Der «Schrei Der Welt» Hallt Nach Brüderliche in Der So Genannten Pro- Tert
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BZST-EM-OA-SO V1 Seite 13 Schwarz www.espace.ch Zeitung im Espace Mittelland KULTUR Dienstag, 14. September 2004 13 AUS DER VERGESSENHEIT GEHOLT GEHÖRT Der «Schrei der Welt» hallt nach Brüderliche In der so genannten Pro- tert. Oberholzer ist nicht nur Di- zwar beklemmend, doch das vinz ist vieles möglich: rigent und Sänger, sondern auch Stück taucht nicht in Schwermut Harmonien Pädagoge. Er erklärt dem Publi- ab. Dazu ist seine dramatische Arthur Honeggers «Cris du kum Honeggers moderne Musik, Stossrichtung zu direkt und Ihre Stimmen umgarnen sich monde» hatte 1931 in die eigentlich schon längst nicht auch zu kämpferisch. Das Auf- und finden zu einer Harmo- Solothurn seine Urauf- mehr modern ist. rütteln ist seine Konstante. nie, die wohl nur möglich ist, Doch in der Katholischen Kir- wenn einen mehr als die führung. Und jetzt hat che Kriegstetten klang die Musik Drückende Zivilisation Musik verbindet. Die Finn man in der gleichen Re- Honeggers am vergangenen Zeitbehaftet wirkt die Thematik Brothers aus Neuseeland gion das fast vergessene Sonntag tatsächlich modern. nur auf den ersten Blick: Zwei in- gehören spätestens seit ihren Hier ist man nicht Teil einer eta- dividuelle Stimmen – die Sopra- grossen Tagen bei Crowded Werk erneut entdeckt. blierten Musikszene, das Publi- nistin Audrey Michael und der House zu den bekanntensten Die tiefen Töne der Celli geben kum kommt aus der Region. An- Bariton Fabrice Raviola, dazu die Familienbetrieben des Pop. den rhythmischen Impuls, die wesend sind in erster Linie Altistin Anna Schaffner – stehen Singende Bruderschaften Bratschen verfangen sich wie Freunde und Bekannte der betei- dem Phänomen der «Masse» ge- gehören zum Inventar der Zahnräder mit ihren kleinen Mo- ligten Sängerinnen und Sänger. genüber. Natur, Geborgenheit Musikgeschichte, man den- tiven darin. Dann kommen die und Träume sind die Dinge, die ke nur an die Everly Brothers, Klarinetten mit ihren klangli- Mutiger Idealismus verloren zu gehen drohen. Diese die Beach Boys oder die Bee chen Spitzen – ein neues Ele- Die Arbeit, die Oberholzer mit Auswüchse der Zivilisation ken- Gees. ment. Langsam nimmt eine seinem Kammerchor Singkreis nen wir, auch wenn wir damit Nach langen Wanderjahren ganze Maschinerie ihren bedroh- Wasseramt übernimmt, braucht nicht mehr die Bilder der gros- auf Solopfaden haben Tim lichen Lauf. Schwer drückt der Mut, Idealismus und Überzeu- sen Weltwirtschaftskrise verbin- und Neil Finn für das Album Rhythmus zu Beginn. Schneller gungskraft. Sein Ensemble – be- den: Das Elend in den Gassen, «Everyone Is Here» wieder wird’s dann, und über allem ruft gleitet vom Berner Orchester die Jazzmusik aus der Gross- zusammengefunden. Mag der Chor mit dunkler Stimme: OPUS – ist ein kleiner Laienchor. stadt, das Pfeifen der Fabriken, sein, dass auch bei bei der «Zu Hilfe!» Aber um es gleich vorwegzuneh- das Hetzen in den Bahnhöfen. Reunion kommerzielle Moti- men: Der Chor erfreute sein Pu- Honegger beschreibt die Welt ve eine Rolle gespielt haben. Keuchende Maschinen blikum mit diesem Musik-Aben- der Arbeiter mit skandierten Doch die Finns gehen keine Es sind im Ganzen acht solch teuer nicht nur, sondern man Sprechchören, lässt die Rhyth- Kompromisse ein. Sie haben übereinander gestapelte Schich- dankte ihm das Geleistete mit men mechanisch ineinander grei- sich weiterentwickelt und ex- ten, mit denen die keuchenden einer Standing Ovation. fen oder zitiert effektvoll aus den perimentieren mit melan- Maschinen den Tag in Empfang Dass man in Kriegstetten sich damaligen «Music-Halls» – das ist cholischen Melodien, die bis- nehmen – und so die diesem eines fast vergessenen Werkes moderne Musik für «Kenner» und weilen so tönen, als seien sie ausgelieferten Menschen ins des Komponisten Arthur Honeg- für «Liebhaber». Oder mit den bei einer Jamsession mit den Elend zwingen.Was man fast wie ger annimmt, hat historische Worten Honeggers: für die «fou- Byrds und Ryuichi Sakomoto reale Bilder zu sehen glaubt, ge- Gründe.Honegger,1892 in Le Ha- le» und die «techniciens». entstanden. schieht alles mit rein musikali- vre geboren, wurde mit seinem Die bildstarke Musik spricht Die Wurzeln der Finns liegen schen Mitteln. noch heute regelmässig gespiel- mit ihren ungewohnten Klängen klar bei den runden Songs In diesem Moment lässt der ten dramatischen Psalm «Le roi direkt an – offensichtlich auch des Sechziger-Pop, doch die Dirigent Markus Oberholzer das David» Anfang der Zwanziger- zvg den Singkreis Wasseramt, der beiden tönen reifer und pro- Spiel abbrechen.Man merkt:Dies jahre ein berühmter Komponist. Er ist auf der 20-Franken-Note sich die bemerkenswerte Mühe filierter als in ihren Main- ist noch nicht die eigentliche 1926 wurde das Oratorium in allgegenwärtig: Arthur Honegger, einer machte, das Werk für eine ein- stream-Tagen bei Crowded Aufführung von Arthur Honeg- Zürich gespielt, und man emp- der wichtigsten Schweizer Komponisten malige Aufführung einzustudie- House.«Everyone Is Here» ist gers weltlichem Oratorium «Cris fing den Komponisten nicht nur der Moderne. ren. Die Beherztheit des auch al- ein abgerundetes, stimmiges du Monde». Genau wie man in einem Meer von Rosen, son- tersmässig auffallend gut durch- Album, das mit seinen ge- schon vor siebzig Jahren die neue dern auch offiziell: Mit einer Re- mischten Chores sprach für sich. dämpften Farbtönen zum Musik dem skeptischen Publi- gierungs-Delegation, Bundesrat geisterung war gross. Noch grös- Uraufführung gross, doch in Pa- Hier begeisterte sich nicht nur beginnenden Herbst passt – kum näher brachte, wird auch eingeschlossen. Denn immerhin ser wurde sie, als der damalige ris floppte das Stück. Es fiel in ei- die «foule». Die «techniciens» auch im Leben der beiden hier die Musik zuerst einmal vor- hatte Honegger Schweizer Wur- Cäcilienverein 1931 zu seinem nen langen Dornröschen-Schlaf. hätten es lediglich geschätzt, Brüder. gestellt:Musikalische Ausschnit- zeln, auch wenn er in Frankreich 100. Geburtstag vom Komponi- Dabei ist die heutige Begeg- wenn die eingangs vorgestellte, Samuel Mumenthaler te zerlegt der Dirigent in die ein- geboren wurde und in Paris sten ein neues Werk zur Urauf- nung mit dem Stück – Honegger achtfach gestapelte Klang-Ma- zelnen Bestandteile. So lässt sich wohnte. führung zugesprochen bekam: soll es unter seine Lieblings- schinerie auch in der Hitze des CD: The Finn Brothers, Everyone Is das besser fassen, was nachher «Le roi David» wurde auch in «Cris du monde». In Solothurn stücke eingereiht haben – berei- Gefechtes durchhörbar geblie- Here, Parlophone/EMI im schnelleren Tempo vorbei rat- Solothurn aufgeführt. Die Be- war der Enthusiasmus nach der chernd. Der «Schrei der Welt» ist ben wäre. Norbert Graf Kultour SOULWAX GESTORBEN Ebb schrieb Hits von Liza Minelli Das ist Schmierfett für die Seele Fred Ebb, der die Texte für Hit- Nach drei Jahren Pause rupt von einem Paukenschlag klusive Trent Reznor-Depro- Musicals wie «Chicago», «Caba- präsentiert das kuriose zum Tode verurteilt. Das nächs- Stimmung. ret», «Zorba» und «Kiss of the te Lied beginnt. War die Gitarre Mit «Any Minute Now» legen Spider Woman» schrieb, ist 76- belgische Elektropunk- wirklich da? Soulwax ein Album vor, das auf jährig gestorben. Von ihm Produzententeam Soul- angenehme Weise die Sinne ver- Perfektionisten unter sich stammt unter anderem auch wax endlich ihr neues klebt. Ohne Chance auf Wider- der Titelsong «New York, New Soulwax sind die famosen rede lässt man sich einlullen, York» des gleichnamigen Films Album. «Any Minute 2 Many DJs, das heisst David wie es bei «Compute» geschieht mit Liza Minnelli und Robert De Now» ist unheimlich, und Stephen Dewaele, die um – und wehrt sich nicht, wenn Niro, der später zu einem von ironisch und komisch Stefaan Van Leuven und den man bei «Miserable Girl» mit Ge- Frank Sinatras grössten Erfolgen ehemaligen Drummer Steve walt ins kalte Wasser geschmis- wurde. sda zugleich. Slingeneyer erweitert wurden. sen wird. Gesungen wird von Eine sanfte Melodie, gespielt Ihr letztes, 1999 erschienenes Welt-, Herz- und sonstigem SPRACHPOLITIK von einem Klavier, umschmiegt Album «Much Against Everyo- Schmerz und das auf eine ge- von einer leidenschaftlichen ne’s Advice» war vor allem in Eu- konnt legere und selbstironi- Der Untergang Stimme: «I must remember to ropa ein Erfolg und brachten ih- sche Art und Weise. des Deutschen? forget you». Man lehnt sich nen Remix-Aufträge von Felix zurück, geniesst die Ballade bis Da Housecat, Kylie Minogue Beunruhigend befreiend Der Deutsche Germanistentag einen auf einmal ein unruhiges oder den Sugababes ein. Nach drei Jahren Wartezeit kann hat gestern in München die Not- Gefühl befällt. Nach einer mehrjährigen man also ohne weiteres sagen: wendigkeit einer europäischen Grund dafür ist die im Hinter- Pause melden sich die vier mit Es hat sich gelohnt.Das Resultat Sprachpolitik betont. «Auf EU- grund kaum hörbare Gitarre, die «Any Minute Now» nun wieder ist beunruhigend – und befrei- Ebene droht die deutsche Spra- vor Schmerz leise vor sich hin zurück. Warum es so lange ge- end zugleich. Mit dieser CD ist che gegenüber anderen Hoch- heult. Eine Geige, die schein- dauert hat? Sie hätten halt alles Soulwax eine erfrischende Mi- sprachen unterzugehen», warn- heilig Harmonie vortäuscht und richtig machen und überhaupt schung von Rock und elektroni- te Konrad Ehlich, Vorstand des einen kalten Schauder über den nichts dem Zufall überlassen zvg scher Musik gelungen. Es ist ein Germanistenverbandes. Die eu- Rücken laufen lässt, gesellt sich wollen, heisst es in der Presse- Oszillieren, vibrieren, faszinieren: