Manuskript Treffpunkt Klassik

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Manuskript Treffpunkt Klassik Treffpunkt Klassik – Neue CDs Vorgestellt von Christine Lemke-Matwey Sendung: 11. April 2021 Redaktion: SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs SWR2 können Sie auch im SWR2 Webradio unter www.SWR2.de und auf Mobilgeräten in der SWR2 App hören. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Die SWR2 App für Android und iOS Hören Sie das SWR2 Programm, wann und wo Sie wollen. 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Das Programm meiner heutigen Sendung ist rasch erzählt, und ich fange mal von hinten an: Lieder von Richard Strauss mit dem Tenor Daniel Behle werden Sie hören, Musik von Einojuhani Rautavaara und Sergej Prokofiev für die und mit der Geigerin Hilary Hahn, außerdem möchte ich Ihnen den Gitarristen-Komponisten Mauro Giu-liani vorstellen, einen Beethoven-Zeitgenossen in Wien, von Beethoven selbst gibt’s die Siebte und die Fünfte in spannenden Neuaufnahmen mit Teodor Currentzis und Francois-Xavier Roth, der uns außerdem mit Francois-Joseph Gossec bekannt macht, einem Komponisten, der nicht jeder und jedem geläufig sein dürfte, und be-vor mir jetzt langsam die Puste ausgeht, mache ich die Bühne frei für meine erste CD und für Ilker Arcayürek: „Liebhaber in allen Gestalten“. Musik 1 1‘15 Franz Schubert „Liebhaber in allen Gestalten“ D 558 Ilker Arcayürek, Tenor Simon Lepper, Klavier LC 091909 Prospero 0009 < Track 2 > 2 „Ich wollt‘, ich wär ein Fisch“ – Schuberts „Liebhaber in allen Gestalten“, ein frühes Lied von 1817, Ilker Arcayürek wurde begleitet von Simon Lepper. Arcayürek, in Istanbul geboren und in Wien ausgebildet, hat in den vergangenen Jahren eine be-achtliche Karriere gemacht. Der heute 37-Jährige gewann den Stuttgarter Hugo-Wolf-Wettbe-werb, war New Generation Artist bei BBC Radio 3 und wenn er jetzt auch seine dritte CD dem Liedgesang widmet, dann ist das ein Bekenntnis. „The Path of Life“ heißt die CD, und gemeint ist damit Franz Schuberts kurzes Leben. Fünf Ka-pitel hat das Ganze, von „Liebe“ bis „Erlösung“, und sicher wird es den Tenor etwas ärgern, wenn ich jetzt sage, dass es ziemlich egal ist, ob die 18 Lieder, die er sich ausgesucht hat, eine Erzählung darstellen oder nicht. Schuberts Lieder sind moti-visch so griffig, so idiomatisch, dass sich x-beliebige Geschichten daraus stricken lasseen; und wenn von den 18 Liedern 16 zu den bekanntesten des Repertoires zählen, dann ist das keine Schande. Hören Sie, mit welchem Textsinn, mit welchem Mut zur Kopfstimme und zu pastellig-entseelten Farben Arcajürek den Schubert-schen Fatalitäten nachspürt: „Lachen und Weinen“ und „Des Fischers Liebesglück“. Musik 2 9‘51 Franz Schubert „Lachen und Weinen“ D 777 / „Des Fischers Liebesglück“ D 933 Ilker Arcayürek, Tenor Simon Lepper, Klavier LC 091909 Prospero 0009 < Tracks 12 + 18 > Sie sind ein tolles Duo, der Tenor Ilker Arcayürek und der Pianist Simon Lepper, ebenbürtig in ihrer musikalischen Sensibilität wie in ihrem Gestaltungswillen. Es ist einfach interessant, was die beiden machen, und wenn ich etwas zu mäkeln hätte an dieser Aufnahme, dann höchstens, dass Arcayürek bei dramatischeren Liedern wie den „Göttern Griechenlands“ stimmlich ein wenig zum Forcieren neigt, was er an sich nicht nötig hätte. „The Path of Life“, die neue Schubert-CD von Ilker Arcayürek und Simon Lepper, ist beim Label Prospero erschienen. So, und wenn wir uns jetzt schon im Wien des frühen 19. Jahrhunderts befinden, dann bleiben wir doch einfach noch ein bisschen da. Haydn, Salieri, Albrechtsberger und Beethoven, das waren die Stars des zeitgenössischen Musiklebens, und wer glaubt, diese Wiener Blase hätte sich nur aus sich selbst heraus genährt, liegt falsch. Zwar gab es keine Tonträger und keine Globalisierung, aber gereist wurde sehr wohl, Noten wurden gestochen, kopiert, gedruckt und gelesen. Der französisch- walonische Komponist Francois-Joseph Gossec etwa hätte Beethovens Fünfte durchaus kennen können, aber nichts Genaues weiß man nicht. Und was, wenn er es gekannt hat? Gossecs Symphonie à dix-sept parties (in 17 Teilen) atmet einen ganz ähnlichen, postrevolutionären, appellativen Geist. Der dritte Satz, ein Menuett, es spielen Les Siècles unter Francois-Xavier Roth. Musik 3 6’25 Francois-Joseph Gossec Symphonie à dix-sept parties F-Dur 3. Menuett Les Siècles, Francois-Xavier Roth LC 07045 HMM 902423 < Track 7 > Sperrig klingt diese Fuge, ruppig und düster in ihren Umkehrungen und Engführun-gen – und will doch ein Menuett sein, ein Tanz! Der dritte Satz aus der Symphonie in F-Dur von Francois-Joseph Gossec war das, Musik von 1809, im unmittelbaren zeit-lichen Umfeld also von Beethovens Fünfter. Und das ist prompt das Spiegelwerk, mit dem Les Siécles und ihr Dirigent Francois-Xavier Roth auf ihrer neuen CD arbeiten. Zweimal „napoleonische“ Musik, wenn man so will, mit allen Licht- und Schattensei-ten, 3 allen Enttäuschungen und Versprechen, allen Utopien und Weltuntergängen. Einmal französisch, einmal Wienerisch, wobei Wien kurz nach der Uraufführung von Beethovens c-Moll Sinfonie wieder einmal von den Franzosen besetzt wurde … Man muss keine Liebhaberin der historisch informierten Aufführungspraxis sein, um zwei Dinge an dieser Aufnahme zu schätzen: Ihr Konzept und das musikalische Energie-level. Das ist hoch, vom ersten ta-ta-ta-Taa der Fünften an, das Roth extrem kurzat-mig und trocken nimmt, als wolle er das Fanfarenhafte betonen und alles Pathetische exkommunizieren. Romantisch klingt dieser Beethoven sicher nicht, aber irgendwie ehrlich. Ist das genug? Allegro von brio. Musik 4 6’56 Ludwig van Beethoven Symphonie N° 5 c-Moll op. 67 1. Allegro con brio Les Siècles, Francois-Xavier Roth LC 07045 HMM 902423 < Track 1 > Francois-Xavier Roth und Les Siècles mit ihrer zwar etwas bärbeißigen, aber immer konsequenten Interpretation des Kopfsatzes aus Beet-hovens fünfter Symphonie. Das Ganze ist Teil der Beethoven- Jubiläums-Edition bei Harmonia Mundi, Beethoven 2020/2027 – in wenigen Jahren dräut anlässlich seines 200. Todestages nämlich schon das nächste Beethoven-Jahr … Und weil Sie und ich das jetzt noch so frisch im Ohr haben: gleich noch einmal Beet-hoven, noch einmal historisch informiertes Spiel und eine, nun ja, unter einem gewis-sen Extremismusverdacht stehende Deutung. Das Allegretto, der zweite Satz, aus der Siebten mit dem Orchester Animaeterna unter Teodor Currentzis, aufgenommen im Sommer 2018 im Großen Saal des Wiener Konzerthauses. Musik 5 8’14 Ludwig van Beethoven Symphonie N° 7 A-Dur op. 92 2. Allegretto Musicaeterna, Teodor Currentzis LC 06868 Sony 19439743772 < Track 2 > Currentzis und Beethoven, das hätte eine große Geschichte werden sollen, ein Zyklus aller neun Symphonien, passgenau für Beethoven 2020 – am Ende aber wurden daraus nur zwei Symphonien, die Fünfte und die Siebte mit Currentzis‘ russischem Orches-ter Animaeterna. Wir hörten das Allegretto, und was hier neben dem eher gemäßig-ten Tempo auffällt, sind die dynamischen Kontraste. Der Satz beginnt mit einem beherzten Forte-Akkord in den Holzbläsern – und dann meint man einige Takte lang fast gar nichts zu hören, weil Currentzis den Schreit-Rhythmus, der bei Beethoven anfangs im einfachen Piano steht, auf ein mindestens dreifaches Piano herunter-dimmt. Erst wenn die Bratschen und Celli anfangen zu singen, tritt die Musik wieder mehr in den Vordergrund. Ist das Effekthascherei oder eine Verräum-lichung des Beethovenschen Denkens? Eine Antwort gibt möglicherweise das Finale, viel Rhythmus, viel Tanz, viel dionysische Entfesselung. Die Siebte sei „eine Reise zur Quelle, zu einer neuen, lebensspendenden Kraft“, so wird Teodor Currentzis im Booklet zitiert, „die Geburt einer neuen Zelle in einem Universum der Wider-sprüche“. 4 Musik 6 9’11 Ludwig van Beethoven Symphonie N° 7 A-Dur op. 92 4. Allegro con brio Musicaeterna, Teodor Currentzis LC 06868 Sony 19439743772 < Track 4 > Was für eine Stretta! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Teodor Currentzis und sein Orchester Musicaeterna ihr Pulver in diesem Allegro con brio nicht ein bisschen zu früh verschießen, aber entziehen kann man sich diesem Sog, dieser Feier des Augen-blicks kaum. Beethovens Siebte mit Currentzis, erschienen bei Sony. Sie hören SWR2, den Treffpunkt Klassik mit
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