Analysen

Gesellschaft NEONAZISTISCHE Mobilmachung im Zuge der Krise

Der Aufstieg der Nazipartei Goldene Morgenröte in Griechenland

Dimitris Psarras Inhalt

Vorwort 2

Einleitung 3

Das Gespenst der griechischen extremen Rechten 3

Der Wandel in den 1990er Jahren 5

LAOS – Völkische Orthodoxe Sammlungsbewegung 8

Die Entstehung von Chrysi Avgi 11

Die Praktiken der Organisation und die Rolle der Gewalt 15

Die nationalsozialistische Ideologie 17

Der «altgriechische» Nationalsozialismus 19

Das Verhältnis zur orthodoxen Kirche 21

Überbordender Antisemitismus 23

Internationale Verbindungen 25

Die Vision von einer «Braunen Internationalen» 27

Der explosionsartige Stimmenzuwachs 30

Wer wählt Chrysi Avgi? 32

Die weitere Entwicklung von Chrysi Avgi. Was kommt nach den Wahlen? 34

Die Hilflosigkeit des demokratischen Systems 36

Anhang 39

Literatur 40

Register 41 2 Vorwort

Der Abschlussbericht des Bundestags- nutzt werden kann. Die Wirtschafts- und Untersuchungsausschusses zum Nati- Finanzkrise und die damit seit 2010 in onalsozialistischen Untergrund (NSU) Griechenland einhergehenden extremen hat die deutsche Öffentlichkeit aufge- sozialen Verwerfungen bereiteten den schreckt: Seit mindestens 20 Jahren trei- Boden für den Aufstieg der griechischen ben gut organisierte und gut vernetzte Neonazis. Rechtsextremisten und Rechtsterroris- Die Kontakte von Chrysi Avgi zu deut- ten in Deutschland ihr Unwesen, bereit, schen Neonazis, aber auch zu Gesin- aus rassistischen Motiven zu morden. nungsgenossen in Italien, Frankreich, Die Gefahren von Rechtsextremismus Rumänien, Polen, Spanien, ebenso wie und Neonazismus sind jedoch nicht auf nach Kanada, Australien und in die USA Deutschland beschränkt, sie sind in vie- machen darauf aufmerksam, dass die len europäischen Ländern vorhanden. Idee einer «Braunen Internationale» in Der Journalist Dimitris Psarras, der sich den Köpfen der Rechtsextremisten her- seit Jahren mit dem Rechtsextremismus umspukt. in Griechenland beschäftigt, sieht in der Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die neonazistischen griechischen Organisa- tödliche Bedrohung, die von ihrer Men- tion Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) schenverachtung ausgeht, sind Grund und vergleichbaren Gruppierungen in an- genug, die Rechtsextremisten als Feinde deren Ländern eine wachsende Gefahr eines demokratischen, friedlichen und für ganz Europa. solidarischen Europas ernst zu nehmen. Viele Experten vertraten die Auffassung, Statt wie der offiziellen Politik in nahezu dass es nach dem Ende der Militärdik- allen europäischen Ländern zu folgen, tatur 1974 keinen fruchtbaren Boden die das Ausmaß des Rechtsextremismus mehr für Rechtsextremismus und Neo- und Rechtsterrorismus verharmlost und nazismus in Griechenland geben würde. sogar leugnet, ist die Beschäftigung mit Der Aufstieg von Chrysi Avgi beweist , Rechtsextremismus, Antisemitismus, welch fatale Folgen die Verharmlosung Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ei- des Rechtsextremismus haben. Heute ne der wichtigsten Aufgaben der Rosa- sitzen die Neonazis im griechischen Par- Luxemburg-Stiftung in Deutschland und lament und verbreiten dort ihre rassisti- international. schen, antisemitischen, vom völkischen Nur dann, wenn wir wissen, was in un- Nationalismus geprägten, ausländer- seren Ländern, in Europa und in der Welt feindlichen und menschenverachtenden vor sich geht, wenn wir die Ergebnisse Ansichten. Gleichzeitig propagieren sie von Wissenschaft und Forschung eben- gewalttätige Aktionen gegen Migranten, so wie die Erkenntnisse von Initiativen Ausländer und alle, die ihre Politik ableh- und Aktivistinnen nutzen, sie veröffentli- nen. chen und verbreiten, wird es uns gelin- Der Aufstieg von Chrysi Avgi zeigt das gen, auf die sich stellenden Fragen und rechte Potenzial, das in einer Gesellschaft Herausforderungen gemeinsam und schlummert und unter bestimmten Um- angemessen zu reagieren. Die Neona- ständen vom Rechtsextremismus ge- zis versuchen, sich europaweit zu orga- nisieren. Wir verstehen uns als Teil eines ale Rechte für alle eintritt: in Berlin, Brüs- 3 internationalen Netzwerks gegen Neo- sel, Athen und überall. nazismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, das mit allen zur Verfügung Klaus Sühl, Rosa-Luxemburg-Stiftung stehenden Möglichkeiten für Demokra- Büroleiter Brüssel/Athen tie, friedliche Konfliktlösungen und sozi- Brüssel, im September 2013

Einleitung

Eine der wichtigsten Folgeerscheinun- ihrer bislang eher geringen Bedeutung – gen der ökonomischen, sozialen und immer dieselben politischen Botschaften politischen Krise in Griechenland ist das und stützt sich nach wie vor auf densel- Auftauchen der offen nationalsozialisti- ben Führungskern. Die Organisation hat schen Gruppierung Chrysi Avgi (Golde- schon immer gezielt Gewalt als Mittel der ne Morgenröte) auf der politischen Büh- politischen Auseinandersetzung einge- ne des Landes. Es handelt sich um eine setzt. Organisation, die nur wenige Jahre nach Wie gelang es dieser nationalsozialis- dem Ende der Obristen-Diktatur (1967– tischen Gruppierung über so viele Jah- 1974)1 entstanden ist, aber bis 2009 weit- re hinweg, «unsichtbar» und zugleich gehend ein Dasein am äußeren Rand in ständiger Bereitschaft zu bleiben, um der Gesellschaft fristete und kaum von den geeigneten Augenblick abzupassen, der Öffentlichkeit wahrgenommen wur- ihre hässliche Fratze in aller Öffentlich- de. Seit ihrem offiziellen Gründungsjahr keit zu entblößen, und damit auch noch 1980 vertritt Chrysi Avgi – ungeachtet einen so großen Erfolg zu haben?

Das Gespenst der griechischen extremen Rechten

Über viele Jahrzehnte herrschte die Über- von aus, dass die Erfahrung mit sieben zeugung vor, Griechenland habe spätes- Jahren Diktatur abschreckende bis desil- tens nach dem Ende der Militärdiktatur lusionierende Wirkung hatte und die Fä- (1974) keinen fruchtbaren Boden mehr für 1 Im April 1967 führten hochrangige rechte Militäroffiziere die Entstehung und das Gedeihen wirk- unter der Leitung von Georgios Papadopolous einen Putsch lich ernst zu nehmender rechtsextremer durch und übernahmen für sieben Jahre die Macht in Grie- chenland. Die sogenannten Obristen, die Unterstützung von Parteien geboten. Die umfangreiche in- den USA und der NATO erhielten, rechtfertigten den St aats - streich als «Revolution zur Ret tung der Nation». Konkret soll - ternationale Fachliteratur zu den Merk- te damit ein erwarteter Wahlsieg des Linkssozialisten An- malen der neuen extremen Rechten in Eu- dreas Papandreou verhindert werden. Ideologischer Kern des Obristen-Regimes war ein rigider Antikommunismus, ropa ist sich grundsätzlich einig, was die der bereits seit Ende des Bürgerkriegs (1946–1949), in der historische Entwicklung des Phänomens die Rechten (Konservative und A nhänger der Monarchie) die linke Volksfront besiegt hatten, Grundlage des politischen in Griechenland anbelangt. Man geht da- Systems geworden war. 4 higkeit derjenigen politischen Organisa- te rechtsextreme Gruppierungen immer tionen, die zwischen 1974 und 2004 den wieder versucht, sich als Teil der politi- Versuch unternommen haben, sich als schen Parteienlandschaft zu etablieren. rechtsextremes Sprachrohr zu etablieren Manche von ihnen konnten sogar punk- und Wähler zu mobilisieren, nachhaltig tuell beachtliche Wahlerfolge erzielen geschwächt hat. Die meisten Studien di- (über fünf Prozent), die sich doch alle- agnostizieren sowohl für Griechenland als samt als kurzlebig erwiesen. Über kurz auch für Spanien und Portugal eine ähn- oder lang wurde ihre Wählerklientel auf lich starke Abneigung der Wählerschaft die eine oder andere Weise dann doch gegenüber politischen Gruppierungen wieder von den beiden großen Parteien, und Parteien, die Assoziationen mit den vor allem von der konservativen Nea Di- im Laufe der 1970er Jahre zusammenge- mokratia, absorbiert. Der Grund, dass brochenen diktatorischen Regimes weck- es diesen politischen Kräften nicht ge- ten. Ein weiterer Grund für die Immunität lang, eine dauerhafte Rolle im politischen gegenüber rechtsextremen Ideologien System zu spielen, ist ihre enge Verbin- wird in dem Umstand gesehen, dass in dung zur Militärdiktatur. In ihrer politi- jener Zeit in allen drei genannten Mittel- schen Rhetorik beschränkten sie sich meerländern die Phase der Demokrati- darauf, die Freilassung der wenigen Jun- sierung von Wirtschaftswachstum und ta-Offiziere, die zu schweren Haftstrafen einem bedeutenden Anstieg des Lebens- verurteilt worden waren, zu fordern. Ih- standards breiter Gesellschaftsschichten re parlamentarische Oppositionspolitik begleitet wurde und sich seit etwa Anfang wiederum erschöpfte sich darin, die Re- der 1980er Jahre zudem für alle Länder gierungspolitik der Nea Dimokratia an- die Perspektive bot, Mitglied der Europä- zugreifen, unter anderen deswegen, weil ischen Union (damals noch Europäische sie die Kommunistische Partei Griechen- Gemeinschaft) zu werden. lands (KKE) legalisiert hatte und grundle- Die Situation in Griechenland zeichnet gende demokratische Spielregeln beach- sich zusätzlich zu diesen eher allgemein- tete. gültigen Faktoren durch einige Beson- Diese politischen Gruppierungen hatten derheiten aus: So fehlte dem rechtsextre- rein gar nichts mit der Art von Nationa- men politischen Lager dort bislang eine lismus im Sinn, der später in den 1980er charismatische Führungsfigur, während Jahren zu einem wichtigen Kennzeich- die beiden großen Volksparteien lange nen anderer erfolgreich auftretender Or- Zeit mit populären bis populistischen Ga- ganisationen der extremen Rechten in lionsfiguren aufwarten konnten. Zudem Europa werden sollte. Sie einte vielmehr war es einer von ihnen, der Nea Dimo- die nostalgische Sehnsucht nach einem kratia,2 gelungen, mit ihren außerordent- autoritären Staatsapparat, wie er für die lich konservativen Positionen auch das Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs rechtsextreme Spektrum einzubinden.

Hinzu kommt die Existenz einer Drei-Pro- 2 Die liberal-konservative Nea Dimokratia (Neue Demokra- zent-Hürde für den Einzug einer Partei ins tie) ist neben der PASOK (Panhellenische Sozialistische Be- wegung) eine der beiden großen Volksparteien Griechen- griechische Parlament. lands, die seit 1974 entweder als Regierungspartei oder Dennoch haben mehrere, unmittelbar wichtigste Oppositionspartei das politische Geschehen des Landes maßgeblich bestimmt hat. Nach Ende der Militärdik- nach dem Sturz der Militärjunta gebilde- tatur waren die Konservativen bis 1981 an der Macht. bis zum Fall der Diktatur für Griechen- kon (Partei der Fortschrittlichen) bei den 5 land prägend gewesen war. Vor diesem Parlamentswahlen 1,7 und bei den im Hintergrund musste sich etwa die Eth- selben Jahr stattfindenden Europawah- niki Dimokratiki Enosis (Nationaldemo- len 2 Prozent. Die vom ehemaligen Dik- kratische Union) von Petros Garifallias tator 1984 vom bei den Parlamentswahlen von 1974 mit Gefängnis3 aus gegründete Ethniki Po- 1,1 Prozent der Stimmen begnügen. Da- litiki Enosis (EPEN; Nationale Politische gegen kam die Ethniki Parataxis (Natio- Union) schließlich erhielt bei den Wah- nale Partei) unter der Führung von Ste- len zum Europäischen Parlament 1985 fanos Stefanopoulos 1977 auf immerhin 2,3 Prozent, bei den Parlamentswahlen 6,8 Prozent der Stimmen. 1981 dann er- im selben Jahr 0,6 Prozent und bei den zielte die von Spyros Markezinis ange- Europawahlen von 1989 1,16 Prozent führte Gruppierung Komma Proodefti- der Stimmen.

Der Wandel in den 1990er Jahren

Die erste große politische Krise in Grie- Fremdenfeindlichkeit in Griechenland chenland nach dem Ende der Militärdik- marginale Phänomene waren und po- tatur und der politischen Wende (Me- litisch kaum ins Gewicht fielen, weisen tapolitefsis)4 führte Ende der 1980er die im Rahmen des Eurobarometers re- Jahre zu einem spektakulären Regie- gelmäßig durchgeführten Umfragen zu rungswechsel: Der Sozialist Andreas Einstellungen gegenüber Migranten für Papandreou löste den Liberal-Konserva- diesen Zeitraum auf eine signifikante tiven Konstantinos Mitsotakis als Minis- Verschiebung hin. Der Anteil ausländer- terpräsidenten ab. Ungeachtet der vie- feindlicher Einstellungen in Griechen- len ernsthaften politischen Skandale, die land belief sich im Jahre 1991 auf 27 Pro- diese Krise begleiteten, erwies sich das zent, womit er deutlich niedriger lag als Zweiparteiensystem als stabil. Selbst in in Belgien (50 Prozent), Großbritannien dieser Phase entfielen noch 80 Prozent (43 Prozent), Frankreich (41 Prozent), der Stimmen auf die beiden großen Par- Deutschland (37 Prozent) sowie Däne- teien, die sozialdemokratische PASOK mark (32 Prozent) und geringfügig nied- und die liberal-konservative Nea Dimo- riger als in den Niederlanden (29 Prozent) kratia, die sich vor keiner rechtsextremen und in Italien (28 Prozent). Der Durch- Partei zu fürchten brauchten. Am Hori- schnittswert in Europa beziehungswei- zont gab es weit und breit keine rechte se in den Mitgliedsstaaten der Europäi- politische Kraft, die in der Lage gewesen schen Union betrug 35 Prozent. Nur ein wäre, aus der Unzufriedenheit der Bevöl- Jahr später, 1992, hatten sich fremden- kerung Kapital zu schlagen. Damals war die griechische Gesellschaft 3 Georgios Papadopoulos war wegen Hochverrats 1975 zum Tode verurteilt worden. Diese Strafe wurde später zu einer aber bereits rasanten Veränderungen lebenslangen Haftstrafe umgewandelt (A. d. Ü). 4 Metapo- ausgesetzt. Während bis Anfang der litefsis bezeichnet die Zeit nach dem Ende der Militärdiktatur (1974–1980), in der in Griechenland wieder demokratische 1990er Jahre der Nationalismus und die Strukturen eingeführt wurden (A. d. Ü). 6 feindliche Haltungen in Griechenland Trojanisches Pferd der Türkei und lehnt es spürbar ausgebreitet, sodass ihr Anteil beharrlich ab, Vereine anzuerkennen, die mit 35 Prozent bereits den in diesem Jahr das Wort türkisch in ihrem Namen füh- leicht gefallenen europäischen Durch- ren; trotz einschlägiger Urteile des Eu- schnittswert (34 Prozent) übertraf. Zwei ropäischen Gerichtshofs für Menschen- Jahre später, 1994, verzeichnete der eu- rechte, die dies untersagen. Ähnlich ropäische Durchschnittswert einen deut- ausgrenzend verhält sich der Staat auch lichen Anstieg (43 Prozent). In Griechen- gegenüber anderen Bevölkerungsgrup- land jedoch war die Fremdenfeindlichkeit pen, wie zum Beispiel der sogenann- geradezu explosionsartig in die Höhe ge- ten slawo-makedonischen Minderheit, schnellt. Mit 64 Prozent war Griechen- die in der nördlichen Grenzregion lebt, land nun im Europa der 15 der Spitzen- aber auch gegenüber nicht-orthodoxen reiter. Dieser rasante Anstieg hielt auch in christlichen religiösen Minderheiten. An den folgenden Jahren an. 1997 erreichte dieser Stelle sei außerdem angemerkt, der Anteil fremdenfeindlicher Einstellun- dass trotz der beinahe vollständigen Ver- gen 71 Prozent. Seitdem verharrt Grie- nichtung der griechischen Juden im Zu- chenland diesbezüglich dauerhaft auf ge des Holocausts der Antisemitismus dem ersten Platz, während sich der eu- in der griechischen Gesellschaft in allen ropäische Durchschnittswert auf 45 Pro- Schichten weiterhin sehr verbreitet ist, zent eingependelt hat. und dies sowohl in seiner religiösen als Allerdings offenbarte die griechische auch in seiner politischen Ausprägung. Gesellschaft bereits vor den 1990er Jah- Seit 1991/92 hat sich jedoch das be- ren und diesem Wandel, der sich in den reits zuvor zu beobachtende Phänomen obigen Zahlen ausdrückt, Anzeichen der «Unfähigkeit», mit dem Anderen für eine eigentümliche Unfähigkeit, mit ­beziehungsweise Fremden umzugehen, «Andersartigkeit», die meist als «Fremd- gewandelt hin zu einer massenhaft ver- heit» wahrgenommen wird, umzugehen. breiteten offenen Intoleranz. Diese qua- Obwohl sich die Bevölkerung bis dahin litative gesellschaftliche Veränderung durch eine bemerkenswerte Homoge- geht hauptsächlich auf den Zusammen- nität sowohl in ethnischer, sprachlicher bruch des sogenannten real existieren- als auch in religiöser Hinsicht auszeich- den Sozialismus zurück, der auf dem Bal- nete, reagierte die Mehrheit mitunter mit kan eine Krise der nationalen Identitäten extremer­ Abwehr auf die wenigen und nach sich zog. Von dem nationalistischen eher bedeutungslosen Minderheiten im Wahn, der die Nachbarländer in den Land. Von staatlicher Seite wurde dem 1990er Jahren erfasste und sogar in krie- nicht entgegengewirkt. Vielmehr schür- gerische Auseinandersetzungen trieb, te der Staat noch die oftmals historisch blieb auch Griechenland nicht unberührt. bedingten Feindseligkeiten und trug so- Nach der Unabhängigkeitserklärung der mit über Jahrzehnte hinweg zu einem Kli- früheren jugoslawischen Republik Maze- ma der Diskriminierung bei, unter dem donien beherrschte eine regelrechte na- insbesondere die türkisch-muslimische tionalistische Hysterie – die der Streit um Minderheit in Thrakien zu leiden hatte. den Namen «Mazedonien» (griechisch Selbst heute noch betrachtet der griechi- Makedonien; A. d. Ü.) ausgelöst hat- sche Staat diese Minderheit als eine Art te – das politische Leben Griechenlands. Im Zuge dessen wurde die Existenz der Obwohl die Entwicklungen in Griechen- 7 kleinen und machtlosen Republik an der land inzwischen für die Entstehung und Nordgrenze des Landes als reale Bedro- Etablierung einer rechtsextremen Partei hung hochstilisiert. Eine weitere natio- sprachen, sollte es noch bis zum Jahre nale Bedrohung wurde etwa zeitgleich in 2000 dauern, bis sich eine davon dauer- Albanien ausgemacht, wo im Süden eine haft im politischen System behaupten griechische Minderheit lebt. konnte. Der Grund dafür ist: Die in der In dieser Phase kam es zudem zu einer Wählerschaft vorhandenen rechten Ten- ersten größeren Migrationsbewegung denzen fanden zunächst Aufnahme in aus den Ländern der Balkanregion (vor den beiden großen Parteien, die die Her- allem aus Albanien) in Richtung Grie- ausbildung und sichtbare Präsenz von na- chenland. Da der griechische Staatsap- tionalistischen und rassistischen Flügeln parat auf diese Welle von Arbeitsmigran- als Preis betrachteten, den sie als Volks- ten gänzlich unvorbereitet war, überließ parteien und Sammlungsbewegungen er dieses «unerwartete Geschenk» den zu zahlen hatten. Der erste Riss, der sich Marktmechanismen. In Folge bildete im Zweiparteiensystem zeigte, war das sich ein umfangreiches Subproletariat Auftauchen der Partei Politiki Anixi (Politi- heraus, das gezwungen war, unter men- scher Frühling), die am 30. Juni 1993 von schenunwürdigen Bedingungen zu le- gegründet wurde; von ben, und in der Regel von allen sozialen demselben Samaras übrigens, der noch und politischen Rechten ausgeschlos- wenige Monate zuvor ein Ministeramt in sen blieb. Wer nicht unmittelbar mit den der Regierung der Nea Dimokratia beklei- Migranten zu tun hatte (wie etwa deren det hatte. Alleiniger Zweck der durch und Arbeitgeber), bezog sein Wissen über durch personenzentrierten Partei war, sie vor allem aus dem griechischen Pri- Samaras und seiner kompromisslosen, vatfernsehen, das ebenfalls Anfang der aber durchaus populären Haltung in der 1990er Jahre die politische Bühne be- «makedonischen Frage», aufgrund derer trat. Der Kampf um die Quoten beförder- er sich mit der Nea Dimokratia und de- te eine Reihe von spektakulären und die ren Parteivorsitzenden überworfen hat- Fakten aufbauschenden TV-Reportagen te, eine Bühne zu bieten. Mit den Wahlen über die zunehmende Ausländerkrimina- vom Oktober 1993 wurde die Politiki Anixi lität im Land. Diese leisteten so manchen mit 4,88 Prozent der Stimmen und zehn modernen Mythen, nach denen Auslän- Mandaten die drittstärkste politische der vor keiner abscheulichen Tat zurück- Kraft. Aber trotz erneuter Erfolge bei den schrecken, Vorschub und führten dazu, wenige Monate später stattfindenden dass sich fremdenfeindliche Vorurteile Europawahlen (8,65 Prozent und zwei und Stereotype immer tiefer in der grie- Mandate) war der Politiki Anixi kein lan- chischen Gesellschaft verankern konn- ges Leben vergönnt. Bei den nationalen ten. In diesem Klima gediehen – bestärkt Wahlen 1996 scheiterte sie an der Drei- noch durch die antisemitische Tradition Prozent-Hürde. Mit 2,94 Prozent verfehlte der griechisch-orthodoxen Kirche und sie nur ganz knapp den Einzug in die Nati- das Vorhandensein eines primitiven xe- onalversammlung. Der Niedergang setz- nophoben Antiimperialismus – auch Ver- te sich auch in den nächsten Jahren fort. schwörungstheorien jedweder Art. Bei den Europawahlen 1999 kam sie nur 8 noch auf 2,28 Prozent der Stimmen. Seit stellationen des Landes zu verschieben. 2000 beteiligt sich die Partei nicht mehr Er beanspruchte einen Platz in der «poli- an Wahlen und gilt seitdem als faktisch tischen Mitte», das heißt zwischen dem aufgelöst. konservativen Flügel der Nea Dimokratia Bei den Parlamentswahlen von 2004 un- und der sozialdemokratischen Fraktion terstützte Antonis Samaras dann wieder der PASOK. Andere Parteifunktionäre je- die Nea Dimokratia. Kurz darauf kehr- doch, wie etwa Nikitas Kaklamanis, der te er in die Partei zurück, um 2009 zu ebenfalls von der Nea Dimokratia kam, ihrem Vorsitzenden und im Juni 2012 unterstützten demgegenüber eine Hin- zum Ministerpräsidenten gewählt zu wendung zur «patriotischen Rechten», werden. Das Scheitern der Politiki Ani- und zwar durch eine offensive Positio- xi wird ihrem hybriden beziehungswei- nierung in der Migrantenfrage nach dem se zwitterhaften Charakter als Partei zu- Motto «Griechenland den Griechen». geschrieben. Zwar habe sie mit anderen Dieser Vorschlag stand auf der Tagesord- modernen rechtsextremen Parteien in nung des ersten Parteikongresses, wur- Europa ein ausgeprägter Nationalismus de jedoch nur von einer kleinen Minder- verbunden, aber programmatisch sei nur heit von Funktionären unterstützt, vor ein einziges Thema von Bedeutung ge- allem von denjenigen, die von kleinen wesen: nämlich die «makedonische Fra- rechtsextremen Organisationen zur Poli- ge». Diese verlieh ihr anfangs den Ruf, tiki Anixi gewechselt waren. Kaklamanis sich unnachgiebig für den Schutz der erhielt den Beinamen «Der griechische griechischen Nation und Identität ein- Le Pen». Der Balanceakt des Politischen zusetzen. In der Folgezeit gelang es der Frühlings zwischen Mitte und Extrem Partei allerdings nicht, diese Vorschuss- führte jedoch in eine Sackgasse. Kakla- lorbeeren und das damit verbundene manis folgte Samaras. Auch er kehrte zur Vertrauen dafür zu nutzen, die Agenda Nea Dimokratia zurück. 2006 wurde er der Partei um andere Themen zu erwei- zum Bürgermeister von Athen gewählt, tern. Ihr Vorsitzender Samaras formulier- wobei er auch auf die Stimmen des te als Ziel der Partei, die politischen Kon- rechtsextremen Lagers zählen konnte.

LAOS – Völkische Orthodoxe Sammlungsbewegung

Die erste Partei aus dem Lager der mer Georgios Karatzaferis gegründet. Ins Rechtsextremen, der es gelang, sich in griechische Parlament war Karatzaferis Griechenland Gehör zu verschaffen und erstmalig 1993 gewählt worden, damals tatsächlich Einfluss auf die politischen noch als Abgeordneter der Nea Dimokra- Belange des Landes zu nehmen, ist die tia, mit deren damaligem Vorsitzenden Laikos Orthodoxos Synagermos (LAOS; Konstantinos Mitsotakis und seiner Frau Völkische Orthodoxe Sammlungsbewe- ihn eine langjährige freundschaftliche gung). Die Partei wurde im September Beziehung verband. Nicht zuletzt dieser 2000 vom Medien- und Werbeunterneh- Freundschaft verdankte es Karatzaferis, dass er Anfang der 1990er Jahre, als die wurde Karatzaferis aus der Nea Dimokra- 9 Regierung die ersten Frequenzen für Pri- tia ausgeschlossen. vatsender verteilte, eine Lizenz zum Be- Im September desselben Jahres rief er trieb eines Radio- und Fernsehsenders die Partei LAOS ins Leben, die bereits erwerben konnte. Diesen nutzte Karatz- zwei Jahre später, bei den Regionalwah- aferis als Sprachrohr für eine besondere len 2002, mit sagenhaften 13,6 Prozent rechtsextreme Strömung innerhalb der einen beispiellosen Erfolg erzielen konn- Nea Dimokratia. Die Strategie bestand te. In dieser Phase wurde die griechische darin, ehemalige Repräsentanten der Gesellschaft von einer neuen Unruhe mit Diktatur und Anhänger der Monarchie, nationalistischen und fremdenfeindli- aber auch Alt-Nazis in einer informellen chen Zügen erfasst. Angestiftet von der Organisation, die er selbst Nea Elpida Führung der orthodoxen Kirche begehr- (Neue Hoffnung) nannte, zusammenzu- ten große Teile der Bevölkerung gegen bringen. Über eine eigene Fernsehsen- die Einführung eines neuen Personal- dung wandte sich Karatzaferis täglich an ausweises, der keine Angaben mehr zur enttäuschte Parteifunktionäre der EPEN, Religionszugehörigkeit enthalten sollte, der Politiki Anixi, aber auch der PASOK, auf. Diese Massenmobilisierungen, die die sich inzwischen aus der Politik zu- von extremen Verschwörungstheorien rückgezogen hatten, und selbstverständ- begleitet wurden (man vermutete, dass lich auch an Angehörige rechtsextremer sich hinter dieser Maßnahme die «Juden Splittergruppen, die damals nur Insider verbargen»), fanden ein großes Echo in kannten, wie zum Beispiel Chrysi Avgi. den Medien und sorgten dafür, dass die Ihr gemeinsamer Nenner war Karatzafe- neue Partei LAOS erhebliche Aufmerk- ris zufolge der «Patriotismus». In Wirk- samkeit erfuhr. Bei den Parlamentswah- lichkeit hat er maßgeblich dazu beigetra- len vom März 2004, die von der Nea Di- gen, bestimmte rechtsextreme Diskurse mokratia gewonnen wurden, erreichte in Griechenland salonfähig zu machen. sie zwar nur 2,19 Prozent der Stimmen Man übernahm Stereotype und Feinbil- und verpasste den Einzug ins Parlament. der von anderen rechten Gruppierungen Bei den Europawahlen jedoch, die im Ju- in Europa, vor allem erklärte man Zuwan- ni desselben Jahres stattfanden, kam die derung zur nationalen Bedrohung. Da- Partei auf 4,12 Prozent, was ihrem Vorsit- hinter stand die Absicht, mithilfe der ver- zenden einen Sitz im Europaparlament streuten extremen Rechten ausreichend bescherte. Stimmen zu rekrutieren, um der Nea Di- Seitdem ging es mit LAOS ständig berg- mokratia eine weitere Legislaturperiode auf. Aufgrund des parlamentarischen zu bescheren. Dieses Ziel wurde jedoch Erfolges schlossen sich der Partei ande- nicht erreicht. Die offizielle Parteifüh- re rechtsextreme Gruppierungen an. Ex- rung, der Kostas Karamanlis vorstand, emplarisch sei hier auf die Elliniko Met- hatte sich nämlich für eine moderate Po- opo (Griechische Front) verwiesen, eine litik entschieden und drängte die extre- kleine Splitterorganisation, die über enge mistischen Kräfte innerhalb der Partei an Verbindungen zur französischen Front den Rand. Nach den Wahlen von 2000, National verfügte. Der Vorsitzende der die die PASOK mit einem hauchdünnen Griechischen Front, , der Vorsprung für sich entscheiden konnte, persönliche Kontakte zu Le Pen und Carl 10 Lang unterhielt, verkündete 2005 den seitig. So fanden die beiden großen Par- Parteieintritt seiner Gruppierung. 2007 teien immer wieder Wege, wie sie LAOS zog LAOS mit 3,8 Prozent der Stimmen bei Wahlen unter die Arme greifen konn- und zehn Sitzen zum ersten Mal in die ten. Dabei setzte man auf etwas, was in griechische Nationalversammlung ein. Frankreich unter Anspielung auf die Prä- 2009 folgten die Wahlen zum Europäi- sidentschaftswahlen von 1965, bei de- schen und zum griechischen Parlament, nen François Mitterand Unterstützung bei denen die Partei 7,15 Prozent (zwei von einer rechtsextremen Partei erhalten Mandate) beziehungsweise 5,63 Prozent hatte, «paradoxe Abstimmung» genannt (15 Mandate) erzielte. wird. Karatzaferis, der im Stil eines Alleinherr- Dabei ist es LAOS über wahltaktische schers die absolute Kontrolle innerhalb Manöver und gute Kontakte zu wichti- der Partei ausübte, bemühte sich ab gen außerparlamentarischen Akteuren 2009 verstärkt darum, eine politische gelungen, die eigenen politischen Positi- Sonderrolle einzunehmen. Er wollte onen zu stärken. An der Art und Weise, nach eigener Aussage zum «verbinden- wie seit 2009 über Zuwanderung disku- den Glied» zwischen PASOK und Nea tiert wird, zeigt sich, dass es eben nicht Dimokratia werden. Bereits mehrmals die Partei von Karatzaferis gewesen ist, im letzten Jahrzehnt hatte er seine Füh- die sich inhaltlich zurückhalten oder an- ler nach der Macht ausgestreckt, indem passen musste, um in öffentlichen Dis- er sich mal der einen, mal der anderen kussionen als Gesprächspartner auf Au- der beiden großen Volksparteien anbie- genhöhe akzeptiert zu werden. Es war derte. Nach dem Ausbruch der Finanz- eher umgekehrt: Die beiden großen Par- krise war er der erste Politiker, der vor- teien haben sich der politischen Agenda schlug, das Amt des Premierministers von LAOS angenähert. mit einem Technokraten zu besetzen. Die eigentümliche politische Konstellati- Er brachte dafür sogar explizit den ehe- on, die sich herausgebildet hat, nachdem maligen Vizepräsidenten der Europäi- Griechenland um finanzielle Unterstüt- schen Zentralbank, Loukas Papadimos, zung beim Internationalen Währungs- ins Spiel. fonds, bei der Europäischen Zentralbank Alle diese wäre nur von geringer Bedeu- und der Europäischen Union nachsu- tung gewesen, hätte es nicht außerhalb chen musste, erlaubte es Karatzaferis des Parlaments parallel dazu gewisse schließlich, seinen alten Traum von der Entwicklungen und Verflechtungen ge- Teilhabe an der Macht zu verwirklichen. geben, die LAOS bestärkt haben. So gin- Die von Georgios Papandreou angeführ- gen etwa von Unternehmerkreisen und te PASOK-Regierung brach im Herbst anderen gesellschaftlichen Eliten und 2011 unter der Last der drastischen Spar- Persönlichkeiten, die zum Teil recht en- maßnahmen, die seit Mitte 2010 umge- ge Beziehungen zur Militärjunta unter- setzt werden, zusammen, und die beiden halten hatten und der Monarchie nach- trauerten,5 immer wieder Initiativen «zur 5 Der Fall der Militärdiktatur war auch mit dem Ende der grie - chischen Monarchie verbunden, die von 1832 bis 1924 und Rettung der Nation» aus. Vor diesem von 1935 bis 1973 Bestand hatte, zuletzt unter der Regent- Hintergrund war der Flirt von LAOS mit schaft von Konstantin II. 1974 sprach sich die griechische Bevölkerung in einer Volksabstimmung mit einer deutlichen der politischen Macht keineswegs ein- Mehrheit (zu 70 Prozent) für ihre Abschaffung aus. großen Parteien, die PASOK und die Nea haben und verzweifelt sind, für maß- 11 Dimokratia, sahen sich gezwungen, un- lose Enttäuschung und wurde als Teil ter Mitwirkung von LAOS eine Drei-Par- des zusammenbrechenden politischen teien-Regierung zu bilden (diese hielt von Systems wahrgenommen. So verfehlte November 2011 bis Mai 2012). Es war LAOS bei den Wahlen im Mai 2012 mit das erste Mal, dass in einem Land der 2,9 Prozent knapp den Einzug ins Parla- EU eine sozialdemokratische und eine ment. Bei den Wiederholungswahlen rechtsextreme Partei gemeinsam mit den einen Monat später fiel der Stimmenan- Konservativen eine Regierungskoalition teil noch weiter auf 1,58 Prozent, obwohl bildeten. es LAOS geschafft hatte, im allerletzten Der Moment des größten Erfolgs läutete Moment den nationalsozialistischen Ve- jedoch zugleich den politischen Nieder- teranen Kostas Plevris zu rekrutieren, in gang von LAOS ein. Mit der Beteiligung der Hoffnung, damit die Stimmenabwan- an der Regierung unter Loukas Papa- derung nach rechts, das heißt zur offen dimos und mit der Zustimmung zu den nationalsozialistischen Chrysi Avgi, auf- harten Wirtschaftsreformen, die Grie- halten zu können. Doch das war noch chenland aufgezwungen wurden, mag nicht das Schlimmste, was LAOS wider- Karatzaferis das Ansehen eines «ver- fuhr: Führende Parteikader, darunter Ma- antwortungsvollen, national gesinnten kis Voridis, Adonis Georgiadis und ande- Staatsmannes» erlangt haben, dem man re, die dank ihrer ständigen TV-Auftritte sogar seine rechtsextreme Vergangen- über einen großen Bekanntheitsgrad ver- heit nicht länger übel nahm. Zugleich fügten, wechselten zur Nea Dimokratia, sorgte er jedoch bei seinen Wählern, nachdem sie ihren bisherigen Parteichef die unter diesen Maßnahmen zu leiden des Wortbruchs bezichtigt hatten.

Die Entstehung von Chrysi Avgi

Der Platz, den LAOS über einige Jahre im Wichtige Parteifunktionäre von Chrysi politischen System Griechenlands ein- Avgi sowie ihr «Führer» Nikolaos Mich- genommen hatte, blieb nicht leer. 2012 aloliakos selbst hatten ihre ersten po- feierte Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) litischen Erfahrungen bereits vor der ihren spektakulären Einzug ins nationale Militärdiktatur in der von Kostas Plev- Parlament. Die Organisation profitierte ris gegründeten Organisation Komma maßgeblich von den Auflösungserschei- Tetartis Avgoustou (Partei des 4. Au- nungen, denen das politische System gust) gemacht. Plevris, der ein beken- infolge der Krise ausgesetzt war. Doch nender Nationalsozialist und glühender unter welchen historischen und gesell- Hitler-Anhänger war und nach wie vor schaftlichen Bedingungen konnte Chry- ist, verstand seine Organisation als fa- si Avgi überhaupt entstehen? Wie konnte schistische Frontgruppe. Diese vertrat sich in Griechenland zur Zeit der Metapo- unverblümt rassistische Theorien, orien- litefsi eine unverhohlen nationalsozialisti- tierte sich aber in ihrer politischen Pro- sche Gruppierung herausbilden? paganda eher an den verworrenen Ideen 12 und Grundsätzen des diktatorischen Me- Gruppen, die mit italienischen Gesin- taxas-Regimes (1936–1940).6 Unmittel- nungsgenossen von der neofaschisti- bar nach dem Militärputsch vom 21. Ap- schen Gruppe Ordine Nuovo in Kontakt ril 1967 stellte Plevris seine Organisation standen, mehr oder minder unbehelligt bereitwillig in den Dienst der Junta. Er abenteuerliche terroristische Anschlä- selbst wollte gemeinsam mit einigen en- ge ausbrüten konnten. So waren Niko- gen Mitarbeitern sogar Teil der von den laos Michaloliakos und andere, die spä- Militärs eingesetzten Regierung wer- ter den Gründungskern von Chrysi Avgi den, um darauf hinzuwirken, dass sich bilden sollten, in eine Reihe von Gewalt- das Regime an «nationalsozialistischen» taten verwickelt. Michaloliakos wurde Prinzipien ausrichtete. Dieses Vorhaben 1976 wegen Körperverletzung an meh- rief jedoch den Widerspruch seines al- reren Journalisten bei der Beerdigung ten Lehrmeisters und des Propaganda- des früheren Folterknechts der Junta, chefs der Militärjunta, Georgios Georga- dem Polizisten Evangelos Mallios, ver- las, hervor, der darauf bestand, dass die haftet und wenige Monate später erneut einzige ideologische Grundlage des Re- festgenommen. 1978 wurde er zu einer gimes der Antikommunismus sein müs- Haftstrafe von einem Jahr verurteilt, un- se. So blieb der Einfluss von Plevris und ter anderem wegen Sprengstofflieferun- seiner Partei des 4. August auf die Put- gen an rechtsextreme Organisationen, schisten eher gering. die 1977 und 1978 für eine Reihe von Nikolaos Michaloliakos trat Plevris’ Or- Bombenanschlägen verantwortlich wa- ganisation im Alter von 16 Jahren bei. ren, die mehrere Schwerverletzte forder- Das war 1973, als die Militärjunta eine ten. Art Pseudoliberalisierung einleitete. Die- Als eigenständige politische Gruppie- se endete bekanntlich in einem Fiasko, rung trat Chrysi Avgi zum ersten Mal der blutigen Niederschlagung des Stu- mit der ab Dezember 1980 erscheinen- dentenaufstands und der Stürmung des den gleichnamigen Zeitschrift an die Öf- Athener Polytechnikums im Novem- fentlichkeit. In der Anfangszeit konzent- ber 1973 sowie dem Sturz des Diktators rierte sie sich noch auf Schulungen und Georgios Papadopoulos. Der auf Papa- faschistische Propaganda. Von der na- dopoulos folgende Brigadegeneral Di- tionalsozialistischen Ideologie der Or- mitrios Ioannidis begegnete Plevris und ganisation zeugte die Verwendung von seinen Mitstreitern wegen der engen Be- einschlägigen Emblemen in ihrer Zeit- ziehung zu seinem Vorgänger mit Miss- schrift und anderen Publikationen, wobei trauen. Auch er war nicht dazu in der La- bis heute alle möglichen Abwandlungen ge, noch hatte er die Absicht, die Diktatur des Hakenkreuzes zum Einsatz kommen. in ein Regime faschistischen Typs mit Rückhalt in einer organisierten Volksge- 6 Das Regime, das sich am Modell des italienischen Faschis - mus orientierte und bis zur Besetzung Griechenlands durch meinschaft umzuwandeln. Italien und Deutschland gute Beziehungen zu beiden Län- dern unterhielt, ist nach dem General Ioannis Metaxas be- Mit dem Fall der Diktatur im Jahr 1974 nannt. Es wird auch als «Regime des 4. August» bezeichnet, stürzte das Lager der extremen Rech- weil an diesem Tag im Jahr 1936 Metaxas in seiner Positi- on als griechischer Regierungschef und Außenminister so- ten erwartungsgemäß in eine Krise. Zu- wohl die Verfassung als auch das Parlament suspendierte. gleich war dies der Beginn einer Art «In- Er strebte eine neue Staatsform an, die er in Anlehnung an den deutschen Begriff des Dritten Reichs «Dritte Griechische kubationsphase», in der rechtsextreme Zivilisation» nannte. Auch inhaltlich ließ die Zeitschrift keiner- darauf bedacht, ihren neonazistischen 13 lei Zweifel. Es gab auffällig viele lobende Charakter beizubehalten und nicht durch Beiträge zu Adolf Hitler und zum NS-The- Bündnisanforderungen aufweichen zu oretiker Alfred Rosenberg oder zu sol- lassen. Auf der anderen Seite stießen chen Politikern der Zwischenkriegszeit, sich die potenziellen Bündnispartner im- die dem Nationalsozialismus nahege- mer wieder an der Bereitschaft von Chry- standen hatten, wie beispielsweise der si Avgi zur offenen Gewalt, bis heute die rumänische Faschist und Antisemit Cor- zentrale propagandistische Botschaft der neliu Codreanu. nationalsozialistischen Organisation. Für den Kampf auf der Straße war Chry- Was es Chrysi Avgi erlaubte, ihren mar- si Avgi zu diesem Zeitpunkt noch nicht ginalen Status zu überwinden, war die bereit, was auch damit zusammenhän- nationalistische Hysterie, die Anfang gen mag, dass gegen zwei ihre wich- der 1990er Jahre in Griechenland im Zu- tigsten Kader (Nikolaos Michaloliakos sammenhang mit der «makedonischen und Panagiotis Iliopoulos) Strafverfah- Frage» entbrannte. Hinzu kam noch die ren wegen der oben erwähnten Spreng- vom damals neu etablierten Privatfern- stoffanschläge anhängig waren. Andere sehen geschürte Angst vor Zuwande- wie Aristotelis Kalentzis mussten bereits rung vom Balkan und vor einer steigen- langjährige Haftstrafen im Gefängnis Ko- den «Ausländerkriminalität». Auf einer rydallos absitzen. 1984 verlor die Chrysi Großdemonstration in Athen im Dezem- Avgi zudem vorübergehend einen ihrer ber 1992 gegen die Verwendung des Na- wichtigsten Köpfe an die neu gegründe- mens Mazedonien durch die ehemalige te rechte Sammlungspartei EPEN (Na- jugoslawische Teilrepublik hinterließ die tionale Politische Union). Deren Grün- Organisation einen nachhaltigen Ein- dungsvater, der ebenfalls in Korydallos druck. Damals griff sie erstmals massiv einsitzende ehemalige Diktator Georgios antinationalistisch eingestellte Linke und Papadopoulos, hatte Nikolaos Michalo- Autonome, die sie als «Landesverräter» liakos mit der Führung der Jugendorga- verunglimpft, auf offener Straße an. Da nisation der EPEN betraut. Doch schon die Schläger von Chrysi Avgi keine Angst im Januar 1985 trat Michaloliakos von vor den staatlichen Verfolgungsbehör- diesem Amt wieder zurück und aus der den haben mussten – sie wurden im An- EPEN aus, weil sie ihm, wie er später schluss lediglich dem Haftrichter vorge- selbst verlauten ließ, nicht antisemitisch führt und sofort wieder auf freien Fuß genug war. gesetzt –, nahmen die gewalttätigen Ak- Diese Abgrenzung gegenüber anderen tionen der Organisation rasch zu; zu Be- Parteien der extremen Rechten ist auch ginn vor allem in der unmittelbaren Um- heute noch typisch für Chrysi Avgi. Zwar gebung ihrer damaligen Parteizentrale, gab es immer wieder eine Zusammenar- die sich in Kypseli, in der Nähe ihrer heu- beit mit Junta-Anhängern, Monarchisten tigen Hochburg, dem Stadtviertel Agios und Persönlichkeiten wie Kostas Plevris Panteleiomonas, befand. und Makis Voridis, die die Führerschaft Auch in der Folgezeit hielt Chrysi Avgi im rechtsextremen Lager beanspruch- konsequent an ihrer blutigen Politik der ten, aber diese blieb eher punktuell. Auf Einschüchterung und Gewalt fest. Als der einen Seite war Chrysi Avgi streng es im November 1995 zu Ausschreitun- 14 gen bei den traditionellen Demonstra- Boden liegt, winselt und dich um Gnade tionen in Athen zum Gedenken an den anfleht.» Studentenaufstand vom 17. November Der Vorfall vom Juni 1998 wurde erst 1973 kam, sah man ihre Mitglieder so- nach vielen Jahren aufgeklärt, wobei gar an der Seite der berüchtigten MAT- der Oberste Gerichtshof (Areopag) in Sondereinheiten.7 Nur ganz wenige der seinem Urteil nicht nur die individuelle Gewalttaten und Übergriffe, die auf das Schuld des Angeklagten Antonios An- Konto von Chrysi Avgi gehen, werden droutsopoulos feststellte,9 sondern von aufgeklärt. Wenn es doch einmal zu ei- einem organisierten Verbrechen aus- ner Verurteilung kommt, dann werden ging, an dem zehn Mitglieder der Chrysi die Strafen in der Regel zur Bewährung Avgi beteiligt waren. Dieses und weitere oder gegen Kaution ausgesetzt. Eine Gerichtsverfahren vermitteln einen Ein- Ausnahme bildet der Fall des ehemali- druck davon, wie diese bei ihren Aktio- gen zweiten Mannes in der Hierarchie nen vorzugehen pflegen, nämlich nicht der Organisation: der berüchtigte An- individuell und spontan, sondern zielstre- tonios Androutsopoulos, auch Perian- big, kollektiv und geplant. Trotz ihrer zahl- dros8 genannt. Ihm wurde versuchter reichen illegalen Aktivitäten war Chrysi Mord an drei jungen linken Aktivisten Avgi allerdings noch nie als Gesamtor- im Anschluss an eine Kundgebung von ganisation Gegenstand von parlamenta- Chrysi Avgi vor einem Athener Gericht rischen oder juristischen Ermittlungen. im Juni 1998 vorgeworfen. Von «Peri- Bislang hat noch keine staatliche Stelle andros» stammt die folgende Beschrei- offiziell die Verfassungs- und Gesetzes- bung der psychischen Verfasstheit die- treue der Partei infrage gestellt. ser faschistischen Schlägertypen: «Alle sollen wissen: Die große Schlacht, die die angeblichen Informationsmedien in den letzten Jahren gegen uns geführt ha- ben […], konnte uns rein gar nichts an- haben. Die unerschütterliche Kraft, die uns und unser Handeln bestimmt, ist ein hemmungsloser, mitreißender und uner- bittlicher Fanatismus! […] Fanatisch wie wir sind, schrecken wir nicht vor Dingen zurück, die andere noch nicht einmal zu denken wagen. […] Jedes Mal, wenn sich vor uns ein riesiger Berg von Prob- lemen auftürmt, werden wir von einer Art Rausch erfasst. Der Fanatismus ist eine 7 Sondereinheiten der griechischen Bereitschaftspolizei; sehr mächtige Emotion. Er macht dich MAT= Monades Apokatastasis Taxis/Einheiten zur Wieder- herstellung der Ordnung (A. d. Ü). 8 Der Name geht auf Pe - stark, wenn alles verloren scheint. Und riander (628–583 v. Chr.), einer der sieben Weisen des Al- er treibt dich an, dem Feind immer mehr tertums, zurück. Periander galt als Prototyp des Tyrannen, hart aber weitsichtig. Er schreckte nicht vor Mord an seinen und immer neue Schläge zu versetzen, politischen Gegnern zurück. 9 Es verurteilte Antonios An- und macht jedes Mitgefühl in dir zunich- droutsopoulos 2009 wegen versuchten Mordes an einem Studenten zu 21 Jahren Haft. Die Strafe wurde später auf te, wenn dieser schon geschlagen am 12 Jahre verkürzt. Die Praktiken der Organisation 15 und die Rolle der Gewalt

Chrysi Avgi ist also eine politische For- gefährlich zu werden drohten, aus der mation, die sich nicht darauf beschränkt, Organisation ausgeschlossen worden. den Nationalsozialismus zu verherrlichen Was den inneren Aufbau von Chrysi Av- und dementsprechende Propaganda zu gi angeht, so loben deren Mitglieder in verbreiten. Vielmehr ist sie bestrebt, ih- zahlreichen Beiträgen deren militärische ren politischen Überzeugungen auch Ta- Struktur, die dem Vorbild von Mussolinis ten folgen zu lassen, wobei sie systema- Schwarzhemden und Röhms Sturmab- tisch und gezielt gegen geltende Gesetze teilungen (SA) nachempfunden ist. verstößt. Gewalt dient der Organisation nicht nur An dieser Stelle können nicht sämtliche als Mittel, sondern als Zweck. Sie ist ih- dieser Straftaten dokumentiert werden. re zentrale Botschaft an die Gesellschaft. Allein diejenigen, mit denen sich die Or- Auch bei der Rekrutierung neuer Mitglie- ganisation selbst in aller Öffentlichkeit der spielt sie eine entscheidende Rolle. rühmt, wie zum Beispiel die nach den Anwärter auf eine Parteimitgliedschaft Parlamentswahlen des letzten Jahres müssen in einer Art Einweihungsritual durchgeführten «Operationen» gegen Gewalttaten verüben, um zu beweisen, ausländische Kleinhändler in Rafina und dass sie wirklich entschlossen sind, die Mesolongi, sind eindrücklich genug, um Organisation und ihre Ideen mit allen Mit- damit allen, die sehen wollen, die Augen teln zu verteidigen. «Aima – Timi – Chry- zu öffnen. Zudem gibt es inzwischen ei- si Avgi» (Blut – Ehre – Chrysi Avgi) lautet ne ganze Reihe von rechtskräftigen Ge- die zentrale Parteiparole, abgekupfert na- richtsurteilen, selbst von höchster Ins- türlich von «Blut und Ehre», dem Motto tanz, die dokumentieren, dass sich nicht der Hitlerjugend. Doch im Fall von Chry- nur Parteimitglieder strafbar gemacht si Avgi geht es nicht nur um «Blutsban- haben, sondern Chrysi Avgi auch regel- de», sondern auch um die Bereitschaft, mäßig paramilitärische Gruppen für ihre für die «hehren Zwecke» der Organisati- Verbrechen anheuert. Sie belegen dar- on feindliches, aber auch das eigene Blut über hinaus, dass die Straftaten einzel- zu vergießen. Dieser von Anbeginn be- ner Mitglieder im Namen und im Auftrag stehende Zwang, sich an Gewalttaten zu der Parteispitze erfolgen. Chrysi Avgi ist beteiligen, macht alle in der Partei zu Mit- streng zentralistisch organisiert. Die Ent- tätern und schafft zugleich ein Klima des scheidungs- und Befehlsgewalt obliegt außerordentlichen Zusammenhalts, das in allen Fragen ihrem «obersten Führer». in Fällen von Strafverfolgung nach außen Er ist für alle Angelegenheiten zuständig. hin Verschwiegenheit garantiert. Chrysi Avgi widmet dem Führerprinzip in Offiziell streitet die Organisation, wie zu ihrem Parteistatut gleich zu Beginn ein erwarten ist, jegliche Beteiligung an ge- eigenes Kapitel. Ohne die ausdrückliche walttätigen Aktionen ab. Selbst in Fällen, Zustimmung des Parteichefs ist keine in denen ihre Mitglieder auf frischer Tat Aktion denkbar. Bislang sind drei Partei- ertappt werden, spricht die Führung von kader, sogenannte Unterführer, die der Chrysi Avgi nach wie vor von einer ge- Alleinherrschaft des «obersten Führers» gen sie eingefädelten Intrige. Ist die Be- 16 weislast gegen ihre Mitglieder allerdings Weise zum «Ehrenkodex der modernen derart erdrückend, dass selbst dieses Ar- Griechen». Damals kam ein griechischer gument nicht mehr zieht, dann verleug- Bauer, der einen Albaner aufgrund des net sie kurzerhand die Täter und demen- Diebstahls einer Wassermelone erschos- tiert jegliche Beziehung zu ihnen. Ihre sen hatte, mit einer Bewährungsstrafe Anhänger lässt sie wissen, dass es sich davon. Darüber hinaus blieben auch die- dabei lediglich um ein taktisches Manö- jenigen Armee- und Polizeipatrouillen, ver handelt. In ihrer Zeitung liest sich das die in den Grenzregionen unbewaffnete so: «Die offizielle Position der Chrysi Av- Flüchtlinge regelrecht durchlöchert hat- gi als legale politische Partei, die die Ins- ten, völlig unbehelligt, hatten sich ihre titutionen respektiert, muss freilich sein, Gewehrkugeln doch angeblich verirrt. jede Form von Gewalt abzulehnen. Das Die ökonomische Krise und die Übernah- bedeutet nicht, dass nicht jeder Gesin- me der rechtsextremen Rhetorik gegen nungsgenosse frei nach seinem eigenen Zuwanderer durch die Regierungspar- Gewissen handeln kann. Es bedeutet nur, teien haben diesen Trend noch verstärkt: dass wir solche Handlungen nicht offizi- Heute gilt fast jede Form von Gewalt ge- ell gutheißen oder unterstützen können. gen die «ausländischen Kriminellen» als Ich glaube, ich habe mich deutlich genug legitim. Einen Monat vor den Kommu- ausgedrückt.» Mit anderen Worten, die nalwahlen 2010 drohte eines der Füh- Partei ermutigt ihre Mitglieder dazu, frei rungsmitglieder der Organisation, Ilias nach ihrem Gewissen munter drauflos zu Panajotaros, ganz offen in einem Inter- prügeln. Zugleich lehnt sie sich zurück view mit einer Athener Tageszeitung: und sagt, damit haben wir nichts zu tun, «Wenn Chrysi Avgi einen Sitz im Athener weil wir Gewalt offiziell ablehnen. Ein zy- Stadtrat erringt, gibt es ein Pogrom.» Ziel nischeres Schuldeingeständnis ist kaum seiner Organisation sei es, einige zen- vorstellbar. trale Plätze von Migranten «zu Es gibt aber eine Art von Gewalt, die von säubern». Wenige Tage nach den Wah- der Organisation ganz offen befürwor- len stieß Nikos Michaloliakos bei einer tet, ja sogar unverblümt propagiert wird, Rede auf dem Attiki-Platz anlässlich ei- nicht zuletzt motiviert durch ihre ersten ner antimuslimischen Kundgebung ins größeren Wahlerfolge. Chrysi Avgni ver- selbe Horn. Die Gelegenheit zur Umset- tritt die inzwischen recht populäre Idee, zung dafür ergab sich dann im Mai 2011. dass die einzig mögliche Form der Re- Anlass war die Ermordung von Manolis aktion der «Griechen» auf die «kriminel- Kantaris durch drei Ausländer.10 Immer len Ausländer» die Selbstverteidigung, mehr Bewohner des Athener Stadtzen- genauer gesagt die Selbstjustiz sei. In trums forderten verstärkte polizeiliche dieser Vorstellung, die auch von einem Maßnahmen, weil sie sich in ihren Häu- Großteil der Medien eher kritiklos auf- sern und Stadtvierteln angeblich nicht gegriffen und verbreitet wird, gibt es ein 10 Dieser Fall erregte groß es öffentliches Aufsehen, weil die natürliches Recht der «Opfer» (der Grie- Tat – ein Raubmord – von einer Videokamera aufgezeichnet chen), sich mit Gewalt gegen die «Tä- worden war und bekannt wurde, dass es sich bei dem Opfer um einen Familienvater handelte, der sich, als er überfallen ter» (die Migranten) zur Wehr zu setzen. wurde, gerade auf dem Weg zu seiner hochschwangeren Schon seit den 1990er Jahren gehört Frau im Krankenhaus befand. Die Täter – z wei Afghanen und ein Pakistani – wurden gefasst und im Mai 2012 zu lebens- dieses Recht auf Selbstjustiz in gewisser länglicher Haft verurteilt. mehr sicher fühlten. Daraufhin kam es keinerlei Hilfe vom Staat erwarten. Tat- 17 über zwei Wochen hinweg (vom 10. bis sächlich ist bislang niemand für all diese zum 25. Mai 2011) zu regelrechten Po- Verbrechen zur Rechenschaft gezogen gromen im Zentrum von Athen. Täglich worden. Diese Straffreiheit ermutigt die machten rechtsextreme Schläger Jagd Täter und ist ein maßgeblicher Grund da- auf Migranten und schlugen gnadenlos für, dass die Zahl dieser Übergriffe stän- auf jeden ein, der ihren Weg kreuzte. dig wächst. Seit 2011 haben wir es also mit zwei ver- Die zweite Form der Gewalt, die sich schiedenen Formen gewalttätiger Über- seit einiger Zeit in einigen großen Städ- griffe zu tun, in welche die nationalso- ten und in besonderem Maße in Athen zialistische Organisation verwickelt ist. beobachten lässt, sind regelrechte Po- Auf der einen Seite nimmt die Zahl der grome. Bei diesen organisierten rassis- individuellen rassistischen Übergriffe zu, tischen Ausschreitungen kommt es zu insbesondere in Form von nächtlichen einer Nachahmung von SA-Methoden. Attacken auf Personen mit Migrations- So werden zum Beispiel regelmäßig die hintergrund. Das Netzwerk zur Doku- Schaufenster von Läden, die Migran- mentation rassistischer Gewalt registrier- ten gehören, eingeschlagen und Häuser te bis Oktober 2012 87 solcher Vorfälle, und Wohnungen als «griechisch» oder eine deutliche Steigerung zu den 63 er- «christlich» markiert. Von einigen Ge- fassten Übergriffen aus dem Vorjahr. Von genden Athens behauptet die Organisa- den Opfern erlitten 50 schwere und 30 tion inzwischen, sie habe sie «befreit». leichte Körperverletzungen. Zusätzlich Das bedeutet, dass sie mit ihrer Dau- wurden auch Läden und Unterkünfte von erpräsenz – ähnlich wie die NSDAP vor Migranten Ziel rassistischer Übergriffe. der Machtübernahme Hitlers – in diesen Die dokumentierten Fälle sind lediglich Stadtvierteln gezielt Angst und Schre- die Spitze eines Eisbergs, denn häufig cken verbreitet. Damit knüpft Chrysi Av- vermeiden es Migranten, zur Polizei zu gni außerdem ganz unmittelbar an die gehen und eine Anzeige zu stellen, ent- aktuelle Praxis der NPD mit ihren berüch- weder weil sie fürchten, aufgrund ihres tigten «national befreiten Zonen» in Städ- unsicheren Aufenthaltsstatus selbst fest- ten und Gegenden vor allem auf dem Ge- genommen zu werden, oder weil sie sich biet der ehemaligen DDR an.

Die nationalsozialistische Ideologie

Für Verwirrung sorgen bisweilen öffent- von Chrysi Avgi besteht vielmehr gerade liche Erklärungen von Parteikadern, die in ihrer konsequenten Weigerung, von den Anschein erwecken, Chrysi Avgi ha- ihren alten Dogmen abzurücken. be ihre Bezüge zum Nationalsozialismus Selbst heute stößt man auf der Website aufgegeben und sei lediglich strikt «na- der Partei auf umfangreiches Textmate- tionalistisch» ausgerichtet. Hierbei han- rial, in dem ihre ideologische Nähe und delt es sich jedoch um ein vorsätzliches Verbundenheit zu den Klassikern des Na- Täuschungsmanöver. Die Besonderheit tionalsozialismus unzweifelhaft zum Aus- 18 druck kommt. Es zeigt sich zudem, dass Überaus aufschlussreich ist auch das Antisemitismus nach wie vor ein zentra- 2012 veröffentlichte Parteimanifest, mit les Element nicht nur ihrer Propaganda, dem sich Chrysi Avgi als eine «ideologi- sondern auch ihres politischen Weltbil- sche Bewegung» (so der Titel des Mani- des ist. Alle Bücher, die von der Organi- fests) feiert. Im letzten Kapitel des Mani- sation zum Verkauf angeboten werden, fests räumt man mit allen Zweifeln auf: zeichnen sich ausnahmslos durch nati- «Ob wir, die Mitglieder von Chrsyi Avgi onalsozialistische Inhalte aus. Auch die ‹Faschisten› sind oder nicht, hängt di- verwendeten Symbole sind eindeutig. In rekt damit zusammen, welche Bedeu- den ersten Jahren benutzte Chrysi Avgni tung man mit dem Begriff ‹Faschismus› verschiedene Varianten des Hakenkreu- verbindet.» Und weiter: «Chrysi Avgi ist zes. In der Folge tauchte auf ihren Fahnen keine faschistische oder nationalsozia- und in ihrer Zeitung ein seltsames, vom listische Bewegung. Im Zentrum des Fa- runischen Alphabet der alten nordischen schismus steht nicht das Volk, sondern Völker inspiriertes Symbol auf. Es handelt der Staat! Zieht man ideologische Krite- sich um die sogenannte Wolfsangel, ein rien heran, so kann unsere Bewegung Symbol, dessen Verwendung in rechts- unmöglich mit dem Faschismus in Ver- extremen Zusammenhängen in Deutsch- bindung gebracht werden, der haupt- land heute ebenso verboten ist wie das sächlich eine Manifestation des italieni- Hakenkreuz. Im Zweiten Weltkrieg zier- schen Etatismus gewesen ist. Allerdings te die Wolfsangel die Armbinden der 4. sind wir weder ‹Etatisten› noch Italiener SS-Polizei-Panzergrenadier-Division, die (!), genauso wenig, wie wir Deutsche 1943 nach Griechenland entsandt wur- und Nationalsozialisten sind. Wir sind de, um die Widerstandsbewegung zu be- griechische Nationalisten, die auf ihre kämpfen. Sie ist für viele der dort an der Abstammung stolz sind! Das Zentrum Zivilbevölkerung begangenen Kriegsver- unseres ‹Glaubens› ist die völkische Na- brechen verantwortlich, darunter die be- tion, der ewige Hellenismus und eben sonderen Gräueltaten an den unbewaff- nicht der Staat. Und deswegen haben die neten Einwohnern von Kleisoura und das Bezeichnungen Faschisten und Neona- Massaker von Distomo.11 zis, die man uns zuordnet, nichts mit der Heute ist Chrysi Avgi dazu übergegan- Realität zu tun.» gen, auf ihren Schutzschildern und ande- Diese Formulierungen lassen an Deut- ren «Kriegswerkzeugen» das bei gewalt- lichkeit nichts zu wünschen übrig. Hier bereiten Gruppen der extremen Rechten gesteht Chrysi Avgni offen ein, dass die überall in Europa überaus beliebte Kelten- Organisation einem «völkischen Nationa- kreuz zu nutzen. Auf ihrer Fahne prangt lismus» anhängt, der als der Kern der na- das Mäander-Symbol. Beim Mäander handelt es sich um ein altgriechisches Or- 11 Am 5. April 1944 ermordeten Einheiten der Waffen-SS im nordgriechischen Dorf Kleisoura in einer «Vergeltungs- nament, das viele Altertümer schmückt. aktion» für Partisanenangriffe auf deutsche Soldaten 215 unschuldige Männer, Frauen und Kinder. Im Juni 1944 war Für die Organisation, wie in offiziellen Par- dieselbe SS-Einheit verantwortlich für die Erschießung von teidokumenten nachzulesen ist, besitzt 218 Bewohnern des Dorfes Distomo in Mittelgriechenland, darunter Alte, Frauen und K inder im Alter z wischen z wei Mo - es aber eine geheime Symbolkraft. Für naten und zehn Jahren. Überlebende und Angehörige der sie ist der doppelte Mäander nichts ande- Opfer des Mass aker s von Distomo haben 2011 Deutschland vor dem Internationalen Strafgerichtshof auf Schadenser- res als das Hakenkreuz in Vollendung. satz verklagt. tionalsozialistischen «Weltanschauung», schismus wiederum stützt man sich in 19 der «politischen Religion» par excellence erster Linie auf den NS-Theoretiker Otto des 20. Jahrhunderts, gilt. Zumal sie sich Dietrich und dessen Behauptung von der selbst als Laikos Syndesmos versteht, Überlegenheit des deutschen National- das heißt als eine völkische Bewegung, sozialismus. die ein Regime errichten will, das sie mit Die nationalsozialistische Weltanschau- Laiki Koinotita umschreibt. Dies ist nichts ung von Chrysi Avgi scheint bei allen ih- anderes als die griechische Übersetzung ren Aktivitäten und Äußerungen durch. von Volksgemeinschaft, einem zentralen Derweil spricht sie sich unverhohlen für gesellschaftlichen Leitbild der deutschen die Sterilisation, ja sogar für die Euthana- Nationalsozialisten also, das auf ihrer sie bei Menschen mit Behinderungen, Blut-und-Boden-Ideologie basierte. erblichen Vorbelastungen oder mit Dro- Legt man also die Struktur, die Praxis und genproblemen aus, um «die weiße Ras- die ideologische Ausrichtung zugrun- se zu schützen». Dem demokratischen de, dann ist die einzige Charakterisie- System, das solche Personen am Le- rung, die auf Chrysi Avgi zutrifft: Sie ist ben erhalte, wirft sie vor, «unschuldige eine nationalsozialistische Organisation. Lebewesen zu lebenslanger Tortur» zu Streng genommen handelt es sich bei ihr verurteilen. In einem auf ihrer Website also weder um eine lediglich rechtsex­ veröffentlichten Beitrag heißt es weiter: treme noch faschistische Gruppierung. Die «von einer Gruppe von wahnsinni- Zum historischen italienischen Faschis- gen Hypochondern» beherrschte Wis- mus gibt es in ihren Publikationen so- senschaft «schützt jedes defizitäre We- gar einige recht kritische Beiträge. Auf sen, das in jeder anderen Situation von Distanz geht man bisweilen auch zum der Natur zum Tode verurteilt worden Metaxas-Regime und zur griechischen wäre. […] Die natürliche Selektion, die Militärdiktatur, die aus der Warte des Sterilisation und die Euthanasie stellen «einzig wahren», des «absoluten» Nati- vernünftige Verfahren dar und sind zu onalsozialismus kritisiert werden. Positi- befürworten, sofern eine seriöse recht- ve Erwähnung findet etwa der stramme liche Grundlage, eine kompetente ärzt- Nationalsozialist und Innenminister un- liche Kontrolle und eine in biologischer ter Metaxas, Theodoros Skylakakis. Bei und ethischer Hinsicht solide Auswahl der Einschätzung des italienischen Fa- garantiert sind.»

Der «altgriechische» Nationalsozialismus

Das einzig Originäre oder Spezifische auch hier kommt sie nicht ohne den Be- am Nationalsozialismus von Chrysi Av- zug zu den deutschen Nazi-Größen aus. gi ist seine «griechische Einfärbung». So Sie betrachtet die Antike durch die Zerr- beruft sich die Organisation auf die grie- spiegel der NS-Theoretiker und bezieht chische Antike und erklärt diese zum Vor- sich vor allem auf Alfred Rosenberg, aber bild für ihr Modell einer auf Gewalt basie- auch auf Anhänger des Germanen- und renden rassistischen Gesellschaft. Aber Ahnenkults der SS wie Heinrich Himm- 20 ler. Bezeichnend ist, dass die Organisa- Erhabenes zum Ausdruck. Das als ‹Meis- tion für die Illustrierung ihrer ideologi- terwerk› geltende Guernica ist ein Alb- schen Schriften auf Statuen zurückgreift, traum, dekadent und grauenhaft. Zutiefst die altgriechisch anmuten, es aber nicht zu bedauern sind deswegen diejenigen, sind. In der Regel handelt es um Skulp- die meinen, beim Anblick des Werks die- turen von Bildhauern wie Arno Breker ses abartigen Juden irgendeinen tiefe- und Josef Thorak, die im Auftrag des NS- ren Sinn erkennen zu müssen, den sie Regimes in den 1930er und 1940er Jah- aber nicht wirklich fassen können. Man ren entstanden sind. So findet sich zum muss sie bedauern, denn sie begreifen Beispiel im Aufsatz «Wesen des Grie- nicht, dass es unmöglich ist, diesen Sinn chentums und Kampf» eine Abbildung zu erfassen, weil es ihn schlicht und er- des Breker-Werks «Die Wehrmacht», das greifend gar nicht gibt.» Picasso war be- Adolf Hitler höchstpersönlich im Hof sei- kanntlich kein Jude, allerdings hatte ihn ner Reichskanzlei in Berlin einweihte. Die die NS-Propaganda als prominenten Ver- ideologische Schriftenreihe «Für einen treter «entarteter Kunst» schon ab 1942 griechischen Nationalismus» wieder- als sogenannten Gesinnungsjuden ein- um ziert eine weitere Arbeit des von Hit- gestuft. ler geförderten Bildhauers, ein Standbild Selbst die Philosophie der griechischen von Alexander dem Großen. Kurz gesagt: Antike ist für Chrysi Avgi nichts anderes In ihrem Wahn setzt Chrysi Avgi Hellas als eine Art Vorläufer des Nationalsozia- mit dem deutschen Dritten Reich gleich. lismus. Der Totalitarismus, den die Orga- Wahre Kunst ist für sie nur die vom deut- nisation vertritt, fußt ihren Theoretikern schen NS-Regime offiziell anerkannte zufolge auf dem platonischen Denken. Kunst. Schließlich waren es die deut- So heißt es: «Ohne Zweifel hätte Platon schen Nazis, die den Hellenismus, dem die Parolen Mussolinis gutgeheißen.» Chrysi Avgi anhängt, erst hervorgebracht Und «würde Sokrates heute leben», dann haben. Alles andere sind für sie Schöp- wäre er «sicherlich Anhänger von Chry- fungen einer «entarteten Kunst», insbe- si Avgi». Die eigentümliche Bezugnahme sondere der Moderne. Auch hier kom- auf die antike griechische Tradition zeigt men die Chefideologen der griechischen sich nicht nur in den mit dem Keltenkreuz Nazi-Partei natürlich nicht umhin, den verzierten Schildern, die die Organisati- NS-Propagandisten nachzueifern, die on bei ihren Auftritten benutzt, sondern 1937 die berühmte Ausstellung zur «ent- auch in den Reden einiger ihrer Parteika- arteten Kunst» organisierten, um den Ex- der. So verkündete etwa Ilias Kasidiaris pressionismus, den Surrealismus oder bei einer Kundgebung vor dem Leonidas- den Kubismus öffentlich zu diffamieren. Denkmal im Juli 2008,12 dass die Orga- So sah sich der Parteichef Nikolaos Mich- nisation auf den Augenblick des großen aloliakos persönlich berufen, zur Feder zu Gegenangriffs warte und auf den Spuren greifen, um das Werk von Pablo Picasso

zu kommentieren. Er wich kaum einen 12 Das Denkmal ist nach dem spartanischen König Leoni- Deut von der Einschätzung Goebbels’ das benannt, der sich hier bei den Thermopylen, einem Eng- pass zwischen dem Kallidromos-Gebirge und dem Golf von ab: «Es ist kaum zu fassen, dass manche Malia, 480 v. Chr. mit etwa 300 Mann einer riesigen persi- die Ansicht vertreten, im scheußlichen schen Armee in den Weg stellte. Chrysi Avgi organisiert je- des Jahr eine Gedenkveranstaltung, um an diese «Helden- Guernica des Juden Picasso käme etwas tat» zu erinnern. der antiken Krypteia wandle, «die lautlos dieser Nazi-Truppe wird man wohl kaum 21 in absoluter Finsternis und Stille die inne- finden. Bei der Krypteia, auf deren Spu- ren Feinde der Stadt tötete». Der Presse- ren Chrysi Avgi vorgibt zu wandeln, han- sprecher der Organisation rief also seine delt es sich schließlich um die bekann- Mitstreiter in aller Öffentlichkeit dazu auf, te barbarische Tradition der Spartaner, «lautlos» und «in der Finsternis» die «in- auf die mehrere antike Autoren verwie- neren Feinde», sprich: die «illegalen» Mi- sen haben. Ihr zufolge waren die jungen granten und ihre «antigriechisch» einge- Männer bei Zusicherung von Straffreiheit stellten politischen Gegner, zu töten. Eine dazu verpflichtet, vor den Toren der Stadt unverblümtere Beschreibung der dunk- irgendeinen mächtigen Heloten umzu- len Machenschaften der Messerstecher bringen.

Das Verhältnis zur orthodoxen Kirche

Gemeinsames Merkmal aller bisherigen echten griechischen Religiosität, einher- Organisations- und Erscheinungsformen gehend mit der sukzessiven (und end- der extremen Rechten in Griechenland gültigen) Beseitigung des uns aufoktro- ist eine enge Beziehung zur orthodoxen yierten jüdischen Fatalismus und Elends, Kirche. Man rühmte sich der eigenen re- eines der wichtigsten langfristigen Ziele». ligiösen Hingabe und Rechtschaffenheit Diese Unterordnung der Religion unter und verurteilte die Gegner als «Antichris- die «Bedürfnisse der Nation» ist nicht neu ten». Nicht von ungefähr lautete die zen- und hat auch nichts besonders Griechi- trale Parole der Obristen-Junta «Ellas El- sches an sich. Im Prinzip handelt es sich linon Christianon» (Für ein christliches hierbei um nichts weniger als die Nach- Griechenland). Die an den Wahlurnen ahmung der nationalsozialistischen Re- bislang erfolgreichste Partei des rechts- ligionspolitik. Darauf weist schließlich extremen Lagers, LAOS, trägt das Be- Chrysi Avgi selbst in aller Deutlichkeit kenntnis zum christlichen Glauben so- hin: «Wenn die deutschen Nationalsozi- gar in ihren Symbolen und ihrem Namen alisten davon sprachen, dass sie an ein zur Schau: Völkische Orthodoxe Samm- positives Christentum glauben, dann lungsbewegung. meinten sie damit: dass die Religion er- Demgegenüber vertritt Chrysi Avgi eine wünscht ist, solange sie den nationalen weniger eindeutige Haltung. Sie bekennt und rassischen Bestrebungen des Staa- sich einerseits zum Christentum (in sei- tes nicht im Weg steht.» ner «entjudeten Variante»), unterstützt Trotz der Versuche einiger weniger Kir- aus taktischen Erwägungen die ortho- chenoberhäupter (sogenannte Metropo- doxe Kirche, liebäugelt aber gleichzeitig liten), Chrysi Avgi reinzuwaschen und ih- mit den «Anhängern der altgriechischen re Ideen und Praktiken als vereinbar mit Religion»13 (insofern sich diese auch als dem christlich-orthodoxen Glauben dar- Nationalisten verstehen) und behauptet, in dem von ihr angestrebten totalen Füh- 13 Eine neopaganistische Bewegung, die die altgriechische Religiosität, insbesondere die Verehrung der zwölf Götter rerstaat sei die «Wiederherstellung der des Olymps, wiederbeleben will (A. d. Ü.). 22 zustellen, lässt die Organisation selbst sich nach den Wahlen von 2012 aller- keine Gelegenheit aus, das Gegenteil zu dings gegen Chrysi Avgi ausgesprochen beweisen. So äußert sich ihr Anführer und ihre Gemeinden vor deren antichrist- Nikolaos Michaloliakos immer wieder licher Propaganda gewarnt. Am vehe- abfällig über die orthodoxe Kirche. Sie mentesten zieht der Metropolit Pavlos stehe «den griechischen Gegebenhei- von Siatista gegen deren nationalsozia- ten vollkommen fremd gegenüber» und listische Positionen zu Felde: «Von wel- ihre Rituale seien «dunkel und undurch- cher ‹Orthodoxie› spricht Chrysi Avgi? sichtig». Zudem macht die Organisati- Von der Orthodoxie der Kirche oder von on keinen Hehl daraus, wie sehr ihr der ihrer eigenen ‹Orthodoxie›? Hat denn die Ökumenische Patriarch von Konstantino- ‹Orthodoxie› der Chrysi Avgi auch nur pel, Bartholomäus I.,14 der in seinen Pre- das Geringste mit dem Glauben, der Er- digten Rassismus und Antisemitismus fahrung und der Orthodoxie des Evange- anprangert, verhasst ist. Sie nennt ihn liums gemein? Ich denke: Nein. Sie sind in Anspielung auf seinen bürgerlichen direkt entgegengesetzt und schließen Namen Bartholomäos Archondonis und einander aus. […] Die Kirche gehört Je- tönt: «Für uns Griechen geht von diesem sus Christus und nicht der Nation. Eine ‹Priester› und der Horde seiner Gefolgs- Kirche, die sich berechtigt fühlt, die Mit- leute und Gläubigen eine Gefahr aus, glieder einer anderen Kirche aufgrund die unsere Freiheit und das Überleben ihrer Hautfarbe zu bekämpfen, ist eine der Volksgemeinschaft bedroht. Dem- häretische Kirche. […] Deswegen ist es zufolge lehnen wir ihn ab und verachten besser, Atheist zu sein, anstatt den Glau- ihn zutiefst [sic]. Wir werden ihn auf den ben und die Kirche umzudeuten und für Müllhaufen der Geschichte befördern, den Menschenfang zu missbrauchen.» dorthin, wo kein Hahn mehr nach ihm Die Gegenangriffe von Chrysi Avgi auf kräht und wo er seinen Dienst an ‹ihrem solche Stellungnahmen lassen nie lan- Gott› leisten kann, gemeinsame Stam- ge auf sich warten: «Es ist sehr traurig, mesväter und Patriarchen preisen sowie dass kirchliche Würdenträger Chrysi Av- mit seinen hinterhältigen und arroganten gi derart beschuldigen und damit den weltlichen Interventionen gegen die au- Schulterschluss üben mit gottlosen und tokephale griechische Kirche den neo- blasphemischen Politikern, die Geheim- osmanischen Bestrebungen der Türkei gesellschaften, dunklen Clubs und Dog- dienen kann.» Weit weniger Probleme als men angehören.» mit dem Ökumenischen Patriarchen hat- Was die Organisation damit bezweckt, ist te Chrysi Avgni offensichtlich mit Papst nicht allzu schwer zu erraten. Chrysi Avgi Benedikt. Der Grund liegt natürlich darin, will die sogenannten parareligiösen Or- dass der Papst die Exkommunikation des ganisationen für sich gewinnen, darun- britischen Bischofs und Holocaust-Leug- ter die Altkalendarier und andere Splitter- ners Richard Williamson wieder zurück- gruppen, die sich jenseits der offiziellen genommen und die Heiligsprechung des Kirche tummeln, und selbstverständlich Faschistenfreundes und Antisemiten auch all jene Metropoliten, die versucht Papst Pius XII. unterstützt hatte. Die meisten Metropoliten als auch der 14 Der Patriarch ist Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Konstantinopel mit Amtssitz in Istanbul, zugleich steht er ihr vorstehende Erzbischof selbst haben den Bischöfen der gesamten orthodoxen Christenheit vor. sein könnten, sich auf ihre Seite zu schla- auf die Metropoliten, die uns kritisieren. 23 gen. Der Verweis auf «Geheimgesell- Sie tun es, weil sie Freimauer sind. schaften» und «dunkle Clubs» ist auch Die drei orthodoxen Bischöfe, die sich nicht zufällig, denn immer, wenn alle an- bisher auf die Seite von Chrysi Avgi ge- deren Argumente erschöpft sind, drohen schlagen haben, sind Amvrosios von Ka- die fundamentalistischen «hyperortho- lavryta, Andreas von Dryinoupolis und doxen» Kritiker der offiziellen Kirchenhi- Seraphim von Piräus. Die Gründe hierfür erarchie damit, Informationen über Ver- liegen auf der Hand. Der Erste war Po- bindungen zwischen den Metropoliten lizeiseelsorger zur Zeit der Militärdiktatur und Erzbischöfen und der Freimaure- und ist seinen Ansichten bis heute treu rei oder dem Bilderberg-Club zu enthül- geblieben. Der Zweite ist Metropolit in ei- len. Oft nehmen diese Drohungen gar ner Grenzregion zu Albanien, wo die or- die Gestalt offener Erpressung an, nach thodoxe Kirche im Kalten Krieg jahrzehn- dem Motto: Wenn ihr nicht aufhört, auf telang an der Spitze des Kampfes gegen Chrysi Avgi einzudreschen, werden wir das «gottlose» Nachbarland (in dem auch die «Wahrheit» über euch erzählen. Häu- eine griechische Minderheit lebt) stand. fig wird auch – ohne jemanden konkret Der Dritte, Seraphim von Piräus, ist we- beim Namen zu nennen – einfach ein Ge- sentlich jünger, aber mit seinen antisemi- rücht lanciert. Hierzu ein Zitat aus einer tischen Überzeugungen, die er auch in Publikation von Chrysi Avgi: «Gibt es ei- seinen Predigten zum Ausdruck bringt, ne Verbindung zwischen einem griechi- steht er Chrysi Avgi sehr nah. Die provo- schen Metropoliten, der in der Freimau- kanteste Äußerung in dieser Hinsicht gab rerei eingebunden ist, mit dem medialen er in einer Fernsehsendung von sich. Er Angriff gegen die Chrysi Avgi durch ei- behauptete: «Adolf Hitler war ein Instru- nige kirchliche Würdeträger? Gibt es ei- ment des Welt-Zionismus und wurde von gentlich Freimaurer in der griechischen der berühmten Familie Rothschild finan- Politik, die von Freimaurern in der Kirche ziert, mit dem einzigen Ziel, die Juden zu politische Rückendeckung einfordern?» veranlassen, die schönen Gebiete Euro- Diese unlautere Methode kennt man aus pas zu verlassen und nach Israel auszu- dem Boulevardjournalismus. Die Bot- wandern, um das neue Imperium aufzu- schaft von Chrysi Avgi ist klar: Hört nicht bauen.»

Überbordender Antisemitismus

Das, was Chrysi Avgi mit dem Metropo- politische Bühne Griechenlands zurück- liten Seraphim teilt, ist ein überborden- gekehrt. Antisemitische Argumente sind der Antisemitismus. Dabei ist Antise- in den öffentlichen Diskussionen we- mitismus in Griechenland alles andere sentlich präsenter als im westlichen Eu- als ein marginales Phänomen und ist – ropa. Hierzu gehören die Leugnung des in unterschiedlichem Gewand und un- Holocaust und – im Bezug auf den soge- ter variierenden politisch-ideologischen nannten Palästinakonflikt – die Gleich- Vorzeichen – schon vor Langem auf die setzung Israels oder auch des gesamten 24 jüdischen Volkes mit dem Dritten Reich Ferien in Auschwitz/Scheiß’ auf Wie- und den Nationalsozialisten. Sogar das senthal/Scheiß’ auf Anna Frank/Scheiß’ oberste griechische Gericht, der Areo- auch auf das ganze Volk von Abraham/ pag, hat im Jahre 2010 den Theoretiker Der Davidstern bringt mich zum Kotzen/ des modernen griechischen Nationalso- Ach, Auschwitz, wie ich es liebe!/Hey, zialismus, Kostas Plevris, vom Vorwurf ihr Scheißjuden, ich lass’ euch nicht ent- des Antisemitismus und der Aufstache- wischen/Ich komm’ runter, um auf die lung zum Rassenhass freigesprochen. Klagemauer zu pissen/Um in eure Syna- Plevris hatte ein Machwerk verfasst, in gogen Zyklon B zu schütten/Oh, du Rab- dem er die «Meinung» vertritt, der einzi- binerschwuchtel, ich komm’, um dich ge Fehler Hitlers habe darin bestanden, zu erwürgen./Juden raus! In Auschwitz nicht alle Juden vernichtet zu haben. In fang ich Feuer.» Im zweiten Lied wird die der Urteilsbegründung führte das Ge- enge Verbindung zwischen Christentum richt zu Plevris’ Entlastung an, dass «die und Judentum beklagt: «Einst sah ich ei- vom Verfasser zur Stützung seiner Be- ne Christenkirche/Der Gestank der Fäul- hauptungen angeführten realen Ereig- nis Jehovas stieg mir in die Nase/Die Nie- nisse und Zitate historischer Personen dertracht des Untermenschen, der ans auf geschichtlichen Quellen basieren, die Kreuz genagelt/Ich sah den Sohn Gottes er explizit benennt und die nicht stichhal- und seine Heiligen in den Flammen lo- tig angezweifelt werden können». dern/Ich träume von einer Welt ohne Je- Mit der aktuellen wirtschaftlichen und hovas Untermenschen/Die Rückkehr des sozialen Krise hat der Antisemitismus in Übermenschen, die kündige ich an.» Griechenland noch einmal neuen Auf- Bemerkenswert ist, dass Chrysi Avgi wind erhalten. Populistische Fernsehsen- nicht den Weg anderer rechtsextremer dungen und Internetplattformen tragen Gruppen in Europa eingeschlagen hat, gezielt zur Verbreitung von Verschwö- antisemitische durch antimuslimische rungstheorien bei, denen zufolge die Rhetorik einzutauschen, da muslimische Globalisierung nichts anderes sei als der Migranten heute ja viel eher als gesell- düstere Plan des «internationalen Juden- schaftliches Feindbild taugen. Ungeach- tums», die Weltherrschaft an sich zu rei- tet ihrer ausgesprochen migrantenfeind- ßen. Als absolutes Feindbild gilt der «jü- lichen Haltung versteht sich Chrysi Avgi dische Banker». Dieses antisemitische als strikt antijüdisch und wähnt hinter je- Klima ermöglicht es Chrysi Avgi, sich der «antigriechischen Kampagne» den wie ein Fisch im Wasser zu bewegen. So Staat Israel und die Juden als Strippen- konnte sie ihre eigenen, noch radikaleren zieher. In jüngeren Texten ihrer Vordenker judenfeindlichen Positionen in Umlauf wird der Islam lobend als «ein zentraler bringen. Parameter in den internationalen Be- Bezeichnend für den extremen Anti­ ziehungen» hervorgehoben. Er verfüge semitismus von Chrysi Avgi sind die über «einen hinreichenden weltanschau- Liedtexte zweier Musikbands, in denen lichen Hintergrund», um zu begreifen, Parteifunktionäre mitwirken, die heute «dass uns künftig eine noch grausamere, Mitglied des griechischen Parlaments abscheulichere und rechtlosere Welt un- sind. In dem ersten Lied, das den Titel ter der Vorherrschaft der Juden» bevor- «Auschwitz» trägt, heißt es: «Juden raus! stehe. Chrysi Avgi preist den «heroischen Kampf der Hisbollah» als Vorbild. Die His- der Absicht, Deutschland davon abzu- 25 bollah habe es geschafft, zumindest «vo- halten, «im östlichen Mittelmeerraum rübergehend den israelischen Expansi- seine Präsenz auszubauen und eine füh- onsdrang bloßzustellen und die bis an die rende Rolle zu spielen». Auch bei den Zähne bewaffneten israelischen Truppen Auftritten von Chrysi Avgi gibt es die all- mithilfe einer Kombination aus außerge- seits bekannten Parolen, bei denen An- wöhnlichem Mut, glänzender Strategie gela Merkel verunglimpft wird und von und bemerkenswerter Disziplin zu schla- der «Troika von Deutschlands Gnaden» gen». An den «heiligen nachkoranischen die Rede ist. Aber in ihrem Parteimani- Schriften» des Islam bewundert Chrysi fest und in anderen Publikationen zeigt Avgi «den konsequent und notfalls auch sich eine extrem deutschlandfreund- mit Gewalt ausgetragenen Antagonis- liche Haltung. Zudem bezeichnet die mus zwischen Islam und Judentum, un- Organisation die Verachtung und den geachtet des Versuchs von moderaten Hass, die im deutschsprachigen Raum Kräften auf beiden Seiten, diesen Wider- gegenüber Griechenland geschürt wür- streit kleinzureden». den, als «Machwerk der Zionisten» und Bemerkenswert ist auch, dass Chrysi prangert insbesondere das «zionistisch Avgi ausgesprochen germanophil ist, beherrschte Nachrichtenmagazin Fo- im Unterschied zu den meisten popu- cus» an. Wenn führende Parteimitglie- listischen rechtsextremen Gruppierun- der gezwungen werden, gegen die Poli- gen in Griechenland mit ihrer eindeutig tik der deutschen Kanzlerin Stellung zu antideutschen Gesinnung. Chrysi Avgi beziehen, dann ziehen sie sich so aus der vertritt die Ansicht, dass der Bruch und Affäre: Sie behaupten einfach, Angela die Feindseligkeiten zwischen Griechen Merkel sei jüdischer Abstammung und und Deutschen «das Ergebnis vielfälti- würde deswegen den Anweisungen der ger dunkler Machenschaften» seien und «Zionisten» zum Schaden Griechenlands «systematisch geschürt» würden, mit Folge leisten.

Internationale Verbindungen

Bereits Anfang der 1980er Jahre begann Organisation CEDADE (Circulo Español Chrysi Avgni, sich um internationale Kon- de Amigos de Europa), die 1966 gegrün- takte zu bemühen. Im Unterschied je- det worden war und Anfang der 1980er doch zu den Neofaschisten, die nach der Jahre bereits ihren Zenit überschritten Militärdiktatur Verbindungen mit italie- hatte. Mithilfe von CEDADE lernten füh- nischen Gesinnungsgenossen von der rende Mitglieder von Chrysi Avgi zu die- Ordine Nuovo und ähnlichen rechten sem Zeitpunkt auch die in Spanien le- Terrororganisationen suchten, orientier- bende Legende der neonazistischen te sich Chrysi Avgi anfangs in Richtung Bewegung, den berüchtigten belgischen Spanien. Offizier der Waffen-SS, Léon Degrelle, Zunächst hatte sie Kontakt mit der neo- kennen. Der meistausgezeichnete nicht- nazistischen und extrem antisemitischen deutsche Offizier der NS-Militärmaschi- 26 nerie war während des Zweiten Welt- Stand der Jugendorganisation der Partei, kriegs Kommandeur der Wallonischen Front National de la Jeunesse, käuflich Legion gewesen. Zeit seines Lebens erwerben. Nikolaos Michaloliakos hatte hat er es als allerhöchste Ehre erachtet, Jean-Marie Le Pen bereits während ei- dass Hitler während einer Ordensver- nes früheren Besuchs des Chefs der fran- leihung den Satz an ihn gerichtet hat- zösischen extremen Rechten in Athen te: «Wenn ich einen Sohn hätte, müsste kennengelernt. Besondere Beziehungen er genauso sein wie Sie.» Nach der Be- pflegten die griechischen Neonazis zu je- freiung Belgiens wurde Degrelle wegen ner Zeit auch zu der rassistischen Afrika- Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt, al- ner Weerstandsbeweging in Südafrika, lerdings in Abwesenheit. Zuvor war ihm die sich damals mit gewaltsamen Mitteln die Flucht nach Spanien gelungen, wo gegen das absehbare Ende des Apart- ihn das Franco-Regime willkommen ge- heidsystems zur Wehr setzte. heißen hatte. Von seinem neuen Wohn- Als zu Beginn der 1990er Jahre mit dem sitz aus nahm Degrelle wieder Kontakt zu allgemeinen nationalistischen Taumel ranghohen NS-Militärs auf, darunter Ma- der Aufstieg von Chrysi Avgi begann, jor Otto Skorzeny (der Mann, dem Hitler ließ es sich die Organisation auch nicht mehrere Sonderkommandos anvertraut nehmen, sich unmittelbar in die kriege- hatte) und General Karl Wolff, seines Zei- rischen Auseinandersetzungen auf dem chens höchster SS-Führer in Italien und Territorium des sich auflösenden Jugo­ rechte Hand von Heinrich Himmler, so- slawien einzumischen. Bereits in einer wie der berüchtigte «Schlächter von Ly- der ersten Ausgaben ihrer Wochenzei- on», Klaus Barbie. Seine wichtigste Auf- tung vom 21. Februar 1993 findet sich gabe sah Degrelle jedoch darin, neue ein Exklusivinterview mit Vojislav Seselj, Kämpfer für die Bewegung des interna- dem ultranationalistischen serbischen tionalen Faschismus anzuwerben. Schon Politiker, der sich seit einigen Jahren vor bald verwandelte er seine Villa im spani- dem Internationalen Strafgerichtshof schen Malaga in ein Zentrum für die Re- für das ehemalige Jugoslawien wegen krutierung junger Nazi-Funktionäre aus Kriegsverbrechen verantworten muss verschiedenen Teilen Europas. Die zwei (das Urteil wird für Ende Oktober 2013 bekanntesten waren der Italiener Stefano erwartet). Stolz verweist man im Aufma- Delle Chiaie, der über den dunklen Fürs- cher auf die Beteiligung der Organisati- ten Valerio Borghese zu Degrelle stieß, on am Jugoslawienkrieg und druckt auf und der deutsche Neonazi Michael Küh- der Titelseite auch ein Foto ab mit der Un- nen, der 1984 vor der Justiz erst nach terschrift: «Griechische Patrioten an der Paris flüchtete und dann nach Spanien Seite der Serben in Bosnien im Einsatz! ging. Unter ihnen auch Mitglieder von Chrysi 1994 gab es erste Kontakte zwischen Avgi!» Nur wenige Wochen später prä- Parteikadern von Chrysi Avgi und der sentierte die Zeitung ein Interview mit französischen Neonazi-Gruppe PNFE zwei namentlich nicht genannten Partei- (Parti Nationaliste Français et Europé- funktionären, die angeblich an der Seite en). Bereits im September 1995 konnte der bosnischen Serben am Krieg teilge- man die Wochenzeitschrift Chrysi Avgi nommen haben, nach eigener Aussage auf dem Festival der Front National am sogar von Radovan Karadžić persönlich mit militärischen Orden ausgezeichnet bosnischen Muslimen durch die bosni- 27 wurden (gleichwohl sie – so der Zusatz – sch-serbische Armee in Srebrenica (vom nicht unmittelbar an Angriffen beteiligt 11. bis zum 17. Juni 1995). Diese Frage gewesen seien). Auch gegen Karadžić beschäftigte im Jahr 2005 auch das grie- wird zurzeit vor dem UN-Kriegsverbre- chische Parlament. Der damalige griechi- chertribunal ein Prozess geführt. sche Justizminister unter der Regierung Mehr als ein Jahrzehnt später begann die von Kostas Karamanlis, Anastasios Pa- griechische Justiz mit Ermittlungen, um paligouras, präsentierte sich als gut in- zu klären, ob und inwieweit Griechen in formiert und versprach vollmundig, dass Kriegsverbrechen während des Bosnien- die Justiz alles tun werde, um die Vorfäl- kriegs verwickelt waren. Dies geschah le aufzuklären. Zugleich ließ er durchbli- just am zehnten Jahrestag des größten cken, er bezweifle, dass es wirklich Grie- Massakers auf europäischem Boden seit chen gegeben habe, «die an Massakern dem Ende des Zweiten Weltkriegs – der beteiligt waren». Seitdem sind weitere Ermordung von 7.500 unbewaffneten acht Jahre tatenlos verstrichen.

Die Vision von einer «Braunen Internationalen»

Es gab in der Vergangenheit wohl meh- internationaler Ebene als Repräsentantin rere Versuche, in Europa eine «Braune des griechischen Rechtsextremismus zu Internationale» aufzubauen. An den bei- profilieren. den, die öffentlich bekannt wurden, wa- Jean-Marie Le Pen war der zweite promi- ren jeweils auch griechische Organisati- nente Rechtsextremist, der einen ähnli- onen beteiligt. Einer der Vorreiter bei der chen Anlauf unternahm. Der Vorsitzen- rechten europäischen Vernetzung war de der französischen Front National gab der russische Ultranationalist Wladimir 1997 den Aufbau von Euronat (Europäi- Schirinowski, der sich unter anderem sche Nationalisten) bekannt, einer euro- gemeinsam mit Mitgliedern von Chry- paweiten Nationalistischen Internationa- si Avgi am Bosnienkrieg beteiligt hat. len, die mit dem Slogan «Nationalisten Schirinowski, Chef der rechtsextremen aller Länder – vereinigt Euch!» (frei nach russischen Liberal-Demokratische Par- Marx) auf sich aufmerksam machte. Die tei Russlands (LDPR), lud im April 1994 Partnerorganisation aus Griechenland Vertreter von Chrysi Avgi nach Moskau war Elliniko Metopo (Griechische Front), ein, die dort Griechenland in der im Auf- eine Kopie von Le Pens Front National, bau befindlichen «Patriotischen Interna- mit Makis Voridis als Vorsitzendem. Auch tionalen» (Patrintern) vertreten sollten. diese Unternehmung war nicht von Er- Eingeladen waren zudem rechtsextreme folg gekrönt. Dies bedeutet jedoch nicht, Gruppierungen aus Österreich, Belarus, dass die Idee von einer «Braunen Interna- Deutschland, Ungarn, Serbien und der tionalen» aufgegeben worden wäre. Ukraine. Der Plan Schirinowskis schei- Aktuell gibt es Hunderte von Hinweisen terte zwar, doch Chrysi Avgi erhielt mit und Dutzende von Fotos in den Publikati- der Einladung die Gelegenheit, sich auf onen von Chrysi Avgi, die ihre vielfältigen 28 Beziehungen zu Neonazis aus ganz Eu- ten darzustellen, was ihnen nicht gelang, ropa belegen. Insbesondere zu Deutsch- weil diese recht bekannt sind. Sebasti- land und zur NPD existieren seit Jahren an Schmaus ist NPD-Funktionär, sitzt im enge Verbindungen. So waren Mitarbei- Nürnberger Stadtrat und ist Mitglied der ter von Michaloliakos seit Beginn des Bürgerinitiative Ausländerstopp. Matthi- Jahrzehnts mehrere Male in Deutsch- as Fischer war Gründer und führender land, um sich dort mit Vertretern der NPD Kopf der inzwischen verbotenen Frän- zu treffen. Der ehemalige NPD-Vorsit- kischen Aktionsfront, einem neonazisti- zende Udo Voigt wiederum hat auf Ein- schen Kameradschaftsverband. Er war ladung von Chrysi Avgi wiederholt Grie- wegen einschlägiger Straftaten schon chenland besucht. Von den zahlreichen mehrmals monatelang in Haft. Beide Begegnungen zwischen griechischen Männer sind Kader des Freien Netz Süd, und deutschen Neonazis seien hier stell- einem neonazistischen Dachverband in vertretend einige angeführt: Im Mai 2005 Süddeutschland, gegen den zurzeit ein nahmen führende Chrysi-Avgi-Mitglie- Verbotsantrag des bayerischen Landta- der an der von der NPD organisierten Fei- ges anhängig ist. er zum Gedenken an die Niederlage Nazi-­ Nikolaos Michaloliakos wusste also nur Deutschlands teil. Einen Monat später zu genau, wen er sich da ins Parlament waren sie zu Gast beim sogenannten eingeladen hatte, zumal die Delegation Fest der Völker in Jena. Im September der deutschen Neonazis, die nach Grie- 2005 schickten die griechischen Nazis chenland gereist war, um an dem von eine kleine Delegation zum Bundeswahl- Chrysi Avgi organisierten Imia-Marsch15 kongress der NPD in Riega. 2006 waren teilzunehmen, aus immerhin 30 Mitglie- Vertreter von Chrysi Avgi bei der 1.-Mai- dern bestand. Auf seiner Website16 geht Kundgebung der NPD in Rostock dabei. das «Freie Netz Süd» ausführlich auf die Einen empfindlichen Dämpfer erhielt besondere Beziehung zwischen Chrysi die Beziehung der Schwesterparteien Avgi und den in ihrem Netzwerk verei- im Oktober 2010, als die NPD unter dem nigten, am Rand der Legalität agierenden Motto «Deutsches Geld für deutsche In- deutschen Neonazi-Gruppen ein. So wird teressen – keine Finanzhilfen für Grie- unter anderem bestätigt, dass der Grie- chenland!» eine Protestkundgebung vor chenlandbesuch ihrer Delegation auf of- dem griechischen Konsulat in Düsseldorf fizielle Einladung von Chrysi Avgi erfolgt abhielt. Die griechische Nazi-Partei sah war. Außerdem wird hier behauptet, die sich gezwungen, offiziell die Kontakte griechische Nazi-Partei sei der Kern einer zur NPD abzubrechen. Tatsächlich kam neuen Bewegung, die zu einer paneuro- es zu keinerlei Bruch. Zuletzt besuchten päischen Wiedergeburt der nationalso- am 1. Februar 2013 zwei bayerische Neo- zialistischen Ideen führen werde. Ganz nazis auf Einladung von Chrysi Avgi das selbstverständlich ist hier von Chrysi Av- griechische Parlament und ließen sich gi als einer nationalsozialistischen Orga- mit dem Anführer Michaloliakos und an- nisation die Rede. deren Abgeordneten der Partei ablichten. 15 Der Mar sch wird seit 19 97 zur Erinnerung an einen milit ä - Als der Besuch publik wurde, versuchte rischen Zwischenfall vor der türkischen Küste durchgeführt, Chrysi Avgi das Ganze herunterzuspielen an dem sich 1996 unweit der Insel Imia fast ein Krieg zwi- schen Griechenland und der Türkei ent zündet hät te (A. d. Ü.).  und die beiden Neonazis als Journalis- 16 Siehe: http://www.freies-netz.sued.net. Von Interesse ist auch die Information, vember 2009 in Heises Heimatdorf Fret- 29 dass dem Besuch der bayerischen Na- terode stattgefunden haben, wobei den zis in Athen wohl im November 2012 deutschen Ermittlungsbehörden zufol- ein Treffen zwischen dem deutschen ge Michaloliakos den Besuch nicht allein Neonazi-Netzwerk und Vertretern der unternommen habe, sondern in Beglei- griechischen «Kameraden» in Nürnberg tung eines mysteriösen «Professors» ge- vorausgegangen ist, an dem auch der wesen sei. Der Gastgeber Thorsten Hei- berüchtigte Holocaust-Leugner Ernst se ist Spitzenfunktionär der NPD. Zuvor Zündel teilgenommen haben soll. Man war er führendes Mitglied der neona- habe die griechischen Gäste auf einem zistischen Freiheitlichen Deutschen Ar- Stadtrundgang zum zentralen, bis 1945 beiterpartei, die 1995 verboten wurde. nach Adolf Hitler benannten Platz der Heise ist mehrfach vorbestraft wegen Nürnberger Altstadt und zu dem Gebäu- tätlicher Angriffe, schwerer Körperver- de geführt, in dem einst die Nürnberger letzung und diverser anderer Gesetzes- Rassengesetze beraten und beschlossen verstöße. Unter anderem ist er für den wurden. Im Rahmen dieses Besuches sei Versuch verurteilt worden, einen Flücht- dann auch die Einladung für den Gegen- ling mit dem Auto zu überfahren. Für besuch im griechischen Parlament er- überregionale Schlagzeilen sorgte Hei- gangen. se auch 2006, als er auf seinem Grund- Doch es gibt auch noch Ernsteres in stück in Fretterode das 1971 errichtete Sachen deutsch-griechische Freund- und 2004 von Unbekannten in Marien- schaft unter der extremen Rechten zu fels zerstörte Ehrenmal für die 1. SS-Pan- berichten. Im Januar 2012 hat der Deut- zerdivision Leibstandarte-SS Adolf Hitler sche Bundestag einen Untersuchungs- und die 12. SS-Panzerdivision Hitlerju- ausschuss eingesetzt, um die Taten der gend wiedererrichten ließ. neonazistischen Terrororganisation Na- Ende Januar, Anfang Februar 2013 hiel- tionalsozialistischer Untergrund (NSU) ten sich in Griechenland nicht nur deut- aufzuklären, der insgesamt zehn Mor- sche Neonazis des Freien Netz Süd, de (einer der Opfer war ein griechischer sondern zwei weitere europäische Dele- Migrant) zur Last gelegt werden. Zudem gationen auf, die alle an der Kundgebung erhielt der Ausschuss den Auftrag, ei- zum Gedenken an die Vorfälle in Imia teil- ne Bewertung der Beziehungen zwi- nahmen. Die eine wurde von der italie- schen der NSU und anderen rechtsext- nischen Partei Forza Nuova (Neue Kraft) remistischen Organisationen im In- und angeführt, die zweite von der rumäni- Ausland vorzunehmen. Laut Presse- schen Organisation Noua Dreapta (Neue mitteilungen enthalten die NSU-Akten Rechte). Forza Nuova ist eine neofaschis- tatsächlich detaillierte Informationen tische Gruppierung, die den Ideen des über Kontakte von Führungskadern der italienischen Kulturphilosophen und Ras- Chrysi Avgi zu prominenten deutschen sentheoretikers Julius Evola anhängt. Die Neonazis. So findet sich darin auch der rumänische Noua Dreapta ist eine offen Hinweis auf einen Besuch von Nikolaos rassistische Gruppierung, die sich auf die Michaloliakos im Haus von Thorsten Hei- nationalsozialistische Führungsfigur der se, einem der bekanntesten deutschen Zwischenkriegszeit, Corneliu Codreanu, Neonazis. Der Besuch soll am 19. No- bezieht und für ein Großrumänien in den 30 alten Grenzen eintritt. Auch diese beiden kett im Dunkeln zu belassen. Schließ- Organisationen haben, ähnlich wie die lich ist es nicht ganz so einfach, nach au- deutschen Neonazis, nach ihrer Reise ßen plausibel zu erklären, wie die jeweils über ihre Publikationsorgane verlautba- ultra-nationalistischen­ Organisationen ren lassen, dass sie Griechenland auf Ein- und deren Interessen, die ja eigentlich ladung von Chrysi Avgi, einem «wesentli- im Gegensatz zueinander stehen, in Ein- chen nationalistischen Bündnispartner», klang zu bringen sind und wie die Zusam- besucht hätten. menarbeit aussehen soll – es sei denn, Nach ihrem erdrutschartigen Wahler- man vertritt den Ansatz einer rechten folg 2012 und mit der Aussicht auf eine «Achsenpolitik». spürbare Aufstockung ihrer finanziellen Es ist also festzuhalten, dass die grie- Mittel durch staatliche Zuschüsse trach- chische Chrysi Avgi, die sich jahrzehn- tet Chrysi Avgi nun danach, eine Füh- telang um die Anerkennung und Unter- rungsrolle in einer neuen europäischen stützung von anderen Organisationen «Braunen Internationalen» zu überneh- der extremen Rechten in Europa bemüht men. Seit 2004 sind die NPD, Forza Nuo- hat, heutzutage als ein nachahmenswer- va, Noua Dreapta und Chrysi Avgi in der tes Erfolgsmodell gilt und dazu in der La- sogenannten Europäischen Nationalen ge ist, ins Ausland zu expandieren und Front (ENF) zusammengeschlossen. Bis- auch jenseits der Grenzen Griechenlands weilen tummelten sich auch noch ande- Einfluss zu nehmen. Dabei konzentriert re rechtsextreme und neofaschistische sie sich vor allem auf Länder, in denen Organisationen unter diesem Dach. Zur- es aufgrund von historischen Auswan- zeit sind es die oben angeführten vier, er- derungswellen relativ große griechi- gänzt durch die Narodowe Odrodzenie sche Communities gibt, zum Beispiel in Polski sowie die spanischen Organisati- Deutschland, in den USA, in Kanada oder onen La Falange und Movimiento Social Australien. Auch wenn sie dabei noch Republicano (MSR). Im November 2012 keine besonders nennenswerten Erfol- wurde eine Abordnung von Chrysi Avgi ge erzielen konnte, gibt es schon erste zum 7. Paneuropäischen Kongress des Nachahmer zu vermelden. So hat sich MSR nach Madrid eingeladen. etwa in Triest bereits eine gleichnamige Chrysi Avgi ist eher bestrebt, all diese italienische Gruppe gegründet – die Alba Aktivitäten auf dem internationalen Par- Dorata.

Der explosionsartige Stimmenzuwachs

Es ist von großer Wichtigkeit, die Grün- muss man sich vergegenwärtigen, dass de und Umstände zu verstehen, die dazu das Griechenland des Jahres 2012 nur geführt haben, dass bei den Parlaments- noch wenig mit dem des Jahres 2009 wahlen von 2012 plötzlich 440.000 Men- gemein hat. Solche extremen sozialen schen für Chrysi Avgi gestimmt haben, Verwerfungen wie die, die von der seit während es vier Jahre zuvor noch le- 2010 im Land umgesetzten Austeritäts- diglich 23.000 waren. Zunächst einmal politik ausgelöst wurden, hat es in Frie- denszeiten noch nicht gegeben. Die Ein- hat sich in der Vergangenheit eine solche 31 nahmen der abhängig Beschäftigten, Strategie als Bumerang erwiesen. aber auch der Selbstständigen sowie der Die völlig unerwartete Eroberung eines kleinen und mittleren Unternehmer sind Sitzes im Athener Stadtparlament, in um 40 Prozent gesunken. Die ohnehin das der Parteichef von Chrysi Avgi mit schon niedrigen Renten sind drastisch einem Stimmenanteil von 5,29 Prozent gekürzt worden. Derweil erreicht die Ar- im Herbst 2010 höchstpersönlich ein- beitslosenquote ständig neue Rekordhö- zog, war in gewisser Weise der Start- hen. Zuletzt lag sie bei 30 Prozent, unter schuss für den folgenden Siegeszug der Jugendlichen hat sie sogar die Marke Organisation. Es wiederholte sich, was von 60 Prozent überschritten. Das Aller- in der Vergangenheit schon in anderen schlimmste jedoch ist, dass die überaus Ländern beobachtet werden konnte: schmerzhaften sozialen Einschnitte nicht Auf die mit dem Erfolg bei einer Kom- mit der Perspektive eines Ausweges und munal- oder Europawahl einhergehen- baldigen Endes der misslichen Lage ver- de Steigerung des Bekanntheitsgrades knüpft sind. folgte der Durchbruch auf nationaler Ohne Zweifel spielt also die vielfältige Ebene. ökonomische Krise eine zentrale Rolle Befördert wurde der Aufschwung von bei der Erklärung, warum der nationalso- Chrysi Avgi aber auch durch die Koali- zialistischen Partei Chrysi Avgi ein derart tionsregierung unter der Führung von kometenhafter Aufstieg vergönnt war. Al- Loukas Papadimos, dem das fragwürdi- lerdings wäre ihr Erfolg weitaus beschei- ge Verdienst zukommt, die unmittelbare dener ausgefallen, wäre das politische Machtbeteiligung einer rechtsextremen System Griechenlands nicht so abge- Partei salonfähig gemacht zu haben, die wirtschaftet und unfähig, mit den aktu- Apathie und das Desinteresse eines gro- ellen Problemen umzugehen. Als es bei ßen Teils der griechischen Bevölkerung den Regional- und Kommunalwahlen von am Schicksal der Demokratie oder bes- 2010 erste Anzeichen für eine wachsen- ser gesagt ihre Verzweiflung angesichts de Zustimmung in der Bevölkerung für deren desolaten Zustands, aber auch Chrysi Avgi gab, reagierten die meisten durch eine ganze Reihe von modernen anderen politischen Parteien aus wahltak- Mythen, die es in Bezug auf das angeb- tischem Kalkül darauf nicht mit Abgren- lich besondere soziale Engagement von zung, sondern begannen, der nationalso- Chrysi Avgi gibt. Eine entscheidende Rol- zialistischen Partei nachzueifern und sich le hierbei spielten, wie schon einige Jah- deren politischer Agenda und Rhetorik – re zuvor bei den Erfolgen von LAOS, be- insbesondere in der Migrantenfrage – zu stimmte Medien. Auch diesmal hat sich unterwerfen. Ein grundsätzlich falsches die griechische Tageszeitung mit der auf- Rezept, wie sich bereits vielerorts in Eu- lagenstärksten Sonntagsausgabe, Pro- ropa gezeigt hat, wenn Parteien des kon- to Thema, durch eine skandalös offene, servativen Lagers der Versuchung nach- mitunter sogar auf konstruierte Berichte gegeben haben, der extremen Rechten stützende Propaganda zugunsten von auf deren ureigenem Terrain des Natio- Chrysi Avgi hervorgetan. nalismus und der Fremdenfeindlichkeit Ein weiterer Punkt, den es zu beachten Konkurrenz machen zu wollen. Überall gilt, ist der spezifische Entstehungszu- 32 sammenhang der Partei, der maßgebli- Militärdiktatur bereits zu einem sehr frü- chen Einfluss auf ihre spätere Entwick- hen Zeitpunkt, sich mit den Strukturen lung hatte. Zunächst ist der gescheiterte des «tiefen Staats»17 vertraut zu machen. Versuch zu nennen, die Militärjunta zur Im Unterschied zu anderen westeuro- nationalsozialistischen Ideologie zu be- päischen Organisationen am extremen kehren. Ein Resultat davon war, dass sich rechten Rand des politischen Spektrums das rechtsextreme Spektrum in Grie- war Chrysi Avgi trotz ihrer überaus radi- chenland vom Nationalsozialismus eher kalen Positionen auch noch nie eine Par- abgrenzte und ihre Organisationen in tei der Parias. Sie verfügte stets über sehr den Jahrzehnten nach der Militärdikta- gute Beziehungen zur Polizei und zum tur verschiedene politische Ausrichtun- Militär, aber auch zum Justizapparat und gen auf parlamentarischer und außerpar- zur Kirche. Die massive Infiltrierung der lamentarischer Ebene annahmen, was EL.AS (der griechischen Polizei) durch Chrysi Avgi von Anfang an eine ideologi- Mitglieder von Chrysi Avgi ist kein aktu- sche Sonderstellung bescherte. Anderer- elles Phänomen, sondern geht auf eine seits ermöglichte ihr die Lehrzeit an der jahrzehntelange enge Verbindung zu- Seite von hochrangigen Vertretern der rück.18

Wer wählt Chrysi Avgi?

In den nach den Parlamentswahlen vom rigen 11,9 Prozent, bei den 45- bis Juni 2012 durchgeführten Meinungs- 54-Jährigen 6,7 Prozent, bei den 55- bis umfragen nannten 29 Prozent der Chry- 64-Jährigen 3,8 Prozent und in der Grup- si-Avgi-Wähler Protest, Verzweiflung pe der über 60-Jährigen 2,5 Prozent. Kei- und den Wunsch, das politische System ne nennenswerten Abweichungen beim zu bestrafen, als Grund für ihre Wahlent- Wahlzuspruch sind zwischen der Be- scheidung. Bei 27 Prozent gab ihre Hal- völkerung in städtischen (6,8 Prozent), tung zum Migranten- und Grenzprob- vorstädtischen (7,4 Prozent) und ländli- lem den Ausschlag, 14 Prozent wählten chen Regionen (6,9) festzustellen. Was die Organisation, weil sie sich grund- die Berufsgruppen anbelangt, so ge- sätzlich in ihrem Programm wiederfin- nießt die Chrysi Avgi den größten Rück- den, und 13 Prozent aus patriotischen halt unter ungelernten Arbeitern und bei Gründen beziehungsweise weil sie sich Menschen in prekären Beschäftigungs- Sorgen um die Zukunft Griechenlands verhältnissen (24,5 Prozent); es folgen machen. Arbeitslose (23,5 Prozent), Unterneh- Unter ihrer Wählerschaft sind mehr mer (20,3 Prozent), mittlere Angestell- Männer als Frauen (8,5 Prozent versus

5,1 Prozent) und mehr Junge als Alte. In 17 Mit «tiefem Staat» werden über lange Zeit gewachsene, der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen zum Teil konspirative Ver flechtungen zwischen staatlichen Institutionen (wie Polizei, Geheimdienste, Militär, Justiz, betrug der Anteil der Chrysi-Avgi-Wäh- Politik und Verwaltung), der Kirche und dem Rechtsextre- ler 8,1 Prozent, bei den 25- bis 34-Jähri- mismus bezeichnet. 18 So sollen bei den Parlamentswah- len 2012 zwischen 45 und 59 Prozent der Athener Polizisten gen 9,9 Prozent, bei den 35- bis 44-Jäh- Chr ysi Avgi gewählt haben (A. d. Ü.). te in der Privatwirtschaft (12,6 Prozent), Damit wird deutlich, dass die Klassen- 33 Facharbeiter (11,1 Prozent), Arbeiter in lage beziehungsweise Schichtzuge- der Privatwirtschaft (10,2 Prozent), Ge- hörigkeit bei der Wahl von Chrysi Avgi werbetreibende und Kleinunternehmer durchaus von Bedeutung ist. Das unter- (9,1 Prozent), Freiberufler (8,7 Prozent), scheidet die Partei von ihrer Vorgängerin selbstständige Landwirte, Viehzüchter am äußersten rechten Rand, der LAOS, und Fischer (7,5 Prozent), Arbeiter im die sich als Sammlungspartei versteht öffentlichen Dienst (4,7 Prozent), Haus- und zumindest temporär auch rela- frauen (3,6 Prozent), Schüler, Studieren- tiv stark in den Gebieten mit hohen be- de und Soldaten (3,6 Prozent), Rentner, ziehungsweise mittleren bis höheren ehemals beschäftigt im privaten Sektor Einkommen verankert war. Chrysi Av- (2,8 Prozent), mittlere Angestellte im öf- gi weist demgegenüber eine erheblich fentlichen Dienst (2,3 Prozent) und Rent- größere Volksnähe auf, was bei den Juni- ner, ehemals beschäftigt im öffentlichen wahlen 2012 auch ideologisch in einem Dienst (1,7 Prozent). wesentlich offeneren Wahlprogramm als In städtischen Gebieten mit einem ho- noch 2010 zum Ausdruck kam. Die geo- hen Durchschnittseinkommen erhielt grafische Verteilung ihrer Wählerschaft Chrysi Avgi bei den Parlamentswahlen ist auch ein Indiz dafür, dass es sich um im Juni 2012 vergleichsweise wenig kein konjunkturelles Phänomen handelt Stimmen (6,1 Prozent in Glyfada, aber und die Partei dem politischen System nur 3,68 Prozent in Psychiko, 2,94 Pro- Griechenlands auf absehbare Zeit erhal- zent in Philothei, 2,28 Prozent in Eka- ten bleiben wird. li und 4 Prozent im wohlhabenden Vor- Der Einfluss der Partei ist darüber hinaus ort von Thessaloniki Panorama). Eine in jenen Landesteilen am stärksten, die Ausnahme stellt hier der Athener Stadt- von jeher als traditionelle Hochburgen teil Papagou dar, wo es eine langjähri- der extremen Rechten gelten. Ihr bes- ge rechtsextreme Tradition gibt und die tes Wahlergebnis konnte die Organisati- Wohnbevölkerung einen signifikant ho- on mit 10,87 Prozent in der Region Lako- hen Anteil an Militärangehörigen auf- nien erzielen, es folgen Korinthien (9,99 weist (6,58 Prozent). In städtischen Prozent), Attika (9,96 Prozent) und Argo- Gebieten mit mittlerem bis höherem lis (9,44 Prozent). Zu den Gebieten, wo Einkommensniveau nehmen die Stim- Chrysi Avgi mit einem überdurchschnitt- menanteile für die Chrysi Avgi zwar zu, lich guten Ergebnis aufwarten konnte, verbleiben aber noch unter dem Landes- gehört jedoch auch der 2. Wahlbezirk durchschnitt: Cholargos: 5,09 Prozent, von Piräus (9,28 Prozent), der vorwie- Aghia Paraskevi: 4,94 Prozent, Chaland- gend von unteren Einkommensschich- ri: 5.07 Prozent und Marousi: 5,18 Pro- ten bewohnt wird und traditionell eine zent. Wesentlich besser schneidet die linke Hochburg darstellt. Am schlechtes- Partei in Arbeiterstadtteilen ab: Menidi: ten schnitt die Partei in Lasithi (2,59 Pro- 12,54 Prozent, Keratsini: 9,09 Prozent, zent), Iraklio (3,45 Prozent), Rethymno Perama: 10,91 Prozent, Nikaia: 8,43 Pro- (4,14 Prozent), Rodopi (4,19 Prozent) und zent, Peristeri: 7,78 Prozent, Aigaleo: Arta (4,43 Prozent) ab. 8,85 Prozent und Efkarpia (Thessaloniki): 9,86 Prozent. 34 Die weitere Entwicklung von Chrysi Avgi. Was kommt nach den Wahlen?

Da Chrysi Avgi von den meisten politi- «Besatzungsregime» im Land entstan- schen Beobachtern bis 2012 völlig un- den sei. Das einheimische Großkapital, terschätzt wurde sowohl hinsichtlich das von der Krise am meisten profitiert, ihrer kriminellen Energie und Praxis als wird schön außen vor gelassen. auch hinsichtlich ihres rigoros national- Hierzu passt auch der Vorschlag, den sozialistischen Charakters, gab es bis vor Chrysi Avgi nach den Parlamentswahlen Kurzem wenig aussagekräftige Analysen im Mai 2012 unterbreitete, um das Prob- und Einschätzungen zu den Entwick- lem der Regierungsbildung zu lösen. Der lungsperspektiven der Organisation. Vie- «oberste Führer» höchstpersönlich und le ließen sich von der Prognose der Gene- sein designierter Unterführer Ilias Kasi- ralsekretärin der Kommunistischen Partei diaris traten für eine Regierung ein, die Griechenlands (KKE) beruhigen, die da- sich aus «überparteilichen» Persönlich- von ausging, nach ihrem Einzug ins Par- keiten zusammensetzen und angeführt lament würden sich die Funktionäre der werden sollte durch Vasilios Markezinis, Chrysi Avgi Krawatten und Kostüme zu- den Sohn vom Spyros Markezinis, einem legen und sich brav dem System anpas- bürgerlich-konservativen Politiker, der sen. einst mit der Militärdiktatur unter Georgis Das Gegenteil war der Fall. Das Vorge- Papadopoulos kooperiert hatte. Vasilios hen von Chrysi Avgi hat Ähnlichkeiten Markezinis selbst war früher einmal Rat- mit der Taktik der NSDAP während der geber der Königin von England und ver- Zeit der Weimarer Republik. Auf der ei- fügt über Unterstützer in einflussreichen nen Seite tritt sie öffentlich als Beschüt- Unternehmerkreisen in London und zerin der Arbeiterinnen und Arbeiter auf Athen. Diese Empfehlung unterschied und greift das zwischen Griechenland sich kaum von dem Vorschlag von Geor- und seinen Kreditgebern (IWF, EU und gios Karatzaferis, Loukas Papadimos als EZB) unterzeichnete Memorandum an. Ministerpräsidenten einzusetzen. Viel- Zugleich unterstützt sie faktisch alle ar- leicht haben sich die Nazi-Lehrlinge hier beiterfeindlichen Maßnahmen und Di- ein wenig an dem Modell Hindenburg- rektiven. Sie verteidigt verbissenen die Hitler orientiert, wobei ja der Zweite be- De-facto-Steuerfreiheit für griechische kanntlich durch den Ersten an die Macht Reeder und zeigt sich gleichgültig ge- gekommen ist. genüber den zahlreichen skandalösen Welche Strategie Chrysi Avgi letztlich Privatisierungen im Bankensektor und verfolgt, erschließt sich am besten aus den extremen Niedriglöhnen, die Groß- ihrer bisherigen Praxis. Legt man die ein- unternehmer, mit denen sie gern ver- zelnen Mosaiksteinchen zusammen, so kehrt, ihren Arbeitskräften zahlen. Genau ergibt sich das Bild einer Organisation genommen stört sie am Memorandum mit einer «halbmilitärischen» Struktur, und dem damit einhergehenden Auste- die auf Provokation um jeden Preis aus ritätsprogramm eigentlich nur, dass es ist. «Auch wenn das manchen nicht ge- dem griechischen Volk von «Ausländern» fallen mag – die griechische Gesellschaft diktiert worden ist und dadurch eine Art ist bereit, in den Kampf zu ziehen: in ei- nen neuen Typ von Bürgerkrieg», erklär- Führungskern mit den Lehren der italie- 35 te Ilias Panajotaro, ein Abgeordneter von nischen Neofaschisten der Ordine Nuo- Chrysi Avgi, in einem Interview mit der vo vertraut. Zum anderen ist inzwischen BBC. «Auf der einen Seite befinden sich bekannt, dass die Akteure der «Strategie die Nationalisten wie wir und alle Grie- der Spannung» von der griechischen Mi- chen, die wollen, dass unser Land bleibt, litärjunta unterstützt, ausgebildet und fi- wie es einst war. Und auf der anderen nanziert wurden. Seite stehen die illegalen Migranten, die Geschichte wiederholt sich bekanntlich Anarchisten und all jene, die Athen be- nicht einfach. Beunruhigend ist aller- reits mehrmals zerstört haben.» dings, dass diese Strategie von Chrysi Auf den öffentlichen Aufschrei, den die- Avgi offenbar zusammenfällt mit Plänen se Äußerung auslöste, reagierte die Or- von anderen Kreisen, die nach Wegen ganisation aus Gründen der Schadens- suchen, den Widerstand des Volkes ge- begrenzung mit einem Dementi. Ihr gen die extremen Sparmaßnahmen, die Abgeordneter habe dies alles nicht so ge- der griechischen Gesellschaft im Namen meint. Doch es besteht kein Zweifel dar- der Krisenbekämpfung auferlegt wer- an, dass dies die wahre Absicht von Chry- den, zu brechen. Einen ersten Vorge- si Avgi ist: Sie wollen ihre Gegner und schmack, wie die Umsetzung aussehen Opfer um jeden Preis herausfordern und könnte, gab die griechische Regierung bürgerkriegsähnliche Zustände auf den im Sommer 2011, als sie versuchte, in Straßen der großen Städte herbeiführen, Athen den zentralen Syntagma-Platz zu um damit die eigene gewalttätige Praxis räumen, auf dem sich eine bis dato kaum als notwendige «Gegenreaktion» recht- vorstellbare Menge von empörten Grie- fertigen zu können und sich als die ein- chen versammelt hatte, um gegen die zige Kraft zu präsentieren, die das Land Austeritätspolitik zu protestieren. Die vor dem Migranten- und Anarchisten- Regierung entschied sich damals für ei- pack und einer Machtübernahme durch nen völlig überzogenen und brutalen Po- die Linken schützt. Wie die Aktionen der lizeieinsatz gegen friedliche Demonst- Parteimitglieder und die Äußerungen ih- ranten und griff dabei auch auf die Hilfe rer Kader unmissverständlich zeigen, ist parastaatlicher rechtsextremer Gruppen ihr Ziel, die Konflikte auf den Straßen der zurück, die sich als Gewerkschafter aus- griechischen Städte soweit eskalieren zu gaben. Dies belegt, dass in bestimmten lassen, dass der «tiefe Staat» einschrei- Schaltzentralen der Macht inzwischen ten muss und sich endlich die Möglich- die Vorstellung gereift ist, dass die einzi- keit zur Errichtung des von ihnen heiß er- ge Möglichkeit, einem Volksaufstand zu- sehnten «völkischen Systems» ergibt. vorzukommen, darin besteht, die Städte Dies kann auch als Versuch betrachtet in Schlachtfelder zu verwandeln, auf de- werden, die «Strategie der Spannung», nen sich die extremen Rechten und Lin- die in den 1970er und 1980er Jahren Ita- ken gegenüberstehen und bekämpfen. lien erschüttert hat,19 in gewisser Weise auf das heutige Griechenland zu übertra- 19 In dieser Zeit kam es zu einer Reihe von inszenierten ter- roristischen Aktivitäten, in die italienische Geheimdienste, gen. Chrysi Avgi hat den Vorteil, dass sie die NATO/CIA-Geheimorganisation Gladio, die Geheimloge auf unmittelbare Erfahrungen aus jener Propaganda Due sowie rechtsextreme Organisationen invol- vier t waren. Ziel war es, diese Anschläge der politischen Lin - Zeit zurückgreifen kann. Zum einen ist ihr ken in die Schuhe zu schieben und sie damit zu diskreditieren. 36 Auf diese Weise – so die Idee – könnte von rechten Hooligans mit ihrem Terror die Mehrheit der Bevölkerung abge- die Stadien in Griechenland erobert hat- schreckt und davon abgehalten werden, ten, blieben die anderen Fans nach und an Massenprotesten gegen die erdrü- nach weg und in den Fußballstadien wur- ckenden Auflagen des Memorandums de es immer leerer und ruhiger. Überträgt teilzunehmen. Man könnte auch sagen: man diese Strategie auf die öffentlichen Hier werden Erfahrungen aus der Welt Plätze und Straßen, könnten sich Organi- des Fußballs auf das gesamte städtische sationen wie Chrysi Avgi für die Mächti- Leben übertragen. Nachdem Banden gen noch als sehr nützlich erweisen.

Die Hilflosigkeit des demokratischen Systems

Der Frage, wie man nationalsozialisti- Die Antwort, was zu tun ist, liegt daher, sche und gewalttätige Organisationen meine ich, auf der Hand: Nur wenn sich wie Chrysi Avgi eindämmen kann, ha- ein breites gesellschaftliches Bündnis ben sich demokratische Parteien und zusammenfindet und sich entschlos- zentrale staatliche Institutionen in Grie- sen gegen die Gewalt der Neonazis zur chenland bislang kaum gestellt. Ledig- Wehr setzt, kann den Sturmtrupps Ein- lich in den Jahren 1995 und 1998 gab es halt geboten werden. Letztendlich kann diesbezüglich Initiativen von Vertretern das Ziel nur darin bestehen, Nazismus, linker Parteien, namentlich der KKE und Rassismus und verbrecherische Gewalt Synaspismos (Vorläuferorganisation von endgültig aus dem politischen Leben des SYRIZA), die politisches und juristisches Landes zu verbannen. Selbstverständ- Eingreifen forderten. Nur ein einziges lich wird dies nicht mit einem einfachen Mal in den vergangenen 30 Jahren wur- Verbot zu erreichen sein. Erfahrungen de vonseiten der Politik, der Zivilgesell- aus anderen Ländern zeigen, dass die schaft und einem großen Teil der Medien meisten Ausschlussformen, einschließ- ernsthaft Druck auf die nationalsozialis- lich Verbote, ihr Ziel, die Aktionsmög- tische Partei Chrysi Avgi ausgeübt. Dies lichkeiten gewaltbereiter rassistischer geschah im Sommer 2005, als die Nach- Organisationen zu beschränken, in der richt von der Austragung des neonazisti- Regel nicht erreichen. Aussicht auf Er- schen «Europäischen Hassfestivals» auf folg haben Verbote nur dann, wenn der griechischem Boden eine landesweite Zeitpunkt gut gewählt ist: weder zu früh – Welle der Empörung auslöste. Der Pro- denn dann besteht die Gefahr, dass die test erreichte ein solches Ausmaß, dass Öffentlichkeit auf eine noch unbekannte die Regierung die Veranstaltung verbie- Gruppierung erst aufmerksam und sie ten musste und sich Chrysi Avgi genötigt dadurch medial aufgewertet wird –, noch sah, ihren seit sieben Jahren unterge- zu spät – denn dann läuft man Gefahr, tauchten und wegen Körperverletzung denjenigen Teil der Bevölkerung gegen angeklagten «Unterführer» Antonis An- sich aufzubringen, der bereits bei Wah- droutsopoulos dazu zu bringen, sich der len für diese Organisation gestimmt hat Polizei zu stellen. und dessen Entscheidung man mit ei- nem Verbot rückwirkend für unwirksam dass es gerade die PASOK war, die bis 37 erklären würde. vor Kurzem immer vor «zwei politischen Die meisten Rechtswissenschaftler sind Extremen» gewarnt hat, was auf eine sich zudem einig, dass jede Form eines Gleichsetzung der Gewalt der Nazis mit direkten Parteienverbots zwangsläufig den von Linken organisierten Protesten mit der griechischen Verfassung kolli- und Initiativen des zivilen Ungehorsams dieren würde, da diese ein solches Inst- hinausläuft. rument nicht kennt. Übrigens hat Niko- Aber ganz unabhängig davon, mit wel- laos Michaloliakos diesbezüglich schon chen Mitteln genau Chrysi Avgi isoliert Stellung bezogen: Im Fall eines Verbots, und geschwächt werden kann. Die heut- teilte er der Öffentlichkeit mit, würde sich zutage entscheidende Frage ist doch, ob seine Partei einfach einen neuen Namen wir dulden wollen, dass sich diese Form geben und unter diesem ihre Politik fort- des praktizierten Nationalsozialismus setzen. Manche Juristen verweisen als weiterhin im Rahmen der Legalität entfal- eine Möglichkeit auf die Anwendung des ten kann. Oder mit anderen Worten: ob Paragrafen 187 des griechischen Straf- wir bereit sind, die von ihm ausgehende gesetzbuches, der sich auf kriminelle alltägliche Gewalt weiterhin zuzulassen. Vereinigungen bezieht und dauernd zum Vor diesem Hintergrund ist dann auch Einsatz kommt, aber bislang noch nicht zu fragen: Wie sieht es mit der Finanzie- zulasten einer nationalsozialistischen Or- rung neonazistischer Aktivitäten durch ganisation. den Staat aus? Werden wir uns dagegen Andere wiederum sind strikt dagegen, auflehnen, dass Chrysi Avgi in den Ge- mit juristisch-formalen Mitteln gegen nuss von Parteizuschüssen kommt? Und Chrysi Avgi vorzugehen, da sie befürch- werden wir uns schließlich gegen all die- ten, ein solcher Umgang würde der Or- jenigen auflehnen – angefangen bei den ganisation zum Vorteil gereichen und ih- einflussreichen Medienunternehmen bis re Attraktivität als systemoppositionelle hin zu zahlreichen opportunistischen Po- Kraft nur noch weiter erhöhen. An die- litikern –, die sich aus welchen Gründen ser Haltung ist zum Beispiel der Vorstoß auch immer dafür entschieden haben, des Vorsitzenden der PASOK, Evange- Chrysi Avgi aktiv zu unterstützen? los Venizelos, gescheitert, der einen Zu- Die einzigen Hoffnungsfunken an die- sammenschluss aller demokratischen sem düsteren Horizont sind die inzwi- Parteien gefordert hatte, um einen insti- schen im ganzen Land zu Dutzenden tutionellen und politischen «Schutzwall» und Hunderten entstandenen antifa- gegen die Neonazis zu errichten. Dass schistischen Initiativen, in denen sämt- diese Initiative ins Leere lief, lag zunächst liche Strömungen und Facetten des so- einmal an der Gleichgültigkeit der kon- zialen und politischen Lebens vertreten servativen Nea Dimokratia, welche die sind. Ob in den Vierteln der Großstädte stärkste Kraft in der damaligen Dreipar- oder in den Dörfern, ob in den Schulen teienkoalition war. Allerdings zeigte sich oder in den Gewerkschaften: Überall or- auch das Linksbündnis SYRIZA gegen- ganisieren sich Menschen, die dem Trei- über dieser «antifaschistischen Initiative» ben dieser Nazis nicht länger tatenlos zu- der PASOK nicht besonder aufgeschlos- sehen wollen. Diese wirklich spontane sen. Es fällt ihr schwer zu vergessen, Basisbewegung vereinigt in sich die un- 38 terschiedlichsten politischen Kräfte, von betrachten. Nach vielen Jahren ist der Autonomen und Anarchisten, über Lin- «Antifaschismus» als politische Identität ke, Kommunisten und Ökologen, bis hin wieder zum Leben erwacht. Und nach ih- zu eher konservativ geprägten Bürgern ren aufgeschreckten Reaktionen zu urtei- und Gläubigen, die den Nazismus eben len, ist dies das Einzige, wovor sich Chry- nicht als Teil der «griechischen Tradition» si Avgi tatsächlich fürchtet. Anhang 39

Die Wahlergebnisse von Chrysi Avgi, 1994–2012

Wahlen Datum Stimmen Prozent Sitze Europawahlen 12.6.1994 7.242 0,11 0 Parlamentswahlen 22.9.1996 4.487 0,07 0 Europawahlen* 13.6.1999 48.532 0,75 0 Europawahlen** 13.6.2004 10.618 0,17 0 Europawahlen 7.6.2009 23.609 0,46 0 Parlamentswahlen 4.10.2009 19.624 0,29 0 Kommunalwahlen*** 14.11.2010 10.222 5,29 1 Parlamentswahlen 6.5.2012 440.966 6,97 21 Parlamentswahlen 17.6.2012 426.025 6,92 18

* zusammen mit der Organisation Proti Grammi (Erste Linie) ** zusammen mit der Organisation Patriotikí Symachia (Patriotische Allianz) *** Kommunalwahlen in Athen Quelle: Innenministerium der Griechischen Republik 40 LITERATUR

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PERSONEN kommunistischen Schmähschriften, die Chrysi Avgi heute noch für Propaganda- Androutsopoulos, Antonios zwecke nutzt. Gilt als einer der wichtigen (Pseudonym: Periandros) (*1966) Ideologen der Obristen-Diktatur (1967– Ehemals hoher Funktionär (sog. Unter- 1974) und hatte unter dem Regime ver- führer) von Chrysi Avgi und Anführer der schiedene Regierungsfunktionen inne. Falanga (dt.: Kolonne) genannten parami- litärischen Stoßtruppe der Partei. Er ge- Georgiadis, Adonis (*1972) hörte zu einer zehnköpfigen Gruppe von Griechischer Politiker. Startete seine Kar- Chrysi-Avgi-Mitgliedern, die im Juni 1998 riere in einer Verkaufssendung des TV-Ka- in Athen einen Mordanschlag auf drei lin- nals von Georgios Karatzaferis, in der er ke Jugendliche verübte. Dabei erlitt einer nationalistische und antisemitische Publi- der drei Jugendlichen eine schwere Kopf- kationen anpries. War zunächst Mitglied verletzung. Androutsopoulos wurde zwar der Jugendorganisationen von Nea Di- von Zeugen als Täter identifiziert, tauchte mokratia und Politiki Anixi, trat dann aber aber sieben Jahre unter und entzog sich 2000 in die rechtsextreme Partei LAOS somit dem Zugriff der Justiz. Er stellte ein, für die er ab 2007 als Parlamentsabge- sich im Jahre 2005 und wurde 2006 zu ordneter und Parteisprecher tätig war. Un- 21 Jahren Haft verurteilt. Nachdem das ter der Dreiparteienkoalition, bestehend Berufungsgericht die Strafe auf zwölf aus Nea Dimokratia, PASOK und LAOS, Jahre herabgesetzt hatte, wurde er 2010 die von November 2011 bis Mai 2012 re- schließlich aus der Haft entlassen. Inzwi- gierte, war er Staatssekretär für Regional- schen hat er sich von der Parteiführung entwicklung, Wettbewerb und Handels- von Chrysi Avgi distanziert, nicht zuletzt, schifffahrt. Im Februar 2012 wechselte weil er sie für seine Verurteilung und In- er gemeinsam mit weiteren Funktionären haftierung verantwortlich macht. der LAOS zur Nea Dimokratia über. Im Ju- ni 2012 wurde er, dieses Mal als Kandidat Garoufalias, Petros (1901–1984) der Nea Dimokratia, wieder in die Natio- Griechischer Politiker. 1964 Verteidi- nalversammlung gewählt. Am 25. Juni gungsminister in der von der Enosis 2013 ernannte ihn die Regierung von An- Kentrou (Zentrumsunion) angeführten tonis Samaras zum Gesundheitsminister. Regierung. Er kollaborierte mit dem Kö- nigshaus und war somit mitverantwort- Iliopoulos, Panagiotis (*1978) lich für den 1965 erfolgten Sturz der de- Mitglied des Zentralkomitees von Chysi mokratisch gewählten Regierung. Nach Avgi. Vertritt als Parlamentsabgeordne- dem Ende der Militärdiktatur (1974) grün- ter den Wahlkreis Magnisia. Seinen lin- dete er die Partei Ethniki Dimokratiki Eno- ken Oberarm ziert eine Tätowierung mit sis (EDE; Nationaldemokratische Union). dem Schriftzug «Sieg Heil».

Georgalas, Georgios (*1928) Ioannidis, Dimitrios (1923–2010) Griechischer Politiker und einflussreicher Griechischer Offizier. War am Staats- Autor von nationalistischen und anti- streich von 1967 beteiligt und hatte als 42 Chef der griechischen Militärpolizei (El- Chrysi Avgi beteiligt, überwarf sich je- liniki Stratiotiki Astynomia/ESA) wäh- doch später mit dem Gründer und Anfüh- rend der gesamten Dauer der Diktatur rer von Chrysi Avgi, Nikolaos Michalolia- eine führende Position inne. Nach dem kos. Vom Gefängnis aus warf er Kostas Studentenaufstand am Polytechnion in Plevris vor, ein Spitzel des parlamentari- Athen im November 1973 initiierte er ei- schen Regimes zu sein. nen Putsch, um Georgios Papadopoulos als Regierungsschef abzusetzen. Am 15. Karatzaferis, Georgios (*1947) Juli 1974 organisierte er einen weiteren Griechischer Politiker. Begann seine Kar- Putsch auf Zypern, um die Regierung riere als Journalist, Unternehmer in der von Erzbischof Makarios III. zu stürzen, Werbebranche und Betreiber einer Schu- und provozierte so die Invasion der tür- le für Models. 1991 erhielt er unter der kischen Streitkräfte auf der Mittelmeer- Regierung von Konstantinos Mitsota- insel. Die dadurch ausgelöste nationale kis eine Sendelizenz für seinen privaten Krise führte zum Zusammenbruch der Fernsehsender. 1993 wurde er für die griechischen Obristen-Diktatur. 1975 Nea Dimokratia in die griechische Nati- wurde die Todesstrafe gegen ihn ver- onalversammlung gewählt. Er fungierte hängt, die jedoch später zu einer lebens- als Sprachrohr des rechtsextremen Flü- langen Haftstrafe umgewandelt wurde. gels der konservativen Partei. Im Jahr Er starb im Gefängnis. 2000 gründete er, nachdem ihn die Nea Dimokratia ausgeschlossen hatte, nach Kaklamanis, Nikitas (*1976) dem Vorbild anderer rechtsextremer Par- Griechischer Politiker, Arzt von Beruf, mit teien in Europa die LAOS. nationalistischen und rechtsextremen Tendenzen. Die meiste Zeit Funktionär Kasidiaris, Ilias (*1980) der Nea Dimokratia. Folgte 1993 Anto- Pressesprecher und Parlamentsabge- nis Samaras jedoch in die von diesem ge- ordneter von Chrysi Avgi. Ehemals Sol- gründete Partei Politiki Anixi (Politischer dat einer Spezialeinheit der griechischen Frühling), für die er zwischen 1994 und Streitkräfte. Während des Wahlkampfs 1999 im Europäischen Parlament saß. im Juni 2012 griff er in einer Live-Sen- Danach kehrte er zur Nea Dimokratia zu- dung des griechischen Fernsehens zwei rück. Von 2004 bis 2006 war er Gesund- linke Parlamentarierinnen tätlich an. Er heitsminister, von 2007 bis 2010 Ober- verleugnet den Holocaust, fordert die bürgermeister von Athen. Abschiebung aller Migranten aus Grie- chenland und die Verminung der grie- Kalentzis, Aristotelis (*1952) chisch-türkischen Grenze. Im August Griechischer Nationalsozialist. Trat ge- 2013 ließ er sich demonstrativ mit einem gen Ende der Militärdiktatur der Partei auf den Oberarm tätowierten Haken- des 4. August (bekannt unter der Abkür- kreuz fotografieren. zung K4A) von Kostas Plevris bei. 1977 wurde er wegen Beteiligung an terro- Mallios, Evangelos (1930–1976) ristischen Bombenanschlägen zu einer Griechischer Polizeioffizier mit leitender zwölfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Funktion im polizeilichen Geheimdienst. War an der Vorgängerorganisation von Während der Militärdiktatur galt er als einer der brutalsten Folterer des Regi- bildung scheiterten, für eine solch tech- 43 mes. In den Prozessen, die auf den Fall nokratische Lösung starkgemacht. der Diktatur folgten, wurde er jedoch wie die meisten Folterknechte der Obristen- Michalolikos, Nikolaos (*1957) Junta, im Wesentlichen freigesprochen. Griechischer Nationalsozialist. Trat wäh- Am 14. Dezember 1976 wurde er von der rend der Militärdiktatur in die Partei des Organisation «17. November» (benannt 4. August von Kostas Plevris ein. War da- nach dem niedergeschlagenen Aufstand nach an mehreren gewalttätigen Aus- der Athener Studenten im November schreitungen und Straftaten von neofa- 1973) ermordet. Bei seiner Beerdigung schistischen Gruppierungen beteiligt. kam es zu tumultartigen Ausschreitun- Wurde 1978 wegen Sprengstofflieferun- gen, als Neofaschisten den Versuch un- gen an rechtsextremistische Terrorgrup- ternahmen, Journalisten von demokra- pen das erste Mal verurteilt. Seit 1980 tischen Zeitungen tätlich anzugreifen. wirkte er federführend an der Gründung Aufgrund seiner Beteiligung an diesen von Chrysi Avgi mit, an deren Spitze er Angriffen verbüßte Nikolaos Michalolia- als Generalsekretär bis heute steht. 1984 kos eine Haftstrafe im Athener Gefängnis machte ihn der ehemalige Diktator Papa- Korydallos, wo er die inhaftierten Anfüh- dopoulos zum Anführer der Jugendorga- rer der Militärjunta kennenlernte. nisation der von ihm vom Gefängnis aus gegründeten Partei Nationale Politische Markezinis, Spyros (1909–2000) Union (EPEN). 1985 brach er jedoch mit Griechischer Politiker und Historiker. War der EPEN und widmete sich ganz dem seit 1946 mehrmals Abgeordneter in der Aufbau von Chrysi Avgi. Im November Nationalversammlung. 1950 gründete 2010 trat er sein Amt als neugewähltes er die Partei Komma Proodeftikon (Par- Mitglied des Stadtrats von Athen an und tei der Fortschrittlichen). 1973 wurde provizierte seine Kolleginnen und Kolle- er von Diktator Papadopoulos zum Pre- gen mit dem Hitlergruß. Er hat mehrere mierminister ernannt, doch kurz darauf Bücher verfasst, in denen er offen den nach dessen Sturz verhaftet. Nach dem Nationalsozialismus propagiert. Ende der Militärdiktatur versuchte er mit der Wiederbelebung der Partei der Fort- Mitsotakis, Konstantinos (*1918) schrittlichen erneut politisch Fuß zu fas- Griechischer Politiker. 1965 war er als An- sen, was ihm jedoch misslang. führer einer Gruppe von «Abtrünnigen» maßgeblich an der sogenannten Aposta- Markezinis, Vasilios (*1944) sia (Abspaltung) beteiligt, das heißt dem Griechischer Jurist mit internationaler Sturz der von der Enosis Kentrou (Zent- Karriere. Sohn von Spyros Markezinis. rumsunion) gebildeten Regierung unter War zwischenzeitlich Wunschkandidat Georgios Papandreou, der er selbst als von nationalistischer Seite und Unter- Wirtschaftsminister angehört hatte. Die nehmerkreisen für eine «Regierung der dadurch ausgelöste politische Krise be- Experten», die Griechenland aus der Kri- günstigte 1967 die Pläne zur Errichtung se führen sollte. Auch Chrysi Avgi hatte eines diktatorischen Regimes. Er koope- sich nach den Parlamentswahlen im Mai rierte allerdings nicht mit der Militärjunta 2012, als die Parteien an der Regierungs- und trat nach 1974 der Nea Dimokratia 44 bei. Von 1990 bis 1993 war er griechi- Zwischen 2004 bis 2007 hatte er das Amt scher Ministerpräsident, bis seine Regie- des Justizministers und 2009 für we- rung an einer neuen «Apostasia», dieses nige Monate das Amt des Ministers für Mal mit Antonis Samaras als treibender Regionalentwicklung, Wettbewerb und Kraft, zerbrach. Handelsschifffahrt inne.

Panajotaros, Ilias (*1973) Plevris, Kostas (Konstantinos) (*1939) Seit 2012 Abgeordneter von Chrysi Avgi Griechischer Politiker und Jurist. Gilt als in der Nationalversammlung. Betreibt ei- Mentor des modernen griechischen Na- nen Laden mit Militaria sowie Nazi-Zube- tionalsozialismus. 1960 gründete er die hör (Keltenkreuzflaggen, Kleidungsstü- neofaschistische Partei des 4. August cke der Marke Pit Bull, Baseball-Schläger (K4A). Während der Militärdiktatur ko- etc.). War Anführer der sogenannten operierte er mit der Junta. Er war unter Galazia Stratia (Blaue Armee), wie Chry- anderem persönlicher Berater des Dik- si Avgi in der Hooliganszene genannt tators Papadopoulos. Zur gleichen Zeit wird. Im Mai 2013 verglich er in einem knüpfte er Kontakte zu neofaschisten Or- Interview Chrysi Avgi mit der Hisbollah ganisationen in Italien wie Ordine Nuovo im Libanon, da die Partei eine Art zweite und Avanguardia Nazionale. 1999 grün- Regierung installiere, um für die griechi- dete er die Partei Proti Grammi (Erste Li- schen Bürger zu sorgen und sie zu schüt- nie), die es bei den Wahlen zum Europä- zen. ischen Parlament desselben Jahres auf 0,75 Prozent der Stimmen brachte. Bei Papadopoulos, Georgios (1919–1999) den Parlamentswahlen von 2000 arbei- Griechischer Offizier. War führender Kopf tete er mit Elliniko Metopo (Griechische der Obristen-Gruppe, die den Staats- Front) von Makis Voridis und ehemaligen streich vom April 1967 durchführte. Un- Führungskräften der von Antonis Sama- angefochtener Diktator bis November ras gegründeten Politiki Anixi zusam- 1973, als er von Dimitrios Ioannidis ab- men. 2004 war er erfolgreichster Kandi- gesetzt wurde. Nach dem Sturz der Dik- didat der Partei LAOS, die aber damals tatur wurde er 1975 zum Tode verurteilt. noch an der Drei-Prozent-Hürde schei- Die Todesstrafe wurde jedoch später in terte. Daraufhin nahm sein Sohn Thanos lebenslange Haft umgewandelt. Vom Plevris seinen Platz in der Partei ein. Ihm Gefängnis aus gründete er 1984 die Par- gelang schließlich 2007 und 2009 der tei Nationale Politische Union (EPEN) und Einzug ins griechische Parlament. Als betraute Nikolaos Michaloliakos mit der Thanos Plevris 2012 zur Nea Dimokratia Führung von deren Jugendorganisation. überwechselte, kandidierte sein Vater er- Er verstarb im Gefängnis. neut auf der Wahlliste der LAOS. Im Oktober 2011 wurde Plevris auf der Papaligouras, Anastasios (*1948) Grundlage des sogenannten Anti-Ras- Griechischer Politiker. War früher Vor- sismus-Gesetzes in Griechenland zu 14 sitzender von ONNED, der Jugendor- Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. ganisation der Nea Dimokratia, und Anlass ist sein Buch «Die Juden. Die gan- später von 1981 bis 2007 Parlaments- ze Wahrheit», in dem er den Holocaust abgeordneter der konservativen Partei. leugnet, Hitler und die SS überschwäng- lich lobt und behauptet, dass die Juden deutschen Nationalsozialismus, von dem 45 Untermenschen seien. In zweiter Instanz er stark beeinflusst war. wurde Plevris allerdings freigesprochen. Voridis, Makis (*1964) Samaras, Antonis (*1951) Griechischer Anwalt und Politiker. 1985 Griechischer Politiker. Seit 1977 Abge- beerbte er Nikolaos Michaloliakos als An- ordneter der Nationalversammlung. War führer der Jugendorganisation von EPEN. nach den Wahlen von 1990 als Kabinetts- 1994 gründete er nach dem Vorbild der mitglied an der Regierung von Konstan- französichen Front National die Partei El- tinos Mitsotakis beteiligt, überwarf sich liniko Metopo (Griechische Front), die je- jedoch mit dem Regierungschef, weil er doch keine nenneswerten Wahlerfolge in der Außenpolitik offen nationalistische erzielen konnte. Voridis unterhält persön- Positionen vertrat. Im April 1992 wurd er liche Beziehungen zu Jean-Marie Le Pen. all seiner Ämter enthoben. 1993 gründe- Er kandidierte zwei Mal für das Amt des te er daraufhin seine eigene Partei, die Athener Oberbürgermeisters und erreich- Politiki Anixi (Politischer Frühling). 2004 te bei den entsprechenden Wahlen 1998 kehrte er zur Nea Dimokratia zurück und und 2002 0,6 beziehungsweise 0,9 Pro- wurde 2009 zum Parteivorsitzenden ge- zent der abgegebenen Stimmen. 2005 wählt. Seit dem 20. Juni 2012 ist er grie- trat er mit der gesamten Führungsmann- chischer Premierminister. schaft seiner Organisation der Partei LA- OS bei und wurde 2007 und 2009 zu de- Skylakakis, Theodoros (1893–1944) ren Parlamentsabgeordneten gewählt. Griechischer Offizier. War kurze Zeit In- Unter der Dreiparteienregierung (Nea Di- nenminister unter dem Regime von Ioan- mokratia, PASOK und LAOS) war er Mi- nis Metaxas. Da man ihm Putschversu- nister für Infrastruktur und Verkehr. 2012 che unterstellte, wurde er im Dezember wechselte er gemeinsam mit anderen LA- 1936 aus dem Ministeramt wieder ent- OS-Kadern zur Nea Dimokratia über, de- lassen. War ein glühender Verfechter des ren Fraktionsvorsitzender er seitdem ist.

ORGANISATIONEN UND PARTEIEN

Ethniki Dimokratiki Enosis (Nationale Elliniko Metopo (Griechische Front) – Demokratische Union) – EDE EM Griechische Partei, von Petros Garoufali- Griechische Partei, im April 1994 von as nach dem Sturz der griechischen Mi- Funktionären der extremen Rechten un- litärdiktatur gegründet, die royalistische ter Führung von Makis Voridis gegrün- Positionen vertrat und der ehemaligen det. Vorbild der EM war die französische Junta nahestand. Bei den Parlaments- Front National, mit der enge Beziehun- wahlen von 1974 kam sie auf 1,08 Pro- gen bestanden, nicht zuletzt dank des zent der Stimmen und verpasste damit persönlichen Verhältnisses, das Voridis den Einzug in die Nationalversammlung. zu Jean-Marie Le Pen und Carl Lang un- Dies hatte ihre Auflösung zur Folge. terhielt. Die EM hat an mehreren Wah- 46 len teilgenommen, kam aber niemals Ethniki Politiki Enosis über einen Stimmenanteil von 0,5 Pro- (Nationale Politische Union) – EPEN zent hinaus. Im Herbst 2005 trat die Griechische Partei, die 1984 von dem in- Parteiführung einheitlich der LAOS bei. haftierten ehemaligen Diktator Georgios 2012 verließ ein Teil davon die Partei Papadopoulos gegründet wurde. Die wieder, um Mitglied der Nea Dimokratia EPEN trat für ein autoritäres politisches zu werden. Regime ein und forderte die Freilassung der Drahtzieher des Staatsstreiches von Europäische Nationale Front – ENF 1967. Ihre größten Erfolge erzielte die 2004 gegründetes Netzwerk von Organi- Partei bei den Europawahlen von 1984, sationen der extremen Rechten, mit dem als sie 2,29 Prozent der Stimmen und ei- Ziel, im Vorfeld der Europawahlen eine nen Parlamentssitz erzielte. Bei den na- nationalistische Wahlplattform zu schaf- tionalen Wahlen, an denen sie sich zwi- fen, verbunden mit dem Aufruf an andere schen 1985 und 1996 beteiligte, blieb sie faschistische und nationalistische Partei- immer unter einem Prozent. en Europas, diesem Bündnis beizutreten. Es ist nach wie vor aktiv. Zur Vernetzung Komma Tetartis Avgoustou und Abstimmung untereinander finden (Partei des 4. August) – K4A häufig Aktionen und Treffen verschiede- Nationalsozialistische, 1965 von Kostas ner Organisationen statt. Es werden auch Plevris gegründete Organisation. Nahm Parteiveranstaltungen oder Kundgebun- nie an Wahlen teil, gilt jedoch als Urzel- gen von Delegationen anderer Organi- le aller späteren nationalsozialistischen sationen besucht. Beteiligt an dem Netz- und neofaschistischen Gruppierungen in werk waren bislang aus Deutschland die Griechenland. Verschiedene Mitglieder NPD, aus Spanien die Gruppe La Falan- hatten verantwortliche Positionen wäh- ge, aus Rumänien die Noua Dreaptă, aus rend der Militärktatur und versuchten, Italien die Forza Nuova, aus Polen die Or- dem Regime einen «ideologischeren», ganisation Narodowe Odrodzenie Pol- sprich: nationalsozialistischen Akzent ski, aus Frankreich die Partei Renouveau zu verleihen. Nach dem Fall der Diktatur français und aus Griechenland Chrysi Av- wurden der K4A Verbindungen zu terro- gi. ristischen neofaschistischen Organisati- onen vorgeworfen. Wichtige Parteikader, Ethniki Parataxis (Nationale Partei) – wie etwa Aristotelis Kalentzis, wurden EP wegen terroristischer Aktivitäten zu Nationalistische und promonarchische mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Im griechische Partei, die nur zu den Parla- Jahre 1977 stellte die Organisation ihre mentswahlen von 1977 antrat und da- Arbeit ein. mals 6,82 Prozent (fünf Sitze) erzielte. Vorsitzender der Partei war Stefanos Ste- Komma Proodeftikon fanopoulos, vorher maßgeblicher Reprä- (Partei der Fortschrittlichen) – KP sentant des konservativen Flügels der 1954 von Spýros Markezinis gegründete Zentrumsunion (Enosis Kentrou). Als Partei, die 1967 wie alle anderen Partei- sich die Partei 1981 auflöste, traten viele en von der Militärjunta aufgelöst wurde. Mitglieder in die Nea Dimokratia ein. 1979 beschloß Markezinis, der inzwi- schen eindeutig in das Lager der extre- te Gruppierung. In der gleichnamigen, 47 men Rechten gewechselt war, die Partei täglich ausgestrahlten Fernsehsendung wieder ins Leben zu rufen. Bei den Wah- warb Karatzaferis über mehrere Jahre len zum Europäischen Parlament 1981 hinweg (1996 bis 2000) dafür, dass sich erzielte sie ihren größten Erfolg (1,96 Pro- alle Strömungen der extremen Rechten zent und ein Mandat). in Griechenland (Monarchisten, Anhän- ger der Militärjunta, Chrysi Avgi usw.) Laikos Orthodoxos Synagermos unter dem Dach der Nea Dimokratia (Völkisch-Orthodoxe Sammlungs­ sammeln sollten. Die Nea Elpida war ge- bewegung) – LAOS wissermaßen das Modell für die später Rechtsextreme Partei in Griechenland, gegründete Partei LAOS. die im September 2000 von Georgios Karatzaferis gegründet wurde, mit en- Politiki Anixi (Politischer Frühling) – gen Beziehungen zur Führung der grie- POLAN chisch-orthodoxen Kirche. Tat sich mit Griechische Partei, die im Juni 1993 von besonders nationalistischen Positionen Antonis Samaras gegründet wurde. Der im Konflikt mit der ehemaligen jugosla- wesentliche Unterschied zur Nea Dimo- wischen Republik Mazedonien und der kratia, von der sie sich abgespalten hat- Türkei hervor. Die Parteikader vertreten te, bestand in ihrer überaus aggressiven offen ausländer- und judenfeindliche Po- außenpolitischen Haltung gegenüber sitionen. Bei den Parlamentswahlen von der ehemaligen jugoslawischen Repub- 2004 verpasste die Partei mit 2,2 Prozent lik Mazedonien und der Türkei. In der Par- der Stimmen noch den Einzug ins Parla- tei fanden auch Vertreter der extremen ment. Demgegenüber erzielte die Partei Rechten Aufnahme. Bei den Parlaments- bei den im selben Jahr stattgefundenen wahlen 1993 kam die Partei auf 4,9 Pro- Europawahlen 4,12 Prozent, was ihrem zent der Stimmen (zehn Mandate) und Vorsitzenden Karatzaferis einen Sitz im bei den Wahlen zum Europäischen Par- Europäischen Parlament bescherte. Bei lament 1994 auf 8,7 Prozent (zwei Man- den Parlamentswahlen von 2007 und date). Bei den griechischen Parlaments- 2009 erreichte LAOS 3,8 Prozent (zehn wahlen 1996 und den Europawahlen Mandate) beziehungsweise 5,63 Prozent 1999 hingegen scheiterte sie an der Drei- (15 Mandate), bei den Europawahlen Prozent-Hürde. Im Jahr 2004 wurde die von 2009 kam sie sogar auf 7,15 Prozent Partei aufgelöst. (zwei Mandate). Bei den Parlamentswah- len vom Mai und Juni 2012 scheiterte die Partei jedoch an der Drei-Prozent-Hürde. Allerdings war sie von November 2011 bis Februar 2012 unter Ministerpräsident Loukas Papadimos Teil der Regierungs- koalition.

Nea Elpida (Neue Hoffnung) Informelle, von Georgios Karatzaferis innerhalb der Nea Dimokratia gebilde- Veröffentlichung in Kooperation mit dem Brüsseler Auslandsbüro der Stiftung und dem Verbindungsbüro in Athen:

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ANALYSEN wird herausge­geben  von der Rosa-Luxemburg-Stiftung V. i. S. d. P.: Sabine Nuss Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, www.rosalux.de ISSN 2194-2951 Layout: MediaService GmbH Druck und Kommunikation Lektorat: Text-Arbeit, Berlin Übersetzung: aus dem Griechischen von Theo Votsos Gefördert mit Mitteln des Auswärtigen Amtes Brüssel/Athen, September 2013 «Viele ließen sich von den Prognosen beruhigen, die davon ausgingen, nach ihrem Einzug ins Parlament würden sich die Funktionäre der Chrysi Avgi Krawatten und Kostüme zulegen und sich brav dem System anpassen. Das Gegenteil war der Fall. Das Vorgehen von Chrysi Avgi hat Ähnlichkeiten mit der Taktik der NSDAP während der Zeit der Weimarer Republik.»

Dimitris Psarras

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