Treffpunkt Klassik – Neue CDs

Vorgestellt von Christine Lemke-Matwey

Sendung: 11. April 2021 Redaktion: SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs

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The Path of Life Ilker Arcayürek, Simon Lepper Prospero 009

Beethoven/Gossec Les Siècles Leitung: Francois-Xavier Roth Harmonia mundi 902423

Ludwig van Beethoven Symphony Nr. 7 A-Dur MusicAeterna Leitung: Teodor Currentzis Sony 19439743772

A Joyful Brotherhood Mauro Giuliani, Johann Nepomuk Hummel, Ignaz Moscheles Pablo Marquez, Jan Schultsz Pan Classics 10424

Paris Hilary Hahn (Violine) Orchèstre Philharmonique de Radio France Leitung: Mikko Franck DG 4839847

Un-erhört Richard Strauss Daniel Behle () (Klavier) Prospero 0011

… mit Christine Lemke-Matwey, seien Sie herzlich gegrüßt! Das Programm meiner heutigen Sendung ist rasch erzählt, und ich fange mal von hinten an: Lieder von Richard Strauss mit dem Tenor Daniel Behle werden Sie hören, Musik von Einojuhani Rautavaara und Sergej Prokofiev für die und mit der Geigerin Hilary Hahn, außerdem möchte ich Ihnen den Gitarristen-Komponisten Mauro Giu-liani vorstellen, einen Beethoven-Zeitgenossen in Wien, von Beethoven selbst gibt’s die Siebte und die Fünfte in spannenden Neuaufnahmen mit Teodor Currentzis und Francois-Xavier Roth, der uns außerdem mit Francois-Joseph Gossec bekannt macht, einem Komponisten, der nicht jeder und jedem geläufig sein dürfte, und be-vor mir jetzt langsam die Puste ausgeht, mache ich die Bühne frei für meine erste CD und für Ilker Arcayürek: „Liebhaber in allen Gestalten“.

Musik 1 1‘15 Franz Schubert „Liebhaber in allen Gestalten“ D 558 Ilker Arcayürek, Tenor Simon Lepper, Klavier LC 091909 Prospero 0009 < Track 2 > 2

„Ich wollt‘, ich wär ein Fisch“ – Schuberts „Liebhaber in allen Gestalten“, ein frühes von 1817, Ilker Arcayürek wurde begleitet von Simon Lepper. Arcayürek, in Istanbul geboren und in Wien ausgebildet, hat in den vergangenen Jahren eine be-achtliche Karriere gemacht. Der heute 37-Jährige gewann den Stuttgarter Hugo-Wolf-Wettbe-werb, war New Generation Artist bei BBC Radio 3 und wenn er jetzt auch seine dritte CD dem Liedgesang widmet, dann ist das ein Bekenntnis. „The Path of Life“ heißt die CD, und gemeint ist damit Franz Schuberts kurzes Leben. Fünf Ka-pitel hat das Ganze, von „Liebe“ bis „Erlösung“, und sicher wird es den Tenor etwas ärgern, wenn ich jetzt sage, dass es ziemlich egal ist, ob die 18 Lieder, die er sich ausgesucht hat, eine Erzählung darstellen oder nicht. Schuberts Lieder sind moti-visch so griffig, so idiomatisch, dass sich x-beliebige Geschichten daraus stricken lasseen; und wenn von den 18 Liedern 16 zu den bekanntesten des Repertoires zählen, dann ist das keine Schande. Hören Sie, mit welchem Textsinn, mit welchem Mut zur Kopfstimme und zu pastellig-entseelten Farben Arcajürek den Schubert-schen Fatalitäten nachspürt: „Lachen und Weinen“ und „Des Fischers Liebesglück“.

Musik 2 9‘51 Franz Schubert „Lachen und Weinen“ D 777 / „Des Fischers Liebesglück“ D 933 Ilker Arcayürek, Tenor Simon Lepper, Klavier LC 091909 Prospero 0009 < Tracks 12 + 18 >

Sie sind ein tolles Duo, der Tenor Ilker Arcayürek und der Pianist Simon Lepper, ebenbürtig in ihrer musikalischen Sensibilität wie in ihrem Gestaltungswillen. Es ist einfach interessant, was die beiden machen, und wenn ich etwas zu mäkeln hätte an dieser Aufnahme, dann höchstens, dass Arcayürek bei dramatischeren Liedern wie den „Göttern Griechenlands“ stimmlich ein wenig zum Forcieren neigt, was er an sich nicht nötig hätte. „The Path of Life“, die neue Schubert-CD von Ilker Arcayürek und Simon Lepper, ist beim Label Prospero erschienen.

So, und wenn wir uns jetzt schon im Wien des frühen 19. Jahrhunderts befinden, dann bleiben wir doch einfach noch ein bisschen da. Haydn, Salieri, Albrechtsberger und Beethoven, das waren die Stars des zeitgenössischen Musiklebens, und wer glaubt, diese Wiener Blase hätte sich nur aus sich selbst heraus genährt, liegt falsch. Zwar gab es keine Tonträger und keine Globalisierung, aber gereist wurde sehr wohl, Noten wurden gestochen, kopiert, gedruckt und gelesen. Der französisch- walonische Komponist Francois-Joseph Gossec etwa hätte Beethovens Fünfte durchaus kennen können, aber nichts Genaues weiß man nicht. Und was, wenn er es gekannt hat? Gossecs Symphonie à dix-sept parties (in 17 Teilen) atmet einen ganz ähnlichen, postrevolutionären, appellativen Geist. Der dritte Satz, ein Menuett, es spielen Les Siècles unter Francois-Xavier Roth.

Musik 3 6’25 Francois-Joseph Gossec Symphonie à dix-sept parties F-Dur 3. Menuett Les Siècles, Francois-Xavier Roth LC 07045 HMM 902423 < Track 7 >

Sperrig klingt diese Fuge, ruppig und düster in ihren Umkehrungen und Engführun-gen – und will doch ein Menuett sein, ein Tanz! Der dritte Satz aus der Symphonie in F-Dur von Francois-Joseph Gossec war das, Musik von 1809, im unmittelbaren zeit-lichen Umfeld also von Beethovens Fünfter. Und das ist prompt das Spiegelwerk, mit dem Les Siécles und ihr Dirigent Francois-Xavier Roth auf ihrer neuen CD arbeiten. Zweimal „napoleonische“ Musik, wenn man so will, mit allen Licht- und Schattensei-ten, 3 allen Enttäuschungen und Versprechen, allen Utopien und Weltuntergängen. Einmal französisch, einmal Wienerisch, wobei Wien kurz nach der Uraufführung von Beethovens c-Moll Sinfonie wieder einmal von den Franzosen besetzt wurde … Man muss keine Liebhaberin der historisch informierten Aufführungspraxis sein, um zwei Dinge an dieser Aufnahme zu schätzen: Ihr Konzept und das musikalische Energie-level. Das ist hoch, vom ersten ta-ta-ta-Taa der Fünften an, das Roth extrem kurzat-mig und trocken nimmt, als wolle er das Fanfarenhafte betonen und alles Pathetische exkommunizieren. Romantisch klingt dieser Beethoven sicher nicht, aber irgendwie ehrlich. Ist das genug? Allegro von brio.

Musik 4 6’56 Symphonie N° 5 c-Moll op. 67 1. Allegro con brio Les Siècles, Francois-Xavier Roth LC 07045 HMM 902423 < Track 1 >

Francois-Xavier Roth und Les Siècles mit ihrer zwar etwas bärbeißigen, aber immer konsequenten Interpretation des Kopfsatzes aus Beet-hovens fünfter Symphonie. Das Ganze ist Teil der Beethoven- Jubiläums-Edition bei Harmonia Mundi, Beethoven 2020/2027 – in wenigen Jahren dräut anlässlich seines 200. Todestages nämlich schon das nächste Beethoven-Jahr …

Und weil Sie und ich das jetzt noch so frisch im Ohr haben: gleich noch einmal Beet-hoven, noch einmal historisch informiertes Spiel und eine, nun ja, unter einem gewis-sen Extremismusverdacht stehende Deutung. Das Allegretto, der zweite Satz, aus der Siebten mit dem Orchester Animaeterna unter Teodor Currentzis, aufgenommen im Sommer 2018 im Großen Saal des Wiener Konzerthauses.

Musik 5 8’14 Ludwig van Beethoven Symphonie N° 7 A-Dur op. 92 2. Allegretto Musicaeterna, Teodor Currentzis LC 06868 Sony 19439743772 < Track 2 >

Currentzis und Beethoven, das hätte eine große Geschichte werden sollen, ein Zyklus aller neun Symphonien, passgenau für Beethoven 2020 – am Ende aber wurden daraus nur zwei Symphonien, die Fünfte und die Siebte mit Currentzis‘ russischem Orches-ter Animaeterna. Wir hörten das Allegretto, und was hier neben dem eher gemäßig-ten Tempo auffällt, sind die dynamischen Kontraste. Der Satz beginnt mit einem beherzten Forte-Akkord in den Holzbläsern – und dann meint man einige Takte lang fast gar nichts zu hören, weil Currentzis den Schreit-Rhythmus, der bei Beethoven anfangs im einfachen Piano steht, auf ein mindestens dreifaches Piano herunter-dimmt. Erst wenn die Bratschen und Celli anfangen zu singen, tritt die Musik wieder mehr in den Vordergrund. Ist das Effekthascherei oder eine Verräum-lichung des Beethovenschen Denkens? Eine Antwort gibt möglicherweise das Finale, viel Rhythmus, viel Tanz, viel dionysische Entfesselung. Die Siebte sei „eine Reise zur Quelle, zu einer neuen, lebensspendenden Kraft“, so wird Teodor Currentzis im Booklet zitiert, „die Geburt einer neuen Zelle in einem Universum der Wider-sprüche“.

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Musik 6 9’11 Ludwig van Beethoven Symphonie N° 7 A-Dur op. 92 4. Allegro con brio Musicaeterna, Teodor Currentzis LC 06868 Sony 19439743772 < Track 4 >

Was für eine Stretta! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Teodor Currentzis und sein Orchester Musicaeterna ihr Pulver in diesem Allegro con brio nicht ein bisschen zu früh verschießen, aber entziehen kann man sich diesem Sog, dieser Feier des Augen-blicks kaum. Beethovens Siebte mit Currentzis, erschienen bei Sony.

Sie hören SWR2, den Treffpunkt Klassik mit neuen CDs, ich bin Christine Lemke-Matwey. Und das ist Musik von Mauro Giuliani – nie gehört? Nicht schlimm. Gar nicht schlimm.

Musik 7 4‘09 Mauro Giuliani Rondo Op. 68,1 Pablo Márquez, Gitarre Jan Schultzs, Fortepiano LC 01554 Pan Classics 10424 < Track 1 >

Pablo Márquez und Jan Schultzs mit dem Rondo op. 68,1 von Mauro Giuliani. Giu-liani kam 1806 aus Apulien nach Wien, ins Epizentrum des europäischen Musikle-bens – und machte Furore. Ein Süditaliener mit einer Gitarre, Donnerwetter! Andert-halb Jahre später war er Ehrengast bei den Feierlichkeiten von Joseph Haydns 76. Geburtstag, man verlieh ihm den Titel eines „Kammervirtuosen“, und 1813 saß er bei der Uraufführung von Beethovens siebter Symphonie mit im Orchester, wahrschein-lich als Cellist, das Cello scheint sein Zweitinstrument gewesen zu sein. Was für ein fantasievoller Musiker Giuliani war, zeigt sich vor allem in seinen Gemeinschafts-kompositionen mit Ignaz Moscheles und Johann Nepomuk Hummel. Die Drei veran-stalteten untereinander regelrechte teamworks, ganz im Sinne jenes schöpferischen Freundschaftsbegriffs, den die Musikwelt kurz darauf durch Franz Schubert kennen-lernen sollte. So vertonten Giuliani und Hummel 1815 nichts Geringeres als den Wie-ner Kongress, die politische Neuordnung Europas nach den napoleonischen Kriegen, u.a. mit einem spanischen Bolero, einer neapolitanischen Tarantella, einer Polacca, etlichen Rule Britannia-Zitaten und vielem EU-tauglichen mehr.

Der erste Satz, Andante sostenuto – Allgero moderato – Allegro vivace.

Musik 8 5’30 Johann Nepomuk Hummel & Mauro Giuliani Grand Potpourri National op. 79/93 2. Tempo di Polacca – Allegro maestoso – Piu mosso Pablo Márquez, Gitarre Jan Schultzs, Fortepiano LC 01554 Pan Classics 10424 < Track 4 >

Der erste Satz aus dem Grand Potpourri National für Gitarre und Fortepiano von Johann Nepomuk Hummel und Mauro Giuliani – und was Sie in diesem Stück zwischendrin immer mal wieder scheppern hören, ist das Janitscharen-Musik-Pedal, das zum Wiener Pianoforte meist dazugehörte. Jan Schultzs betätigt es mit Lust und Gefühl, und die Gitarre von Pablo Márquez setzt dem Ganzen 5

Glanzlichter auf: „A Joyful Brotherhood“ nennen die beiden ihre neue CD, erschienen bei Pan Classics, und was für die Komponisten gilt, die fröhliche Bruderschaft, das lässt sich ganz leicht auch auf die Interpreten übertragen.

Von Wien nach Paris und vom frühen 19. ins frühe 20. Jahrhundert. Interessant, wie beim jungen Prokofiev die Einflüsse ganz anders zusammenfließen als bei Hummel, Giuliani & Co. – und das Ergebnis gar nicht so unähnlich ist. Wenn Hilary Hahn Pro-kofievs erstes Violinkonzert spielt, voller Witz, Vitalität und Temperament, außerdem unanfechtbar souverän, dann hört man vieles: Die Nähe zur berühmten Symphonie classique, die russische Revolution, die sich zwischen die geplante Uraufführung in St. Petersburg und die tatsächliche dann in Paris schob, erste Anklänge auch an die „Neue Einfachheit“ in der Musik, allerlei Fratzenhaftes und Groteskes. „Wenn es gut läuft“, schreibt Hahn im Booklet ihrer neuen CD, „fühle ich mich < bei diesem Konzert > wie auf einer Rennstrecke, am Limit des Kontrollierbaren.“

Nun denn: Auf die Plätze, fertig, los!

Musik 9 3’55 Sergei Prokofiev Konzert für Violine und Orchester N° 1 D-Dur op. 19 2. Scherzo. Vivacissimo Hilary Hahn, Violine Orchèstre Philharmonique de Radio France Ltg.: Mikko Franck LC 00173 DG 4839847 < Track 3 >

Was für unglaublich schnelle Finger, was für ein waches Ohr muss man haben, um das so spielen zu können! Scherzo, Vivacissimo, der zweite Satz aus Sergej Prokofievs erstem Violinkonzert in D-Dur, Hilary Hahn wurde begleitet vom Orchèstre Phil-harmonique de France unter Mikko Franck.

Es gehört zum Genre von CD-Booklet-Texten, dass sich die beteiligten Musikerinnen und Musiker gegenseitig loben. So auch hier, so auch Hilary Hahn über die französi-schen Radio-Symphoniker und Mikko Franck. Geschenkt, dachte ich zunächst – bis ich las, welche Geschichte die beiden Serenaden für Violine und Orchester des finni-schen Komponisten Einojuhani Rautavaara haben. Eigentlich wollte und sollte Rau-tavaara für Hahn und das OPRF ein zweites Violinkonzert schreiben, wozu es leider nicht mehr kam, der Finne starb 2016. In seinem Nachlass aber fanden sich zwei Serenaden mit kompletter Geigenstimme und dreiviertel fertiger Orchester-Instru-mentation. Mikko Franck war mit Rautavaara eng befreundet und erkannte in den beiden Serenaden Abkömmlinge des versprochenen Konzerts. Ein Rautavaara-Schü-ler vervollständigte die Orchestrierung – et voilà: der Uraufführung im Frühjahr 2019 in Paris stand nichts mehr im Weg.

Sérénade pour mon amour, das erste der beiden Stücke. Melancholisch-neoroman-tische, sehr nordische Töne.

Musik 10 7’50 Einojuhani Rautavaara Sérénade pour mon amour. Moderato Hilary Hahn, Violine Orchèstre Philharmonique de Radio France Ltg.: Mikko Franck LC 00173 DG 4839847 < Track 5 >

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Ich finde Hilary Hahn einfach immer wieder eine bestechende Geigerin. Diese Sicherheit in der Farbwahl und Intonation, diese Technik! Manchmal wirkt sie viel-leicht ein bisschen kühl, aber das ist bei Stücken wie diesem hier genau das Richtige. „Sérénade pour mon amour“ von Einojuhani Rautavaara, es spielte das Orchèstre Philharmonique de Radio France unter Mikko Franck. „Paris“, das neue Album der US-amerikanischen Geigerin, zu haben bei der Deutschen Grammophon.

Wenn Rautavaara so etwas war wie ein Anti-Avantgardist unter den zeitgenössi-schen Komponisten, dann war Richard Strauss es lange vor ihm erst Recht. Rauta-vaara hatte viele Phasen, darunter eine neoklassische, eine serielle und eine mysti-sche – und auch Strauss hatte mindestens drei: eine spätromantische, eine expressio-nistische und eine im Wortsinn postmoderne. Sein Liedschaffen rankt sich jeweils so dazwischen, kennt volkstümliche Wald- und Wiesenlieder ebenso wie den großen atmosphärischen Orchesterzauber. Und weil ich heute mit Liedern begonnen habe, möchte ich auch mit Liedern schließen. „Ich pflückte eine kleine Pfirsichblüte“, Daniel Behle und Oliver Schnyder.

Musik 11 3’46 Richard Strauss Gesänge des Orients op. 77 3. Liebesgeschenke „Ich pflückte eine kleine Pfirsichblüte“ Daniel Behle, Tenor Oliver Schnyder, Klavier LC 091909 Prospero 0011 < Track 9 >

Aus den Gesängen des Orients von Richard Strauss nach Übersetzungen aus dem Persischen und dem Chinesischen von Hans Bethge: die Nummer drei, „Liebesge-schenke“. Bei Bethge denkt man natürlich sofort an Mahlers „Lied von der Erde“ nach seiner Sammlung „Die chinesische Flöte“. Das „Lied von der Erde“ entstand 1907/08, Strauss’ Orient-Gesänge gut 20 Jahre später. Interessant ist die durchwegs unbequeme, sehr hohe Tessitura der Lieder, die eine Art mittel- bzw. fern- östliches Kolorit vermitteln soll (was in Zeiten von Kolonialismusdebatten und Antirassismus-diskursen natürlich schwierig ist). Daniel Behle macht das mit viel Einfühlungsver-mögen, sein Tenor klingt nie eunuchenhaft, sondern versucht immer, die Balance zu wahren zwischen lyrischer Tongebung, Lage und Farbe. Kein leichtes Unterfangen! „Un- erhört“ heißt die CD, und das meint einerseits, dass etliche Strauss-Lieder, wie z.B. der „Krämerspiegel“ op. 66, so gut wie nie gesungen werden, weil sie technisch anspruchsvoll sind und gleichzeitig inhaltlich doch von einer arg aus der Zeit gefal-lenen Betulichkeit. Man muss Strauss‘ Humor und Skurrilitäten schon sehr mögen, um das gut singen und hören zu können.

Aber gottseidank singt Behle nicht nur die Orioentgesänge und den „Krämerspiegel“, sondern auch noch andere Lieder. „Traum durch die Dämmerung“ und „Schmetter-ling“.

Musik 12 3‘41 Richard Strauss „Traum durch die Dämmerung“ / „Der Schmetterling“ Daniel Behle, Tenor Oliver Schnyder, Klavier LC 091909 Prospero 0011 < Track 4 + 5 >

Das war’s, mit dem „Schmetterling“ von Richard Strauss geht dieser SWR2 Treffpunkt Klassik zu Ende. „Un-erhört“ nennen Daniel Behle und Oliver Schnyder ihre neue CD. Die weiteren Angaben dazu wie zu allen anderen CDs auch finden Sie auf unserer Homepage SWR2.de. Dort steht außerdem das Manuskript zur Sendung zum Herunterladen bereit, und wenn Sie das Ganze verpasst haben oder keine Zeit hatten, kein Problem – auf swr2.de oder über die swr2-App können Sie diese 7

Folge noch sieben Tage lang hören. Hier im Programm kommen jetzt Nachrichten, und danach geht es weiter mit unserem Feature: „Die Synchronstimmen der Zeichen“ hat Elias Gottstein seine Reflektion über Schrift, Geld und Gesellschaft genannt, an der auch zwei Schauspieler beteiligt sind, Kathrin Angerer und Lars Rudolph. In wenigen Minuten hier auf SWR2. Ich bin Christine Lemke- Matwey und wünsche Ihnen jetzt einen recht schönen Tag.

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