Beiblatt zur Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 1939 No. 31. Jahrg. 84.

Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins.

Von KARL SUTER (Zürich). (Mit 32 Abbildungen im Text und 17 Figuren auf 9 Tafeln.)

(Als Manuskript eingegangen am 1. Juni 1939.) (Als Sonderdruck ausgegeben am 31. oktober 1939.)

Inhaltsverzeichnis. Seite Vorwort 2 A. Geographisch-geologische Übersicht 3 B. Regionale Beschreibung der eiszeitlichen Verglet- scherung 8 Gran Sasso dItalia 8 Majella-Morrone 17 Velino- Ocre-Sirente 23 Sibillini 25 Meta 32 Greco 36 Marsicano-CorDacchia-Montagna Grande 40 Terminillo 44 Simbruini 49 Matese 50 Laga 55 C. Gesamtbild der eiszeitlichen Vergletscherung . 58 Grösse und Typus 58 Die eiszeitliche Schneegrenze 59 Vergleich mit der eiszeitlichen Vergletscherung des Nord- und Südapennins und der Apuanischen Alpen 66 Nordapennin 66 Apuanische Alpen 68 Südapennin 69 2 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939

Vergleich mit eiszeitlichen und rezenten Vergletscherungsgebieten 72 Balkan-Halbinsel 72 Korsika und Pyrenäen-Halbinsel 73 Rezente Vergletscherungsgebiete 76 Zeitlicher Verlauf der Vergletscherung 77 Anzahl der Eiszeiten 77 Stadien der Würm-Eiszeit 80 Die eiszeitliche Schneegrenze in ihrer Abhängigkeit vom Klima 87 D. Glaziale Formen und Ablagerungen 92 Kare 92 Trogtäler 100 Moränen 105 Erratische Blöcke 110 Fluvioglaziale Schotter 112 Moränen- und Eiserosionsseen 113 Rundhöcker 120 E. Die eiszeitliche Vergletscherung in ihrer heutigen anthropogeographischen Bedeutung 124 F. Geschichtliches zur elszeitlichen Vergletscherung des Apennins 128 Zentralapennin 128 Nordapenuin 130 Apuanische Alpen 131 Südapennin 131 G. Literaturverzeichuis 132

Vorwort. Das sehr interessante und schöne Hochland der Abruzzen habe ich erstmals im Frühjahr 1928 auf einer Reise mit meinen Freunden, den Herren Dr. ERNST FURRER und Dr. WERNER NÄGELI in Zürich, zu sehen bekommen. Während dieser erinnerungsreichen Fahrt sind neben Fragen pflanzengeographischer und forstlicher Natur auch solche geographisch-geologischer Art aufgetaucht. Bei der Bestei- gung des noch winterlich aussehenden Gran Sasso dItalia rückten glazialmorphologische Fragen in den Mittelpunkt des Interesses. Auf Anregung meines sehr verehrten Lehrers, des Herrn Professor Dr. OTTO FLÜCKIGER, unternahm ich noch einige kürzere Reisen in dieses Gebiet. Dabei ist neben einigen kleineren Abhandlungen (171-181) die vorliegende Arbeit entstanden. Obwohl sie alle be- deutenderen Erhebungen des Zentralapennins berücksichtigt, macht sie nicht Anspruch auf Vollständigkeit. Sie gibt für die bereits früher besprochenen Gebiete, insofern keine Ergänzungen angebracht werden konnten, nur die Ergebnisse über die eiszeitliche Ver- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeltliche Vergletscherung des Zentralapennins. 3 gletscherung wieder. Der Arbeit liegen die Karten im Maßstab 1 : 50 000 des Istituto Geografico Militare zugrunde; Ortsnamen und Höhenzahlen sind ihnen entnommen. Auch sind sie beim Zeich- nen der beigegebenen übersichtsskizzen verwendet worden. Leider sind viele der Karten, deren Herstellung in die Jahre 1875 und 1876 fällt, für genauere Untersuchungen unzulänglich. Die zahlreichen Bergbesteigungen im Apennin, besonders in den Abruzzen, gehören zu meinen schönsten Erlebnissen. Wo ich auch hinkam, sei es in die auf stolzen Anhöhen thronenden Bauern- dörfer oder zu den einfachen Hütten und Unterschlupfsstätten der Hirten und Köhler in den abgelegenen Gebieten, überall fand ich freundlichste Aufnahme. Dafür bin ich den Bergbewohnern, die in harter, unermüdlicher Arbeit dem oft kargen Boden das tägliche Brot abringen müssen, von Herzen dankbar. Die vielen Beweise ihrer Gastfreundschaft haben mich nachhaltig beeindruckt. An dieser Stelle möchte ich meinen verehrten Lehrern den herz- lichsten Dank abstatten. Er gilt in besonderem Masse Herrn Pro- fessor Dr. Oi»ro FLÜCRIGER, der in Vorlesungen und auf vielen un- vergesslichen Exkursionen in mir die Begeisterung und Freude für die geographische Wissenschaft weckte und mich immer wieder zur Arbeit auf diesem Gebiet anspornte. Herzlich danke ich auch Herrn Professor Dr. HANS J. WEHRLI für seine stets freundliche Anteil- nahme an meiner Arbeit und sein wohlwollendes Entgegenkommen. Grossen Dank schulde ich ferner dem Geologischen Institut der Uni- versität Zürich und der E. T. H., den Herren Professor Dr. RUDOLF STAUB, Professor Dr. ALFONS JEANNET und Dr. HANS SUTER, für die Vermittlung sehr wertvoller praktischer Kenntnisse und für zahl- reiche Anregungen. Wer den Spuren der Eiszeit im Apennin nachgeht und mit ihrer Hilfe das Bild der damaligen Vergletscherung vor seinem geistigen Auge erstehen lässt, wird immer wieder überrascht durch die Viel- gestaltigkeit der Landschaft und die Fülle wechselnder Formen. Nicht Eintönigkeit und Schablone herrscht, sondern reiche Abwechs- lung. Auch im Apennin offenbart die Natur in allem, was sie durch das Eis geschaffen hat, ihre Grösse, Erhabenheit und Schöp- fungskraft.

A. Geographisch -geologische Übersicht. Als leicht geschwungener, von NW nach SE gerichteter, gewal- tiger Kettenbogen durchzieht der Apennin die italienische Halbinsel. 4 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Jenseits der Strasse von Messina setzt er sich in einer Reihe von Küstenketten in Sizilien fort. Er ist rund 1500 km lang, 30-150 km breit und liegt zwischen 38° und 45° n. B. Im N von Savona, bei der Sella oder Bocchetta di Altare (495 m), auch Col di Cadibona ge- nannt, löst er sich, geographisch betrachtet, von den Westalpen ab. In ihm werden der Nord-, Mittel- oder Zentral- und Südapennin unterschieden. Der Zentralapennin reicht von der Bocca Serriola (730 m) bis zur Sella di Redole oder zum Passo di Vinchiaturo (538 m). Von einer seiner höchsten Erhebungen aus betrachtet, sieht der Zentralapennin wie die zu Fels erstarrten Wogen eines Meeres aus. Lange, gleichmässig hohe Ketten mit kahlen, helleuchtenden Käm- men reihen sich kulissenartig hintereinander. Aus diesem ungeord- net anmutenden Bilde lassen sich drei Hauptketten entwirren, die sich vom M. Nerone im N loslösen, sich durch die Marken, Umbrien und die Abruzzen hindurchschwingen und sich in den Monti del Matese im S wieder vereinigen. Sie verlaufen in fast paralleler An- ordnung von NW nach SE. Sie werden durch mehrere Längstäler und Becken voneinander getrennt. Der östlichen Kette gehören der M. Catria, die Monti Sibillini, die Monti della Laga, der Gran Sasso dItalia und die Majella an; der mittleren Kette der M. Terminillo, M. Velino, M. Sirente, M. Greco, die Monti della Meta und die Monti del Matese; und der westlichen Kette die Monti Sabini und die Monti Simbruini. Es sind meist isolierte, scharf umgrenzte Erhebungen. Sie sind recht verschieden geformt. Bei den einen, wie dem Velino und der Meta, strahlen von einem Mittelpunkt nach allen Richtungen lange, schmale Felsäste aus. Andere Erhebungen, wie die Majella, stellen breite Rücken oder, wie die Sibillini und die Simbruini, lange Ketten mit wenig bewegter Kammlinie dar. Der Apennin erreicht in den Abruzzen seine grösste Höhe und Breite. Er nimmt da fast den ganzen Raum der Halbinsel zwischen dem adriatischen und dem tyrrhenischen Meere ein und macht die Abruzzen zu einem im Mittel 600 bis 700 m hohen Hochland. Seine höchste Aufragung ist der Gran Sasso mit dem 2914 m hohen . Die Gebirge des Zentralapennins bestehen aus mesozoischen und tertiären Sedimentgesteinen. Ihr Grundgerüst bilden Trias- und Jurakalke. Über ihnen folgen Kreide- und Eozänkalke, die in unge- heurer Mächtigkeit verbreitet sind. Die Laga indessen wird aus mio- zän.en Tonen und Sanden aufgebaut. Daraus besteht auch die 25 bis 35 km breite, hügelige und wirtschaftlich sehr nutzbare Zone an der Adria, die bis auf 1000 m U. M. ansteigt. In einem schmalen Küsten- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 5

streifen tritt noch Pliozän auf. Diese Zone wird an vielen Orten von wilden Tobeln durchzogen, die das Wasser spielend in die leicht abtragbaren Tone und Sande gegraben hat. Bei Unwetter ereignen sich hier häufig Erdschlipfe oder Frane. Sie sind sehr gefürchtet, weil sie oft Ackerland, Strassen und Bahnanlagen zerstören, oder gar Siedelungen schwer gefährden. Besonders bedrohlich hat sich die Wassernot für das Dorf Castelli, das am E-Fusse des Gran Sasso über einem schauerlichen Tobel sitzt, ausgewirkt. Sein Untergang konnte nur durch Errichtung riesiger Stützmauern im Tobelhang mit knap- per Not aufgehalten werden. In seiner Nähe ist das Gelände vom Wasser in eine wahre Wüstenei verwandelt worden. Flyschartige, marine Ablagerungen tertiären Alters umhüllen in schmalen Bändern den Fuss vieler Kalkgebirge, z. B. den des Matese oder der Meta. Diese Tatsache zeigt, dass der Apennin, als er gegen Ende des Eozäns aus dem Meere emporstieg, zunächst keine zusammenhängende Kette, sondern einen Schwarm von langen In- seln bildete. Nach W. v. SEIDLITZ (150) hat erst eine mittelpliozäne Faltung diese einzelnen Teile zur Kette zusammengeschweisst. Auch der Südapennin besteht zum grössten Teil aus meso- zoischen und tertiären Kalkgesteinen. In ihm kommt aber das kristal- line Grundgebirge zum Vorschein, so in der südlichen Basilikata und in Kalabrien, z. B. in der Sila und im . Seine Kalk- klötze werden durch geräumige Becken voneinander getrennt. Von ganz anderer Art ist die Gesteinszusammensetzung des Nordapennins. Westlich von Genua wird er aus Grüngesteinen, den Ophiolithen, z. B. Prasiniten, Amphiboliten, Diabasen und Serpen- tinen, gebildet. Ein besonders mächtiger Ophiolithklotz liegt in der höchsten Erhebung dieses Abschnittes, dem M. Beigua (1287 m), vor. Östlich von Genua treten viele kulissenartig hintereinander verlau- fende Ketten auf. Sie werden vor allem aus dem wasserundurchläs- sigen, tonigen eozänen Flyschsandstein, dem Macigno, aufgebaut, aus dem wie Inseln Serpentinfelsen auftauchen. Der Apennin wird von einer weitgespannten Deckentektonik beherrscht. Nach R. STAUB (161-163) gilt das insbesondere für den Nordapennin und die Apuanischen Alpen. Diese beiden Gebirge stellen die Fortsetzung der Westalpen dar. Der Zentralapennin er- innert in Umbrien und im westlichen Teil der Abruzzen (z. B. im M. Velino und in den Monti Simbruini) in Material, Aufbau und Be- wegungsrichtung an die südalpine Zone der Alpen; er ist, wie auch Teile des Südapennins, als deren Fortsetzung anzusehen. Die Gebirge 6 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 im östlichen Teil der Abruzzen (z. B. die Majella) gehören dagegen nach Fazies und Bewegungsrichtung zum Atlassystem. Der Apen- nin, der im Landschaftsbilde Italiens als ein geschlossenes und einheitliches Gebirge entgegentritt, ist also im Grunde genommen keine Einheit. Im Zentralapennin sind zahlreiche Verwerfungen festgestellt worden. Auf diese, jedenfalls aber auf tektonische Ursachen, ist die Entstehung der grossen Becken zwischen den Hauptketten zurück- zuführen. Aus den Abruzzen sind die Becken von Aquila, Sulmona, Fucino (270 km2) und Castel di Sangro, und aus Umbrien die Becken von Foligno (45 km lang, 310 km2 gross) und Rieti (14 km lang, 7 km breit, 98 km 2 gross) zu erwähnen. Sie sind mit den tektonisch angelegten Längstälern, z. B. dem des Aterno-Pescara, des Salto, Turano, Liri, Volturno oder des Aventino zusammen, die Hauptge- biete des Ackerbaus und der Besiedlung. Im Gegensatz dazu erschei- nen die schroffen Gebirge mit ihren meist kurzen, in der Regel nur 5 bis 10 km, selten über 15 km langen, sehr gefällsreichen Tälern im allgemeinen als trockene, vegetations- und siedelungsfeindliche Zonen. Ihr wirtschaftlicher Ertrag ist gering. Die mageren Weide- gründe vermögen fast nur der Schafzucht zu dienen. Die meisten Gebirge sind auch arm an Wäldern; sie machen darum erst recht einen trostlosen und öden Eindruck. Die genannten Becken liegen in der grossen Schütterzone, die von Südkalabrien nach Norcia über Lagonegro-Potenza-Benevento- Isernia-Avezzano- Sulmona-Aquila zieht. Sie waren deshalb wieder- holt der Schauplatz verheerender Erdbeben. Es sei hier nur an das Erdbeben in der Conca del Fucino vom 13. Januar 1915 erinnert, das 30 000 Menschenleben forderte. Während des Pleistozäns ent- hielten diese Becken grosse Seen, die Conca del Fucino sogar einen bis ins vorige Jahrhundert hinein; er ist in den Jahren 1855-1862 trocken gelegt worden. Die Kalkgebiete der Abruzzen und Umbriens zeigen an vielen Orten schöne Karsterscheinungen. Diese sind oft so zahlreich, dass sie der Landschaft den bestimmenden Charakter geben, z. B. auf der S-Seite des Gran Sasso. Da finden sich viele Dutzende von kreis- oder ellipsenförmigen Donnen, die meist einen flachen Boden von wenigen Metern bis über 100 m, ja 1 km im Durchmesser besitzen. Sie werden von den Leuten als Fosse oder Canetre bezeichnet. Auch kleinere Poljen und blinde Täler kommen in grosser Zahl vor. Dafür sind diese Karstregionen, denen die oberflächliche Wasser- zirkulation fast vollständig fehlt, arm an eigentlichen Tälern. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 7

Eine andere sehr auffallende Erscheinung stellen die Altipiani dar. Es sind ziemlich grosse, wannenförmige Hochflächen, die in den Gebirgen liegen. Sie sind, den Campo Imperatore des Gran Sasso ausgenommen, jedoch bedeutend kleiner als die geräumigen Becken der Tiefe. Zu ihnen gehören im M. Velino die Piani von Rocca di Cambio, Pezza und Campo Felice, in den Monti Sibillini der Piano di Castelluccio und zwischen Majella und M. Greco die Piani Cinque- miglia, Prato, Quarto grande und Quarto S. Chiara. Diese Hochflächen sehen den Poljen des Karstes oder des Schweizer Jura gleich. Das Wasser findet in ihnen, wie auch in vielen Hochtälern, unterirdisch durch Schlundlöcher oder Ponore Abgang und tritt in den. Hängen der Tiefe in reichen Quellen wieder zutage. So kommen bei Norcia in einer Karstquelle die Wasser, die im Piano di Castelluccio ver- sickern, wieder hervor. In Zeiten ausgiebiger Schneeschmelze oder starken Regens, wenn die Versickerungstrichter nicht alles Wasser auf einmal abzuführen vermögen, kann sich in den Hochflächen vor- übergehend ein kleiner See bilden. Werden die Trichter mit Schutt verstopft, dann kann er jahrelang erhalten bleiben. Einen Karstsee enthält der Piano del Matese (1007 m). Seine auf der S-Seite lie- genden Ponore sind vor Jahren künstlich verschlossen worden, um den Abfluss des Wassers, das der Krafterzeugung eines Elektrizi- tätswerkes dienen soll, zu verhindern. Durch diese Vorkehrungen ist die Oberfläche des Sees von 3 km 2 auf 5 km2 und seine maximale Tiefe von 5 auf lA m angewachsen. Kleine schöne Karstseen sind der Lago di Rascino im SE des M. Nuria (1802 m) und der Lago di Paterno im Tal des F. Velino zwischen Antrodoco und Rieti.

An dieser Stelle seien die Gebirge, über die in der Abhand- lung berichtet wird, aufgeführt mit Angabe ihrer Höhe und geogra- phischen Breite. Sie werden bei der regionalen Beschreibung der eiszeitlichen Vergletscherung in der Reihenfolge ihrer Grösse ge- nannt. Die Laga wird erst am Schluss behandelt, weil sie in strati- graphischer Hinsicht von den übrigen Erhebungen des Zentralapen- nins abweicht.

Gebirge Höchster Punkt Höhe ü. M. Breitenlage Ätna Ätna 3263 m 37° 45 Aspromonte 1958 m 38° 10 M. Pollino Serra di Dolcedorme 2271 in 39° 54,5 M. Sirino M. del Papa 2005 m 40° 08 M. Cervati M. Cervati 1899 m 40° 18 8 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Gebirge Höchster Punkt Höhe ü.M. Breitenlage Monti del Matese M. Miletto 2050 m 41° 27 Monti della Meta M. Petroso 2247 m 41° 41 M. Greco M. Greco 2283 m 41° 48 Monti Simbruini M. Viglio 2156 in 41° 53 Montagna Grande La Terratta 2208 m 41° 53,5 Montagna della Majella M. Amaro 2795 m 42° 05 Montagna del Morrone 2060 in 42° 07 M. Velino M. Velino 2487 ln 42° 09 Gran Sasso dItalia Corno Grande 2914 1u 42° 28 M. Terminillo M. Terminillo 2213 in 42° 28 Monti della Laga M. Gorzano 2455 in 42° 37 Monti Sibillini M. Vettore 2478 m 42° 49,5 M. Catria M. Catria 1702 in 43° 28 Alpi Apuane M. Pisanino 1945 m 44° 08 M. Cimone M. Cimone 2165 m 44° 11,5 M. Beigua M. Beigua 1287 m 44° 26

Es kommen in der Abhandlung die folgenden Abkürzungen vor: C. = Colle, vereinzelt = Campo; F. = Fosso, vereinzelt = Fiume; Fl. = Fläche; Ge. = Gletscherende; Gl. = Gletscherlänge; L. = Lago; M. = Monte; P. = Piano; R. = Regione, vereinzelt = Rio; S. = San, Santo (a); T. = Torreute; V. = Valle.

B. Regionale Beschreibung der eiszeitlichen Vergletscherung.

Gran Sasso dItalia. Der Gran Sasso dItalia ist das höchste Gebirge des Apennins. Es steigt im Corno Grande auf 2914 m an. Es liegt in der östlichen Kette und reicht rund 50 km weit vom Vomano im NW zum Pescara im SE. Da wird es durch eine bis auf den Grund gehende Scharte, die der Pescara durch den Gebirgskörper gesägt hat, von der Gruppe Majella-Morrone geschieden. Im SW wird der Gran Sasso vom Becken von Aquila begrenzt und im NE vom adriatischen Molasse- land, in das er mit einer eindrucksvollen, 2000 m hohen Wand ab- stürzt. Da bietet er einen alpinen Anblick. Der Gran Sasso besteht aus einer Doppelkette, die einige ge- räumige Kessel und Hochflächen einschliesst. Westlich vom Corno Grande liegen der Campo Pericoli, Campo Venaquaro und das V. Solagne; östlich von ihm dehnt sich der weite Campo Imperatore. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 9 Valle dellArno. Im S des Corno Grande, zwischen ihm und dem M. Portella (2388 m), Pizzo Cefalone (2532 m) und M. dIntermesole (2646 m), befindet sich der Campo Pericoli (1900-2200 m), ein amphithea- tralisch aufgebauter, 1,5-2 km breiter Talkessel. Er schliesst das V. dellArno ab. In seinem Umkreise hat das Gebirge alpinen Cha- rakter. Die Gipfel sind hoch und schroff und von Karen durchsetzt, die sich in den nach N und E gerichteten Hängen fast ununterbrochen aneinanderreihen (Tal. I, Fig. 1). Ihr Eis hat sich im Talabschluss zu

Abb. 1. Corno Grande. Kleines Kar im SW-Hang gegen den Campo Pericoli. Im Hintergrund links Corno Piccolo. einem 3 bis 4 km2 grossen Firnfeld gesammelt. Der Campo Pericoli ist von vielen eisgerundeten Felsbuckeln besetzt. Sie zeigen verein- zelt, wo sie ohne Vegetation sind, noch deutliche Glättung; im allge- meinen sind sie aber stark verkarstet. In der Hochmulde finden sich auch Moränen. Das schönste Vorkommnis liegt da, wo von ihr zwi- schen Corno Grande und M. dIntermesole das eigentliche Tal aus- geht (1800 m). Es besteht aus zwei etwa 12 m hohen und 100 m langen Wällen, die einen kurzen, ebenen Boden als kleines Zungenbecken umschliessen. Das V. dellArno mündet 3 km oberhalb Pietracamela (1005 m) in das adriatische Vorland. Es ist das grösste und schönste Tal des 10 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Gran Sasso. Es stellt in seinem kurzen Verlauf durch das Kalkge- birge einen Trog dar und weist Moränen auf. Heute, und vielleicht schon seit Ende der Eiszeit, ist die fluviatile Erosion in diesem Tal- stück erloschen; das Wasser tritt erst in 1520 m Höhe in einer Karst- quelle zutage. Wenig tiefer stürzt es über eine ungefähr 200 m hohe, bewaldete Talstufe hinab und setzt nun seinen Lauf in den miozänen Sanden des Vorlandes fort. P. MODERN (113) und C. CREMA (32) waren auf Grund von «sehr mächtigen und ausgedehnten Moränen», die in der Nähe von Pietracamela und Fano Adriano (750 m) und auf den kleinen Hochflächen von Annunziata (965 m, in der Nähe von Fano) und I Prati (1300 m, im S von Pietracamela) liegen sollen, der Meinung, dass der Gletscher über den Gebirgsfuss hinaus weit ins Vorland vorgestossen sei. Nach R. v. KLEBELSBERG (79) handelt es sich in diesen Ablagerungen aber um den im Gebiete all- gemein verbreiteten Gehängeschutt. Ich nehme jedoch an, dass die Trümmermassen im obersten Abschnitt der Hochfläche I Prati (1600-1700 m), am Fusse des kargekrönten Corno Piccolo, von kleinen Hängegletschern herrühren. Der Arno-Gletscher hat nur 3 km weit, nämlich bis Pietracamela, ins Vorland hineingereicht. Das Tal besitzt bis dahin im Querschnitt U-Form. Erst unterhalb des Dorfes, wo ein kurzer steiler Abfall einsetzt, nimmt es cafionartigen Charakter an. Oberhalb und bei Pietracamela hat R. v. KLEBELSBERG (79) Moränen aufgefunden, die bis 100 m über der heutigen Bach- sohle liegen. «Wenn der Gletscher hier seitlich so hoch hinauf Mo- ränen stranden konnte, dürfte das zugehörige Gletscherende noch ein gutes Stück unter Pietracamela hinabgereicht haben, mindestens bis in 850 m, vielleicht sogar bis auf 710 m, wo sich der junge Talein- schnitt schluchtartig zu verengen beginnt. Hier sind die Bedingungen für Ablagerung und Erhaltung von Endmoränen ungünstig gewesen.» Der Arno-Gletscher hat eine Länge von 8-9 km erreicht. Auf seinem Wege erhielt er namhaften Eiszuschuss von rechts her, aus der Felsscharte zwischen Corno Grande und Corno Piccolo und von links her aus einem Kar in der N-Wand des M. dIntermesole. Die wenigen erratischen Blöcke auf dem Plateau der Regione la Giun- ghiera (1250-1350 m) sind wohl von diesem Kargletscher abgela- gert worden.

Valle del Venaquaro. Nach W hin folgt dem Campo Pericoli der ihm zum Verwechseln ähnliche, ungefähr gleich grosse Talkessel des Campo Venaquaro Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 11

(1900-2200 m), auch Conca di Masseria Cappelli geheissen. Er wird von den Hängen des M. Corvo (2626 m), der Cima delle Malecoste (2447 m), des Pizzo Cefalone und des M. dIntermesole begrenzt. In diesen Gebirgsrahmen sind, insbesondere in den N-Hang des Grat- zuges Cefalone-Malecoste, grössere Kare eingesenkt. Diese Hoch- mulde besteht gleichfalls aus fast lauter kahlen, vom Eise zugerun- deten Felsbuckeln und Donnen; vereinzelt, so unter den Karen, lie- gen auch Moränen. Von ihr geht das V. del Venaquaro aus. In sei- nem kurzen Durchbruch durch das Gebirge (zwischen 2000 m und 1800 m) stellt es einen Trog dar, dessen Boden, vor allem talaus- wärts, mit zahlreichen Moränen bedeckt ist. Bei 1800 m steigt es in einer 500 m hohen Stufe zum Vorland ab und verläuft hier tief in die Molasse eingeschnitten. Durch J. PARTSCH (126) sind in 1190 m (aus der Karte beurteilt etwas tlefer, in ungefähr 1050 m) Wälle von 10-15 m Höhe, die aus fast durchwegs grossen Kalksteinblöcken bestehen, bekannt geworden. Sie riegeln einen flachen Talboden ab und bilden nach J. PARTSCH (126) die 130 m lange Stirnmoräne des alten Gletschers. Ich halte die Moränennatur dieser Schuttmasse, zumal deren Form und Verlauf im dichten Buchenwald schwer zu erkennen sind, für wenig typisch. Im Vergleich zum Arno-Tal waren hier am Gebirgsrand die morphologischen Bedingungen für einen grösseren Gletschervorstoss viel ungünstiger. Es ist fraglich, ob der Gletscher über die hohe Talstufe ins Vorland dringen konnte. Min- destens ein grösserer Teil der Gesteinsmasse, die zwischen den Punkten 1190 m und 1050 m liegt, dürfte von Lawinen der Umgebung und von Eisbrocken, die sich von der in grösserer Höhe gelegenen Gletscherstirn loslösten, dahin verfrachtet worden sein. Der Glet- scher des Campo Venaquaro war etwa 5 km lang. Er hat noch Eis im Punkte 1700 m aus einem sehr kurzen Tal, das in einem grossen Kar im NE-Hang des M. Corvo entspringt, empfangen, und ferner im Punkte 1080 m aus einem Tälchen, das von der N-Flanke dieses Gipfels (2626 m) herkommt. Eine dritte Eiszunge ging im N-Hang des M. Corvo zwischen den Punkten 2530 m und 2269 m in den Fosso Nerito nieder.

Valle Solagne.

Im W des Gran Sasso liegt das nach NW gerichtete, 8 km l ange V. Solagne. Es beginnt unter den 300-600 m hohen, senkrechten, schuttverkleideten Karwänden zwischen M. Jenca (2208 m), Pizzo di Camarda (2332 m), Cima delle Malecoste und M. Corvo. Dieser 12 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 von Rundbuckeln und Moränen bedeckte Talanfang bildete einst ein 2-3 km grosses Firngebiet. Von ihm ging ein etwa 4 km langer Gletscher weg, der im Punkte 1672 m eine schöne Spur in Form einer kleinen, runden (Durchmesser 100 m) Schurfwanne zurückliess; sie wird talauswärts von gegen 10 m hohen Moränen abgedämmt. Unterhalb ihr, am Fusse des M. Jenca, zeigt das Tal ein kurzes Stück weit deutliche Trogform. Es wird in ungefähr 1350 m durch einen wenig ausgeprägten Moränenbogen, der sich im Walde verliert, ge- quert. Es ist wegen des dichten Waldbestandes schwer zu sagen, wo der Gletscher genau geendigt hat. Das Tal behält seine offene Form über die Karstquelle des Vomano (1329 m) hinaus — ein Teil des Wassers wird hier in einem Reservoir für die Stadt Aquila gefasst — bis zum Weiler Cappelli (1280 in) bei; von da an verengt es sich stark. Ein Vorstoss des Eises bis an diese Stelle kann durchaus in Frage kommen.

Valle Ruzzo und Valle Mavone. Der Gran Sasso erscheint vom adriatischen Vorland, vor allem von Isola aus, als ein hoher und schroffer Gebirgswall. Er ist nach dieser Seite hin wenig gegliedert; nur ein paar Tälchen durch- ziehen ihn. Die wichtigsten Gipfel sind M. Prena (2566 m), M. In- fornace (2311 in), M. Brancastello (2387 m) und Corno Grande. Bei Isola (419 m) münden zwei Tälchen, die aus diesem Gebirgsabschnitt kommen, zusammen: das 5 km lange V. Mavone und das 3 km lange V. Ruzzo. Sie beide sind nach F. SACCO (139) vergletschert gewesen. Die von ihm genannten Moränen, z. B. über dem Dörfchen Pretara (555 m) im V. Ruzzo in 600-800 m Höhe, sind aber als solche höchst fragwürdig. Das gilt iibrigens noch für viele andere an diesem Ge- birgsFuss liegende und von F. SACCO (139) und auch K. HASSERT (68) als Moränen bezeichnete Schuttmassen, z. B. für jene in der Gegend Isola-Tossicia oder im V. Leomogna oder in der Umgebung der Masseria Gritti (850 .-1100 m) im V. Vittore. Bei allen diesen Ab- lagerungen handelt es sich um Gehängeschutt oder um Trümmer aus Lawinenbahnen. Der Abschnitt M. Prena-Corno Grande hat keine bedeutendere Vergletscherung aufgewiesen; schon die morphologi- schen Verhältnisse — grosse Steilheit, geringes Einzugsgebiet -- sprechen dagegen. In den steil niederbrechenden Tälchen, z. B. im M a l e p a s s o und F o s s a c e e a (V. Ruzzo), haben sich nur klei- nere Eiszungen entwickeln können. S. CATALISANO (23) macht auf ein trotz starker Verwitterung und Wassererosion noch ziemlich Jahrg. 84. K. SUPER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 13 gut erhaltenes Kar, das in den Hintergründen dieser beiden Tobel (Malepasso und Fossasecca, auf der topographischen Karte steht Fos- saceca) liegt, aufmerksam. Im V. Vittore, das an der karlosen, äusserst steilen S-Seite des Corno Grande entspringt, ist kaum, wie F. Sacco (139) meint, ein Gletscher bis auf 900 m hinunter gegangen. Es hat nur wenig Eis aus ein oder zwei Nischen, die im M. Aquila (2498 m) liegen, erhalten. Im andern Nebentälchen des V. Mavone, das von W her kommt, hat der Gletscher bis an den Gebirgsfuss oberhalb S. Nicola (1200 m) gereicht. Es ist sogar heute noch ver- eist.EsbesitztinderConca del CalderoneoderConcadelle Nevi, einem Kar im NE-Hang des Corno Grande (zwischen seinem E- und W-Gipfel), einen 600 m langen und bis 300 m breiten Glet- scher; es ist der elnzige im ganzen Apennin. Das Fussgelände des Gran Sasso ist nur in der sehr schmalen Zone zwischen Arno- und Venaquaro-Tal vergletschert gewesen. Überall sonst war es eisfrei. Es war ununterbrochen der Erosion des fliessenden Wassers ausgesetzt. Die Bäche und Flüsse haben sich hier meist tief, mitunter sogar canonartig, eingeschnitten. Sie haben den einige Kilometer breiten Molassesaum, der sich bis zum Meer hin dehnt, in viele gleichmässig abfallende Firste und Kämme auf- gelöst. Im Unterlauf schleichen sie in zahlreichen Windungen durch ihre selbst aufgeschütteten Geröllablagerungen. Die vom Wasser geschaffene Durchtalung bildet, so weit man blickt, den Hauptzug dieses Molasselandes.

Campo Imperatore. Das grossartigste Andenken an die Eiszeit hat der Campo Im- peratore (1450-2100 m) bewahrt. Diese rund 20 km lange und über 3 km breite Hochfläche wird durch den Felsast M. Portella-M. Aquila vom Campo Pericoli getrennt. Nach N wird sie vom hohen Kettenzug M. Brancastello-M. Prena-M. Camicia (2570 m) vollständig abge- schlossen, nicht so nach S gegen die Karstlandschaft S. Stefano di Sessanio (1251 m)-Castel. del Monte (1310 m), wo ihr Gebirgsrahmen M. della Scindarella (2237 m) - M. di Paganica (2097 m) - M. Bolza (1937 m) einige Lücken besitzt. Sie bildet das grösste Weide- gebiet der Abruzzen und wird im Sommer von vielen Tausenden von Schafen bezogen. Im Winter wird sie für Monate zu einer weiten, einsamen und öden Schneelandschaft und gleicht dann einem nor- wegischen Fjeld. Der Bau einer Schwebebahn (Funivia), die von As- CO w

Abb. 2. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 15 sergi (870 m) auf 2200 m Höhe führt, hat sie im Jahre 1934 den Ski- fahrern erschlossen.

Die Vergletscherung des Campo Imperatore hat R. v. KLEBELS- BFRG (79) einlässlich beschrieben, so dass ich mich kurz fassen kann. Die Hauptmasse des Eises entsprang in zwei grossen Karen, die in den E-Hang des M. Portella -M. Aquila eingesenkt sind. Es zog in die Regione Fontari (1950-2100 m) und Regione Caselle (1700-1800 m) und schuf hier eine gegen 2 km lange Moränenland- schaft mit vielen, bis 20 m hohen Hügeln. An ihrer Aufschüttung war noch Eis, das vom M. della Scindarella - M. di Paganica herkam, mitbeteiligt. Die N-Wand dieser kleinen Berggruppe wird, 50 m über der Hochfläche, von sechs moränenerfüllten Karen, die sich un- mittelbar folgen, ja zum Teil miteinander verwachsen sind, geglie- dert (Taf. I, Fig. 2). Ich vermute, dass ein Eislappen in die niedrige Lücke zwischen M. Portella und M. della Scindarella eingedrungen ist. Dagegen dürfte, entgegen einer früheren Annahme (171), kein Eis durch die schmale Lücke des Vado di Corno (1962 m), über die der Pfad auf die N-Seite des Gebirges nach Isola führt, gestossen sein. Den weitaus schönsten Beleg für die Vereisung des Campo Im- peratore liefert das bis 3 km breite Gebiet des Prato di Pie- tranzoni und der Regione le Coppe (1600-1700 m). Da findet sich ein für den Zentralapennin erstaunlich grosses Moränengelände von zirka 4-6 km Fläche (Taf. II, Fig. 3). Es stösst im W bis zur Costa Ceraso und zum M. Archetto (1937 m) vor und an die Fossa di Paganica heran und im S bis zum etwas vertieften Prato del Bove (1560 m) und Piano Racollo (1580-1590 m). Es besteht aus unzäh- ligen, bis 40 m hohen Schutthügeln. Sie sind wohl einzig und allein vom Gletscher, der aus dem Umkreise des M. Portella herkam, auf- geschüttet worden. Dort findet sich das einzige Kargebiet der Hoch- fläche. Die sehr nahe gelegene Gruppe Brancastello-Infornace hat trotz ihrer bedeutenden Höhe keine grössere Eiszunge in sie aus- geschickt. Ihre nach S gerichteten Hänge sind vollständig karlos. Der Auffassung von S. CATALISAN° (23), der die Ablagerung der Morä- nenmassen der Regione Caselle und des Prato di Pietranzoni aus- schliesslich auf einen Gletscher bezieht, der im Gebiete des M. Bran- castello - M. Infornace entsprang, ist nicht beizupflichten. Von diesen Bergen gehen Wildwasserrinnen nieder, die die Moränenhügel zum Teil angeschnitten haben. Im östlichen Teil der Hochfläche, der durch eine hohe Fels- sperre (M. Mutri, M. Paradiso, M. Veticoso) vom westlichen getrennt 16 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

wird, habe ich keine Moränen auffinden können. Er war sehr wahr- scheinlich nicht vereist. Zwar hat seine Umrahmung östlich des M. Bolza in der Regione Papa morto eine breite, seilkurvenförmige Einsattelung, die etwa 100 m über dem Campo liegt. Sie ist von einer Streu grosser und kleiner, runder Felsbuckel bedeckt. Leicht ver- mag sich, vor allem im Frühjahr, wenn die Hochfläche noch ihr Schneekleid trägt, der Eindruck aufzudrängen, hier hätte einst ein Gletscherüberlauf stattgefunden. Die runden Felskuppen täuschen das Bild einer machtvollen Eiseinwirkung vor. Allein sie sind nicht das Ergebnis der Vereisung, sondern die Folge der Verkarstung. Moränen fehlen. Weder die Regione Papa morto, noch die Passlücke des Vado di Siella (1731 m) in der N-Kette, sind vom Eise als Durch- gang benützt worden. Die Vergletscherung blieb auf die westliche Hälfte des Campo Imperatore beschränkt. R. v. KLEBELSBERG (79) hat berechnet, dass der Gletscher 10 km lang und 1-3 km breit war; er bedeckte ein Areal von etwa 35 km2. A. SESTINI (152) erscheint diese Zahl zu gross, er erhält auf Grund der Karte nur 26 km 2, was eher stimmen dürfte. Aber auch dann war es immer noch der grösste Eisstrom des Apennins. Sein grosser, unruhig gewellter Moränen- fächer bleibt als die eindrücklichste Spur der Vergletscherung dieses Gebirges im Gedächtnis haften.

Südseite. Der Gran Sasso erhebt sich im Talhintergrund von Assergi (870 m) unvermittelt, in einem einzigen Anstieg, bis auf über 2500 m Höhe. Hier auf der S-Seite ist ihm sonst überall ein ausgedehntes Hügelland vorgebaut, das aus der Ebene von Aquila in 600 m allmäh- lich auf 1700 m aufsteigt. Es stellt, namentlich im Abschnitt S. Stefano- Calacio-Castel del Monte, eine hervorragend entwickelte Karstland- schaft dar. Unzählige Dolinen aller Grössen wechseln mit kahlen oder nur mit kümmerlichem Graswuchs bestandenen Felsbuckeln ab. An einigen Stellen kommen kleinere Poljen vor. Der sehr steinige und verkarstete Boden taugt im allgemeinen für den Ackerbau nicht. Wo sich dennoch ein Dickerchen hinzieht, muss es fast von Jahr zu Jahr in mühsamer Arbeit von den vielen Steinen gesäubert werden. Die Poljen hingegen sind meistens mit fruchtbaren Erden erfüllt, die Korn und Kartoffeln hervorbringen. Das Gebirge ist hier sehr arm an Tälern, ja es besitzt nicht ein einziges Hochtal, das Eis aus seinem Innern hätte hinausleiten können. Ihm fehlen auf der S-Seite auch grössere Rare. Da haben nach R. v. KLEBELSBERG (79) höchstens Jahrg. 81. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 17 zwei kleine Eiszungen zwischen M. Cefalone und Passo della Por- tella (2256 m) gelegen. Sie flossen gegen Assergi, bis vielleicht auf 1300 m hinab. Niemals hat aber, wie C. CREMA (31) vermutete, auf der S-Seite eine grosse Vergletscherung stattgefunden.

Der Gran Sasso wird in seiner Hochregion von glazialen Formen beherrscht. Davon ist weder von seiner nördlichen, noch von seiner südlichen Randzone aus viel zu sehen, weil sie vor allem die innern Teile der Doppelkette einnehmen. Durch die Kare sind seine Haupt- gipfel zu Pyramiden umgestaltet worden. Gewiss haben schon vor der Eiszeit schroffe Hänge bestanden. Durch die Kare ist aber der Hochgebirgscharakter noch bedeutend verschärft worden. Die Ver- gletscherung des Gran Sasso war sehr ansehnlich. Seine wichtigsten Firngebiete waren Campo Pericoli, Campo Venaquaro, V. Solagne und der oberste Abschnitt des Campo Imperatore. Von ihnen sind nach NW, N und E Talgletscher ausgegangen. Zwei sind ein kurzes Stück weit ins adriatische Vorland vorgestossen: im Arno-Tal (G1. 8-9 km) bis unterhalb Pietracamela auf 700-800 m und im Vena- quaro-Tal (Gl. 5 km) bis ungefähr 1200 m. Im V. Solagne (Gl. 4 km) hat der Gletscher in etwa 1300 m und im Campo Imperatore (Gl. 10 km) in 1500 m Halt gemacht. Die S-Seite war sehr wenig vereist; sie hat nur ein bis zwei kurze Hängegletscher oberhalb Assergi her- vorgebracht.

Majella-Morrone. Die Majella ist das zweithöchste Gebirge des Apennins. Sie er- reicht im M. Amaro 2795 m. Es ist eine lange, von N nach S gerichtete Kette von geringer Gliederung. Nach W fällt sie mit einförmigem Hang ab, nach E ist sie von einigen Schluchttälern tief durchschnitten. Im W der Majella, von ihr durch das 20 km lange Tal des Orte getrennt, liegt der 2060 m hohe Morrone. Diese beiden morphologisch selbständigen Gebirge bildeten ursprünglich eine einzige, riesige Antiklinale. Ihr innerer höchster Teil ist in der Richtung von NW nach SE eingebrochen, und von ihr blieben nur die beiden Flügel zurück.

Monte Amaro-Monte Porrara. Der südliche Teil der Majella besteht aus einem breiten und massigen Rücken (2100-2500 m), der von ein paar Tälchen durch- 18 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

zogen wird. Unter ihnen ist das nach S gerichtete V. d i F e m m i n a Morta vergletschert gewesen. Es ist eine 5 km lange, schmale Karstwanne (2400 m), ein eigentlich blindes Tal mit einem unteren Talabschluss. Seine schwach ansteigenden Hänge sind vom Eise ge- glättet und gerundet, und sein Boden ist an wenigen Stellen, so im Punkte 2450 m, von Moränenschutt bedeckt, den der Gletscher aus einem grossen Kar, das in der S-Wand des M. Amaro liegt, weggetra- gen hat. Nach K. HASSERT (68) ist das Eis bis Fondo di Femmina Morta (2350 m) und vielleicht gar, in Abschmelzung begriffen, ein Stück weit über den steilen Gebirgshang nach W in die Regione Di- fensa di Pacentro (1250-1900 m) gedrungen. Im südlichen Abschnitt der Majella liegen zahlreiche moränen- ähnliche Ablagerungen, so im V. d e i Cocci über Palena in 1400 bis 1500 m Höhe. Dieses Tal hat wohl Eis aus der Serra Carracino (2180 m) über den Vado di Cocci (1650 m) empfangen. Auch der weite Talgrund des A v e n t i n o , von den Hängen des M. Porrara bis zum sanft abfallenden M. Secine (1883 m) hinauf, ist von Schutt- massen, vor allem von Kalkblöcken bedeckt, die vielleicht glazialer Herkunft sind. Möglicherweise handelt es sich um Erratika vom M. Secine her, der karähnliche Formen besitzt.

Monte Amaro-Monte Acquaviva. Im mittleren Abschnitt erreicht die Majella ihre grössten Höhen. Da ragen gegen ein Dutzend Gipfel auf über 2500 m, ja einige wenige, wie M. Amaro, Tre Portoni (2610 m), Pesco Falcone (2646 m), M. Ac- quaviva (2737 m), sogar auf über 2600 und 2700 m auf. Von ihnen strahlen nach N und E tiefe Täler aus. Unter dem Hauptgipfel be- ginnt ein 10 km langes Tal, das im E bei Fara S. Martino (450 m) das Gebirge verlässt. Es heisst im obersten Abschnitt (2100-2500 m) V. Ca n n. e 11 a (Taf. IX, Fig. 17). Es ist hier ein geräumiger (Durch- messer 1 km), ringsum von hohen, steilen Felswänden begrenzter Kessel. Er erinnert in seiner Grösse und Ausgestaltung ganz an die alten Firnmulden des Gran Sasso. Er enthält wie diese viele gerun- dete Felsbuckel und einige Kare, die jedoch nicht sehr typisch sind. Vom grossen Kar in der E-Wand des Hauptgipfels steigt eine Rinne von 2500 m auf 2350-2300m zu einem ebeneren Flächenstück ab.Sie vereinigt sich hier mit einer zweiten Rinne, die von NW, vom Punkte 2665 m, herkommt. Sie beide haben einst Eis dem Ausgang der Hoch- mulde zugeführt. In den Talwänden dieser Stelle gibt, 100-150 m über der Talsohle, ein regelmässig abfallender Gehängeknick den Jahrg. 84. K. SUTE«. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 19

Abb. 3. 20 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 ehemaligen Eisstand ausgezeichnet an. Besonders deutlich ist er auf der linken Seite unter dem Gipfelpunkt 2663 m entwickelt, etwas weniger gut rechts, unter dem Punkte 2540 m. Der Gletscher hat die Hänge unter dieser Linie zu fast senkrechten Wänden zugeschnitten, die Hänge darüber, die weniger steil sind, indessen unberührt ge- lassen. Das V. Cannella ist in diesem unteren Abschnitt zwischen 2200 m und 2300 m reichlich mit Moränen erfüllt, namentlich längs der Talwände, wo bis 30 m hohe Wälle zu sehen sind. Einige ziehen in ihm quer durch und dämmen kleine Zungenbecken ab. Der Glet- scher ist aus dem Firnkessel ausgetreten und in die Talenge vor- gerückt. Ist auch das anschliessende, weniger breite Talstück, das V. d i Macchia Lunga heisst, vergletschert gewesen? Seine Form und Höhenlage lassen das vermuten. Ich konnte jedoch keine siche- ren glazialen Spuren auffinden. Nach S. FRANCHI (52) soll sich der Gletscher sogar durch das unterste Talstück, das V. d i S. S p i r i t o, bis Fara S. Martino (450 m) am Gebirgsfuss, vorgeschoben haben. Da fehlen aber überall Moränen. Ja im Tale selbst, das eine ein- drucksvolle, heute wasserlose Schlucht darstellt, ist es unnütz, nach solchen zu suchen. Zyklopenhaft türmen sich die Felswände auf. Dieser Talabschnitt lässt gar nicht an die Möglichkeit ehemaliger Eisbedeckung denken. Der Gletscher hat schon im V. Cannella in ungefähr 1900 m, vielleicht wenig tiefer, geendigt und nur eine Länge von 3 km erreicht. Beim Punkte 1162 m mündet ins V. di Macchia Lunga das V. delle M a n d r e l l e ein. Dieses Tal beginnt in den Hängen des Tre Portoni. Es hat im obersten Abschnitt zwischen 2000 m und 2400 m eine 2,5 km lange Eiszunge hervorgebracht. U-Profil und Moränen sprechen dafür. Unterhalb des Punktes 2000 m wird es zur tiefen und engen Schlucht.

Nach S. FRANCHI (52) soll das ganze V. O r f e n t o im W der Majella einen Gletscher beherbergt haben, der in der Gegend von S. Nicolai (800 in) im SE über Caramanico (600 m) Moränen abge- lagert hätte. Ich habe mich von der Richtigkeit dieser Ansicht nicht überzeugen können. Ich habe einzig im Talhintergrund, im V. A n - drea und V. Macchia di Caramanico, die von den N- Hängen des Pesco Falcone und Tre Portoni ausgehen, kleine Mo- ränenreste angetroffen. Diese beiden Hochtälchen haben im ober- sten, schwach abfallenden Abschnitt (2300-2400 m) Eiszungen von etwa 1-2 km Länge besessen. In einem Sprunge eilen ihre Bäche in Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 21 die Tiefe und brechen, zum Orfento-Fluss vereint, in einer wilden Schlucht unterhalb Caramanico aus dem Gebirge heraus. Im E der Majella, bei Pennapiedimonte (669 m), tritt das fast unheimlich tiefe V. S e 1 v a r o m a n a ins Vorland aus. In ihm gab es wahrscheinlich einst auch Moränen. Sie sind aber vom Wasser längst zerstört worden. An glazialen Spuren sind im Talhintergrund, in der N-Wand der Cima delle Morelle (2592 m), nur ein oder zwei kleinere Nischen zu erblicken, in denen Hängegletscher genistet haben. Auch das schwer zugängliche V. del F o s s a t o, das nahe bei Fara S. Martino aus dem Gebirge mündet, ist höchstens in seinem obersten Abschnitt (V. del Forcone) unter den Hängen des M. Acqua- viva vereist gewesen.

La Majelletta. Der nördliche Teil der Majella besteht zur Hauptsache aus der breit ausladenden IVIajelletta (1995 rn). Von ihren Gipfeln gehen einige kurze, tiefe und V-förmige Täler aus; sie erscheinen aus- schliesslich als das Werk des fliessenden Wassers. Ihrer einige sind am Gebirgsausgang zu Schluchten verengt. In den abwechslungs- weise sich folgenden seitlichen Stufen und Gesimsen, Felsköpfen und Felsterrassen, sind noch heute die verschiedenen fluviatilen Erosionsphasen klar zu erkennen. In diesen Tälern, selbst in ihren Hintergründen, ist keine Spur von glazialer Bearbeitung festzu- stellen. Ich habe vergeblich die Täler 1 a V a l i e nahe bei Guardia- grele (577 m) und A c q u a f r e d d a bei Rapino (400 m) im E und V. S. S p i r i t o bei Roccamorice (520 m) im NW nach Moränen ab- gesucht. Die Majelletta war nicht vereist oder bestenfalls ganz wenig in ihrer breiten Gipfelpartie.

Morrone. In diesem niedrigen Gebirgszug ist weder die E- noch die W- Seite der Entwicklung von Gletschern günstig gewesen; denn es sind kaum gegliederte, steile Hänge. Glaziale Spuren sind nur spär- lich vorhanden. DE GASPExr (56) gibt je eine karähnliche Nische im W des M. Mucchia (1980 m) und im Lago della Madonna (1865 m) an, C. CREMA (35) als einzige Moräne eine mächtige Schuttmasse auf der E-Seite des Gebirges, auf der das Dorf Salle (520 m) steht, und R. v. KLEBELSBERG (79) in der gleichen Gegend eine moränenver- dächtige Ablagerung in 1000 m. 22 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Montagna de/ Morrone 400 Su/mana O

Abb. 4.

Das breite und liebliche Tal des Orte war wohl nie vereist. Seine vielen Trümmermassen sind zum grössten Teil Gehänge- und Bachschutt. Nur ihrer wenige dürften von Lawinen und kleinen Firnzungen des Morrone und der Majella herrühren.

Die Majella war trotz ihrer bedeutenden Höhe nur in beschei- denem Masse vergletschert. Die Moränen und glazialen Felsformen Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 23 sind auf ihre höheren Regionen beschränkt. Sie treten, wie zu erwar- ten steht, am häufigsten im Bereiche des Hauptgipfels auf. Da sind gegen ein Dutzend Kare und karähnlicher Nischen vorhanden. Sie vor allem haben der Majella den Charakter eines Hochgebirges ge- geben. Schon unterhalb 2000 m verschwinden sie. Es ist sehr un- wahrscheinlich, dass die einstigen Talgletscher, wie S. FRANdHI (52) annimmt, den Gebirgsfuss im E erreicht haben. R. v. KLEBELSBERG (79) kam zum gleichen Schluss. Die Vergletscherung der Majella blieb weit hinter jener des Gran Sasso und des M. Velino zurück. Die Erklärung für diese Tatsache muss im besonderen voreiszeitlichen Relief dieses Gebirges, das der Entwicklung von Gletschern un- günstig war, gesucht werden. Schon lange vor der Eiszeit, bald nach dem Emportauchen aus dem miopliozänen Meere, ist die Majella, wie die Ablagerungen im Vorland zeigen, von tiefen Schluchten durchrissen worden. Es fehlten ihr grössere Verebnungen und flachere Talböden in der Nähe oder gar oberhalb der Schneegrenze. Die sehr steilen Talhintergründe haben die Bildung von Karen ge- hindert, und durch die Schluchten, die während des Pleistozäns noch eine besonders starke Vertiefung erfuhren, sind der Eisausbreitung frühe Grenzen gesetzt worden. Nur im Umkreise des M. Amaro waren die morphologischen Verhältnisse für das Zustandekommen von kurzen Talgletschern günstiger; da gab es Firnkessel und Firn- mulden. Die beiden grössten Gletscher lagen im V. di Femmina Morta (Gl. 5 km; Ge. 2350 m) und im V. Cannella (Gl. 3 km; Ge. 1900 m) und sehr kleine in den Hochtälern von Mandrelle, Andrea, Macchia di Caramanico und Forcone. Wahrscheinlich war der breite und hochgelegene Bergrücken der Majella, die Tavola Rotonda (2404 m), von einer Firnkappe bedeckt.

Velino-Ocre-Sirente. In einem einzigen Anstieg von rund 1500 m hebt sich der M. Ve- lino (2487 m) aus der Ebene von Avezzano (700 m) empor. Ihm ist da ein riesiger Schuttfächer vorgebaut: Er erscheint von hier aus kühn und wuchtig. Noch grossartiger wirkt seine N-Seite, die in viele schroffe, kargeschmückte Gipfel und Ketten aufgelöst ist. Sie schliessen neben kurzen Tälern .und Hochmulden vier ausgedehntere Hochflächen ein. Der V e l i n o überragt, den Gran Sasso ausgenommen, an Schön- heit und Grösse seiner eiszeitlichen Formen und Ablagerungen alle Geblrge des Zentralapennins. Der Reichtum an gut erhaltenen Karen 24 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Aq!i, M.lie/in - ^.^ ^`Ocre -M J,rerte

Kar

€ Endmorvne

n

Abb. 5. und Moränen ist gross. Sie beweisen, dass die Vereisung dieses Ge- birges, hauptsächlich in seinen nach N und E gerichteten Hängen und Tälern, ansehnlich war. Sie blieb jedoch auf seine inneren Teile beschränkt. Die grösseren Gletscher waren, entgegen früheren An- nahmen, nur 5-9 km lang. Sie sind weder nach S durch den F o s s o di S. P o t i t o ins Becken von Fucino bis auf 720 m, noch in den unteren Abschnitt des Piano di Rocca di C a m - b i o und auch nicht durch die beiden je 1.2 km langen Täler von Lucoli und Tornimparte in das Becken von Aquila hinab- gestiegen. Diese Täler sind einzig und allein vom Wasser geschaffen worden; Moränen fehlen in ihnen. Im V. di Lucoli hat bloss eine kleine Eiszunge, die im NE-Hang des M. Orsello (2046 m) wurzelte, an die Talsohle hinabgereicht, und im V. di Tornimparte war besten- falls der höchste Teil des Bosco di Cerasolo vereist. Ebensowenig ist ein Gletscher aus dem engen, V-förmigen V. A m a r a in die Ebene von Camarone (800 m) vorgestossen. Er hat nur seinen obersten, offenen Talabschnitt, der V. d e 1 lA s i n a heisst, bis auf etwa 1450 m hinunter besetzt. Nur in zwei Tälern, die beide im N-Hang Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 25 des höchsten Gipfels entspringen, sind Eismassen bis an den Ge- birgsfuss, ja sogar ein kurzes Stück weit ins Vorland vorgedrungen: im 5 km langen V. M a j e 1 a m a in die Alluvionsebene des Fu- einer-Beckens, wo sie in 1050 m, nahe bei Forme, zwei 500 m lange Seitenmoränenwälle ablagerte, und im 7 km langen V. di Teve (Taf. IV, Fig. 7) bis zur Bocca di Teve (1013 m) beim Weiler Car- tore (174). Auch die Hochflächen sind teilweise von Gletschern bedeckt ge- wesen. So gingen von den Hängen der M a g n o 1 a (2223 m) vier kurze Eiszungen nebeneinander bis an den Rand des Piano di O v i n d o l i (4,5 km lang; 2,5 km breit; 1350-1400 m ü. M.) nieder. Hier in der Regione tra le Fosse (1410 m) befinden sich ihre tiefst gelegenen Endmoränen. Von einem grösseren Gletscher war der Piano di P e z z a (5,5 km lang; 1,5 km breit; 1450-1550 m II, M.) erfüllt. Wahrscheinlich ist er durch die Lücke des Vado di Pezza in die Hochfläche von Rocca di Cambio (7 km lang; 2-5 km breit; 1250-1300 m ü. M.) bis zum etwa 3 km entfernten Dorfe Rocca di Mezzo vorgestossen, liegt doch da auf zwei kleineren Hügeln, den Colli di S. Leucio, moränenverdächtiger Schutt. Eine besonders schöne, 4 km2 grosse Firnmulde bildete der P i an o di P u z z i l l o (1800-2000 m). Er hat einen 6 km langen Gletscher nach NW ins V. della G i u m e n t a bis zur Fonte delle Scodelle (1414 m) ge- schickt und einen andern durch das sehr kurze V. L e o n a in den C a m p o F e l i c e (9 km lang; 2,5 km breit; 1550 m ü. M.), wo ein prächtiger Moränenkranz liegt. Vom 4 km 2 grossen Firngebiet des Piano della Duchessa (1750-1950 m) ist ein Eislappen ins anschliessende kurze, nach W gerichtete C i e c o- Tal ausgegangen und hat in etwa 1550 m geendigt. Diese Wanne enthält einen kleinen Glazialsee, den Lago della Duchessa (1772 m, Taf. IV, Fig. 8). Die Gebirgsgruppen M. dO c r e und M. S i r e n t e waren nur wenig vergletschert. Der M. dOcre hat einzig auf der NE-Seite des Hauptgipfels (2206 m), die ein Kar aufweist, eine kurze Eiszunge besessen. Im 10 km langen Grat des M. Sirente (2349 m) sind aus fünf Nischen, die im NE in den 400-600 m hohen imposanten Wandab- sturz eingesenkt sind, ebenso viele kleine Gletscher niedergestiegen. Sie fanden im heute bewaldeten Fussgelände in ungefähr 1400 m ihr Ende.

Sibillini. Die Sibillinischen Berge stellen einen isolierten, im Grundriss ellipsoidischen Gebirgsstock aus Trias-, Jura- und Kreidekalken dar. 26 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Abb. 6.

Schroff erhebt er sich aus einem breiten Sockel jungtertiärer, mio- pliozäner Bildungen auf über 2000 m Höhe und erreicht in der Cima della Pretara oder dem Vettore di Ascoli 2478 m. Seine 20 km lange Hauptachse verläuft ziemlich genau von N nach S. Der Kamm zeigt Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 27 einen Wechsel von breiteren Rücken, scharfen, steilen Gräten und einzelnen wenig darüber hinausragenden Kulminationen. Die Täler sind kurz, tief eingeschnitten und gefällsreich. Die wichtigsten sind im W Nera- und Ussita-, im N Fiastrone- und im E Ambro-, Tenna- und Aso-Tal. Sie haben das Gebirge sehr stark gegliedert.

Valle Aso. In den Monti Sibillini hat das V. Aso die stärkste Vereisung er- fahren. Das ist im Hinblick auf seine hohe Lage und Exposition nicht erstaunlich. Es ist zwischen die Ausläufer des eigentlichen M. Vet- tore (2449 m) im W und des M. di Pretara (2478 m) im E eingebettet und verläuft in nördlicher Richtung. Es ist 10 km lang und verlässt beim Weiler Rocca (800 m) das Gebirge. In seinem oberen Abschnitt, dem V. del Lago di Pilato, stösst man auf zahlreiche glaziale Spuren (Taf. II, Fig. 4). Hier ist dem Tal in einer für den Apennin grossar- tigen Weise die Trogform aufgeprägt. Aus dem 150-200 m breiten, gerundbuckelten Talgrund erheben sich in schroffem Anstieg die Trogwände. Sie sind bis 100 m hoch und gehen in scharfem Gefälls- knick, dem Trogrand, in den viel weniger geneigten Berghang über. Das ist prachtvoll auf der rechten, nach W gerichteten Talflanke, die keine Kare besitzt, zu sehen; viel weniger klar dagegen auf der linken, die nach E schaut und zwischen M. Vettore und Quarto S. Lorenzo (2250 m) von vier Gehängekaren aufgebrochen wird (Taf. III, Fig. 5). Das öde und einsame Hochtal schliesst unter dem M. Vettore unvermittelt in einer 500 m hohen Steilwand ab. Zwischen diesem Gipfel und dem M. di Pretara, wo die Kammlinie auf 2249 m absinkt, findet sich über. der Trogwand eine breite Einmuldung, die den Aso- Gletscher einst mit Eis speiste. Im Talgrund liegt in 1940 m der kleine Lago di Pilato, das einzige Seelein des Gebirges. Es erfüllt den rock- vertieften Boden des Abschlusskars. Im V. Aso können Moränen bis auf 1500 m hinunter verfolgt werden. Ein stattlicher, 20-30 m hoher Wall liegt hinter dem Lago. Beim Punkte 1407 m, auf der Karte als le Svolte bezeichnet, fällt das Tal plötzlich in einer 300 m hohen Stufe auf 1126 m ab. Unterhalb ihr setzt es sich mit verhältnismässig breitem (300m) Boden bis über den Weiler Foce hinaus fort. Hierauf verengt es sich und durch- bricht das letzte 3 km lange Stück des Gebirges als Schlucht. Wegen seines trogförmigen Querprofils nahm ich 1932 (171) an, dass einst auch der Abschnitt von Foce vom Gletscher besetzt war. Diese An- 28 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 sicht habe ich 1936 preisgegeben, weil ich hier keine Moränen auf- finden konnte. Dieses Talstück ist lediglich von Gehänge- und Bach- schutt bedeckt, vor allem am Fusse der Stufe. Sicher ist nur, dass der Gletscher diese erreicht hat, lässt sich der Trogrand doch bis zu ihr hin verfolgen; wahrscheinlich hat er noch Eis ein kurzes Stück weit über ihren oberen Rand hinaus entsendet. Er war 4 km lang. Aus dem weiten und hohen Gebirgsrahmen von der Forca Viola (1939 m) bis zum M. Sibilla (2175 m) war die Eiszufuhr ins V. Aso trotz günstiger Exposition sehr gering. Das liegt an den Bergformen. Es fehlen breitere und flache Hänge; überall bricht das Gebirge schroff ab. Nur kleine Eiszungen haben in den Mulden und Einebnun- gen der Kammregion gelegen. Ein Kar ist zwischen M. Argentella (2201 m) und M. Palazzo Borghese (2121 m) eingesenkt, das den Ausgangspunkt eines kleinen Gletschers nach E in die Regione il Laghetto (1692 m) bildete; da sind von ihm Moränen abgelagert worden. Es dürfte sehr schwer sein, in diesem vom Wasser kräftig zerfurchten Gebirgsrahmen noch weitere Vergletscherungsspuren festzustellen.

Valle Tenna und Valle Ambro. Im E der Monti Sibillini, zwischen Cima V. Lunga - M. Sibilla - M. Zampa (1793 m) im S und M. Bove (2169 m) - Pizzo Berro (2259 m) - M. Priore (2334 m) -il Pizzo (1759 m) im N, verläuft das 10 km lange V. Tenna, ein tief in das Gebirge eingegrabenes Tal. In seinem obersten schwach abfallenden Teil, der V. Str e t t a heisst, hat einst Eis gelegen und ebenso in den TälchenLeFosse und Ortieeia, in die es sich im Hintergrund gabelt. Das V. Stretta nimmt im Punkte 1150-1200 m das etwa 4 km lange V. L u n g a auf (Taf. III, Fig. 6). Hier ist ein kleiner Moränenschluss vorhanden, den bereits R. v. KLE- BELSBERG (81) vom M. Priore (oder Pizzo della Regina) aus erblickt hat. Er rührt vom Gletscher des V. Lunga, das von der N-Flanke des M. Porche (2235 m) ausgeht, her. Der breite Talgrund wird zwischen 1700 m und 1900 m neben Rundbuckeln von vielen Moränenkuppen, in die zahlreiche kleine becher- und trichterförmige Dolinen einge- lassen sind, eingenommen. Ein längerer Wall liegt auf der rechten Seite unter der Cima V. Lunga (2224 m). — In einer Mulde im NW des M. Sibilla, der Regione le Fosse, findet sich in 1550 m eine Stirn- moräne, die von einem Hängegletscher dieses Berges abgelagert wurde. Das benachbarte Tkm lange V. A m b r o sieht dem V. Tenna auffallend ähnlich; wie dieses geniesst es den Ruf grosser Wildheit. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 29

Es sammelt die Wasser aus den schroffen N-Hängen des Pizzo Berro (2259 m) - M. Priore - il Pizzo (1759 m) und aus den S-Hängen des Pizzo Tre Vescovi (2092 m) - M. Castel Manardo (1919 m) - M. Aman- dola (1707 m). Es war einst in seinem weniger steilen Oberlauf bis fast auf 1200 m hinunter, wo das Tal sich stark verengt, von einem

Abb. 7. V. A m b r o. Im Hintergrund Pizzo Berro mit der z. T. durch Eis ausgestalteteu Nische Malga della Valle. Vorn Akkumulationsfläche (1200-1300 m ü. M.) mit Seitenmoräne (links), die z. T. vom Eise aus den schattigen Hängen der S-Seite des Tales auf- geschüttet worden ist.

knapp 3 km langen Gletscher besetzt. An dieser Stelle breitet sich ein grösserer Schuttfächer (500 in lang, 100 m breit) aus, den Bach und Lawinen gemeinsam gebildet haben. Er wird auf beiden Seiten von Moränen begrenzt. 30 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Val Ussita und Val Bove. Bei Ussita (800 m) verlässt das bis zu dieser Siedelung 7 km lange V. Ussita das Gebirge. Anfänglich zieht es als breites, trog- förmiges, nach N gerichtetes Tal, vom Pizzo Tre Vescovi und Pizzo Berro im E und vom M. Bove (Punkte 2155 m, 2076 m, 2113 m) im W begleitet, dahin. In ungefähr 1500 m, wo es durch eine stumpfe Rippe in zwei Mulden, in eine grössere westliche am M. Bove und eine klei- nere östliche am Pizzo Berro gegliedert wird, liegen, wie schon R. V. KLEBELSBERG (81) festgestellt hat, zwei sich rasch folgende Moränenschlüsse. Sie bestehen aus fast 200 m langen und 10 m hohen Wällen, die sich klar von den Talflanken abheben. Sie be- zeichnen das Ende des einstigen 2 km langen Gletschers. Unterhalb 1500 m konnte ich keine glazialen Spuren mehr wahrnehmen; der Talgrund ist nur von jüngeren Schuttbildungen bedeckt. Bei 1100 m biegt das V. Ussita nach W um und nimmt, vor allem zwischen M. Rotondo (2103 m) und Croce di M. Bove (1905 m), den Charakter eines Kerbtales an. Gegen Ussita hin öffnet sich auf der steilen W-Flanke des Ge- birges das V. Bove. In beschwerlichem Anstieg müssen die 800 m Höhendifferenz zwischen Dorf und Tal überwunden werden. Im Zickzack führt der Pfad über den grossen Schuttkegel hinauf, den sein Wildwasser gegen diese Siedelung hin vorgetrieben hat. Das sehr kurze Hochtal schliesst in einem mächtigen, nach N schauenden Kar ab, dem die 300 m hohen Felsmauern des M. Bove (2169 m) und M. Bicco (2052 m) zu einer schönen Lehnsesselform verholfen haben. Von dieser Nische ging ein Gletscher aus, der nach 1,5 km Verlauf in 1650 m sein Ende fand. Hier schwingt von beiden Seiten her ein je 80 m langer Moränenwall gegen die Talmitte vor; sie verschmelzen miteinander zu einem stattlichen Endmoränenbogen. Bis fast an diese Stelle heran ist das Tal vom Eise zum Troge umgeformt worden. Namentlich in der linken Berglehne ist noch ausgezeichnet die 30 bis 50 m hohe Trogwand erhalten. Unterhalb 1600 m fällt das V. Bove rasch ab. Die Höhe der eiszeitlichen Schneegrenze hat hier in NW- Exposition in etwa 1900 m gelegen.

Das Vorland. Im W des M. Vettore liegt in einsamer, stiller Landschaft das arme Felsennest C a s t e 11 u c c i o (1453 m) mit seinen beiden Hochflächen, dem Piano Grande (1260-1300 m) im S und dem Piano Perduto (1350 m) im N. Sie werden durch eine Reihe von kahlen, Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 31 prächtig gerundeten Hügeln, den Collacci, voneinander geschieden; das Dorf selbst steht majestätisch auf einem von ihnen, der über 100 m hoch ist. Nach P. VINASSA DE REGNY (186) sollen sie von Eis- massen

Abb. 8. Castelluccio. Im Hintergrund rechts der M. Lieto, vorn die pseudoglazialen Rundhöcker i Collacci, auf dem höchsten (in der Mitte) das Dorf. Links der Piano di Castelluccio. hat sich auf die Kammregion des M. Vettore beschränkt, wo im SW- Hang drei bis vier kleine glaziale Nischen liegen. Sie haben nur kurze Hängegletscher bis auf 1800 m hinunter geschickt. Das Ge- birge fällt hier mit fast ungegliederter Flanke zu den Altipiani ab. Die Gletscher der Sibillinischen Berge haben das Vorland nir- gends erreicht. Sie haben weit in den Tälern drin geendigt, so im V. Aso (Gl. 4km) in ungefähr 1300 m, im V. Tenna - V. Lunga (Gl. 4 km) und im V. Ambro (Gl. 3 km) in 1200 m, im V. Ussita (Gl. 2 km) in 1500 m und im V. Bove (Gl. 1,5 km) in 1650 m. Diese wichtige Tatsache hat bereits R. v. KLEBELSBERG (81) mit allem Nach- druck hervorgehoben. Ich bin im Jahre 1936 zur gleichen Feststel- 32 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

lung gelangt. Vergeblich habe ich am Ausgang des Tenna- und Ambro-Tales aus dem Gebirge und an verschiedenen Stellen des Ge- birgsfusses im E, z. B. in der Umgebung von Capovalle (746 m), Aus- schau nach Moränen gehalten. Dieses Gelände ist nur von Gehänge- schutt bedeckt. Es fällt auf, dass die Monti Sibillini an glazialen Spuren arm sind. Vom M. Vettore abgesehen, trifft der Blick, so zahl- reich die Gipfel, die 2000 m übersteigen, auch sind, sehr selten auf Kare. Auch die Moränen und Rundbuckel sind nicht zahlreich. Die Vereisung war, mit der des Gran Sasso oder des M. Velino verglichen, weniger eindrucksvoll. Im Gegensatz zu diesen Gebirgen fehlen hier im Innern Hochflächen und Hochmulden, in denen sich das Eis hätte ansammeln und ausbreiten können. Die Formen der Sibillinischen Berge sind in bedeutend höherem Masse das Werk des Wassers als das des Eises.

Meta. Zahlreiche Spuren der Eiszeit finden sich im weiten Bergland des abruzzesischen Nationalparkes. Die wichtigsten Gebirgsgruppen sind die Monti della Meta, der M. Greco, der M. Marsicano, der M. Cornacchia und die Montagna Grande, alle über 2000 m hoch. Sie werden durch tiefe Täler voneinander getrennt. Von ihren Haupt- gipfeln strahlen nach allen Seiten Kämme und Gräte aus, die kurze Hochtäler einschliessen. Ihre N- und E-Hänge sind mit Karen ausge- stattet, die der Landschaft alpines Gepräge geben. In den S- und W-Hängen treten sie selten auf; die Berge erscheinen darum hier rundlich und einförmig.

Valle del Rio Torto. Die vielen über 2000 m hohen Gipfel des Meta-Gebirges waren von einem Kranz von Gletschern umsäumt. Dem langen, von S nach N streichenden Hauptgrat sitzen in E- und N-Exposition Kare auf, ebenso den kurzen Felsästen, die von ihm aus nach E abzweigen. Diese Hochregion bildet eine für den Zentralapennin grossartige Karlandschaft. Durch die Nebengräte wird das Gebirge auf der E- Seite in einige kleinere Kammern gegliedert, die einander sehr ähnlich sehen. Sie waren zur Eiszeit die Entwicklungsherde der Gletscher. Zwischen dem eigentlichen Meta-Gipfel (2241 m), der nach E in einer 300 m hohen, schuttverkleideten Wand abbricht, und dem kargeschmückten M. Tartaro (2181 m) befindet sich die Regione i Biscurri (1800-1900m ü. M., 2 km lang, 1-2km Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 33

breit), eine von Rundbuckeln und Moränenwällen eingenommene Hochmulde von U-förmigem Querprofil. Ihr Eis glitt in das anschlies- sende V. del Rio Torto, ein stärker abfallendes, bewaldetes Tal. Nach 2 km langem Verlauf biegt es von E nach N, und etwas tiefer, nach der Aufnahme des V. Porcile (1227 m), nach NE um. Es ist mir nicht möglich, das Ende dieses Gletschers genau anzugeben. Es hat wohl 34 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 im Talstück zwischen 1100 m und 1200 m gelegen, fand ich doch bis dahin am Rande des Bachbettes Spuren von Moränen. Auf solche bin ich ferner längs der Bachrinnen, die in die Gegend P e s c o - l a s i o ziehen, gestossen. Der dichte Waldbestand erschwert die Orientierung; infolgedessen konnte ich die Moränenaufschlüsse nicht mit ausreichender Genauigkeit in die Karte eintragen.

Valle Lunga-Valle Porcile. Nördlich der Regione i Biscurri liegt das V. Lunga (1800 bis 1900 m ü. M.; 2 km lang, 1 kni breit). Aus ihm verdienen die vier Kare, die den Gratzug M. Tartaro-Punkt 2092 m gliedern, besondere Erwähnung. Der Gletscher verliess diesen Felskessel im E und zog ins kurze V. Porcile. Er war 5 km lang. Wahrscheinlich ist ein Eis- arm aus dem V. Lunga in die Regione i Tartari und ein anderer durch den Engpass zwischen den Punkten 1957 m und 1841 m hindurch ins V. Cupella bis in die Gegend des Lago Vivo gedrungen.

Valle Cupella-Valle Resione. Dem V. Lunga folgt nördlich, von ihm durch einen schmalen und niedrigen Felssporn mit den Punkten 2140 m, 1971 m und 1957 m geschieden, das V. Cupella (1700-1900 m ü. M.; 2 km lang, 1,5 km breit). Diese Hochmulde wurde aus vier Karen, die in den Kamm des M. Petroso (Punkte 2140 m, 2174 m, 2247 m und 2164 m) eingesenkt sind, mit Eis beschickt. Ihr Hintergrund ist durch eine grosse Trüm- meraufschüttung zur öden Steinwüste geworden. Das Gelände ist bis auf 1600 m hinab von zahlreichen Rundbuckeln bedeckt. Sie um- stehen vorzugsweise die wenigen kleinen Talmulden, die sich zwischen 1600 m und 1800 m, nur durch niedrige Stufen voneinander getrennt, folgen. So schliesst ein schöner Riegel in etwa 1700 m einen Talboden ab; ich habe ihn bei meiner ersten Begehung mit einem Endmoränenwall verwechselt und als solchen beschrieben (172). Wenig tiefer enthält das Tal eine rundliche Mulde von 500-600 m Durchmesser mit dem kleinen L a g o V i v o (1583 m). Sie ist, wenig- stens in ihrer Anlage, präglazial, zur Eiszeit aber vom Gletscher überschliffen worden (Taf. VI, Fig. 12). Die Eiszunge ist im Höchst- stande der Vergletscherung über diese Mulde hinaus ins anschlies- sende Talstück, das V. Resione (es heisst auch V. dellInferno), vor- gestossen. Sie hat in 1050-1100 m bei der Einmündung ins V. del Sangro geendigt. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 35

Valle Pagana. Auch der südlich vom Meta-Gipfel gelegene Abschnitt, insbe- sondere das V. Pagana, war eine Stätte ansehnlicher Vergletsche- rung. Wieder haben wir zu ihrer Erkennung in Karen und Moränen die wichtigsten Anhaltspunkte. Das V. Pagana beginnt in zwei Karen, die den Hang zwischen la Meta und dem Punkt 2013 m (und dar- über hinaus) krönen. Es hat vor allem Eis aus den zwei sehr kleinen Nebentälchen im rechten Talhang aufgenommen. Sie beide entsprin-

Abb. 10. Regione le Forme (V. Pagana). Moränenwälle. Im Hintergrund die Kette des M. Mare mit kleinen Karen.

gen aus je zwei Karen, das eine zwischen dem Punkte 1884 m und der Metuccia (2114 m) und das andere zwischen Metuccia und M. Mare (2167 m). Der Gletscher des V. Pagana hat in der Regione 1 e Forme (1350-1400 m) stattliche Moränenmassen aufgeschüt- tet. Sie nehmen den grössten Teil dieser 2 km langen und 600-800 m breiten Talfläche ein; nur ihr Hintergrund ist davon frei geblieben. Die Moränen setzen sich nördlich bis an die nahe Regione Campitello hinan fort. Die Gegend von le Forme bildet die grossartigste Morä- nenaufschüttung des Meta-Gebirges. Unterhalb von Forme verengt sich das Tal, das nun V. Vigna Lunga heisst. Hier konnte ich keine sicheren glazialen Spuren mehr auffinden. Der Gletscher dürfte 36 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

kaum wesentlich über die Talfläche hinaus vorgedrungen sein; seine Länge betrug 5 km.

Valle di Canneto. Im S schliessen sich an den NI. Mare die Gipfel der Mainar d e an. Im E-Hang dieses Gebirgsabschnittes sind etwa ein halbes Dutzend Kare zu sehen. Von ihnen gehen Tälchen aus, die alle bis auf 1300-1500 m hinunter vergletschert waren. Sehr wahrscheinlich hat das Eis nicht bis an die Ortschaft Pizzone heran gereicht (172). — Die diluviale Vergletscherung der Meta war auf der E-Seite relativ gross; sie hält einem Vergleich mit jener des Gran Sasso und des M. Velino stand. Wie in diesen beiden Gebirgen tat sie sich auch auf der W-Seite des Hauptgrates kund, allerdings nur in geringem Masse. Das Gebirge fällt hier steil und ohne bemerkenswerte Gliederung ins V. di Canneto ab. Unter dem Meta-Gipfel jedoch wird der Steilhang in 1800 m Höhe durch eine Terrasse, auf der Karte mit V. Cavallara- Regione Paradiso bezeichnet, unterbrochen. Diese Verebnung im Gehänge ist teilweise, wie Moränen zeigen, von kleineren Eislap- pen, die sich in der W-Flanke des Hauptgipfels gebildet hatten, be- rührt worden. Sie erhielt ferner Eiszuschuss aus den Karen des Gipfelpunktes 1974 m. In den Monti della Meta kam es noch in den folgenden Tälern zur Entwicklung von Gletschern (172): V. J a n n an gar a (Ge. 1000-1100 m), V. Fr e d d a (Ge. nach M. GORTANI (59) 1300 m; nach F. SACCO (144) 1200 m), V. di F o n d i 11 o (Ge. 1200 m), V. Inguagnare (Ge. 1300 m), V. Lattara (Ge. 1300 m), V. Fis c h i a (oberer Abschnitt) und V. C a n n e t o (Ge. 1200 m). Das Canneto-Tal hat in den Gehängekaren der Rocca Altiera die schönste Spur seiner einstigen Eiserfüllung bewahrt. Von dieser Seite her sind ein kurzer Tal- und zwei Hängegletscher dem Haupt- tal zugeflossen.

Greco.

Valle di Chiarano. Im M. G r e c o bildete vor allem die grosse Fels- und Steinwüste um den Hauptgipfel (2283 m) herum ein vorzügliches Nährgebiet für die Gletscher. Ihrer zwei zogen nach N in die je 12 km langen Täler Pistacchia und Chiarano, die zueinander parallel verlaufen und durch einen schmalen und niedrigen Felsast voneinander getrennt werden. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 37

Sie sind beide im oberen Teil breit, offen, ja muldenförmig. In ihnen ist der Gletscherweg durch zahlreiche Moränen gekennzeichnet. Das V. di Chiarano sammelte das Eis, das sich im E-Hang in den seichten, ineinandergreifenden Gehängekaren des M. Greco entwickelte. Ein Teil floss in das dem Gipfel im E vorgelagerte flachwellige Gelände (2000-2100 m) hinein und bedeckte es bis zum nahen M. Chiarano (2180 m) hin mit Moränenschutt. Die Hauptmasse aber ergoss sich über eine 200 m hohe, mässig steile Stufe in das kleine Becken (gegen 1 km lang, 150 m breit), in dem das V. Chiarano beginnt (Taf. V, Fig. 9 u. 10). Es nahm auch das Eis aus den wenig entwickelten Gehängekaren auf, die in die Fortsetzung des M. Greco, in die Serra le Gravare, eingelassen sind. Das Becken wird am untern Ende durch einen Moränenwall abgeschlossen. Er hat die Entstehung des Lag o P a n t a n i e 11 o (1820 m) veranlasst. Ein zweiter Querwall, der die Gegenseite jedoch nicht erreicht, findet sich im Hintergrund des Seeleins. Ferner zieht eine Seitenmoräne rechts an ihm entlang. Ihr folgen weitere unterhalb des Talbeckens; sie sind aber nicht immer scharf von den Hügeln aus anstehendem Gestein zu unterscheiden. Der Gletscher ist bis zum Schäferhaus il Casone oberhalb der Fonte Chiarano auf 1650 m vorgerückt. Hier hat er einen grossen Moränenfächer zurückgelassen, der eine Fläche von 1 km einnimmt. Er besteht aus vielen, im Halbkreis angeordneten, bis 100 m langen und bis 20 m hohen Seiten- und Endmoränenwällen; sie sind mit Blöcken (Durchmesser 0,5-1 m) durchsetzt und übersät. Seiner Länge und schönen Form wegen fällt namentlich der Wall links auf (Taf. VI, Fig. 11). Dieses Schuttgelände wird durch eine ausgetrock- nete Bachrinne entzwei geteilt. Rechts von ihr dringen die Moränen in eine Verflachung ein, die von den Hängen des M. Pratello und der Serra del Feudo eingefasst wird. Unterhalb der Schuttzone verengt sich das Tal, durchbricht die Serra del M. Paradiso und mündet in den Piano delle Cinquemiglia aus. Der Gletscher muss, sind doch im letzten Talabschnitt keine Moränen mehr aufzufinden, nach 8-9 km Verlauf bei Casone geendigt haben. Als weitere Spuren sind noch zwei hintereinanderliegende, jedoch nicht besonders ausgeprägte Endmoränenwälle zu erwähnen. Sie queren ungefähr 1 km oberhalb Casone im Punkt 1700 m, unter den Hängen der Serra S. Maria (1922 m), an einer Verengungsstelle das Tal.

Valle di Pistacchia. Das V. Pistacchia gleicht in seinem obern Teil einer schwach geneigten kleinem Hochfläche (am NW-Fusse des M. Greco), die

38 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

sich zum V. Chiarano hin entwässert. Es hat sein Eis ausschliesslich aus den Karen im E-Hang des Gratzugs Serra Rocca Chia- rano (2270-2100 m) bezogen. Auf der Gegenseite wird es von einem niedrigen Felsrücken, der zum tiefer gelegenen Chiarano- Tal hinabführt, begleitet. Die drei obersten Kare finden sich über dem Weidegelände i 1 P r a t o, einer 500 m langen, doch schmalen, von Moränen eingerahmten Mulde. Ihr Eis hat sich über sie und die

08 K Chiaran° J 67;3670 delle Cinquenrg/a 890 tl °P^ / ° -`^^•b

/630

Abb. 11.

unmittelbar folgende, 50-80 m hohe Stufe in die anschliessende Hochfläche (1900-2000 m), gegen die Serra le Gravare hin, bewegt. Das zeigt ein ungefähr 0,5 km grosser Moränenkuchen an. Tal- abwärts sind über dem Piano 1 e G.r a v a r e (1900-2000 m) noch mindestens fünf Kare zu sehen, deren Eismassen sich zum Teil über diese Talfläche ausgebreitet haben; ein anderer Teil drang tal- auswärts. Dafür legen Moränen Zeugnis ab. Ein grosser Stirnwall liegt etwa 100 m unterhalb der Schäferhütte M a n d r e 11. e (1650 bis 1700 m) und schliesst ein kleines Zungenbecken ein. Ganz wenig tiefer verschmälert sich das Tal auf eine kurze Strecke. Dieser Eng- pass ist mit Moränen verstopft; der Weg windet sich mitten durch sie hindurch. Links fällt eine lange, schön geschwungene Wallmoräne Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 39

(Länge zirka 500 m, Höhe 20 m) auf, die sich zu einem Talriegel (50 m hoch) in 1650 m Höhe hinzieht. Auch dieser ist mit Endmoränen besetzt. Der Gletscher war bis zu dieser Stelle 7 km lang. Von da an wird das Tal schmäler und nimmt allmählich V-förmigen Charakter an. Es heisst nun bezeichnenderweise V. Cupa.

Piano Aremogna. Im E des M. Greco liegt die Hochfläche von Aremogna (1400 bis 1500 m). Sie hat einst einige kurze Gletscher, die in den acht Karen des T o p p e del T e s o r o entsprangen, aufgenommen. Das Eis aus den drei Nischen, die sich im nördlichen Abschnitt dieser Kette befinden, ist durch das V. del M a c c h i o n e und ein kleines Ne- bental abgeflossen und hat im nördlichen Teil des Piano Aremogna einen stattlichen, ausgezeichnet erhaltenen Moränenfächer aufge- baut. Ihm folgt rechts ein zweiter, der von einem Gletscher aus dem V. delle Gravare abgesetzt worden ist. Dieses Tal besitzt im Hintergrund und auf seiner rechten Seite je ein Gehängekar. Es hat den Anschein, als sei das Eis aus dem V. delle Gravare und V. del Macchione im Höchststande der Vergletscherung über diese Auf- schüttungszone hinaus bis an den vordem Rand des Piano vorge- stossen, finden sich doch hier moränenartige Ablagerungen, so vor der Pforte, die sich zwischen M. Majuri und Serra Tecchete öffnet. Da liegen zwei Schutthügel. Das Eis hat vielleicht sogar in diese Lücke hineingereicht. Indessen muss ich meine frühere Ansicht (172), es sei im N über eine Einsattelung in den Piano delle Cinque- miglia (1249 m ü. M.; 9 km lang; bis 1,5 km breit) vorgerückt, auf- geben. Die Glättungen und Rundungen an der vermeintlichen Über- laufsstelle sind nicht glazialen Ursprungs, sondern Eigentümlich- keiten dieser Karstlandschaft. Südlich vom V. delle Gravare sind nebeneinander, ohne sich zu berühren, noch drei Eiszungen niedergegangen. Jede hat da, wo sie in die Ebene einmündete, Moränen abgelagert. Ein kleiner, schön zum Halbkreis geschlossener Moränenapparat liegt unter dem Punkte 2047 m. Er besteht aus drei sich unmittelbar folgenden, konzentrisch angeordneten Wällen mit einer Rückvertiefung in der Mitte.

Monte Pratello - Altipiani von Pescocostanzo. Die eiszeitliche Vergletscherung hat im NE des M. Pratello (2056 m) Fuss gefasst. Dieser Berg ist in der Kammregion von einer grossen Hohlform aufgerissen, die karähnlichen Charakter hat. An 40 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 ihrer Bildung hat das Wasser grossen Anteil. Ein Engtal, das V. d 1 P r a t e 11 o , führt von ihr zum nahen Piano delle Cinquemiglia hinab. Man sucht an der Einmündungsstelle vergeblich nach Morä- nen; sie sind wohl vom Wasser eingeebnet und vom postglazialen Bachschutt überdeckt worden. Ein flacher Schuttkegel erstreckt sich hier in die Hochfläche hinein. Es ist anzunehmen, dass der Gletscher bis zum Talausgang vorgedrungen ist. Der E-Fuss des M. Greco zeichnet sich in 1200 -1300 m Höhe durch vier weite Hochflächen aus: Piano il P r a t o, Q u a r to del Barone, Quarto Grande und Quarto S. Chiara. In ihrem Mittelpunkt liegt Pescocostanzo (1360 m) und im S Rocca- raso (1236 m), ein in Mittelitalien bekannter Kurort. Es sind nach A. RÜHL (136) «tektonisch vorgebildete, aber durch chemische Aus- räumung umgestaltete Hohlformen>. «Ihr Boden besteht aus Kalk- schutt mit wenig Roterde und ist grossenteils von mageren Wiesen überzogen. Ihre Ränder sind scharf abgesetzt; die teils nackten Kalk- gehänge sind ausgeglichen und fast gar nicht zertalt, so dass die For- men denen eines Walfischrückens nicht unähnlich erscheinen.» Diese Hochflächen werden sowohl voneinander als auch gegen die Täler hin durch niedrige Felsschwellen abgeriegelt, die kahl, gerundet und wie mit dem Hobel geglättet aussehen. Leicht kann sich der Eindruck (172) aufdrängen, diese Altipiani, die sich am Fusse hoher karge- krönter Berge ausdehnen, seien von Gletschern bedeckt gewesen. In der Tat wären hier der Eisausbreitung keine Schranken gesetzt gewesen. Allein gründliche Prüfung im Gelände, die nirgends Morä- nen erkennen lässt, spricht gegen eine ehemalige Vereisung. Es ist unwahrscheinlich, dass Moränen etwa unter der Humusschicht be- graben liegen. Gerade in den durchaus gleich beschaffenen Hoch- flächen des M. Velino oder Gran Sasso treten sie ausgezeichnet er- halten zutage. Die Gletscher haben die Ebenen von Pescocostanzo und Roccaraso kaum erreicht, geschweige denn durchzogen.

Marsieano - Cornacchia - Montagna Grande.

Valle del Sangro. Die Monti della Meta und der M. Greco werden durch das V. del Sangro, das wichtigste Tal dieses Berglandes, voneinander getrennt. In seinem Hintergrund liegt die Ebene von Pescasseroli (1100 m), die von einem rund 2000 m hohen Gebirgsrahmen mit dem M. la Rocca (1925 m), Costa delle Vitelle (1945 m), M. Schiena Cavallo (1981 m), MilerSiCCE00•MAWOMÔO Forca dikero )(5w2 frs LSChierk? CdVd170 , teCO/Y7eCCfrif-45:77dVer3d

Abb. 12. 42 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

M. di Valle Caprara (1999 m), M. Palombo (2011 m) und M. Marsi- cano (2242 m) umschlossen wird. Fast alle diese Gipfel sind in N- und E-Exposition mit Karen ausstaffiert, die bleich zwischen den dicht bewaldeten Kuppen und Vorbergen hervorblicken. Von ihnen ist Eis durch die steilen und kurzen Tälchen, die ringsum in die Ebene nie- dergehen, abgeflossen, z. B. durch das V. S c h i e n a C a v a 1 lo , V.Pesco di Lordo, V. di Terraegna, V. di Corte-la Canala. Das Corte-Tal (Taf. VIII, Fig. 16) sammelte sein Eis aus vier Karen; zwei davon liegen im NE-Hang der Serra M. Cappella unter den Punkten 2033 m und 2062 m, eines im N-Hang des M. Cappella (2225 in) und eines im M. della Corte (2186 m). Der Gletscher hat bestenfalls bis an den Rand des Piano heran gereicht. Im mittleren Abschnitt nimmt das Sangro-Tal das V. O r s a r a auf, das vom M. Marsicano (2241 m) herkommt. In ihm ist nach M. GORTANI (60) eine Eiszunge bis auf 1600-1650 m vorgestossen. Dagegen hat, entgegen meinen ersten Erwartungen, im benachbarten, ziemlich breiten V. P r o f 1 u o kein Gletscher gelegen. Es besitzt keinen glazialen Charakter und keine Moränen, und seine Hänge sind karlos. Auch das V. del Sangro ist nicht vereist gewesen.

Vallelonga. Kare besitzt auch der NE-Hang der Serra Lunga gegen das Valle- longa hin. Die Nischen des M. i Tre Confini (1998 m) blicken ins V. deiFossati, jene des Punktes 1941 m ins V. Martinaund jene des Capra Giuliana (1945 m) ins V. S e 1 v a bella. Einge- hende Untersuchungen sind aber hier, wie auch im Gebirgskranz um Pescasseroli herum, noch nötig.

Valle Sagittario. Das V. Sagittario wird links von der Montagna Grande- Serra della T er r a t t a begleitet. In dieser hohen Gebirgs- gruppe war nach R. v. KLEBELSBEItG (79) die Vergletscherung wenig eindrucksvoll. Zwar fehlte es nicht, wie ich bei einer Besteigung der Terratta (2208 m) beobachten konnte, den einstigen Gletschern im NE-Hang an einem einigermassen geeigneten Nährgebiet; es sind einige Kare vorhanden. Aber andere wichtige morphologische Vor- aussetzungen für eine grössere Vereisung waren nicht erfüllt. Die Montagna Grande bricht sehr rasch und unvermittelt ab. Ihre Täl- chen sind kurz, gefällsreich, schmal und V-förmig, ohne glaziale Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 43

Merkmale. Nur in ihren obersten Abschnitten, über 1700-1800 m, sind sie etwas weiter; da beginnt sich Moränenschutt einzustellen. Sie waren von sehr kurzen Gletschern besetzt. Im V. la Terratta,

Montagna Grande Monte Genzana

n Kar

BergsturrsrlwtJ

Abrissnische

é Moräne

Abb. 13.

das gegen den Lago di Scanno abfällt, reichte das Eis bis vielleicht auf 1700 m hinunter. Im V. Sagittario selbst habe ich nirgends, nicht einmal in seinen Quell gründen, Spuren ehemaliger Vereisung auffinden können. Zwar werden von M. GORTANI (59) einige Ablagerungen im Tal- 44 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 grund, die bei der Kapelle S. Liborio (ungefähr 1200 m), 2 km oberhalb Scanno liegen, als Moränen angesehen. R. v. KLEBELSBERG (84) ist damit nicht einverstanden. Ich habe mich von der Moränen- natur der Schuttmassen auch nicht überzeugen können. Falls sie doch glazialer Herkunft wären, so möchte ich sie einem Gletscher aus dem V. C i a c c a r i e i l o, das 1 km oberhalb S. Liborio ins Haupttal mündet, zuschreiben. In geringem Masse war auch das Seitental C a r a p a t e, das im Hintergrund Kare aufweist, vergletschert. Das Eis ging, durch. Moränen belegt, bis auf 1500-1600 m hinab. Im mittleren Abschnitt des V. Sagittario liegt der liebliche Scanno-Se e. Er ist in vorgeschichtlicher Zeit durch einen Berg- sturz entstanden. Auf der rechten Seite des M. Genzana (2176 m) löste sich eine grosse Felsmasse los, die das Tal vollständig sperrte und dessen Bach zum See staute. Abrissnische, Sturzbahn und Trüm- meraufschüttung sind so schön und frisch erhalten, als hätte er erst kürzlich stattgefunden. F. SACCO (142) meint, diese Sperre sei ein mo- ränenartiger Bergrutsch (frana); er sei auf den Rücken einer Eis- zunge, die einen Teil der W-Seite des M. Genzana bedeckte, während ihres Rückzuges erfolgt. Das stimmt nach den Darlegungen von R. v. KLEBELSBERG (79) und M. GORTANI (59) nicht. Der M. Genzana war wohl auf dieser Seite nicht vergletschert, dagegen auf der E-Seite, gegen das Becken von Sulmona. Das zeigen ein paar Kare an. Auf zwei be- sonders schöne Nischen bin ich im Hintergrund des V. d i C o n t r a , das bei Introdacqua (621 m) in die Ebene einmündet, in ungefähr 1800 m gestossen. Ihr Eis hat sich nach kurzem Verlauf in 1500 m vereinigt und wenig tiefer schon geendigt. Ein weiteres Kar habe ich im Hintergrund des V. C r u n n o 1 a gesehen.

Terminillo. Die im Grundriss beinahe kreisförmige Erhebung (Durchmes- ser rund 25 km) wird im E zwischen Posta und Antrodoco und im S zwischen Antrodoco und Rieti vom Velino-Fluss, im W von der grossen Ebene von Rieti und im N von der Hochfläche von Leonessa begrenzt. Ihr höchster Gipfel ist mit 2213 m der zentral gelegene eigentliche M.Terminillo. Im S undW steigt sie in breiten und milden Hängen auf. Diese bilden, besonders im Umkreis des M. Terminil- luccio (1875 m), im Winter ein vorzügliches Skigelände. Der neu- zeitliche Verkehr lässt die 80 km von Rom nicht mehr als grosse Ent- fernung erscheinen; im Terminillo hat der Römer seit wenigen Jahren sein Winterparadies entdeckt. So ist dieser Berg erst recht zur Mon- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 45

tagna di Roma geworden. Nun sind Stille und Einsamkeit verschwun- den; in den Höhen von Pian de Valli (1625 m) und Campoforogna (1751. m) sind in den Jahren 1933-1938 Gasthöfe und Villen ent- standen, zu denen seit 1935 eine breite Autostrasse von Rieti aus hin- aufführt. Von der beschwerlichen Wanderung auf dem alten Weg, die eine nächtliche Einkehr als ratsam erscheinen liess, gibt noch der Rifugio Re Umberto auf dem M. Terminilletto (2108 m) Kunde. Wer von Rieti her kommt, ist auf diesem aussichtsreichen Punkt über- rascht, wie unmittelbar nun Relief und Charakter des Gebirges wech-

Abb. 14.

seln. Die sanften, runden Kuppen und Hänge der S- und W-Seite sind im N und E steilen Gipfeln und scharfen Gräten gewichen, in die kurze Tälchen und Wildbachtobel eingesenkt sind. Es ist nicht schwer, in den Formen dieses Hochgebirgsreliefs die Schöpfungen der Eiszeit zu erkennen.

Fosso delle Rocchette. Vom M. Terminilletto schwingt ein Felsast zum nahen Haupt- gipfel hinüber. Er scheidet das Weidegebiet des Prato Comune im SE vom Fosso delle Rocchette im NW, der in zwei durch eine Fels- rippe voneinander getrennten Tälchen beginnt (Taf. VII, Fig. 14). Sie beide zeigen Spuren einstiger Vereisung. Ihr ebener Boden und ihre 46 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 senkrecht aus ihm aufsteigenden, 20 m hohen Wände zeigen im Quer- profil deutliche U-Form, besonders schön im 300 m breiten Tälchen rechts, das von dem Felsast M. Terminillo-Monti i Sassatelli (2079 m) begrenzt wird. Sie schliessen im Hintergrund mit Karen ab und sind da von Moränen erfüllt. Ein typisches Abschlusskar mit flachem Boden und niedrigem Riegel besitzt das nur 80 m breite Tälchen links. Die beiden Eiszungen haben sich nach etwa 2 km langem Verlauf in 1350 m zu einem Gletscher vereinigt, der in ungefähr 1300 m Höhe, wo der Fosso delle Rocchette nach W ins V. di Lisciano umbiegt, sein Ende fand. Er war etwa 2,5 km lang.

Valle della Meta und Prato Comune. Im Zentrum des Gebirges, unter der 300 m hohen, schuttbedeck- ten E-Wand des M. Terminillo, entspringt das V. della Meta, das im N als V. Vallonina in die Hochfläche von Leonessa (974 m) austritt. Es ist mit 12 km das längste Tal der Gruppe. Rechts wird es von den Hängen des M. Porcini (2081 m) und links von den Monti i Sassatelli, deren kahles, kargekröntes Felsband über dem dunkeln Wald der Tiefe bleich aufleuchtet, begleitet. Es kommt an Schönheit kleineren alpinen Tälern gleich. Im V. della Met a lagerte eine ansehnliche Eismasse im obersten Abschnitt (1900-2000 m), wo sich zahlreiche Moränen- kuppen finden (Taf. VII, Fig. 13). Von ihr zweigte ein Lappen nach S in den Prato Comune (1600--1700 m) ab. Er hat im Bereiche der Ein- sattelung (1910 m) einen etwa 500 m langen und 3-4 m hohen Morä- nenwall zurückgelassen, der sich dem östlichen Hang (Punkte 1965 - 1941 - 1840 m) anschmiegt und fast zu gleichen Teilen dies- und jenseits der niedrigen Lücke liegt. Einen 5-10 m hohen End- moränenbogen, der sich deutlich vom anstehenden Fels abhebt und eine kleine Mulde (100 m lang, 30-40 m breit) abdämmt, hat er im Prato Comune in 1700 m abgesetzt. Sonst hat die S-Seite an keiner Stelle mehr Eis empfangen; steil fällt hier der Gratzug des M. Terminillo - M. Terminilletto, der nur von Gehängefurchen und Lawinenbahnen durchzogen wird, ab. Unterhalb des Moränengeländes am Fusse des M. Terminillo — eine 100 m hohe Stufe schiebt sich hier ein — nimmt das V. della Meta aus den Karen der E-Flanke des Terminillo-Sassatelli vier oder fünf Tälchen auf, die durch schmale Felsrippen voneinander getrennt werden. Das Eis, das aus einem grossen Kar zwischen den Punkten 2145 m und 2014 m her kam, hat eine grosse Anzahl Rund- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 47 höcker aus dem Talgrund ausgeschliffen. Die rechte, nicht weniger hohe W-Lehne dagegen hat kein Eis entwickelt; sie ist nur vom flies- senden Wasser bearbeitet worden. Das V. della Meta wiederholt also in eindrücklicher Weise in seinen Hängen das Bild verschieden-

Leonesso Monte Termini//o

Abb. 15.

artiger Felsgestaltung infolge entgegengesetzter Exposition. Tiefer im Tal, im Bosco Vallonina (1150 m), liegt am oberen Ende einer kleinen Talebene die letzte, gut erhaltene Endmoräne; sie wird vom Bache durchschnitten. Der Gletscher hat bis hierher eine Länge von 5 km besessen; er war der längste des Gebirges. Unterhalb der Ebene biegt das Tal, das nun V. V a 11 o n i n a heisst, nach W um. Auch hier konnte ich längs des Baches noch sehr deutlich gekritztes Geschiebe auffinden. Es kann vom Meta-Gletscher, aber auch von 48 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

jenem aus dem 4 km langen, in den Karen der Sassatelli entspringen- den V. Organ o, das an dieser Stelle einmündet, herrühren. Nach kurzem Verlauf schwenkt das V. Vallonina wieder nach N um und verlässt bei Leonessa das Gebirge als Schlucht. In diesem Talstück hat das Wildwasser Tascino kilometerweit Geröll aufgeschüttet.

Valle Scura und Valle Inferno. Besondere Merkmale geben vielen Tälern des Zentralapennins ihre Namen. Das nach NE gerichtete, enge und dicht bewaldete V. Scura macht wirklich einen düsteren Eindruck. Mauergleich fallen die Hänge vom M. il Brecciaro (1955 m)-M. Ritornello (1679 m) rechts, und vom M. i Porcini (2081 m) - M. di Cambio (2084 m) links zur Tiefe. Sie sind von Wildwassertobeln, wie dem Fosso Cavalli, aufgeschlitzt. Das V. Scura beginnt im N in 1700 m in einem Kar, das in die Steilwand des M. Valloni (2028 m) eingelassen ist. Im Tal- grund können von 1600 m an bis auf 1050 m hinab, wo sich eine 60-80 m hohe Stufe einschiebt, kleine Moränen festgestellt werden. Unterhalb der Stufe fehlen sie. Der Gletscher hat weder Sigillo (621 m) am Gebirgsfuss, noch den Weiler Casette (807 m) im Tal drin, erreicht; er war bloss 2 km lang. Im E des M. Valloni liegt das 4 km lange V. I n f e r n o . Sein Gletscher hat in ungefähr 1500 m eine Endmoräne abgesetzt (50 m lang), die links in eine Seitenmoräne (bis 10 m hoch, 200 m lang) übergeht. Sie riegeln eine kleine Mulde ab. Vielleicht ist das Eis noch tiefer ins Tal hinab gedrungen. Da, wo es vom Weg Micigliano (1005 m) - Lodonero gequert wird, findet sich rechts vom Bach, von ihm angeschnitten, in leicht verflachtem Gelände (1100 m), auf sandig-mergeliger Unterlage, ein Schuttwall (4-6 m hoch, 100 m lang). Er ist mit Kalkblöcken übersät und hat die Form einer End- moräne. Unterhalb dieser Ablagerung wird das V. Inferno tief und unwegsam.

Im M. Terminillo hat sich die Vergletscherung in bescheidenen Grenzen gehalten. In einigen wenigen trogförmig zugeschnittenen Tälern, die nach N und E ausgehen, haben sich Gletscher von 2-5 km Länge entwickelt. Sie alle endigten im Innern des Gebirges. Durch die Kare ist der ehemals einförmigen Berggestalt, vor allem im Bereiche des Hauptgipfels, wo sie den grossartigsten Eindruck macht, Hochgebirgscharakter aufgeprägt worden. In den Randketten, Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 49 z. B. im Zug des M. di Cambio - M. Porcini, sind, trotz ansehnlicher Höhe, kaum Anzeichen für einstige Vergletscherung wahrzunehmen. Die Hänge zeigen nur die Abzugskanäle und trichterförmigen Schlüsse einiger Wildbäche. Einzig aus der karähnlichen Nische, die im N-Hang unter dem Gipfel des M. di Cambio liegt, mag einst eine Eiszunge bis vielleicht auf 1600 m hinunter gegangen sein.

Simbruini. Ungefähr 50 km östlich von Rom liegen die Monti Simbruini mit dem 2156 m hohen M. Viglio. Der 50 km lange Gebirgszug zerfällt in die Gruppen des M. Autor e, der Monti Cantari und der M o n t i E r n i c i. Er hat, trotz seiner relativ geringen Höhe — die wenig bewegte Kammlinie hält sich meistens zwischen 1800 m und 1900 m —, zur Eiszeit Hänge- und kurze Talgletscher besessen (173).

Abb. 16. 50 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Der grösste war 5 km lang und lag im trogförmigen V. il R i o , das im NW des M. Pizzodeta (2037 m) beginnt. Er hat beim Dorfe Rendi- nara (905 m) den Rand des Kalkgebirges erreicht. Vom M. Pizzodeta glitt ferner eine Gletscherzunge nach NE in die Gegend von Rocca- vivi (1000 m) im V. del L i r i und vom benachbarten M. Fragara (2005 m) je eine nach SW gegen den PratodiCampoli(1300m) und in den Fosso di F emmina Morta. In diesem Gebirgs- abschnitt, den Monti Ernici, war die Vereisung am stärksten. Die kurze Kette der M o n t i C a n t a r i hat fünf 1-3 km lange Gletscher hervorgebracht. Drei davon gingen nach S und W in die Täler von Agnello (Ge. 1500 m), Co 11epardo (Ge. 1600 m) und S. O n o f r i o (Ge.1461 m), der vierte nach E ins S c h i o pp o- Tal (sein genaues Ende ist nicht bekannt) und der fünfte, der vom M. Viglio herkam, nach N durch das 2,5 km lange V. F u r a bis an das V. O r a n a r a (Ge. 1300 m) heran. Die weitaus schwächste Vergletscherung hat die Gruppe des M. Autor e (1853 m) aufgewiesen. Ihre ausgedehnten, in 1200 bis 1500 m Höhe gelegenen Hochflächen wurden von ihr kaum erfasst. Die Vereisung blieb auf einzelne Verflachungen im Umkreise des M. Cotento (2014 m) beschränkt. Ihre Spuren sind in Zahl und Grösse gering. Zwar sollen sich nach T. BIELER-CHATELAN (13-17) 30 bis 50 km lange Eisströme aus den fünf Tälern von Carsoli, Campocatino, Campolungo, Fiojo und Camposecco im NW des M. Autore in den Piano del Cavaliere (600 m) und von diesem «Konfluenzbecken» aus, sich in zwei Arme teilend, in das V. del Turano bis an den Fuss des M. Cervia in 600 m und in das V. dellAniene bis zur Bahnstation Cineto Romano in nur 300 m gewälzt haben. Diese Ansicht kann aber heute als widerlegt gelten (173).

Matese. Die 35 km lange Kalkscholle des Matese ist das südlichste Ge- birge des Zentralapennins. Es besteht aus zwei zueinander parallel verlaufenden, steilen, scharfkantigen, ja gratartigen Ketten. Sie schliessen in 800-1100 m Höhe einige Hochflächen ein, die dieser Gebirgslandschaft ein besonderes Gepräge verleihen. Die grösste ist der 9 km lange Piano del Matese, der den Karstsee Lago del Matese enthält. Die nördliche Kette ragt im M. Miletto auf 2050 m Höhe empor und bildet den Rückgrat des Gebirges; die südliche ist viel niedriger und einförmiger. Westlich vom Hauptgipfel liegt der M. Tamburro (1984 m), und östlich, durch eine tiefere Einsattelung Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 51 von ihm getrennt und in grösserer Entfernung, der Gratzug der Gal- linola (1923 m). Höhe und Breitenlage des Matese lassen kaum erwarten, dass er zur Eiszeit stark vergletschert war. In der Tat sind, wie ich schon früher (172) mitgeteilt habe, die glazialen Spuren eher gering. Da ich bei meiner ersten Begehung des Gebirges infolge schlechten Wetters die Untersuchungen nur teilweise durchführen konnte, habe ich es nochmals besucht. Nun kann ich meine frühere Darstellung (172) vervollständigen.

Piano di Campitello. Vom Hauptgipfel, dem M. M i l e t t o, zweigt nach N ein kurzer Felsast zum Punkte 1947 m ab. Er besitzt in der E-Wand ein auffal- lend grosses Kar, das im Matese seinesgleichen sucht. Sein von hohen, schuttbedeckten Wänden umschlossener Boden wird vorn durch Rundbuckel --., vielleicht sind es auch Moränen — abgeriegelt. Es wird lokal treffenderweise als da grande conca> bezeichnet. Links von ihm sind die Anfänge zu einem weiteren Kar vorhanden. In diesem Winkel sass eine ansehnliche Eismasse, die sich nach dem nahen, fast kreisrunden Piano di Campitello di San Massimo (1400 m ü. M.; 800-1000 m im Durchmesser) hin entwickelte. Sie spaltete sich im Punkte 1800 m, wo ein kleiner (Durchmesser 70 m), von einer Moräne oder einer Felsschwelle abgedämmter Boden auftritt, in zwei Teile. Diese stiegen dicht nebeneinander durch zwei kurze (Länge ungefähr 1 km), nach NE gerichtete Talrinnen, die R a v a - r e 11 e , die ein niedriger Felssporn voneinander scheidet, zur Hoch- fläche ab. Sie haben in ihrem nördlichen Teil Moränen aufgeschüttet. Der Piano wird hier gegen den steilen, rund 800 m hohen Abfall ins Vorland von S. Massimo durch eine 60-80 m hohe Hügelreihe aus anstehendem Gestein abgeschlossen. Diese Sperre zieht aber nicht ganz durch; sie lässt links, gegen den Gratzug M. Miletto-Punkt 1947 m hin, einen 100-200 m breiten Durchgang offen. Dieser setzt sich in ein steiles Tälchen, das die Einheimischen P i e t r a p a- 1 o m b a nennen, fort; es hat vor Erstellung des Elektrizitätswerkes das Wasser der Hochfläche in die Tiefe geleitet. Diese Lücke im Felsrahmen wird durch zahlreiche Moränenhügel in einer Länge von 600-700 m vollständig verstopft. Dadurch ist früher das Wasser der Hochfläche zu einem kleineren See gestaut worden. Heute wird es im Hintergrund des Piano, bei Capo dacqua, wo es in einer mäch- tigen Quelle hervorsprudelt, in einen Kanal gefasst und zum Betrieb 52 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939

eines Kraftwerkes am Gebirgsfusse benützt. Die Druckleitung quert den Schwarm der Moränenhügel, die durch sie teilweise erschlossen worden sind. Beim zweiten Besuche konnte ich in einigen dieser künstlichen Aufschlüsse gekritztes Geschiebe feststellen. Es ist schwierig, in diesem ungeordnet anmutenden Hügelgelände einen bestimmten Bauplan herauszulesen. Mir hat sich die folgende Lösung aufgedrängt: Die beiden parallel absteigenden Eisstränge haben im Durchpass nebeneinander ihre Moränen abgesetzt. Dabei sind ihre vordersten Wälle, die am Anfang des Fosso Pietrapalomba liegen (1370 m), miteinander in Berührung gekommen. Hinter ihnen ist je ein kleines Zungenbecken entstanden. Diese zwei Depressionen

Haus und Druck/ei/ung ifana/ Rand der Ebene

ffar

0.5 Hm

m . Mi/fe/morâne e,b, c . Zungenbecken i. //,21

La Ga//ino/a —®

Abb. 17. werden durch eine von beiden Gletschern gemeinsam aufgeschich- tete Mittelmoräne voneinander getrennt; hangwärts, gegen die Tal- seite, werden sie von Teilen einer Seitenmoräne begleitet. In ihnen hat sich einst Wasser gesammelt. Es hat an beiden Orten die stauende Endmoräne am niedrigsten Überlaufspunkte durchsägt; die beiden Durchbruchsrinnen vereinigen sich wenig unterhalb. Mit Deutlich- keit ist in der Moränenzone rechts noch ein zweites, kleineres, inne- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 53 res Zungenbecken wahrzunehmen; es befindet sich am Rande der Hochfläche; das Haus des Werkmeisters steht in ihm.

Fosso San Nicola. Im N der Abzweigung M. Miletto-Punkt 1947 m liegt ein zweites Kar. Es ist schlecht erhalten. Es öffnet sich in den schroffen, nach NNE gerichteten Fosso San Nicola und erreicht an der nämlichen Stelle wie der Fosso Pietrapalomba den Gebirgsfuss. Über die die

Abb. 18. beiden Rinnen trennende Anhöhe (mit Punkt 1351 m) ist die Druck- leitung geführt worden. Wie ich schon früher (172) berichtete, be- findet sich an dieser Stelle am Gebirgsfusse, in 750-800 m, eine lockere Schuttmasse, die mit einer Moräne grosse Ähnlichkeit hat. Das zeigt ihr zur Zeit schöner Aufschluss gut; nur konnte ich auch bei der zweiten Besichtigung kein gekritztes Geschiebe finden. Diese Schuttmasse dürfte vom Gletscher des Fosso San Nicola, der damit eine Länge von 2,5 km erreicht hätte, abgelagert worden sein; weni- ger dagegen von jenem des Piano di Campitello, dessen äusserste Moränen sich im Durchpass finden. Er war wohl nur 2 km lang. 54 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Gallinola. Ein zweiter Herd der Vereisung bestand in der NE-Wand der Gallinola. Hier sind nebeneinander ein halbes Dutzend kleinerer, halbentwickelter Karnischen zu sehen; die ansehnlichste liegt unter dem Hauptgipfel. Ihr Eis verschmolz im Hügelgelände, das sich unter dem Gratzug in 1600-1700 m Höhe bis zum Colle di mastro Cosimo (1673 m) hin ausbreitet. Ein kleiner Eislappen ist durch eine Rinne nach NE gedrungen; der Hauptteil jedoch zog nach W durch ein ziemlich offenes, breites Tal, für das ich auf der topographischen Karte 1:50 000 keinen Namen finde. Es ist im unteren Abschnitt (1500 bis 1550 m) mit zahlreichen Nloränenkuppen überstreut. Sie sind von einem Bachbett durchschnitten, das in ihnen einige Aufschlüsse ent- stehen liess. Hier kommt gekritztes Geschiebe zum Vorschein. Stel- lenweise sind die Wälle mit dem Gehängeschutt, der den Fuss der rechten Talflanke einhüllt, vermengt. Auch etwas tiefer im Tal bin ich auf Moränen gestossen, so an der Stelle, wo es nach NW umbiegt (zwischen den Punkten 1552 m und 1682 m) und schmäler wird. Es erreicht von hier nach kurzem Verlauf den Piano di Campitello. Sein Gletscher hat sich wohl über diese wenig grosse Hochfläche hinweg bis an ihren nördlichen Rand gewälzt. An die Felsbastion, die sie hier abriegelt, schmiegen sich einige Moränen mit heute noch schönen Aufschlüssen an; sie sind zur Sand- und Steingewinnung für den Bau des nahen Entwässerungskanales geöffnet worden. Wahrscheinlich sind sie vom Eis aus der Gallinola dahin gebracht worden, kaum wohl, aus der Lage der Schuttmasse im Gelände beurteilt, von jenem aus den Ravarelle-Tälchen. Der Gletscher war bis an diese Stelle 4 km lang.

Monte Miletto - Monte Tamburro.

C. COLAMONICÔ (27) hat glaziale Spuren aus dem Abschnitt M. Miletto - M. Tamburro gemeldet. Ich kann nach der neuerlichen Begehung des Gebirges ihr Vorhandensein nicht bestätigen. Ich muss das Vorkommen eines Kars im N-Hang des M. Miletto, das Eis nach N in den F os so d e l F o n d a c o n e geschickt hätte, in Abrede stellen, ebenso die Existenz eines Kars im N-Hang des M. Tamburro, von dem ein Gletscher in den F o s s o d e l F o 1 u b r i c o aus- gegangen wäre. Als einzige Ilohlformen sind in den sehr stark ver- karsteten Hängen zwischen den beiden Gipfeln Donnen und Ero- sionsrinnen vorhanden. Fast überall ist das beinahe nackte Gestein von unzähligen Karren durchzogen. Verkarstung und Zerklüftung Jahrg. 84. K. SUTEU. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 55 herrschen im Gelände so sehr vor, dass sie dem Wanderer zum blei- benden Eindruck werden. Nirgends in ihm vermochte ich glaziale Spuren zu erkennen. Die eiszeitliche Vergletscherung war im Matese gewiss beschei- den; dass sie aber dieses südlichste und nicht besonders hohe Glied des Zentralapennins noch erfasst hat, ist durchaus beachtlich.

Laga. Die 20 km lange Kette der Monti della Laga besteht im Gegen- satz zu allen wichtigen Erhebungen des Zentralapennins nicht aus Kalken, sondern vom Fuss bis zum hohen Kamm hinauf aus mio- zänen Sanden und Mergeln. Einige Gipfel steigen auf über 2400 m empor, so der Pizzo di Sevo (2422 m), Giaccio di Porcelli (2455 m), Pizzo di Moscio (2411 m) und der M. Gorzano (2455 m). Dieses Ge- birge muss, vorausgesetzt, dass es sich schon zur Eiszeit ganz oder annähernd zur heutigen bedeutenden Höhe erhob, vergletschert gewesen sein. Im W steigt die Laga in einem schroffen Hang auf. Er wird von vielen Runsen und Gräben durchfurcht und ist in der Kammregion von Quelltrichtern ausgehöhlt. Ein weiter Fächer von Rinnen, deren Wasser dem Tronto zufliesst, liegt oberhalb Amatrice (955 m) und ein anderer im M. di Mezzo (2136 m) oberhalb der Hochfläche von Campotosto (1442 m). Im ganzen W-Hang sind nirgends glaziale Spuren wahrzunehmen.

Monte Gorzano - Monte di Mezzo. Anders im E-Hang: Hier sind Anzeichen dafür, dass die Laga einst mit kleinen Gletschern geschmückt war, vorhanden. Zwar bietet sie hier keinen wesentlich andern Anblick als von W aus. Sie ist auch auf dieser Seite vom Wasser sehr stark zertalt und zerschnitten; jedoch ist sie da etwas weniger schroff und besitzt sogar an einigen Stellen der Kammregion sanfter geneigte Hänge, so im Abschnitt M. Gorzano - M. di Mezzo. Die Auflösung dieses Sandsteingebirges in Kämme und Gräben ist, vor allem mit den benachbarten Kalk- gebirgen verglichen, ungemein gross. Stärke und Art der Durch- talung bringen auch die topographischen Karten des Gebietes in der häufig wiederkehrenden Bezeichnung Fosso an Stelle des im Kalk- apennin üblichen Namens Valle sinnfällig zum Ausdruck. Es ver- steht sich, dass das Auffinden von Vergletscherungsspuren in einem 56 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939

solchen Gelände schwer, ja das Suchen nach Moränen wohl sogar aussichtslos ist, da sie vom Wasser längst weggetragen und zerstört

Nonti de//d Ldgd

Ndrdhn/icheneche

..••• .. 4^1 P CompOfOJI`O hemd/ges Nd

Abb. 19. sein dürften. Für die ehemalige Vereisung des Gebirges zeugen, so- weit ich auf meinen Wanderungen feststellen konnte, nur noch einige kümmerlich erhaltene Reliefformen.

Valle Rio Castellano. Im E des Pizzo di Sevo, zwischen ihm und dem Giaccio di Por- celli rechts und dem Macera della Morte (2073 m) links, liegt das Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 57 sehr tief eingeschnittene Tal des R. Castellano. DieseBergflanke wird von halbkreisförmig geschlossenen Nischen mit fast senkrechten, 100-200 m hohen Wänden geziert, deren Boden sich in kurze, an- fänglich sanft zum Rio absteigende Talrinnen fortsetzt. Namentlich schön ist das im Tälchen, das vom Giaccio di Porcelli weggeht und rechts von den Hängen des M. Pelone (2057 m) begrenzt wird, zu sehen. Ihm ist im obersten Abschnitt, bis zum Punkt 1900 m hinab, also auf eine Strecke von ungefähr 1 km, deutliche U-Form aufge- prägt. Es besitzt im rechten Hang, etwa 100 m über seiner ziemlich breiten (200 m) Sohle, einen Gefällsknick, der einen steileren Teil unten von einem flacheren Teil oben scheidet. Erst unterhalb des Punktes 1900 m setzt die fluviatil entstandene reine V-Form ein.

Fosso Cannavine. Dieses Bild der Talgestaltung wiederholt sich im Fosso Canna- vine (Taf. VIII, Fig. 15). Er beginnt in einer karähnlichen Nische in der NE-Wand des Giaccio di Porcelli. Im obersten Abschnitt zeigt er auf eine Strecke von 1-1,5 km, also bis auf ungefähr 1900 m hinab, schöne U-Form. In seinem rechten Hang ist gleichfalls ein scharfer Gefällsknick erhalten. Wenig unterhalb 1900 m mündet der Fosso in das Rio V a 11 e C a s t e 11 a n a (nicht zu verwechseln mit Rio Castellano; siehe Karte 1 : 50 000!). Dieses Tal kommt von der steil abbrechenden N-Wand des Pizzo di Moscio her; es trägt das näm- liche glaziale Gepräge wie der Fosso Cannavine. Von ähnlichem Aus- sehen sind einige Tälchen im M. Gorzano, z. B. der Fosso dellAcero im SE-Hang. Die Form der genannten Tälchen kann kaum mit der Arbeit des fliessenden Wassers in Einklang gebracht werden; sie muss vom Eise geschaffen worden sein. In den Trogtälchen scheinen alte Eis- gassen vorzuliegen. Ihre Abschlussnischen in der Kammregion sind als ehemalige Kare zu betrachten. Ihnen hat die nacheiszeitliche Verwitterung und Wassererosion sehr stark zugesetzt; sie sind schon weitgehend wieder in fluviatile Erosionstrichter umgewandelt. Auch die Trogform der Tälchen geht rascher Vernichtung entgegen. Hier in den mürben und wasserundurchlässigen Sanden und Mergeln ist, im Gegensatz zu den zentralapenninischen Kalkhöhen, die flu- viatile Erosion sehr wirksam. Sie hat stellenweise in die alten Trog- böden bereits neue Kerben geschnitten. In relativ kurzer Zeit wird auch in der Trogwand jeder glaziale Zug ausgelöscht sein. Dann 58 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 wird die Laga noch mehr als heute ein stark zertaltes und fieder- förmig verästeltes Gebirge sein.

Fosso Chiarino. Anklänge an die ehemalige Vereisung der Laga sind ferner im obersten Abschnitt des T. Chiarino, der R e g i o n e 1 e V a g l i e (1700-2100 m) erhalten. Dieses nach NW gerichtete, offene, schwach abfallende Talstück ist zwischen dem M. le Vene (2020 m) und dem Macera della Morte eingebettet. Es gleicht in seiner Ausgestaltung, trotz der zerstörenden Wirkung der atmosphärischen Einflüsse, heute noch auffallend den einst eiserfüllten Hochmulden der zen- tralapenninischen Kalkgebirge. Auf Grund dieser Untersuchung ist das Laga-Gebirge als ein Mittelpunkt der diluvialen Vereisung anzusehen. Es war auf seiner E-Seite von einem Kranz sehr kurzer Gletscher geschmückt. Die Gehängeknicke in den Trogtälchen deuten auf eine Gletschermäch- tigkeit von rund 100 m hin.

C. Gesamtbild der eiszeitlichen Vergletscherung.

Grösse und Typus. Alle Gebirge des Zentralapennins von über 2000 m Höhe waren vergletschert. Das wird durch Kare und Moränen bewiesen. Die wich- tigsten Talgletscher waren:

Gebirge Tal Exposition Gletscher- Gletscher- länge ende km m ü. M. Gran Sasso Arno N 8-9 700— 800 Venaquaro N 5 1200 Solagne W 4 1300 Campo Imperatore E 10 1500 Majella Femmina Morta S 5 2350 Cannella E 3 1900 Velino Majelama SE 5 1050 Teve W 7 1013 Sibillini Aso N 4 1250-1300 Meta Rio Torto E 4-5 1000 Inferno NE 5 1050 Greco Chiarano N 8-9 1550-1650 Pistacchia N 8 1600 Terminillo Meta N 5 1150 Simbruini Rio NW 5 905 Jahrg. 84. K. SuTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 59

Die Gletscher waren maximal 8-10 km lang; sie drangen höch- stens bis auf 700-1000 m hinab, gerade bis an den Gebirgsfuss. Zwei allerdings sind ins Vorland vorgestossen, nämlich der des Arno-Tales auf einer Länge von 3 km und der des Majelama-Tales auf einer solchen von 600 m. Die meisten haben im Gebirgsinnern in 1400-1500 m ihr Ende gefunden. Die Gletscher der verschiede- nen Erhebungen, z. B. des Gran Sasso, des Velino oder der Majella, kamen miteinander nicht in Berührung; jedes Gebirge besass seine eigene, selbständige Vergletscherung. Diese hat sich insbesondere auf den N- und E-Hängen ausgewirkt. Sie war durchaus bemerkens- wert. Indessen treffen die Annahmen, dass einst sehr mächtige Eisströme bestanden, nicht zu. Dafür waren die morphologischen und orographischen Verhältnisse nicht günstig. Wir vermissen hohe und zugleich sehr ausgedehnte Gebirgsmassen mit weiten Ver- flachungen, mit breiten, geräumigen Mulden und Hochtälern, die für längste Erstreckung in höchsten Lagen und unmittelbarer Haupt- kammnähe verlaufen. Nach Grösse und Anzahl der Gletscher lassen sich die Gebirge in drei Gruppen scheiden. Die erste umfasst die Hauptgebiete der Vereisung mit Gletschern von über 5 km Länge, nämlich den Gran Sasso, M. Velino, M. Greco und die Meta; die zweite, deren Gletscher 3-5 km lang waren, die Monti Sibillini, Monti Simbruini, den M. Terminillo und die Majella; und die dritte, die nur kurze, unter 3 km lange Eiszungen besass, den Matese, M. Morrone, M. Si- rente, M. Cornacchia und M. dOcre. Im Zentralapennin herrschte der alpine Gletschertypus. Wie in den Alpen hatte jeder Gletscher sein eigenes Nähr- und Abfluss- gebiet. Er wurde von steilen Wänden und Gipfeln überragt, deren Verwitterungsschutt auf ihn niederstürzte und von ihm als Moräne verfrachtet wurde. Die Eismächtigkeit hat im allgemeinen 50-100 m, ausnahmsweise bis 200 m betragen. Das geht aus der Lage der Schliff- grenze in den Trogtälern hervor.

Die eiszeitliche Schneegrenze. Es ist wiederholt versucht worden, für den Zentralapennin die Höhe der Schneegrenze für die Zeit maximaler Gletscherausdehnung festzulegen. Dabei sind ganz verschiedene Ergebnisse ermittelt wor- den, die den jeweiligen Stand der Eiszeitforschung in diesem Ge- birge widerspiegeln. J. PARTSCH (126) bestimmte die Schneegrenz- linie 1889 für das Aso-Tal (Monti Sibillini) auf 2200 m, K. HASSERT 60 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

(68) 1900 für den Zentralapennin auf 1900 m, G. DAINELLI (42) 1906 am M. Viglio (Monti Simbruini) für einen älteren Gletscherstand auf 1400 m und für einen jüngeren auf 1650 m, R. ALMAGIA (2) 1912 für den Zentralapennin auf 1300-1400 m, 0. MARINEM und L. Rico (105) 1916 für den Gran Sasso auf 2000 m, S. FRANCHI (51) 1921 für die Monti Simbruini auf 1600 m und für das ganze Gebiet der Abruz- zen auf 1500— 1600 m, R. BIASUTTI (12) 1923 für den Gran Sasso auf 1800 m, C. CREMA (35) 1927 für den M. Morrone auf 1200 m und T. BIELER-CHATELAN (14) 1929 für den NW-Hang der Monti Sim- bruini auf 1400 m. «Bei dieser Annahme bekäme das Firngebiet einen mehr als genügend grossen Flächeninhalt, um die Ansicht, dass hier maximal 50 km lange Gletscher bestanden haben, wahr- scheinlich zu machen» (14). In der Enciclopedia italiana (45) ist sie 1929. für den Zentralapennin mit 1100-1200 m und von C. COLA- MONICO (27) 1930 für den Matese mit 1750 m angegeben worden. Zahlreichere zuverlässige Ergebnisse über die Höhe der eis- zeitlichen Schneegrenze stammen aus dem Jahre 1930 von M. GOR- TANI (59-60). Sie sind mit Hilfe der M e t h o d e v o n L. KuaowsKI (88), die sich bei Bestimmungen rezenter und diluvialer Schnee- grenzlagen vieler Gebirge bewährt hat, gewonnen worden. Nach ihr entspricht die mittlere Höhe der Oberfläche eines Gletschers unge- fähr der Höhe der Schneegrenze seines Gebietes. Nach F. MACHAT-

Tabelle 1. Expo- Maximale Gletscher- Mittlere Höhe Gebirge Talgletscher sition Kammhöhe ende der Gletscher- in m ü.M. in m ü.M. oberfläche in m ü.M. Velino Teve NW 2330 1300 1800 Majelama SE 2363 1100 1700 Meta Rio Torto NE 2241 1100 1650 Inferno NE 2247 1050 1650 Jannangara NE 2164 1050 1600 Capraro-Civi- tella Alfedena NE 1993 1200 1600 Fondillo N 1974 1200 1600 Fredda N 1904 1300 1600 Canneto S 2164 1300 1700-1750 Marslcano Orsara E 2242 1600 1900 Campitello E 2100 1600 1850 Corte N 2225 1550 1850 Terratta bei Scanno E 2131 1100 1600 Simbruini Rio NW 2037 900 1450 Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 61 sc>TEK (100) liefern kleine und ziemlich steile Gletscher die genaue- sten Werte. Für Bestimmungen der diluvialen Schneegrenze muss also die Oberfläche der einstigen Gletscher möglichst genau rekon- struiert und zur Berechnung der mittleren Höhe das arithmetische Mittel aus den Höhen von Gletscheranfang und Gletscherende ge- nommen werden. Die Höhe des Gletscheranfanges wird gewöhnlich

Tabelle 2.

Expo- Maximale Gletscher- Mittl. Höhe Gebirge Talgletscher sition Kammhöhe eude d.Gletscher- in m ü.M. in m ü.M. oberfläche in m ü.M.

Gran Sasso Arno N Cefalone 2532 800 1650 Venaquaro N Malecoste 2447 1190 1800 Solagne W Corvo 2626 1280 1950 Campo Imperatore E Portella 2388 1500 1950 Majella Femmina Morta S Amaro 2795 2350 2550 Cannella E Amaro 2795 1900 2350 Mandrelle E Tre Portoni 2610 2000 2300 Velino Cieco W Muro Lungo 2187 1550 1850-1900 Leona NE Costoue 2277 1550 1850-1900 Asina N Morrone 226 1450 1850 Pezza E Costone dello Ceraso 2185 1450 1800 Giumenta N Puzzillo 2177 1450 1800 Ovindoli E Magnola 2223 1410 1800 Meta Lattara W Nero 1994 1350 1650-1700 Inguagnare W Nero 1994 1350 1650-1700 Pagana E Meta 2241 1400 1800 Greco Chiarano N Greco 2283 1650 1950 Pistacchia N Greco 2283 1650 1950 Macchione E Toppe del Tesoro 2145 1400 1750-1800 Matese Ravarelle NE Miletto 2050 1370 1700-1750 Gallinola W Gallinola 1923 1400 1650-1700 Terminillo Meta N Termlnillo 2213 1150 1700 Rocchette NW Terminilletto 2108 1500 1800 Scura NE Porcini 2081 1100 1600 Inferno E Valloni 2028 1500 1750 Sibillini Aso N Vettore 2487 1300 1850-1900 Lunga N Porche 2235 1200 1700-1750 Ambro E Berro 2259 1200 1750 Ussita W Berro 2259 1500 1850-1900 Bove W Bove 2169 1650 1900 Simbruini S. Onofrio W Catino 1987 1461 1700-1750 Granara N Viglio 2156 1300 1700-1750 62 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1930 der mittleren Höhe der Firnumrahmung gleichgesetzt. M. GORTANI (58-60) hat allerdings der Einfachheit halber die maximale Kamm- höhe benützt; das hat zur Folge, dass die Schneegrenzzahlen etwas zu hoch werden, nach meinen Berechnungen im Zentralapennin um ungefähr 40 m. In Tabelle 1 habe ich die Ergebnisse von M. GORTANI zusammengestellt. M. GORTANI (58-60) hat aus seinen Berechnungen die Schluss- folgerung gezogen, dass die Schneegrenze im M. Marsicano auf der N-Seite in 1850 m, im M. Velino auf der SW-Seite in 1800 m und in den Monti Simbruini auf der S-Seite in 1650 m, auf der N- und E-Seite in 1550 m, im Mittel also in 1600 m gelegen hat. Nur vereinzelt, an orographisch besonders begünstigten Stellen, dürfte sie tiefer hinab gereicht haben, z. B. im V. il Rio auf 1450 m. Nach meinen Berech- nungen hat sie in den Monti Simbruini um 100-150 m höher, also in etwa 1750 m gelegen (173). H. KALLNER (74) kam bei der Unter- suchung des Aniene-Tales, das im W dieses Gebirges liegt, zum glei- chen Schluss. Um zu möglichst zuverlässigen Zahlenwerten für den Zentral- apennin zu gelangen, habe ich in der Tabelle 2 noch weitere Be- rechnungen nach der M e t h o d e v o n L. KuROwsKi (88) angeführt. Nach den Tabellen 1 und 2 ergibt sich für die Höhenlage der eis- zeitlichen Schneegrenze im Mittel:

Tabelle 3. Gebirge Mittlere Höhe der Schneegrenze in N- E- S- W-Exposition Gran Sasso 1700-1800 1950 1950 Majella 2300-2350 2550 Velino 1800-1850 1700-1800 1850-1900 Meta 1600 1650-1700 1700-1750 1650-1700 Greco 1900-1950 1750-1800 Marsicano 1850 1850-1900 Terratta 1600 Matese 1700-1750 Terminillo 1600-1700 1750 1800 Sibillini 1700-1750 1750 1850-1900 Simbruini 1650-1750 1700-1750

Nach Tabelle 2 hat die Schneegrenze innerhalb des gleichen Gebirges, selbst bei gleicher Exposition, von Tal zu Tal verschieden hoch gelegen. In dieser Verschiedenheit kommen die Einflüsse der örtlichen Reliefverhältnisse zum Ausdruck. Die Zahlen sind dem- nach als die Werte für die lokale oder orographische Schneegrenz- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 63 lage zu betrachten. Aus ihnen ist in Tabelle 3 ein Mittelwert berech- net worden, der die Begünstigungen und Benachteiligungen der lokalen Orographie aufhebt und als Näherungswert für die klima- tische Schneegrenzlage gelten darf. Die Tabelle 3 zeigt, dass in der Höhenlage der Schneegrenze zwischen den einzelnen Gebirgen keine sehr grossen Verschiedenheiten bestanden haben. Sie hielt sich im allgemeinen auf den N- und E-Hängen in 1750 m und in den W-Hän- gen in 1800 m. Für die S-Seiten erlaubt das wenige Zahlenmaterial die Angabe eines Wertes nicht. Sie lag aber hier sicher ziemlich höher, ist doch die Exposition von sehr grossem Einfluss auf die Er- wärmung und damit auf die Vergletscherung. Die Auslage schafft Sonnen- und Schattenseiten und bewirkt nicht selten auf geringe Entfernung grosse klimatische Gegensätze. In vielen Erhebungen des Apennins weicht die winterliche Schneedecke heute auf den S-Hängen um zwei Monate froher als auf den N-Hängen, wo die Inso- lation geringer ist. Zur Eiszeit müssen die N- und E-Hänge gleich- falls schattiger und kühler als die S-Hänge gewesen sein. Die Schnee- grenze dürfte örtlich nicht nur aus orographischen Gründen, son- dern noch durch den Umstand herabgesetzt worden sein, dass das Gebirge fast senkrecht zur Richtung des herrschenden Windes, der von W und SW her kam, verläuft. Der Schnee ist demnach vor allem auf die N- und E-Seiten hinüber geweht und dort in grosser Menge aufgespeichert worden. Die Höhenlage der Schneegrenze lässt sich im Zentralapennin auch aus der mittleren Höhenlage der Karböden bestimmen. Denn die Bildung der Kare ist in diesem Gebirge an die Schneegrenze geknüpft. Diese Nischen brauchen mit ihr nicht zu- sammenzufallen, haben sich aber in ihrer Nähe befunden.

Tabelle 4. Gebirge Gipfel in m Exposition und Höhenlage der Kare) Gran Sasso M. Portella 2388 N 2100-2150 M. Cefalone 2532 NE 2100 M. Cefalone- M. Intermesole 2532-2646 NE 1900 M. Malecoste 2447 N 2100 M. Corvo 2626 N 2250 M. Corvo 2626 W 2100-2150 M. Scindarella- M. Paganica 2237-2097 N 1900-1950 M. Aquila 2498 S 2150-2200 Corno Grande 2914 SW 2300 64 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Gebirge Gipfel in m Exposition und Höhenlage der Kare 1)

Majella M. Amaro 2795 S 2500 Tre Portoni 2610 E 2400 Velino M. Velino 2487 N 2150 u. 1900 M. Rozzo 2287 N 1850-1900 M. Cafornia 2190-2325 NE 1900 M. Costone 2277 N u. E 1900 Cimata di Pezza 1900 NE 1750-1800 Costone dello Ceraso 2185 N 1750-1800 M. Muro Lungo 2187 N 1900-1950 M. Magnola 2223 NE 1900-1950 M. dOcr 2206 NE 1800 M. Morrone 2266 N 1900-1950 M. Sirente 2549 NE 1800 M. Orsell 2046 N 1800 Meta M. Petroso- M. Tartaro 2247-2181 N u. E 1800-1950 M. Met 2241 N 1950-2000 M. Metuccia 2167 E 1800 M. Capraro 2060 E 1900 Serra delle Gravare 1800-1900 N 1750-1800 M. S. Nicola 1901 N 1750-1800 M. Nero 1997 W 1750-1850 Greco Toppe del Tesoro 2145 E 1800-1900 M. Greco 2283 E 1850-1950 Serra Rocca Chiarano 2270-2100 E 1950 Matese M. Miletto 2050 NE 1800-1850 Terminillo M. Terminillo 2213 N 1900 M. Terminilletto 2108 NW 1950 Sassatelli 2079 NE 1850-1900 Sibillini M. Vettore 2449 N 1950 Quarto del Lorenzo 2250 E 1900-1950 M. Porche 2235 N 1950 M. Bove 2169 NW 1900 Simbruini M. Vigllo 2156 N 1850 M. Pizzodeta- M. del Passeggio 2037-2062 N u. E 1850-1900 Montagna Grande M. Terratta 2208 E 1900 Morrone M. Mucchia 1980 W 1900

1) Es ist wegen der Unzulänglichkeit der topographischen Karten schwer, die Höhenzahlen für die Karböden genau anzugeben. Jahrg. 84. K. STJTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 65

Tabelle 5. Gebirge Mittlere Höhenlage der Kare in N- E- S- W-Exposition

Gran Sasso obere Karreihe 2150-2200 2100-2150 untere Karreihe 1900-1950 2250 Majella 2200-2400 2500 Velino obere Karreihe 2150 untere Karreihe 1800 —1900 1800-1900 Meta obere Karreihe 1950-2000 untere Karreihe 1800 1850 1800 Greco 1850-1900 Matese 1800 Terininillo 180 -1900 180 -1900 1900 Sibillini 1950 1900 1900 Simbruini 1850 1850

Die Kare treten, wie die Tabellen 4 und 5 zeigen, vor allem in den N- und E-Hängen auf und zwar nicht willkürlich, sondern inner- halb einer bestimmten Höhenstufe, die Mehrzahl zwischen 1800 und 1900 m. In dieser Höhe, vielleicht wenig tiefer, muss die Schneegrenze gelegen haben. Nur vereinzelt, z. B. im M. Velino oder in der Meta, steigen die Kare auf 1700 m hinab. In den S-Hängen der meisten Gebirge fehlen sie; die Schneegrenze hat sich hier be- deutend höher, vielleicht in 2200-2300 m, befunden. In den einst am stärksten vergletscherten Gebirgen, wie dem Gran Sasso, Velino und der Meta, ist auf der N- und E-Seite ausser dem Karhorizont von 1800-1900 m noch ein solcher von 2000-2150 m vorhanden; diesem dürfte eine Schneegrenzlage von etwa 2000 m entsprechen. R. v. KLE.BELSBERG (79, 81) hat einige Schneegrenzlagen aus der Rekonstruktion des einstigen Firnareals be- stimmt. Im Arno-Tal des Gran Sasso reichte dieses auf 1800-1900 m hinab. «Die zugehörige Schneegrenze konnte nicht über dieser Höhe von rund 1800 m gelegen haben. Im W des Campo Imperatore stieg sie zur Zeit des Maximalstandes der Gletscher nicht über 1700 bis 1750 m hinauf. Da in den grösseren Höhen, über 1800 m, im Tal- hintergrund besonders ergiebige Firnareale fehlen, wird man kaum die ganze Gletschermasse aus diesen grösseren Höhen beziehen können und einen innern Teil des breiteren und flacheren tieferen Tales, wenigstens die Gletscheroberfläche in seinem Bereiche, noch zum Firngebiet schlagen müssen. — In der Majella ist die Schnee- grenze nicht wesentlich unter etwa 1800-1900 m anzusetzen. — In den Monti Sibillini schwankte sie je nach Exposition zwischen etwa 1700 und 1900-2000 m.» 66 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Aus unsern Zusammenstellungen ergeben sich für die Schnee- grenzlage die folgenden Durchschnittswerte:

Tabelle 6. Gebirge Mittlere Höhe der Schneegrenze in N-, E- und W-Exposition

Gran Sasso 1750-1850 Majella 1800-1900 Velino 1750-1850 Meta 1700-1750 Greco 1850-1900 Matese 1750-1800 Terminillo 1700-1800 Sibillini 1750-1900 Simbruini 1700-1800

Nach Tabelle 6 darf als mittlere Höhenlage der Schneegrenze in N-, E- und W-Exposition für den ganzen Zentralapennin 1750 bis 1800 m angenommen werden. Wohl in keinem seiner Gebirge hat sie im Mittel unter 1650-1700 m hinuntergereicht. Mit Hilfe des kleinen Kargletschers im Gran Sasso lässt sich die Höhenlage der rezenten Schneegrenze berechnen. Für sie fan- den 0. MARINELL1 (105), L. R1cc1 (105) und R. V. KLEBELSBERG (82) 2900-3000 m. Es ergibt sich somit für die eiszeitliche Schneegrenze eine Depression von 1150-1200 m.

Vergleich mit der eiszeitlichen Vergletscherung des Nord- und Siidapennins und der Apuanischen Alpen.

Nordapennin. Zum Vergleich sollen im folgenden die wichtigsten Forschungs- ergebnisse, die über die eiszeitliche Vergletscherung in andern Tei- len des Apennins gewonnen worden sind, wiedergegeben werden. DerNordapenninwarimEmilianisch-toskanischen Abschnitt, wo er seine grössten Höhen erreicht (M. Cusna 2121 m und M. Cimone 2165 m) namhaft vereist. Allein im relativ kleinen Raum des P asso del Cerreto (1261 m) sind nach N und E sieben Gletscher niedergegangen (180), wovon vier in der Gruppe M. Alto (1904 m) - Alpe di Succiso (2017 m) - M. Casarola (1978 m) und drei in der Gruppe M. La Nuda (1894 m) - Cima Belfiore Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 67

(1810 m). Sie lagen in den folgenden Tälern: V. Secchia (Gl. 3 km; Ge. 1007 m), V. del Lago di Casarola (Gl. 2 km; Ge. 1100 m), Canale Scuro (Gl. 2,5 km; Ge. 1100-1200 m), V. Liocca (Gl. 5,5 km; Ge. 800 m), V. Rosaro (01. 4 km; Ge. 1000-1100 m), Cavale Cerretano (Gl. 3 km; Ge. 1250 m) und V. Riarbero (G1.1 km; Ge. 1200-1300 m). Sie waren 2-4 km lang und endigten im Gebirge drin in 1000 bis 1200 m; nur der Gletscher des V. Liocca, der mit 5,5 km der längste war, drang bis an den Gebirgsfuss. Unabhängig von meiner Unter- suchung ist einige Zeit später U. Losacco (96) in einer Arbeit über das V. Rosaro und den Canale Cerretano zu den gleichen Ergeb- nissen gelangt. Von gleicher Grösse waren die Eiszungen, die einst aus der Gruppe M. Cimone - Libro Aperto (1937 m) - Alpe delle Tre Potenze (1940 m) - M. Rondinajo (1964 m) - M. Giovo (1991 m) in die Gegend von F i u m a 1 b o niederstiegen. Sie besetzten nach A. DEsio (44) die folgenden Täler: V. delle Tagliole (Ge. 950 m), V. delle Pozze (Gl. 5 km; Ge. 1100 m), V. del Pistone (Ge. 1000 m) und V. del. R. Bor- gognone (Ge. 1200 m). Die grössten Gletscher, die 7 km lang waren und 800 m ü. M. er- reichten, hat die Gruppe M. Orsaro (1830 m) - M. Brusa (1796 m) - M. Sillara (1861 m) hervorgebracht. Sie lagen nach F. SACCO (138) und A. BRIAN (18) im Parma- und Cedra-Tal. Zahlreiche kleine Gletscher haben die wichtigsten Erhebungen des Emilianisch-ligurischen Apennins, die maximal 1700-1800 m hoch sind, geschmückt, so nach F. SACCO (138, 146) den M. Antola (1598 m), M. Lesima (1724 m), M. Penna (1735 m), M. Ajona (1700 m). Sogar die zwischen Genua und Savona gelegene Gruppe des M. Beigua (Gruppo di Voltri oder Massiccio Ligure), die nur 1287 m erreicht, ist vergletschert gewesen, nämlich im S im V. dAcquabona (Gl. 1 km; Ge. 800-900 m) und V. del Fosso Lajone (01. 0,5 km; Ge. 900 m); im SW im V. del Fosso Peirora (Gl. 1,5 km; Ge. 900 m); im W im V. del R. del Lajone (G1.1 km; Ge. 1090 m); und im N im V. del R. della Stogia (Ge. 950 m) und im V. del R. della Traversa. In diesem Tal konnte ich (181) da, wo der Bach einen etwa 80 m hohen Riegel (1100 m) durchbricht, aufs schönste gekritz- tes und geglättetes Gletschergeschiebe, in Serpentinmergel einge- bettet, auffinden. Dagegen sah ich im NE im V. del R. del Nido keine glazialen Spuren. Die Tatsache, dass selbst der niedrige M. Beigua, wenn auch nur in geringem Masse, vergletschert war, ist aussergewöhnlich. Sein 68 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

breiter, flachwelliger Kamm stellte ein zusammenhängendes Firn- gebiet dar, aus dem vereinzelt Bergspitzen wie Nunataker heraus- ragten, z. B. der M. Rama oder die Rocca del Turnon. Von diesem Eisschild haben kurze, höchstens 1-2 km lange Eislappen gleichsam wie Fransen in die Täler im N und W bis auf 800-1000 m nieder- gehangen. Von alpinem Typus, also in festes Gestein eingebettet und von hohen Felswänden, die Schutt lieferten, überragt, waren dagegen die gleichfalls kurzen Eiszungen, die in den Tälern des S- und E- Hanges lagen. Die Schneegrenze muss sich bestimmt unter 1200 m, vielleicht in 1000 m, befunden haben. Das ist für den Apennin ausser- ordentlich tief. F. SACCO (145) hat als erster die einstige Vergletsche- rung des Ligurischen Massivs erkannt; er hat ihr aber ein viel zu grosses Ausmass zugeschrieben. So kann ich seine Ansicht, dass ein mehrere Kilometer langer Gletscher im V. della Stura di Ovada bis nach Rossiglione auf nur 300 m ü. M. vorstiess, nicht teilen. Die Moränen, die F. SACCO (145) zwischen Campo Ligure (350 m) und Masone angibt, sind teils Gehängeschutt und teils fluviatile Ablage- rungen. Ich konnte die Untersuchungen in diesem Geländeabschnitt nicht mit der notwendigen Gründlichkeit durchführen, da er zur Zeit meines Besuches (Ende Juli 1937) von Militär besetzt war. Im Nordapennin waren fast ausschliesslich die nach N und E schauenden Hänge vergletschert. Die Schneegrenze lag im Bereiche des Passo del Cerreto in ungefähr 1500 m Höhe. Für den höchsten Gebirgsabschnitt Corno alle Scale- M. Cimone - Alpe delle Tre Po- tenze - M. Giovo berechneten sie A. DESTO (44) und A. SESTINI (158) auf 1600 m. Die ehemalige Vereisung wird durch Kare, Trogtälchen und Moränen bewiesen. Selbst in den aus Flyschsandstein (arenaria macigno) bestehenden Gebirgsteilen sind diese Spuren überraschend gut erhalten. Die Feststellung der Moränen allerdings bereitet ge- legentlich Schwierigkeiten; sie sind, da ihre Formen leicht zerstört werden und ihr Geschiebe keine Kritze zeigt, nicht immer von an- deren Trümmerhaufen zu unterscheiden. Besonders schöne Schöp- fungen der Eiszeit sind die vielen kleinen Seelein, die die Hoch- region schmücken.

Apuanische Alpen. Zur Eiszeit haben die Apuanischen Alpen, die Höhen von 1800 bis 1900 m erreichen, neun Gletscher ausgeschickt (175). Die drei grössten stiegen aus dem Kerngebiet in die östlichen, meerabgewand- ten, tief eingeschnittenen und kurzen Täler hinab, so ins V. dellOrto Jahrg. 84. K. S1TER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 69

di Donna (Gl. 4 km, Ge. 650 m), V. Acqua Bianca (Gl. 4 km, Ge. 680 m) und V. Tambura (Gl. 4 km, Ge. 570 m). Sie vermochten ein kurzes Stück weit aus dem eigentlichen Gebirge heraus ins Vorland zu dringen. In den N- und E-Hängen lagen ferner vier Hänge- gletscher, so im M. Pisanino (Gl. 1 km, Ge. 900 m), M. Roccandagia bei Campocatino (Gl. 1 km, Ge. 900 m), M. Corchia (Gl. 1,5 km, Ge. 950 m) und in der Pania Secca (01. 1 km, Ge. 850 m). Auf der S- und W-Seite des Gebirges war die Vergletscherung viel geringer. Es gab da nur einen einzigen Talgletscher; er lag im V. di A. r n i, das nach S gerichtet ist. Er war 2 km lang und endigte im Gebirgsinnern in 800 m. Die Vergletscherung dieses Tales ist in Anbetracht seiner wenig bedeutenden Höhenlage und Exposition sehr bemerkenswert. Wahrscheinlich ging noch ein Hängegletscher im W des M. Macina nieder. Für eine grössere Vereisung der Apuanischen Alpen war das Relief wenig günstig. Es fehlen geräumige und hochgelegene Mulden und flache Hänge. Die Schneegrenze dürfte im E des Gebirges im Mittel in 1300-1400 m gelegen haben.

Südapennin. Im höchsten Gebirge des Südapennins, dem M. Pollino (2271 m), hat R. v. KLEBELSBERG (80) Spuren von drei eiszeitlichen Gletschern, die 1,5-2 km lang waren, festgestellt. Sie lagen in den schattigen N- und E-Hängen zwischen dem M. Pollino (2248 m; im W) im engeren Sinne, der Serra di Dolcedorme (2271 m; im S) und der Serra delle Ciavole (2132 m; im E) und flossen in den Piano di Pol- lino (1780 m). Hier schufen sie eine ausgeprägte Moränenlandschaft. Die eiszeitliche Schneegrenze lag auf der N-Seite in 1900 m und auf der S-Seite, wo glaziale Spuren fehlen, in 2050-2100 m, im Durch- schnitt also in 2000 m. Von der höchsten Erhebung des S i r in o - Gebirges, dem M. d e 1 P a p a (2005 m), sind nach G. DE LORENZ° und G. DAINELLI (95) einst drei kurze Tal- und ein Hängegletscher ausgegangen. Ein Talgletscher stieg im N-Hang aus einem Haupt- und Nebenkar in die Regione Petina Piana bis auf 1526 m ü. M. nieder. Er liess auf seinem 2 km langen Wege stattliche Moränenwälle zurück, die an der Bil- dung des Lago Remmo oder Lago Laudemio (1517m) mitbeteiligt sind. Die Wanne des kleinen Sees ist aber wohl zum grösseren Teil durch Eisschurf im anstehenden Fels entstanden. Im N-Hang des Hauptgipfels, gleichfalls aus einem Haupt- und Neben- 70 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 kar, glitt ein zweiter Gletscher, der mit 3,5 km der grösste des Süd- apennins war, ins V. del Cacciatore bis auf 1220 m ü. M. Die sehr langen und bis 50 m hohen Moränenzüge hat die postglaziale fluvia- tile Erosion bis auf geringe Reste zerstört. Sie haben zur Bildung des sehr kleinen L a g o Z a p an o (1420 m ü. M., 50 m im Durchmesser) Veranlassung gegeben. Der dritte Talgletscher, der knapp 1,5 km Länge erreichte, entsprang im S-Hang und drang nach S in ein kurzes und stark beschattetes Tal zwischen dem M. del Papa und der Cresta dellAsino bis auf 1420 m ü. M. Es ist von G. DE. LORENZO (92, 93), da es ein südliches Nebental des V. Niedda ist, als V. Niedda Meridio- nale bezeichnet worden. Auf der W-Seite des Hauptgipfels endlich wurzelte im Nevera-Kar ein Hängegletscher. Für den M. Sirino ist die Schneegrenze auf 1600-1700 m, im Durchschnitt auf 1670 m, veranschlagt worden. M. Pollino und M. Sirino sind die einzigen Gebirge des Süd- apennins, für die eine diluviale Vereisung mit Sicherheit feststeht. Ihre Eiszungen waren nur 1,5-2 km, in einem einzigen Fall 3,5 km lang und endigten zwischen 1420 m und 1780 m, bzw. 1220 m ü. M. Die Vergletscherung war also sehr bescheiden. Sie stand hinter jener des höheren und nördlicher gelegenen Zentralapennins stark zurück. Alle Angaben über Gletscherspuren aus andern Teilen des `Süd- apennins haben sich entweder als unrichtig erwiesen oder müssen, da sie wenig überzeugend sind, noch überprüft werden, wie die von R. BIASUTTI (10) über den M. C er v a t i (1899 m). Er konnte aus diesem Gebirge lediglich fünf karähnliche Dolinen, die im Bereiche des Hauptgipfels liegen und deren Form nur durch Eisschurf erklärt werden könne, nennen. Nach dem heutigen Stand der For- schung sind die folgenden Mitteilungen unhaltbar: von G. DE Lo- RENZO (94) über die kleine, «karähnliche» Nische von Faggione in nur 1100 m im SE-Hang des M. Tumolo (1202 m) im V o l t u r in o

(1836 m); von C. CREMA (33) über Moränenvorkommnisse im glei- chen Gebirge, z. B. im oberen Agri-Tal, mit einer Schneegrenzlage von 1100 m; und von E. CORTESE (28) über Rundbuckel und Moränen im A s p r o m o n t e (höchster Punkt Montalto mit 1958 m). Aus den bisherigen Untersuchungen zu schliessen, sind Gebirge von we- niger als 2000 m Höhe nicht vergletschert gewesen. Das gilt nach einer Darstellung von R. v. KLEBELSBERG (80) wenigstens mit Sicher- heit für die S i l a (1930. m). Für ähnlich hohe Erhebungen liegen noch keine Mitteilungen vor, so z. B. für den M. Cervialto (1809 m),

M. Terminio (1786 m), M. Raparo (1761 m) oder die Madonie (1975 m) und Monti Nebrodi (1846 m) im Sizilianischen Apennin. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 71

Es bedürfen ferner die wenig überzeugenden Angaben von W. MAlrin (102-104) über glaziale Spuren im bedeutend höheren Ätna (3263 m) noch der Bestätigung, z. B. von Karen im N-Hang des Gipfels, von Moränenresten im V. del Bove in 2300-2600 m, oder von Taltrögen an der S-Seite der Serra del Solfizio (zumindest in den obersten Abschnitten des V. Tripido und V. Zappino). W. MAIER (102-104) hat die diluviale Schneegrenze dieses Vulkans aus der mittleren Höhe der Karsohlen auf 1900 m berechnet.

Die Vergletscherung war in den Apuanischen Alpen und im Nord- und Z e n t r a l a p e n n i n von ziemlich gleichem Ausmass. Die grössern Gletscher erreichten ansehnliche Längen, nämlich im Zentralapennin 5-10 km, im Nordapennin 4-7 km und in den Apuanischen Alpen 4 km. Nicht so aber im Südapennin, wo sie 1,5-2 km, in einem einzigen Fall 3,5 km lang waren. Nirgends hat die Vergletscherung indessen eine wirklich bedeutende Grösse erlangt. Sie war im Zentralapennin am beträchtlichsten infolge sei- ner morphologischen Begünstigungen gegenüber den andern Ge- birgsabschnitten — er besass in Hochgebirgsmulden und Hoch- flächen ergiebigere Nährgebiete als diese — und seiner bedeuten- deren Höhenlage; da haben, trotzdem die Schneegrenzlinie mit durch- schnittlich 1750 m höher als z. B. im Nordapennin lag, grössere Ge- birgsteile über sie aufgeragt. In der folgenden Tabelle sind einige Schneegrenzlagen und maximale Gebirgshöhen wiedergegeben:

Gebirge Höhe Schneegrenze in Südapennin M. Pollino 2271 m 2000 m Zentralapennin Gran Sasso 2914 m 1750 m Nordapennln M. Cimone 2165 in 1500-1600 m Apuanische Alpen M. Pisanino 1946 m 1300-1400 m

Im ganzen Apennin hat sich die Vergletscherung vor allem auf den N- und E-Hängen entfaltet. Fast überall liess die starke Reliefs- energie die Gletscher schnell in die Tiefe absteigen. Die grössern endigten im Südapennin in 1220--1780 m, im Zentralapennin in 800 bis 1600 m, im Nordapennin in 800--1200 m und in den Apuanischen Alpen in 570-680 m. Sie haben also da, wo die Schneegrenze tiefer lag, auch tiefer hinabgereicht. Allen einst vereisten Teilen des Apennins sind fast die gleichen glazialen Erosions- und Aufschüttungsformen eigen. Die Verglet- 72 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

scherung war alpiner Art. Der norwegische Typus in Form von Hoch- landeiskappen, welche Eiszungen in die Täler ringsum hinabsandten, hat sozusagen nicht bestanden; mir ist als einziges bescheidenes Bei- spiel dieser Vergletscherungsart der M. Beigua bekannt. Im allge- meinen hat das Eis nur der Gipfel- und Kammregion der gewaltigen Gebirgskette seine Formen eigenmächtig aufgeprägt.

Vergleich mit eiszeitlichen und rezenten Vergletscherungsgebieten.

Balkan-Halbinsel. Es soll hier die eiszeitliche Vergletscherung des Apennins mit jener anderer südeuropäischer Gebirge verglichen werden. Im R i l a -Massiv (Mussalla 2925 m), der höchsten Erhebung der Balkan-Halbinsel, sind nach J. CviJic (38, 41) und H. Louis (98) auf der N- und E-Seite zur letzten Eiszeit einige Gletscher bis auf 1150-1370m hinabgeflossen, so im Tal der Urdinska Reka (G1.8 km), der Malovica (Gl. 7-8 km), der Cerni Isker (Gl. 4 km), der Bistrica (Gl. 7 km) und aus den Sedemte-Jezera-Karen (Gl. 5 km). Der mit 20 km längste Eisstrom lag im Beli Isker-Tal. Die Gletscher verliessen das Gebirge nicht. Die Schneegrenze lag im Mittel in 2200 m Höhe. Diese Ergebnisse haben in einer Arbeit von H. ANNAHEIM (7) Erwäh- nung gefunden. In ähnlichem Masse war der Pirin (Pirin Vrh 2596 m) vereist. Sein längster Gletscher, der 12 km erreichte und am Rande des Ge- birges in 1400 m endigte, befand sich nach H. Louis (98) im Dam- janica-Tal, weniger grosse im Banderica- und Bajova Dupha-Tal (Ge. 1340 m). Die Schneegrenze ist für die N-Seite auf 2200 m und für die S-Seite auf 2300-2400 m berechnet worden. In Süddalmatien war nach L. R. v. SAwicia (147) das Gebiet des O r j e n (1895 m) der Schauplatz einer sehr beträchtlichen Verglet- scherung. Auf seiner W-Seite gingen fünf Talgletscher von 2-3 km, der Dobrido-Gletscher allerdings von 9 km Länge, nieder; sie fanden in 1000-1150 m bzw. 900 m ihr Ende. Auf der E-Seite waren ihrer sie- ben vorhanden, nämlich der Ubli - (8 km), Zvecava - (10 km), Duboki do - (11 km), Reovce - (11,5 km) und Blagojevic - Gletscher (9 km). Sie drangen bis auf 600-700 m vor. Die Schneegrenze hielt sich auf der W-Seite in 1400-1500 m und auf der E-Seite in 1180-1200 m. Ähnlich grosse Talgletscher besassen die höheren Berge von Montenegro, vor allem der D u r m i t o r (Bobotov Kuk 2522 m). Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 73

Hier hat nach K. KAYSER (77) ein 10-12 km langer Eisstrom das obere Gradjanica-Tal bis zur beckenartigen Talweitung von Kuta durchflossen und in 800 m seine tiefste Endmoräne abgesetzt. Auf dem Gebirgsvorland von Jezera (1400-1600 m) im E kamen nach J. CvIJIC (41) drei Gletscher zusammen und bildeten hier eine 140 km- grosse Eisdecke. Die Schneegrenze befand sich im Mittel in 1700-1750 m. Von den Gebirgen der Balkan-Halbinsel waren die N o r d - a 1 b a n i s c h e n Alpen (Maja Jeserce 2692 m), im besonderen das Gebiet der P r o k 1 e t i j e (Ge. in 530-600 m), am stärksten vereist. Ein 35 km langer Gletscher, der grösste der Halbinsel, er- füllte nach J. CvIJIC (41) und R. ALMAGIA (5) das obere Lim-Tal. Er drang bis unterhalb des Moränensees von Plava auf 900 m vor und nahm mehrere 6-12 km lange Seitengletscher auf. Mächtige Eis- zungen schickte nach E. NOWACK (115) die Maja J e s er c e, die von einer mindestens 100 km2 grossen Eiskappe bedeckt war, nach allen Seiten in die Täler hinein. Die grösste, die fast 30 km mass und im Valbona-Tal lag, hat am Gebirgsfuss in nur 350 m U. M. geendigt. Die Schneegrenze stieg auf 1700 m hinab. In der Gruppe des Peristeri (2295 m) - Kakarditsa (2429 m) des P i n d u s - Gebirges hat nach A. SESrINI (153) neben kleinen, nach N exponierten Kargletschern (Ge. in 1800-2100 m) ein mindestens 3 km langer Talgletscher bestanden, der gegen Matsuki bis auf 1450 m hinunterstieg. Die Schneegrenze wird auf 1900-2000 m ver- anschlagt. In den Gebirgen des mittleren und südlichen Griechenlands haben 0. MAULL (107) und G. MISTARDIS (111) eine bescheidene dilu- viale Vergletscherung nachgewiesen, so im Chelmos (2355 m), Ziria (2374 m), Vardussia (2495 m), Ghiona (2512 m), Parnass (2459 m) und im Taygetos (2407 m). R. v. KLEBELSBERG (83) zweifelt zwar, dass im Taygetos glaziale Spuren vorkommen. Wenigstens fehlen sie, wie seine Untersuchungen ergeben haben, im Chirinos- oder Sandava-Tal, in dem am stärksten beschatteten und am höchsten hin- aufreichenden Tal dieses Gebirges (W-Exposition). Spuren kleiner Kargletscher sind durch J. CVIJIC (41) im T h es s a l i s c h en Olymp (2985 m) bekannt geworden. Die Schneegrenze schätzt er hier auf 2300 m.

Korsika und Pyrenäen-Halbinsel. Auf der Insel Korsika, die im M. Rotondo (2625 m) und M. Cinto (2710 in) ihre grössten Höhen erreicht, haben P. CASTELNAU 74 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

(21) und G. ROVERETO (133) Moränen gefunden, die am tiefsten ge- legenen im V. Restonica (M. Rotondo) zwischen 1400 m und 1500 m. Nach R. LUCERNA (99) waren die Gletscher 4-10 km lang und gingen bis auf 1100 m hinunter. Sie vermochten die Gebirge nicht zu verlas- sen. Die Schneegrenze zur Würm-Eiszeit lag in 1650-1700 m. Auf der Iberischen Halbinsel waren die Pyrenäen (Maladetta 3404 m) am weitaus stärksten vergletschert. Nach F. Nuss- RAUM (116-121) lagen in den grossen, nach N gerichteten Haupt- tälern, die ihren Ursprung am Hauptkamm nehmen, in der Eiszeit 25-70 km lange Gletscher, von denen mehrere bis zum N-Rand des Gebirges reichten. Dies war der Fall in den Tälern des Gave dOssau, des Gave de Pau, der Neste dAure, der Garonne, des Salat und der Ariège (Gl. 63 km, Ge. wenig oberhalb Foix in 400-420 m). Auf der S-Abdachung waren die Eisströme kleiner; immerhin wurden in eini- gen Tälern, z. B. in dem des Aragon, des Rin Flamisell, des Rio Carol, solche von 30-35 km Länge, die bis auf 800-1200 m vorstiessen, nachgewiesen. Zahlreiche Gebirgsgruppen, die in einiger Entfernung vom Hauptkamme liegen, besassen eine selbständige Vergletsche- rung mit Talgletschern von 8-10 km Länge, die bis ins flachere Vorland auf 600-1200 m glitten; in den östlichen Pyrenäen z. B. auf der N-Abdachung Pic des 3 Seigneurs (2199 m), Pic de St. Barthé- lemy (2349 m), Pic de Camp Ras (2554 in), Roc Madrès (2471 m), Mont Canigou (2783 m), Pic de lEnfer (2870 m), und auf der S-Ab- dachung Sierra de Cadi (2660 m), Orry de Rubio (2430 m). Die Schneegrenze lag nach F. NUSSBAUM (116-121) in diesen nördlichen Gruppen in 1700-1800 m und in den südlichen in 2200-2300 m; und in den westlichen Pyrenäen nach A. PENca (116-121) im N in 1300 m. Zahlreiche grössere Gletscher bestanden im K a n t abri sehenn Gebirge (Picos de Europa 2642 m). Sie erloschen nach H. OBERMAIER (123) im allgemeinen in 650-950 m, so der Urdôn-, Deva- und Dobra-Gletscher. Die Schneegrenze ist für die letzte Eis- zeit auf 1400--1500 m anzusetzen. Die Sierra S e g u n d é r a (Pena Trevinca 2130 m) brachte nach P. VOSSELER (189) die folgenden 4-10 km langen Eiszungen hervor: Im Tuela- (im S, Gl. 9 km; Ge. 1050 m), im Edroso- (im S, Gl. 5 km; Ge. 1250 m), im Viboy- (im SW, Gl. 10 km; Ge. 1250 m) und Baiia-Tal (im N, Gl. 5 km; Ge. 1300 m). Der Gletscher des Tera-Tales, der bis auf 1000 m vordrang, war dagegen 20 km lang. Die Moränen- kränze des Castafieda-Sees im E bezeichnen sein Ende. Als Schnee- grenzhöhe werden 1600-1650 m angegeben. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 75

Von ähnlichem Ausmass war die Vergletscherung der Serra de E s t r e 11 a, des höchsten Gebirges Portugals (Malhao Grande oder Torre 1991 m). Es besass nach H. LAUTENSACH (89) in den fol- genden vier Tälern Gletscher: Im Zézere- (Gl. 13 km; Ge. 600 m), Alforfa- (Gl. 8-9 km; Ge. 700-750 m), Loriga- (01. 7 km; Ge. 750 m) und Estrella-Tal (Gl. 5 km; Ge. 700 in). Dazu kamen noch der Hänge- gletscher des Alvoco-Tales (01. 3 km; Ge. 1000 m), die Vergletsche- rung des Covao do Urso (Gl. 4,5 km; Ge. 1350 m) und jene des Covao Grande (Gl. 5,5 km; Ge. 1250 m). Die Schneegrenzhöhe betrug auf der E-Seite 1620 m und auf der NW-Seite 1650 m. Im Kastilischen Scheidegebirge schickte nach H. OBERMAIER (123) die S i err a de Gr edos (2592 m) zwei gegen 5 km lange Gletscher, den Gredos- und Pinar-Gletscher aus, die nach N bis auf 1400-1450 m hinabflossen. Aus der Sierra de G u a- d a r r a m a sind heute, nachdem die Untersuchungen von P. WER- NERT (190) in ihrer S-Kette, der C u e r da Larga (2385 m), die Existenz von vier diluvialen Gletschern ergeben haben, die Spuren von 13 solchen bekannt. In ihrem höchsten Gipfel, dem Penalara (2406 m), lag die Schneegrenze zwischen 2040 m und 2120 m, in der Cuerda Larga zwischen 1930 m und 2000 m und in der Sierra de Gredos zwischen 1800 m und 1900 m. Verhältnismässig stark war die S i e r r a N e v a d a (Mulahacen 3481 m) vereist. Es kam nach H. OBERMAIER (123) auf deren N-Seite zur. Bildung von ansehnlichen Talgletschern, die zwischen 1800 m und 2150 m endigten (z. B. Dilar 2000 m, Monachil 1900 m, Barranco de San Juan 2150 nl, Guarnôn 1800 m, Valdeinfierno 1850 m, Valde- casillas 1850 m). Auf der S-Seite entwickelten sich fast nur Hänge- gletscher, die bis 2050 m, die Mehrzahl auf 2250-2400 m hinab- gingen. Die Schneegrenze ist auf der N-Seite auf 2400-2500 m, auf der S-Seite auf 2600--2700 m bestimmt worden. In der Sierra T e j e d a (zwischen Granada und Malaga) hat R. v. KLEBELSBERC (78) Glazialspuren in Form kleiner Karbildungen am nordseitigen Höhenrande auf 1960-2020 m festgestellt, die die südlichsten bis heute bekannten in Europa darstellen. Sie lassen auf eine Schneegrenzlage von rund 2000 m schliessen.

Die Vergletscherung hat sich auf den drei südeuropäischen Halbinseln auf die höheren Gebirge (1900--3400 m) beschränkt. 76 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Das Vorland ist, von jenem der Pyrenäen abgesehen, von ihr kaum erfasst worden. Die erste Gruppe der zentralapenninischen Ge- birge (Gran Sasso, Velino, Greco, Meta) stimmt in Grösse und An- zahl der Gletscher mit den folgenden Erhebungen überein: Durmi- tor, Rila, Pirin, dem viel niedrigeren Orjen, den Gebirgen Korsikas, dem Kantabrischen Gebirge, der Sierra Segundéra, der viel niedri- geren und südlicher gelegenen Serra de Estrella und der Sierra Ne- vada. Dagegen hat ihre Vereisung nicht an die der Nordalbanischen Alpen und an die der Pyrenäen, die grösser als die heutige der Alpen war, herangereicht. Sie ist indessen der Vereisung vereinzelter Erhe- bungen der Pyrenäen, z. B. des Mont Canigou, der Sierra de Cadi, an Umfang gleichgekommen. In diese Abteilung sind auch die am stärk- sten vereisten Teile des Nordapennins, z. B. die Gruppe M. Orsaro- M. Brusa - M. Sillara, einzureihen. Die Vergletscherung der zweiten Gruppe des Zentralapen- nins (Sibillini, Simbruini, Terminillo, Majella) hat in ihrem Ausmass den folgenden Gebirgen entsprochen: Sierra de Gredos, Sierra de Guadarrama und Sierra de Urbiön (2246 m). In diese Abteilung gehören auch die Apuanischen Alpen und einige Teile des Nord- apennins. Die Vergletscherung der dritten Gruppe (Matese, Sirente, Morrone, M. dOcre) kann sich mit jener des Pindus, den Gebirgen des mittleren und südlichen Griechenlands und der Sierra de la Demanda messen. Ungefähr gleich gross war sie in zahlreichen Er- hebungen des Nordapennins, z. B. im M. Beigua, und ferner im M. Pol- lino und M. Sirino des Südapennins. Für viele Gebirge Südeuropas, z. B. Pindus, Serra de Estrella, beträgt die Depression der Schneegrenze wie für den Apennin 1100 bis 1200 m.

Rezente Vergletschèrungsgebiete. Der Zentralapennin hat zur Eiszeit etwa so ausgesehen wie heute einzelne vergletscherte Teile der Alpen. Allerdings hat er keine Eisströme von der Grössenordnung des Aletsch- (Gl. 24 km; Ge. 1350 m; Fl. 115 km2), Fiescher- (Gl. 16 km; Ge. 1500 m) und Un- teraar-Gletschers (Gl. 16 km; Ge. 1879 m) in der - Gruppe, der Merde Glace (Gl.15 km ; Ge.1450 m; Fl. 55 km 2) im -Massiv oder des Gorner-Gletschers (Gl. 15 km; Fl. 67 km2) in den Walliser Alpen hervorgebracht. Er hat Eiszungen, die in der Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 77

Grösse den mittelgrossen und kleineren alpinen Gletschern gleich.. kamen, besessen, so dem Miage- (im Mont Blanc, Gl. 9 km; Fl. 19 km2), Oberen und Unteren Grindelwald- (in der Finsteraarhorn- Gruppe), Stein- (in der Gruppe Sustenhorn-Thierberge, Gl. 5 km; Ge. 1963 m), Rhone- (im Dammastock, Gl. 4 km; Ge. 1770 m), Bifer- ten- (im , Gl. 4 km; Ge. 1770 m), Tschierva-, Rosegg- und Mor- teratsch- (in der Bernina), Gepatsch- (in den Oetztaler Alpen, Gl. 10 km; Fl. 15,5 km2) oder dem Mandrone-Gletscher (in der Ada- mello-Gruppe). Der bedeutendste Eisstrom, der im Campo Impera- tore des Gran Sasso lag, war etwa so gross wie die Pasterze im Gross- glockner (Gl. 10 km; Fl. 32 km 2, nach einer andern Angabe 27 km2; grösster Gletscher der Ostalpen). Ihrer geringen Grösse wegen lassen sich die ehemaligen Firn- gebiete des Zentralapennins mit den heutigen der Alpen kaum ver- gleichen. Sie waren selbst in den am stärksten vereisten Erhebungen, wie Gran Sasso oder Velino, schätzungsweise nur je 60-80 km2 gross, haben also nicht entfernt an die Schnee- und Eisflächen der Finsteraarhorn-Gruppe (vergletschertes Areal zirka 460 km 2) oder der Oetztaler Alpen (vergletschertes Areal zirka 350 km2) heran- gereicht. Die Gebirge Mittelitaliens haben zur Eiszeit etwa das Bild dargeboten wie heute die Dammastock- oder Tödi-Gruppe oder im Wallis der Hintergrund des Val de Bagnes mit dem Breney- und Otemma-Gletscher. In seiner höchsten Aufragung, dem Gran Sasso, birgt der Apen- nin heute noch einen Kargletscher, den G h i a c c i a i o d e 1 C a 1- d e r o n e. Er liegt in NE-Exposition zwischen 2874 m und 2685 m und ist 6 ha gross. Er ist viel kleiner als der grösste Gletscher der Pyrenäen, der im N der Maladetta liegt und 2,5 km2 Fläche misst. Indessen übertrifft er an Grösse das sehr kleine Firn- f eld des Corral de Veleta, das sich in steter Beschattung zwischen 2920 m und 2860 m am NE-Fusse der nach dieser Seite nahezu senk- recht abbrechenden Gipfelwand des Veleta (3401 m), der zweithöch- sten Erhebung der Sierra Nevada, befindet.

Zeitlicher Verlauf der Vergletscherung.

Anzahl der Eiszeiten. Für den Zentralapennin sind zwei Eiszeiten anzunehmen. Das folgt aus Erwägungen theoretischer Natur, indessen nicht aus den 78 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 bisherigen geologischen Untersuchungen im Gelände. Die Moränen sehen einander in ihrer Beschaffenheit überall gleich und werden deshalb der gleichen Eiszeit entstammen. Sie sind frisch, unver- waschen und meist, wenn sie nicht mit Bächen in Berührung kamen, von gut erhaltener, unverletzter Form. Wegen ihrer Frische dürften sie zur Würm-Eiszeit der Alpen abgelagert worden sein. Weniger schöne, verwitterte und verwaschene und darum ältere Moränen sind bis heute nicht festgestellt worden. Auch die spärlich vorhan- denen fluvioglazialen Schotter sind ihrer Lage und Beschaffenheit wegen der jüngsten Eiszeit zuzuordnen. Interglaziale Ablagerungen sind unbekannt. Dennoch ist an der Annahme einer zweimaligen Vergletscherung festzuhalten. Es darf wohl vorausgesetzt werden, dass die Klimaschwankungen, die in den Alpen die verschiedenen Eiszeiten hervorriefen, auf der italienischen Halbinsel in einer ähn- lichen, ihrer geographischen Lage entsprechenden Art, stattgefunden haben. Das wird übrigens durch den Umstand bekräftigt, dass an beiden Orten die Depression der Würm-Schneegrenze 1150-1200 m beträgt. A. PENCK (127) hat an einigen wenigen Stellen der Alpen festgestellt, dass die Schneegrenze der Riss-Eiszeit um rund 100 m tiefer lag als die der Würm-Eiszeit; die Depression macht 1300 m aus. Das dürfte auch für den Zentralapennin zutreffen. Dann müss- ten, wie in den Alpen, die Riss-Gletscher grösser als die Würm-Glet- scher gewesen sein und ihre Moränen in tiefer gelegenen Talgebie- ten, ausserhalb des Jungmoränengürtels, abgesetzt haben. Hier feh- len sie aber. Sie sind wohl kaum durch das Wasser gänzlich zerstört und abgetragen worden. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich die Riss-Gletscher nicht aus den Grenzen der Würm-Gletscher hinaus erstreckt haben; sie waren weniger gross. Vielleicht war die Depres- sion der Riss-Schneegrenze kleiner als 1300 m, viel wohl kaum; vielleicht war der Apennin dazumal noch nicht in die heutige Höhe gehoben. Zahlreiche Terrassenstudien an den Küsten und in den grösse- ren Tälern haben ergeben, dass Italien seit dem Miozän ein sehr bewegtes Land ist. Insbesondere hat es während des Quartärs starke Hebungen erfahren. Sie waren von Ort zu Ort sehr verschieden. Das zeigt ausgezeichnet die Höhenlage der marinen Sedimente des Plio- zäns; sie macht die folgenden Beträge aus: in den Marken und Abruzzen im allgemeinen 350-500 m, in Campanien 600 m, in Süd- kalabrien 500 m, in der Römischen Campagna 350 m, in der südlichen Toskana 1000 m, in der nördlichen Toskana 600 m, am M. dellAs- censione bei Ascoli 1100 m, am Aspromonte 1150 m, im Avellinese Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 79 bei Trevico 1100 m. Für das Quartär sind, sowohl an den Küsten als in den Tälern, drei Terrassensysteme festgestellt worden. Sie lassen auf drei Hebungen der Halbinsel während dieser Zeit schliessen. Die Entstehung des obersten Terrassensystems, des zuerst folgen- den unter der pliozänen Landoberfläche, fällt nach M. GORTANI (57, 64) zeitlich mit dem ersten Glazial oder dem Mindel (die Günz- Vergletscherung hält er für nicht erwiesen) zusammen, die des mitt- leren mit dem zweiten Glazial oder dem Riss und die des dritten mit dem dritten Glazial oder dem Würm. Darnach hätte die erste Hebung zwischen Pliozän und Mindel, die zweite zwischen Mindel und Riss, also dem ersten Interglazial, und die dritte zwischen Riss und Würm, dem zweiten Interglazial, stattgefunden. Zwischen den Hebungen der Gebirge und jenen der Küsten hat wohl — die Küsten- und Tal- terrassen stehen miteinander in Verbindung — ein innerer Zu- sammenhang bestanden. In den einzelnen Teilen des Apennins haben die Hebungen nach M. GORTANI (57, 64) die folgenden Beträge erreicht: Emilianischer Marchigianisch- Matese Aspro- Apennin abruzzesischer monte Apennin 1. Hebung (vor Mindel) 100 m 150-200 m 350 m 450 m 2. Hebung (Mlndel-Riss) 50-60 m 100 m 200 m 300 m 3. Hebung (Riss-W(1rm) 20-30 m 70-100 m 200 in 300 m

Nach Würm haben sich nur noch kleine Hebungen von 5-15 m ereignet. Der Zentralapennin war diesen Zahlen zufolge zur Riss-Eiszeit um 70-200 m niedriger als zur Würm-Eiszeit. H. KALLNER (75) hat für das Ani en e- Tal in den Monti Simbruini eine jungdiluviale Hebung von 145 m festgestellt. Wenn also selbst eine maximale De- pression der Riss-Schneegrenze von 1300 m (100 mehr als für die Depression der Würm) . angenommen wird, konnte die Riss-Ver- gletscherung nicht grösser als die Wiirm-Vergletscherung gewesen sein. In allen andern Fällen war sie geringer. Jedoch hat sie sicher stattgefunden, da zahlreiche Gebirge damals bereits Höhen besassen, die sie in den Bereich der Vereisung rückten. Einen unmittelbaren Beweis dafür, dass in den höchsten Erhebun- gen, wie Gran Sasso (Taf. I, Fig. 1) oder Velino, zwei Vergletsche- rungen vor sich gingen, vermag vielleicht die Tatsache zu liefern, dass in ihnen in den N- und E-Hängen zwei Karreihen vorhanden sind. Die höher gelegenen Kare (2100-2150 m) würden aus der 80 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939

Riss-, und die tiefer gelegenen (1900-2000 m) aus der Würm-Eis- zeit herrühren. Ihr Höhenunterschied von 150-200 m stimmt nicht schlecht mit der Grösse der Hebung, die diese Gebirge zwischen Riss und Würm erfahren haben, überein. Wahrscheinlich sind auch die höheren Teile der Apuanischen Alpen und des Nordapennins zur Riss-Eiszeit in geringem Masse vereist gewesen. Indessen dürfte der Südapennin die Ewigschnee- zone damals nicht erreicht haben. Seine höchsten Berge sind erst zwischen Riss und Würm in sie gehoben worden.

Stadien der Würm-Eiszeit. Endmoränenwälle, die in den Tälern und Hochflächen in ver- schiedener Höhe liegen, zeigen an, dass sich die Würm-Gletscher etappenweise ins Innerste der Gebirge zurückgezogen haben. Dafür kann ich im folgenden einige wenige Beispiele nennen. Zur Bekräf- tigung der Schlussfolgerungen, das sei mit Nachdruck betont, ist noch eine grössere Zahl von Untersuchungen nötig.

Tabelle 7.

Gebirge Tal Exposition Höhenlage der Endmoränen I II IH IV

Gran Sasso Arno N 850 m 1650 m 1780 m 2100 m Venaquaro N 1190 m 1750 m 1900 m 2100 m Solagne W 1200 m i) 1672 m 1800 m 2100 m Sibillini Aso N 1250 m i) 1800 m 1940 m Velino Teve NW 1013 m 1750 m 1900 m 2100 m

Aus diesen wenigen Zahlen lassen sich vier Gletscherhalte er- kennen. Die Zahlenreihe I gibt die Höhenlage der am tiefsten ge- legenen, äussersten Endmoränen wieder, die aus der Zeit des Würm- Maximums, der grössten Ausbreitung der Gletscher, stammen. In Zahlenreihe IV sind die am höchsten gelegenen Endmoränen, die sich bereits innerhalb der Kare befinden, aufgeführt; sie zeigen das Endstadium der Vereisung an. Zahlenreihen II und III bezeichnen Stillstände während des Eisrückzuges. Die Schneegrenze ist also nach und nach gestiegen; infolgedessen haben sich die Nährgebiete der Gletscher verkleinert. Die Berechnung der Höhenlage der Schneegrenze für die Rückzugsstadien nach der Methode von L. Ku- ROWSIII (88) ergibt die folgenden Zahlen:

2) Nicht nachgewiesen, steht aber zu vermuten. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 81

Tabelle 8.

Tal Gipfel Gletscher- Schneegrenz- Depres- Depressions- halte lagen sionen differenzen m m m in Arno M. Cefalone 850 1691 1259 400 2532 m 1650 2091 859 65 1780 2156 794 160 2100 2316 634 634 Corno Grande 2685 rezent 2950 Venaquaro Malecoste 1190 1818 1132 280 2447 ln 1750 2098 852 75 1900 2173 777 100 677 2100 2273 677 rezent 2950 Solagne M. Corvo 1200 1913 1037 236 2626 m 1672 2149 801 64 1800 2213 737 150 2100 2363 587 587 rezent 2950 Aso M. Vettore 1250 1868 1082 279 2487 m 1800 2143 803 66 1940 2213 737 737 rezent 2950 Teve M. Velino 1013 1750 1200 368 2487 m 832 1750 2118 75 1900 2193 757 100 2100 2293 657 657 rezent 2950

Für die Schneegrenzlagen und Depressionen der vier Still- stände erhalten wir die folgenden Durchschnittswerte:

Tabelle 9. Tal Schneegrenzlagen Depressionen I II HI IV I H HI IV Arno 1691 m 2091 m 2156 m 2316 m 1259 m 859 m 794 m 634 m Venaquaro 1818 m 2098 m 2173 m 2273 m 1132 m 852 m 777 in 677 m Solagne 1913 m 2149 m 2213 m 2363 m 1037 m 801 m 737 m 587 m Aso 1868 m 2143 m 2213 m 1082 m 803 in 737 m Teve 1750 m 2118 m 2193 m 2293 m 1200 m 832 m 757 m 657 in Durchschnitts- werte 1808 in 2114 m 2175 m 2291 m 1142 m 836 in 773 m 658 m

Es ergibt sich aus diesen Durchschnittswerten ein Anstieg der Schneegrenze vom Würm-Maximum zum ersten Gletscherhalt von 82 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

306 m, vom zweiten Gletscherhalt zum dritten ein solcher von 63 m, vom dritten Halt zum vierten ein solcher von 115 m und vom vierten Halt zur rezenten Gletscherlage von 658 m. Es liegt nun nahe, diese Stadien mit jenen der Würm-Verglet- scherung der Alpen zu vergleichen. Für deren Schneegrenzlagen und Depressionen hat A. PENCK (127) die folgenden Mittelwerte be- rechnet:

Tabelle 10. Anstieg der Gletscherstand Schneegrenzlage Depression Schneegrenze zur Zeit des Würm-Maximums 1250 m 1200 in 300 m zur Zeit des Bühlstadiums 1550 m 900 m 300 m zur Zeit des Gschnitzstadiums 1850 m 600 m 300 m zur Zeit des Daunstadiums 2150 m 300 m 300 m Gegenwart rund 2450 m

Ein Vergleich zwischen den Gletscherständen der Alpen und jenen des Zentralapennins zeigt gewisse Übereinstimmungen. Beide Gebirge weisen eine gleich grosse Depression der Schneegrenze für die Zeit des Würm-Maximums auf. Daraus darf wohl der Schluss gezogen werden, dass auch die Depressionen für die Stadialzeiten ungefähr gleich gross waren; m. a. W. dass die Schneegrenze in bei- den Gebirgen in gleichen Zeiten um ungefähr gleiche Beträge an- stieg. Im Zentralapennin würden sich demnach die folgenden Höhen- lagen der Schneegrenze ergeben: zur Zeit des Bühlstadiums 2050 m, des Gschnitzstadiums 2350 m und des Daunstadiums 2650 m. Da der Anstieg der Schneegrenze vom Würm-Maximum zum ersten Glet- scherhalt in diesem Gebirge mit jenem der Alpen in der Grösse über- einstimmt, so dürfte dieser zeitlich dem Bühlstadium entsprechen (Depression in den Alpen 900 m, im Zentralapennin 836 m). Der zweite Gletscherhalt scheint in der Zeit zwischen Bühl- und Gschnitz- stadium erfolgt zu sein. Der dritte Stillstand dürfte zeitlich mit dem Gschnitzstadium (Depression in den Alpen 600 m, im Zentralapen- nin 658 m) zusammenfallen. Der Zentralapennin besass nun nur noch in den höheren Erhebungen kleine Kargletscher. Zur Zeit des Daunstadiums, also seit mindestens 4000-5000 Jahren, waren diese fast ganz verschwunden; einzig im hohen Gran Sasso und in der Ma- jella konnten sich noch sehr kleine Eiszungen halten. Die Tatsache, dass sich im Zentralapennin die Gletscher in zwei oder drei Phasen zurückgezogen haben, wird durch die folgenden Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 83

Beispiele erhärtet. Im V. Chiarano (M. Greco) liegen die äussersten Endmoränen bei Casone in 1650 m und stadiale Moränen 1 km ober- halb Casone in 1700 m, ferner am Anfang und Ende des Lago Panta- niello in 1820 m und unter den Karen des M. Greco in 2000-2050 m. In diesem Tal ist der Gletscherrückzug sogar in vier Abschnitten vor sich gegangen. Das Eis hat hier weniger grosse Tiefen als in den Tälern, die in Tabelle 7 aufgezählt sind, erreicht; daran ist das sanf-

...... Ga^^iello x€ 3 Endmoräne x x x x x /545 Stadien 4/7, U/ x x xxx Erretika

/400 d^^ vP°9oi7a /i r Ebene (=> •••• ." rne uuwuU d er `e

GIef5AeV)

r^

Abb. 20. tere Gefälle des V. Chiarano, das ein rasches Absteigen des Glet- schers in die Tiefe verhinderte, schuld. Die Zahlen für die Höhen- lage seiner Endmoränen können darum nicht ohne weiteres in die Tabelle 7 eingesetzt und bei den anschliessenden Berechnungen mit- benützt werden. In der Talfläche Regione le Forme des V. Pagana im Meta-Gebirge sind, wie die Abb. 20 zeigt, in 1350-1400 m die Endmoränen von drei sich einst rasch folgenden Gletscherstän- den festzustellen. Auf der rechten Talseite kommen sie mit den Mo- ränen, die ein Gletscher aus der Metuccia abgelagert hat, zur engen Berührung und treten darum hier weniger klar hervor als auf der linken Talseite. In ebenso schöner Weise zeigen im Piano di Campi- tello (Matese) gegen den Fosso Pietrapalomba hin in 1370-1410 m Endmoränen die ehemaligen Gletscherstände an. Selbst in nur kur- zen Tälern sind Eisstillstände zu erkennen, so in jenen, die von dem Toppe del Tesoro in den Piano Aremogna (M. Greco) niedergehen. In Tabelle 11 sind einige Ergebnisse zusammengestellt. Die Ein- reihung der Gletscherstandszahlen ist im Hinblick darauf, dass in jedem der genannten Gebiete immer wieder besondere morpholo- 84 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 gische Verhältnisse vorliegen, schwierig; die Einordnung in der Ta- belle 11 ist nicht ohne Willkür und kann nur als ein Versuch be- trachtet werden.

Tabelle 11.

Höhenlage der Endmoränen Gebirge Hochfläche od. Tal Exposition I H HI IV m n1 m m

Gran Sasso Campo Lnperatore E 1580 1800 2000 2120 a) b) M. Greco V. Chiarano N 1650 1700 1820 1820 2030 Toppe del Tesoro-Piano Aremogna,unterP.2047 m E 1410 1550 1900 V. Pistacchia N 1650 1700 1920 Meta V. Pagana-Regione a) b) le Forme E 1380 1400 1400 1950 Matese V. Ravarelle-Piano a) b) di Campitello NE 1370 1390 1410 1800

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass schon G. DAINELLI (42) bei der Untersuchung des A n i e n e - Tales im Römischen Apennin zwei Gletscherstände unterschieden hat, einen älteren mit einer Schneegrenzlage von 1400 m und einen jüngeren mit einer solchen von 1650 m. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass seine Angabe über einen älteren Gletscherstand unrichtig ist. F. SACCO (144) kam auf Grund von Ablagerungen in der Gegend von Filatoppa im Sangro-Tal, die Moränen und fluvioglaziale Schotter verschiedenen Alters sein sollen, dazu, für die Abruzzen vier Eis- zeiten anzunehmen. Seine Untersuchungen sind aber auf zu schma- ler Basis und zu wenig sorgfältig durchgeführt, um diese Annahme zu rechtfertigen.

Für das S i r in o - Gebirge des Südapennins sind G. DE LORENZO und G. DAINELLI (95) zum Schlusse gelangt, dass hier sämt- liche glazialen Ablagerungen der Würm-Eiszeit angehören. Sie stell- ten drei Stillstände der Gletscher fest, denen Schneegrenzlagen von 1820 m, 1860 m und 1900 m entsprechen. Sie liessen die Frage ihrer zeitlichen Einordnung offen. Es dürfte die Schneegrenzlage von 1900 m — im Würm-Maximum lag sie in 1670 m — mit Bühl festgelegt werden; die von 1860 m und 1820 m würden dann Phasen zwischen Würm-Maximum und Bühl bezeichnen. Gschnitz- und Daun-Stadium fehlen. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 85

In den A p u a n i s c h e n Alpen hat MARGA PAGI (124) die folgenden Gletscherstände unterschieden: Würm-Maximum mit End- moränen in 600-775 m; erstes Rückzugsstadium mit solchen in 800 bis 975 m, und zweites Rückzugsstadium mit solchen in 1040-1130 m. Ihre Schlussfolgerungen aus diesen Feststellungen stehen noch aus. Nach der Methode von L. KuROWSKI (88) würden sich aus diesen Zahlen die folgenden Schneegrenzlagen ergeben: Für das Würm- Maximum 1250-1350 m, für den ersten Gletscherhalt 1350 -1425 m und für den zweiten Halt 1450-1500 m. Im Nordapennin, im Umkreise des M. Cimone, hat A. DESTO (44) ausser den Karmoränen zwei Moränenlagen festge- stellt, so im V. delle Tagliole in 950 m und 1230 m und im V. delle Pozze in 1100m und 1360m. Die tiefere Lage, für die sich die Schnee- grenze auf 1600 m und die Depression auf 1150-1200 m beläuft, ent- spricht dem Würm-Maximum, und die höhere, der eine Schnee- grenze von 1800-1900 m und eine Depression von 900 m zukommt, dem Bühl. Für Gschnitz würde sich eine Schneegrenze von 2100 bis 2200 m und eine Depression von 600 m ergeben; ihm, oder einem Zeitabschnitt kurz vor ihm, wären m. E. die Karmoränen zuzuordnen. Es ist bis heute über die Anzahl der Eiszeiten und Stadien im Apennin wenig bekannt. Die Zahl der Untersuchungen im Gelände ist gering. Bei aller Vorsicht, die darum geboten erscheint, darf den- noch als gesichert gelten, dass sämtliche bis heute aufgefundenen glazialen Ablagerungen aus der jüngsten Eiszeit herstammen. Sie zeigen, dass dem Würm-Maximum überall das Bühl-, und diesem, wenigstens im Zentral- und Nordapennin, das Gschnitzstadium ge- folgt ist. Mit ihm war die Vereisung, vom Gran Sasso und der Majella abgesehen, beendigt. Spuren einer älteren Vergletscherung (Riss) sind nicht bekannt. Gleichwohl ist sie in den höchsten Gebirgen zur Auswirkung gekommen. Ein kurzer Überblick über den Ablauf des Diluviums in einigen Erhebungen von Südeuropa ergibt interessante Parallelen. Auf der Balkan- Halbinsel hat nach J. CviJic (39-41) in den höchsten Gebirgen, wie Rila, Pirin, Prokletije, Durmitor, eine zweimalige Ver- eisung stattgefunden; die jüngere ist Würm und die ältere, tiefer tal- auswärts reichende wahrscheinlich Riss. Nach H. ANNAHEIM (7) ist allerdings für die Rila die zweimalige Vergletscherung noch keines- wegs erwiesen. Für Würm lassen . sich nach J. CviJic (39-41) zwei, vielleicht auch drei Stadien, nämlich Bühl, Gschnitz und Dann, unter- scheiden. Als Beispiel seien die Ergebnisse aus der Rila angeführt: 86 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Gletscherstand Schneegrenzlage Moränenlage Riss 1780 m 970 m Würm-Maximum 1930 ln 1150-1370 m (je nach Exposition) Bühl 2100 m 1600-1900 m Gschnitz 2370-2420 m 2200-2400 m (Karmoränen) Daun

Zur gleichen Anzahl von Eiszeiten und Stadien ist H. P. KOSACK (87) für die Ostrila, im besonderen für das Gebiet des Belmekensees im Odschoviza-Tal (unterhalb des Ravni Tschal, 2641 m) gelangt. In der Gruppe Peristeri-Kakarditsa des Pindus-Gebirges hat A. SESTINI (153) zwei Phasen der Würm-Vergletscherung nachge- wiesen: Würm-Maximum mit einer Schneegrenzlage von 1900 m und ein Stadium mit einer solchen von 2200-2300 m; es entspricht wahr- scheinlich, da der Anstieg der Schneegrenze 300-400 m beträgt, dem Bühl. Für die Berge Jachupica und Dautica südlich von Üsküb teilt P. JOVANOVIC (72) das folgende Ergebnis mit:

Gletscherstand Schneegrenzlage Riss 1500-1575 m Würm-Maximum 1600-1700 m Bühl 1950-2075 m Gschnitz 2000-2150 m Daun 2230 m

Auf der Iberischen Halbinsel konnten nach H. OBE,RMAIER (123) in den meisten höheren Gebirgen nur Spuren der Würm-Ver- gletscherung, in einigen wenigen, wie im Kantabrischen Gebirge und der Sierra de Guadarrama, auch solche einer älteren Vergletsche- rung festgestellt werden. Für die Sierra de Guadarrama gibt er die folgenden Schneegrenzlagen an: vorletzte Eiszeit 2000 m, letzte Eis- zeit 2050-2100 m, älteres Rückzugsstadium 2130 m und jüngeres 2220 m. Für ihre S-Kette, die Cuerda Larga, werden, im besondern für das Mediano-Tal, von P. WERNERT (190) die folgenden Angaben gemacht: in 1740 m Moränen einer älteren und bedeutendsten Ver- gletscherung, in 1780 m solche einer jüngeren und in 1980 m Rück- zugsmoränen. Die Schneegrenze für die ältere Vereisung wird mit 1900 m und für die jüngere mit 1930 m angegeben. In der Serra de Estrella hat H. LAUTENSACH (89) Moränen des Würm-Maximums und des Bühlstadiums unterschieden. Die letz- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 87 teren gliedern sich nach der Höhenlage in die drei Gruppen von 1100 bis 1300 m, 1500 m und 1800 m; für sie sind Schneegrenzlagen von 1700 m, 1800 m und 1900 m anzunehmen. Nach Bühl hatte dieses Ge- birge keine Gletscher mehr. Spuren einer älteren Vereisung fehlen.

In der Sierra Segundéra war es P. VOSSELER (189) nicht mög- lich, tiefer liegende Moränenreste als Spuren einer älteren, grös- seren Vergletscherung zu erkennen. Er verzeichnete zwischen 1000 m und 1400 m Moränen des Würm-Maximums und zwischen 1450 m und 1550 m Stadialmoränen (Bühl?). Die dazu gehörenden Schneegrenzlagen sind 1600-1650 m und 1725-4770 m. In mehreren Tälern der Pyrenäen konnten nach F. Nusssaum (116-121) Spuren aus der Riss- und Würm-Eiszeit gefunden werden. Dieser Überblick zeigt, dass in den höchsten Gebirgen der Bal- kan- und Pyrenäen-Halbinsel zwei Vergletscherungen stattgefun- den haben und in den weniger hohen eine, nämlich Würm. Die ältere, die wohl Riss entspricht, war durchwegs grösser und besass eine um 100-200 m tiefer liegende Schneegrenze. Spuren von mehreren Vereisungen sind nicht bekannt. Die Annahme von R. LUCERNA (99), dass die Gebirge Korsikas viermal vergletschert waren, ist kaum haltbar. Wie im Apennin, zogen sich nach dem Würm-Maximum die Gletscher als Folge einiger schwächerer Klimaschwankungen ruck- weise ins Innerste der Gebirge zurück. In den höhern Erhebungen kam es zum Bühlstadium. Mit ihm ist die Vereisung da und dort, z. B. im Pindus, in der Serra de Estrella, in der Sierra Segundéra (?), in der Sierra de Guadarrama, beendigt. Einige Aufragungen, wie Rila, Durmitor, Prokletije, Jachupica, Dautica, blieben weiterhin vereist, die meisten bis Gschnitz, einige wenige bis Daun, und Pyre- näen und Sierra Nevada sogar bis in die Gegenwart.

Die eiszeitliche Schneegrenze in ihrer Abhängigkeit vom Klima. Die eiszeitliche Schneegrenze lag im Zentralapennin durch- schnittlich in 1750.-1800 m und im höchsten Abschnitt des Nord- apennins in 1500-1600 m. Tiefer reichte sie im Ligurischen Apen- nin hinab, so im M. Beigua auf 1000 m, ferner in den Apuanischen Alpen, wo sie für die E-Seite auf 1300-1400 m (A. SESTINI, 151- 160, berechnete sie auf 1350 m; lokal, für einige Gletscher des E- Hanges sogar auf 1200-1285 m) anzusetzen ist. Im Südapennin gelten für sie die folgenden Werte: M. Sirino 1670 m, M. Pollino 88 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft ln Zürich. 1939

2000 m und, nach nicht bestätigten Ergebnissen von R. BIASUTTI (12), im M. Cervati 1840 m und Aspromonte 1800-1900 m. Einige Schnee- grenzzahlen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt:

Gebirge M. Pollino M. Cervati M. Miletto M. Terminillo

Geographische Breite 39° 54,5 40° 20 41° 27 42° 28 Höhenlage der Schneegrenze 2000 m 1840 m 1750-1800 ln 1700-1750 m

Gebirge M. Cimone M. Pisanino (Apuane) M. Beigua Geographische Breite 44° 11,5 44° 8 44° 26 Höhenlage der Schneegrenze 1600 m 1300-1400 m 1000 m

Diese Zahlen lassen für den Apennin ein deutliches Sinken der eiszeitlichen Schneegrenze von S nach N erkennen. Sie fällt auf einem Raum, der sich nur über vier Breitengrade erstreckt, von rund 2000 m auf 1000 m, also um volle 1000 m. Das Fallen ist besonders stark im westlichen Teil des Nordapennins, zwischen Pistoia und Savona. Welches sind die klimatologischen Gründe für diese auf- fallende Erscheinung? TJm das zu erfahren, sei vom Klima der Ge- genwart der Apenninen-Halbinsel ausgegangen. Denn es ist anzu- nehmen — für andere Gebiete Europas darf es durch Vergleichs- studien zwischen eiszeitlicher Schneegrenzlage und rezentem Klima als erwiesen gelten —, dass hier zur Eiszeit ungefähr die gleiche atmosphärische Zirkulation und damit ungefähr die gleiche Vertei- lung von Wärme und Niederschlägen herrschte wie heute. Zwischen den einzelnen Teilen der italienischen Halbinsel be- stehen hinsichtlich der durchschnittlichen Jahrestemperatur keine grossen Unterschiede. Das rührt von ihrer besondern geographi- schen Lage her. Im N wird sie vom hohen Alpenwall abgeschlossen, der die kühlen N-Winde abhält; und nach S erstreckt sie sich weit ins Mittelmeer hinein, das ihren Wärmehaushalt, vor allem in den Küstengebieten, regelt. Hier herrscht Mittelmeerklima. Landein- wärts nimmt der Einfluss des Meeres ab; im Innern, so in Umbrien, in den Abruzzen, in der Basilikata, namentlich aber in der Po-Ebene, ist er kaum mehr zu spüren. In dieser innern Zone ist das Jahres- mittel, wie die Tabelle 12 zeigt, etwas geringer als in den Küsten- gebieten, insbesondere sind aber die Temperaturunterschiede zwi- schen Sommer und Winter grösser; sie geben dem Klima einen kon- tinentalen Charakter. Tabelle 12.

Tyrrhenische Seite, westlich des Apennins Apennin - Po-Ebene Adriatische Seite, östlich des Apennins 3)

Geogr. Höhe Käl- Wärm- Geogr. Höhe Käl- Wärm- Geogr. Höhe Käl- Wärm- Jahr Station Br. ü. M. tester ster Jahr Station Br. ü. M. tester ster Jahr Station Br. ü. M. tester ster m Monat Monat °L m Monat Monat °C m Monat Monat °C

Alessandria 44° 54 98 -0,3 23,8 11,9 Todi 44° 46 411 3,6 23,0 12,6 Genua 44° 25 54 7,5 24,1 15,5 Bologna 44 ° 30 85 1,5 24,6 13,2 Florenz) 43° 46 73 4,7 24,6 14,3 Ancona 43° 37 91 5,5 25,6 15,4 Rom 41° 54 51 6,7 24,8 15,4 Avezzano 42° 1 698 1,7 22,7 12,5 Chieti 5) 42° 21 340 4,1 22,9 12,9 Campobasso 41° 34 700 1,6 22,0 11,5 Neapel 40° 52 149 8,2 24,2 15,9 Potenza 40° 39 826 8,2 20,5 11,2 Lecce 40° 22 70 8,9 26,0 15,4 Reggio 38° 6 29 11,5 25,1 17,8

Tabelle 13.

Tyrrhenische Seite, westlich des Apennins Apennin - Po-Ebene Adriatische Seite, östlich des Apennins)

Geogr. Höhe Niederschlagsmengen für Geogr. Höhe Niederschlagsmengen für Geogr. Höhe Niederschlagsmengen für Station Br. ü.M. Herbst Win- Früh- Jahr Station Br. 5.M. Herbst Win- Früh- Jahr Station Br. ü.M. Herbst Win- Früh- Jahr m ter ling mm m ter ling mm m ter ling mm

•Alessandria 44° 54 98 206,7 135,6 186,2 655,6 Todi 44°46 411 252 157,6 200,6 757,7 Genua 44°25 54 484,7 350 319,5 1307,4 Bologna 44°30 85 254 156 221,7 774,8 Florenz4)43°46 73 275,2 201,4 215,5 831,8 Ancona 43°37 91 233,6 115 157 667,8 Rom 41°54 51 326,2 259,4 212,4 881,5 Avezzano 42° 1 698 214,3 231,9 218,2 817,4 Chieti°) 42°21 340 320 270,8 233,4 1002,1 Neapel 40°52 149 317,1 285,1 196,8 873 Potenza 40°39 826 205,2 202,6 174,2 670,5 Lecce 40°22 70 299,3 260 148,2 618,5 Reggio 38° 6 29 194,1 194,1 128,2 553,2

3r‘1,.,.,. 7..1,1.,., ,4...-1 .1o,.R,,.,4n11.,,,,n.1;o;+0l;o,, 1,Z1 qg nninnmmon s\ Fiir Phiet; cinrl die Zahlen wegen seiner Höhenlage etwas niedriger. 03 4) Es ist zu beachten, dass Florenz 80km vom Meer entfernt liegt. 6) Für Chieti sind die Zahlen wegen seiner Höhenlage viel hôher. 90 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Der Apennin trennt fast in seiner ganzen Länge zwei Zonen annähernd gleicher Wärme, die tyrrhenische und adriatische, von- einander. Er selbst, mitsamt der in ihm liegenden Becken, stellt ein Gebiet geringerer Temperatur, vor allem im Winter, dar. Insbeson- dere wird aber aus Tabelle 12 ersichtlich, dass die geographische Breite auf den Wärmehaushalt der Halbinsel nur von unbedeuten- dem Einfluss ist. Es herrschen z. B. in der Breite von Neapel fast die gleichen Temperaturen sowohl für den kältesten als wärmsten Monat und auch für das Jahr, wie in jener von Genua. Erst im süd- lichsten Kalabrien steigen sie stärker an. So dürfte die Wärmever- teilung schon zur Eiszeit gewesen sein. Dann kann das starke Sinken der Schneegrenze von S nach N kaum auf Temperaturunterschiede zurückgeführt werden. Die geographische Breite war für ihren Ver- lauf nicht von wesentlicher Bedeutung. Grosse Unterschiede bestehen aber, wie die Tabelle 13 zeigt, in der mittleren jährlichen Niederschlagsmenge zwischen den ein- zelnen Teilen der Halbinsel. Für unsere Untersuchung sind zwei Tatsachen von ausschlaggebender Bedeutung. Einmal, dass die Nie- derschläge von E nach W zunehmen; die tyrrhenische Seite ist regen- reicher als die adriatische Seite, bzw. die Po-Ebene (vergleiche z. B. Bologna-Genua, Ancona-Florenz, Lecce-Neapel). Noch wichtiger ist die Feststellung, dass die Niederschläge, so- wohl die jährlichen, als auch die der kühlem Jahreszeiten (Herbst, Winter, Frühling) von S nach N anwachsen. Das gilt für die Küsten- gebiete der Tyrrhenis (Reggio 553 mm, Genua 1307 mm, La Spezia 1465 mm), aber auch für jene der Adria und für die Zone des Apen- nins (beim Vergleichen müssen die Höhenzahlen der Stationen be- rücksichtigt werden). Dieser Art dürfte die Niederschlagsverteilung auch zur Eiszeit gewesen sein. Sie hatte die grossen Unterschiede in der Höhenlage der Schneegrenze zwischen S und N der Halbinsel zur Folge. Wo der Niederschlag in fester Form gross war, da hat sie tief hinabgereicht. Das war in Ligurien, vor allem an der Riviera di Levante, der Fall. Ihre Gebirge, so die nahe der Küste hoch auf- steigenden Apuanischen Alpen, an die die regenbringenden S- und W-Winde anrennen, empfangen auch heute viel Schnee und Regen (jährlich 1500--2000 mm). Sie sind ebenso niederschlagsreich als die viel höhern, jedoch weiter landeinwärts gelegenen Gebirge des Zentralapennins. Dort werden von den vorgelagerten Bergen, z. B. vom Antiapennin Umbriens, grosse Niederschlagsmengen aufge- fangen. Das Ansteigen der Schneegrenze von W nach E im Abschnitt Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunlns. 91

Apuanische Alpen - M. Cimone dürfte gleichfalls auf die Abnahme der Niederschläge in dieser Richtung zurückgehen. Wie im Apennin stieg auch in andern Gebirgen Europas die eis- zeitliche Schneegrenze von den feuchten zu den trockenen Gebieten an. Beispiele: Nach J. CvIJIC (41) auf der Balkan- Halbinsel von W nach E, also von den feuchten Küstengebieten ins trockenere Innere, wie das die folgenden Zahlen für die Höhenlage der Schnee- grenze zeigen: Orjen 1300 m, Sinjajevina 1450 m, Prokletije 1550 m, Char-dagh 1740 m, Rila 1850-1880 m; nach F. NUSSBAUM (122) auf der Iberischen Halbinsel von der Küste ins Innere: Picos de Europa 1400-1500 m, Serra da Estrela 1650 m, Sierra de Gredos 1700--1800 m, Slerra de Guadarrama 2050 m, Sierra de Moncaya 2100 m; nach A. PENCK (127), sowohl die eiszeitliche als die rezente Schneegrenze, in den Pyrenäen von W nach E und in den Alpen von den niederschlagsreicheren Randzonen gegen das trockenere Innere. «Überall dort, wo am Alpenrande heute mehr als 1,5 m Nie- derschlag im Jahr fallen, liegt die eiszeitliche Schneegrenze tief, so z. B. am Nordsaum zwischen dem französischen Jura und den Öster- reichischen Kalkalpen. Wo hingegen der Alpenfuss heute im Regen- schatten der W-Winde liegt und relativ trocken ist, wie im Piemont da hebt sich die eiszeitliche Schneegrenze selbst am Alpensaum zu Höhen von 1800 m empor.» Als Hauptursache der Vereisung wird eine allgemeine Tempe- raturabnahme angenommen. Sie betrug nach A. PENCK (127), F. KLUTE (86), F. MACHATSCHEK (100) 6-8°, nach ALB. HEIM (70) 3-5°. Auf sie in erster Linie mag auch die Vergletscherung des Apennins zurückgehen. Die schroffen Unterschiede in der Höhen- lage der Schneegrenze jedoch sind vor allem durch verschieden grosse Niederschlagsmengen, hauptsächlich während der kühlen Jahreszeit, bedingt. Ja vielleicht kommt den Niederschlägen, die zur Eiszeit im Apennin grösser als heute waren, als Ursache der Ver- gletscherung eine ebenso grosse Bedeutung als der Kälte zu. Es be- standen damals in den Becken Umbriens, der Abruzzen und der Ba- silikata Seen. Sie sind mit dem Nachlassen der Niederschläge später verschwunden. Für den Zentralapennin ist die rezente Schneegrenze auf 2900 bis 3000 in berechnet worden. Die Depression beträgt 1150-1200 m. Da heute weder der Nord- noch der Südapennin Gletscher besitzen, so kann hier die Höhenlage der Schneegrenze nicht aus unmittel- barer Anschauung bestimmt werden. Sie lässt sich aber mit Hilfe der 92 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Ergebnisse, die im Zentralapennin gefunden wurden, berechnen. Dabei wird vorausgesetzt, dass die rezente Schneegrenzlinie im gros- sen und ganzen parallel zur eiszeitlichen verläuft. Das ist für einige auch heute vereiste Gebirge, wie die Alpen, erwiesen. Es ergeben sich die folgenden Zahlen: M. Beigua 2200 m, Emilianisch-toskani- scher Apennin 2750-2800 m (von A. DESTO, 44, für dieses Gebirge bereits so. bestimmt), Apuanische Alpen 2500 m und Südapennin 3100-3200 m. Für das sehr feuchte Gebiet der Apuane und des M. Beigua sind die Werte eher zu niedrig; Depression und Schnee- grenze dürften für diese Gebirge etwas höher angesetzt werden. Denn F. KLUTE (86) hat gezeigt, dass die Depression in feuchten Klimaten grösser als in den trockenen ist (z. B. in den Pyrenäen im feuchteren westlichen Abschnitt 1200 m, im trockeneren östlichen Abschnitt aber bloss 900 m).

D. Glaziale Formen und Ablagerungen.

Kare. Der Zentralapennin ist ziemlich reich an Karen; es sind schätzungsweise 200-250 vorhanden. Sie verteilen sich auf die ein- zelnen Erhebungen wie folgt: Gran Sasso 25-30, Majella-Morrone 10, Velino-Ocre-Sirente 50--60, Sibillini zirka 15, Meta-Petroso-Pa- nico 40-50, Greco zirka 20, Montagna Grande-Genzana zirka 10, Marsicano - Palombo - Schiena Cavallo - Cornacchia - Serra Traversa zirka 20, Terminillo zirka 10, Simbruini 15-20, Matese zirka 5 und Laga zirka 10. Die Kare werden von den Leuten conche, coppi oder funni genannt; die grossen heissen einfach valli. So sind sie auch gelegentlich auf der topographischen Karte bezeichnet. Sie sehen im Zentralapennin so aus wie in andern Gebirgen: Ein halbkreis- bis hufeisenförmiger Felsrahmen mit sehr steilen Wänden umschliesst einen mehr oder weniger gut ausgeprägten Felsboden. Die Wände sind meist 50-100 m, seltener bis 300 m hoch. Ihr Fuss liegt fast immer unter grossen Schutthalden begraben. Der Boden ist oft flach oder, wenn ihn talauswärts eine Felsschwelle abriegelt, rückvertieft; es entsteht so eine kleine Wanne. Kare von solch schöner Lehnsessel- form finden sich z. B. im N-Hang des M. Miletto (Matese), M. Muro Lungo (Velino), M. Cefalone (Gran Sasso, Taf. I, Fig. 1), M. Tartaro (Meta) und der Serra Rocca Chiarano (Greco). Bei vielen ist der Boden kurz und steil und läuft unmittelbar, ohne dass sich ein Riegel Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 93 oder eine Stufe einschiebt, in den Berghang oder in den Talgrund aus. Es sind typisch gestaltete Gehängekare. Zu ihnen gehören z. B. die paar hoch hinaufreichenden seichten Nischen, die nebeneinan- der, nur durch schmale Sporne getrennt, in die E-Flanke des Quarto S. Lorenzo im Aso-Tal (Sibillini, Taf. III, Fig. 5), eingelassen sind, oder jenes im NE des M. Pizzodeta (Simbruini) über Roccavivi. An andern Orten, wie in der E-Wand des M. Pozzotello (Simbruini), ist wohl ein Riegel, der einen Nischenboden von leicht konkaver Form

Abb. 21. M. del Passeggio. Schematische Darstellung der Kare mit Riegel und mit kareinwärts sich an- schmiegendem Moränenwall im NE-Hang, gegen das V. il Rio. talauswärts abschliesst, vorhanden, aber es fehlt die hohe, von senk- rechten Wänden gebildete Felsenkrone; an ihrer Stelle finden sich schiefe Rück- und Seitenwände. Vereinzelt kommen Gehängekare vor, die wohl talauswärts eine Schwelle, aber ohne eine anschlies- sende Stufe besitzen. In diese Kategorie sind die Seitenkare, die vom M. del Passeggio (Simbruini) ins V. il Rio schauen, einzureihen. Bei ihnen trennt ein 10-20 m hoher Riegel die Karmulde vom unter- halb ihr gelegenen Hang. In zahlreichen Fällen ist die Karsohle von Moränen bedeckt. Ein besonders schöner Firnmoränenwall lehnt sich an den Fuss der grossen Schutthalde, die den unteren Teil der mächtigen E-Wand des M. Terminillo (V. della Meta, Taf. VII, Fig. 13) einhüllt. 94 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939

Die Kare des Zentralapennins sind im allgemeinen kleiner als die der Alpen. Nur einige wenige kommen diesen an Grösse gleich, wie etwa jene im N-Hang des M. Velino oder des Pizzo, di Camarda- Cima delle Malecoste (Gran Sasso). Sie stimmen in Form und Aus- mass mit jenen des Nord- und Südapennins weitgehend überein. Von einigen sehr schönen und typisch gestaltetenNischenwird der höchste Abschnitt des Nordapennins, M. Cimone-Alpe di Succiso, ge- schmückt (z. B. im E des M. Alto, im NW des M. La Nuda). A. SESTINI (158) hat eine Anzahl aus dem N-Hang zwischen Corno alle Scale und Alpe delle Tre Potenze beschrieben. Aus dem Südapennin sind insbesondere jene des M. Sirino (z. B. das Nevera-Kar im NW des M. Papa) zu erwähnen. Dagegen besitzen die A p u a n i s c h en Alpen keine wirklich gut ausgebildeten Kare; sie fehlen über- haupt im Hintergrund mancher Täler. Die Gletscher sind hier am Fusse der steilen und hohen Felswände, die sich zur Hufeisenform zusammenschliessen, in 1200-1300 m entstanden. Wie in vielen andern Gebirgen treten auch im Zentralapennin die Kare gesellig auf. In grösserer Zahl sind sie im Hintergrund der Hochtäler zu finden. Im Gran Sasso umstehen sie kranzförmig den Campo Pericoli und den Campo Venaquaro und in der Majella den obersten Abschnitt des V. Cannella (Taf. IX, Fig. 17). Diese Tal- anfänge stellen wie einige in den Dinariden (J. Cvraic, 41) und in den Pyrenäen (F. NUSSBAUM, 118-121) tauffallend weit geöffnete Bergmulden mit sehr unregelmässig beschaffener, gestufter Boden- oberfläche dar». Es sind Gross- oder Muldenkare. Zu ihnen gehören auch die Hochmulden der Regione i Biscurri, des V. Lunga und des V. Cupella, die die E-Abdachung des Meta-Gebirges grosszügig und dekorativ aufteilen. Von schönen glazialenNischen ist der Felsrahmen einiger Hochflächen, z. B. der des Campo Imperatore (Taf. I, Fig. 2) oder des Piano di Pezza, besetzt. In vereinzelten Ketten im Gebiete des abruzzesischen Nationalparkes schliessen sie sich zu einer kur- zen, lückenlosen Front zusammen. Sie hebt sich hier, wo die Berg- hänge von dichtem Wald bestanden sind, helleuchtend von den dunkleren Farben der Tiefe ab und gibt der Landschaft eine heiter- freundliche Note. In einigen Gebirgen kommen Treppenkare vor, so im Velino. Einzelne Kare enthalten, entweder in ihrer Seiten- oder Rückwand, ein viel kleineres Adventivkar, z. B. das Kar im M. Pizzo- deta (Simbruini) gegen das V. Liri, oder das im Col dellOrso (Velino) gegen den Piano di Pezza. Die Kare sind in mesozoische und tertiäre Kalke eingelassen. Sie sind gut erhalten. Verkarstung und Verwitterung haben ihnen Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 95 noch nicht viel anhaben können. Nur Glättungen und Gletscher- schliffe in Wand und Sohle sind fast überall verschwunden. Kare muss einst auch das Sandsteingebirge der Laga besessen haben. Sie haben hier im mürben Sand, wo die Abtragung viel leichter als im Kalk vor sich geht, die Jahrtausende, die seit der Eiszeit verstrichen sind, schlecht überdauert. Sie sind zum grössten Teil wieder in Wild- bachtrichter umgewandelt; nur einige wenige haben die Karform mehr oder weniger gut bewahrt. Die fluviatil zertalte Laga erinnert an die Schieferlandschaft des Pic du Massif de la Grave in den fran- zösischen Alpen östlich der Grandes Rousses, wo die glazialen For- men gleichfalls verwischt und vernichtet sind. In vielen Gebirgen liegen die Böden benachbarter Kare in bei- nahe gleicher Meereshöhe. Das gilt auch für den Zentralapennin. Ja es bestehen sogar zwischen den Karhorizonten seiner verschiedenen Erhebungen nur geringe Höhenunterschiede. Auf denN- undE-Seiten befinden sich fast alle Karböden zwischen 1800 m und 1950 m und auf den S- und W-Hängen zwischen 2200 und 2400 m. In Gipfeln und Kämmen von weniger als 1900 m kommen diese Nischen über- haupt nicht mehr vor. Ihr gesetzmässiges Auftreten lässt an einen inneren Zusammenhang zwischen ihrer Entstehung und der Höhen- lage der eiszeitlichen Schneegrenze denken; die mittlere Höhe der Karböden scheint der Schneegrenze zu entsprechen. Für eine solche Abhängigkeit ist neuerdings F. NUSSBAUM (118-121) bei der Unter- suchung der Kare in den östlichen Pyrenäen, z. B. jenen unter den Gipfeln La Carabasa (2750 m) und Puig Pedros (2911 m) im Grenzgebirge zwischen Andorra und Katalonien, eingetreten; zahl- reiche erinnern in Form, Grösse und Auftreten an die der Abruz- zen. Auch im Nordapennin sind sie an eine bestimmte Höhen- stufe gebunden. Diese findet sich in den nach N und E schauenden Hängen zwischen Corno alle Scale und Alpe delle Tre Potenze nach A. SE:STINT (158) zwischen 1600 m und 1700 m; da hat die Schnee- grenze nicht unter 1600 m gelegen. Im Zentralapennin be- steht zwischen den Karen entgegengesetzter Gebirgsseiten ein Höhenunterschied von 400 m. Er ist auf einen entsprechenden Unter- schied in der Höhenlage der Schneegrenze zurückzuführen. Diese reichte an den schattigen N- und. E-Hängen viel tiefer als an den S- und W-Hängen hinab, die demzufolge ärmer an diesen Formen sind. In einigen bedeutenden Erhebungen fehlen sie auf der Son- nenseite sogar ganz, weil diese nicht mehr in die Zone ewigen Schnees hineinragte. In den höchsten Gebirgen, so im Gran Sasso (Campo Pericoli, Taf. I, Fig. 1), M. Velino und im E der Meta, sind 96 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 in ein und demselben Hang zwei Karniveaus vorhanden, das eine in 1900-2000 m und das andere in 2100-2150 m. Ihre Bildung dürfte auf verschiedene Schneegrenzlagen in diesen Aufragungen zurückgehen. Die Kare des Apennins sind zur Hauptsache durch die Kräfte der Eiszeit — in welcher Weise bleibe dahingestellt — geschaffen worden. Darüber kann kein Zweifel bestehen. Ihrer viele sind wie andernorts aus einer präglazialen Hohlform, in der sich der Schnee ansammeln konnte, hervorgegangen. Das kann ein fluviatiler Ero- sionstrichter, eine Ausbruchsnische oder eine Doline gewesen sein. In den Hochtälern waren die Abschlüsse im Hintergrund der Um- formung durch das Eis unterworfen. Es entstand ein Tals c h l u s s k a r oder einfach Talkar, z. B. im Fosse delle Rocchette (Ter- minillo), im V. il Rio (Simbruini), im V. Bove, V. Ussita und, hier namentlich schön, im V. Aso (alle drei in den Sibillini). Ein Ver- gleich mit den oberen Enden nie vereister Tälchen ergibt leicht, dass das ganz neue, und nicht etwa nur die mit glazialer Ornamentik ver- sehenen alten Formen sind. Bei der Entstehung der Mehrzahl der Kare ist das voreiszeit- liche Relief von noch geringerer Bedeutung, als oben beschrieben wurde, gewesen. Es hat für sie kaum mehr als die erste, sehr be- scheidene Anlage, etwa eine kleine Unebenheit im Gehänge, gelie- fert. Das geht aus ihrer einseitigen Anordnung in den Tälern und Hochflächen hervor. Sie nehmen fast nur die nach N und E schauen- den Hänge ein; die Gegenseite ist gewöhnlich karlos, ungegliedert und glatt oder lediglich von Gehängefurchen und kleinen Wildwas- serrinnen durchzogen. Nun muss billigerweise angenommen werden, dass der heute karbesetzte Hang vor der Eiszeit genau so ausgesehen hat wie noch heute sein naher gleichgeneigter Gegenhang. Nur der Umstand, dass er über die Schneegrenzlinie zu liegen kam, hat in ihm zur Karbildung geführt, also ein klimatologischer und nicht ein morphologischer Grund. Die Kare erscheinen in der Mehrzahl als selbständige, von irgendeiner Wasserrinne oder einem Tal unab- hängige Formen. Ihren Ausräumungsschutt haben die Gletscher fortgetragen. In den Hochflächen liegt er fast unberührt vor und bildet ansehnliche Moränendecken. Man gewinnt den Eindruck, dass diese in ihrer Grösse der gesamten Gesteinseinbusse der sich nahe befindenden glazialen Nischen entsprechen. In vielen Gebirgen des Zentralapennins lässt sich die ganze Entwicklungsreihe von der nur leicht eingetieften Gehängenische Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 97 bis zum klassisch gestalteten Kar verfolgen. So hat im M a t e s e die NE-Wand der Gallinola einige nebeneinander liegende glaziale Hohlformen von ganz verschiedenem Entwicklungsgrad. Neben kaum ausgebildeten Nischen befinden sich solche, bei denen sich bereits ein Karboden vom dahinter aufstrebenden Gehänge abzuzeichnen beginnt. Im nahen M. Miletto ist in der «grande conca» die endgültige Karform erreicht. Noch schöner ist diese Entwicklungsreihe im Grat- zug der Serra Rocca Chiarano (2100-2270 m) des M. G r e c o zu sehen, der in der E-Wand, im linken Hang des V. Pistacchia, in fast gleicher Höhe 8-10 Kare aufsitzen. Die drei obersten greifen

Abb. 22. Serra Rocca Chiarano. Kar im NE-Hang zwischen den Punkten 2270 ni (links) und 2217 m (rechts). Vorn V. di Pistacchia mit Abschnitt Piano le Gravare. infolge Auflösung ihrer Zwischenwände ineinander über, ihre Böden bilden eine kleine Terrasse. Das weitaus schönste Kar ist unter dem Gipfelpunkt 2217 m eingesenkt und schaut in den Piano le Gravare (1900 m). Es wird rückwärts von senkrechten, 200 m hohen Wänden halbkreisförmig umrahmt. Die Trennung zwischen Wand und Boden ist hier scharf vollzogen. Der Boden ist rückvertieft und liegt ungefähr 80 m über dem Tal in 1970-2000 m Höhe. Er wird vorn durch einen Felsriegel abgesperrt. Auch dieses modellhafte Lehnsesselkar ist in erster Linie durch Eisarbeit entstanden. An- zeichen dafür, dass hier etwa eine viel bedeutendere präglaziale 98 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Hohlform — mit kleinen Unterschieden wird immer zu rechnen sein — als bei den benachbarten Karen vorgelegen hat, sind nicht wahr- zunehmen. Dieses stattliche Kar hat auf den Verlauf der Höhenlinie einen starken Einfluss ausgeübt; die Rückwand wurde über die ursprüngliche Wasserscheide hinaus gedrängt und die Höhenlinie damit zurückgesetzt.

Bei der Entstehung der Gross- oder Muldenkare war indessen das präglaziale Relief von ausschlaggebender Bedeutung. Sie sind aus grösseren Dolinen, die sich immer mehr erweiterten und vertieften und schliesslich miteinander verwuchsen, hervor- gegangen. Sie sind schon vor der Eiszeit durch Talrinnen nach dem Gebirgsfuss hin entwässert worden. Diese Karstwannen haben dann später Gletscher in das anschliessende Tal ausgeschickt. In gleicher Weise erklärt B. Z. MiLojEvic (110) die Bildung der Grosskare Valo- viti Do und Biljegov Do des D u r m i t o r - Gebirges. Ähnlich äus- sert sich H. SUPER (170) über die Bildung gewisser Kare des Schweizer Jura, z. B. des Creux du Van im Val de Travers oder des Champs Meusel im St. Immertal. «Es liesse sich sehr wohl denken, dass durch das Niederbrechen der Zwischenwände einer mehr oder weniger linear angeordneten und engen Trichterreihe (Dolinenreihe) eine rundlich bis länglich grabenartige Bresche in der Talflanke entstehen konnte. Diese wurde bei einer darauf fol- genden Klimaverschlechterung Ausgangsstelle für die Bildung des Kargletschers.» Im Zentralapennin bilden die Kare das bedeutendste Merkmal aus der Eiszeit. Durch sie hat die Hochregion, vor allem wo sie tief eingesenkt sind, ihre steilen, wildzerscharteten Felswände erhalten. An gewissen Stellen, z. B. zwischen Pizzo Cefalone und M. dInter- mesole (Gran Sasso) oder zwischen M. Terminillo und Sassatelli, sind sie gegenständig in den Kamm eingelassen und haben aus ihm, obwohl sie sich mit ihren oberen Rändern über der Rückwand noch nicht berühren, einen Grat geschaffen. In der Majella ist unter ihrer Mitwirkung, zur Hauptsache jedoch durch tief eingreifende Täler, der einst im Umkreise des Tre Portoni breite Bergrücken in schmale Felsäste aufgeteilt worden. Da und dort sind benachbarte Kare im Begriffe, durch Verwitterung ihrer Scheidewände miteinander zu verwachsen und eine Terrasse zu bilden, z. B. in der Magnola (Velino). In verschiedenen Ketten, z. B. in jener des Toppe del Te. soro (Greco), haben sie der Kammlinie einen gefälligeren, abwechs- lungsreicheren Verlauf gegeben. Je tiefer sie in den Kern des Berges Jahrg. 84. K. SUER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 99 hineindrangen, um so tiefer sank die Höhenlinie ein. Die die Nischen trennenden Bergrippen sind die Träger der Gipfelpunkte geworden. Der sich wiederholende Wechsel von Gipfel und Einsattelung ver- leiht der Kammlinie einen rhythmisch bewegten Charakter. Schon vor der Eiszeit haben sich einige Erhebungen durch schroffe Wände und stolze, kühne Gipfel ausgezeichnet und damit Hochgebirgscharakter besessen. Dafür liefert sowohl der Gran Sasso mit seinem gewaltigen Absturz im N als auch der M. Sirente mit

Abb. 23. M. Sirente. Steilabsturz auf der NE-Seite gegen den Prato di Sirente. seiner grossartigen Wandflucht ein eindrucksvolles Beispiel. Aber durch die Kare ist der Hochgebirgscharakter verschärft und in vielen Höhen überhaupt erst geschaffen worden. Manche Gipfel sind durch sie zu mehr oder weniger scharfkantigen Pyramiden umgestaltet worden, so im Gran Sasso und im Velino. Neben diesen alpinen Formen finden sich überall gerundete, breite Gipfel mit sanften und gleichmässigen Hängen. Unterhalb 1800 m beherrschen diese das Gelände; der Hochgebirgscharakter ist verschwunden und hat den Reliefformen des Mittelgebirges Platz gemacht. Das Neben- einander der beiden grundverschiedenen Stilarten kommt da und dort in der Benennung der Gipfel sinnvoll zum Ausdruck. Neben 100 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Namen wie Corno Grande (Grosses Horn), Corno Piccolo (Kleines Horn), M. Aquila (Adler), M. Rozzo (Rauher Berg), M. Muro Lungo (Lange Wand), M. Petroso (Steiniger Berg), M. Amaro (Bitterer Berg), M. Malecoste (Böser Grat), die Hochgebirgsformen bezeichnen, treten Namen wie Tavola Rotonda (Runde Tafel), Spino Rotondo (Runder Rücken), M. Rotella (Rundschild), Colle Rotondo (Runder Hügel), M. Calvo (Kahlkopf), sehr häufig M. Rotondo (Runder Gipfel) auf, die auf Mittelgebirgsformen hindeuten. Einige Berge haben ein Doppelgesicht. Sie machen nach N und E hin durch ihre kargekrönten, steilen Abhänge einen kühnen und wilden Eindruck; nicht so aber nach S und W, wo die Kare fehlen und die breite, runde, präglaziale Bergform erhalten blieb. Nach dieser Seite hin sehen sie bisweilen sogar plump aus. Von solch asymmetrischer Gestalt sind der M. Terminillo und der M. Marsicano. Halbkarlinge kommen auch im Nord- und Südapennin vor.

Trogtäler. Der Zentralapennin weist eine Anzahl Hochtäler auf, die ganz oder teilweise vergletschert waren. Sie sind vom Eise trogförmig zugeschnitten worden. Einen schönen Trog stellt das 5 km lange V. Majelama (Velino) dar. Er besteht aus einem 150-200 m breiten Boden und aus beidseits fast senkrecht (Böschungswinkel 700 -80°) aufsteigenden, 120-150 m hohen Wänden. Ein scharfer Gefällsknick, der Trogrand, trennt sie von den darüber folgenden weniger steilen (Böschungswinkel 50°) Hängen. Er ist auf beiden Seiten in gleicher Höhe entwickelt und fällt wie die Talsohle. Der Gletscher hat bis zu ihm hinauf gereicht und bis dahin die Trog- wände zurückgeschliffen; er war ungefähr 150 m mächtig. Die höher liegenden Hänge waren, von den Karen abgesehen, eisfrei. Denkt man sie sich beidseits nach unten zu bis zur Berührung verlängert, so erhält man annähernd die Form des präglazialen Tales. Dieses bildete eine Kerbe. Seine Sohle lag nur wenige Meter über der heutigen. Daraus darf geschlossen werden, dass die Tiefenerosion des Gletschers gering war. Das V. Majelama endigt im Hintergrund in Karen. Ein Trogschluss nach der Art alpiner Glazialtäler, wo über hohen Wänden Trogplatten und Kare folgen, ist nicht wahrzu- nehmen. Dem Tal fehlt im Längsprofil ein ausgesprochener Stufen- bau. Es hat nur da, wo es von E nach S umbiegt, eine kleine Stufe. Seit Ende der Eiszeit hat es sein Aussehen wenig verändert. Ins- besondere war die postglaziale Wassererosion sehr gering; heute Jahrg. 84. K. SUTEL. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 101 ist sie fast ganz eingestellt. Es ist während des grössten Teils des Jahres ein Trockental. Kräftig war dagegen die atmosphärische Ver- witterung am Werke. Das tun die grossen Schuttmassen dar, die die Trogwände vom Fuss bis auf 70-80 m Höhe hinauf einhüllen und auch ansehnliche Teile des Talbodens zudecken. An der Umbiegungsstelle nimmt das V. Majelama das sehr kurze, steil niederbrechende und glazial geformte V. d e l l a G e n z a n a auf. Es mündet mit einer etwa 120 m hohen Stufe in das Haupttal ein; dieses ist also gegenüber seinem Nebental übertieft. Diese Erschei- nung kann hier aber kaum auf verschieden starke Erosion zweier

?rdg/dzid/er T /hdng

Prtig/dzid/e ,_T ogrrdnd . 7d//orrn . , Trog eind 7ä/sohle C rpro f / des v/I%e/drnd

Abb. 24. verschieden mächtiger Gletscher zurückgeführt werden. Würde das zutreffen, so wäre die Tiefenerosion im V. Majelama nicht nur we- nige Meter, sondern mehr als 120 m gross gewesen. Näher liegt die Annahme, dass die Einmündungsstelle seines Nebentales, das vor der Eiszeit gleichsohlig einmündete, vom Gletscher des Haupttales beim Zurückschleifen der linken Wand zurückversetzt wurde; dabei wurde sie naturgemäss höher, fast bis an den Trogrand hinauf, ge- rückt. Auch im 7 km langen V. di T e v e (Taf. IV, Fig. 7), das im W des M. Velino in drei Karen entspringt, hat das Eis einen Trog aus dem Gestein herausgearbeitet. Er ist namentlich schön im obersten Abschnitt, der bis Capo di Teve (1748 m) reicht, ausgebildet. Aus 102 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939 dem Schutt seines 300 m breiten Bodens erheben sich beidseitig die 150-200 m hohen Trogwände. Unterhalb Capo di Teve, wo es von N nach W umbiegt, wird es schmäler. Hier findet sich seine erste Stufe, die 50 m hoch ist. Es folgen im untern Abschnitt noch zwei weitere, wovon die eine (mittlere) ungefähr 80 m hoch und die andere (untere) mit einem sehr niedrigen Riegel versehen ist. Unter- halb dieser, im letzten Abschnitt, verschwindet der glaziale Cha- rakter des Tales. Aus dem Gran Sasso verdient als Trogtal das V. dell Ar n o Erwähnung. Auf seinem 3 km langen Verlauf durch das Kalkgebirge haben die Wände bis in eine Höhe von 100-130 m hinauf der Scheue- rung und Abschleifung einer Gletscherzunge unterlegen. Vom Punkte 1520 m an, wo der Arno als Karstquelle seinem etwa 200 m breiten Grund entspringt, gewinnt die fluviatile Erosion einige Be- deutung. Der Bach hat sich hier in eine 200 m hohe Stufe, die direkt an den Gebirgsfuss führt, eingeschnitten. — Auch das benachbarte V. d e 1 V e n a q u a r o zeigt in schöner Weise im Querschnitt die von ehemaliger Eistätigkeit herrührende U-Form. Die gleichen Züge der Talgestaltung kehren im V. A s o (Monti Sibillini) wieder. Sein Gletscher hat in seinem obersten Abschnitt, bis zum Punkte 1407 m hinab, wo sich eine rund 300 m hohe Stufe einschiebt, das Fussgehänge zurückversetzt (Taf. II, Fig. 4). In die- sem ist in 100 m Höhe ein deutlicher Gefällsbruch zu beobachten. Das V. Aso wird im Hintergrund durch eine fast senkrechte, halb- kreisförmige Felsmauer des M. Vettore abgeschlossen. «Bei aller Unsymmetrie und Unvollständigkeit des Trogprofils — über den hohen Wänden fehlen Trogschulter und Trogplatte — ist es im Ge- samtbilde doch ein für Apenninverhältnisse grossartiger Trog- schluss» (R. V. KLEBELSBERG, 81). In den Monti Simbruini nimmt hinsichtlich glazialer Bearbei- tung das U-förmige V. i l R i o den ersten Rang ein. In den Tälern Majelama, Teve, Arno, Venaquaro, Rio und Aso, die alle in Kalkstein eingebettet sind, hat der Zentralapennin zwei- fellos die eindrücklichsten Leistungen der Glazialerosion hervor- gebracht. Sie alle stellen ganztalige Tröge dar. Sie beginnen unmit- telbar in Talschlusskaren (z. B. V. Majelama) oder in Gross- oder Muldenkaren (z. B. V. dellArno). Sie besitzen sehr steile, bis 200 m hohe, schuttverkleidete Wände, die oben mit einem scharfen Ge- fällsknick, dem Trogrand, abschliessen. Er bezeichnet die Schliff- grenze der 80-200 m mächtigen Gletscher. Über ihm folgen die Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 103

schwächer ansteigenden Hänge, die bis zur Gipfel- und Kammregion hinaufführen und nichts anderes als die alten, präglazialen Abtra- gungsflächen sind. Eine Trogschulter fehlt überall, und ebenso eine noch höher gelegene Schliffgrenze. Die schon vor der Eiszeit ver- hältnismässig tief eingeschnittenen, vom Wasser geschaffenen, V-förmigen, engen Täler sind vom Eise, vor allem durch Seiten- erosion, umgeformt und ausgeweitet worden. Die Tiefenerosion war gering. Die breiten und offenen Täler dagegen, wie das V. d i Pistacchia und V. di Chiarano (beide im M. Greco, Taf. V, Fig. 10), die den Vorstoss der Gletscher weniger hemmten, wurden kaum verändert. Im V. d i C h i a r a n o ist nur im Querprofil s,,ines

Td/grund TogwdndTogr3ndTrogscheder Riege/ /(dr

,Serrd /e drdvdre Gaerprofil des kChicirdno Ldgo Pdnfdnie//o

Abb. 25. obersten, beckenförmigen Abschnittes, in dem der Lago Panta- niello ruht, glaziale Einwirkung festzustellen (Taf. V, Fig. 9). Er hat die Eiszungen aus den Karen des M. Greco, zu denen eine ungefähr 200 m hohe, mässig steile Stufe hinaufführt, und von der linken Seite, aus der Serra le Gravare, gesammelt. In dieser Talflanke ist in etwa 100 m Höhe ein Gefällswechsel zu bemerken; er wird durch eine zum Talgrund parallel verlaufende Linie markiert. Sie trennt einen ziemlich steilen Hang unten von einem flacheren Hang oben. Dieses obere Hangstück setzt sich in die Karnischen der Serra le Gravare hinein fort. Es ist als eine in Entstehung begriffene Trog- schulter zu deuten. Auf der andern Talflanke, die vollkommen kai- los ist, fehlt ein derartiger Gehängeknick. Die Weitung des Lago Pantaniello ist als kleines Konfluenzbecken aufzufassen. Ähnliches Aussehen zeigt jenes gleichfalls offene, breite und sacht abfallende 104 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Tal, das von der NE-Seite der G a 11 i n o 1 a (Matese) ausgeht. Auch sein oberster Abschnitt ist beckenförmig geweitet und schliesst mit einer ungefähr 150 m hohen, wenig steilen Stufe ab; über dieser liegen die Nischen der Gallinola. Die Erosionsleistung des wenig mächtigen Gletschers war gering; die Trogschulter auf der linken Talseite ist eben erst leicht angedeutet. Der Zentralapennin hat noch viele einst vereiste Täler, die aber kleiner sind, z. B. in der Meta das V. J a n n a n g a r a, V. In g u a- g n a r e und V. L a t t a r a, im Velino das V. de 1 C i e c o, im Termi- nillodenFossodelleRoeehette(Taf.VII,Fig.14),indenSi- billini das V. U s s i t a und V. B o v e. Sie sind im Querschnitt einfach U-förmig; eine scharfe Trennung zwischen Trogwand und darüber liegendem präglazialem Hang ist meist nicht wahrzunehmen. Viele waren nur in ihrem obersten Abschnitt vergletschert. In ihnen ist die U-Form immer nur so weit zu verfolgen, als das Eis reichte; sie ist unbedingt sein Werk. Tiefer unten sind die Täler steil, eng, ja schluchtartig. Im Zentralapennin sind einige Taltröge gestuft. Zwischen ihrem Stufenbau und der Vergletscherung hat in der Mehrzahl der Fälle kein innerer Zusammenhang bestanden. Das geht daraus hervor, dass auch in Hochtälern, die nie vereist waren, Stufen vorkommen, besonders häufig an der Ausmündung ins Vorland. Die Stufen sind wohl samt und sonders präglazialen Alters und am Talausgang beim ruckweisen Heben der Gebirge entstanden. Die ältesten sind im Laufe langer Zeiträume talaufwärts gewandert. Nur die Bildung ver- einzelter ganz kleiner Stufen dürfte auf Gletschertätigkeit zurück- zuführen sein, etwa jene im obern Teil des V. Cupella (Meta). In den Kalkgebirgen der Balkan -Halbinsel hat J. Cvraic (41) als besonderen Taltypus die Karst t r ö g e unterschieden. Es sind das Reihen von Dolmen und Uvalas, die von Gletschern durchflossen und in Tröge umgewandelt wurden. Das Eis hat die trennenden Schwellen niedergehobelt, die Böden eingeebnet und die Hänge geglättet; diese haben oft eine Schliffkehle. Als Karsttrog darf im Zentralapennin wohl das von Moränen erfüllte V. d i F e m m i n a M o r t a (Majella), eine ehemals lange Karstrinne, die in einem Kar des M. Amaro entspringt, bezeichnet werden. Nach dem Verschwinden der Gletscher sind die Täler nicht mehr tiefgreifend verändert worden; vor allem war die Arbeit des Wassers sehr gering. Heute fehlen sogar den meisten, wenigstens in den oberen Abschnitten, Bäche. Das Wasser fliesst unterirdisch Jahrg. 84. K. SUTmR: Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 105

ab. Es kommt in einigen Tälern in den mittleren und unteren Teilen in Karstquellen wieder zutage. Nur in der L a g a war die fluviatile Erosion in der Nacheiszeit gross. Sie hat die glazialen Formen dieses Sandsteingebirges stark zerstört; seine Taltröge sind nur noch schwach zu erkennen.

Moränen. In den Kalkgebirgen des Zentralapennins sind die Moränen an vielen Orten schwer festzustellen. Sie bestehen wie ihre Unterlage und Umgebung ausschliesslich aus Kalk. Sie unterscheiden sich in petrographischer Hinsicht weder von den Schutthalden und Berg- sturztrümmern, noch von den Ablagerungen des Wassers. Nur aus- nahmsweise kommen sie auf der tertiären Molasse, die den Fuss einiger Gebirge einhüllt, vor. Frische Aufschlüsse sind in ihnen sel- ten. Diese zeigen, dass sich die Moränen aus einer sandig-mergeligen Grundmasse zusammensetzen, in die gewöhnlich viele faust- bis kopfgrosse, scharfkantige Gesteine eingebettet sind; nur wenige sind gerollt, kantengerundet und poliert. Gelegentlich sind, vor allem an der Oberfläche, grössere Gesteinsbrocken, ja Blöcke von mehr als einem Meter Durchmesser, vorhanden. Die Moränen sind ganz un- geschichtet und unsortiert. C. CREMA (33) glaubte zwar, bei den am tiefsten gelegenen als besonderes Merkmal eine gewisse Schich- tung zu erkennen, so bei jenen in der Umgebung von Borgocolle- fegato und S. Anatolia an der Einmündung des V. Amara (M. Velino) in das Salto-Tal, oder bei jenen im Sangro-Tal, bei Aquila und im Volturino (Südapennin). Sie soll bei einigen dieser Ablagerungen durch abwechselndes Zurückgehen und Vorstossen der Gletscher- stirne entstanden sein, und bei einigen anderen durch grosse, am Gletscherende durch rasches Schmelzen plötzlich frei gewordene Wassermengen, die ihre Oberflächen einebneten. Auf diesem um- gearbeiteten Grunde soll das Eis beim neuen Vordringen wieder Moräne abgesetzt haben. Für alle diese Schuttmassen, auch für jene, die T. BIELER-CHATELAN (13-15) am M. Cervia im V. del Turano nennt, konnte jedoch gezeigt werden, dass sie nicht glazialer Her- kunft sind. Sehr auffallend ist, dass in den Moränen des Zentralapennins geschliffenesundgeschrammtes Geschiebehäufig nicht aufzufinden ist. Die gleiche Feststellung ist in einigen Kalk- gebirgen der Balkan- Halbinsel gemacht worden, so von 106 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

K. KAYSER (77) im Durmitor und von A. SESTINT (153) im Pindus. Auch im Südapennin gelingt sein Nachweis nicht immer. Diese Tatsache hängt kaum mit der Kürze des Transportweges oder mit der Natur des Gesteinsmaterials zusammen, ist doch gerade auf den ver- schiedenen mesozoischen und tertiären Kalkgesteinen, die sich in den Moränen der Apuanischen Alpen und des Nord- apennins (z. B. V. Liocca) befinden, die Kritzung, und zwar trotz der Kürze des Gletscherweges, ganz ausgezeichnet ausgebildet. Sie ermöglicht es da vielfach überhaupt allein, Moränen zu erkennen. Die ausgesprochene Armut an gekritztem Geschiebe dürfte in erster Linie auf den Mangel an frischen, natürlichen oder künstlichen Auf- schlüssen zurückgehen. Nur da, wo tadellos erhaltene, der Verwit- terung noch nicht sehr lange ausgesetzte Aufschlüsse vorhanden sind, konnte ich gekritztes Geschiebe feststellen. Das war an den folgenden Örtlichkeiten der Fall: beim Lago Pantaniello (M. Greco), wo die Moränen zur Gewinnung von Sand für die Erstellung eines Schäferhauses (Masseria) im Jahre 1928 erschlossen wurden; im Piano di Campitello (Matese), über dessen Moränen seit 1927 die Druckleitung für das Kraftwerk in S. Massimo hinwegführt; und ferner in den natürlichen, von Bächen geschaffenen Aufschlüssen des Campo Imperatore (Gran Sasso) und der Gallinola (Matese). Am Mangel an gekritztem Geschiebe mag auch der Umstand, dass grös- sere, sichtbare Massen von Grundmoräne fehlen, schuld sein. Diese sind wohl meist unter anderem Schutt, insbesondere unter den Ober- flächenmoränen, begraben. Wo Grundmoränen zutage treten, wie z. B. im V. Niedda Meridionale des M. Sirino oder im V. Vallonina (in 1150 m) des M. Terminillo, stellt sich gekritztes Geschiebe in reichem Masse ein. Übrigens ist die Kritzung nicht immer, wie schon seit langem bekannt ist, ein absolut sicheres Erkennungszeichen für die Moränennatur einer Ablagerung. Sie kann auch in Trümmern von Bergstürzen und Schuttrutschungen vorkommen, besonders leicht in tonigem Material. G. RovEIETO (134) und A. SESTINT (158) haben im Nordapennin auf solche Fälle hingewiesen. Mir selbst sind solche im Gebiete des M. Beigua, z. B. bei Vara und bei Campo Ligure, bekannt geworden. In diesem Gebirge bin ich auch sehr schönen Beispielen von pseudoglazialen Geschieben, deren Schrammung durch Schuhe auf Pfaden, durch Scheuerung durch das Vieh oder durch abwärts verfrachtetes Holz entstanden ist, begegnet. Zu den wichtigsten Erkennungszeichen der Moränen des Zen- tralapennins gehören F orm und topographische Lage. Die Moränen stellen in der Regel scharf umrissene Wälle dar, die Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 107 sich deutlich von den zunächst liegenden Hängen abheben. Sie sind bis 100 m lang und bis 10 m hoch; die grösseren erreichen 200-300 m oder gar 500 m Länge und 20-30 m Höhe. Sie sind in den Karen, Trogtälern und Hochflächen anzutreffen. Nach der Eckigkeit des Materials zu schliessen, sind es fast durchwegs Oberflächenmoränen; sie sind aus dem vom Eise fortgeführten Gehängeschutt gebildet wor- den. Sie sind meist gut erhalten, im Aussehen frisch, wallförmig und kuppig. Sie rühren ohne Zweifel von der letzten Vergletscherung her. Schlecht erhaltene, verwaschene oder stark abgetragene Moränen höheren Alters habe ich nirgends angetroffen.

Am schönsten und zahlreichsten treten die Moränen in den Hochflächen auf. Sie bilden da fein abgegrenzte, in sich geschlossene Kuppenlandschaften. Sie sind der Zerstörung durch das Wasser nicht stark ausgesetzt. Es sind überhaupt nur wenige Rinnsale vorhanden, ist doch die oberflächliche Wasserabfuhr in diesen Kalkregionen sehr gering. Ein für apenninische Verhältnisse gewaltiger Moränenfächer, der etwa 5 km 2 gross ist, liegt im Campo I m p er a t o r e (1600-2100 m) des Gran Sasso (Taf. II, Fig. 3). Er besteht aus unzähligen niedrigen Hügeln, die sich in ihrem unruhigen Auf und Ab wie die Wogen eines Meeres ausnehmen. Sie stellen End- und Seitenmoränen dar und deuten in ihrer Anordnung auf ver- schiedene kurze Gletscherhalte hin. Sie lassen sich mit einigen Unter- brüchen 10 km weit zurück bis in die Karregion der Regione Fontari verfolgen. Hier sind sie wie ein Sieb von trichterförmigen, bis 20 m tiefen und breiten Löchern durchsetzt. Es sind kleine Dolinen (Taf. III, Fig. 6), ähnlicher Art wie jene, die J. Cvrarc (41) in den Kalkmoränen der Dinariden, z. B. im Fussgelände des Durmitor, gefunden hat. In ihnen liegt bis weit in den Sommer hinein Schnee, der das für die chemische Auflösung des Gesteins nötige Wasser liefert. Bedeutende Moränenmassen haben die Hochflächen des M. Ve- lino, so der Piano d i O v i n d o li (1350-1400 m) und der Piano d i P e z z a (1450-1550 m). In diesem kommen bogen- förmig verlaufende Wälle von bis 300 m Länge und 25 m Höhe vor. Eine 2-3 km2 grosse glaziale Schuttdecke, die sich mit scharfem Stirnrand vom Boden abhebt, befindet sich im Campo F e l i c e (1550 m). Sie steht an Grossartigkeit jener des Campo Imperatore nur wenig nach. In ihren Mulden und Gruben sind nach der Eiszeit Wasserlachen und sehr kleine Seelein entstanden; sie sind heute durch Austrocknen und Verlanden verschwunden. 108 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Von je einem stattlichen Moränenfladen ist der Piano di Campitello (1400 m) im Matese, die Regione le Forme in derMeta(1400m)undderPianoAremogna(1400-1500 m) im M. Greco erfüllt. In diesem hat der Gletscher vor der Lücke, die sich nach Roccaraso hin öffnet, noch zwei Wälle abgelagert, die sich im gesamten Moränenverband wie Vorposten ausnehmen.

Abb. 26. Piano di Pezza. Hinterer Abschnitt mit Moränenwällen. Rechts mündet das V. Cerchiata ein, vorn M. Costone (rechts der Mitte) kommend; links ein Tal vom Col dellOrso (links) niedersteigend; in der Mitte, in Wald gekleidet, Gipfelpunkt 1990 rn.

In den genannten Hochflächen ist das glaziale Material von den sie umgebenden kargeschmückten Bergen geliefert worden. Es fehlt in allen jenen beckenförmigen Einsenkungen, deren Gebirgsrahmen karlos ist, so z. B. im Camposecco (1320 m) im NW des M. Autore, im östlichen Teil des Campo Imperatore (1450-1600 m) oder im Piano del Castelluccio (1300 m) im W des M. Vettore. Diese Altipiani waren entgegen der Ansicht von JAJA (71), R. ALMAGIA (2), T. BIELER- CHATELAN (13-17) und P. VINASSA DE REGNY (186), nicht verglet- schert. Das gilt auch für jene um Pescocostanzo im E des M. Greco. Weniger schön als in den Hochflächen sind die Moränen im all- gemeinen in den Tälern erhalten. Sie sind da oft mit anderen Schuttmassen vermischt oder, vor allem in den unteren Talabschnit- ten, vom Wasser zerstört und abgetragen worden, z. B. im V. d e l- 1 Arno (Gran Sasso) bei Pietracamela (1000 m), wo nur noch spär- liche Reste, zum Teil 100 m über der heutigen Bachsohle, anzutreffen Jahrg. 84. K. SUTEu. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 109 sind. Auch im V. d i T e v e (M. Velino) müssen sie teilweise vom Wasser vernichtet worden sein, entsprechen doch die vorhandenen nicht den Grössenverhältnissen des ehemaligen Gletschers und seines Einzugsgebietes. Nur in den Tälern, die sich seit der Eiszeit kaum nennenswert verändert, insbesondere keine tiefgreifende Umgestal- tung durch Wassererosion erfahren haben, sind sie fast unversehrt geblieben, z. B. in den beiden weiten und offenen Valli C h i a r an o und P ist a c c h i a des M. Greco. In gutem Zustand treten sie auch im V. M a j e 1 a m a (M. Velino) entgegen, wo am Ausgang aus dem Gebirge (1050 m) zwei 500 m lange Seitenmoränen, die am unteren Ende zur bereits stark zerstörten Stirnmoräne zusammenlaufen, zu sehen sind. Da und dort wird der Nachweis von Moränen durch Waldbestand sehr erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht, wie z. B. im NE des M. Sirente oder in den SW-Hängen des M. del Passeggio in den. Simbruini. In den Hochtälern des Zentralapennins sind in der Regel 2-3 Endmoränenwälle, die sich quer über den Talboden legen, festzu- stellen. Sie sind während des Rückzuges der Gletscher abgelagert worden und deuten deren Stillstände an. Sie lassen sich bis in die Kare hinein verfolgen, z. B. im V. il Rio (M. del Passeggio). Ansehn- liche Kuppen, die von kleinen Dolinen besetzt sind, enthalten die Nischen im N-Hang des M. Terminillo. Im Zentralapennin muss bei der Beurteilung der Moränennatur einer Ablagerung ausser ihrer Form ihre L a g e i m G e 1 ä n d e be- achtet werden. Ist dieses wirklich vergletschert gewesen, dannmüssen noch andere Spuren, wie Kare, Trogtäler, Rundbuckel vorhanden sein. Mindestens sollten Relief, Höhenlage und Exposition des Ge- bietes für die Wahrscheinlichkeit seiner ehemaligen Eisbedeckung sprechen. Sonst werden Irrtümer unvermeidlich. So hat T. BIELER- CHATELAN (13, 14) eine sehr mächtige Ablagerung am Fusse des M. Cervia im V. del Turano als Moräne bezeichnet, obwohl die mor- phologischen und orographischen Verhältnisse des Talhintergrun- des gegen einstige Vergletscherung zeugen. Zahlreiche unrichtige Angaben sind von anderen Autoren gemacht worden, z. B. von C. VIOLA (188) aus den Monti Simbruini, von S. FRANCHI (52) aus der Majella, insbesondere aus ihrem östlichen Fussgelände, in das nur tiefe, schluchtförmige Täler absteigen, oder von C. CREMA (29 bis 37) aus dem M. Velino und Gran Sasso. Er glaubte beispielsweise, dass in der Umgebung von Aquila (720 m) Teile einer weitgespann- 110 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 ten Endmoränenlandschaft liegen, die ein mächtiger Gletscher aus dem Tal von Assergi (Gran Sasso) aufgebaut habe. Diese Schutt- bildungen vermögen tatsächlich an einigen Stellen wegen ihrer wirren, ungeschichteten und unsortierten Beschaffenheit glaziale Herkunft vorzutäuschen. Es handelt sich jedoch, wie M. GORTANI (59) und R. v. KLEBELSBERG (79) zeigten, um Gehängeschuttbrekzien. Ver- schiedentlich ist Bergsturzmaterial, das in den Abruzzen ziemlich häufig ist, als Moräne angesehen wurden, z. B. jenes im V. Sagittario, das den Scanno-See staut (F. SACCO, 142), oder jenes im Lucoli-Tal (M. Velino) unterhalb Casamaina (C. CREMA, 31). Nach R. ALMAGTA (2) sollen im Zentralapennin, wie in den Alpen, einige Bergstürze mit dem Schwinden der Gletscher in Zusammenhang stehen. Das scheint mir nicht erwiesen; in der Mehrzahl der Fälle war das Eis dabei nicht beteiligt. Eine Ausnahme besteht wohl nur für jene grosse Trümmermasse des V. del Aso, die von links her das Tal quert und rechts bis fast an den Schliffrand hinaufsteigt. Sie stellt vielleicht, wie schon R. v. KLEBELSBERG (81) bemerkt hat, eine Art Bergsturz- moräne von der W-Seite des M. Vettore dar. Es liegt mir fern, den vielen in tieferen Gebirgsabschnitten auf- tretenden Ablagerungen in Bausch und Bogen den Moränencharak- ter abzusprechen. Einigen wenigen möchte ich ihn sogar zubilligen, wie etwa jener am Fusse des Matese oberhalb S. Massimo. (800 m), oder jener auf den Colli di S. Leucio beim Dorfe Rocca di Mezzo (M. Velino). Für einen Teil dürfte mindestens eine gewisse glaziale Mitwirkung, z. B. Lawinentransport, in Frage kommen.

T. BIELER-CHATELAN (13, 14) nennt aus dem Piano del Cavaliere lange Wälle, die aus Grundmoräne gebildet und Drumlins sein sollen. Das stimmt jedoch nicht; diese Formen sind fluvio-lakustrer Entstehung. Mir sind nirgends im Zentralapennin Drumlins bekannt geworden.

Erratische Blöcke. Bekanntlich gehören im Alpenvorlande die erratischen Blöcke zu den schönsten Zeugen der Eiszeit. Sie lassen sich leicht durch ihre Grösse, Lage und ortsfremde Gesteinsart, die ihre Herkunft verrät, erkennen. Sie sind auf dem Rücken der Alpengletscher zu Tausenden ins Vorland verfrachtet worden. Im Zentralapennin ist die Bedeu- tung der erratischen Blöcke zum Nachweis der einstigen Vergletsche- rung sehr gering. Denn ihre hiefür wichtigste Eigenschaft, die Orts- Jahrg. 84. K. SUi•uR. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 111 fremdheit des Gesteins, kann überhaupt kaum in Erscheinung treten, besteht doch der grösste Teil des Zentralapennins aus Kalk. Sie kommt nur auf den Sandsteinbändern, die den Fuss einiger Gebirge umhüllen, zur Geltung. Da ist aber wiederum die Gefahr der Ver- wechslung mit Material, das durch Wasser, Lawinen oder Rutschung verfrachtet worden ist, sehr gross. Die Gesteinstrümmer müssen sich schon durch besondere Grösse oder Lage auszeichnen, damit sie als erratische Blöcke angesprochen werden können. Aber selbst dann bleiben Irrtümer nicht ausgeschlossen. Solche Trümmermassen haben zeitweise grosse Verwirrung angerichtet; ihre falsche Deu- tung hat mit zu den unhaltbaren Vorstellungen über eine sehr mäch- tige Vereisung im Zentralapennin geführt. Nicht glazialer Herkunft, sondern durch Bergstürze, Wasser oder Lawinen verschleppt und weggetragen, sind z. B. die Trümmer in der Umgebung von Celano im Fuciner-Becken oder im V. di Lucoli (Velino) unterhalb Casa- maina, vor allem auf der rechten Talseite bei der Madonna di Pesco Cancelli, die C. CREMA (31) ursprünglich wegen ihrer Grösse für Erratika hielt; die einige Kubikmeter grossen Gesteinsmassen im Piano di Rojo (800 m) zwischen Paese di Pianola und Forchetta di Bagno, die nach J. CIELUSSI (24) ein Gletscher vom M. dOcre abge- setzt haben soll; oder jene, die sich an verschiedenen Stellen am N- Fusse des Gran Sasso, z. B. im Gelände rechts des V. Ruzzo oberhalb Isola, 100-300 m über dem Talgrund, befinden. Es ist meist so, dass Kalkblöcke nur in Verbindung mit Spuren, die, wie Moränen und Kare, ganz einwandfrei glazialer Natur sind, als Zeugen einstiger Vereisung eine gewisse Bedeutung erlangen. Auf Gletschertransport gehen aus diesen Gründen mit Sicherheit die Blöcke zurück, die die Böden einiger Trogtäler und Hochmulden bedecken. Wo sie beson- ders zahlreich vorkommen, wie in den Hintergründen der Täler des Gran Sasso und der Meta, verstärken sie den ohnehin vorherrschen- den Eindruck der Felseinöde. Grössere Ansammlungen finden sich an einigen Stellen auf und zwischen den Moränen, so dass diese grob- blockig erscheinen, z. B. auf der rechten Seite des Lago Vivo (Meta). Viele Findlinge, darunter solche von einigen Kubikmetern Inhalt, besitzt die Regione le Forme im V. P a g a n a (Meta). In ihrem hintern Abschnitt habe ich einen Block von 3 m Höhe, 2 m Länge und 2 m Breite, also von 12 m Inhalt, gemessen. Der Blockschwarm dehnt sich über eine niedrige Anhöhe gegen die Regione Campitello hin aus. An andern Orten, z. B. im Piano Aremogna (Greco), sind erratische Trümmer in den Moränen selten. Der Grund hiefür ist in der Beschaffenheit des Einzugsgebietes der Gletscher zu erblicken. 112 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Wo Gipfel, die hoch über die Kare und Täler aufsteigen, fehlen, konnte der Gletscher nicht mit grossen Schuttmengen beliefert werden. Durch Gletscher dürften ferner die vielen grossen Blöcke an fol- genden Örtlichkeiten verfrachtet worden sein: am Eingang ins V. di Mezzo im Meta-Gebirge, nahe bei Pizzone (859 m); unterhalb Ren- dinara (Monti Simbruini) nahe der Ausmündung des V. il Rio; und vielleicht auch im breiten Tal des Aventino im E der Majella, vor allem unter den Hängen des M. Secine. Ein Vorkommnis von auffallend grossen Kalkblöcken, deren Verfrachtung mir ein Rätsel ist, befindet sich in den aus miozänen Sanden bestehenden Anhöhen und Abhängen der Rocca Secca (900-1200 m) und R e g i o n e P e s c o l a s i o (1000-1250 m) des M et a- Gebirges. Blöcke von 200-300 m Inhalt sind darunter. In der Rocca Secca habe ich zwei Blöcke von 6-9 m Höhe, 3-5 m Breite und 5-7 m Länge festgestellt. Sie liegen in einiger Entfernung von der Kalkregion, aus der sie herrühren müssen. Es ist darum kaum an Bergsturzschutt zu denken. Fände sich diese Blockstreu in den Alpen, so würde man sie auf Grund ihrer Lage und Anordnung ohne weiteres auf Gletschertransport zurückführen. Das ist aber für den Zentral- apennin im Hinblick auf die Tatsache, dass unterhalb der Ablage- rung Moränen fehlen, nicht anzunehmen. Auch muss beachtet werden, dass diese Verfrachtung nur durch Gletscher von grossem Ausmass hätte vorgenommen werden können; solche sind in diesem Gebirge aber nicht nachgewiesen worden. Sind diese Blöcke vielleicht Zeugen einer älteren, ausgedehnteren Vereisung? Das halte ich vor- derhand für sehr unwahrscheinlich. Rätselhaft ist mir auch die Her- kunft der grossen Steine, die auf der Felsbastion im N des Piano di Campitello (Matese) verstreut liegen.

Fluvioglaziale Schotter.

Die fluvioglazialen Schotter haben im Zentralapennin eine sehr geringe Verbreitung. Die wenigen Vorkommnisse, die mir bekannt geworden sind, müssen unter Vorbehalt angeführt werden. Gewiss bestehen sie wie andernorts aus mehr oder weniger gerollten und ge- schichteten Gesteinen und liegen ausserhalb der Endmoränengürtel; aber es lässt sich nicht mit der wünschenswerten Schärfe ein unmit- telbarer Zusammenhang mit Moränen nachweisen. Aus fluviogla- zialen Schottern dürfte der C o 1 l e d e 11 e R e n a r e bestehen, der Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 113 sich in der Nähe des Dorfes Rovere (1353 m) im Piano di Rocca di Cambio befindet. Dieser 400 m lange und 40 m hohe Hügel stellt eine ziemlich lockere Aufschüttung von faust- bis kopfgrossen, runden Kalkgeröllen dar, die ungefähr 1 km von den Endmoränen des Piano di Pezza entfernt ist. Ähnlich aussehende Schotter sind in einigen langen, niedrigen Wällen im westlichen Teil des Piano di Ovindoli anzutreffen. Sie liegen in fast unmittelbarer Nähe von Moränen, was ihren Ursprung aus diesen vermuten lässt. Gleiche Schotter treten auch unterhalb der Moränen am Ausgang des V. Majelama aus dem Velino-Gebirge zutage, ferner am Ausgang des V. di Teve. Es ist sehr auffallend, dass in den von grossen Moränenmassen erfüllten Hochflächen keine fluvioglazialen Schotter festzustellen sind. Sie sind vielleicht unter anderen Aufschüttungen verborgen. In den Hochflächen des D u r m i t o r- Gebirges fehlen sie nach K. KAYSER (77) gleichfalls. Er sieht den Grund für diese Tatsache darin, dass «sich selbst beim Rückzug des Eises nur eine schwache oberirdische Entwässerung hat erhalten können, während der Haupt- anteil des Schmelzwassers infolge einer schon damals starken Ver- karstung in vertikaler Entwässerung im Kalkstein verschwand.» Diese Erklärung dürfte auch für den Zentralapennin Gültigkeit haben.

Moränen- und Eiserosionsseen. Im Zentralapennin gibt es nur wenige Seen, die ihr Dasein der erosiven oder akkumulativen Tätigkeit eines Gletschers verdanken.

Abb. 27. Lago di Pilato (V. Aso . Talschlusskar unter dem Punkt 2422 m. 114 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Sie liegen alle zwischen 1400 m und 2000 m Höhe, sind also eigent- liche Bergseen. Einige sind so klein, nur wenige Aren gross, dass sie den Namen See kaum verdienen. Der grösste ist mit rund 500 m Länge und 125-150 m Breite der Lago di Pilato (1940 m) im Aso-Tal. Er liegt unter dem M. Vettore. Er wird durch eine Schutt- zunge, die vom rechten Hang her in den See hineinwächst, in zwei ungefähr gleich grosse Abschnitte gegliedert; der sie verbindende

tII Ut IIuuII n i 11I111I Trogr end 2375 f Hm

Abb. 28.

Wasserstreifen ist schon ziemlich schmal. Der Lago di Pilato hat immer wieder die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich gelenkt. J. PARTSCH (126), K. HASSERT (68) und R. V. KLEBELSBERG (81) haben ihn als Moränensee beschrieben. Im besonderen wiesen sie darauf hin, dass er sich seit 1895 stark verändert habe. «Durch eine quere mittlere Schuttzone wird er heute eigentlich in zwei Seelein geteilt.» So hat ihn R. V. KLEBELSBERG (81) am 6. August 1932 gesehen. Dieses Bild bietet der Lago, wie ich am 20. Juli 1936 feststellen konnte, jedoch nur dann, wenn geringer Wasserstand herrscht. Nach Zeiten starker Schneeschmelze oder ergiebiger Niederschläge wachsen die beiden Seelein an und vereinigen sich zu einer einzigen Fläche Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 115

(Taf. II, Fig. 4). Am unteren Ende wird das Wasser durch einen Fels- riegel gestaut, der im Juli 1936 den Seespiegel noch um 3 m über- ragte. Talabwärts fällt er um 20 m ab. Da sickert in einer Spalte das Seewasser durch. Es verschwindet aber fast augenblicklich wieder und tritt erst in 6 km Entfernung bei Foce (951 m) in einer grossen Karstquelle von neuem zutage. Der Seespiegel muss früher höher ge- standen und den Scheitel der Felsschwelle, wo eine überlaufsrinne

2266 22/6 W Morrone

-.----\---___.,2000 _ ---"\..// /9So

\\,_,„...,.„,- /900

/BSO /8, , /850

/100 <90

2/87 See Mure Lange f Hm Lego de//d Bachesse

Abb. 29. eingeritzt ist, erreicht haben. Von rechts her zieht eine Schutthalde und von links her eine Moräne in den Riegel hinein. Der Lago di Pilato ist kaum ein Moränenseelein; er ist vielmehr in dem durch Eisschurf rückvertieften Karboden drin entstanden. Er ist der ein- zige Karsee des Zentralapennins. Im W des Velino-Gebirges, im unteren Abschnitt des Piano della Duchessa (3 km lang, 1-1,5 km breit, 3-4 km gross, in 1750 bis 2200 m Höhe), der im S vom M. Muro Lungo (2187 m), im E vom M. Costone (2237 m) und im N vom M. Morrone (2266 m) eingerahmt wird, befindet sich der etwa 400 m lange und bis 150 m breite Lago della D u c h e s s a (Taf. IV, Fig. 8). Er nimmt eine kleine, mit der 116 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

Längsachse von E nach W gerichtete Wanne ein, die mit 1772 m den tiefsten Punkt der Hochfläche bezeichnet. Er liegt unmittelbar unter der karlosen S-Wand des M. Morrone. Er hat keinen dauernden Zu- fluss und wird nur durch den in seiner Umgebung fallenden Regen und Schnee genährt. Sein Wasserstand ist darum grossen jahreszeit- lichen Schwankungen unterworfen. Im Laufe des Sommers schrumpft

Abb. 30. er stark zusammen. Die Mulde wird talauswärts durch einen Riegel aus anstehendem Fels, der sich an der niedrigsten Stelle 50 m über den Seespiegel erhebt, abgeschlossen. über ihn führt der Pfad ins sehr nahe V. del Cieco. Dieser Riegel, wie überhaupt das umlie- gende Gelände, ist glazial geglättet und gerundet. Zur Eiszeit muss ein Gletscher die Seewanne, die in ihrer Anlage wohl eine prägla- ziale Doline war, teilweise ausgeschürft haben. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 117

Das V. del Cieco beginnt auf der linken Seite der Hochfläche unter der jäh abstürzenden, 200 m hohen NE-Wand des M. Muro Lungo in einem schutterfüllten Kar mit Riegel (10 m hoch) und an- schliessender Stufe (20 m hoch). Von diesem Kar zog einst ein 2 km langer Gletscher weg. Er blieb durch eine geringe Bodenerhebung vom nahen See getrennt. Ein Moränenseelein birgt der M. Greco im Hintergrund des V. Chiarano. Es ist der in der Längsachse des Tales gelegene, rund 250 m lange und maximal 100 m breite, wenig tiefe L a g o P an t a- n i e l I o (1817 m, Taf. V, Fig. 9 und 10). Er erfüllt den vorderen Teil eines kleinen Talbeckens (ungefähr 1 km lang und 100-150 m breit). Er hat dieses einst fast ganz eingenommen. Im Laufe der Zeit ist der hintere Abschnitt verlandet und zu einer Weidefläche gewor- den. In einigen Jahrzehnten wird den heutigen See, dessen Ufer stellenweise bereits stark mit Schilf bestanden sind, das gleiche Schicksal erreicht haben. Gelegentlich allerdings, so bei längere Zeit dauernden Niederschlägen oder bei reicher Schneeschmelze, wird, wie ich 1933 gesehen habe, auch das verlandete Stück noch leicht überschwemmt. Der Lago Pantaniello wird an seinem unteren Ende durch eine 10 m hohe Endmoräne gestaut. Sie ist in der Mitte von seinem zeitweise abfliessenden Wasser bis fast auf den Grund durch- sägt worden. Zwischen den beiden so entstandenen Hügeln zieht heute eine niedrige, schmale Sperrmauer durch. Sie soll ein vor- zeitiges Auslaufen des Sees verhindern. Auf der topographischen Karte des Meta-Gebirges ist als ein- ziges Seelein der L a g o Vivo (Taf. VI, Fig. 12) angegeben. Er liegt im V. Resione in 1583 m Höhe und ist ungefähr 300 m lang und bis 200 m breit. Die Leute von Barrea, die im Sommer in den Wäldern seiner Umgebung Holz sammeln, kennen ihn gut. Es ist eigentlich nur bedingt richtig, heute noch von einem Lago zu reden, denn im Laufe warmer, niederschlagsarmer Sommer trocknet er aus. Nur in einem unansehnlichen innern Teil, der von einer Quelle gespeist wird, erhält sich dann noch eine nasse Riedfläche. Erst die herbstlichen Regen- fälle geben ihm sein Leben wieder. Der Lago Vivo liegt im tiefsten Teil einer annähernd kreisrunden Talmulde. Ihr Durchmesser be- trägt ungefähr 500 m. Sie wird talauswärts durch einen Felsriegel abgeschlossen, dessen Scheitel den See um 30 m überragt. Will man von ihr aus talaufwärts gelangen, so muss man eine 30-40 m hohe Stufe überschreiten. Diese Depression ist eine in präglazialer Zeit gebildete Doline. Sie ist später vom Eise, das in den Karen des 118 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

M. Petroso entsprang, überflossen und dabei wohl etwas ausgetieft worden. Ihr Boden ist zur Hälfte mit vielen kleinen Hügeln übersät, die auf der rechten Seite bis an den vorderen Rand der Mulde hin- ziehen. Es sind Moränen. Zwar fehlen in ihnen Aufschlüsse, die das eindeutig beweisen könnten. Aus ihrer Rasendecke schauen aber zahlreiche grössere Kalkblöcke heraus, die, wie die Schichtung zu erkennen gibt, nicht einheitlich und gleichmässig, sondern kreuz und quer liegen. Es kann sich also nicht um anstehendes Gestein, etwa um Rundhöcker, handeln, indessen um sehr grobblockige Moränen. Einzig diese, und nicht die Felsschwelle, die talauswärts

Telsfufen X Quelle /Ass o ^ff Hordne Ldg® V/VO (Me/9)

Abb. 31. in geringer Entfernung folgt, haben das Seelein vorn abgedämmt. Wahrscheinlich haben sie auch in der Doline drin alte Versicke- rungstrichter verstopft. Auf der linken Seite wird der Lago, Vivo von einem niedrigen Wall aus anstehendem Gestein begrenzt. Er verläuft in geringem Abstand vom linken Talhang und fasst mit die- sem eine sehr kleine Wanne ein. Aus ihm sprudelt die bereits erwähnte Quelle hervor. Der Lago Vivo ist in erster Linie als ein Moränenseelein anzusehen. An seiner Entstehung hat nur in schwa- chem Masse Eisschurf Anteil. Sicher ist es kein Karseelein, als wel- ches es A. Rvrrr, (136) und R. ALMAGIA (2, 6) beschreiben. Es geht nicht an, die Kare des M. Petroso mit den viel tiefer gelegenen, 2-3 km vom Hauptgipfel entfernten Talmulden in ursächlichen Zu- sammenhang zu bringen und in diesem Talstück eine Kartreppe zu erblicken. Weder die Depression des Lago Vivo, noch die weiter talauswärts gelegene des Prato Rosso (1530 m) sind Kare. Jahrg. 81. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 119

Lago di Pilato, Lago della Duchessa, Lago Pantaniello und Lago Vivo sind die bedeutendsten glazialen Seelein des Zentralapennins. Zu ihnen gesellte sich bis vor wenigen Jahren noch ein M o r ä n e n - s e e im Piano di Campitello (Matese). Er ist vor allem durch eine Stromquelle, die im Hintergrund der Ebene, bei Capo dacqua, zwischen den Punkten 1697 m und 1552 m entspringt, gespeist worden. Ihr Wasser wird seit dem Jahre 1927 zum Betrieb eines Kraftwerkes, das sich am Gebirgsfuss (800 m) in der Nähe von S. Massimo befindet, verwendet. Es wird in einem Kanal am linken Rand der Hochfläche entlang geleitet und vorn in eine Druckleitung übergeführt. Mit dieser steht ein Stollen in Verbindung, der den Lago di Campitello entleert hat. — Ausser diesen Seelein können aus der Region einstiger Eisbedeckung nur noch einige Wasser- lachen genannt werden. Sie füllen da und dort, vor allem in den Hoch- flächen, in der Regel aber nur für kürzere Zeit, eine Mulde zwischen den Moränenhügeln aus. Solche Tümpel habe ich in den Frühlings- monaten im Campo Imperatore (Gran Sasso) und Campo Felice (Velino) angetroffen, ferner in der Talfläche von Forme (Meta). Hier war eine schmale, seichte, durch eine Bodenwelle in zwei Stücke zerfallende Vertiefung, die vom innern Endmoränenwall um- geben wird, überschwemmt. Einige Tümpel sind auf der topographi- schen Karte mit dem Namen Laghetto eingetragen, z. B. unterhalb des Kars (1692 m) im E-Hang des M. Palazzo Borghese (Monti Sibil- lini). Sie bilden im Kalkapennin die sehr gesuchten Trankstellen für das Vieh. Früher müssen sie in grösserer Zahl vorhanden gewe- sen sein; ihrer viele sind im Laufe der Jahre durch Bacheinschwem- mung und namentlich durch Vertorfung verlandet. Darauf deuten schwarze, torfartige Humusböden hin, z. B. im V. Solagne (Gran Sasso) in 1672 m. Pass- oder Jochseen, die in den Alpen in grosser Anzahl vorkommen, z. B. auf dem St. Gotthard oder S. Bernardino, wo sie die inmitten von Rundbuckeln gelegenen Felsbecken einneh- men, fehlen, sind doch im Apennin vom Eis überschliffene Joche fast unbekannt. Die Armut des Zentralapennins an Kar- und Moränenseen hängt damit zusammen, dass er aus Kalkstein besteht. Der grösste Teil des Wassers fliesst unterirdisch ab. Darum ist es in vielen Mulden gar nie zur Bildung von Seen gekommen, in andern wieder haben sie sich schon bald nach der Eiszeit entleert. Auch im S ü d a p e n - n i n gehören sie aus dem gleichen Grunde zu den seltenen Erschei- nungen. Es sind nur zwei Seelein, die glazialer Entstehung sind, bekanntgeworden:derLagoRemmo oderLagoLaudemio 120 Vlerteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

(1517 m) und der sehr kleine Lag o Z a p a n o (1420 m), beide im M. Sirino. Anders im N o r d a p e n n i n, der sich zum grossen Teil aus wasserundurchlässigen Sandsteinen aufbaut. In diesem Gebirge sind sie sehr zahlreich; es sei nur auf die vielen Karseen in der Umgebung von Fiumalbo (z. B. Lago, Santo Modenese in 1501 m) und auf die Moränenseen im Umkreise des Passo del Cerreto (z. B. Lago Padule in 1187 m, Lago Scuro in 1295 m, Lago le Gore in 1337 m, Lago Cerretano in 1344 m) hingewiesen. Es zeigt sich also im Apen- nin in der Verbreitung der Seen eine deutliche Abhängigkeit vom Gesteinscharakter des Untergrundes. Die gleiche Feststellung ist in andern Gebieten gemacht worden. In der Schweiz ist bekanntlich der Jura wegen der Durchlässigkeit der meisten seiner Kalkgesteine an glazialen Seen arm, ziemlich reich daran sind dagegen die Alpen, insbesondere in ihren Granit- und Gneiszonen, und das aus Molasse aufgebaute schweizerische Mittelland. Auf der Balkan-Halbinsel sind sie in den Kalkketten der Dinariden in sehr geringer Zahl vorhanden, nicht so in der Rila und im Pirin, die aus kristallinem Gestein beste- hen; es sind hier rund 150 durch das Eis geschaffene Seen gezählt worden. Noch grossartiger bringen die Ungleichartigkeit ihrer Ver- breitung nach den Gesteinszonen die Pyrenäen zum Ausdruck. Von ihren 1070 glazialen Seen entfallen nach F. NUSSBAUM (119) auf die wasserundurchlässigen Gesteinsarten, wie Granit, Gneis, Schiefer, rund 1000 und auf die Kalkzonen. nur 34.

Rundhöcker. Zum Stile der Glaziallandschaft gehören die Rundhöcker. Im Zentralapennin sind sie an vielen Stellen schwer festzustellen, weil ihre Form nicht sehr typisch ist, sogar da, wo sie am längsten der Einwirkung des Eises ausgesetzt waren, wie im Hintergrund der. Hochtäler. Nur ab und zu kann an ihnen eine glatte, allmählich an- steigende Luvseite bergwärts und eine rauhe, rascher abfallende I,eeseite talwärts unterschieden werden. Schöne Gletscherschliffe sind sehr selten. Als solche sind vielleicht die Glättungen mit den kreuz und quer verlaufenden feinen Ritzen auf einigen kaum ver- witterten Felsplatten, die unter den Karen des Pizzo Cefalone (Gran Sasso) liegen, zu betrachten. Der Kalk mahnt eben zur Vorsicht, da es sich bei dieser Erscheinung auch einfach um beginnende Karren- bildung handeln könnte. Der Verkarstungsprozess befindet sich in diesen Höhen in einem bemerkenswert fortgeschrittenen Stadium; fast alle Höcker, auch jene im Bereiche der einstigen Vergletsche- Jahrg. 84. K. STTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 121 rung, sind von Karren durchzogen. Ehemals vorhandene Politur und Schrammen sind durch das chemisch auflösende Regen- und Schnee- wasser fast ganz verloren gegangen. In den Kalkregionen der Abruzzen treten massenhaft Dolinen und gerundete Kuppen auf, die glazialen Wannen und Rundhöckern in Form und Grösse zum Verwechseln ähnlich sind. Die Schwierig- keit, diese Formelemente auseinanderzuhalten, ist gross. Darauf weist auch M. GORTANI (58-60) hin und ferner R. v. KLEBELS- BERG (80) bei der Beschreibung der diluvialen Vergletscherung des M. Pollino im Südapennin. «Die breite Senke des Colle Lotarefono (1970 m) besitzt wohl stumpfe, flach gewölbte Felsböden und Buckel und seichte rockfällige Vertiefungen, Formen, die glazial gedeutet werden könnten; bestimmte Anhaltspunkte aber, dass es so ist, sichere Gletscherschliffe, fehlen. Nach der allgemeinen Verbreitung derartiger Formen im Gebiete, auch an Stellen, wo glaziale Beziehung nicht in Betracht kommt, ist es wahrscheinlicher, dass es Karstfor- men sind.» Im Kalkapennin müssen die Rundhöcker beim Nachweis der Vergletscherung in den Hintergrund treten. Ihre Ähnlichkeit mit Karstformen hat wiederholt zu irrtümlichen Auslegungen Veranlas- sung gegeben. Als glazial sollten nur jene Buckel gedeutet werden, die sich mit anderen sicheren Gletscherspuren verknüpfen. In Ver- kennung dieser Sachlage sind von T. BIELER-CHATELAN (13, 14) in den Hochflächen der Monti Simbruini Formen der Verkarstung zu Rundhöckern und eisgeschliffenen Hängen gestempelt worden. Mit diesen sollte die einstige Vergletscherung dieses Gebietes bewiesen werden. Im Piano del Cavaliere, der am Fusse der Monti Simbruini liegt, kommen gleiche Gebilde vor, so an der Einmündung des Fosso Fiojo und ferner in der Nähe der Anhöhe von S. Maria dei Bisognosi. Hier finden sich zwei Felssporne von 100 m Länge und 20 m Höhe, die in der Längsachse der Ebene und des V. del Turano gestreckt und kahl, glatt und ausgezeichnet gerundet sind. Sie besitzen eine prächtig ausgestaltete Luv- und Leeseite und sind echten Rund- buckeln ausserordentlich ähnlich. In der Umgebung von Castelluccio, am Fusse des M. Vettore, hat P. VINASSA DE REGNY (186) irrtüm- licherweise eine Reihe von Hügeln nur auf Grund ihrer Form mit Gletschertätigkeit in Zusammenhang gebracht. In erstaunlichem Ausmass wird die S-Seite des Gran Sasso zwischen den Dörfern S. Stefano und Castel del Monte von rundgebuckeltem Gelände be- herrscht. Es erweckt stellenweise, wo die Höcker nicht allzu gross 122 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1939

sind und auch nicht ganz nach Zufall und Laune, sondern mit einer gewissen Gesetzmässigkeit angeordnet erscheinen, den Eindruck, als hätte es unter einem riesigen Eishobel gelegen. Hätte aber Eis an seiner Bildung Anteil, so müssten Moränen zu finden sein. Schöne pseudoglaziale Rundbuckel erheben sich mitten in der Ebene von Rocca di Cambio (Velino).

Abb. 32. Piano di Puzzillo. Einsattelung (2020 m ü. M.) von seilkurvenförmigem Querprofil, ins V. della Giumenta führend. Rechts Hang des M. Puzzillo, vorn Rundhöcker.

Man möchte versucht sein, auch die kahlen, glatten und niedri- gen Felsriegel, die die Hochflächen voneinander und gegen angren- zende Täler hin abschliessen, mit der Arbeit des Eises in Zusammen- hang zu bringen, spräche nicht das vollständige Fehlen von Moränen unterhalb der Riegel so bestimmt dagegen. Nur ausnahmsweise hat ein Gletscher eine Hochfläche verlassen, so im Piano di Pezza über den Riegel Vado di Pezza. Fast unbekannt sind, im Gegensatz zu den Alpen, eisüberschliffene Joche oder Pässe. Ich kann nur zwei bescheidene derartige Beispiele nennen: Vom Piano di Puzzillo (Ve- lino) ist Eis über eine Einsattelung, die Seilkurvenform besitzt, ins Giumenta-Tal geflossen, und im M. Terminillo vom V. della Meta durch eine kleine Lücke (1910 m) in den Prato Comune. Die Kalkgebiete der Abruzzen müssen schon lange vor der Eis- zeit, noch im Tertiär, der Verkarstung ausgesetzt gewesen sein, Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitllche Vergletscherung des Zentralapeunins. 123 waren doch für die Ausbildung ihrer unzähligen grossen und kleinen Dolinen und Kuppen grosse Zeiträume notwendig. Die Eiszeit hat im wesentlichen ein dem heutigen ähnliches Relief vorgefunden. Ihre Gletscher haben in den höheren Regionen die Mulden vertieft und erweitert und die Höcker abgeschliffen, geglättet und gerundet. Das ist besonders schön im E des M. Greco zu sehen. Auch die Rund- höckerflur an der Einmündung des V. Schiena Cavallo in die Ebene von Pescasseroli scheint vom Eise zugeschnitten zu sein. Sie besteht aus vielen bis 50 m langen und bis 20 m hohen Hügeln, die mit ihrer Längsachse in der Richtung des Tales liegen. Sie sind stark ver- karstet; feinere glaziale Erkennungszeichen, wie Glättung und Schrammung, fehlen. Vereinzelt oder in Gruppen kommen Rund- höcker im Hintergrund einiger Trogtäler vor, z. B. im Campo Pericoli (Gran Sasso). Hinsichtlich Form und Grösse halten die Rundhöcker- gebiete des Apennins einem Vergleich mit jenen der Transfluenz- pässe der Alpen, etwa des St. Gotthard- oder Grimselpasses, im all- gemeinen nicht stand. Nur vereinzelt gewinnt man wie in den Alpen den Eindruck, es seien ausschliesslich vom Gletscher, gemäss sei- ner besondern Dynamik, geschaffene Formen (O. FLÜCIIIGER, 49). In der Mehrzahl der Fälle erscheinen sie eher als die vom Eise einfach überschliffenen und zugerundeten Felskuppen einer prägla- zialen Karstlandschaft. J. Cvmc (41) hat für die Kalkzonen der Balkan-Halbinsel, z. B. für die des Orjen und für das Kuci- und Lukovo-Gebiet in Monte- negro, als besonderen Typus die Karstvergletscherung unterschieden. Das Eis musste sich den besonderen Formen der Karstregionen anpassen. Es nistete sich in den präglazial gebildeten Uvalas und Donnen ein und umfloss oder überfloss die niedrigen Erhebungen zwischen ihnen. Auf diese Weise entstand ein vielver- zweigtes Eisstromnetz, die Karstvergletscherung. Sie ging bei voll- ständiger, lückenloser Eisbedeckung in die zusammenhängende Plateauvergletscherung über. Als das Eis zu schwinden begann, lösten sich zuerst die Teile auf den Felshöckern auf. Es zerfiel so in viele einzelne Stücke, die die Donnen erfüllten und sich hier lange hielten. Sie lagerten in ihnen Moränen ab. Im Zentralapennin hat Karstvergletscherung vielleicht auf der SW-Abdachung des M. Sirente oder im Piano di Puzzillo des M. Velino oder auf der Tavola Rotonda der Majella bestanden. Diese flachen Gebiete sind grösstenteils von kleinen Felsbuckeln und Dolinen besetzt, die ihnen ein narbenartiges Aussehen geben. 124 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

E. Die eiszeitliche Vergletscherung in ihrer heutigen anthropogeographischen Bedeutung.

Der Einfluss der eiszeitlichen Vergletscherung, bzw. der von ihr geschaffenen Formen,aufVerkehr,Besiedlung,Wirt- s c h a f t und Landesgeschichte ist im Zentralapennin ungemein gering. Das kommt einem besonders zum Bewusstsein, wenn man sich die überragende anthropogeographische Bedeutung der Vereisung in alpinen Gebieten vor Augen hält. 0. FLÜCKIGER (48) hat in eindrücklicher Weise für die Alpen die Abhängigkeit zahl- reicher geographisch-historischer Erscheinungen vom glazialen Re- lief geschildert. «Wo in den Alpen ein Eisstrom querüber einen tiefen Kanal ausweitete, da wurden im Laufe der Zeiten die angren- zenden Kammern des Gebirges wie durch ein Bindeglied zu einer Gemeinschaft der Interessen zusammengeschlossen.» An diesen Stellen entstanden bequeme Pforten quer durch das Gebirge. «Ge- rade diese in der Eiszeit geweiteten und übertieften Pässe quer durch die Hauptketten haben das Gebirge fühlbar aufgeschlossen. Mit Vor- liebe hat sich die Landesgeschichte diesen Leitlinien entlang in die Nachbarbezirke hinübergetastet. Die eiszeitlich gestalteten Über- gänge sind überragend wichtige Punkte des alpinen Durchgangsver- kehrs geworden; und an diesen Berührungsstellen vollzog sich vor- zugsweise der geistige Austausch aus den angrenzenden Lebens- räumen. Wo diese Gunst in der Gliederung des Bergkammes fehlt, da macht sich die Abriegelung in ihrer ganzen Schwere fühlbar.» Im Zentralapennin suchen wir vergeblich nach solch bedeutenden, gla- zial geformten Übergängen. Hier hat das Eis an keiner einzigen Stelle den Grat zur breiten, verkehrsfördernden Einsattelung nieder- geschliffen. In ihm vollzieht sich der Austausch der materiellen und geistigen Güter längs Linien, die zur Hauptsache tektonischer Natur sind. Der Zentralapennin ist kein so stark und allseits abrie- gelnder und trennender Gebirgswall wie die Alpen; Faltung und Hebung waren in ihm viel schwächer; sie haben an Stelle einer in sich geschlossenen, mächtigen Gebirgskette viele einzelne, geson- derte Gebirgsstöcke hervorgebracht, die durch Längstäler und weite Hochflächen voneinander getrennt werden. Nur vereinzelt sind die Haupterhebungen durch niedrige Ausläufer miteinander verbunden. Diese Bauart lässt unschwer den Verlauf der Hauptverkehrslinien quer durch das Gebirge erkennen. Sie ziehen in den weniger hohen Geländeabschnitten zwischen den isolierten Aufragungen durch. Die zu übersteigenden Höhen sind meist sehr beachtlich, immerhin nied- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 125

riger als die der Alpen. An einigen Stellen haben die Flüsse die Ketten in Klusen durchbrochen und so für leichte Verkehrsmöglich- keiten gesorgt. Die wichtigste Klus hat der Pescara geschaffen, in- dem er die Gran Sasso-Morrone-Kette durchsägte. Sie leitet den Ver- kehr sowohl aus der grossen innerapenninischen Zone, in der die drei Städte Avezzano, Sulmona und Aquila liegen, als auch von Rom zu den Küstenstädten der Adria. In den Alpen haben manchenorts gegenständig in den Kamm eingesenkte Kare durch Auflösung ihrer Rückwand eine Bresche ein- gerissen, die häufig trotz ihrer grossen Höhenlage zum Passüber- gang wurde. «Ein steiler, steiniger Pfad geht zur Scharte (Joch, Lücke, Furke, Furggle, Forcola) hinauf und findet einen ebenso beschwerlichen Abstieg ins jenseitige Becken. Ein dünner Faden eines lokalen Verkehrs, oft und auf längere Zeit wieder abgerissen, spinnt sich über die Lücke hinweg.» (0. FLÜCI{IGER, 48.) Selbst an Passeinschnitten dieser wenig bedeutenden Art ist der Zentral- apennin sehr arm. Die paar durch Kare geschaffenen Lücken dienen nicht einmal immer dem Verkehr. In diesem Gebirge wird eben, im Gegensatz zu gewissen Abschnitten der Alpen, die Kammregion nicht auf weite Strecken einzig und allein vom Kar beherrscht; es tritt eher inselartig auf und wird immer wieder von weniger steilen und hohen Mittelgebirgsformen abgelöst, die einen bequemeren Übergang bieten und deshalb den Weg an sich binden. Nur aus- nahmsweise führt der Pfad über einen Kamm durch ein Kar hinauf. Das gilt z. B. für jenen, der im Gran Sasso den Wanderer von Pietra- camela im N nach Assergi im S bringt. Über dein Campo Pericoli ist durch ein Kar der Grat zum Sattel eingebogen; diese Jochsenke (2256 m) im NE des M. Portella ist die beste weit und breit in dieser Hochregion. Ein schönes Beispiel habe ich ferner in der Gebirgs- zone von Roccaraso kennen gelernt. Um von diesem Ort aus in die Höhen des M. Greco zu gelangen, wird in der Regel der Schafweg benützt, der sich vom Piano Aremogna durch das Kartal Gravare hinaufwindet. Er ist, wie zahlreiche andere, auf der topographischen Karte eingetragen. Diese Wege sind für die Hirten sehr wichtig, weil sie auf ihnen Mitte Oktober, bevor der Winter einbricht, ihre grossen Herden in die milderen Gefilde Apuliens oder der Campagna Romana hinab treiben. Anfangs Juni, wenn die Schneedecke gewi- chen ist und das erste Grün spriesst, kehren sie auf diesen, seit alters her begangenen Tratturi zu den Weideplätzen des Gebirges zurück. Eine Bresche im Gebirgskamm, an deren Entstehung ein Kar Anteil hat, besitzen ferner die Monti della Meta. Es ist der Passo dei Monaci, 126 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 der vom V. Pagana im N ins V. Canneto im S führt. Eisgeschliffene Lücken finden sich auch im M. Velino. und M. Terminillo. Sie stellen die Verbindung her zwischen V. di Teve und Lago della Duchessa, zwischen Piano di Puzzillo und V. Giumenta (Velino) und zwischen V. della Meta und Prato. Comune (Terminillo, Taf. VII, Fig. 13). Es ist bekannt, dass das glaziale Relief in den Alpen neben zahl- reichen fördernden Einflüssen, namentlich auf Verkehr und Er- schliessung des Gebirges, auch Wirkungen hemmender Art aus- geübt hat. Der Umstand, dass viele Seitentäler einige hundert Meter über dem glazial übertieften Haupttal ausmünden, hat den Zugang zu ihnen sehr erschwert und ihre Bewohner von der Aussenwelt abgeriegelt. «Die Abgeschlossenheit der Talschaft nötigte die Be- wohner frühzeitig, sich auf eigene Füsse zu stellen und jede Ab- hängigkeit von der Aussenwelt zu vermeiden.» (0. FLÜCKIGER, 48.) Siedelungen, die in jeder Hinsicht fast ganz auf sich selbst angewie- sen sind, gibt es auch im Zentralapennin und zwar heute noch trotz der verbesserten Verkehrsmöglichkeiten. Zu ihnen gehören Castel del. Monte (1310 m) im Gran Sasso, Campotosto (1442 m) in der Laga und Castelluccio (1453 m) in den Monti Sibillini. Aber in keinem einzigen Fall ist die Selbstversorgung durch die Erscheinung der glazialen Übertiefung, also durch die steilen, hohen Mündungsstufen zwischen Haupt- und Nebental, bedingt. Diese eis- zeitliche Grossform kommt, vielleicht vom äusserst bescheidenen Bei- spiel V. Genzana-V. Majelama (Velino) abgesehen, gar nicht vor. Schuld an der Weltabgeschiedenheit einiger abruzzesischer Gemein- den, die besonders im langen und rauhen Winter sehr fühlbar wird, sind nur deren Höhenlage und Entfernung von grösseren Verkehrs- zentren. Die Zugänge zu ihnen sind nicht sonderlich steil und darum bequem. Die Dörfer liegen ausserhalb der Zone einstiger Ver- gletscherung. Nur einige wenige befinden sich an ihrem Rande, z. B. Ovindoli oder Rocca di Mezzo im M. Velino. Im Zentralapennin gewinnen die Kleinformen, die die diluviale Vergletscherung hinterlassen hat, nur für die A l p w i r t s c h a f t einige Bedeutung. Wie schon erwähnt wurde, stellt seine Hochregion im Sommer ausgedehnte Weidegebiete für Schafe und Ziegen zur Verfügung. Oberhalb 1700-1800 m verkümmert der Pflanzenwuchs sehr; da ist, von den Hochflächen abgesehen, nur wenig Grün vor- handen; Bäume sieht man fast keine mehr; graue, kahle Felsflächen und wild zerschartete, schuttverkleidete Hänge, die einen. trostlosen Eindruck machen, starren einem entgegen. Dem Kleinvieh vermag Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 127

der dünne Rasenfilz gerade noch zu genügen. In diesen Höhen wird die Schafzucht seit alters her ausgiebig betrieben. Sie bildet nach dem Ackerbau die wichtigste Beschäftigung der ansässigen Bevöl- kerung. Eine der grössten Sorgen bereitet nun dem Hirten die Was- serbeschaffung für sich selbst und das Vieh während des sommer- lichen Aufenthaltes in den wasserdurchlässigen Kalkregionen. Das Auffangen von Regenwasser in Schächten und Zisternen kommt in diesen Gebieten, wo sich der Sommer durch Armut an Niederschlägen auszeichnet, nicht ernstlich in Frage, ganz abgesehen davon, dass gegen dieses Unterfangen auch Gründe gesundheitlicher und finan- zieller Natur sprechen. Es erscheint darum verständlich, dass hier Quellen, Seelein und Wassertümpel für die Alpwirtschaft von aus- schlaggebender Bedeutung werden. Wenn immer möglich, wird an ihnen oder in ihrer Nähe die Sennhütte, meist eine einfache Unter- schlupfsstätte (lo stazzo), errichtet, und unmittelbar daneben für das Vieh ein Lager- und Melkplatz (la mungitora) angelegt. Von grossem Wert sind die Moränen- und Eiserosionsseen, weil sie innerhalb des Weidegebietes auftreten. Eine grosse Meierei (la masseria), die 2000-3001:ISehafe hält, liegt am unteren Ende des Lago Pantaniello (M. Greco, Taf. V, Fig. 10). Besonders wertvoll für sie ist der Um- stand, dass auf der rechten Seite des Seeleins noch Trinkwasser in einer Quelle austritt. Ein Nachteil erwächst ihr allerdings dadurch, dass das für ihren Betrieb und Unterhalt unentbehrliche Holz aus tieferen Berglagen heraufgeholt werden muss. In ähnlich guter Lage befindet sich eine Sennhütte am Lago Vivo (Meta). Auch hier liefert eine Quelle, die auf der linken Seite des Seeleins hervorsprudelt, das nötige Trinkwasser. Eine grosse Meierei besteht ferner am Lago della Duchessa (M. Velino). Hier aber müssen die Hirten Tag für Tag das Trinkwasser aus grösserer Entfernung herbeischaffen. So ist es auch an den Weideplätzen des Lago di Pilato (Sibillini). Da zogen es jedoch die Hirten vor, ihre Unterkunftsstätten in etwas tie- ferer Lage, in der Nähe einer Quelle, aufzuschlagen. Ab und zu füh- ren sie ihre Herden zum See hinauf zur Tränke. Von einigen Alp- hütten wird die Umgebung des ehemaligen Seebeckens von Campi- tello (Matese) belebt. Im Hintergrund dieser Hochfläche, bei Capo dacqua, versorgt eine Quelle Mensch und Vieh reichlich mit Wasser. Zahlreiche Viehgehege sind in den von Endmoränen gebildeten Mulden angelegt worden, besonders dann, wenn Trinkwasser in der Nähe vorhanden ist. Diese Stellen sind günstig, weil sie ein Stück flachen Boden und etwas Schutz vor Winden, aber auch vor nächt- lichen Ruhestörern aller Art bieten. In solchen Mulden errichtete 128 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft ln Zürich. 1939

Schäferhütten habe ich fast überall im Zentralapennin angetroffen; einige seien erwähnt: le Mandrelle (M. Greco), Bocche Chiarano (M. Greco), il Prato (M. Greco), le Forme (Meta), Prato Comune (M. Terminillo), V. Ussita (Sibillini). Wieder andere Lagerplätze liegen in Grosskaren, z. B. in jenen der Meta, des Gran Sasso, der Majella drin, oder auf dem breiten Boden eines U-Tales, z. B. im V. di Teve, oder in Rundhöckergelände, z. B. im V. Cupella (Meta). Diese Beispiele mögen genügen. Sie zeigen, in welch starkem Masse die Anlage von Sennhütten durch die glazialen Kleinformen mitbestimmt wird. Ausser ihnen kommt in der Platzauswahl nur noch den Formen der Verkarstung, namentlich den grösseren Do- linen, eine gewisse Bedeutung zu. Als besonders schöne Beispiele möchte ich die Stazzi in der Doline des V. Cavallara (Meta) und in jener, die am Ausgang des Piano di Campitello (Matese) liegt, nennen. Der Zentralapennin hat in der Eiszeit durch die Karbildung schroffe Gipfel erhalten. Gewiss steht er an Wucht und Mächtigkeit weit hinter den Alpen zurück und vermag diese an überwältigender Grossartigkeit nicht zu erreichen; dennoch ist er ein Gebirge mit grosser Anziehungskraft und mit vielen Reizen. Ist einmal seine Schönheit, namentlich die seiner Hochregion, von weiteren Bevöl- kerungskreisen entdeckt, so dürfte der Alpinismus in Mittelitalien grösseren Aufschwung nehmen. Gegenwärtig macht es den Anschein, als ob die im Winter tief verschneiten Berge den Römern und Neapoli- tanern zum künftigen Wintersportparadies würden. Von Jahr zu Jahr wächst die Anzahl der Sklfahrer, die die rundlichen Kuppen und sanften Abdachungen des Apennins, aber auch das wellige Moränen- gelände des Campo Imperatore (Gran Sasso), Piano di Pezza und Campo Felice (M. Velino) oder des Piano Aremogna (M. Greco) auf- suchen.

F. Geschichtliches zur eiszeitlichen Vergletscherung des Apennins.

Zentralapennin. Spuren der eiszeitlichen Vergletscherung des Zentralapennins sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt geworden. Die ersten spärlichen Angaben stammen aus dem Jahre 1871 von G. BERRUTI und P. DI ST.-ROBERT, 1879 von C. J. FORSYTH-MAJOR und Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 129

1884 von L. BALDACCI und M. CANAVARI über den Gran Sasso dItalia, und aus dem Jahre 1872 von O. FERRERO über die Majella. Zwar hat noch früher, 1859, A. SECCHI Spuren aus den Monti Sibillini genannt; sie haben sich aber später als nicht glazial herausge- stellt. Im Jahre 1889 sind von J. PARTSCH neue, zuverlässige Mit- teilungen über den Gran Sasso und die Monti Sibillini erfolgt, ferner sehr wenige von G. CACCIAMALI (1892) und P. MODERNI (1895) über den Gran Sasso und von C. VIOLA (1896) über die Monti Simbruini. Sle berichten über eine bescheidene ehemalige Vereisung dieser Gebirge. Erst mit Beginn des neuen Jahrhunderts sind von K. HASSERT (1900), I. CHELUSSI (1901-1904), JAJA (1905), P. VINASSA DE REGNY (1905), G. DAINELLI (1906), F. SACCO (1907-1908), T. TARAMELLI (1910), A. RüHL (1910-1911) und R. ALMAGIA (1912) neue Angaben gemacht worden, erstmals auch über den M. Velino, die Monti della Meta und den M. Terminillo. Sie haben sich jedoch zum Teil als unhaltbar erwiesen. Um 1910 herum war die Kenntnis über die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins noch sehr mangel- haft. Sie hat erst in den folgenden Jahren eine Vertiefung erfahren. 0. MARINELLI und L. RIcCI haben 1916 glaziale Spuren im Gran Sasso, R. ALMAGIA 1919-1929 im M. Greco und M. Terratta, G. B. DE CASPERI 1921 im M. Morrone und C. COLAMONICO 1930 im Matese entdeckt. Ein Teil dieser Forschungsergebnisse ist in den Abhand- lungen von R. BIASUTTI (1923) und G. ROVERETO (1923) erwähnt. In dieselbe Zeit fallen einige grössere Veröffentlichungen von S. FRANCHI (1918-1921), C. CREMA (1919-1927), F. SACCO (1928) und T. BIELER- CHATELAN (1928-1931), sowie kurze Mitteilungen in der Enciclo- pedia Italiana und im Werk «Marche» von E. Ricci (1929). In ihnen wird vom Standpunkt einer nur bescheidenen Vergletscherung ab- gerückt. So sollen sich z. B. nach T. BIELER-CHATELAN 30-50 km lange Gletscherströme aus den Monti Simbruini, nach S. FRANCHI bis 15 km lange Eiszungen aus der Majella (z. B. nach Pacentro in 650-700 m ü. M.) und nach C. CREMA solche aus dem Gran Sasso ins Vorland (z. B. bis nach Aquila in 700 m ü. M.) hinaus- geschoben haben. Durch dlese Arbeiten ist die Aufmerksamkeit von neuem auf das Problem der eiszeitlichen Vergletscherung des Zentralapennins gelenkt worden. R. v. KLEBELSBERG (1930-1933) hat eingehende Untersuchungen im Gran Sasso, in der Majella und in den Monti Sibillini, und M. GORTANI (1930-1931) an verschiedenen Stellen des Gebirgsvorlandes angestellt. Dazu ist von H. KALLNER (1933-1934) ein kürzerer Beitrag über das Aniene-Tal gekommen. In diesen Studien wird die Ansicht, dass die Vereisung mächtig 130 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939 war, widerlegt, ihr immerhin ein grösseres Ausmass zugebilligt, als es die älteren Angaben wahrhaben wollen. In begrüssenswerter Weise sind die Ergebnisse aus den letzten Jahren von A. SESTINI im Bollettino della R. Società Geografica Italiana (1930-1937) be- sprochen und sehr gut zusammengefasst worden. Seit 1930 führt D. TONINT am rezenten Calderone-Gletscher des Gran Sasso Unter- suchungen durch.

Nordapennin. Über die eiszeitliche Vergletscherung des Nordapennins liegen zahlreiche kleinere Arbeiten vor. Sie behandeln gewöhnlich nur ein Teilgebiet des gewaltigen Kettenbogens. Eine grössere zusammen- fassende Arbeit fehlt noch. Einige Abschnitte sind noch nicht gründ- lich genug auf glaziale Spuren untersucht. Immerhin kann aus den bereits vorliegenden Angaben ein ziemlich zuverlässiges Bild über die Grösse der eiszeitlichen Vergletscherung gewonnen werden.

Die ersten spärlichen Mitteilungen, deren Richtigkeit D. PAN- TANELLY (1886) zu Unrecht bestritten hat, sind von C. DE STEFANI (1874-1887) erfolgt, wenige andere 1889-1890 von G. TRABUCCO über den Piacentinischen Apennin und 1892 von A. ISSEL über den Ligurischen Apennin. Einen ersten sehr guten Überblick über die Vereisung des ganzen Gebirges hat 1893 F. SACCO veröffentlicht. A. BRIAN hat 1898 und 1901 über die einstigen Gletscher des Parma- und Cedra-Tales, und D. ZACCAGNA 1898 über die der Alpe di Cor- fino berichtet. Dann ist es für längere Zeit still um das Problem der Eiszeit im Nordapennin geworden. Erst in den letzten Jahren hat es wieder vermehrte Beachtung gefunden. Nun ist auch hier, wie im Zentralapennin, die Auffassung, dass die Vergletscherung sehr gross gewesen sei, aufgetaucht. Für sie sind R. MASINI (1926) und D. ZAC- CAGNA (1920-1932) eingetreten, neuerdings, und zwar für die ver- hältnismässig niedrigen Gebirgsgruppen von Voltri und des M. Ajona, auch F. SACCO (1934-1937). Gegen diese Ansicht sind aber immer wieder Stimmen laut geworden. So hat G. ROVERETO 1935 die Existenz von glazialen Spuren in der Gruppe von Voltri, wenigstens in deren tieferen Regionen (200-400 m ü. M.), in Abrede gestellt. U. REPETTI hat 1925 über die Vereisung des Piacentinischen Apen- nins, A. DESTO 1927 über die Entstehung der kleinen Seelein in der Hochregion des Scoltenna-Tales, das im Emilianisch-toskanischen Apennin liegt, und A. SESTINI 1936 über die Kare dieses Gebirgs- Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 131 abschnittes geschrieben. Seit 1938 beschäftigt sich ferner U. LosAcco mit eiszeitlichen Fragen des Nordapennins.

Apuanisehe Alpen. über das Vorhandensein von Gletscherspuren in den Apuani- schen Alpen ist zum erstenmal im Jahre 1872 von I. Coccr, G. Mono und A. STOPPANI und 1880 von B. LoTTI berichtet worden. Eine um- fangreichere Arbeit, in der das Ausmass derVereisung zur Hauptsache richtig beurteilt worden ist, hat 1890 C. DE STEFANI geliefert, nach- dem er zuerst, 1874, die Gletscher viel zu gross dargestellt und ein Jahr später ihre Existenz überhaupt abgelehnt hatte. Seine Ergeb- nisse sind 1912 von G. MERCIAI im wesentlichen bestätigt worden. Im Gegensatz zu diesen Autoren hat D. ZACCAGNA (1898-1932) stets die Ansicht vertreten, dass die Vergletscherung sehr mächtig war. Sie ist von R. MASINI (1926) geteilt worden. Dieser nahm beispiels- weise an, dass einst 400-600 m dicke Eismassen von den verhältnis- mässig niedrigen Bergen M. Volsci (1266 m) und Colle delle Bal- dorie (1119 m) nach E bis nach Castelnuovö (270 m) niedergestiegen seien. Das stimmt nicht; die Vergletscherung hat sich in viel beschei- denerem Rahmen gehalten. M. PACi hat 1935 versucht, die Gletscher- stadien in den Apuane festzulegen. Von A. SESTI I (1935-1937) sind die neueren Arbeiten im Bollettino della R. Società Geografica Ita- liana besprochen worden.

Südapennin. Viel später als im Zentral- (1871) und Nordapennin (1874) und in den Apuanischen Alpen (1872) sind glaziale Spuren im Südapennin angezeigt worden. Als erster hat solche in den Jahren 1892 und 1893 G. DE LORENZO im M. Sirino aufgefunden. Sie liessen auf eine beschei- dene diluviale Vergletscherung in dieser Gebirgsgruppe schliessen. Dieses Ergebnis hat G. DE LORENZO 30 Jahre später, 1923, in einer eingehenden Arbeit, die mit G. DAINELLI zusammen entstanden war, bestätigt. Im Jahre 1895 hat er wenig sichere Gletscherspuren aus dem M. Volturino mitgeteilt, die auch von F. SACCO (1910) erwähnt wurden. Neue Angaben kamen erst 1916 dazu durch R. BIASUTTI, der über eine geringe Vereisung des M. Cervati berichtet, und 1923 über eine solche des M. Pollino. Die Strömung des Zeitraums 1920-1930, die die Vergletscherung des Apennins als sehr bedeutend darlegte, hat sich auch für den Südapennin geltend gemacht. Sie wurde ver- 132 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939. treten von C. CREMA (1922-1923) in einer Untersuchung über den M. Volturino und von E. CORTESE (1928-1929) in einer solchen über den Aspromonte. Von diesem Gebirge sollen auf der E- und S-Seite Eiszungen von einigen Kilometern Länge bis ans Meer hinab gegan- gen sein. Diese Auffassung ist von B. CASTIGLIONI (1929) bestritten worden, später auch von H. KANTER (1930). Im Jahre 1932 hat R. v. KLEBELSBERG eine Arbeit über die Vereisung des M. Pollino veröffentlicht; sie ist von A. SESTINI (1933) im Bollettino della R. Società Geografica Italiana besprochen worden. Sie gehört mit jener von G. DE LORENZO und G. DAINELLI (1923) zu den besten Dar- stellungen über Vereisungsspuren im Südapennin. Für den Ätna glaubt W. MAIER (1928-1931) den Nachweis, dass seine höchsten Teile vergletschert waren, erbracht zu haben; seine Darlegung ist jedoch auf den Widerstand von L. LEYDEN (1929) gestossen.

G. Literaturverzeichnis.

1. ALMAOIA, R. Alcuni fenomeni carsici nellAbruzzo aquilano. Boll. Soc. Geogr. Ital. Roma 1910. 2. Neue Untersuchungen und offene Fragen über die Morphologie des Zentralapennins. Geogr. Z. 1912. S. 255-269. 3. - Tracce glaciali nei Monti Marsicani. Boll. Soc. Geol. Ital. Roma 1919. 2 S. 4. - Tracce glaciali nel Gruppo di M. Greco. Boll. Soc. Geol. Ital. Roma 1922. 2 S. 5. Tracce della glaciazione diluviale nelle montagne dellAlbania. Riv. Geogr. Ital. 1929. 6. - Il parco nazionale dAbruzzo. LUniverso 1929. S. 377-392. 7. ANNAHEIM, H. Die Eiszeit im Rila-Gebirge (Bulgarien). Peterm. Mitt. 1939. S. 41-49. 8. BALDACCI, L. e CANAVARI, M. La regione centrale del Gran Sasso dItalia. Boll. R. Com. Geol. dItalia 1884. 9. BERRUTI, G. e DI ST-RoBERT, P. Gita al Gran Sasso dItalia. Torino 1871. 10. BIASUTTI, R. Tracce glaciali sul Monte Cervati (Appennino Lucano). Rend. R. Acc. Sc. fls. e mat. Napoli 1916. S. 107-113. 11. Di alcunl problemi relativi allordinamento del Quaternario. Rend. R. Acc. Sc. fis. e mat. Napoli 1921. 12. - Sullantico limite delle nevi nellAppennino centrale e meridlonale. Atti VHI Congr. Geogr. Ital. Firenze 1923. S. 65 - 67. 13. BIELER-CHATELAN, T. Gli antichi ghiacciai plistocenici dei Monti Simbruini. Boll. Soc. Geol. Ital. 1928. S. 33-45. 14. - Nuove osservazioni sulle traccie glaciali dei Monti Simbruini. Boll. Soc. Geol. Ital. 1929. S. 163 -175. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 133

15. BIELER-CHATELAN, T. A proposito di tracce glaciali uei Monti Simbruini. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1930. S. 226. 16. - Le glacier polysynthétique quaternaire des Monti Simbruini. Comp. Rend. hebdom. d. Séa. Ac. d. Sc. Paris 1930. 17. Una presunta prova di trasporto glaciale nella valle di Arsoli (Lazio). Boll. Soc. Geol. Ital. 1931. S. CXXH-CXXHI. 18. BRIAN, A. Tracce del fenomeno glaciale e i laghi di Valle Cedra. Boll. Club alp. ital. 1898. 47 S. 19. - Sulle marmitte dorigine glaciale dellAppennino Parmense. Atti Soc. ligustica Sc. nat. e geogr. Genova 1901. 20. CACCIAMALI, G. B. Formazione geologica del Teramano. 1892. 21. CASTELNAU, P. Observation sur des phénomènes de glaciation en Corse. C. R. Ac. Sc. Paris 1903. 22. CASTIGLIoNI, B. LAspromonte nellepoca glaciale. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1929. S. 262-264. 23. CATALISANo, S. Stato attuale delle conoscenze geologiche sul Gruppo del Gran Sasso dItalia. Boll. Soc. Geol. Ital. 1938. S. 155-173. 24. CHELUSSI, I. Alcuni fenomeni carsici e glaciali dellAppennino aquilano. Atti Soc. Ital. Sc. Nat. Milano 1901. S. 95-109. 25. Alcune osservazioni preliminari sul Gruppo del Monte Velino e sulla Conca del Fuclno. Atti Soc. Ital. Sc. Nat. Milano 1904. S. 34-53. 26. Coccm, I. Del terreno glaciale delle Alpi Apuane. Boll. R. Com. Geol. dItal. Firenze 1872. 27. CoLAMoNICo, C. Tracce glaciali sul Matese. Atti XI Congr. Geogr. Ital. Napoli. 1930. S. 114-116. 28. CoRTESE, E. LAspromonte durante lepoca glaciale. Boll. Soc. Geol. Ital. 1928. S. 171-179. 29. CREMA, C. Sullespansione glaciale quaternaria nella Conca del Fucino. Boll. Soc. Geol. Ital. 1919. S. 141-143. 30. - Traccie di vaste glaciazioni antiche nei Montt della Duchessa. R. Acc. dei Lincei Sc. fis. 1919. S. 235-240. 31. Il glacialismo nel Gruppo del Monte dOcre. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1919. S. 323-326. 32. Depositi glaciali lungo la valle del Rio Arno nel Gruppo del Gran Sasso dItalia. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1920. S. 259-264. 33. Intorno ad alcuni nuovi lembi morenici in . Boll. R. Uff. Geol. dItalia. 1923. S. 1-11. 34. Depositi glaciali alle falde orientali del Monte Vettore nel Gruppo dei Sibillini. Boll. Soc. Geol. Ital. 1924. S. XXXVI-XXXVIH. 35. Il colie morenico di Salle nel Gruppo del Morrone in Provincia di Chleti. Boll. R. Uff. Geol. dItalia. 1927. 4 S. 36. Sitzungsprotokoll vom 26. Sept. 1930. Boll. Soc. Geol. Ital. 1930. S. LXXI. 37. Appunti di geologia aquilana. Boll. R. Uff. Geol. dItalia. 1932. 3 S. 38. Cvi,nc, J. Das Rila- Gebirge und seine ehemalige Vergletscherung. Z. Ge- sell. f. Erdkde. Berlin 1898. 134 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

39. CVIJIC, J. Beobachtungen über die Eiszeit auf der Balkan-Halbinsel, in den Südkarpaten und auf dem mysischen Olymp. Z. f. Glkde. 1908. 40. Pleistozäne Hebungen und Vergletscherung. Compte rendu Congrès Intern. Géogr. Genève (1908). 2. Bd. 1910. S. 297-304. 41. - Lépoque glaciaire dans la Péninsule Balkanique. Au. de Géogr. 1917. S. 189-218 und S. 273 - 290. 42. DAINELLI, G. Contemporaneita dei depositi vulcanici e glaciali in Provin- eia di Roma. Atti R. Acc. dei Lincei Sc. fis. Roma 1906. S. 797-801. 43. - Osservazioni morfologiche e glaciali sul bacino di Filettino in Pro- viucia dl Roma. Atti Congr. Nat. Ital. Milano 1907. 44. DESio, A. Laghl di circo e traccie glaciali nei dintorni di Fiumalbo (Appen- nino Tosco-Emiliano). Riv. Sc. Nat. «Natura» Pavia. 1927. 5.95119. 45. Enciclopedia Italiana. Abruzzo (Bd. I, 1929, S. 126-148), Appennino (Bd. HI, 1929, S. 737-751), Italia (Bd. XVH, 1933, über Klima S. 723-725). 46. FELS, E. Das Problem der Karbildung in den Ostalpen. Peterm. Mitt. Er- gänzungsheft Nr. 202. 1929. 47. FERRERo, 0. L. Lantico ghiaccialo della Majella. Caserta 1872. 48. FLÜCKIGER, 0. Pässe und Grenzen. Mitt. der Geogr. - Ethnogr. Gesell. Zürich. 1928. S. 39-65. 49. - Glaziale Felsformen. Peterm. Mitt. Ergänzungsheft Nr. 218. 1934. 50. FORSTH. MAJoR, C. Il Gran Sasso dItalia e due dei suoi abitatori. Boll. Club Alp. Ital. 1879. S. 230-231. 51. FRANCHI, S. Traccie glaciall nellalta valle del Liri. Boll. Soc. Geol. Ital. 1918. S. XLI-XLIV. 52. Sul grande sviluppo dei ghlacciai plistoeenici della Majella. Rend. Acc. dei Lincei Sc. fis. Roma 1919. S. 139-143. 53. .. - Sviluppo relativo._dei ghiaccial plistocenici nei .Mopti Simbruinl e nelladiacente Appennino Abruzzese. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1920. S. 229-257. 54. Alcuni chiarimenti di cronologia bibliografica sul glaciale dellAbruzzo. Boll. Soc. Geol. Ital. 1921. S. XXIV-XXVH. 55. FURRER, E. Die Abruzzeu. Herder Co. Freiburg i. Br. 1931. 56.. GASPERI DE, G. B. Osservazioui geologiche e geofislche nel Gruppo della Majella (a cura di G. STEFANINI). In Scritti varii di geografia e geo- logia, Firenze 1922. S. 117-167. 57. GORTANI, M Relazione sui terrazzi fluviali e marlni dItalia. Intern. Geo- graphical Union. Oxford 1928. S. 27-41. 58. Sul limite plistocenico delle nevi nellItalia centrale. Rend. R. Acc. Sc. Bologna, 1929-1930. 6 S. 59. - Sui ghiacciai quaternari dellItalla Ceutrale. Atti XI Congr. geogr. Ital. Napoli 1930. S. 96-106. 60. - Sulla glaciazione quaternaria nellAppeunino Abruzzese. Rend. Acc. Sc. Bologna 1930-1931. 5 S. 61. Bibliografia dei terrazzi marini e fluviali dItalia. Com. naz. ital. per la geografia. 1931. 103 S. 62. - Ricerche sulla glaciazionewürmiaua nellAppennino. Comptes rendus Congr. Intern. Géogr. Paris (1931). 2 Bd. 1934. __ S. 814-816. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 135

63. GORTANI, M. Appunti per il riordinamento del quaternario italiano. Comptes rendus Congr. Intern. Géogr. Varsovie (1934). 2 Bd. 1936. S. 171--180. 64. - Gli studi sui terrazzi fluviali e marini dItalla dal 1928 al 1934. Comptes rendus Congr. Intern. Géogr. Varsovie (1934) 2. Bd. 1936. S. 554 - 566. 65. Guida dItalia del Touring Club Italiano. Liguria, Toscana a N dellArno, Emllie. Abschnitt: Caratteristiche fisiche, fenomeni glaclali. 2 S. Milano 1924. 66. - Italia Meridionale. Abruzzo, Mollse e Puglia. Abschnitt: Caratte- ristiche fislche (0. MARINELLI). Milano 1926. 67. HASSERT, K. Die Abruzzen. Geogr. Z. 1897. 68. - Tracce glaciali negli Abruzzi. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1900. S. 620-628. 69. - Neuere Eiszeitforschungen in Montenegro. Geogr. Wochenschrift 1933. S. 1017-1024. 70. HEIN, ALB. Geologie der Schweiz. 1919. 71. JAJA. Escursioni nei Sibillini. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1905. 72. JoVANOVIC, P. S. Die Vereisung der Jakupiza. Sonderband. Geogr. Gesell. Belgrad. 1928. 73. IssEL, A. Brevi note di geologia locale. I. Traccie di fenomeni glaciali uel Genovesato. Atti Soc. lig. Sc. Nat. 1892. 74. KALLNER, H. Zur diluvialen Vergletscherung des römischen Apennins. Z. f. Glkde. Bd. XXI, 1933-1934. S. 370-372. 75. - Studien zur Geomorphologie des Aniene-Tales im westlichen Zentral- apennin. 1935. 64 S. 76. KANTER, H. Kalabrien. Abh. aus dem Gebiet d. Auslandkde. Bd. 33,.Hamb. Univ. 1930. 77. KAYSER, K. Morphologische Studien in Westmontenegro. I. Die diluviale Vergletscherung des nördlichen Hochlandes. Z. Gesell. f. Erdkde. Berlin 1932. S. 248-279. 78. KLEBELSBERG, v., R. Beiträge zur Geologie der Sierren zwischen Granada und Malaga (Andalusien). Z. Deutschen . Geol. Gesell. Berlin. 1928. S. 613-614 über glaziale Spuren. 79. Die eiszeitliche Vergletscherung der Apeuninen. 1. Gran Sasso - Ma- jella. Z. f. Glkde. 1930. S. 141-169. 80. - 2. M. Pollino. Z. f. Glkde. 1932. S. 52-65. 81. - 3. Monti Sibillini. Z. f. Glkde. 1933. S. 121-136. 82. - Gletscher und Schneegrenze am Gran Sasso dItalia. Z. f. Glkde. 1930. S. 234 - 236. 83. - Vom Westhang des Taygetos. Z. Gesell. f. Erdkde. Berlin 1931. S. 366-372. 84. - Besprechung folgender Arbeiten: A. DESTo (44), F. SACCo (144), M. GoRTANT (59). Z. f. Glkde. 1931. S. 212-214. 85. - K. SUTER über dle eiszeitliche Vergletscherung der Abruzzen. Z. f. Glkde. 1933. S. 202-203. 86. KLUTE, F. Die Bedeutung der Depression der Schneegrenze für eiszeitliche Probleme. Z. f. Glkde. 1928. 87. KoSACT{, H. P. Die Moränen des Belmekensee-Gebietes in Bulgarien. Peterm. Mitt. 1938. S. 56-58. 136 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

88. Kunowsiu, L. Die Höhe der Schneegrenze. Geogr. Abh. A. Penck. 1891. 89. LAUTENSACH, H. Eiszeitstudien in der Serra da Estrela (Portugal). Z. f. Glkde. 1929. S. 324-369. 90. LEUTELT, R. Glazialgeologische Untersuchungen in den Nordalbanischen Alpen. Z. f. Glkde. 1932. S. 66-75. 91. LEYDEN, F. Karbildung am Ätna. Peterm. Mitt. 1929. 92. LORENZo, DE, G. Avanzi morenici di un antico ghiacciaio del M. Sirino nei dintorni di Lagonegro. Rend. R. Acc. dei Lincei 1892. 93. - Il postpliocene morenico nel Gruppo montuoso del Slrino in Basili- cata. Rend. R. Acc. dei Lincei 1893. 94. - Sulla probabile esistenza di un antico circo glaciale nel Gruppo del in Basilicata. Boll. Soc. Geol. Ital. 1895. S. 169-172. 95. - e DAINELLI, G. Il glaciale dei dintorni di Lagonegro in Basilicata. Atti R. Acc. Sc. fis. Napoli 1923. S. 1-17. 96. LosACCo, U. Tracce glaciali al Passo del Cerreto (Appennino Settentrionale). Boll. Com. Glac. Ital. 1938. 16 S. 97. LoTTI, B. La doppia piega dAmi e la sezione trasversale delle Alpi Apuane. Proc. verb. Soc. tosc. Sc. Nat. 1880. 98. LoUIS, H. Morphologische Studlen in Südwest-Bulgarien. Geogr. Abh. A. Penck. 1930. 99. LUCERNA, R. Die Eiszeit auf Korsika. Abh. Geogr. Gesell. Wien 1910. 100. MACHATSCHEK, F. Die Depression der eiszeitlichen Schneegrenze. Z.f.Glkde. 1913. S. 104-128. 101. -- Geomorphologie. B. G. Teebner, Leipzig. 1934. 102. MAIER, W. Karbildung am Ätna. Peterm. Mitt. 1928. 103. - Beitrag zur Morphologie des Ätna. Z. Deutschen Geol. Gesell. Berlin 1931. 104. - Zur Morphologie des Ätna. HI. Beitrag. Z. Deutschen Geol. Gesell. Berlin 1936. S. 326-338. 105. MARINELLI, 0. e RICCI, L. Alcune osservazioni sul ghiacciaio del Gran Sasso. Riv. Geogr. Ital. 1916. S. 399-405. 106. MASINI, R. Lembi di morene glaciali nella valle Scesta (Lima) e nella Tur- rite di Gallicano. Atti Soc. Tosc. Sc. Nat. Memorie. Pisa 1926. S. 61-68 über glaziale Spuren. 107. MAULL, O. Beiträge zur Morphologie des Peloponnes und des südlichen Mittelgriechenlands. Geogr. Abh. A. Penck. 1921. 108. MERCIAI, G. Fenomeni glaciali nelle Alpi Apuane. Atti Soc. Tosc. Sc. Nat. Memorie. Pisa 1912. S. 70-89. 109. MIGLIORINI, E. Gli studi sui limiti altimetrici nellAppennino. Atti della XXVII Riunione della Soc. Ital. per il progresso delle scienze. Roma 1939. 9 S. 110. MILoJEVIC, B. Z. A propos de traces glaciaires dans les montagnes du karst dinarique. Compte rendu Congr. Intern. Géogr. Varsovie (1934) 1936. S. 192-194. 111. MISTARDIS, G. Sur les traces de glaciation dans la partie montagneuse du nord du Peloponnèse. Z. f. Glkde. 1937. S. 122-129. 112. - Recherches géomorphologiques dans le NE de lEpire. Z. f. Glkde. 1937. S. 280-282. Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapennins. 137

113. MoDERNI, P. Osservazioni geologiche fatte nellAbruzzo Teramano durante lanno 1894. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1895. S. 450-458. 114. MoRo, G. H gran ghiacciaio della Toscana. Prato 1872. 115. NoWACK, E. Die diluvialen Vergletscherungsspuren in Albanien. Z. f. Glkde. 1929. S. 122-167. 116. NUSSBAUM, F. Über die diluviale Vergletscherung der östlichen Pyrenäen. Verh. S. N. G. 1927. S. 150-151. 117. - Die diluviale Vergletscherung der östlichen Pyrenäen. Geogr. Z. 1928. 118. - Morphologische Studien in den östlichen Pyrenäen. Z. Gesell. f. Erd- kde. Berlin 1930. S. 200-210. 119. - Die Seen der Pyrenäen. Mitt. Naturf. Gesell. Bern 1934. 184 S. 120. - Über Talbildung in den östlichen Pyrenäen. Jahresbericht. Geogr. Gesell. Bern. 1934. 13 S. 121. - Zur Geographie und Morphologie der Pyrenäenseen. Der Schweizer Geograph. 1935. 17 S. 122. - Über das Klima der Eiszeit in Westeuropa. Verh. S. N. G. Genf 1937. 123. OBERMAIER, H. Die eiszeitliche Vergletscherung Spaniens. Peterm. Mitt. 1921. S. 158-162. 124. PACI, M. Revislone dei terreni morenici quaternari delle Alpi Apuane. A ti Soc. Tosc. Sc. Nat. Pisa 1935. 1. Teil: 20 S., 2. Teil: 13 S., 3. Tell (Schluss): in Vorbereitung. 125. PANTANELLI, D. I cosidetti ghiacciai appenninici. Proc. verb. Soc. Tosc. Sc. Nat. 1886. 126. PARTSCH, J. Die Hauptkette des Zentralapennins. Z. Gesell. f. Erdkde. Berlin 1889. S. 433-435. 127.PENCK u. BRÜCKNER. Die Alpen im Eiszeitalter. 1909. 128. PFALZ, R. Morphologie des Toskanisch-umbrischen Apennin. Universitäts- verlag von R. Noske Leipzig 1932. 129. REPETTI, U. Tracce del glacialismo nellAppennino Piacentino. Arti gra- fiche Marlotti. Pisa 1925. 13 S. 130. RICCARDI, R. Il lago di Scanno. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1929. S. 162-182. 131. RICCI, E. Marche. Geograf ia dItalia: La Patria. 1929. 132. RICHTER, E. Geomorphologische Untersuchungen in den Hochalpen. Peterm. Mitt. 1900, Ergänzungsheft 132. 133. RoVERETo, G. Lalfa montagna in Corsica. Riv. Lig. Sc. Nat. 1907. 134. - Forme della Terra. Trattato di Geologia Morfologica. 2 Bd. 1923. Le regioni di glaciazione: S. 730-835. 135. - Inesistenza del Glaciale a bassa quota nellAppennino Ligure occi- dentale. Boll. R. Soc. Geogr. Ital. 1935. S. 522-524. 136. RüHL, A. Studien in den Kalkmassiven des Apennins. Z. Gesell. f. Erdkde. Berlin 1910-1911. Jahr 1910: S 491-503. Jahr 1911: S. 67-102. 137. SACCo, F. LAppennino dellEmilia. Boll. Soc. Geol. Ital. 1892. 138. - Lo sviluppo glaciale nellAppennino settentrionale. Boll. Club Alp. Ital. 1893. 22 S. 139. - Il Gruppo del Gran Sasso dItalia. Memorie. Acc. Sc. Torino. 1907, S. 61-88, über Depositl glaciali S. 81-83.

138 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1939

140. SACCo, F. Gli Abruzzi. Schema geologico. Boll. Soc. Geol. Ital. 1907. Terreno morenico S. 427-429. 141. - Glacialismo ed erosioni nella Majella. Atti Soc. Ital. Sc. Nat. Pavia. 1909. 8 S. 142. - Il Gruppo della Majella. Acc. Sc. Torinn. 1909. Depositi glaclali S. 32-33. 143. LAppennino Meridionale. Boll. Soc. Geol. Ital. 1910. Terreno glaciale o morenico S. 355-356. 144. - H Diluvio-glaciale nellalta valle del Sangro. Atti R. Acc. Sc. Torinn. 1928. S. 133-144. 145. - Il glacialismo nel Gruppo di Voltri. Atti R. Acc. Sc. Torinn. 1934. S. 96-105. 146. H glacialismo nel Gruppo del Monte Ajona (Appennino ligure). Atli R. Acc. Sc. Torino. 1937. 8 S. 147. SAWIClI, v., L. R. Die eiszeitliche Vergletscherung des Orjen in Süddalmatien. Z. f. Glkde. 1911. Bd. V. S. 339-355.

148. SCARSELLA, F. Sulla geologia della vape dUssita. Boll. Soc. Geol. Ital. 1931. S. 143-170.

149. SECCHI, A. Escursione scientifica fatta a Norcia. 1859.

150. SEIDLITZ, v., W. Diskordanz und Orogenese der Gebirge am Mittelmeer. Borntraeger, Berlin 1931. 151. SESTINI, A. Le tracce glaciali nei Monti Simbruini. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1930. S. 57. 152. Lo sviluppo glaciale nellAppennino secondo recenti studi. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1930. S. 822 827. 153. - Tracce glaciali nel Pindo epirota. Boll. Soc. Geogr. Ital.1933. 5.136-156. 154.- - Nuove ricerche sulla glaciazlone quaternaria dellAppennino. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1933. S. 179-182. 155. - Nuovi contributi alla conoscenza della glaciazione pleistocenica del Soc. Geogr. Ital. 1934. S. 136-139. -lAppennino. Boll. 156. - Lantico sviluppo glaciale nei Monti Simbruini ed Ernici. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1935. S. 58-59. 157. - Sui ghiaccial quaternari delle Alpi Apuane. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1935. S. 521-522. 158. Forme glaciali ed antico limite delle nevi nellAppennino Setten- trionale. Riv. Geogr. Ital. Firenze. 1936. 6 S. 159. Sugli antichi ghiacciai delle Alpi Apuane e dellAppennino Setten- trionale. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1937. S. 705-706. 160. - Tracce glaciali nellAppennino tosco-emiliano presst) il Valico del Cer- reto. Boll. Soc. Geogr. Ital. 1938. S. 221-222.

161. STAUB, R. Die Stellung Siziliens im mediterranen Gebirgssystem. Viertel- jahrsschrift Naturf. Gesell. Zürich 1932. S. 159-182. 162. - Die Bedeutung der Apuanischen Alpen im Gebirgsbau der Toskana. Vierteljahrsschrift Naturf. Gesell. Zürich 1932. S. 184-248. 163. - Zur tektonischen Analyse des Apennins. Vierteljahrsschrift Naturf. Gesell. Zürich. 1933. S. 127-151. - -

Jahrg. 84. K. SUTER. Die eiszeitliche Vergletscherung des Zentralapeunins. 139

164. STEFANI DE, C. Gli antichi ghiacciai dellAlpe di Corfino ed altri dellAppennino settentrionale e delle Alpi Apuane. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1874. 165. Dei depositi alluvionali e della mancanza di terreni glaciali nel- lAppennino della valle del Serchio e nelle Alpi Apuane. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1875. 166. I laghi dellAppennino settentrionale. Boll. Club Alp. ital. 1884. 167. I depositi glaciali di Reggio e di Modena. Proc. verb. Soc. tose. Sc. Nat. 1887. 168. Gli antichi ghiacciai delle Alpi Apuane. Boll. Club Alp. ital. 1890. S. 175-202. 169. SToPPANT, A. Sullesistenza di un antico ghiacciaio nelle Alpi Apuane. Reud. R. Ist. Lomb. Sc. e Lett. Milano 1872. 170. SUTER, H. Geologische Beschreibung der Kartengebiete Les Bois und St. Imier im Berner Jura. Beiträge Geolog. Karte der Schweiz. Bern 1936. 39 S. über glaziale Spuren S. 12-15. 171. SUTER, K. Die alte Vergletscherung des Zentralapennins. Geogr. Z. 1932. S. 257-270. 172. Die eiszeitliche Vergletscherung der Apenninen. 1. Das Gebiet des abruzzesischen Nationalparkes, und 2. Montagna del Matese. Z. f. Glkde, Bd. XXI, 1933. S. 99-120. 173. - 3. Monti Simbruini. Z. f. Glkde. Bd. XXI, 1934. S. 342-353. 174. - 4. Velino- Ocre-Sirente. Z. f. Glkde. Bd. XXH, 1935. S. 142-162. 175. - 5. Le Alpi Apuane. Z. f. Glkde. Bd. XXIV, 1936. S. 140-155. 176. - Erwiderung. Z. f. Glkde. 1933. S. 204-205. 177. - Neue Gedanken über den Bau des Apennins. Referat. Schweizer Geograph. 1933. S. 92-95. 178. Les glaciers quaternaires de lApennin central. Revue de géographie alpine. Grenoble. 1934. S. 471-483. 179. - Zur eiszeitlichen Vergletscherung der Apuanischen Alpen. Schweizer Geograph. 1935. S. 57-61. 180. Zur eiszeitlichen Vergletscherung des Nordapennins. Schweizer Geo- graph. 1937. S. 141-151. 181. Fenomeni glaciali nel Gruppo del M. Beigua. (Appennino Ligure occidentale.) Boll. Soc. Geogr. Ital. 1938. S. 69-72. 182. TARAMELLI, T. Lepoca glaciale in Italia. Atti Soc. Ital. per il progr. delle Sc. IV. Napoli 1910. 183. ToNINI, D. Sul ghiacciaio del Calderone nel Gran Sasso dItalia. Boll. Com. Glac. Ital. 1930. S. 193-210. 184. - Gruppo del Gran Sasso dItalia. Boll. Com. Glac. Ital. 1937. S. 226-228. 185. TRABUCCo, G. Cronologia dei terreni terziari della Provincia di Pavia. Piacenza. 1890. 186. VINASSA DE REGNY, P. Fenomeni glaciali al Piano del Castelluccio. Boll. Soc. Geol. Ital. 1905. S. LXXXlI-LXXXHI. 187. VIoLA, C., Osservazioni geologiche fatte nella valle del Sacco ln Provincia di Roma. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1896. S. 32-34. 188. - Osservazioni geologiche fatte nei Monti Ernici nel 1895. Boll. R. Com. Geol. dItalia. 1896. 140 VierteljahIsschrift der Naturf. Gesellschaft. in Zürich. 1939

189. VoSSErER, P. Eiszeitstudien im nordwestlichen Spanien. Z. f. Glkde. 1931. S. 89-104. 190. WERNERT, P. Diluvlale Vergletscherungsspuren in der Cuerda Larga, der Südkette der Sierra Guadarrama. Z. f. Glkde. 1932. S. 426-439. 191. ZACCAGNA, D. La carta geologica delle Alpi iApuane ed i terreni che) le costituiscono. Boll. Soc. Geol. Ital. 1896. S. 214-252. 192. — Nuove osservazioni sui terreni costituenti la zona centrale dellApper- nino adiacente allAlpe Apuane. Boll. R. Coln. Geol. dItalia. 1898. S. 257-263. 193. — Descrizione geologica delle Alpi Apuane. Roma 1932. Über glaziale Spuren. S. 320-325. 194. ZoNTAR, J. J. CvIaiC über die Vergletscherung der Albanisch-montenegrinl- sehen Hochgebirge von der Prokletije bis zum Durmitor. Z. f. Glkde. 1916. S. 247-251. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 84. 1939. Taf. I.

Fig.1. M. Cefalone (Gran Sasso). Oberes und unteres Karniveau im NE-Hang, vorn Campo Pericoli.

Fig. 2. Campo Imperatore (Gran Sasso). Kare im N-Hang des M. della Scindarella (rechts der Bildmitte) und M. di Paganica (ganz links). Vorn Regione CaselIe. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich, Jahrg. 84. 1939. Taf. II.

Fig. 3. Campo lmperatore (Gran Sasso). Hinten Moränenfächer der Regione le Coppe, vorn Piano Racollo. Im Hintergrund rechts der Corno Grande (SE-Hang), davor die Kette M. Aquila - M. Brancastello mit Einsattelung Vado di Corno, in der Mitte M. di Paganica, links Costa Ceraso.

Fig. 4. V. Aso (Sibillinl). Auf der rechten Talseite, unter dem M. di Pretara, Trogrand. Lago di Pilato mit Schuttzunge rechts und Seitenmoräne links. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 84. 1939. Taf. III.

Fig. 5. V. Aso (Sibillini). Karnischen im E-Hang des Quarto S. Lorenzo; im Talgrund Moränenschutt, ver- mengt mit Bergsturztrümmern.

Fig. 6. V. Lunga (Sibilllni). Im Talgrund Moränenschutt mit kleinen, trichterförmigen Dolinen, z. T. mit Schnee gefüllt (links). Im Hintergrund links Pizzo Berro, rechts M. Priore. Vierteljahrsschrift d. Nalurf. Ges. Zürich. Jahrg. 84, 1939. Taf. IV.

Fig. 7. V. di Teve (Velino). Mittlerer Abschnitt, in ungefähr 1400 m ü. M.; Trogform mit Trogrand an beiden Talseiten.

Fig. 8. Lago della Duchessa (Velino). Hinter dem Seelein S-Hang des M. Morrone mit Einsattelung (1931 m) und Pfad ins V. dellAsina. Im Hintergrund rechts M. di Morretano. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich, Jahrg, 84. 1939. Taf. V.

Fig. 9. Lago Pantaniello. Gehängekare im NE-Hang des M. Greco (links) — Serra le Gravare (rechts).

Fig.10. V. di Chiarano (Greco). Lago Pantaniello mit Moränenabschluss, links Alphütte, hinter ihr die Serra S. Maria, Vierteljahrsschrift d, Naturf. Ges. Zürich, Jahrg. 84. 1939. Taf. VI.

Fig. 11. V. di Chiarano (Greco). Moränengelände von Casone. Vorn hufeisenförmiger Endmoränenwall, im Hintergrund Serra del Feudo.

Fig. 12. Lago Vivo (Meta). Blick talauswärts, gegen V. Resione und M. il Serrone. • Rechts des Seeleins, innerhalb der Mulde, Moränenhügel; links Quelle. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg, 84. 1939. Taf. VII.

Fig. 13. M. Terminillo. Links M. Terminilletto, rechts der eigentliche M. Terminillo mit Rar in der NE- Wand und Moränenwällen, die z. T. nach S (herwärts) in den Prato Conu ne ziehen. Vorn rechts V. Scura.

Fig. 14. Fosso delle Rocchette (Terminillo). Linkes U-förmiges Tälchen. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 84. 1939. Taf. VIII.

Fig. 15. Fosso Cannavine (Laga). Oberster U-förmiger Abschnitt mit Trogrand im rechten Talhang.

Fig. 16. V. di Corte (Serra M. Cappella). Kare in N- und NE-Exposition zwischen dem M. della Corte (links), M. Cappella (Mitte) und dem Punkt 2033 m (ganz rechts). Hinter dem M. della Corte schaut der M. Marsicano hervor. Fig. 17. V. Cannella (Majella). Links M. Amaro, rechts Punkt 2665 m und ganz rechts hinten Pesco Falcone. Kare in E-Exposition, Rundbuckel und Moränen.