderer Ort, gleiches Ergebnis. Wie- „Was hier abgeht, ist der absolute schen Verlängerung. Das ist defi nitiv der fl atterte ein Brief von der Wahnsinn… völlig unfassbar!“, ruft der schönste Moment meiner Karrie- Jungen Presse Niedersachsen Marian Dejdar, Kapitän der Fischtown re. Was für ein Wahnsinns-Gefühl!“ auf unseren Redaktionstisch: Pinguins Bremerhaven, jubelnd ins Genauso gerührt ist Publikumsliebling Wir waren (wieder) für einen Mikro und streckt vor tausenden An- Andrew McPherson: „Unser Manage- der ersten Plätze des Junioren- hängern den übergroßen Henkel-Po- ment, unsere Spieler, unsere Fans Pressepreises nominiert! Und kal in den Nachthimmel. Auch wenn – besser geht es nicht. Ich bin so un- wieder machten wir uns an ei- es die Spieler um ihren Kapitän noch glaublich stolz auf die gesamte Stadt nem kalten Morgen auf die Rei- nicht realisieren können: Mit seinem Bremerhaven. Danke für alles!“ Im- se nach Hannover, um an der spektakulären Overtime-Tor schoss mer weiter kämpfen, an seine eigenen Preisverleihung teilzunehmen. Dejdar die Pinguins zur Deutschen Stärken glauben, niemals aufgeben. Die Preisverleihung fand im rie- Eishockey-Meisterschaft! Charakter zeigen. Diese Einstellung sigen Bürogebäude der Verlags- Die zahlreichen Fans in der ausver- ist es, die den Pinguins den Meisterti- gruppe Madsack statt. kauften Fischtown-Festung hielt es tel gebracht hat. Bis tief in die Nacht Da der Preis in der Kategorie schon lange nicht mehr auf ihren feiern die begeisterten Spieler mit „Gymnasium“ traditionell als Plätzen, als Dejdar Bremerhaven in ihren völlig euphorisierten Fans und letzter verliehen wird, warte- der 11. Minute der Verlängerung mit begreifen langsam, was sie Unglaubli- ten wir lange und sahen, wie seinem spektakulären Schuss ins ches erreicht haben. Cook versucht es Preis für Preis vergeben wurde. Glück den zweiten Meister-Titel nach in Worte zu fassen: „Ich bin unendlich In der Zwischenzeit gab es ein 2002 bescherte und damit Eisho- dankbar, dass ich diesen einmaligen kindgerechtes Unterhaltungs- ckey-Geschichte schrieb. „Werdet zur Moment miterleben durfte!“ programm und wirklich leckere Legende - Siegen bis zum Ende - Für Nicht nur die unfassbare Euphorie Snacks und Getränke. Dann war den Meistertitel - REV“ dröhnt es von in Bremerhaven zeigt: Der Eisho- es soweit: Der Kaktus macht allen Seiten auf das Eis. Jetzt ist die ckeysport boomt! Die Pinguins hätten (wieder) den 3. Platz beim Ju- Mannschaft Meister und die Arena für ihre Heimspiele mehr als dreimal nioren-Pressepreis und nimmt explodiert! Kollektiver Freudentaumel so viele Karten verkaufen können… so auch am Bundeswettbewerb auch bei Dejdars Kollegen, wie dem Nächste Saison will die Mannschaft der Schülerzeitungen teil. Nach „Sniper“ Brendan Cook, der sich mit wieder angreifen - dank des Gewinns einem kurzen Gespräch mit Mi- feuchten Augen völlig überwältigt für der DEL2 sogar im internationalen nisterpräsident Stephan Weil die grandiose Kulisse in der Eisarena Europacup. Dafür hat ein Großteil der und Glückwünschen nahmen bedankt. „Unsere fantastischen Fans Leistungsträger um Meister-Schützen wir unsere Urkunde entgegen. haben einen riesigen Anteil am Titel! und Kapitän Marian Dejdar bereits Sie ist - wie die anderen ihrer Schöner hätte man sich den Gewinn verlängert. Ganz Bremerhaven steht Art - im Verwaltungstrakt des der Meisterschaft nicht erträumen hinter dem Team, die Bedingungen LMG zu bewundern. können: Zu Hause, vor den besten in der Eishockey-Stadt sind top. Der Fans der Welt, in einer solch dramati- Wahnsinn geht also weiter… SCHULE: Best Ofs

46 René in Englisch: Äh… Can I say it in … Deutsch? Willumson zum neuen Bio-Whiteboard: Das Whiteboard wird erst benutzt, wenn es eingerichtet ist. Und auch dann nicht!

Nachtigal Aufgrund deiner schwachen mündlichen Leistung wäre ein Referat angemessen. Joshi Nein!… Nachtigal Lino Bist du dir da wirklich sicher? Sind denn auch Physiker, die mit Radioaktivität Joshi experimentiert haben, gestorben? Ja, das ist mir viel zu viel Arbeit! Sachsenberg Nicht alle…

Erdkunde bei Oltmann zum Thema Wassermangel in den USA: No water, no jobs, no future. Wer könnte das kritisieren? Schülerin Die Bademeister!

Weber nach einer erfolglosen Stunde: Ach, ist doch nicht schlimm, wenn man mal nichts lernt…

Schüler (wird drangenommen) Neee, ich wollte etwas anderes sagen… Willumson Und ich dachte schon, du wüsstest mal was.

Schüler sollte Herrn Weiß holen, da das Internet im Computerraum nicht funktioniert. Der Schüler kommt wieder: „Herr Weiß ist auf einer Trauerfeier.“ Anderer Schüler: „Das Internet ist gestorben.“

Femke (reinrufend) Und wie kann man dann die molare Masse ausrechnen? Willumson Och Femke, du nervst auch wirklich immer! Danker Auch von mir viel Glück und Erfolg für 2011!