Sinus-Milieus® Lebensstil, Fernsehnutzung und Umgang mit neuer Kommunikationstechnologie Quelle für alle TV-Auswertungen: AGF/GfK Fernsehforschung/pc#tv aktuell, E 14+ J. [D+EU], Zeitraum 1.1.–31.12.2006 [wenn nicht anders vermerkt]. QuelleDie milieutypischen für alle TV-Auswertungen: Sendungsaffinitäten AGF/GfK beruhen Fernsehforschung/pc#tv auf Berechnungen vonaktuell, Marktanteils– E 14+ J. [D+EU],affinitäten Zeitraum > Index 1.1.2006–31.12.2006 110 und stellen eine [wenn exemplarische nicht anders Auswahl vermerkt]. dar. Die milieutypischen Sendungsaffinitäten beruhen auf Berechnungen von Marktanteils– affinitäten > 110 und stellen eine exemplarische Auswahl dar.

0 Inhalt

Einleitung 04 Das Milieumodell 05 Die Etablierten 06 Die Postmateriellen 08 Die Modernen Performer 10 Die Konservativen 12 Die Traditionsverwurzelten 14 Die DDR-Nostalgischen 16 Die Bürgerliche Mitte 18 Die Konsum-Materialisten 20 Die Experimentalisten 22 Die Hedonisten 24 Überblick TV-Nutzung 26

0 Einleitung

Seit mehr als zwei Jahrzehnten kommen die Sinus-Milieus® Neben einem generellen Überblick über den jeweiligen Lebensstil bei führenden Markenartikelherstellern, Dienstleistungs- und geht die aktuelle Broschüre vertiefend auf den milieutypischen Medienunternehmen für Produktentwicklung, Markenfüh- Umgang mit neuer Kommunikationstechnologie [ICT-Produkte] rung, Marketingstrategien und Kommunikationsplanung zum ein. Für einige Milieus ist der Einsatz von Handy, Laptop, PDA Einsatz. Die Integration der Milieus in den wichtigsten Markt- oder Digitalreceiver inzwischen ein selbstverständliches Ele- Mediastudien und im AGF/GfK-Fernsehpanel ermöglicht eine ment im Alltag geworden, andere Milieus zeigen gegenüber optimale Abstimmung von Programm- und Werbeinhalten auf bestimmten ICT-Produkten noch starke Berührungsängste. die Bedürfnisse der einzelnen Zielgruppe. Die milieuspezifische Fernsehnutzung stellt einen weiteren Soziodemografische Merkmale wie Alter, Bildung und Ge- Schwerpunkt der Broschüre dar. Fernsehen als Massenmedi- schlecht erfassen die konkreten Bedürfnisse einer Zielgrup- um spricht grundsätzlich ein breites Publikum an, Fernsehen pe nicht umfassend. Der Milieuansatz von Sinus Sociovision ist jedoch nicht gleich Fernsehen. Wirft man einen Blick dar- geht über die klassischen Variablen der Soziodemografie hin- auf, wie einzelne Milieus mit dem Medium Fernsehen umge- aus und fasst Gruppen Gleichgesinnter zusammen, die sich hen, welche Sehmotive sich dahinter verbergen und welche hinsichtlich ihrer Werthaltungen, ihres Lebensstils und ihrer Fernsehangebote ausgewählt werden, so zeigt sich ein die Mentalitäten ähneln. Grundlegende Wertorientierungen ge- einzelnen Gruppen differenzierendes Bild. hen hier ebenso ein wie Einstellungen zu Freizeit, Arbeit, Kon- sum und Mediennutzung. So interpretieren und gestalten die Zugehörigen eines Milieus ihre Umwelt in ähnlicher Art und Weise und unterscheiden sich dadurch von anderen Milieus. Zum Inhalt w

0 Das Milieumodell Das Milieumodell

Das Milieumodell entspricht einem länderübergreifend gül- tigen System, das die Schichtachse [Soziale Lage] und die Werteachse [Grundorientierung] in jeweils drei Abschnitte unterteilt. Je höher die Positionierung im Milieumodell, des- to gehobener sind Bildung, Berufsgruppe und Einkommen; je weiter rechts, desto moderner ist die Grundorientierung des Milieus. Die Grenzen zwischen den Milieus sind fließend, es existieren Berührungspunkte und Überlappungen zwischen einzelnen Milieus. Zum Zeitpunkt 1.1.2007 gliedert sich die Milieuverteilung im AGF/GfK-Fernsehpanel folgendermaßen [berücksichtigt werden hierbei Personen ab 14 Jahren]:

Verteilung der Sinus-Milieus® im Fernsehpanel

Etablierte 12 % Moderne Oberschicht/ Konservative 7,45 Mio Postmaterielle Performer Obere Mittelschicht 1 5 % 10 % 10 % 3,1 Mio. 6,12 Mio. 6,39 Mio.

Bürgerliche Mitte DDR- 17 % Nostalgische Experimentalisten 10,97 Mio. Mittlere 5 % 9 % Mittelschicht 2 2,99 Mio. 5,57 Mio. Traditions- verwurzelte Konsum-Materialisten Hedonisten 13 % 11 % 10 % 6,36 Mio. Untere Mittelschicht/ 8,26 Mio. 7,03 Mio. Unterschicht 3 © Sinus Sociovision Soziale A B C Lage Traditionelle Werte Modernisierung Neuorientierung Grund- Pflichterfüllung, Individualisierung, Selbstverwirklichung, Multi-Optionalität, Experimentier- orientierung Ordnung Genuss freude, Leben in Paradoxien

Basis: Erwachsene ab 14 Jahre mit Milieukennung, alle Fernsehhaushalte Deutschland [D + EU], Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung | pc#tv aktuell | © Sinus Sociovision – Heidelberg Zum Inhalt

Stichtag 1.1.2007, 102 % wegen Rundungen je Milieu w

0 Die Etablierten

Kurzbeschreibung und damit auch der Selbstbestärkung dient —, viel Raum in – Die Etablierten sind die gebildete, gut situierte, sehr selbst- ihrer Lebensführung. bewusste Elite unserer Gesellschaft. Sie haben hohe Exklu- – Sie genießen den Luxus, den sie sich auf Grund ihrer pri- sivitätsansprüche und zeigen entsprechende Kennerschaft vilegierten finanziellen Situation leisten können. Die wirt- und Stil. Damit grenzen sie sich bewusst von anderen ab schaftliche Gesamtsituation beeinträchtigt das Milieu zwar [„die feinen Unterschiede“]. kaum, sie führt aber zu mehr Nachdenklichkeit im Konsum. – Beruflicher Erfolg ist für sie selbstverständlich. Um ihre ambi- Serviceerwartungen und der Wunsch nach Entlastung stei- tionierten Ziele zu erreichen, verfolgen sie klare Karrierestra- gen weiter. tegien, teils via traditioneller Erfolgsorientierung, teils durch Flexibilität und geschickte Anpassung. In letzter Zeit ist zu be- Soziale Lage obachten, dass Toughness, kämpferische Stärke und Macht- – Mittlere Altersgruppen ab 30 Jahren [Schwerpunkt: 40–60 streben wieder höher bewertet werden als Soft Factors. Jahre]; meist verheiratet; Drei- und Mehr-Personen-Haus- – Ihre Lebensphilosophie ist pragmatisch und realitätsorien- halte tiert. Sie reagieren selbstbewusst auf den schnellen technolo- – Überdurchschnittliches Bildungsniveau gischen und wirtschaftlichen Wandel [IT-Revolution, Gentech- – Viele leitende Angestellte, höhere Beamte sowie Selbststän- nik, Globalisierung], zeigen aber Ermüdungserscheinungen dige, Unternehmer und Freiberufler gegenüber immer neuen Variationen alter Angebote. – Hohe und höchste Einkommensklassen, häufig entspre- – Die Etablierten streben nach finanzieller Unabhängigkeit chendes Vermögen und hohem Lebensstandard. Mehr und mehr denken sie dabei aber auch an die materielle Vorsorge für ihre in der Regel gut ausgebildeten Kinder, um deren Zukunft sie sich häufig Sorgen machen. – Kunst, Kultur, individuelles Reisen, oft auch Golf und Tennis gehören zum Lebensgenuss der Etablierten und geben den Rahmen für gesellschaftliches und berufliches Networking. Zudem hat alles, was dem eigenen Well-Being zuträglich ist — Zum Inhalt w

0 Die Etablierten

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Die Etablierten fasziniert moderne Technik. Bei echten Inno- – Die Etablierten sehen sehr gezielt und mit durchschnittlich vationen finden sie sich immer wieder unter den Early Adop- 199 Minuten pro Tag im Milieuvergleich leicht unterdurch- tern. Damit demonstrieren sie Kennerschaft und Insider-Sta- schnittlich viel fern [Durchschnitt 229 Minuten Erwachsene tus. Die Lust auf neue Varianten eines vertrauten Produktes 14+ Jahre]. ist jedoch gering, wenn sie zeitintensive Einarbeitung ohne – Sie bevorzugen die öffentlich-rechtlichen Sender, gelegent- echten Zusatznutzen mit sich bringen. lich rückt auch ein privater Sender in ihren Fokus, vor allem – ICT-Produkte und -Services werden gerne und selbstver- dann, wenn es um Sportsendungen geht. ständlich genutzt, beruflich wie privat. Trotz der Freude am – Mit ihrer Leidenschaft für Sportsendungen aller Art kamen spielerischen Element werden die ICT-Geräte als fortschritt- sie im Fußball-WM- und Olympia-Jahr 2006 bei den Öffent- liches Arbeitswerkzeug gesehen, das manchmal die Sekre- lich-Rechtlichen voll auf ihre Kosten. Neben der WM, die die tärin oder den Assistenten ersetzt. Aufmerksamkeit aller Milieus gleichermaßen auf sich zog, – Wie in anderen Bereichen legen die Etablierten auch bei waren die Etablierten auch bei der Olympiade, den Paralym- ICT-Produkten Wert auf hohe bis höchste Qualität, Premi- pics 2006, den Deutschen-Schwimm-Meisterschaften, der um-Marken, Superausstattung und modernes Design. Da- Tour de France und den Formel-1-Rennen [RTL] überdurch- für akzeptieren sie einen entsprechend hohen Preis. Große schnittlich stark vertreten. Bedeutung haben für sie qualifizierte, individualisierte Ser- – Darüber hinaus gilt ihre Aufmerksamkeit tagesaktuellen vices, die zuverlässig entlasten, erledigen, beschaffen. Nachrichten sowie Sendungen zum aktuellen wie auch histo- – Handy, Laptop, PDA sind für die Etablierten selbstverständ- rischen Zeitgeschehen und zur Politik. Auf diese Weise pflegt licher Standard. Deren Funktionen beherrscht man, soweit man das Selbstbild, immer auf dem Laufenden zu sein. sie Nutzen bringen. Convenience, Effizienz und möglicher – Am Abend verfolgen die Etablierten häufig politische Talk- Zeitgewinn sind die Leitmotive. Die „Stumme-Diener-Funkti- shows wie ’Berlin Mitte’ [ZDF], ’Sabine Christiansen’ [Das Ers- on“ beim zuverlässigen Einhalten von Terminen, beim Sich- te] und ’Menschen bei Maischberger’ [Das Erste]. Erinnern an besondere Daten, an Vorlieben und Wünsche – Der Entspannung dient gelegentlich ein Serienklassiker wie Dritter entspricht dem Selbstbild und schmeichelt dem ei- ’Unsere kleine Farm’ [kabel eins] oder ’Das A-Team’ [RTL]. genen Image. Grundsätzlich lassen sie sich aber nur selten von einer Serie über einen längeren Zeitraum fesseln, ihre Serienbindung fällt im Milieuvergleich eher gering aus. Zum Inhalt

w

0 Die Postmateriellen

Kurzbeschreibung mit Gleichgesinnten andererseits. – Die Postmateriellen zeichnen sich durch ihre liberale Grund- – Geblieben ist die Freude an hochwertigem Konsum, gewach- haltung, durch Weltoffenheit, Toleranz und Multikulturalität sen ist das Bedürfnis nach Luxus. Dinge, die das Leben ver- und eine zunehmende Entideologisierung aus. Sie denken in schönen [Kunst, Kleidung, Wohnung, Garten], gehobene Ar- globalen Zusammenhängen und Verantwortlichkeiten. tikel des täglichen Bedarfs [zum Beispiel bei Lebensmitteln], – Aufgrund ihrer Aufgeschlossenheit und ihrer hervorragenden edel essen gehen und reisen sind — auch — Entschädigung für Ausbildung sind sie meist erfolgreich im Beruf. Ähnlich wie die vielfältigen Stresssituationen im beruflichen und priva- die Etablierten zeigen die Postmateriellen einen wachsenden ten Alltag. Auf der Suche nach Entschleunigung sind sie sehr Willen zum Self-Empowerment. Sich fit und gesund zu erhal- empfänglich für Entlastung durch Service. ten, dient zurzeit mehr der Leistungsfähigkeit als der reinen Suche nach Balance. Soziale Lage – Die Postmateriellen haben großes Vertrauen in ihre Fähig- – Breites Altersspektrum von Anfang 30 bis zur Generation keiten. Krisenhafte Entwicklungen sehen sie als Herausforde- der „Best Ager“; häufig größere Haushalte mit Kindern rung, die es anzunehmen gilt. Vom „Mainstream-Gejammer“ – Hohe bis höchste Formalbildung [Abitur, Studium] distanzieren sie sich. In ihrem Denken und ihren Projekten – Qualifizierte und leitende Angestellte, Beamte, Freiberufler, wollen sie der Gesellschaft immer einen Schritt voraus sein. aber auch Schüler und Studenten – Zwar wird die allgemeine Verunsicherung in der Gesellschaft – Hohe Einkommen, zum Teil größere Vermögen auch in diesem Milieu sehr sensibel wahrgenommen. Sich selbst sehen die meisten Postmateriellen aber in einer privi- Einsatz von ICT-Produkten legierten Situation, was sie nicht verbergen. Mit dieser Hal- – Die Postmateriellen haben eine rasante Entwicklung durch- tung wollen sie ein Zeichen setzen gegen unangemessenes, laufen: Von anfänglich großer Skepsis zu inzwischen inten- habituell gewordenes Klagen über die Zeitläufe. siver Nutzung von ICT. Die Erfahrung von Nützlichkeit und – Anders als die Etablierten haben sich die Postmateriellen Entlastung führte zu einem drastischen Einstellungswandel. auch in härteren Zeiten die genussorientierte „toskanische“ – ICT-Produkte müssen einfach funktionieren, zuverlässig und Grundhaltung bewahrt — Aufgeschlossenheit für das Schöne, langlebig sein, die Funktionen möglichst selbsterklärend. für Luxus, Unterhaltung und Kultur einerseits, Networking Das trägt zur Zeit- und Ressourcenschonung bei. Ein Produkt Zum Inhalt w

0 Die Postmateriellen

muss nicht alles können, das weckt eher Misstrauen gegenü- Sendungen wie ’aspekte extra: Frankfurter Buchmesse’ ber seiner Solidität. [ZDF], ’Das Literarische Quartett’ [ZDF] und ’Lesen!’ [ZDF] – Handy und Laptop sind Arbeitsgeräte. Und je mehr man sie mit Elke Heidenreich finden bei ihnen besonderen Anklang. im Beruf nutzen muss, umso bewusster kontrollieren die – Ebenso interessieren sich die Postmateriellen für Reporta- Postmateriellen, ob und wann sie sie im Privaten einsetzen. gen und Dokumentationen zu sozialen, geschichtlichen und Wenn ein PDA Sinn macht, wird er angeschafft, aber nur zur gesellschaftlichen Belangen wie ’37 Grad’ [ZDF], ’Expedition persönlichen Entlastung und nicht als Statussymbol. ins Gehirn’ [Das Erste], ’ZDF-Expeditionen’ und ’Abenteuer – Entlastung heißt auch Zeit schenken, ein wichtiges Motiv der Wissen’ [ZDF]. Postmateriellen für die Wahl und den Einsatz von ICT-Geräten: – Neben Sendungen, die eher intellektuell befriedigen, zeigen Vieles kann man mit Hilfe von moderner Technik bequemer sie ein großes Faible für ’anspruchsvollere’ US-Serien und beschaffen, schneller erledigen, zu selbst bestimmten Zeiten Spielfilme. US-Drama-Serien wie ’McLeods Töchter’ und bearbeiten. Zugleich kann man steuern, wann man ansprech- ’Everwood’ bei VOX treffen ihren Geschmack bei fiktionaler bar ist und wann man nicht gestört werden will. Unterhaltung genauso wie auch ’Emergency Room’ [ProSie- ben, kabel eins], ’Gilmore Girls’ [VOX] und ’Grey’s Anatomy’ Fernsehnutzung bei ProSieben. – Die Postmateriellen nutzen das Medium Fernsehen sehr se- – Aber auch englische Fernsehproduktionen wie ’Für alle Fälle lektiv und schauen mit durchschnittlich 177 Minuten pro Tag Fitz’ [ZDF] und ’Inspector Lynley’ [ZDF] sowie deutsche im Milieuvergleich am wenigsten fern [Durchschnitt 229 Mi- Krimireihen wie ’Tatort’ [Das Erste] und ’Bella Block’ [ZDF] nuten Erwachsene 14+ Jahre]. kommen bei ihnen gut an. – Wenn es um Kultur, Kunst, soziale und gesellschaftspolitische – Bedingt durch ihre hohe Affinität zu Science-Fiction verfol- Belange geht, gehört ihre Aufmerksamkeit den öffentlich- gen sie mit anhaltender Begeisterung die Star-Trek-Reihen rechtlichen Programmen. Ihrer Begeisterung für spezielle und -Spielfilme bei kabel eins. US-Serien und -Spielfilme werden überwiegend die privaten – Bei der Auswahl von Spielfilmen entscheidet man sich für Programmanbieter gerecht. Filme wie z. B. ’Drei Farben: Rot’ [ZDF], ’My Big Fat Greek – Ihre Vorliebe für die klassische und moderne Literatur Weeding’ [Sat.1] oder ’Herr Lehmann’ [ProSieben]. spiegelt sich auch in der TV-Programm-Auswahl wider. Zum Inhalt

w

0 Die Modernen Performer

Kurzbeschreibung – Normen und Konventionen werden für die eigenen Be- – Die Modernen Performer sind die junge, unkonventionelle dürfnisse dekliniert. Experimente mit unterschiedlichen Le- Leistungselite. Sie führen ein intensives Leben. Multiopti- bensstilen und das Integrieren von Einflüssen aus anderen onalität, Flexibilität und Ehrgeiz sind die Mischung, mit der Kulturen und Szenen geben den Rahmen für ein intensives, sie ihre beruflichen wie privaten [z. B. sportlichen] Leistungs- abwechslungsreiches Leben. grenzen erproben. – Konsum spielt bei den Modernen Performern — nach wie vor — – Sie sind nach wie vor das dynamischste, vitalste, optimis- eine große Rolle. Aber sie sind wählerischer, kritischer ge- tischste Milieu in Deutschland. Eine gewichtige Rolle spielt worden. Pseudoinnovationen, Neuerungen, deren Nutzwert „das eigene Ding“, die Verbindung von materiellem Erfolg nicht sofort ersichtlich ist, finden keine Gegenliebe. Und: Sie und lustvollem Leben. Mehr und mehr legen sie aber Wert sind Schnäppchenjäger aus Leidenschaft, immer begeiste- auf Stabilität und Verbindlichkeit. Die Lebens- und Karriere- rungsfähig und für einen guten Deal zu haben. planung erfolgt heute etwas langfristiger, Sicherheitsaspekte spielen eine größere Rolle als zur Zeit des „Anything goes“. Soziale Lage – Mobilität und Flexibilität sind bei den Modernen Performern – Jüngstes Milieu in Deutschland, Altersschwerpunkt unter überdurchschnittlich ausgeprägt. Dennoch vermitteln sie 30 Jahren zurzeit den Eindruck, als wollten sie einen Gang zurückschal- – Hohes Bildungsniveau; [noch] viele Schüler und Studenten, ten, nachdenken, Wurzeln suchen, dauerhafte persönliche zum Teil aber mit Jobs und virtuelle Netzwerke aufbauen. – Unter den Berufstätigen hoher Anteil [kleinerer] Selbststän- – Die Modernen Performer haben eine hohe Frustrations­ diger und Freiberufler [neue Start-ups], qualifizierte und lei- toleranz und viel Ausdauer bei der Verfolgung von Zielen. tende Angestellte Misserfolge in der New Economy haben sie nicht resignie- – Hohes Haushalts-Nettoeinkommen [gut situierte Elternhäu- ren lassen. Nach einer Phase der Neuorientierung stehen ser]; bei den Berufstätigen gehobenes eigenes Einkommen heute mehr und mehr Performer wieder auf eigenen Fü- ßen, begründen realitätsnähere Start-ups oder sind in Un- ternehmen die engagierten und innovativen Treiber und verdienen „richtig Geld“. Zum Inhalt w

10 Die Modernen Performer

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Die Modernen Performer sind mit der wachsenden Vielfalt – Die Modernen Performer sehen mit täglich durchschnittlich von ICT groß geworden. Das macht sie souverän im Umgang 194 Minuten sehr gezielt fern [Durchschnitt 229 Minuten, Er- mit Geräten und höchst anspruchsvoll in Sachen Technolo- wachsene 14+ Jahre]. gie und Services. Es macht sie zudem neugierig und stets – Sie mögen Sender, die ihrem Lebensgefühl und ihrer Vorstel- „gierig“ auf Neues. lung von Entertainment entsprechen und ihre große Begeis- – ICT gibt neue Freiheiten. Das Handy erleichtert Kommuni- terung für US-Fiktion befriedigen. Häufig sind sie deshalb bei kation, Mobilität und ermöglicht ständige Erreichbarkeit: ProSieben, VOX, RTL II und kabel eins „anzutreffen“. E-Mail und SMS in effizienter Kürze, WLAN zur gesteigerten – Favorisiert werden Serien wie ’Lost’ und ’Grey’s Anatomy’ Unabhängigkeit, Festplattenrecorder zu selbstbestimmter auf ProSieben, ’Raumschiff Voyager’ bei kabel eins oder Nutzung von TV-Programm-Angeboten. Die Vielfalt der auch Spielfilme wie ’Rendezvous mit Joe Black’ [VOX] oder Möglichkeiten ist ihr Lebenselixier. ’Der WiXXer’ [ProSieben]. – Die Modernen Performer haben eine ausgeprägte Vorliebe – Spaß bereiten ihnen Comedys bzw. Sitcoms wie ’Scrubs — für hochwertige ICT-Produkte von Topmarken, State of the Die Anfänger’, ’Malcolm mittendrin’ und ’Desperate House- Art in Performance und Design, superschick, immer wieder wives’ auf ProSieben sowie ’Gilmore Girls’ [VOX] und ’King das Neueste. Viele Geräte sind deshalb im Haushalt gleich of Queens’ [kabel eins]. An deutscher schätzen die mehrfach vorhanden. Modernen Performer auch den etwas spitzeren Humor und – Die ICT-Bedürfnisse der Modernen Performer sind Spiegel- es darf wie bei ’Stromberg’ [ProSieben] gerne auch etwas bild ihrer Lebenswelt: Networken, delegieren, Dinge effizient skurriler zugehen. Häufig eingeschaltet werden die Come- erledigen, Komplexes managen. Multitasking mit Hilfe von dysendungen am Freitag bei Sat.1 und am Montag auf Pro- ICT vermittelt das Gefühl, die physischen Möglichkeiten zu Sieben. erweitern und Begrenzungen zu durchbrechen — eben doch – Mit Neugierde verfolgen sie die Talentwettbewerbe der Cas- jederzeit überall zu sein und alles gleichzeitig zu erleben. tingshows ’Germany’s Next Topmodel — by Heidi Klum’ oder ’Popstars’ auf ProSieben. Wissens- und Lifestylemagazine wie ’Galileo’ [ProSieben] und ’Fit for Fun’ [VOX] stehen bei den Modernen Performern ebenfalls hoch im Kurs. Zum Inhalt

w

11 Die Konservativen

Kurzbeschreibung – Konsum-Materialismus, Spaßgesellschaft und die Amerika- – Die Konservativen sind die Repräsentanten des alten deut- nisierung unseres Lebensstils lehnen sie ab. Zugleich be- schen Bildungsbürgertums, die Verteidiger der Werte, Tra- mühen sie sich um das Erhalten geistiger und körperlicher ditionen und der guten alten Ordnung. Ein humanistisch ge- Frische. Dies drückt sich nicht nur in einer gesunden Lebens- prägtes Pflichtethos und das Bewusstsein für das kulturelle, führung aus, sondern auch in entsprechenden Urlaubsakti- nationale Erbe stärken ihr Elitebewusstsein, das teilweise vitäten und Reisezielen. rechtskonservativ-chauvinistische Züge trägt. – Heute sind viele Konservative im Ruhestand, nach einer Soziale Lage erfolgreichen, verantwortungsbewussten Berufskarriere. – Altersschwerpunkt ab 60 Jahren; meist Zwei-Personen- Geblieben ist ihr gesellschaftliches Verantwortungsgefühl. Haushalte Ihr Engagement richtet sich daher — wenn auch weniger als – Akademische Abschlüsse sind überrepräsentiert, aber früher — auf ehrenamtliche Engagements. auch Volksschulabschlüsse mit qualifizierter Berufsausbil- – Sie empfinden eine zunehmende Entfremdung von der all- dung [Frauen] gemeinen gesellschaftlichen Entwicklung. Auch die Skepsis – Hoher Anteil von Personen im Ruhestand; typische [ehe- gegenüber dem von Technisierung und Globalisierung ge- malige] Berufe: Höhere Angestellte und Beamte, Selbst- triebenen „Fortschritt“ wächst. Mehr und mehr ziehen sie ständige und freie Berufe sich deshalb auf das enge persönliche Umfeld zurück. – Meist gehobenes Einkommensniveau, teilweise größere – Finanziell sind die Konservativen mehrheitlich gut abgesi- Vermögen chert. Sie pflegen einen distinguierten Lebensrahmen und schätzen gepflegte Umgangsformen. Immaterielle Werte und Ziele stehen im Vordergrund. – Sie interessieren sich für klassische Kunst und die Hochkul- tur [Theater, Oper, Museen], unternehmen Kulturreisen und verfolgen [besorgt] das Zeitgeschehen in Politik, Wissen- schaft und Wirtschaft. Ihr Interesse an den letztgenannten Themen flacht jedoch zusehens ab, weil sich der Bezug zum eigenen Leben immer weniger erschließt. Zum Inhalt w

12 Die Konservativen

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Die Konservativen sahen ICT über viele Jahre als Bedro- – Das Medium Fernsehen spielt aus Sicht der Konservativen hung alter Werte wie Originalität, Authentizität, Echtheit, eine eher untergeordnete Rolle. Ihre Sehdauer von 212 Minu- Ehrlichkeit. Nach und nach öffnen sie sich jedoch den neuen ten pro Tag ist im Milieuvergleich durchschnittlich. Möglichkeiten, zunächst vor allem getrieben durch die „rati- – Fernsehen hat für die Konservativen vorwiegend Bildungs- onalen“ Vorteile, nach und nach aber auch durch das Erleb- und Informationsfunktion, es werden fast ausschließlich öf- nis von Convenience und Erweiterung der Kommunikation. fentlich-rechtliche Sender geschaut. – Begonnen haben viele ihre „ICT-Karriere“ mit dem Handy, – Groß ist ihr Interesse an Nachrichten-, Informations- und Kul- das ihnen Kinder oder Enkelkinder aus Sicherheitsgründen tursendungen. Intensiv widmen sie sich Kulturangeboten wie angedient haben und dessen vielfältige Möglichkeiten sie in- ’ttt — titel thesen temperamente’ [Das Erste], ’Kulturreport’ zwischen aber zu schätzen wissen. [Das Erste], ’Kulturweltspiegel’ [Das Erste], ’aspekte’ [ZDF] – Auch der Zugang zum PC erfolgt häufig auf Betreiben der oder ’Lesen!’ [ZDF]. Diskurse zu Politik, Wissenschaft und jüngeren Generation. Kinder und insbesondere Enkel erwei- Wirtschaft wie bei ’Presseclub’ [Das Erste] und ’Berlin direkt’ sen sich als geduldige Lehrmeister. Nach jahrelanger Stagna- [ZDF] verfolgen sie konzentriert — teilweise auch besorgt tion wächst die Zahl der PC- und Internetnutzer inzwischen über die aktuellen Entwicklungen und Ereignisse. schneller, motiviert durch die direkten Kontaktmöglichkeiten – Gelegentlich suchen die Konservativen Entspannung und zu Familie und Freunden, zu aktuellem Wissen und prak- Unterhaltung bei deutschen Serien, Telenovelas und Filmen tischen Informationen. der Öffentlich-Rechtlichen. ’Der Winzerkönig’ [Das Erste], – Trotz einer wachsenden Aufgeschlossenheit gegenüber den ’Rote Rosen’ [Das Erste] wie auch die SOKO-Reihen können gängigen Kommunikationstechnologien bleibt eine große bei den Konservativen überdurchschnittliche Marktanteile Distanz zu permanenter Verfügbarkeit, beliebigen Kontak- generieren. ten, indiskreten Inhalten, eben der Amerikanisierung un- – Bei der Filmauswahl bevorzugen sie Formate wie ’Fitzcar- seres Lebensstils. raldo’ [ZDF], die ’Rosamunde Pilcher’-Filmreihen [ZDF] und ’Das Bernstein-Amulett’ [Das Erste]. Zum Inhalt

w

13 Die Traditionsverwurzelten

Kurzbeschreibung – Ihre Interessen kreisen eng um die eigenen vier Wände, die – Die Traditionsverwurzelten sind die sicherheits- und ord- Familie, die eigene Gesundheit. Fernsehen, Basteln, Garten- nungsliebende Kriegs- und Nachkriegsgeneration, geprägt arbeit und ehrenamtliches Mithelfen in unterschiedlichen von traditionellen Werten wie Pflichterfüllung, Sparsamkeit, Institutionen füllen die freie Zeit, gelegentlich auch kleinere Bescheidenheit, Sauberkeit und Ordnung. Diese Normen wa- Ausflüge und Kaffeefahrten, die man inzwischen aber aus ren zunächst überlebensnotwendig, wurden dann zu vorge- finanziellen Gründen einschränkt. lebten Tugenden und sind heute wieder Basis des Alltags. – Aufgrund zunehmender materieller Enge wird es für viele – Konformismus und Sicherheitsstreben, Orientierung an Traditionsverwurzelte immer schwerer, ihren Glauben an gängigen Konventionen und traditionellen Moralvorstellun- das Qualitäts- und Überlegenheitsversprechen der Marken- gen prägt den Lebensstil des Milieus: sich zufriedengeben, artikel aufrechtzuerhalten. Noch reagieren sie eher mit Kon- Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten. In- sumverzicht, es ist aber wohl eher eine Frage der Zeit, wann zwischen breitet sich aber Verbitterung aus über Kürzung sie zu Billigprodukten greifen. der Renten und wachsende Kosten in allen Bereichen, vor allem auch der Gesundheit. Soziale Lage – Je älter sie werden, umso wichtiger werden den Traditi- – Altersschwerpunkt in der Kriegs- und ersten Nachkriegs- onsverwurzelten Familie, Freunde und Bekannte im unmit- generation [65 Jahre und älter]; entsprechend hoher Frau- telbaren Umfeld. Diese geben Halt und Wärme, ebenso wie enanteil die beliebten Heile-Welt-Inszenierungen im Wohnbereich. – Überwiegend Hauptschule mit abgeschlossener Berufs- Schutzwälle aus Gardinen, Hecken und Zäunen unterstrei- ausbildung chen den Rückzug aus der Welt des Sittenverfalls und der – Hoher Anteil von Rentnern und Pensionären; früher kleine lockeren Moral. Angestellte und Beamte, Arbeiter, Facharbeiter und Bauern – Angesichts der für sie besonders besorgniserregenden wirt- – Meist kleine bis mittlere Einkommen schaftlichen Entwicklung wächst das Gefühl, finanziell an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. Die immer schon gelebten Werte Sparsamkeit, Bescheidenheit und Verzicht sind für die große Mehrheit der Traditionsverwur- zelten inzwischen überlebensnotwendig geworden. Zum Inhalt w

14 Die Traditionsverwurzelten

Einsatz von ICT-Produkten – Gut über das aktuelle Tages- und Weltgeschehen informiert – Das im Durchschnitt älteste Milieu ist auch das ICT-fernste. zu sein, betrachten die meisten Traditionsverwurzelten im- Die tradierten Kommunikations- und Unterhaltungsformen, mer noch als ihre Bürgerpflicht, auch wenn sie sich zuneh- Festnetztelefon, Radio, Zeitung und Fernseher, sind nicht mend von der immer schneller und größer werdenden Infor- nur altersbedingt, sondern auch aus finanziellen und ökono- mationsflut überfordert fühlen. So verfolgen sie neben der mischen Gründen nahezu ohne Konkurrenz. täglichen Nutzung lokaler Tageszeitungen seit Jahrzehnten – Es gibt keinerlei Interesse, das bestehende Spektrum zu aufmerksam die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensen- erweitern. Das Handy, so vorhanden, wurde oft von den dungen ’heute’ und ’Die Tagesschau’. Aber auch Sendungen Kindern aus Sicherheitsgründen angeschafft. Es wird aber wie ’Länderspiegel’ [ZDF] oder ’Report’ [Das Erste] dienen kaum genutzt, geschweige denn auf andere Möglichkeiten ihrer Information. Tipps und Ratschläge holen sie sich gerne als die Telefonie erforscht. Nur in wenigen Haushalten findet bei verschiedenen ARD-’Ratgeber’-Sendungen. sich ein PC. – Daneben lassen sich die Traditionsverwurzelten gerne von – Anders als bei den Konservativen, die nach dem Motto „Je- deutschen Serien auf den öffentlich-rechtlichen Sendern un- mand muss mir zeigen, wie es geht“ lernbereit sind, lehnen terhalten. Am Nachmittag verfolgen sie die schicksalhaften die Traditionsverwurzelten die neue ICT-Welt ab: „Jemand Begebenheiten der Telenovelas ’Julia — Wege zum Glück’ muss es für mich machen“. [ZDF] und ’Sturm der Liebe’ [Das Erste]. Entspannung suchen sie am Vorabend und Abend bei Serien wie ’Tierarzt Dr. Engel’ Fernsehnutzung [ZDF], ’Der Landarzt’ [ZDF] und ’Das Traumschiff’ [ZDF], auf – Für die sehr häuslichen Traditionsverwurzelten hat Fernse- Mörderjagd gehen sie mit ’Pfarrer Braun’ [Das Erste] und den hen eine große Bedeutung, und mit durchschnittlich 253 Mi- ’Rosenheim-Cops’ [ZDF]. nuten pro Tag verbringen sie auch überdurchschnittlich viel – Ihrer Vorstellung von Idylle und ihrer Sehnsucht nach einer Zeit damit. heilen Welt kommen Volksmusiksendungen wie ’Melodien – Die öffentlich-rechtlichen Sender, seit den 50er Jahren der Berge’ [Das Erste], ’Liebesgrüße mit Marianne & Michael’ vertraute Begleiter, haben bei der Senderwahl immer noch [ZDF] und der ’Grand Prix der Volksmusik’ [ZDF] entgegen. höchste Priorität. Gelegentlich schauen die Traditionsver- wurzelten auch einen Film oder eine Serie bei den privaten Sendern kabel eins, Sat.1 oder RTL. Zum Inhalt

w

15 Die DDR-Nostalgischen

Kurzbeschreibung – Ihre Interessen und Freizeitaktivitäten konzentrieren sich – Die DDR-Nostalgischen — sie stellen fast ein Fünftel der ost- auf den Nahraum: Heimwerken, Gartenarbeit, Hausumbau, deutschen Bevölkerung — sind überwiegend Verlierer der Renovieren der Wohnungseinrichtung, sofern das Geld da- Wende. Das führte zu einer Verbitterung gegenüber der Ge- für da ist. Das Engagement in Vereinen und in der lokalen genwart und einer gewissen Verklärung der Vergangenheit. Gesellschaftspolitik lässt stetig nach. Auch ihr Interesse an Inzwischen herrscht eine massive Unzufriedenheit und Frus- geopolitischen Themen, ein Erbe aus DDR-Zeiten, verblasst. tration mit der eigenen und der gesamtgesellschaftlichen – Die beschränkten finanziellen Verhältnisse führen zu ver- Situation. schärfter Preisorientierung und Verzicht auf Qualität [auf – Früher hatten sie gesicherte Positionen, oft als Führungska- Marken, auf gesunde Produkte, auf hochwertige Angebote]. der in unterschiedlichen Bereichen, heute sind sie aus dem Unabhängig davon zeigt sich im Konsum eine neuerlich ver- tradierten beruflichen Umfeld geworfen, üben einfache Be- stärkte Präferenz für Ostprodukte und -marken. rufe aus oder sind arbeitslos. Das führt zur Betonung der altsozialistischen Werte Gerechtigkeit, Gleichheit und Soli- Soziale Lage darität sowie zu Benachteiligungsgefühlen und Ressenti- – Schwerpunkt bei den über 50-Jährigen ments gegenüber der „Kolonialisierung“ durch den Westen. – Meist einfache bis mittlere Bildung, aber auch Hochschul- – Mit zunehmender Entwurzelung des Milieus wird das ehe- abschlüsse mals typische Festhalten an Disziplin, Fleiß und Ordnung, – Früher häufig Führungskader in Partei, Verwaltung, Wirt- Sauberkeit und Pünktlichkeit schwächer, ebenso das Stre- schaft und Kultur; heute einfache Angestellte, Arbeiter/ ben nach Selbstverwirklichung und individuellem Erfolg. Mit Facharbeiter oder arbeitslos dem Schwinden der ost-traditionellen Werte werden kon- – Kleine bis mittlere Einkommen [Doppelverdiener]; hoher An- sum-materialistische Orientierungen [mithalten wollen mit teil an Beziehern von Altersübergangsgeld und Rente; Ein- den Konsumstandards des Mainstreams] generell wichtiger. kommensschwerpunkt unter 2.000 Euro – Die materielle Situation der DDR-Nostalgischen hat sich in den letzten Jahren nochmals verschlechtert. Aus einem tra- ditionsverankerten Milieu wird, vor allem bei den Älteren, „ein Loser-Segment“, das sich zunehmend aus vielen sozialen Zu- sammenhängen zurückzieht, vereinsamt und verarmt. Zum Inhalt w

16 Die DDR-Nostalgischen

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Unter den „älteren Milieus“ sind die DDR-Nostalgischen die – Mit durchschnittlich 308 Minuten pro Tag liegen die DDR- relativ intensivsten ICT-Nutzer. Dabei hilft ihnen vielfach Nostalgischen in ihrer Fernsehnutzung stark über dem ihre technische Ausbildung zu DDR-Zeiten. Nicht zu überse- Durchschnitt von 229 Minuten [Erwachsene 14+ Jahre] und hen ist bei den Nutzungsgewohnheiten aber eine Verweige- sehen im Milieuvergleich am meisten fern. rungshaltung gegenüber der westlich geprägten „Übertrei- – Im Fokus stehen die privaten Sender, allen voran RTL und bung“ im Umgang mit den technischen Möglichkeiten. Sat.1. Weniger Anklang finden die öffentlich-rechtlichen Sen- – Die klassischen Medien, vor allem TV und Festnetztelefon, der, am wenigsten „anfangen“ können sie mit ProSieben. dominieren. Dennoch hat das Handy inzwischen an Bedeu- – Sie zeigen eine hohe Affinität zu Gerichtsshows, Crime-Do- tung gewonnen, um von überall aus Kontakt zu halten und kus, Tiersendungen und fiktionalen Serien. Rechtsprechung sich gegebenenfalls bei seinen Spezialisten im Netzwerk in scheint für die DDR-Nostalgischen ein spannendes Thema spontan auftauchenden Fragen rückversichern zu können. zu sein, was sich in ihren hohen Marktanteilen bei Gerichts- Dabei fasst man sich kurz und achtet auf die Kosten. sendungen wie ’Richter Alexander Hold’ [Sat.1], ’Das Famili- – Computer und Internet werden vor allem zum Austausch engericht’ [RTL] oder ’Das Jugendgericht’ [RTL] zeigt. Auch mit Freunden und Bekannten genutzt und zur Recherche sehen sie gerne Tiersendungen, fiktionale Serien und Crime- von Spezialthemen. Die Geräte und Services sollen günstig Dokus — die sich auf wahre Begebenheiten beziehen — wie sein, man konzentriert sich daher auf die Basisfunktionen. ’Autopsie — Mysteriöse Todesfälle’ [RTL II], ’Akte Mord’ [RTL Service und Hilfestellung organisiert man traditionsgemäß II] und ’Niedrig und Kuhnt — Kommissare ermitteln’ [Sat.1]. im eigenen Umfeld. – Bei fiktionaler Unterhaltung sind „ältere“ US-Serien wie ’Quincy’ [SuperRTL], ’Unsere kleine Farm’ [kabel eins] und ’Walker, Texas Ranger’ [RTL II] besonders beliebt. – Aber auch deutsche Serien wie ’Hinter Gittern — Der Frauen- knast’ [RTL], ’Die Wache’ [RTL] und ’Kommissar Rex’ [Sat.1] treffen ihren Geschmack. – Interessiert sind die DDR-Nostalgischen auch an Doku-Soaps rund ums Tier wie ’Hundkatzemaus’ und ’Tierzeit’ bei VOX. Zum Inhalt

w

17 Die Bürgerliche Mitte

Kurzbeschreibung – Freizeitaktivitäten im Freundeskreis und mit der Familie neh- – Die Bürgerliche Mitte ist der statusorientierte Mainstream. men viel Raum ein. Dazu gehört es auch, Gäste einzuladen, In gut gesicherten Verhältnissen zu leben, ist ihr Ziel. Schon gemeinsam zu kochen, sich in der Freizeit sportlich zu betäti- immer waren sie gelegentlich geplagt von Abstiegsängsten, gen, sich im Verein zu engagieren oder bei leichter Unterhal- diese sind inzwischen jedoch sehr viel massiver geworden. tung [Lektüre, TV, DVD] zu entspannen. Die Attacken auf die – Je unsicherer die Zeiten, desto stärker versuchen sie, sich Freizeit werden aber schärfer und häufiger: Die Unterstüt- durch Leistung, Zielstrebigkeit und Anpassung zu behaupten zung der Kinder in der Schule, die eigene Fortbildung und und beruflich erfolgreich zu sein. Andererseits realisieren bezahlte Nebentätigkeiten nehmen immer mehr Raum ein. sie aber die Grenzen solcher Anstrengungen. Durch die wirt- – Die Konsumbereitschaft in der Bürgerlichen Mitte ist auf schaftlichen und politischen Reformen brechen immer mehr einem Tiefpunkt angelangt. Vorsichtshalber, in vorbeu- gewohnte Sicherheiten und Wohlstandschancen weg. gender Anpassung an kommende Einschränkungen, re- – Aus ihrem Streben nach Balance von Arbeit und Freizeit, nach duzieren sie ihre Ansprüche und verzichten in manchen einem harmonischen privaten Umfeld von gleichgesinnten, Bereichen auf Exklusivität oder sogar auf Qualität. Konsum- wohlsituierten Freunden, hat sich mehr und mehr die Ten- priorität haben ein gemütliches Zuhause, ein gepflegtes denz zu Escape und Abschottung entwickelt: Cocooning in Outfit und das Fortkommen der Kinder. verschärfter Form. Gleichzeitig verstärken sie Anstrengun- gen und Rituale der Abgrenzung nach „unten“. Das Sammeln Soziale Lage materieller Statussymbole wird ergänzt durch Streben nach – Altersschwerpunkt: 30 bis 60 Jahre; oft Mehr-Personen- immateriellem Prestige. Haushalte, kinderfreundliches Milieu – Trotz hoher Leistungsbereitschaft, Anpassung und Flexi- – Qualifizierte mittlere Bildungsabschlüsse bilität fühlt sich die Bürgerliche Mitte als eigentliche Ver- – Einfache/Mittlere Angestellte und Beamte, Facharbeiter liererin der wirtschaftlichen Entwicklung: Pendlerpauscha- – Mittlere Einkommensklassen le, Eigenheimzulage, kostenloses Studium für die Kinder, Krankenversicherung, Altersvorsorge — alles gekürzt oder gestrichen. Angesichts der Massenentlassungsschübe auch profitabler Unternehmen sieht das Milieu seine Zu- kunft massiv bedroht. Zum Inhalt w

18 Die Bürgerliche Mitte

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Inzwischen dringen ICT-Produkte auch in die Bürgerliche Mit- – Die familienorientierte Bürgerliche Mitte schaut im Ver- te vor. Die Geräte ihrer Wahl sind eher einfach in Funktion und gleich zu den restlichen Milieus [durchschnittliche Sehdauer Bedienung. Das erspart das Einarbeiten in eine komplizierte 229 Minuten] mit 254 Minuten pro Tag überdurchschnittlich Technik und bewahrt auch vor der möglichen Blamage, seine viel fern. Überforderung zu zeigen. – Es zeigen sich kaum Präferenzen für bestimmte Sender, – Die Kinder sind zunächst die eigentlichen Treiber für ein- einzig Sat.1, RTL wie auch SuperRTL werden leicht über- schlägige Anschaffungen. Das Handy ist klarer Vorreiter. Es durchschnittlich genutzt, alle anderen Sender der ersten gibt Sicherheit, dass sich Kind und Eltern jederzeit erreichen und zweiten Generation eher durchschnittlich häufig ein- können. Inzwischen ist aus der Nabelschnurfunktion die ge- geschaltet. nerelle Convenience der leichten Kommunikation geworden. – Ihre Vorliebe für deutsche Fiktion befriedigen sie in erster Auch die Anschaffung eines PC erfolgt häufig im Hinblick auf Linie bei Sat.1 und RTL. Großer Beliebtheit erfreuen sich die Kinder, die in der Schule und beim Gaming mithalten kön- Serien wie ’Der Elefant — Mord verjährt nie’ [Sat.1] und ’Die nen und auf die Zukunft vorbereitet werden sollen. Wache’ [RTL]. – Die Bürgerliche Mitte bevorzugt einfache Geräte. Sie will all- – Sendungen, die Alltagsmenschen in realer Umgebung zeigen tagstaugliche Anwendungen, nicht virtuelle Spielereien. So- und Einblicke in andere Lebenswelten gewähren, werden mit bald das Produkt bei Aldi angeboten wird, ist dies das Signal, großer Neugierde verfolgt, wie z. B. ’Frauentausch’ und ’Su- dass es sich um eine Technologie für jedermann handelt und che Familie’ auf RTL II sowie ’Bauer sucht Frau’ bei RTL. dass man es haben muss. – Interessant sind für sie auch Ratschläge und Tipps zum The- – Nach und nach hat die Bürgerliche Mitte die Vorteile der ma Wohnen/Familie, Kinder/Erziehung und Ernährung. ’Un- ICT-Produkte entdeckt und schätzen gelernt. eBay als kos- ser neues Zuhause’ [RTL], ’Zuhause im Glück’ [RTL II] und tengünstige Beschaffungs- und Entsorgungsmöglichkeit, ’Einsatz in vier Wänden’ [RTL] liefert der Bürgerlichen Mitte günstige Reisebuchungen, Preisvergleiche im Internet sind Informatives zum Thema Wohnungsverschönerung. Sen- typische Motivatoren. Andererseits bestehen aber auch aus- dungen zum Thema Ernährung wie ’Liebling, wir bringen die geprägte und gleichzeitig diffuse Ängste, via Internet ausge- Kinder um!’ [RTL II] und ’Du bist, was du isst’ [RTL II] werden späht und abgezockt zu werden. aufmerksam verfolgt. Zum Inhalt

w

19 Die Konsum-Materialisten

Kurzbeschreibung – Es wird für die Konsum-Materialisten immer schwerer, ihre – Gerade aufgrund ihrer beschränkten finanziellen Mittel Hobbys zu pflegen oder sich gar spontane „Extratouren“ zeigen die Angehörigen dieses Milieus einen ausgeprägten zu gönnen. Der typische spaß- und freizeitorientierte Le- Konsum-Materialismus. Sie lieben spontanen und prestige- bensstil des Milieus macht immer mehr einer Flucht in trächtigen Konsum — um zu beweisen, dass sie mithalten Traumwelten [Fernsehen, Videospiele, Alkohol] Platz. Ju- können. gendliche wachsen immer häufiger in Elternhäusern auf, in – Sie würden gerne so leben, wie sie sich das bei der brei- denen aufgrund von Arbeitslosigkeit kein geregelter Tages­ ten Mittelschicht vorstellen [DVD-Player, Multimediahandy, ablauf oder Ansätze von Disziplin vermittelt werden. Auto, Urlaub]. Angesichts der massiven Verschlechterung – Zwar haben die Konsum-Materialisten nach wie vor viele ihrer wirtschaftlichen Situation greifen aber Pessimismus unerfüllte Wünsche, sie sind aber sehr viel vorsichtiger und Gefühle der Benachteiligung immer mehr um sich. geworden. Insbesondere sind sie heute sehr viel sensib- Träume vom „besonderen Leben“, von viel Geld und gro­ ler gegenüber der Gefahr, sich zu verschulden. Die Angst, ßem Luxus träumen sie immer seltener, um nicht noch aus der Verschuldungsfalle nicht mehr herauszukommen, mehr enttäuscht zu werden. bremst sie, unvernünftig zu sein und einfach Dinge zu kau- – In der Vergangenheit führten die nicht rosigen Aussichten fen, die Freude machen. Bei allen Anschaffungen, auch von zur Ausblendung der Zukunft und zur Konzentration auf FMCG-Produkten, spielt der Preis die entscheidende Rolle. ein möglichst angenehmes Leben im Hier und Jetzt. Inzwi- schen werden die Angst vor der Zukunft und das Gefühl Soziale Lage der Benachteiligung aber immer bedrückender. Es hat sich – Breite Altersstreuung bis 60 Jahre bei vielen das Gefühl festgesetzt, endgültig abgehängt und – Meist Volks-/Hauptschulabschluss mit oder ohne Berufs- chancenlos zu sein. ausbildung – Die Wahrnehmung, dass man angesichts einer zuneh- – Überdurchschnittlich viele Arbeiter/Facharbeiter, hohe Ar- menden Spaltung in der Gesellschaft zur Verliererseite beitslosigkeit gehört, führt zu Aggressivität und wachsender Wut, insbe- – Untere Einkommensklassen sondere angesichts des schönen Lebens der Gewinner, das – Häufig soziale Benachteiligungen [Arbeitslosigkeit, Krank- die Medien täglich ausbreiten. heit, unvollständige Familie] Zum Inhalt w

20 Die Konsum-Materialisten

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Die Konsum-Materialisten sind in hohem Maße unterhal- – Fernsehen ist für die Konsum-Materialisten — auch wegen ih- tungsorientiert. Fernsehen, Videofilme und –spiele, stun- rer finanziellen Lage — mit 582 Minuten pro Tag ein wichtiger denlanges Festnetztelefonieren füllen viele Stunden des Alltags- und Freizeitbestandteil. Vom Fernsehen wünscht man Tages. Mit entscheidend für diese Verhaltensmuster ist die sich Ablenkung und ereignisreiche Unterhaltung. finanzielle und berufliche Situation. – Bei der Senderwahl sind die privaten Sender, allen voran ka- – Das Handy wird mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit, bel eins, gefolgt von RTL II, ProSieben und VOX im Relevant allerdings auch zur permanenten Verschuldungsfalle. Die Set. RTL und Sat.1 generieren bei ihnen eher durchschnitt- Hürde gegenüber PC und Internet ist jedoch anhaltend liche Marktanteile, die öffentlich-rechtlichen Sender sind für hoch, weil die Konsum-Materialisten im Beruf nur selten sie weniger spannend. Bei SuperRTL schauen sie nachmit- Erfahrung gewinnen können. Die Leidenschaft für Gaming tags häufig Kinderprogramme und Zeichentrick. wird überwiegend via Konsole und Fernseher bedient. – Es zeigen sich kaum Genreschwerpunkte, grundsätzlich müs- – Wenn man sich Computer und Internet nähert, dann sen die Sendungen unterhaltsam sein oder einen gewissen konzentriert man sich auf einfach zu beherrschende Ba- Servicetainment-Charakter bieten. Informationssendungen sisfunktionen. Sie dienen der Nutzung kostengünstiger bei den Öffentlich-Rechtlichen sind weniger „ihr Ding“. Bereiche wie eBay, Downloaden und Tauschen von Musik – Mit Spannung verfolgen sie Doku-Soap-Formate wie ’Ärger sowie der Schnäppchenjagd. Im Übrigen sind TV und Video im Revier’ [RTL II], ’Julia & Tanja — Zwei Polizistinnen auf die unschlagbar günstige Unterhaltung und Ablenkung. Streife’ [kabel eins] sowie ’Die Hammer-Soap’ [RTL II], ’Die Eher leistet man sich ein Premiere-Abonnement als einen Autoschrauber’ [RTL II] und ’Hausputz’ bei SuperRTL. DSL-Anschluss. – Aber auch von amerikanischen Sitcoms wie z. B. ’Eine schrecklich nette Familie’, ’Roseanne’ oder ’King of Queens’ bei kabel eins fühlen sich die Konsum-Materialisten gut unterhalten. Häufig sehen sie auch US-Serien wie ’Lost’ [ProSieben], ’Navy CIS’ in Sat.1, ’Law & Order: New York’ [RTL II] oder auch ältere Serien wie ’Kojak — Einsatz in Man- hattan’ [kabel eins] und ’Das A-Team’ [RTL II]. Zum Inhalt

w

21 Die Experimentalisten

Kurzbeschreibung inzwischen überwunden. Optimismus, Vitalität und Krea- – Die Experimentalisten sind locker, tolerant und offen ge- tivität lassen sie wieder Neues erproben. genüber anderen Lebensformen und Kulturen. Individualis- – Die Experimentalisten sind Multimedia-Kinder. Intensiv nut- mus, ungehinderte Spontaneität, Experimentierfreude und zen sie alle einschlägigen Angebote und gehören zu den die Suche nach Grenzerfahrungen sind der Rahmen, in dem Early Adoptern aller kommunikativen Neuerungen. Gleich- sie ihre Gefühle und Sehnsüchte ausleben. zeitig interessieren sie sich für Musik, Kunst und Kultur, für – Damit einher gehen sehr ichbezogene Lebensstrategien: entsprechende Filme und Bücher, für exotische Szenen, möglichst ohne einschränkende Verpflichtungen, unkonven- Welten und Kulturen. tionell, ohne einengende Normen, jeweils der aktuellen Be- – Ihr Konsumstil ist sehr spontan, aber ihre Preissensibilität findlichkeit folgend. Nach einer Phase der Verunsicherung ist gestiegen — zum einen, weil sie Spaß am Schnäppchenja- durch die wirtschaftliche Krise nehmen sie wieder Fahrt auf, gen haben, zum anderen, weil sie mehrheitlich unzufrieden wollen sich wieder ungehindert spontan entfalten, intensiv sind, sich finanziell wenig leisten zu können. Das mindert leben, aussteigen, vielleicht sogar auswandern. ihren Spaß beim Einkaufen. – Der Lebensstil der Experimentalisten ist nonkonformis- tisch, sie lieben Provokationen und sehen sich nach wie vor Soziale Lage als Lifestyle-Avantgarde, als moderne Boheme. Ihre gesell- – Junges Milieu, Altersschwerpunkt unter 35 Jahren; viele schaftskritische Einstellung ist aber pointierter geworden. Singles Das äußert sich in einer Abwendung von herkömmlichem – Gehobene Bildungsabschlüsse; [noch] viele Auszubildende, sozialem und politischem Engagement, in demonstrativer Schüler und Studenten Ablehnung von Bio und Konsum-Wellness, in einer trashigen – Mittlere Angestellte, kleine Selbstständige und Freiberuf- Lebensstil-Opposition und im Selbstverständnis als Coun- ler; auch Arbeiter [Jobber] ter Culture. – Vergleichsweise hoher Anteil von Personen ohne eigenes – Erfolg, Status und Karriere standen nie im Fokus, auch Einkommen; Haushaltsnettoeinkommen dennoch über wenn sie in den letzten Jahren phasenweise wichtiger wur- dem Durchschnitt [zum Teil gut situierte Elternhäuser] den. Materielle Einbußen und wenig Jobchancen haben die finanzielle Situation des Milieus beeinträchtigt. Die- sen Realitätsschock haben die Experimentalisten jedoch Zum Inhalt w

22 Die Experimentalisten

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Die Experimentalisten wollen bei allem, was sie tun, die Din- – Im Vergleich zu den anderen Milieus liegen die Experimen- ge individuell und kreativ gestalten. Dabei kann ICT einen talisten wegen ihrer starken Outdoororientierung mit einer wichtigen Beitrag leisten, ebenso aber einengen und stören. Fernsehdauer von 189 Minuten pro Tag unter dem Durch- Je nach Stimmungslage und Situation ist man auf dem vir- schnitt von 229 Minuten [Erwachsene 14+ Jahre]. tuellen Marktplatz oder ganz für sich. – Ihr Interesse gilt überwiegend den Sendern ProSieben, – Dementsprechend nutzen die Experimentalisten die Mög- RTL II, kabel eins und VOX. lichkeiten von ICT zu vielfältigster Kommunikation und sinn- – Ähnlich wie bei den Modernen Performern ist ihr Interesse licher Wahrnehmung in virtuellen Welten und Netzwerken. an US-Fiction, an deutscher Comedy, an Castingshows und Oder sie schalten alles ab, genießen die Ruhe, bedienen sich Magazinformaten groß. „altmodischer“ Mitteilungs- und Unterhaltungsformen wie – Die Experimentalisten zeigen eine unerschöpfliche Begeiste- Karten und Briefe schreiben oder Bücher lesen. rung für US-Sitcoms. Sendungen wie ’Der Prinz von Bel-Air’ – Die Ansprüche an ICT sind mehr funktionaler als stilistischer [RTL II], ’King of Queens’ bei kabel eins und ’Eine starke Fami- Natur. Für technischen Schnickschnack wollen sie kein Geld lie’ bei RTL II erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. ausgeben. Wichtig ist individuelle Gestaltbarkeit und Nutz- – Neben Comedy sind Mystery, Science-Fiction und Lifestyle barkeit, die Möglichkeit zur Erweiterung der persönlichen gleichermaßen beliebt. Gerne sehen die Experimentalisten Spontaneität und Kreativität. ’Lost’ auf ProSieben, ’Stargate’ [RTL II] und ’Raumschiff – Die Experimentalisten spielen mit Virtual Reality und Real Enterprise — Das nächste Jahrhundert’ [kabel eins], wie Life, sie kreieren ihre eigenen Nutzungsmuster aus Online- auch ’Gilmore Girls’ [VOX] und ’Desperate Housewives’ Spielen in virtuellen Welten mit realen Freunden, aus Kom- [ProSieben]. Als begeisterte Zeichentrickfans sind für sie munikation mit zunächst virtuellen Freunden, die man dann ’Die Simpsons’ [ProSieben] über lange Jahre hinweg ein ab- auch realiter trifft. Trotz dieser positiven Einstellung zu ICT solutes „Muss“ geblieben. betonen sie aber ihre Unabhängigkeit und manchmal sogar – Comedysendungen wie ’Die ProSieben Märchenstunde’, die Sorge, diese zu verlieren. ’Stromberg’ [ProSieben] und ’Pastewka’ [Sat.1] treffen den Humor der Experimentalisten. Häufig sehen sie auch Ma- gazinsendungen wie ’taff.’ [ProSieben], ’Abenteuer Leben — täglich Wissen’ [kabel eins] und ’Galileo’ [ProSieben]. Zum Inhalt

w

23 Die Hedonisten

Kurzbeschreibung – Typisch für die Hedonisten ist ihr expansiver, outdoorori- – Die Hedonisten sind meistens auf der Suche nach Fun, entierter Lebensstil. Schnelle Autos und Motorräder faszi- Action und Unterhaltung. Unterwegs sein, Ausbrechen aus nieren sie. „Krasse“ Szenen, Clubs und Fangemeinden und den Zwängen des Alltags, frei und unabhängig zu sein, an- Events mit starken Reizen sind das Umfeld für gemeinsame ders als die Spießer, ist das Ziel. Auch in schwierigen Zeiten Aktivitäten. Darüber hinaus interessieren sie sich für alles, lassen sie sich ihren Spaß nicht nehmen: Krisenbewälti- was unterhält: Fernsehen, Kino, Video, Computerspiele, gung durch Verdrängung. Allerdings wechseln Phasen von Musik, Sport, Disco- und Kneipenbesuche. Hyperaktivität mit „energetischen Löchern“. – Lebenshunger und Unbekümmertheit zeigen sich auch in – Die Zahl derjenigen, die ein regelrechtes Doppelleben füh- den Konsumeinstellungen der Hedonisten. Sie kaufen nach ren zwischen Angepasstheit im Berufsalltag und Abtau- wie vor Dinge, ohne darüber nachzudenken, ob sie sich die- chen, über die Stränge schlagen in der Freizeit, wächst. Ins- se überhaupt leisten können. Die Akzeptanz von Werbung — gesamt nimmt die Leistungsbereitschaft im Milieu ab. Trotz die Botschaft von den schönen Dingen — ist gestiegen, al- oder gerade angesichts schwindender Jobchancen und lerdings auch die Kompetenz der Hedonisten, die Angebote Hartz-IV-Dämpfer wollen viele eher von der „Stütze“ leben und ihren Preis besser einschätzen zu können als früher. als sich bei der Arbeit herumkommandieren zu lassen. – „Lebe jetzt und zahle später“ scheint wieder zur Devise Soziale Lage vieler Hedonisten geworden zu sein. Noch mehr Action, – Jüngere und mittlere Altersgruppen bis 50 Jahre; Schwer- noch mehr Thrill, noch mehr Kicks sollen bei der Verdrän- punkt unter 30 Jahren gung von Gegenwarts- und Zukunftsängsten helfen. Auch – Einfache bis mittlere Formalbildung — relativ oft ohne ab- die Affinität zu Provokation und Gewalt nimmt weiter zu. geschlossene Berufsausbildung – Die Hedonisten leben nach wie vor im Hier und Jetzt, lassen – Einfache Angestellte und Arbeiter; viele Schüler und Aus- sich treiben, sehen, was kommt. Anders als die Konsum- zubildende Materialisten geben sie ihr Geld spontan und unkontrolliert – Vergleichsweise großer Anteil von Personen ohne eigenes aus, ihre Bereitschaft, einen Kredit aufzunehmen, ist sogar Einkommen; leichter Schwerpunkt bei mittleren Haushalts- noch gewachsen. Lebensplanung und Zukunftsvorsorge nettoeinkommen finden kaum statt. Zum Inhalt w

24 Die Hedonisten

Einsatz von ICT-Produkten Fernsehnutzung – Spontaneität, Unterhaltung, Ablenkung sind wichtige Mo- – Mit einer durchschnittlichen Sehdauer von 243 Minuten tive im Alltagsleben, die von ICT-Produkten und -Services pro Tag liegen die Hedonisten im Milieuvergleich im mittle- geradezu im Übermaß geboten und von den Hedonisten ren bis leicht überdurchschnittlichen Bereich. auch genutzt werden. – Kein Sender wird von ihnen besonders stark präferiert, – Handy- und PC-Games, Spiel-Sessions im Internet, in denen tendenziell nutzen sie die privaten Sender aber etwas öfter man gegeneinander kämpft, bieten die starken Reize, den als Das Erste oder ZDF. Unterhaltung ist die Devise. Thrill, der das Leben im Hier und Jetzt interessant macht. – Hinsichtlich Genres ist man nicht allzu wählerisch. Man Die Hedonisten lieben Angebote, die auditive, visuelle und schaut relativ breit über alle Genres hinweg, Informations- haptische Reize gleichzeitig bieten, zum Beispiel beim Au- sendungen sind generell etwas weniger begehrt, Kinder- torennen am PC mit Lenkrad. Berufliche Nutzungsaspekte und Comic-Formate tendenziell etwas mehr. spielen kaum eine Rolle. – US-Serien wie ’Nip/Tuck’ [ProSieben], ’Law & Order: New – Die Gestaltung der Geräte oder die Auswahl der Klingeltöne York’ [RTL II], ’Without a Trace — Spurlos verschwunden’ entspricht der eigenen „krassen“ Ästhetik und Phantasie: [kabel eins] werden ebenso gern gesehen wie auch deut- sich Absetzen vom spießigen Mainstream. Markenloyali- sche Serien wie ’Typisch Sophie’ [Sat.1] oder Telenovelas tät ist ein Fremdwort, Flatrates, kostenlose Mail-Accounts, wie ’Sophie — Braut wider Willen’ [Das Erste] und ’Unter Geiz-ist-geil-Angebote und Raubkopien sind dagegen Uns’ [RTL]. höchst willkommen. – Ablachen können die Hedonisten bei ’ vs. Simon’, – Die permanente Bestätigung der eigenen Bedeutung und ’Keine Ahnung?’, ’TV total’ auf ProSieben oder bei ’Die Zugehörigkeit im Freundeskreis wird via Handy, SMS und Comedyfalle’ [Sat.1]. Email gesichert. Das gilt für die reale Clique ebenso wie für – Auch in Sendungen wie ’Big Brother’ [RTL II], ’Top of die virtuelle Community. Spezielle Nummernkreise mit spe- the Pops’ [RTL], ’Pocher zu Gast in Deutschland’ [Pro- ziellen Klingeltönen machen das Handy zum Filter, die „eige- Sieben] und in ’Talk Talk Talk’ [ProSieben] schauen sie nen Leute“ von lästigen Anrufern unterscheiden zu können. häufig hinein. Zum Inhalt

w

25 Überblick TV-Nutzung

Durchschnittliche Sehdauer in Minuten pro Tag Im Zeitraum 1.1. bis 31.12.2006 liegt die durchschnittliche Seh- dauer pro Tag bei Personen ab 14 Jahren bei 229 Minuten. Zu den Vielsehern zählen in diesem Zeitraum die DDR-Nostalgi- schen, die Konsum-Materialisten, die Bürgerliche Mitte und die Traditionsverwurzelten. Am wenigsten sehen die Postmateri- ellen fern, gefolgt von den outdoororientierten Experimenta- listen und Modernen Performern.

Durchschnittliche Sehdauer in Minuten pro Tag Erwachsene ab 14 Jahre: 229 Minuten pro Tag

Etablierte 199 Moderne Oberschicht/ Konservative Postmaterielle Performer Obere Mittelschicht 1 212 177 194

Bürgerliche Mitte DDR- 254 Nostalgische Experimentalisten Mittlere 308 189 Mittelschicht 2 Traditions- verwurzelte Konsum-Materialisten Hedonisten 253 258 243 Untere Mittelschicht/ Unterschicht 3 © Sinus Sociovision Soziale A B C Lage Traditionelle Werte Modernisierung Neuorientierung Grund- Pflichterfüllung, Individualisierung, Selbstverwirklichung, Multi-Optionalität, Experimentier- orientierung Ordnung Genuss freude, Leben in Paradoxien

Basis: Erwachsene ab 14 Jahre mit Milieukennung, alle Fernsehhaushalte Deutschland [D + EU], Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung | pc#tv aktuell | © Sinus Sociovision – Heidelberg Zum Inhalt

Zeitraum 1.1.–31.12.2006 w

26 Überblick TV-Nutzung

Sendernutzung je Milieu am Beispiel von Sat.1, ProSieben und kabel eins Vergleicht man die drei Sender Sat.1, ProSieben und kabel eins der ProSieben Sat.1 Media AG miteinander, so positioniert sich der Sender ProSieben relativ „spitz“ mit vergleichsweise ho- hen Marktanteilen in den modernen jüngeren Milieus [Experi- mentalisten und Moderne Performer] und mit relativ geringen Marktanteilen in den traditionelleren Milieus [Konservative und Traditionsverwurzelte]. Eine ähnliche Positionierung, al- lerdings nicht ganz so polarisierend zeigt sich bei kabel eins. Sat.1 weist im Vergleich eine eher ausgewogene Nutzung über alle Milieus hinweg auf, mit einem leichten Schwerpunkt bei der Bürgerlichen Mitte.

Sendernutzung im Überblick Sendernutzung — Marktanteilsaffinitäten

90 90 Etablierte 84 84 89 89 81 Berechnungsbeispiel 74 Postmaterielle 79 34 81 Marktanteilsaffinität ProSieben bei 43 106 81 Moderne Performer 178 den Modernen Performern: 79 128 81 74 106 Konservative 34 178 43 128 85 Perf. MA 11,6 % x 100 = 178 116 Traditionsverwurzelte 46 92 60 Basis [E 14+ J.] MA 6,5 % 94 112 98 DDR-Nostalgische 71 199 100 168 116 85 Bürgerliche Mitte 92 46 94 60 107 126 112 Konsum-Materialisten 136 71 100 98 199 107 126 Experimentalisten 168 136 105 105 106 106 Hedonisten 104 104 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220

Sat.1 ProSieben kabel eins

Basis: Erwachsene ab 14 Jahre mit Milieukennung, alle Fernsehhaushalte Deutschland [D + EU], Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung | pc#tv aktuell | © Sinus Sociovision – Heidelberg Zum Inhalt

Zeitraum 1.1.–31.12.2006 w

27 Impressum Herausgeber SevenOne Media GmbH, Unterföhring Autoren Karin Dannhardt [[email protected]] Dorothea Nowak, Sinus Sociovision Grafik & Produktion Britta Silberkuhl

Redaktionsschluss 2.7.2007 Zum Inhalt w

28 5N`iXcc\jfcck\elej5N`iXcc\jfcck\elej ldlej\i\Qlble]kldlej\i\Qlble]k jfi^\e#[\een`ijfi^\e#[\een`i n\i[\e[\eI\jkn\i[\e[\eI\jk lej\i\jC\Y\ej[Xi`elej\i\jC\Y\ej[Xi`e m\iYi`e^\e%3m\iYi`e^\e%3 :_Xic\j=%B\kk\i`e^ :_Xic\j=%B\kk\i`e^ N`i \ekn`Zb\ce [Xj =\iej\_\e bfek`el`\ic`Z_ n\`k\i Æ mfe Jfe[\i$ n\iY\]fid\eN\iYle^#[`\Y\jj\in`ibk#YiXlZ_kXlZ_@[\\e# •Y\i `ek\^i`\ik\ N\iY\bfeq\gk\ Y`j qli N\iYle^ N`i \ekn`Zb\ce [Xj =\iej\_\e bfek`el`\ic`Z_ n\`k\i Æ mfe Jfe[\i$ `d ;`^`kXc$KM%[`\Y\jj\ij`e[%Jfe[\in\iY\]fid\e[\iY\$

anzeigen-zitate.indd 4 28.06.2007 10:12:07 Uhr t Zum Inhal

ANZEIGE w

29

SevenOne Media GmbH SevenOne Interactive GmbH SevenOne Media Austria SevenOne Media [Schweiz] AG Beta-Straße 10 i Beta-Straße 10 i Theobaldgasse 19 Zürichstrasse 147 D-85774 Unterföhring D-85774 Unterföhring A-1060 Wien CH-8700 Küsnacht ZH Tel. +49 [0] 89/95 07 - 40 Tel. +49 [0] 89/95 07 - 46 00 Tel. +43 [0] 1/3 68 77 66 - 0 Tel. +41 44 914 84 00 Fax +49 [0] 89/95 07 - 43 99 Fax +49 [0] 89/95 07 - 46 15 Fax +43 [0] 1/3 68 77 66 - 3 99 Fax +41 44 914 84 99 www.sevenonemedia.de www.SevenOneInteractive.de www.sevenonemedia.at www.sevenonemedia.ch [email protected] [email protected] [email protected] [email protected]