Tk4 E0 LOG i SC1.4 ES Begründet von Wilhelm Schamoni Herausgegeben von Johannes Bökmann Beilage der »Offerten-Zeitung für die katholische Geistlichkeit Deutschlands« Nr. 168 April 1984

INHALT Spalte REINMAR FÜRST REINMAR FÜRST Das Jahr 1917 in Kirche und Welt Das Jahr 1917 in Kirche und Welt Das Gedächtnis der Kirche hat nicht vergessen 5738 Das Gedächtnis der Kirche hat nicht vergessen WEIHBISCHOF MATTHIAS DEF'REGGER

Erhabene Mutter der Kirche — Dir weihe ich 5739 (Bökmann) Seit das II. Vatikan. Konzil von den „Zeichen der PROF. DR. MAX THÜRKAUF Zeit" sprach, haben viele versucht, in derartiger Sicht Vorgänge, Ten- Die Auferstehung Christi und die Naturwissenschaft. 5744 denzen, Tatbestände und Wandlungen zu deuten. Oft verband sich P. DR. RHABAN HAACKE OSB das mit den seit den sechzigerJahren verbreiteten Umfragen und ande- Von den Herrlichkeiten der Kirchengeschichte 5746 ren - meist soziologischen - Zeitanalysen. Der theologische Tiefgang

WILHELM SCHAMONI - jenes Wortes verblaßte oder wurde gar für die Entwicklung von Fakti- Von der Kirche in neuester Zeit anerkannte Wunder schem - dieses theologisierend - mißbraucht. (Schluß) 5750 Um dem zu wehren ist von hoher Bedeutung, daß der Papst kürz- AUDA lich in seiner Predigt anläßlich der Seligsprechung von 100 Märtyrern

Ludwig Kaas — verdient um Staat und Kirche 5753 aus der Aufklärungszeit eine Formulierung gebraucht hat, die sehr BERND WITTSCHIER geeignet ist, den „Zeichen der Zeit" als umfassender Untergrund und Alfons Patermann - Kapuzinerbruder Servulus als Voraussetzung vorangestellt zu werden: „Das Gedächtnis der Ein Märtyrer der Freundestreue 5757 Kirche". Er sagte: „17.93 und 1794 bei den seligen Gefährten von PROF. DR. WALTER HOERES . . . dachten diejenigen, die sie dem Tod ausliefer-

Josef Pieper zu ehren — Zum 80. Geburtstag 5761 ten, und eine gewisse Zahl ihrer Landsleute, sie zu bestrafen und zu DR. KLAUS M. BECKER vernichten; man glaubte die Gruben, in die sie wahllos hineingewor- Die „Laienpredigt" und ihr Verbot fen wurden, wären fiir immer vergessen. Aber sie «sind in Gottes im neuen Codex Tuns Canonici (Fortsetzung) 5767 Hand» . . . Das Gedächtnis der Kirche hat sie nicht vergessen". (Aus PROF. P. DR. ANSELM GÜNTHÖR OSB L' Osserv. Rom. dtsche Ausgabe Nr. 10 von 9. 3. 84, S. 5). Zur Frage der Allgemeingültigkeit und Wir möchten in diesem Heft einen Schwerpunkt einer derartig ver- Unwandelbarkeit sittlicher Normen (Schluß) 5773 tieften und theologischen Sicht der Kirchengeschichte vorlegen. So wie KARDINAL F. KUHARIC die beiden fortlaufenden Reihen (W. Schamoni: Heilige und Selige Ein aufrüttelnder Hirtenbrief aus dem Osten 5777 der Neuzeit - B. Wittschier: Märtyrer 1933 / 45) aus einer solchen Mein Tod als wahres Leben - Glaubens-, Wirk- und Heilsgeschichte auf die Früchte des Geistes Brief einer koreanischen Märtyrerin 5777 und jene wahre Wesensgeschichte der Menschen vor Gott andauernd ROSARIO F. ESPOSITO hinweisen, so möchten wir exemplarisch thematisieren, was in einer Eine Bantu-Ordensfrau: Märtyrerin der Reinheit - Profangeschichte meistens völlig untergeht. Schwester Clementine Anuarite 5778 Das folgende Stück entstammt einem Vortrag, der dies in aus- ANNA KATHARINA EMMERICH gezeichneter Weise leistet: R. Fürst: Pius XII. Rückblick und Aus- Versäumnisse der streitenden Kirche und ihrer Diener 5782 blick - Gedanken zum 25. Jahrestag seines Todes, Verl.]. W Nau- WILHELM SCHAMONI mann (Reden zur Zeit, Neue Folge 1), 39 Seiten. Wir bringen den Victricius Weiss 5783 Abschnitt mit freundl. erteilter Erlaubnis. Auch die Beiträge von P. P. DR. ILDEFONS FUX OSB Rhaban und von]. Auda sowie die Hinweise auf koreanische und Gut für die Praxis - Die Schriftenreihe RESPONDEO 5784 afrikanische Märtyrerinnen der Reinheit sollen so verstanden sein: Ein mahnendes Nichtvergessen! das tief berührende, heutiges Sünden- Ostergruß! „Vergessen” beschämende Weiterwirken, die Freude an dem Herr- „Ist Christus nicht auferstanden, dann ist auch nichtig lichen, das Gott in seiner Kirche wirkt. unsere Predigt und nichtig ist euer Glaube. Dann aber stehen wir auch als falsche Zeugen da ... dann ist euer Glaube unsin- Im Jahre 1917 leiteten zwei Paukenschläge die Zeitge- nig, dann seid ihr noch in euern Sünden. Folglich sind auch die schichte, vielleicht ein neues Zeitalter, ein: Am 6. April traten in Christus Entschlafenen verloren ... So sind wir die die USA in den Weltkrieg ein und entschieden ihn, am 7. bedauernswertesten unter allen Menschen" (1 Kor. 15). November brach die bolschewistische Revolution in Rußland So sammle sich die Sünden, die Knechtschaft dieser Welt, aus. Lenin betrachtete sie als „Prolog zur sozialistischen Welt- Zeit und vor allem Tod überwindende Macht unseres Oster- revolution", aber der Westen versagte sich der Revolution, die glaubens in den Worten des Apostels: Zweiteilung der Welt begann und blieb bis heute1 ). „Doch Dank sei Gott, der uns den Sieg verleiht durch unsern Herrn Jesus Christus!" So grüßt alle Leser, im Herrn verbunden, herzlich - Das größte Ereignis aber war eingehüllt in Einsamkeit Ihr Johannes Bökmann und Stille. Benedikt XV. hatte in einem Brief an Kardinal- staatssekretär Pietro Gaspari vom 5. Mai 1917 angeordnet, daß - 5737 - - 5738 - in die Lauretanische Litanei die Anrufung „Maria, Königin Da es einen Nuntius in Berlin noch nicht gab, hat der Papst des Friedens, bitte für uns!" aufgenommen werde. den Nuntius am Bayerischen Hof mit der Friedensvermittlung Am 13. Mai wurde dieser Brief auch in Fatima während der bei der Reichsregierung betraut. Die unverzüglich eingeleite- Frühmesse verlesen, und in der Mittagsstunde erschien die ten Bemühungen scheiterten hauptsächlich an der „taktisch ver- Mutter Gottes zum ersten Male den drei Seherkindern. schleierten Unnnachgiebigkeit" der Reichsregierung und der Obersten - Zur gleichen Zeit weihte Benedikt XV. in der Sixtini- Heeresleitung in der Belgien-Frage. schen Kapelle Eugenio Pacelli, den er am 3. April zum Nuntius Den etwa gleichzeitigen Verhandlungen Kaiser Karls I., der in Bayern ernannt hatte, zum Erzbischof von Sardes. Pius XII. den Frieden für seine Völker wollte, blieb gleichfalls der Erfolg deutete später dieses Zusammentreffen als ein Zeichen, daß er versagt. in den stürmischen Zeiten seines Pontifikates „doch stets den mütterlichen und wachsamen Beistand der großen Siegerin in Vom Schicksalsjahr 1917 ausgehend, nahm das Verhängnis allen Schlachten Gottes" haben würde. seinen Lauf: Das Deutsche Reich mußte sich den harten • Zwischen der ersten Erscheinung in Fatima und der Bedingungen des Friedensvertrages von Versailles unterwer- Bischofsweihe in Rom besteht nicht nur eine zeitliche, sondern fen, die Donaumonarchie - der stabilisierende Faktor in auch eine innere Verbindung: Von Anfang an war die Frie- Südeuropa - ging unter. densmission von Fatima zu erkennen2); Eugenio Pacelli - Anmerkungen: nomen est omen - ging als Nuntius, Kardinalstaatssekretär 1) E. Hölzle, Formverwandlung der Geschichte / Das Jahr 1917, in: Saeculum und Papst bis an die Grenzen des Möglichen, um den Ersten Bd. VI (1955), S. 329-344, hier: S. 332-335. Weltkrieg zu beenden, den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 2) J. M. Höcht, Fatima und Pius XII., 7. Aufl. (Neubearbeitung des Buches „Fatima und Pius XII. Der Kampf um den Weltfrieden" und „Maria rettet das zu verhindern und, als dies nicht gelang, seine Dauer zu ver- Abendland. Fatima und die Siegerin in den Schlachten Gottes und die Ent- kürzen, seine Schrecken zu lindern. scheidung in Rußland") Wiesbaden 1959, S. 59 und 65.

WEIHBISCHOF MATTHIAS DEFREGGER wurden eingesetzt, Millionen von Bauern, alle Träger der Religion, wurden ausgerottet. Millionen von Propagandastunden wurden Erhabene Mutter der Kirche - Dir weihe ich darauf verwendet, die Religion aus dem Bewußtsein zu tilgen und Kindern den Zutritt zu ihr zu versperren. Und dennoch sehen, wir Predigt im Rahmen der Andacht des Rosenkranz-Sühnekreuzzu- heute, daß der Kommunismus das Christentum in unserem Lande ges am 22. und 23. Oktober 1983 im Bürgersaal in München über die nicht besiegt hat. Das Christentum hat einen großen Niedergang hin- Weihe an Maria. Der Wortlaut der Ansprache wurde von der Arbeits- nehmen müssen, doch jetzt beginnt es tatsächlich sich zu festigen und gemeinschaft Marianischer Vereinigungen Deutschlands zur Ver- stärker zu werden. Und das ist das allerhoffnungsvollste Zeichen fügung gestellt. Aus: idu vom 22. 1. 84 nicht nur für unser Land, sondern auch für die ganze Welt . . . Gerade darum, weil der Kommunismus sich als zu schwach erwies, das Chri- (Bökmann) 1 .Rene Laurentin, einer der bedeutendsten Mariolo- stentum zu vernichten, können wir darauf hoffen, daß dieser Schatten gen der Gegenwart, hat sich anläßlich des Internationalen Mariologi- schließlich nach und nach von der Erde weichen wird und daß viel- schen und Marianischen Kongresses in Malta (9.-18. Sept. 1983) leicht sogar die Länder, die er als erste bedeckte, zuerst von ihm frei auf die Frage nach Sinn und Zweck der Marienerscheinungen für die werden." heutige Welt geäußert: „Ich meine, daß eine Erscheinung wie ein 3. Wenn wir dieses Heft von „Theologisches" mit einer geschichts- «Aufschrei» des Himmels ist, ein Aufruf, der an unsere tauben Ohren theologischen Besinnung über das Jahr 1917 in seiner eigentümlichen gerichtet ist, über das, was wir aus dem Evangelium wissen müßten Tiefen- und Wirkungs-Bedeutung begannen, so wird auch das von und was wir vergessen . . . Ich glaube, fit,- Lourdes kann man sagen, Solschenizyn auf seine Weise bestätigt: „Ich arbeite schon 47 Jahre an daß hier einzig und allein beabsichtigt war, den Menschen zur Bekeh- einem Buch über die Revolution und im Laufe dieser Arbeit habe ich rung zu verhelfen. In Fatima bezieht sich eine Ankündigung auf die herausgefunden, daß das russischeJahr 1917 ein ungestümer, kompri- Bekehrung Rußlands. Ich habe schon beim Kongreß von Malta mierter Abriß der Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts ist. Das heißt gesagt, daß es im Osten aufsehenerregende Bekehrungen gibt. Wenn buchstäblich: Die acht Monate, die von Februar bis Oktober 1917 in man von der Bekehrung Rußlands spricht, könnte das als absurd einem wilden Wirbel in Rußland verstrichen, wiederholen sick nun erscheinen; aber seit einigen Jahren geschieht dort wirklich etwas, und langsam im Laufe des ganzen Jahrhunderts für die ganze Welt" es kommt zu Bekehrungen, die uns Christen des Westens beschämen, (Ebda). denen der Glaube auf der Silberplatte serviert wird, ohne daß wir uns Wieder einmal erweist sich, daß das allerkleinste Senfkorn, die bekehren wollen. Es ist möglich, daß sich Fatima eines Tages als Pro- wenigen, die wirklich alles auf Gott setzen, gegen den Trend der gro- phezeiung über die Geschichte der Welt herausstellte . . ." (idu vom 5. ßen Zahl, die Anpassung an Macht und Mehrheit, aus der über- 2. 1984) natürlichen Zeugniskraft sieghaft „die Welt überwinden". Wir brau- 2. Das entspricht völlig dem, was der britische Schriftsteller,Jour- chen die Änderung, ja die Umkehr unserer Maßstäbe. nalist und Konvertit Malcolm Muggeridge und der Literatur-Nobel- 4. Die Weihe der Menschheit an die Gottesmutter, die der Hl. preisträger Alexander Solschenizyn in einem Gespräch bekannten Vater vollzogen hat, gehört nach Inhalt, Intention und Bedeutung in („Die Welt" vom 3. März 1984). Muggeridge: „Ich bin ein alter solche Zusammenhänge. Wenn man zu Recht sagt, die Krise unserer Journalist, arbeite schon über 50 Jahre als solcher und werde häufig Zeit beruhe v. a. auf einer Verarmung des Herzens, wenn man dann gefragt: Welches ist das allerwichtigste Ereignis unserer Zeit? Und auch sagt, man solle die Gestalt Mariens „nüchtern" sehen und unter ich antworte: Das allerbedeutungsvollste während dieser 50Jahre, in Hinweis auf die einzige Mittlerschaft Christi und den Ökumenismus denen ich schreibe, ist die Wiedergeburt des christlichen Glaubens die marianische Ausrichtung und Frömmigkeit austrocknen läßt, gewesen - und das ausgerechnet dort, wo man ihn fiir erloschen hielt." übersieht und verdrängt man die Sprache von Liebenden. Schlimmer: Und Solschenizyn - einer der besten Kenner der Geschichte und der man vergißt das bräutliche Hingabe- und Sendungsgeheimnis des Realität des Kommunismus in Rußland - bestätigt ihn: „Das Signal Bundes Gottes mit seinen Erwählten, seinem heiligen Volk, der zum Angriff auf das Christentum gaben Lenin und Trotzki schon Kirche. Im Drama der geschenkten oder verweigerten Liebesantwort ganz am Anfang ihrer Herrschaft. Seitdem sind 60Jahre vergangen. aber erfüllen sich auch Segen oder Verhängnis der wahren Geschichte Alle Kräfte des Apparates der Tscheka, der politischen Geheimpolizei der Menschen. - 5739 - - 5740 - Am 13. Juli 1917, bei ihrer zweiten Erscheinung, hat Unsere • Nur wenigen ist bewußt, daß auch die Weihe Deutschlands, Liebe Frau von Fatima dem ältesten der drei Seherkinder, der oder besser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, an Lucia, drei Geheimnisse anvertraut. Das zweite Geheimnis Maria eine Tradition hat. Im Jahre 1640, also ebenfalls in der betraf die Weihe der Welt und die Weihe Rußlands an ihr furchtbaren Zeit des 30jährigen Krieges, hat Kaiser Ferdinand makelloses Herz. Sie sagte: „Um das zu verhüten" - gemeint HL folgendes Gelöbnis abgelegt: „Dir (Maria) und deinem waren unsagbare Strafgerichte Gottes über die Welt und blu- Sohn übergebe ich mich und die Meinen, meine Frau und tige Verfolgungen der Kirche und des Papstes - „werde ich meine Kinder; dir das Römische Reich, an dessen Spitze Gott kommen, um die Weihe Rußlands an mein unbeflecktes Herz mich gestellt hat ... Du nimm' mich als deinen Diener an, dein zu verlangen ... Der Heilige Vater wird mir Rußland weihen." sind alle, die mein sind, dein sind die Völker und die Heere, du Seitdem ist die Weihe an Maria, die Weihe an ihr unbefleck- beschütze sie, du siege durch sie, du herrsche und regiere in tes Herz, zu einem Schlüsselgebot von Fatima, zu einem ihnen. So gelobe ich in Frömmigkeit und Gerechtigkeit. Dein Schlüsselbegriff für Fatima geworden. Ferdinand, 1640." - Und ebenso wird von -Kaiser Leopold I. berichtet, daß er nach der feierlichen Kaiserkrönung in Frank- furt am 5. September 1658 in Altötting zu Füßen der Gottes- Die Weihe eines ganzen Landes, eines ganzen Volkes, an mutter kniete, um von ihr, der Himmelskaiserin, das neu ange- Maria durch dessen höchste Autoritäten hat in unserem tretene Kaisertum zu Lehen zu nehmen und sich und seine Bayernland eine gute Tradition. Symbol dafür ist die Marien- Länder und Leute dem Schutze Mariens anzuempfehlen. säule im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt München. Im • Wir schlagen wiederum über Jahrhunderte hinweg einen Jahr 1597 hat Kurfürst Maximilian I. die Regierung in Bayern Bogen: Anläßlich des 76. Katholikentages in Fulda hat der übernommen. Vom ersten Tag an eine entschlossene Persön- damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, lichkeit, voll strenger Selbstzucht und eiserner Willenskraft. Joseph Kardinal Frings, Erzbischof von Köln, am 5. September Seine Herrschertugenden waren religiös untermauert. Er war 1954 die Weihe Deutschlands an das Unbefleckte Herz Mariens ein treuer Sohn der Kirche, der sich im 30jährigen Krieg rück- vorgenommen. haltlos für die Erhaltung des alten Glaubens einsetzte. + Zwölf Jahre vorher hatte Papst Pius XIL seL Andenkens • Im Jahr 1638, inmitten jenes 30jährigen Ringens, errich- am 31. Dezember 1942- auf der Höhe des Zweiten Weltkrieges - tete er im Herzen seiner Residenzstadt München die Marien- die Weihe der ganzen Welt an das Unbefleckte Herz Mariens säule. Sie war die erste ihrer Art in Deutschland und stellte vollzogen. Der Papst sprach von „einer tragischen Stunde der nach dem Willen des Kurfürsten den geistlichen Mittelpunkt Menschheitsgeschichte, in der die ganze Welt, die zerrissen ist des ganzen kurbayerischen Landes dar. Dieser Königin, dieser in grausamer Zwietracht, entbrannt in wütendem Haß, das Landesmutter auf dem Säulenthron, weihte der Kurfürst sich Opfer ihrer eigenen Sünden geworden ist." selbst, sein Haus, sein Land und sein Volk mit dem Weihe- + Und am 7. Juli 1952 am Tag der heiligen Cyrill und Methodius, der Slawenapostel, ließ spruch: „König und Heimat, und Recht und Habe, und Glau- Pius XII eine eigene Weihe ben der Väter, wahre den Bayern, die dein sind, Jungfrau, Rußlands an das Herz Mariens folgen. - Patronin, alle Zeit." - Wahrhaft ergreifend ist seine letzte Hin- -I- Schließlich haben wir ja als Zeitgenossen alle noch in gabe an Maria, sozusagen über den Tod hinaus: Er ließ sein Erinnerung, als unser Heiliger Vater Papst Johannes Paul II. Herz in einer silbernen Urne in der Gnadenkapelle in Altöt- am 13. Mai 1982 in Fatima die ganze Welt erneut unter den ting beisetzen mit der Widmung: „Hier ruht das Herz Maximi- Schutz der Gottesmutter gestellt hat. lians, der in seinem Leben von inniger Liebe zur Gottesmutter • Gegen diese Weihe eines Landes, eines Volkes, der gan- erfüllt war. Wanderer wisse, daß Maximilian auch nach seinem zen Welt, ist von verschiedenen Seiten polemisiert worden. Tod Maria noch von Herzen liebt." Selbst in katholischen Kreisen hat man das Argument hören können, man dürfe doch nicht einfach so über den Nächsten • Wir schlagen einen weiten Bogen über Jahrhunderte hin- verfügen und ihn ohne seine persönliche Zustimmung der weg: Nach dem totalen Zusammenbruch im Jahr 1945 kniete Gottesmutter weihen. Ein solcher Einwand läßt den urbibli- Kardinal Faulhaber zu Füßen der Mariensäule, um Ihr das Erz- schen Gedanken der Stellvertretung außer acht, den schon Papst bistum anzubefehlen. Ich habe noch im Ohr, wie der Oberhirte Pius XII. in seiner Enzyklika „Vom mystischen Leib Christi" die Mariensäule eine „Säule der Reinheit" nannte. „Säule der aus dem Jahre 1945 ausgesprochen hat mit den ernsten Wor- Reinheit": eine erschreckende Entwicklung zur Unreinheit ist in ten: „Es ist ein wahrhaft schaudererregendes Mysterium, das unserem Land aufgekommen und geradezu selbstverständlich gewor- man nie genug betrachten kann, daß nämlich das Heil vieler den. Die „nackte" Unkultur breitet sich aus; dazu überschwem- abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Bußübungen men schamlose Darstellungen in Wort und Bild durch die der Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi." Der modernen Massenmedien Stadt und Land - bis hinein ins hin- Papst hat keineswegs verlangt oder auch nur angedeutet, daß terste Tal. Unter Berufung auf die Freiheit „künstlerischen" man jene anderen erst fragen müsse, für die wir beten und frei- Schaffens hat ein blasphemischer, gotteslästerlicher Film, willig Buße tun. „Das Gespenst", das religiöse Gefühl weiter Kreise des Volkes Aber mit diesem Gegeneinwand werden wir doch auf ein brutal beleidigt. Das Geschäft mit Porno, Sex und Rauschgift weiteres wesentliches Moment der Weihe hingewiesen. Hinter blüht. All das breitet sich ungeniert, ungestört und unkritisiert der Weihe eines Landes, eines Volkes, eines Bistums, ja der aus. Mag sein, daß Proteste die Sache verschlimmern würden. ganzen Welt, durch die höchsten Autoritäten muß das persön- Wie weit aber dürfen wir mit dem Schweigen auf solche Ver- liche Engagement möglichst vieler Christen stehen. Das heißt: achtung, ja Verhöhnung von Gott und Gottes Gebot, von sitt- je mehr Christen persönlich diese Weihe ablegen und in ihrem lichen Normen und Verpflichtungen reagieren? Aufjeden Fall Leben mitvollziehen, desto heilsbedeutender und wirksamer haben wir Grund, im Geist von Fatima zu beten und zu süh- wird die Weihe der Welt, die Weihe Rußlands durch den Papst nen. sein. Auch die Nachfolger von Kardinal Faulhaber, die Kardi- näle Joseph Wendel, Julius Döpfner und Joseph Ratzinger - Auch diese persönliche Weihe des einzelnen Christen an Maria sie alle sind zu Füßen der Mariensäule gekniet, um sich, ihren hat bei uns eine große, starke, ehrwürdige Tradition. Darüber Hirtendienst und die ihnen anvertraute Herde dem mütter- braucht jedenfalls seit der Gründung der Marianischen Kongrega- lichen Schutz der himmlischen Patronin anzubefehlen. tionen, die in Bayern eine solche Hochblüte erlebt haben, kein - 5741 - - 5742 - Wort verloren zu werden. Tausende und Abertausende von PROF. DR. MAX THÜRKAUF Sodalen haben im Lauf der Jahrhunderte die persönliche Weihe an Maria feierlich ausgesprochen; sie haben diese Die Auferstehung Christi Weihe am Jahrtag ihrer Aufnahme in die Kongregation und die Naturwissenschaft erneuert. Ungezählte haben sie Tag für Tag persönlich wieder- Nicht nur durch klerikalen Machtmißbrauch gebar die holt. Und der Bürgersaal, diese „Ur-Kongregationskirche" Renaissance den europäischen Höfen absolutistische Herr- Münchens, spricht eine beredte Sprache dafür. scher. Aber Richelieu und Mazarin waren Kardinäle, und statt - Was bedeutet aber Weihe an Maria in unserem Leben? das Kind zu baden und trockenzulegen, wurde es geschrubbt Was hat sie für Konsequenzen, was für Konsequenzen soll, ja und schließlich mit dem Bad ausgeschüttet. All das viele Gute muß sie haben? Der heilige , ein glühender der Kirche hat man bei der Aufklärung vergessen. Die majo- Marienverehrer, sagt dazu: „Die Weihe an die Unbefleckte renn gewordene Naturwissenschaft begann den verurteilten besteht nicht aus einem, wenn auch mit großer Begeisterung Galilei zu rächen; sie tat, was sie der Inquisition vorwarf: etwas vollzogenen Akt, sondern in der vollkommenen Hingabe an Unwissenschaftliches. Als Laplace von Napoleon gefragt Maria mit dem Ziel, durch sie ganz Jesus zu gehören." - Weihe an wurde, wo denn in seiner Theorie Gott zu finden sei, antwor- Maria ist also keine unverbindliche religiöse Schwärmerei; in tete er: Majestät, die Wissenschaft bedarf dieser Hypothese einer solchen Weihe mit der besonderen und ausdrücklichen nicht mehr. Solcher Hochmut ist seither durch die Erfolge der Hingabe an Maria geht es um die Angleichung unseres Lebens Technik - des Machens - auf babylonische Turmhöhe gewach- und unserer Gesinnung an ihr Leben und ihre Gesinnung. Es sen, dermaßen, daß von vielen Menschen nur noch das Meß- geht dabei um eine personale Bindung an Maria, die, wenn in bare für Wirklichkeit gehalten wird: Messungen sind Machun- der rechten Disposition erfolgt, dem sich Weihenden Gnaden- gen. wirkungen schenken wird. - Der Anfang der neutestamentlichen Heilsgeschichte Bis zur Aufklärung war die Auferstehung Christi eine steht schon unter dem Zeichen der Weihe und der Hingabe: selbstverständliche Tatsache. Erst seit der neuen Wirklich- „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem keitsdefinition begann man die Wunder zu bezweifeln. Da die Wort." So liegt der theologische Grund für die Möglichkeit Menschen nicht ohne Wunder leben können, sprach man von einer Weihe an Maria in ihrer vorbildhaften und ausgezeichne- den Wundern der Technik. Das einzige Wunder der Technik ten Stellung als Vermittlerin des Erlösers und der Erlösung an ist das Wesen, das die Technik hervorzubringen vermag: der die Menschheit. Daran möchte und kann der sich Weihende Mensch. Zur Zeit sind die Wissenschaftler damit beschäftigt, Anteil erhalten. Sinn und Ziel der Weihe an Maria ist dann dem Turm die Spitze aufzusetzen: Sie wollen mit den Wun- nicht die Person Mariens an sich, sondern Maria als Heilsmitt- dern der Gentechnik den Menschen besser machen, als Gott lerin zum göttlichen Sohn. Wir spüren, daß eine solche Weihe ihn gemacht hat. Daß nach Erreichung der Spitze der Turm an Maria, an ihr unbeflecktes Herz, ein Lebensprogramm, eine nur noch kleiner werden kann versteht sich. lebenslänglich Tag für Tag zu erfüllende Aufgabe ist. - Papst Pius XII. hat in einer Ansprache an 4.000 römische o Wenn man ein Wunder nur als ein Ereignis definiert, das Kongreganisten am 21. Januar 1945 dazu gesagt: „Die Weihe physikalisch-chemisch nicht erklärbar ist, so besteht zwischen an die Gottesmutter ist eine völlige Selbstübereignung an der Geburt und der Auferweckung des Lazarus oder zwischen Maria für Zeit und Ewigkeit, nicht eine leere Geste oder ein der alljährlichen Brotvermehrung auf den Kornfeldern und sentimentaler Akt, sondern etwas durch und durch Folgen- der Brotvermehrung des Herrn in der Wüste kein Unterschied. schweres, das in die Tat umgesetzt werden muß in einem ganz Beide Wunder, das eine als Schöpfungstat Gottes das andere christlichen und marianischen Leben, in einem apostolischen als Eingriff Gottes in die Schöpfung, sind wissenschaftlich Leben; in einem Leben, in dem man sich zu einem Diener nicht erklärbar, wenn man Teilwahrheiten nicht für die ganze Mariens macht, sozusagen zu den sichtbaren Händen der Got- Wahrheit anbietet (wie die Materialisten das tun). Das Wun- tesmutter auf Erden." der der Brotvermehrung auf den Kornfeldern wird uns bewußt werden, wenn der Hunger in unser verbetoniertes Land ein- Darum also geht es: Wir müssen die Weihe an Maria leben! kehrt und keine Wissenschaft uns Brot geben kann. Der Hoch- - Kehren wir zurück zu unserer Mariensäule: Im Rahmen des mut muß mit einem Mut überwunden werden, der größer ist: Münchener Katholikentages 1984 soll eine große Marienfeier mit dem Mut zur Demut. Demut heißt Gottesfurcht und stattfinden, bei der die verschiedenen marianischen Gruppen Furchtlosigkeit vor den Menschen; bereit sein, für Christus zu und Verbände in Sternmärschen auf die Mariensäule zugehen, sterben. Demut ist wohl keine hinreichende, aber eine notwen- um dort der Gottesmutter zu huldigen. Wir hoffen zuversicht- dige Voraussetzung für einen Wissenschaftler: Ohne Demut lich, daß diese Feier in einer Weihe an Maria gipfeln wird. ist er bloß ein Wisser. Wir können diesen marianischen Höhepunkt des Münche- Eine aus dem Hochmut geborene Wissenschaft bietet ner Katholikentages nicht besser mitvorbereiten als dadurch, plausible Erklärungen an, weil sie Erfolg haben muß. Das daß wir ganz persönlich die Weihe an Maria in unserem Leben Wort plausibel kommt vom lateinischen plaudere, was soviel vollziehen. Vorbild und Anführer ist uns dabei unser mariani- wie pochen, schlagen und auch Beifall klatschen heißt. Auf das scher Papst Johannes Paul II., der am 6. Juni 1979, bei seinem letzte bezieht sich das Kompositum applaudere; die Erklärun- Abschied von der Schwarzen Mutter Gottes in Czenstochau so gen der Materialisten müssen applausibel sein. Wahrheit ist ergreifend gebetet hat: nie plausibel; jeder Untersuchungsrichter weiß, daß plausible „Erhabene Mutter der Kirche! Dir weihe ich mich nochmals Erklärungen suspekt sind. Die größte Wahrheit, das Evange- als ,Knecht Deiner mütterlichen Liebe'. Totus tuus - ganz lium, ist von allen Wahrheiten am wenigsten plausibel. Es Dein eigen! steht im Zeichen des Widerspruchs. Zum Beispiel heißt es, daß Dir weihe ich die ganze Kirche bis an die Grenzen der Erde! die Letzten die Ersten sein werden. Beim Umkehren in der Dir weihe ich die Menschheit und alle Menschen - meine Sackgasse, in der die Technokratien sich befinden, werden die Brüder - alle Völker und Nationen, Dir weihe ich Europa Letzten die Ersten sein. und alle anderen Erdteile ... • Die applausiblen Erfolge der Naturwissenschaft erregen Mutter nimm uns an! Mutter, verlaß' uns nicht! Mutter, bei den Nichtnaturwissenschaftlern das Verlangen, auch in führe uns!" Amen. dieses Rampenlicht zu treten; leider auch bei manchen Theo- - 5743 - - 5744 - logen. Solche wurden mit einer sogenannten Entmythologisie- Während der französischen Revolution fragte ein Jakobi- rung der Evangelien berühmt und begründeten eine Theolo- ner, was wohl zu tun sei, daß die Menschen ebenso an den Kon- gie des Zumutbaren, auch - in Anlehnung an die Naturwissen- vent glaubten, wie sie immer noch an Christus glauben. Von schaft - theologia experimentalis genannt. Daß dies keine einem Spötter erhielt er die Antwort, Robespierre solle sich am christliche Theologie sein kann, liegt auf der Hand: das Chri- Freitag kreuzigen lassen und am Sonntag auferstehen. stentum ist für jene, die Zumutbarkeit fordern, etwas vom Unzumutbarsten, das es gibt. Man denke bloß an die von Chri- stus geforderte bedingungslose Liebe bis hin zur Feindesliebe. Alle großen Naturwissenschaftler waren tief religiös, daher Einer der mit dem Mythos der Entmythologisierung beson- sind nicht alle berühmten auch groß. Die Größe eines Wissen- ders berühmt geworden ist, sagt, das leere Grab am Ostermor- schaftlers besteht in dem, das von ihm übrigbleibt, wenn man gen sei im Prinzip nichts anderes als ein Symbol der Auferste- die Wissenschaft von ihm wegdenkt. Mit den vielen gläubigen hung. Bemerkenswert ist die Verwendung des Materialisten- Naturwissenschaftlern bekenne ich meinen Glauben: Christus idioms „im Prinzip nichts anderes als". Der englische Philo- ist auferstanden und er wird wiederkommen, zu richten die soph C. S. Lewis, der es sich, wie Juvenal zur Untergangszeit Lebenden und die Toten.

Roms, schwer machte, keine Satire zu schreiben, meinte: Nun Vergleiche: Max Thürkauf „Die Gottesanbeterin — Von der Glaubenskrise der Wis- mußten wir armen Christen also nahezu 2000 Jahre glauben, senschaftler", Christiana Verlag, CH-8260 Stein am Rhein, 1984. daß Christus auferstanden ist, bis wir endlich von Herrn B. Dr. phil. Max Thürkauf Professor ftir physikalische Chemie an der Universität Basel, belehrt wurden, daß alles nur symbolisch zu verstehen sei. Oberer Rheinweg 63, CH-4058 Basel. Gewiß wären die Pharisäer und Sadduzäer Professor B. für eine rechtzeitige Aufklärung der ärgerniserregenden Umstände dankbar gewesen, hatten sie sich doch die Geheimhaltung des Symbols viel Geld kosten lassen. P. DR. RHABAN HAACKE OSB Wenn die Theologen der modernen Bibelkritik die histo- rische Echtheit der Evangelien untersuchen wollen, können Von den Herrlichkeiten ihnen beachtliche Schwierigkeiten bevorstehen. Einer von der Kirchengeschichte ihnen (H.) sagt, der Zeitabstand von 30-40 Jahren zwischen dem Tod Christi und der Abfassung der Evangelien sei so P. Otto Pftilf SI, „Von den Herrlichkeiten der Kirchengeschichte" groß, daß in diesem Nachhinein nichts Sicheres über den Historische Aufsätze 1888-1914, Reprint aus „Stimmen aus Maria genauen Hergang gesagt werden könne. Dazu schreibt Johan- Laach", Register der Namen vom Herausgeber, 2200 Seiten, nes Hufschmidt: „Wenn die Historiker die bibelkritische 3 Bände, Preis voraussichtlich DM 140,- nach Erlöschen der Sub- Methode der Beweisumkehr übernähmen, so könnten sie bei- skription ca. DM 190,-. Verlag Franz Schmitt, 5200 Siegburg, spielsweise folgenden Schluß ziehen: Alexander der Große ist herausgegeben von P. Rhaban Haacke OSB (Siegburg). keine historische Gestalt. Als seine Berichterstatter, Ptole- Zur Subskription wird eingeladen. meios und Aristobulos, ihre Erinnerungen aufschrieben, lag Alexanders Tod weiter zurück als der Tod Jesu für Markus und (Bökmann) 1. Es war und ist der Glaube der Heiligen, die Bot- Matthäus. Überdies ist die Quellengeschichte zu Alexander schaft des Herrn, das Zeugnis vielfälti ger Erfahrung, daß im Leben problematischer als die zu Christus. Erstens waren seine des Menschen wie im Gang der Geschichte letztlich nicht Zufall, Berichterstatter Politiker und zweitens sind ihre Schriften gar irgenwelche - wenn auch „dialektische" - Gesetze oder Notwendig- nicht erhalten geblieben. Wir wissen nur durch Arrian von keiten, Schicksal; weder große Gestalten noch interessegeleitete ihnen, und der lebte nochmal vier Jahrhunderte später. „Weil Drahtzieher noch anonyme Prozesse regieren, sondern daß Gott in sei- die Evangelien mehr sind als eine ,gute Botschaft', scheitern ner allwaltenden gerechten, liebenden, mahnenden, erhaltenden oder die Erklärungen der - wie Hufschmidt sagt - ,Fußkranken der strafenden Vorsehung „der Herr der Geschichte" ist. Daher gibt es Aufklärung' immer wieder von neuem. Das hindert sie aller- weder eine notwendige Höherentwicklung noch einen zwangsläufig dings nicht, für sich jene Unfehlbarkeit zu beanspruchen, die katastrophischen Ausgang. Vielmehr bestimmt zutiefst das Drama sie dem Papst absprechen. Bernhard Shaw ging es wie Juvenal, des Heils den eigentlichen Sinn von Welt, Geschehen und Geschichte. wenn er als theologischer Laie ,blökte', er halte die Evangeli- Dieser ist deshalb nur vom Charisma jener glaubend tiefer Sehenden - sten für glaubwürdiger als alle ihre theologischen Rezensen- etwa der Propheten - zu erfassen, die gleichsam „mit den Augen Got- ten. Für einen gläubigen Wissenschaftler gibt es nichts un- tes sehen" (Thomas von Aquin). Wie ohnmächtig vordergründigere glaubwürdigeres als einen wissenschaftsgläubigen Theologen. Sichten bleiben, könnten die vielen falsifizierten Prognosen belegen, Eine Spitze der Entmythologisierung ist vermutlich die Ver- die so oft kurzatmig oder blind das jeweils Wesentliche vernachlässi- abschiedung des Teufels durch Professor H. Dazu meint der gen oder bloß das gerade jetzt Faktische glaubten weiterrechnen zu französische Dichter Baudelaire: „Die vollkommene List des können. Ihr relativer Wert für überschaubare Zusammenhänge sei Teufels ist es, euch zu überreden, daß es ihn gar nicht gibt." nicht geleugnet. Wo aber der Mensch ins Spiel kommt, kommt ftir • Ein Naturwissenschaftler, der es mit seiner Wissenschaft solche Methoden Unvorhersehbares und schließlich jene verborgene, ernst nimmt, der also nicht wissenschaftsgläubig ist, hat keine aber wirkende Nähe des Schöpfers, Erhalters und - so oder so - zu- Mühe an Wunder zu glauben. Wer aber bloß physikalisch- endebringenden Vollenders hinein und hindurch, die auszuklammern chemisch denkt, wird die Existenz von Wundern bestreiten, nichts als hybride Torheit bedeutet. weil er mit diesem verengten Denken bloß weiß wie, aber nicht Im folgenden wird ein reicher Schatz kirchengeschichtlicher weiß was Chemie und Physik sind. Das Was würde ihn zum Zusammenhänge - verdienstvoll neu herausgegeben - wieder erschlos- Wer führen, zu Gott, der die Materie erschaffen hat und den sen vorgestellt. Der den Lesern von „Theologisches" schon bekannte Menschen, der sie mit seinem Geist zu erforschen vermag. Der Herausgeber, Benediktiner der Abtei Siegburg, ist Mitglied der Physiker Georg Christoph Lichtenberg sagt: „Wer nur Chemie Päpstl. Academia Theologica Romana, Mitglied der Gesellschaft für und Physik versteht, versteht auch diese nicht." Als Naturwis- Rheinische Geschichtskunde und Mitglied der Bayerischen Benedik- senschaftler bin ich dankbar, daß nicht nur das Wirklichkeit tiner Akademie. ist, was die Wissenschaftler messen und machen können. Das 2. Zum Thema sei auch hingewiesen auf das überaus reich mit wäre eine armselige Welt; die Welt, die in den Technokratien Zeugnissen von Heiligen, Theologen und bedeutenden Gestalten immer mehr gemacht wird. belegte Buch von Dr. Georges Huber: Machtvoll wirkt sein Arm - - 5745 - - 5746 - Vom Walten der Göttlichen Vorsehung, Christiana- Verlag Stein am Der letzte Veteran der „Katholischen Abteilung" (= Jos. Rhein 1984, 224 S. (22,- DM). Das Buch des theologisch gebildeten Linhoff t 1893); Autors ist in französischer, italienischer und spanischer Ausgabe Neues über Maria Stuart; bereits erschienen und ist wegen seines flüssigen Stils und seiner bild- Ein Schlaglicht auf die Macht des Vorurteils (Prof. F. Hei- hafien Darstellung sehr gut zu lesen und fiir den Glauben stärkend- ner, Bonn); inspirierend. Sein Materialreichtum macht es fiir die Verwendung in Die Rüstkammer eines modernen Politikers (RFrh. v. Predigt, Unterricht und Seelsorge sehr geeignet. Fechenbach-Laudenbach); 3. Die Schau der Kirchengeschichte, wenn sie nicht - unter der Eine Prinzessin von Bayern (= Emanuela Therese, Klaris- Tyrannei utopisch übersteigerter Erwartungen - Gerechtigkeit verliert sin, 1696-1750); und „des Argwohns glühend-bittre Pfeile" schießt, vielmehr die Sinne Aus Bettinas Briefwechsel; und Augen des Glaubens wachhält, läßt das tiefe Meer wunderbar Ein großer Gedächtnistag für die Kirche der USA (= 0. A. getragener Leiden und Verfolgungen, das heroische Maß der Tugend, Browson); die Herrlichkeiten tätiger Liebe, den alles adelnden hingabedurchseel- Christian Brentanos Weg zur Kirche; ten Gottesdienst erkennen. Sie ist keineswegs nur Feld von Versagen, Friedrich Carl von Saviwny als Ireniker; Dummheit, Verrat; nicht bloß Ansammlung von Affären, Peinlichkei- Achim von Arnim im Spiegel seiner Briefe; ten, Überfremdungen, Fehlentwicklungen. Sie ist die Spur des Gott- Die neue amerikanische Gnosis: Christian Science; Menschlichen durch die Zeit; sie ist in Wahrheit voller - man sehe Bischof von Kettelers Reformgedanken; nur zu! - Wunder und Herrlichkeiten. Hohenlohe als Ankläger des Jesuitenordens; Ein parteiloses Wort über die Inquisition; Aus den Denkwürdigkeiten der Wiener Medizinischen Der vom Herausgeber gegebene Titel sollte nicht als Fakultät 1675; Triumphalismus mißverstanden werden. Die 50 Aufsätze las- P. Alex Baumgartner SJ; sen Höhen und Tiefen der Geschichte ausmessen, die Höhen, Aus Windthorsts Korrespondenz; aus der Tiefe gesehen, erscheinen doppelt so hoch wie das Ein Rettungsversuch für das zweite Ministerium Windt- Helle erst so recht auf dem dunklen Hintergrund leuchtet. horst; Bleibende Werte der Kirchengeschichte sind die mit Gottes Nochmals Windthorst-Korrespondenz; Gnade gewirkten guten Werke, die „Höhen", die zu Recht P. Moritz Meschler SJ; „Herrlichkeiten" genannt werden. „Tiefen" sind nur deren Adolf Kolping nach der Selbstzeichnung; Spiegelbild. Wir glauben, hier ein kirchengeschichtliches Ein Vertreter Preußens im Kaiserreich Brasilien (= I. v. Standardwerk, einen echten überzeitlichen Klassiker, eine Olfers, 1829); große Hilfe allgemein zum weiteren und tieferen Verstehen der wichtigen Ereignisse und Gestalten, vorzulegen; ein Blick auf die Titel der Aufsätze läßt den reichen Inhalt ahnen: Diese 50 Aufsätze von derselben Hand, äußerst solide und stilistisch tadellos gearbeitet, wie aus einem Guß, Zeugnis des Papst Hadrian IV. und die „Schenkung" Irlands; um die Jahrhundertwende hohen Interesses für Kirchen- und Die Verehrung des hl. Joseph in der Geschichte; Weltgeschichte, intensive Arbeit eines für dieses Ressort Ein Papstfest (= Gregor d. Gr.); eigens bestellten Redakteurs der „Stimmen aus Maria Laach" Das britische Kolonialreich und seine Bedeutung für die (seit 1914 „Stimmen der Zeit", damals eine der sehr wenigen Gegenwart; führenden Zeitschriften für die katholischen Akademiker), ein Erzbischof Mac Haie, ein Vorkämpfer für die christliche Vierteljahrhundert lang. Die gleiche Zeit hindurch veröffent- Schule; lichte Pfülf in derselben Zeitschrift 126 Rezensionen zu Das „goldene Buch" von Freiburg; Geschichtswerken und mindestens 111 ungezeichnete histo- Damianis Zwist mit Hildebrand; rische Miszellen, und schrieb sozusagen nebenbei gewichtige Feldmarschall Joseph Graf Radetzky; Biographien, die heute noch ihren vollen Wert haben: P. Adolf Ein christliches Offiziersleben de Sonis); v. Doß (1887), Hermann v. Mallinckrodt, Kardinal v. Geissel Döllinger über die höheren Schulen in Bayern; (2 Bd. 1895), Petrus Canisius (1897), Bischof von Ketteler Mirabe au ; (3 Bd. 1899), Mutter Klara Fey (1907), J. Graf v. Stolberg Leiden und Streiten eines katholischen Bischofs (= Rudi- (1913), Jos. Linhoff (1914), M. Meschler (1913). gier); Die Erziehung der bayerischen Wittelsbacher; Aus einer Apothekersfamilie zu Speyer stammend beschloß Die Heerfahrt des sei. Heinrich von Bonn und seiner der junge Abiturient Jesuit zu werden, obwohl die Jesuiten Gefährten (1147); drei Jahre zuvor im Kulturkampf Deutschland verlassen muß- Die Geschichte eines unglücklichen Fürstensohnes (= Don ten. Nach dem Noviziat in Holland (Exaeten) und dem Stu- Carlos); dium in England (Ditton Hall) dozierte er dort Kirchenge- König Ludwig IX. und die Dornenkrone; schichte - daher auch seine damals ungewöhnliche Kenntnis Kommunistische Experimente (USA um 1850); der englisch-amerikanischen Geschichte. Mit 32 Jahren über- Die religiös-kommunistischen Gemeinden in USA; nahm er die Redaktion der „Stimmen aus Maria Laach", von Die historische Vorlage zu Shakespeares Falstaff; Luxemburg und später Valkenburg aus. Kurz vor dem Welt- Die Neuausgabe der Werke Dionysius' des Kartäusers; krieg wurde er als Spiritual in das Mainzer Priesterseminar Livlands größter Heermeister (= v. Plettenberg, 1490); berufen, und nach dem Krieg als Spiritual in das Germanicum. Friedrich Wasmann, Künstler und Konvertit; Geschichte zu schreiben hatte er aufgehört, er verfaßte nur von Querfurt, Bischof der Heiden; noch eine „Geschichte der Jesuiten in der Schweiz" und eine Lamennais' Höhe und Sturz; (unveröffentlichte) Geschichte der Germaniker im 19. Jahr- P. Isaak Th. Hecker (= Konzilstheologe 1870); hundert -, aber sein ungeheurer Fleiß ließ ihn die Aufgaben Die Kontroverse über die Pulververschwörung (= London des Spirituals vorbildlich erfüllen. „Ichhabe in meinem Leben 1605); keinen fleißigeren Menschen kennengelernt", rühmt ihn einer Ein Beitrag zur Geschichte der bayerischen Friedensbestre- seiner prominenten Zöglinge, Altbischof Emanuel von Speyer bungen an der Neige des Dreißigjährigen Krieges; in seinem Erinnerungsbuch „Sieben Jahre im roten Talar". - - 5747 - - 5748 - „Als seine aufgezehrte Gesundheit ihn von Rom scheiden ließ Schließlich meinen wir, die konkrete Leistung Pfülfs und (1932), hinterließ er den Schmerz, den Kinder um ihren schei- seine ihr zugrundeliegende gesunde Geschichtstheologie - als denden Vater leiden. Er war die Seele des Kollegs, der Freuden Spiritual empfahl er energisch das Studium der Scheeben- und Leiden; Glück und Trauer sammelte in der Glut heiliger schen Dogmatik - wird auch mit dem schwersten Einwand fer- Begeisterung für den Dienst des Herrn”, schrieb ihm Pfarrer tig: „Die Kirchengeschichtler haben sich zu wenig von den Hans Steffens auf einem Gebetsandenken nach seinem Tod Neuorientierungen und Untersuchungen der Theologie (1946, in Pullach). beeinflussen lassen, wir warten ab. Allmählich und mühsam entsteht eine neue Weise, die Geschichte der christlichen Erfahrung zu rekonstruieren und über sie nachzudenken, eine Wir geben zu, unsere Sammlung - Pfülf selbst war zu neue Weise, die dem Christentum fremden Kulturen zu inte- bescheiden, sie laut zu wünschen oder irgendwie zu betreiben grieren, die Bevölkerungsexplosion einzudämmen und das - kommt spät, aber angesichts ihres Wertes nicht zu spät. Mehr überleben der Menschheit in Freiheit und Menschenwürde zu denn je erweist sich für viele junge Menschen, die sich zum sichern". Diesem Pessimismus, der nicht einmal heroisch zu kirchlichen Dienst gedrängt und berufen fühlen, der Einstieg nennen ist, von dem sich sogar Moraltheologen hinreißen las- in die dogmatischen und moralischen Wahrheiten über die sen, die Polygamie und die künstliche Verhütung zu erlauben Geschichte der Kirche als der naturgegebene. Ein vergleich- und die gottlosen und unmenschlichen Gesetze Ostasiens als bares moderneres Werk gibt es nicht im deutschen Sprachge- „gewaltige Anstrengung Chinas" zu bewundern, trat längst biet. 1879 fügte der Freiburger Professor der Kirchenge- und ganz im Sinne seiner Lehrer Pfülf (und C. v. Silva Tarouca schichte F. X. Kraus an die vier Teile seines „Lehrbuches der SJ) Hugo Rahner entgegen (in: Der Sinn der Geschichte, Kirchengeschichte für Studierende" einen fünften Teil: „Cha- Frankfurt 1963): „Die Fülle der Ereignisse und Gestalten, rakterbilder aus der christlichen Kirchengeschichte." Es war deren wirklich große Taten nicht vergessen werden dürfen, sol- eine „Auswahl klassischer Darstellungen aus der kirchenge- len sie doch als gute Werke vor den Menschen leuchten und schichtlichen Literatur älterer und neuerer Zeit," also mehr ein offensichtlich nicht ohne Gottes Gnade haben geschehen kön- Quellenwerk sehr verschiedener Verfasser. Seine lobenswerte nen, bewahrt davor, die verführerische Rolle des Tragöden zu Absicht war, „einzelne hervorragende historische Erscheinun- spielen und darstellen zu wollen, daß Großes auf Erden, Frie- gen und Persönlichkeiten in einer Ausführlichkeit und Abrun- den und Völkerbeglückung immer wieder nur aus Stolz und dung hervorzuheben, wie dies selbstverständlich bei einer Leidenschaft, aus Krieg und Klassenkampf sich zu gebären zusammenhängenden kompendiarischen Darstellung nicht scheinen. Der Glaube aber ahnt vom kosmischen Grauen einer geschehen konnte". Wir meinen, diesen Dienst als Ergänzung gottfeindlich gewordenen Schöpfung, die nur in freimachen- und Verlebendigung der heutigen Hand- oder Lehrbücher der der Gnade zu erlösen ist; für ihn gibt es keine Tragik der Kirchengeschichte wird die „Sammlung Pfülf' voll und ganz Geschichte mehr, weil es keine Verdammnis gibt für die, die wahrnehmen. da sind in Christus Jesus (Röm 8, 1). Der reinste Ertrag der So fand denn das Vorhaben der Neuauflage weithin volle christlichen Geschichtsdeutung: Mut zum Ertragen und zu- Zustimmung: „Dein Plan, die kirchengeschichtlichen Aufsätze gleich zum Gestalten der Geschichte!" unseres großartigen Spirituals, des lieben P. Pfülf, zu veröffent- lichen, ist großartig ..." (Kard. Höffner); „Mit Freude und Genugtuung begrüße ich den Plan ..., sie werden zahlreiche Perioden der Kirchengeschichte erhellen und P. Otto Pfülf ein längst verdientes literarisches Denkmal setzen" (Erzb. Berg); WILHELM SCHAMONI „Wenn es um Pater Pfülf geht, zeige ich mich nach seinen Wor- Von der Kirche in neuester Zeit anerkannte ten als „farbehaltigen Germaniker ... ich wiederhole gern den ermunternden Ruf von P. Pfülf: „Nur Mut!" (Bi. Emanuel) - Wunder „Bei allem Idealismus predigte er doch immer das rationabile Die Sentenzen der in den Jahren 1962-1982 erlassenen obsequium und legte einen starken Akzent auf die Funktion Dekrete über in Heiligsprechungsprozessen anerkannte des gesunden Menschenverstandes: „Meine Herren, bleiben Wunder. - Schluß von Nr. 163, Sp. 5509. Sie immer vernünftig!" (ders.). Der jetzige Chefredakteur der „Stimmen der Zeit" gab denn auch „sehr gern" die Nachdruck- 84. Die 12 Februarii a. D. 1976, AAS (1976), 360 erlaubnis. Constare de uno miraculo, Beato banne Ogilvie intercedente, Doch gab es auch gewichtige Einwände. Mit dem unbedarf- a Deo patrato, scilicet de instantanea perfectaque sa.natione testen: „Es kann sich damals doch nur um harten, erstarrten domini Ioannis Fagan a carcinomate stomachi. Traditionalismus gehandelt haben", wird der Leser fertig, 85. 86. Die 12 Februarii a. D. 1976, AAS, 362 wenn er nur einen dieser Aufsätze liest. Das weitere Bedenken Constare de duobus miraculis, Venerabili Servo Dei Leo- ist um so ernster zu nehmen: „Das festgestellte Defizit an poldo a Gastronom intercedente, a Deo patratis, scilicet: de geschichtstheologischen Veröffentlichungen für die zwei letz- instantanea perfectaque sanatione tum iuvenis Elsae Rai- ten Jahrzehnte" - beklagt in „Concilium" 19(1983) für diese mondi a peritonitide tuberculari fibrinosa, tum domini Pauli und acht weitere der heute „angesehensten theologischen Castelli a gravissima trombosi arteriae mesentericae superio- Zeitschriften" - „ist vornehmlich zu erklären aus der radikalen ris cum infarcto late extenso tenuis intestini. Kritik an der historischen Erkenntnis bei der großen Erschüt- 87. 88. Die 12 Februarii a. D. 1976, AAS, 364 terung der europäischen und nordamerikanischen Kirchen Constare de duobis miraculis, Beata Beatrice de Silva interce- (1968) und, bei den jüngeren Generationen, aus der Zurück- dente, a Deo patratis, nempe: de instantanea perfectaque sana- weisung der Vergangenheit, die man als unzulässige Vorbela- tione tum Sororis Annae Mariae a S. Corde ab haemorrhagia stung und Hypothek für die Gegenwart und Zukunft emp- subretinica cum disiunctione retinica secundaria et a retinicis fand" (ebd.). Wir meinen, eine erste Antwort sei gleichfalls gül- laesionibus oculi sinistri, tum Dominae Elisabeth Orozco de tig, nämlich die Lektüre dieser echten Kirchengeschichte Estrada a neoplasia maligna tenuem intestinum et colon affi- nehme die Angst vor der Vergangenheit hinweg. Irren wir uns cienti. übrigens, wenn wir meinen, die jüngste Generation zeige ein 89. 90. Die 15 Mali A. D. 1976, AAS, 533 hohes Interesse für Geschichte? Constare de duobus miraculis, Venerabili Serva Dei Maria a - 5749 - - 5750 - Jesu Löpez de Rivas intercedente, a Deo patratis, scilicet de stomacho et intestinis, tum de instantanea, perfecta constanti- instantanea, perfecta constantique sanatione cum dominulae que sanatione Sororis Mariae a Cingulo Monfort Ferrand° a Incarnationis Mercader Navarro a tuberculosi renali, addita pulmonari tuberculosi. infectione communi et litiasi renali, tum infantis Alberti Mar- 104. Die 10 mensis Mali, a. D. 1979, AAS, 1044 tin Gamero ab hydrocephalia secundaria indolis inflammatio- Constare de uno miraculo, Venerabili Servo Dei Petro Don- rae meningo-encephaliticae. ders intercedente, a Deo patrato, scilicet de instantanea, per- 91. Die 13 Novembris a. D. 1976, AAS (1977), 60 fecta ac constanti sanatione pueruli Ludovici Ioannis West- Constare de uno miraculo a Deo patrato, Beata Maria land ab osteomyelitide acuta metaphysis distalis femoris dex- Raphaela a S. Corde Jesu intercedente, nimirum de instantanea, teri. perfecta atque constanti sanatione dominae Mariae ab Incar- 105. Die 13 mensis Iulii, a. D. 1979, AAS (1980), 103 natione Garcia Gallardo a struma nodoso dexteri lobi tyroidei. Constare de uno miraculo, Venerabili Serva Dei Maria Anna 92. Die 13 Novembris a. D. 1976, AAS (1977), 122 Sala intercedente, a Deo patrato, scilicet de celeri, perfecta et Constare de uno miraculo, Beato banne Nepomuceno Neu- constanti sanatione dominae Clotildis Iosephinae Perasso mann intercedente, a Deo patrato, nimirum de perfecta ac diu- Rampon a gravissima peritonitide hyperseptica. tina sanatione pueri Michaelis Patricii Flanigan ab incurabili 106. Die 13 Iulii a. D. 1979, AAS, 558 sarcomate ab Ewing nuncupato dexterae tibiae, cum multi- Constare de uno miraculo, Venerabili Servo Dei Bartholo- plici metastasi pulmonari bilaterali, et ascendentis partis maeo Longo intercedente a Deo patrato, scilicet de instantanea, maxillae. perfecta et constanti sanatione dominae Carmelae Camera a 93. 94. Die 13 Novembris a. D. 1976, AAS (1977), 124 syndrome enterocholitica, a gravi anhaemia hypercomica cum Constare de duobus miraculis, Venerabili Servo Dei perturbationibus motoriis atque a cholecystite calculosa. Muciano Maria, ex Institut° Fratrum Scholarum Christiana- 107. Die 13 mensis Iulii a. D. 1979, AAS, 1624 rum, intercedente, a Deo patratis, videlicet de instantanea, Constare de uno miraculo, Beato Crispino a Viterbo interce- perfecta ac constanti sanatione cum domini Dominici Scaccia dente, a Deo patrato, videlicet de praeter modum rapida, per- a phlegmone in dextero crure diffuso, tum de perfecta constan- fecta atque constanti sanatione domini Rinaldi Crescia ab tique sanatione domini Georgii Thibaut ab ulcere varicoso in extenso ulcere varicoso. regione malleoli medialis dexteri pedis. 108. Die 13 Iulii A. D. 1979, AAS (1980), 370 Constare de uno miraculo, Ven. Servo Dei Alano de Solmini- 95. Die 20 Ianuarii a. D. 1977, AAS, 187 hac intercedente, a Deo patrato, videlicet de instantanea, per- Constare de uno miraculo, Venerabili Maria Catharina fecta atque constanti sanatione puellae Mariae Ladoux a vul- Kasper intercedente, a Deo patrato, scilicet de instantanea per- nere regionis suprapubicae vesicam penetrante in parte extra- fectaque sanatione Sororis Mariae Herluka a meningis tuber- peritone ali. cularis inflammatione. 109. Die 29 Aprilis A. D. 1980, AAS, 965 96. 97. Die 20 Ianuarii a. D. 1977, AAS, 229 Constare de uno miraculo, intercedente Venerabili Servo Constare de duobus miraculis, Venerabili Serva Dei Maria Dei Aloisio Orione, a Deo patrato, nimirum de instantanea, per- Rosa Molas Vallve intercedente, a Deo patratis, scilicet de fecta ac constanti sanatione iuvenis Georgii Passamonti, a priore: instantaneae perfectaeque sanationis puellae Elvirae gravi syndrome meningea acuta, febrili, cum liquore limpido, Ruiz Llopis a peritonitide suspectae indolis tubercularis for- laesionibus nodularibus pulmonis dexteri reviviscentibus mae asciticae; et de altero: Sororis Mariae Löpez Rivera a pyo- sociata, in subiecto cum praecedentibus infectionis tubercula- dermite ulcerosa cum lymphangite et lymphoadenite, conse- ris familiaribus et personalibus. quenti ex adustionibus II et III gradus. 110. 111. Die 31 Ianuarii A. D. 1981, AAS, 283 98. Die 7 Iulii a. D. 1977, AAS, 553 Constare de duobus miraculis, Venerabili Aloisio Scrosoppi Constare de uno miraculo a Deo patrato, Venerabili Servo intercedente a Deo patratis, scilicet de primo: instantaneae Dei Francisco Coll deprecatore, nimirum de rapidissima, per- perfectaeque sanationis infa.ntis Syri Marizzoli ab encephalite fecta atque constanti sanatione dominae Iustae Barrientos a gravissima, cui phaenomena bulbacea erant connexa; et de peritonitide acuta purulenta-plastica postoperatoria, cum altero: instantaneae perfectaeque sanationis iuvenis Rochi fistula ieiuno-colica et subsequenti laceratione intraoperatoria Sartorelli ab osteomyelite chronica fistulosa, probabiliter intestini tenuis et coli descendentis. indolis phthisicae. 99. Die 7 Iulii a. D. 1977, AAS, 555 112. Die 31 Ianuarii A. D. 1981, AAS, 435 Constare de uno miraculo, Venerabili lacobo Desiderato Constare de uno miraculo, Beata loanna Delanoue interce- Laval intercedente, a Deo patrato, scilicet de instantanea per- dente, a Deo patrato, nimirum de instantanea, perfecta et con- fectaque sanatione domini Iosephi Edgardi Beaubois ab ecze- stanti sanatione domini Augusti Gouraud a gravi trombophle- mate acuto. bitide postoperatoria inferioris artus dextri, cum statu saep- 100. Die 7 Iulii a. D. 1977, AAS, 734 tico. Constare de uno miraculo, Venerabili Henrica Dominici 113. Die 30 mensis Martii A. D. 1981, AAS, 468 intercedente, a Deo patrato, videlicet de instantanea perfec- Constare de uno miraculo, intercedente Venerabili Serva taque sanatione pueri Brunonis Colla ab acuta appendicite. Dei Maria a S. Ignatio (in saeculo Claudina Thevenet), a Deo 101. Die 7 Iulii a. D. 1977, AAS, 736 patrato, nimirum de instantanea, perfecta constantique sana- Constare de uno miraculo, Venerabili Fratre Michaele depre- tione domini Aloisii Alfonsi Soto Villa, ab „osteomielite cro- catore, a Deo patrato, scilicet de instantanea perfectaque sana- nica della tibia e perone sinistri con sequestri radiografica- tione Sororis Clementinae Flores Cordero a colecistite calcu- mente visibili; fistolizzazione, stato varicoso e vasta ulcera- losa cum fistula colecisto-digestiva et pancreatite secundaria. zione torpida cutanea della faccia anteriore sinistra della 102. 103. Die 10 Maii, a. D. 1979, AAS, 695 gamba". Constare de duobus miraculis, Venerabili Servo Dei Henrico 114. Die 30 Martii A. D. 1981, AAS, 502 de Ossö y Cervellö, sacerdote, fundatore Sororum Societatis a S. Constare de uno miraculo, Venerabilis Annae Monteagudo Teresia a Jesu, intercedente, a Deo patratis, videlicet de instan- intercessioni tributo, id est de rapida, perfecta et duratura tanea, perfecta et constanti sanatione tum Sororis Antoniae sanatione Dominae Mariae Verae de Jarrin, a gravissimo et Barrera Reig a tuberculosi pulmonari, cum implicationibus in incurabili adeno-carcinomate corporis uterini in tertio gradu. - 5751 - - 5752 - 115. 116. Die 30 mensis Martii, A. D. 1981, AAS, 504 haben: „Ludwig Kaas. Der Priester, der Politiker und der Gelehrte Constare de duobus miraculis, Venerabili Servo Dei aus der Schule von Ulrich Stutz" (Verlag B. R. Grüner - Amster- Richard° Pampuri intercedente, a Deo patratis, nempe de dam, 1981/1982). Ungedruckte und gedruckte Quellen hat er instantanea perfectaque sanatione tum domini Adeodati ausgewertet und eine umfassende Literatur verarbeitet, um Comand, a „peritonite acuta generalizzata, originata da ein seinsgerechtes Werk zu erstellen, das es meines Wissens lesione di organo sopramesocolico, probabilmente a livello del bislang noch nicht gegeben hat. Die Zeitgeschichtler werden crocicchio duodeno-bilio-pancreatico", tum domini Ferdi- auf dieses Werk immer wieder zurückkommen müssen. Die nandi Michelini „da peritonite acuta generalizzata in soggetto Forschung ist mit dieser Studie ein gutes Stück vorangebracht con manifestazioni perivisceritiche in stato di occlusione inte- worden. Mit der Darlegung der Person Kaas' und seines Schaf- stinale, lacerazione intra-operatoria di ansa intestinale non fens ist auch das Ambiente der Weimarer Epoche instruktiv in seguita da corretta sutura." die Überlegungen einbezogen worden, wodurch das Ganze 117. Die 30 Martii A. D. 1981, AAS, 507 einen hohen Stellenwert erhalten hat. Constare de uno miraculo, Venerabili Serva Dei intercedente, a Deo patrato, nempe de instantanea per- fectaque sanatione Domini Nicolai Ratto ab ileo dynamico Der Kanonist Kaas postoperatorio. Bischof Felix Korum (1840-1921), der die Bega- 118. Die 11 Februarii A. D. 1982, AAS, 737 bung des Theologiestudenten Ludwig Kaas erkannte, schickte Constare de uno miraculo, Venerabili , ihn zum Studium nach Rom (Germanikum - Gregoriana), wo moniali capuccina ex Ordine S. Clarae intercedente, a Deo er 1904 in Philosophie und ein Jahr nach seiner Priesterweihe patrato, scilicet de instantanea perfectaque sanatione iuvenis (1906) in Theologie promoviert wurde. Als Kaplan an der Carmelae Hidalgo Alboleda a paradentiopathia gravi cum Anima studierte er an der Gregorianischen Universität kano- periostite chronica fistulosa, et a carie dentaria multiplici una nisches Recht und erwarb 1909 den Doktorgrad in diesem cum tertia orta integra dentitione. Fach. 119. Die 11 Mali A. D. 1982, AAS, 812 Constare de uno miraculo, intercedente Venerabili Serva Nur kurze Zeit widmete Kaas sich der Seelsorge, um bald Dei loannaJugan, a Deo patrato, nimirum de instantanea, per- seinen wissenschaftlichen Neigungen nachzugehen. Er ließ fecta ac constanti sanatione domini Antonii Schlatter a gravi sich in Bonn 1909 immatrikulieren. Der protestantische Kir- et irreversibili syndrome morbi a Raynaud appellati in digitis chenrechtler Ulrich Stutz (1868-1937) übte auf ihn wie auf utriusque manus, gravibus et persistentibus laeasionibus andere katholische Geistliche eine große Anziehungskraft aus. distrophicis affectis. Das Lexikon für Theologie und Kirche beurteilt ihn sehr posi- 120. Die 2 mensis Aprilis A. D. 1982, AAS, 1079 tiv: „St. gehört zu den führenden dt. Rechtshistorikern ... und Constare de uno miraculo, Beata Margarita Bourgeoys hat die dt. KR-Wissenschaft, wenngleich ihm der theol. intercedente, a Deo patrato, nimirum de rapidissima, perfecta Zugang zum KR versperrt blieb, zu neuer Blüte geführt; viele et constanti sanatione dominae Lisae Gauthier, ab „adenocar- Kirchenrechtler sind durch seine Schule gegangen ... meister- cinoma mucoide del colon destro con diffusione metastatica lich Würdigte er den CIC. Diente durch seine wiss. Objektivi- ad un linfonodo ed infiltrazione al crasso pericolico; compli- tät in hohem Maß dem konfessionellen Frieden: (L Th K, Bd. 5, 20,•p. canza infettiva post-operatoria con peritonite circoscritta ed a 1233, Freiburg, 1960). Es nimmt nicht wunder, daß der ileo paralitico". begabte und auch sehr ehrgeizige Priester L. Kaas dem besten der Kirchenrechtslehrer sich anvertraute, um mehrere Seme- ster hindurch in dessen kirchenrechtlichem Seminar Förde- rung seiner wissenschaftlichen Ambitionen zu erfahren. Kaas JOSEPH AUDA bearbeitete eine von der rechtswissenschaftlichen Fakultät 1911 auf Anregung von Stutz gestellte Preisaufgabe: „Die Ludwig Kaas - verdient um Staat und geistliche Gerichtsbarkeit in Preußen während des 19. Jahr- Kirche hunderts mit besonderer Berücksichtigung der Cölner Kir- chenprovinz". Er löste in der von der Fakultät gesetzten Frist Nach dem zweiten Weltkrieg (1939-1945) wurde in Wort von neun Monaten die Aufgabe und erfuhr in der sehr aner- und Schrift - in der Gegenwart auch im Parlament - häufig auf kennenden Würdigung seiner Arbeit eine Beflügelung seiner die Schwächen der Weimarer Republik und ihrer Verfassungs- wissenschaftlichen Bestrebungen. Unermüdlich und beharr- organe hingewiesen, auf mangelhafte Erfahrungen und aus- lich arbeitete er in steter Verbindung mit seinem Mentor an bleibende Bereitschaft, „das Mittel der parlamentarischen der Erweiterung und Ergänzung der Arbeit, um mit ihr den Demokratie zu handhaben" (Theodor Schieder). In Bundes- deutschen Dr. theol. zu erwerben. Nach Überwindung nicht tagsdebatten werden kritische Entwicklungen immer wieder weniger Schwierigkeiten wurde das repräsentative Werk fertig festgestellt und wird vor den Gefahren gewarnt, durch die und gedruckt, von Stutz sehr schmeichelhaft beurteilt und der letztlich die Weimarer Republik untergegangen sei. Es sollte Fakultät in Münster zur Nostrifikation des römischen Dr. aber nicht vergessen werden, daß in der Weimarer Epoche theol. mit Erfolg vorgelegt. Stutz nahm das Werk von Kaas in Politiker bis zur Erschöpfung sich um das Wohl der Staatsbür- die von ihm redigierten ,Kirchenrechtlichen Abhandlungen' ger gemüht haben und aus einem hohen Ethos heraus ihr Man- ,mit Vergnügen' auf (Kaas, Ludwig, Die geistliche Gerichts- dat wahrnahmen. Zu den verdienten Männern in jener Zeit barkeit der katholischen Kirche in Preußen, 2 Bd., Stuttgart gehört auch der am 23. Mai 1881 in Trier geborene und am 25. 1915-1916.) April 1952 in Rom verstorbene Prälat Ludwig Kaas. Von Zeit- geschichtlern wird er nicht selten ungünstig beurteilt, und alte Ein Gelehrter und Forscher von so hohem Grad wie Kaas Vorwürfe werden in jüngster Zeit von dem protestantischen hätte auf die Lehrkanzel einer angesehenen Universität gehört Historiker Klaus Scholder gegen Kaas und Pius XII. erhoben. und eine Zierde derselben darstellen können. Georg May refe- riert sine ira et studio die entstandenen Komplizierungen, die in dem Bemühen um eine Berufung des wissenschaftlich Es ist das Verdienst des Mainzer Kanonisten, Professor Dr. bestens ausgewiesenen Dr. L. Kaas entstanden sind. Dieser Georg May, in drei Bänden ein Standardwerk vorgelegt zu ließ keine Gelegenheit vorübergehen, sein Ziel als akademi- - 5753 - - 5754 - scher Lehrer und Forscher zu erreichen. Er ging auch seinen schaulich ... stärkste und grundsätzlichste Gegnerin des Mar- verehrten Lehrer und Meister jedesmal an, wenn es hieß: in eo xismus und des Revolutionsgedankens' sei als erste ,auf dem est ut Im Anstreben und der Durchsetzung dieses Zieles Ruinenfelde des neuen Deutschland' erschienen, um die Ret- wird aber auch offenbar, welche Eitelkeit und Armseligkeit tungs- und Aufbauarbeit zu beginnen' ... Das Zentrum habe Menschen knechtet. Das zeigt sich auch im Verhalten von das katholische Deutschland mobilisiert und für die Vertre- Kaas in seinem Bemühen um Erlangung eines Kanonikates an tung ,des christlichen Gedankens' in der Weimarer National- der Trierer Domkirche. Aber man wird May nach der Durch- versammlung gesorgt und auf diese Weise die Gefahr der sicht der drei Bände recht geben müssen, wenn er schreibt: sozialistischen Republik gebannt". (M, I, 371). „Während mir etwa bis zur Erlangung des Kanonikates an der Trierer Domkirche gewisse Schwächen seines Charakters Politik aus christlicher Verantwortung unangenehm auffielen, mußte ich in der Folgezeit eine immer Vom christlichen Gedanken als Ansatzpunkt hat Kaas seine stärkere Läuterung und Reifung bei ihm feststellen" (M. I, 11). gesamte politische Arbeit geleistet. Ob er sich einsetzte für die Verständigung mit den ehemaligen Feinden, besorgt war um Priesterliches Wirken Entschärfung der Forderungen der Alliierten, um Verständnis Das Bemühen, einen Lehrstuhl an einer deutschen Univer- für die Opfer, die vom Volk zu erbringen seien usw. - allemal sität zu erreichen, scheiterte (die Berufung nach Bonn lehnte er steht der christliche Gedanken der Versöhnung und damit der ab). Schließlich wurde er zum Professor für Kirchenrecht am Friede im Mittelpunkt seiner Bemühungen in Ausschüssen, in Priesterseminar in Trier (1918), ernannt, worüber er kaum parlamentarischen Reden und bei Wahlkundgebungen. Kaas erfreut war. Kaas war Priester. Einem solchen muß es eigen hat über die Grenzen Deutschlands hinaus sich einen Namen sein, „zuerst und zuoberst ... in der Seelsorge verwendet zu von internationalem Klang erworben. werden. Die Seelsorge hatte für ihn keine Schrecken ... Eine Vom christlichen Gedanken war getragen sein Engagement Reihe von Jahren war er in der Seelsorge tätig ... Kam besaß in der Kulturpolitik. Gerade in ihr hat er den Christen und Prie- die Eigenschaft, über die ein Seelsorger verfügen muß" (M, II, ster transparent gemacht. Kaas war ein bekennender Politiker, 144). Er erteilte Jahre hindurch Religionsunterricht, nahm die der sich mit bewunderswertem Mut für eine christliche Kul- Vorbereitung der Kinder auf Erstbeichte und Erstkommunion turpolitik stark machte - gemäß dem Kulturprogramm der sehr ernst. „Die Ehre Gottes und das Heil der Seelen waren die Deutschen Zentrumspartei und der Bayerischen Volkspartei. obersten Ziele seines Wirkens" (M, I, 145). Aber die wissen- „Das staatliche Schulmonopol" lehnte er ab. Das Recht der schaftlichen Neigungen dominierten und ließen das seelsorg- Kinder „auf die religiös-sittliche Erziehung der Jugend" ist liche Anliegen zurücktreten. Gleichwohl hat er auch später nach den Richtlinien der DZP vom 16. Januar 1922 „unbe- noch seelsorgliche Funktionen ausgeübt. dingt" festzuhalten. Mit seiner Partei fordert er ‚grundsätzlich die Bekenntnisschule'. Wie stark ihn diese Frage bewegte, läßt Der Politiker Kaas sich aus folgenden Zitaten im 2. Bd. der Studie Mays entneh- men. Auf dem Katholikentag in Dortmund (1927) „sprach er „In Deutschland ist Kaas vor allem wegen seiner politischen ,die absolut zentrale und lebensentscheidende Bedeutung' der Tätigkeit bekannt geworden. Von 1919 bis 1933 war er Schulfrage an". Weiter: ,Die Forderung der konfessionellen Abgeordneter des Reichsparlaments, von 1928 bis 1933 stand Schule ist ein Wesenbestandteil des kulturpolitischen er an der Spitze einer bedeutenden politischen Partei, der Aktionsprogramms der deutschen Katholiken'. Dieser Punkt Deutschen Zentrumspartei ... Der Eintritt in die Politik war erwachse ,mit unentrinnbarer Logik aus dem Daseins- und Kaas keineswegs vorgezeichnet. Dennoch war Kaas für die Lebensrecht der Kirche'; er sei ,ein unveräußerliches Postulat der politische Tätigkeit ausgerüstet und vorbereitet. Er besaß eine - und Erzieherrechte' (M, II, 284). starke politische Begabung. Seine langjährigen Studien hatten christlichen Eltern ihm eine umfassende Bildung vermittelt, welcher der poli- Wir wollen dieses Kapitel mit folgendem Zitat abschließen: tische Bezug nicht mangelte" (M, I, 285). ,Auf die konfessionelle Schule verzichten; heißt auf die Zukunft eines starken Katholizismus verzichten; heißt unsere Georg May hat uns, was bislang noch nicht ausreichend Jugend hinwegführen von den klaren Quellen lebendigen geschah, eine politische Biographie geschrieben. Er tat es aus Wassers, die ihr aus dem katholischen Glauben strömen, zu Gründen der Gerechtigkeit, die dem bedeutenden Politiker in den trüben Zisternen einer rein diesseitigen oder religiös ver- der Vergangenheit selten gewährt wurde. flachten Weltauffassung' ,Auf die konfessionelle Schule Die Deutsche Zentrumspartei umfaßte Abgeordnete, die verzichten heißt, dem deutschen Katholizismus Wege weisen, von hohem Ethos geprägt waren und aus Verantwortung auch an deren Ende eine Generation stände ohne Bekenntnis und unpopuläre Entscheidungen zu treffen oder mitzutragen hat- heroischen Geist, ohne Tiefe und Innerlichkeit, eine Genera- ten. An der ersten Regierung (Weimarer Koalition) beteiligte tion, in deren Hände wir nur mit bekümmerter Sorge das hei- sich die DZP nur deswegen, „weil sie unter dem sittlichen lige Erbe lassen könnten, das unser Väter uns überkommen Imperativ stand, für das notleidende Vaterland Verantwor- haben' (M, II, 285). tung zu übernehmen. Für sich selbst hatte sie nichts zu erwar- ten." „Die Deutsche Zentrumspartei hat sich selbst völlig rich- Kaas und der Nationalsozialismus tig charakterisiert, wenn sie am 1. Juni 1932 davon sprach, sie habe ,im Laufe der Geschichte immer wieder unter Selbstauf- Die letzten Jahre der Weimarer Republik wurden zuse- opferung politische Verantwortung übernommen und getra- hends kritischer und bedrohlicher. Kaas - der Parteivorsit- gen" (M, I, 367). zende der DZP - blieb seiner Partei auch in der krisengeschüt- In dieser Partei hatte Kaas sein politisches Zuhause. Er hat telten Epoche treu. Die grundsätzlichen Aussagen dieser Par- in ihr - nach Kräften bemüht - dem Staat und der Kirche zu tei waren Ausdruck auch seiner politischen Überzeugung. Er dienen versucht. „Am 12. April 1928 erinnerte Kaas daran, daß stand auf Seiten der führenden Zentrumspolitiker wie Wil- in der Stunde, da die Wogen der Revolution hochschlugen, die helm Marx, Heinrich Brüning und Georg Schreiber. Die Zentrumspartei ,den starken und unüberwindlichen Schutz- NSDAP wuchs in zunehmendem Maße. May beurteilt die wall des christlichen Deutschland' gegenüber der sozialisti- Situation des Parteivorsitzenden richtig, wenn er angesichts schen Flut gebildet habe. Gerade ,die religiös und weltan- (Fortsetzung Spalte 5759) - 5755 - - 5756 - BERND WITTSCHIER kennt, weiß, daß es Mithäftlinge Alfons Patermann - gewesen sind, Oberpfleger und Pfleger, die ihm die jedem Kran- Kapuzinerbruder Servulus') ken zustehende Diätkost ent- Ein Märtyrer der Freundestreue zogen und sie für eigene Interes- * 21. Dezember 1901 in Bühne im Sauerland sen verbraucht haben." t 16. April 1943 im KZ Dachau Bruder Servulus ist, völlig entkräftet, dann am 16. April Alfons Patermann 1943, gestorben3). Die Mithäft- war in der Landwirt- linge sagten: Er ist einem Herz- schaft und im Straßen- schlag erlegen. bau tätig. Mit 19 Jah- An einem Herzschlag? Woran ren trat er in den sollte denn sonst ein solcher Orden der Kapuziner Mann sterben? Ein Freund hatte ein. Mit 27 Jahren mit ihm das Brotmehl geteilt, wie ein echter Cum-pa.ne; er hatte legte er sein Ordens- es an seine Mitbrüder weitergegeben : Cum-pane. Aber im KZ gelübde ab. Er war als mußte er sterben, weil falsche Kumpanen ihm das Brot Koch, Gärtner, als wegnahmen: Welch eine Perversion des Cumpane-Seins! Sakristan und Pförtner Dachau war auch in dieser Hinsicht eine 'Stätte des Bösen. Der tätig. Er diente dem Hintergrund der KZ-Wirklichkeit, ja der gesamten Herrschaft Orden zuletzt in St. des nationalsozialistischen Regimes, kommt nur demjenigen Gangolph (Saar). Hier in den Blick, der um die Herrschaft des Dämonischen weiß: um wurde er zusammen die Gewalt des Satans als einer geistigen Macht, die Macht hat mit Pater Wigbert über den Geist des Menschen. verhaftet. Das war am 28. 12. Daß das Dämonische der eigentliche Hintergrund war, zei- 1942, nachdem vier gen zwei Berichte, die in dieser Osterausgabe von THEOLO- Gestapobeamte aus GISCHES bekannt gemacht werden sollen: Saarbrücken an diesem Tag eine Razzia im Kloster durchge- + Pater Benningh aus, S J, aus dem Bistum Münster führt hatten. Man hatte ein Säckchen mit 10 Pfund Mehl war im August 1941 ins KZ Sachsenhausen gekommen. Am gefunden, das Bruder Servulus von einem Freund geschenkt darauffolgenden Karfreitag hetzte ihn ein Scherge hinauf in bekommen und das er dem Kloster weitergegeben hatte. das Bett im ,dritten Stock'. Dann befahl man ihm, das Lied „0 Er wurde nun von der Gestapo gefragt, bedrängt und Haupt voll Blut und Wunden" zu singen. Als er sich weigerte, bedroht: Er solle den Namen dieses Freundes nennen. Er aber schlug man ihn so schrecklich und so lange, bis er, fast ohn- antwortete: „Ich verrate meinen Freund nicht. Da würde ich ja mächtig, dieses Karfreitagslied leise sang ... Gutes mit Bösem vergelten." Auch als ihm bei späteren Ver- + Pfarrer Riesner aus Salzburg, damals 33 (!) Jahre alt, hören die Einweisung in ein KZ angedroht wurde, verneinte er hat man gegeißelt, mit Dornen gekrönt und ans Kreuz und blieb dem Freunde treu. gehängt. Man machte aus Stacheldraht Geißeln und schlug An jenem 28. 12. mußten P. Wigbert und Bruder Servulus unbarmherzig den entblößten Oberkörper in Fetzen. Man Zivilkleidung anziehen, weil sie ins Gefängnis nach Saarbrük- flocht eine Stacheldrahtkrone und preßte sie ihm auf den ken gebracht werden sollten. Hier häuften sich die Verhöre, Kopf, bis alles blutig war. Man verspottete und verhöhnte ihn und beide warteten zwei Monate auf die Entscheidung: Frei- und band ihn schließlich an zwei Hölzer und ließ ihn eine heit oder Konzentrationslager? Am 8. März war es dann Stunde dort hängen ...4) soweit: Sie wurden gefesselt und mit anderen Häftlingen auf „Das Blut der Märtyrer ist der Same ...," ist man geneigt, den Weg nach Dachau gebracht. Die Fahrt dorthin muß mit sich selbsttröstend vorzusagen. Aber als der Verfasser recher- den Zwischenstationen so zermürbend gewesen sein, daß es in chierte, mußte er feststellen, daß das Kloster St. Gangolph den Berichten heißt: „Endlich" waren wir in Dachau! Das war wegen Nachwuchsmangel aufgelöst ist. Gilt es nicht mehr: am 17. März 1943.2) ,Das Blut der Märtyrer ist der Same ...'? Wie kann es denn Bruder Servulus kam lebensgefährlich erkrankt in Dachau noch gelten! Wie kann das Blut unserer Märtyrer aus jüngster an. Ein schwerer Bruch verlangte nach unverzüglicher Opera- Zeit zum Samen werden für Priester- und Ordensberufe, wenn tion. Am 18.3. kam einer der ihren, Pater Hugo, der schon zwei wir seit nunmehr 40 Jahren ihr Martyrium der Jugend nicht Jahre in Dachau war, an den Zaun des Quarantäneblocks. Sie nachhaltig genug bekanntmachen, z. B. durch die Predigt, erfuhren, daß im Pfarrerblock Caritasdirektor Hans durch Unterricht und bei Jugendgruppenstunden? Carls aus Wuppertal als Gefangener sei und daß dieser gute 1) Quellen: Gedenkbuch der Rhein.-Westf. Kapuzinerprovinz, 1952; Maurus Beziehungen zum Chefarzt habe. Schon am nächsten Tag kam Münch, Unter 2579 Priestern in Dachau, 1970; Hans Carls, Widerstandskämp- fer gegen die Verbrechen der Hitlerdiktatur: Maschinenschrift: Exemplar im Hans Carls und führte Bruder Servulus ins Revier. Er wurde Archiv des Joseph-Teusch-Werkes; Eugen Weiler, Die Geistlichen in Dachau sofort operiert. Die Operation verlief sehr gut. Bruder Servulus Band 1(1972); Interview mit Pater Konradin, Archivar der Kapuziner. Siehe blieb zehn Tage im Operationsblock, und Hans Carls konnte Notiz auf Sp. 5766 unten. ihn dort jeden Tag besuchen. Anders, als er danach in den 2) Gedenkbuch und Münchbuch weichen voneinander ab. Das gilt auch für Rekonvaleszentenblock verlegt wurde. die weiteren Daten, selbst für das Sterbedatum: Im ersteren heißt es: 9. 4., im zweiten 16. 4. (4 Uhr) Der KZ-Bericht sagt: 16. 4., 1 Uhr. Hier wurden Mithäftlinge zum Werkzeug des Bösen. Ein Außer Bruder Servulus haben noch zwei weitere Mitglieder aus dem Kapuzi- Bettnachbar von Bruder Servulus, der Diplomlandwirt Max nerorden der Rhein.-Westf.-Provinz im KZ ihr Leben lassen müssen: Heinrich Reuter aus Düsseldorf, hat später Pater Wigbert und anderen Zöhren als Pater Dionys im Alter von 40 Jahren; Albert Koplin als Pater Anizet gegenüber berichtet: Man habe dem Bruder Servulus nichts zu im Alter von 66 Jahren. Insgesamt waren im KZ Dachau 47 Kapuziner aus vie- len Ordensprovinzen Europas; davon waren aus Deutschland und Österreich essen gegeben, und zwar mit der Begründung, ein Darmope- sieben. rierter dürfe nur einen halben Liter Kaffee täglich bekommen. 3) Mitteilung des Internationalen Suchdienstes. P. Wigbert schrieb nach 1945: „Wer Dachauer Verhältnisse 4) Beide Berichte aus der Schrift von Hans Carls. - 5757 - - 5758 - unbestreitbarer Mängel des Parlamentarismus jener Epoche alle Bedenken ausgeräumt seien" (M, III, 348). „Er band die feststellt: „Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß Kaas den Zustimmung des Zentrums ausdrücklich an die Aufrichtigkeit autoritären Staat, der das Parlament ausschaltete, herbeige- der Versprechungen des Kanzlers" (M, 111, 348). Sehr ernst trat sehnt hat. Wohl aber ist denkbar, daß er ihn angesichts des er für eine allseitige Versöhnung - auch mit den Linksparteien Funktionsmangels des parlamentarischen Systems als unaus- - ein. Alle Deutschen müßten an dem großen Aufbau des Rei- weichlich ansah. In einer Demokratie ohne eine-Mehrheit von ches mitarbeiten. Das Ermächtigungsgesetz erhielt eine über- Demokraten kann man schwerlich dem Politiker einen Vor- wältigende Mehrheit. wurf machen, der diesen Tatbestand in seine Rechnung ein- Auf mehreren Seiten läßt sich May über die Beurteilung stellt. Der Demokrat Kaas ist gescheitert, weil der demokra- zum Ermächtigungsgesetz aus (M, III, 353-358), die bei der tische Grundkonsens im Volke nicht mehr gegeben war" (M, Beurteilung des überragenden Anwalts für Recht und Gerech- III, 102). Die Regierungsbildungen bis zur Machtergreifung tigkeit in die Erwägung eingebracht werden müßten. Kaas hat Hitlers waren dramatisch verlaufen. Bis auf den heutigen Tag sich das Ja abgerungen in nicht zu verkennender Prüfung vor wird das Ermächtigungsgesetz diskutiert. Die Reichstagswahl seinem Gewissen und der Pflicht, die ihm das Sittengesetz auf- vom 5. März 1933 erbrachte ein Ergebnis, das „für die Anhän- erlegte. Einer der schärfsten Kritiker war Heinrich Brüning, der ger von Rechtsstaat und Demokratie niederschmetternd und verdiente Staatsmann, zu dem Kaas stets gehalten und den er für einen evtl. Widerstand gegen Hitlers Regierung verhäng- in schwierigen Situationen unterstützt hat. Das Verhältnis nisvoll" war (M, III, 324). Brünings zu Kaas wurde kühler, und die einstige Freundschaft Dem Reichstag, der sich am 23. März 1933 konstituierte, zerbrach nach dem Reichskonkordat. Zu einer Versöhnung ist legte Hitler als Reichskanzler den Entwurf eines ,Gesetzes zur es nicht mehr gekommen. Behebung der Not von Volk und Reich' vor, ein gemeinsames Werk von NSDAP und DNVP. Hauptziel des Ermächtigungs- Der römische Aufenthalt gesetzes war die Ermöglichung der Regierungsarbeit ohne Kaas reist am 24. März 1933 nach Rom, wo er sich nur kurze Behinderung des Reichstages, aber auch ohne jede Rücksicht Zeit aufhielt; am 31. März reiste er zum zweiten Mal nach Rom, auf diesen. Die Regierung konnte Gesetze im formellen Sinne wo er bis zu seinem Tode am 25. April 1952 blieb. Von dort erlassen. Alle Gebiete konnte die Gesetzgebung umfangen mit legte er seinen Parteivorsitz nieder, der auf Brüning überging. der Berechtigung, im Einzelfall die Reichsverfassung zu In Rom blieb er nicht müßig. Hier traf er zusammen mit dem durchbrechen. Ja, sie konnte durch Schaffung neuen Verfas- Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, mit dem ihn eine sungsrechtes das alte ersetzen. Doch ist festzuhalten, daß das echte Freundschaft seit der Zeit verband, in der der einstige Gesetz den Fortbestand der bisherigen Reichsverfassung vor- Nuntius Pacelli - zuerst in München, dann in Berlin - als Ver- aussetzte, was manche Abgeordneten beruhigen mochte. treter des Papstes in Deutschland tätig war. Pacelli bediente Kaas hatte eine schwierige Position, in der er im Gespräch sich dieses hochbegabten, kenntnisreichen und klugen Politi- mit Hitler im Sinne der Verfassung und des Rechtsstaates kers Kaas, der vom damaligen Nuntius geschätzt und mit Zusicherungen zu erreichen versuchte. Er erkannte die Impli- Erfolg konsultiert wurde. Kaas wurde auch beim Zustandekom- kationen dieses Gesetzes und erklärte vor dem Fraktionsvor- men des Reichskonkordats beteiligt. „Auf kirchlicher Seite wurden stand: ,Unsere Entscheidung ist schwerer als selbst die über die Verhandlungen von dem Kardinalstaatssekretär Pacelli den Versailler Vertrag' (M, III, 338). Das Zentrum müsse, persönlich geführt. Niemand in Rom kannte die Materie so gut erklärte er, mit allen Mitteln versuchen, das Verlassen der Ver- wie er" (M, III, 381). Franz von Papen war staatlicherseits der fassung, die er noch gegeben sah, rückgängig zu machen. Unterhändler, der - der schwierigen Materie nicht gewachsen In der Sitzung des Reichstages vom 23.111.1933 wurde über - fachmännischer Beratung bedurfte, wie sie ihm „Kaas unauf- das Ermächtigungsgesetz abgestimmt. In der Sitzung der Frak- dringlich, selbstlos und versöhnungsbereit gewährte" (M, III, tion der DZP am gleichen Tage erläuterte Kaas die Zusicherun- 392). „Kam diente sowohl dem Vizekanzler Franz von Papen gen, die Hitler ihm in einem Gespräch gemacht habe und als auch dem Kardinalstaatssekretär Pacelli als Unterhändler, sagte: „Es gelte einerseits unsere Seele zu wahren, andererseits Berater und Formulierungsgehilfe. Er besaß das Vertrauen des ergäben sich aus der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes staatlichen wie des kirchlichen Bevollmächtigten in gleicher unangenehme Folgen für die Fraktion und die Partei" (M, III, Weise; keiner von beiden hat je den Vorwurf erhoben, er habe 340). Kaas respektierte Überzeugung und Gewissen der sich in irgendeiner Weise illoyal verhalten ... Seine Fähigkeit, Abgeordneten. Er gab aber zu bedenken, welche Auswirkun- nach Möglichkeit den Interessen beider Seiten gerecht zu wer- gen eine Ablehnung haben würde. „Es bliebe nur übrig, uns den, dürfte in der Geschichte der Konkordate nicht viele gegen das Schlimmste zu sichern" (ebd). Kaas war überzeugt, Parallelen haben. In den Wochen und Monaten von April bis daß Hitler auch ohne das Ermächtigungsgesetz seine Ziele Juli 1933 entfaltete Kaas noch einmal seine reichen Gaben als durchsetzen werde. Er war bei aller Reserve grundsätzlich für Kanonist und Jurist. Die Mitwirkung am Reichskonkordat bil- das Ermächtigungsgesetz. „Die Dynamik der nationalsoziali- dete den Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Laufbahn. Die stischen Welle schien ihm unüberwindlich." Bei Ablehnung Aufgabe, sich im pausenlosen Wechsel bald mit dem staatli- fürchtete er den schwerwiegenden Vorwurf, das Zentrum habe chen, bald mit dem kirchlichen Standpunkt zu identifizieren' sich gegen das Sanierungswerk der Regierung ausgesprochen. und die Pflicht, die Ebenen des Wissens nicht zu vermengen' „Wenige Dinge fürchtete Kaas so sehr wie die tückische (Volk), stellten höchste Anforderungen an ihn" (M, III, 393). Anklage, die politische Vertretung des katholischen Volksteils Das Reichskonkordat wurde am 20. Juli im Vatikan unter- habe in der Stunde der Not des Reiches beseite gestanden und zeichnet. Außergewöhnliche Anerkennungen wurden Kaas versagt" (ebd). Brüning erkannte ebenfalls die prekäre Situa- von verschiedenen Seiten, von kirchlicher wie staatlicher tion der Partei. Er war für seine Person eher gegen als für das Seite, zuteil. In solchen Verlautbarungen dürfte Kaas die Gesetz und stellte sich dann gegen Kaas, gab aber zu, auf das Überzeugung gehabt haben, an einem Werk mitgearbeitet zu Ja oder Nein des Zentrums komme es nicht entscheidend an. haben, das zwischen Staat und Kirche einen dauerhaften Frie- In einer zweiten Sitzung - nach Hitlers Regierungserklärung - den begründen könnte" (M, III, 398). Die Ratifizierung durch plädierte Brüning angeblich für Ablehnung. Kaas sprach sich Austausch der Ratifizierungsurkunden erfolgte am 10. Sep- jetzt eindeutig für Zustimmung aus. Im Plenum gab Kaas eine tember 1933. Erklärung ab, daß seine Partei „die Entscheidung für die In der Folge wurde Kaas zum Kanonikus von St. Peter Annahme mit Sorge und schweren Herzens treffe, daß nicht ernannt, in welcher Eigenschaft er Verwalter des Gotteshaus- - 5759 - - 5760 - vermögens dieser Kirche wurde. Er war nicht müßig. An der Metaphysik (die man sich gelegentlich durch einen fideistischen Pri- Entstehung der Aufsehen erregenden Enzyklika Pius XI. „Mit vatismus ersparen möchte) ausklammert. In dieser Lage erweist sich brennender Sorge" vom 14.111. 1937 waren höchstwahrscheinlich die zeitoffen jedermann durch Josef Pieper erschlossene zeitüber- Robert Leiber SJ und Ludwig Kaas mitbeteiligt. Kaas, der in dauernde Philosophia Perennis - insbesondere im Werk des Thomas seiner Tätigkeit durch ein chronisches Magenleiden stark von Aquin - als nach wie vor unerläßlich, klärend, Wahrheit- gehindert war, starb an diesem Leiden und an seiner ver- erschließend. brauchten Herzkraft am 25. April 1952. Sein Leichnam wurde 3. Der VIII. Internationale Thomistische Kongreß (8.-13. Sept. pr6visorisch auf dem Campo-Santo Teutonico bestattet. 1980 in Rom) anläßlich des hundertstenJubiläums der Abfassung der Gemäß dem Vertrag vom 30. Juni 1956 zwischen der Erzbru- Enzyklika „Aeterni Patris" und der Gründung der Thomas-Akade- derschaft S. Maria della Pietä in Campo Santo Teutonico und mie in Rom hat die weltweite Lebendigkeit und Fruchtbarkeit des Arthur Wynen wurde eine eigenes Grab für ihn auf dem Doctor communis erneut bestätigt (Teilnehmerzahl von etwa 700 qua- Campo Santo Teutonico festgesetzt. Am 7. November 1957 lifizierten Wissenschaftlern; über 300 Referate wurden vorgelegt). wurde der Leichnam in die neue Gruft überführt. Das Denken des hl. Thomas wurde nach Leo XIII. wieder sozusagen Auf persönliche Veranlassung von Papst Paul VI. aber .zum „Blutstrom eines großen Teiles der katholischen Kultur" (Kardi- wurde, wie es auch der Wunsch von Kaas war, der Leichnam nal Siri), „ad salutem" und nicht - wie einige behauptet haben und im Februar 1965 in die Ottonenkapelle in den Grotten von St. ein fast gängiger anti-scholastischer Affekt vordergründig meint - Peter überführt. Pius XII. hat diesen Ort der Beisetzung „ad perditionem". Die Kirche konnte und wollte nicht den strategi- angeordnet, und Paul VI. hatte diesem Willen entsprochen. schen Rückzug Kierkegaards oder der Traditionalisten wie der Fidei- sten, aber auch nicht die unterscheidungslose Umarmung der „Zeit" Georg May ist zu danken, daß er dem um Staat und Kirche bzw. der seinsvergessenen und dadurch technikausgelieferten Natur- verdienten Prälaten Ludwig Kaas ein würdiges literarisches wissenschaften mitmachen. Den Weg zu einem wirklich gründlichen, Denkmal gesetzt hat. Es wird mithelfen, daß ein qualifizierter verantwortlich-ethischen, positiven Verhältnis mit der modernen Welt Wissenschaftler, ein Politiker von Format, ein verläßlicher fand und findet sich nur im Denken des hl. Thomas und dessen Wirk- Priestersohn der Trierer- und Gesamtkirche nicht der Verges- lichkeits- und Ordnungssinn. senheit anheim fällt. 4. Die Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana" (1979) hat noch einmal verbindlich erklärt, daß man dem hl. Thomas folgen müsse (wie schon 1931 eindringlich „Deus scientiarum Dominus"). Paul VL in seinem Schreiben „Lumen ecclesiae" (Nr. 23) undJohan- nes Paul If in seiner Ansprache vor dem Angelicum (Nr. 5) und in PROF. DR. WALTER HOERES seiner Ansprache vor dem o. a. Kongreß vom 13. Sept. 1980 Josef Pieper zu ehren (L' Osserv. Rom. in dtscher Sprache vom 7 .11 . 80, S. 4 f ) haben das bekräftigt. Der neue Codex sagt in Can. 251 von der philosophischen Zum 80. Geburtstag Ausbildung der künftigen Priester, sie müsse „sich auf das immer gül- tige philosophische Erbe stützen und auch Rücksicht auf die philoso- (Bökmann) 1. Wie viele haben die klassische Tugendlehre, das phische Forschung der fortschreitenden Zeit nehmen." Ethos der Kardinaltugenden („Das Viergespann"), aus den unver- Kenner urteilen, daß demgegenüber viele in den theologischen wechselbar luziden Bändchen Josef Piepers kennen- und schätzenge- Fakultäten den hl. Thomas und seine Lehre nicht oder kaum kennen- lernt! Ihre geniale Verbindung mit den göttlichen Tugenden (die Pie- lernen. Es wäre eine Art Konversion notwendig. Das Abflauen zeit- per in den letzten Jahren wunderbar erschlossen hat) durch Thomas weilig mächtiger Ersatzversuche mag sie begünstigen. Die Mahnung von Aquin besser verstanden! der Bischöfe helfen. Jederzeit aber zugänglich sind die schönen Arbei- Eine Darstellung jener Philosophia Perennis, die ihre Kraft und ten Josef Piepers, sodaß sich keiner entschuldigen kann (Vgl. z. B. Bewährung schon dadurch bewies, daß sie den Versuchungen und Irr- Thomas-Brevier, lateinisch-deutsch). Nimm und lies! wegen des Idealismus, Existentialismus, des Marx'schen Sozial- Evangeliums, einer unklaren Personologie, immanentistischen Psy- chologien nicht erlag. Darüberhinaus aber nicht nur tradierte - was bei derart selbständiger Intelligenz und einer sachlich-schönen Am 4. Mai vollendet Josef Pieper sein achtzigstes Lebens- Sprache schon eine bedeutende Leistung darstellt - sondern sich leb- jahr. Seine Verdienste um die immerwährende Philosophie, haft, kenntnisreich und argumentativ-überzeugend mit dem Evolutio- um die praeambula fidei und damit auch um Theologie und nismus auseinandersetzte (z. B. Hoffnung und Geschichte - Fünf Verkündigung können gar nicht hoch genug eingeschätzt wer- Salzburger Vorlesungen, Kösel/ München 1967); den tief-verstehen- den! Wenn die Kirche in dieser Epoche der zweiten Aufklä- den Kontakt zur Dichtung suchte (z. B. Weisturn - Dichtung - rung voll Schmerz auf all das blicken muß, was ihr von außen Sakrament). Für die Seelsorge bleibt gerade heute wichtig seine und - schlimmer noch - von innen „bis an die Grenzen der „Christenfibel" und die grundhaft klärenden Aussagen zu „Muße Selbstzerstörung" zugefügt wird, dann kann sie doch auf der und Kult". „Tradition als Herausforderung": das ist der Inbegriff des anderen Seite auch dankbar sein für die so ungeheuer frucht- einten Programms eines wirkenden Lebens, das wir alle als großes bare und segensreiche Wirksamkeit Josef Piepers in diesem Geschenk aus Anlaß dieses schönen Gedenktages dem nach wie vor - geistesgeschichtlichen Augenblick. Die Worte sind nicht zu auch öffentlich und in der Universität Münster - wirkenden Philoso- hoch gegriffen. Sein Sprechen in unsere Zeit hinein hat in der phen danken wollen. Tat den Rang eines kirchengeschichtlichen Ereignisses und Glücksfalles. 2. Die deutschen Bischöfe haben kürzlich offen ihre Sorge über die Defizite im Bereich der systematischen Philosophie und insbesondere Gegenwart des Aquinaten der Metaphysik, die sich in den letzten Jahren gerade auch im Stu- dium der Theologie gezeigt haben, geäußert. Oft meint man heute, ein Pieper ist es gelungen, die unvergänglichen Einsichten der direkter Durchgriff zu den Befunden der sogen. Humanwissenschaf- thomistischen und damit generell der abendländischen Philo- ten könne hilfreich sein, auch wenn man Fragen der Erkenntnistheorie sophie aus ihrer zeitbedingten Verschalung zu lösen, in ihrer (hier glauben einige, für den Popper'schen Pragmatismus optieren zu weltanschaulichen Bedeutung sichtbar zu machen und Tho- können), des Menschenbildes (das man sich von einer evolutionisti- mas von Aquin damit allen gebildeten, ja denkfähigen Men- schen Tier-Verhaltenslehre wähnt entlehnen zu können) und der schen der Gegenwart nahezubringen: nicht in der Weise - 5761 - - 5762 - musealer Erinnerung, sondern als zwingendes gedankliches kenden unklaren Philosophie, deren Begriffe - ständig in Fluß Gefüge, aus dem gerade unserer heillos verwirrten Zeit der gehalten - in der Tat immer nur am Zerfließen sind. Anspruch ewiger Wahrheit aufleuchtet. Einfacher gesagt: daß der Thomismus und damit die Tradition abendländi- Widerschein ewiger Klarheit scher Philosophie heute neben dem angelsächsischen Positi- vismus, dem Marxismus und dem Wissenschaftsfetischismus, Demgegenüber ist die Sprache Piepers in ihrer zuchtvollen insbesondere dem Biologismus, eine geistige Großmacht in Klarheit und dadurch bedingten Schönheit und Verständlich- weltweitem Maßstabe ist, ist wesentlich Piepers Verdienst. keit ein hoher Genuß. Sie ist nicht nur der Beweis dafür, daß sich Form und Inhalt allemal entsprechen müssen, sondern vor allem auch Ausdruck für die Übergeschichtlichkeit philoso- Tiefe und Durchblick phischer Wahrheit, denn diese ist der Grund dafür, daß Pie- Seine schmalen Bücher oder Traktate machen auf den per heute weltweit verstanden wird. Dabei hat er nichts, aber ersten, flüchtigen Blick hin den Eindruck kursorischer Zusam- auch gar nichts von jenen schrecklichen Vereinfachern an sich, menfassungen, die als solche das Niveau des Originals natür- wie das der schmale Umfang vieler seiner Bücher manchmal lich nicht erreichen. Ihre Meisterschaft besteht jedoch darin, die vermuten läßt, die ihn nie gelesen haben. Im Gegenteil ver- daß sie - trotz der relativen Kürze - ohne jedes überflüssige steht gerade er es, den eigentümlich gebrochenen, sowohl in Wort die ganze Tiefe der Philosophie des „engelgleichen Leh- der Analogie des Seins wie in der sinnlich-geistigen Doppelna- rers" einfangen. Dies geschieht stets in meditierender Aus- tur unseres Erkenntnisvermögens begründeten Charakter einandersetzung mit anderen philosophischen Auffassungen unseres Wissens um die letzten Dinge aufzuzeigen, das immer und den Irrtümern unserer Zeit. Dabei kommt Pieper zugute, auch schon in unteilbarer Einheit Nichtwissen ist. Und er führt daß die Wahrheiten der Philosophie in der Art eines Organis- uns in zahlreichen Schriften diese spezifisch philosophische mus zusammenhängen. Daß von den Glaubenswahrheiten das Art des tastenden, im Voranschreiten auch je von blinden Flek- Gleiche gilt, zeigt sich an der zerstörerischen Art, mit der die ken durchsetzten Erkenntnisprozesses mit souveräner Kunst Progressisten, denen es angeblich nur noch um die Grund- vor. Erinnert sei nur an seine bekannte Schrift über die „philo- wahrheiten geht, eben durch diesen Minimalismus das ganze sophia negativa". Um es also ganz klar zu sagen: Pieper zeigt Gebäude zum Einsturz bringen! Jedenfalls beherrscht Pieper nicht nur Einsichten auf. Er vermittelt nicht nur Ergebnisse, meisterhaft die Kunst, in der Teilwahrheit, die er gerade expli- sondern zeigt das von Erfahrungen ausgehende, hin- und her- ziert, das ganze, unverzichtbare Gelenksystem der thomisti- gehende Philosophieren, kurzum „Spekulation", in ihrer schen Prinzipien zum Aufleuchten zu bringen: von dem Stol- lebendigen Gestalt und - eben! - in einer Sprache, die in ihrer len aus, den er jeweils gräbt, das ganze Gebäude in seinen kla- Klarheit von der Redlichkeit und Tatsächlichkeit des eigenen ren Konturen zu zeigen. Gedankenprozesses zeugt.

Dolmetsch in sprachloser Zeit Summa ad mentem S. Thomae Die geniale, einfühlsame Sprachgewalt Piepers, die sich in Wer alle Bände von Pieper gelesen hat, darf von sich sagen, solch wunderbaren Formulierungen wie der vom „unaustrink- daß er eine gründliche und tiefe Kenntnis der Fundamente der baren Lichte" Gottes manifestiert, kommt natürlich in einer Erkenntnislehre, der Ethik, der Ontologie und der thomisti- Zeit gerade zurecht, in der die humanistischen Studien immer schen Anthropologie erwarb: der Fundamente natürlich, nicht mehr verkümmern, der Ausverkauf des Lateinischen, den nach der unzähligen Einzelheiten und des Filigranwerkes, in dem Raffalt nun auch Lorenzer so sehr beklagt hat, in der lateini- die entscheidenden Einsichten bei einem so gewaltigen, alle schen Kirche immer weitergeht und damit der Zugang zu den Denkmotive der platonisch- aristotelischen Philosophie in sich großen Quellen der Hochscholastik selbst für die Theologie- vereinenden Denker wie dem hl. Thomas ausgeführt werden. studierenden immer schwerer wird. Deutsche Übersetzungen Jedenfalls wagen wir nach langer Erfahrung auch in der philo- scholastischer Diktion, die es versteht, in die Änderung einer sophischen Ausbildung von Theologen zu sagen, daß das Stu- Präposition oder einer Silbe - „non ens, sed entis", „a se", „per dium der Schriften Piepers eine vollkommen hinreichende se"! - eine ganze Welt zu legen, sind mißlich. Wir erinnern uns philosophische Grundlage nicht nur für die Theologie bietet, noch an jene Thomasauswahl, in der „substantia immaterialis" sondern auch sicheren Schutz vor den unzähligen Verwässe- mit „unstofflicher Selbsttrage" wiedergegeben wurde! Hier rungen, Verdünnungen, Verzerrungen und Äquivokationen, läßt uns Pieper ohne falsche Deutschtümelei in einer Prä- in denen heute die Wahrheit des Glaubens von Dogmatikern gnanz, die dem Lateinischen nachempfunden ist, angemessene angefangen bis zu zahllosen Religionslehrbüchern feilgeboten Bezeichnungen finden, ohne der deutschen Sprache Gewalt werden. Denn bekanntlich haben alle Häresien eine philoso- anzutun. phische Grundlage. Die Grundhäresie, die heute Glaube, Ver- kündigung und Moral am meisten bedroht, ist denn auch nicht Ad fontes zufällig philosophischer Art:_ die von Heidegger und seinen katholischen Adepten inaugurierte Lehre von der totalen Daß es um Pieper nach dem Konzil stiller geworden ist, war Geschichtlichkeit des Menschen und seiner Erkenntnisfähig- vorauszusehen. In eine geistige Landschaft, die sich von Hei- keit, nach der es so etwas wie überzeitliche Wahrheiten gar degger, Teilhard de Chardins Evolutionismus, ja der kanti- nicht gibt und somit auch die Glaubenswahrheiten je und je schen Transzendentalphilosophie inspirieren läßt, passen ganz neu ausgesagt werden müssen. Ergebnis sind jene endlo- weder Thomas noch Pieper hinein. Zudem wurde das Aggior- sen theologischen Interpretationen, die ihre eigene Unseriosi- namento in den Priesterseminaren und theologischen Fakultä- tät dadurch beweisen, daß sie auch die eigene Interpretation ten als Hinwendung zu Psychologie und Soziologie, keines- wieder interpretieren. Ergebnis ist aber vor allem auch jener wegs aber zu den lebendigen Quellen der Hochscholastik ver- grauenhafte, zwischen betulich anheimeligen Edelwörtern standen. Die seit der Enzyklika „Aetemi Patris" Leos XIII. und verworrenen Satzkonstruktionen schwankende, dabei immer wieder als verbindliche Anordnung verstandene Mah- immer schon sich selbst wieder infrage stellende Stil, der nicht nung des kirchlichen Lehramtes, daß die philosophische Aus- nur dem krampfhaften Bemühen, zeitgemäß zu erscheinen, zu bildung der Theologen „ad mentem S. Thomae Aquinatis" zu danken ist, sondern selbstverständlich auch der dahinter stek- geschehen habe, wurde in den letzten Jahrzehnten schmählich - 5763 - - 5764 - in den Wind geschlagen; die Enzyklika „Humani generis" Pius der durch die moderne Wertphilosophie, durch den Positivis- XII., die wiederum einschärft, daß die „zukünftigen Priester in mus, den kritischen Rationalismus und alle anderen Formen den philosophischen Fächern unterrichtet werden „nach der des Subjektivismus und Relativismus inaugurierten Trennung Methode, der Lehre und den Grundsätzen des Englischen Leh- von Sein und Wert, die den Verstand zum bloßen Registrier- rers" völlig totgeschwiegen. Dabei können sich die Neuerer apparat von Fakten erniedrigt und die Werte zu einer bloßen nicht auf das Dekret über die Priestererziehung des II. Vatika- Angelegenheit des Gefühls. nums berufen, das einerseits ausdrücklich verlangt, daß „man - Die Traktate über die Klugheit, den Sinn der Tapferkeit, sich auf das stets gültige philosophische Erbe" stütze und Zucht und Maß und die Gerechtigkeit sind eine meisterhafte andererseits für die Theologie, daß man „mit Thomas als Mei- Zusammenfassung der Grundgedanken abendländischer ster die Heilsgeheimnisse tiefer durchdringen" solle. Allenfalls Ethik und Anthropologie zugleich. Wer sie gelesen hat, dürfte kann man aus dem Dekret die Aufforderung herauslesen, von endgültig gegen die Verlockungen des biologistischen Men- der in der Tat oft verknöcherten oder doch die Probleme bloß schenbildes gefeit sein. Man muß sie im Zusammenhang und formelhaft lösenden Lehrbuch-Scholastik loszukommen und als jene Zusammenschau studieren, als die sie gemeint sind. zu der ursprünglichen Lehre des hl. Thomas zurückzukehren. Was Pieper über den Glauben, die Hoffnung und in einem aus- Und hier hätte Pieper ein untrüglicher Führer sein können! führlichen Buch auch über die Liebe schreibt, ergänzt jene Kabinettstücke abendländisch-christlicher Anthropologie Drei Angelpunkte und führt sie bis zu jener Höhe, wo Natur und Gnade sich Es kann nicht die Aufgabe dieser Würdigung sein, den berühren. Wer die Gnadenlehre der Kirche verstehen und die Reichtum von Piepers Werk im einzelnen zu entfalten oder Bedeutung des Grundsatzes „gratia supponit naturam" in irgendeine Art von Vollständigkeit anzustreben, aber einige ihrer ganzen ungeheuren Spannweite ermessen will, sollte Schlaglichter seien doch gesetzt. Die philosophische Verwir- diese drei Traktate meditieren. rung, die heute die Theologie in ihren Strudel gezogen hat, herrscht vor allem in der Erkenntnistheorie, der Ethik und der Besonderer Dank philosophischen Anthropologie. Dankbar sind wir Pieper besonders für die schon genannte - In einem großartigen Durchblick zeigt Pieper in „Wahr- herrliche Schrift über den Glauben. In einer Zeit und inner- heit der Dinge", wie die abendländische Philosophie und hier kirchlichen Situation, in der Glaube als bloße Mutmaßung, wieder besonders der hl. Thomas das Problem der Überwin- Wahrscheinlichkeit, als bloßes „putare" statt „credere" gut dung der Differenz von Subjekt und Objekt im Erkenntnisge- „pluralistisch" abgewertet wird, ist Piepers Hinweis von herrli- schehen lösen, d. h. die Frage, wie das Subjekt zum anderen sei- cher, entlarvender und befreiender Naivität: was würde unser ner selbst Kontakt bekommen und in es eindringen kann. Die bester Freund wohl sagen, wenn wir ihm in wichtiger Sache Lösung, daß die Dinge bereits durch ihre Erschaffung geistge- versichern, wir glaubten ihm zwar irgendwie, aber ganz könn- prägt sind, sodaß deshalb auch unser Geist sie erfassen kann, ten wir ihm nicht vertrauen! Dankbar sind wir Pieper sodann verweist nicht nur auf den Zusammenhang von Erkenntnis- für die herrliche Schrift über die Liebe: kostbares Vermächtnis lehre und Metaphysik, den der Kritizismus zerschnitten hat. in einer Zeit, die Liebe einerseits nur noch als bloßen Trieb und Sie zeigt auch die Unvereinbarkeit des kantischen Ansatzes, andererseits nur noch als Habenwollen versteht. Dankbar sind nach dem wir die Gegenstände nur deshalb erfassen können, wir Pieper sodann für seine so ungeheuer aktuelle Schrift über weil wir sie zuerst mit unseren Anschauungs- und Denkformen „Tod und Unsterblichkeit", die in einer Zeit gerade zu Recht präpariert haben, mit thomistischen Prinzipien. kommt, in der die berufenen Verkünder selbst die Wahrheit - Wichtiger nocht ist heute die Schrift über „die Wirklich- vom Weiterleben der getrennten Seele nach dem Tod scham- keit und das Gute". Sie ist die eindringlichste, kürzeste und voll verschweigen. Am dankbarsten aber sind wir Pieper für philosophisch tiefste Widerlegung des moralphilosophischen „Glück und Kontemplation": wohl dem schönsten, aber auch Subjektivismus und Dezisionismus, die wir kennen. Pieper wichtigsten Geschenk in einer Zeit, die so wenig mehr von den zeigt hier überzeugend mit Hilfe und am Leitfaden der thomi- geistigen Zielen des Menschen und der Offenheit des mensch- stischen Prinzipien, daß das Gewissen keine irrationale Ent- lichen Geistes für Gott weiß, daß selbst der Himmel nicht scheidungsinstanz und kein subjektives Privatgefühl im Sinne mehr als beseligende Anschauung Gottes gepriesen, sondern der heutigen Situations- und Verantwortungsethik ist, son- nur noch mit jener Leerformel vage umrissen wird, die ledig- dern zunächst einmal ganz einfach Erkenntnis des sittlich lich Zeugnis gibt vom grauenhaften Deutsch derer, die sie in Guten und Bösen, dessen objektiver und allgemeingültiger die Welt gesetzt haben: „Himmel ist bei Gott sein!" Wie sagt Maßstab in der Wirklichkeit selbst im Sinne des Thomas-Wor- doch Pieper gegen Ende dieses kostbaren Buches: tes zu suchen ist: „bonum est id quod convenit naturae ratio- „So stimmen also die Weltweisheit des frühen Griechen- nah". Aber auch hier geht es nicht um ein Einzelthema, son- tums und die Heilslehre des Neuen Testaments, Platon, Ari- dern um den Zusammenhang und das innere Gefüge von stoteles, Augustin, Thomas darin überein, daß die Vollendung, Erkenntnislehre, Ontologie und Ethik, das schon zu Beginn um deretwillen wir leben, uns im Sehen zuteil werde." dieses ungeheuer wichtigen Werkes aufleuchtet, wenn Pieper hier sagt: Eugen Weiler, Die Geistlichen in Dachau „Alles Sollen gründet im Sein. Die Wirklichkeit ist das Fun- dament des Ethischen. Das Gute ist das Wirklichkeitsgemäße. (Bökmann) Dieses auf Sp. 5758 zitierte Dokumentar- Wer das Gute wissen und tun will, der muß seinen Blick und Standardwerk ist leider auch unter Geistlichen oft richten auf die gegenständliche Seinswelt. Nicht auf die eigene unbekannt. Hier die näheren Angaben: ‚Gesinnung', nicht auf das ‚Gewissen', nicht auf die ‚Werte', Bd. 1 1972 (59.- DM), Bd. 11 1983 (39.- DM), Bildband nicht auf eigenmächtig gesetzte ‚Ideale' und ‚Vorbilder'. Er mit Hunderten von Fotos 25.- DM, im Selbstverlag: muß absehen von seinem eigenen Akt und hinblicken auf die Geistl. Rat Pfarrer Eugen Weiler, 7708 Tengen 5 Wiechs, Wirklichkeit". Tel. 0 77 36 - 70 80. Letzten Endes ist dieser wichtige Traktat ein glänzender Der Herausgeber war selbst KZ-Häftling in Dachau - Kommentar zum thomistischen Grundsatz: „ens et bonum mit Pfr. Wilhelm Schamoni auf Block 26/3. convertuntur" und damit eine unverzichtbare Widerlegung - 5765 - - 5766 - DR. KLAUS M. BECKER Die Verkündigung ist also per se Sache des Bischofs und in ihm verankert des Priesters bzw. des Diakons. Der Bischof, que Die „Laienpredigt" und ihr Verbot vicem gerit Apostoli43), beteiligt Priester und Diakon an seiner im neuen Codex Iuris Canonici Sendung jurisdiktionell, aufgrund des gemeinsamen Ordo (Fortsetzung) und der Einheit des Presbyteriums. 4. Die theologische Tradition Die dogmatische Konstitution Lumen gentium des Zweiten Vatikanums entwickelt in den Punkten 18 bis 24 die Aufgaben Die theologische Reflexion führt Thomas von Aquin zu der des Bischofs als des Nachfolgers der Apostel und betont vor Feststellung: „Lehren - im Sinne von Verkünden des Evange- allem das munus docendi. Punkt 25 sagt dann ausdrücklich: liums - diese Aufgabe kommt im eigentlichen Sinne dem „Inter praecipua Episcoporum munera eminet praedicatio Bischof zu, er hat nämlich (den Glauben) zu vollenden ... Voll- Evangelii. Episcopi enim sunt fidei praecones ... et doctores enden ist dasselbe wie Lehren""). Daß dieses Lehren im Sinne authentici seu auctoritate Christ praediti." unserer Predigt gemeint ist, geht eindeutig aus dem Kontext Die Episcopi in unione cum Romano Pontifice docentes (ebd.) hervor. Thomas sagt nämlich u. a.: „Zunächst ist zu bemerken: sind divinae et catholicae veritatis testes. Beide Ämter, Lehren und Taufen, hat der Herr seinen Aposteln aufgetragen, deren Stelle nun die Bischöfe einnehmen. Doch Die Diakonie des Wortes verlangt den, der „ausgesondert hat er diese Aufgabe ihnen in verschiedener Weise anvertraut. für das Evangelium" so total unter dessen Anspruch steht, daß Das Lehramt hat er ihnen so übertragen, daß sie es selbst aus- das Volk Gottes tatsächlich „hören" kann - vgl. Röm 10, 17 -, zuüben hätten als gleichsam vorzügliche Pflicht. Deshalb d. h. jene Qualifikation registrieren kann, die das menschliche sagen ja auch die Apostel: ,Es ist nicht recht, daß wir das Wort Wort nicht als unverbindlichen, wenn auch von persönlicher Gottes vernachlässigen und den Tisch besorgen' (Apg 6, 2). Überzeugungskraft beseelten Beitrag zur ebenfalls persönli- Die Aufgabe zu taufen gab der Herr so, daß sie auch durch chen Meinungsbildung, sondern als mit göttlicher Autorität andere ausgeübt werden kann. Deshalb sagt der Apostel: ausgestattetes Wort wahrzunehmen vermag. Sofern katholi- ‚Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evan- sches Verständnis auch den Anspruch der Schrift als lebendige gelium zu verkünden (1 Kor 1, 17)"37). Verkündigung der Kirche und durch die Kirche und nicht als Die amtliche Verkündigung geschieht in Persona Christi") exegetische oder philologische Textanalyse erfährt, kann auch und ist deshalb per se im Ordo begründet, der den Verkünder der sozio-psychologische Prozeß der Kommunikation im in die apostolische Sukzession nimmt. In diesem Sinne sind Medium „Verkündigung" nicht in das Kreiselspiel von Frage amtlich - und das heißt für die Amtsträger, die als authen- und Antwort im Sinne des Dialogaktivismus aller Kommuni- tische Verkünder ordine sacramentali constituti sunt - Lehramt zierenden entarten. Die qualitative und funktionale Differenz und Priesteramt radikal verbunden, d. h. der Kult als solcher ist zwischen amtlichem Verkünder und gläubigem Hörer gehört der ursprüngliche Raum aller amtlichen Verkündigung. Dazu zum ekklesiologischen Selbstverständnis der Kirche. besitzen die Verkünder eine sacra potestas"), die durch die vom M. a. W. der sakrale Charakter der Verkündigung, „gelegen Bischof (bzw. der nächst höheren Autorität) erteilte Jurisdik- oder ungelegen" (2 Tim 4, 2) Gottes Wort zu sagen, muß auch tion freigesetzt wire). in den Strukturformen der Kirche und ihrer Seelsorge gewahrt bleiben44). 5. Die Lehre des II. Vatikanums Joseph Rat zinger macht deutlich, daß zwischen der „Verkün- digung der Frohen Botschaft an die anwesende Gemeinde" Wenn der Apostel sagt: „An Christi statt walten wir des und dem antwortenden Aufnehmen dieser Verkündigung Amtes; Gott selbst ist es, der durch uns mahnt" (2 Kor 5, 20), durch „die Gemeinde') ein ekklesiologisch bedeutsamer dann steht dieses Wort in einem durchaus kultischen Zusam- Unterschied besteht. Dieser Unterschied ist auch strukturell menhang, nämlich dem Dienst der Versöhnung. zu wahren, er kann nicht ohne erhebliche Gefährdung des Den kultischen Zusammenhang der Predigt mit der Feier Glaubensbewußtseins administrativ oder organisatorisch ver- der Eucharistie macht u. a. das II. Vatikanum deutlich: „Da die wischt werden. Priester für ihren Teil am Amt der Apostel teilnehmen, wird ihnen von Gott die Gnade verliehen, Diener Jesu Christi unter den Völkern zu sein, die das heilige Amt des Evangeliums verwal- III. Der Laie und sein Apostolat ten, damit die Völker eine wohlgefällige und im Heiligen Geist 1. Zum Begriff „Laie" geheiligte Opfergabe werden (vgl. Röm 15, 16 gr). Durch die apostolische Botschaft des Evangeliums nämlich wird das Man geht sicher nicht fehl mit der Vermutung, daß der Volk Gottes zur Einheit berufen, so daß alle, die zu diesem theologische - genauer „ekklesiale" - Gehalt dessen, was das Volk gehören, im Heiligen Geist geheiligt sind und sich selbst Konzil mit der Gestalt des Laien herausstellen wollte, keines- als ‚lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer' (Röm 12, wegs allgemein voll ausgelotet ist. Gerade hier gilt auch der 1) darbringen. Durch den Dienst der Priester vollendet sich das Vorbehalt gegenüber einer punktuellen Hermeneutik der geistige Opfer der Gläubigen in Einheit mit dem Opfer des Konzilstexte, die etwa zu einer solchen Aussage führt wie der einzigen Mittlers Christus, das sie mit ihren Händen im folgenden: „Fällt es schon schwer, den Klerus als einheitlichen Namen der ganzen Kirche bei der Feier der Eucharistie auf ‚Stand' zu sehen, da er doch so verschiedene Funktionsträger unblutige und sakramentale Weise darbringen, bis der Herr wie Bischöfe und Diakone zusammenfaßt; noch problemati- selbst kommt (vgl. 1 Kor 11, 26)"41). scher scheint die Rede von einem Laienstand: wohl gibt es sehr „Das Volk Gottes wird an erster Stelle geeint durch das verschiedene laikale Dienste"46). Offensichtlich liegt einer sol- Wort des lebendigen Gottes (vgl. 1 Petr 1,23; Apg 6, 7; 12,24). chen Aussage ein rein funktionales Ständeverständnis ,Die Apostel verkündeten das Wort der Wahrheit und gebaren zugrunde, das sich mit der kühnen Behauptung paart, „daß die die Kirchen': (Augustinus, Enarr. In Ps. 44,23: PL 36,508), das Aussage des II. Vatikanums, den Laien sei ,in besonderer man mit Recht vom Priester verlangt (vgl. Mal 2, 7; 1 Tim 4,11. Weise der Weltcharakter' (LG 31) und der Weltdienst (Dekret 13; 2 Tim 4, 5; Tit 1, 9). Da niemand ohne Glauben gerettet über das Laienapostolat, 2.4. 7. 16. 29. 3 lb) eigen, keine theolo- werden kann (vgl. Mk 16, 16), ist die erste Aufgabe der Priester als gische Wesensaussage" sei47). Schon allein die Tatsache, daß Mitarbeiter der Bischöfe, allen die frohe Botschaft Gottes zu verkün- das Konzil sich so extensiv mit dem Laien befaßt und gerade in den"' ). der dogmatischen Konstitution Lumen gentium ihm einen - 5767 - - 5768 - wesentlichen Platz einräumt und ihn gerade abgrenzt gegen- Evangeliums geleitet, auszuüben und so wie ein Sauerteig zur über dem Kleriker und dem Religiosen, sollte genaueste Auf- Heiligung der Welt gewissermaßen von innen her beizutragen merksamkeit verdienen. und vor allem durch das Zeugnis ihres Lebens, im Glanz von Alvaro Del Portillo weist nach, daß der Begriff „Laie" bereits Glaube, Hoffnung und Liebe Christus den anderen kund zu im 3. Jahrhundert eine schon relativ allgemeine Geltung hatte machen. Ihre Aufgabe ist es also in besonderer Weise, alle zeit- als Bezeichnung für-eine ganz bestimmte Gruppe von Gläubi- lichen Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durch- gen48). Der Sekretär der Konzilskommission de Presbyteris leuchten und zu ordnen, daß sie in stets wachsendem Maße kommt dann zu der Feststellung: „Laicus bedeutet in der Ter- Christus entsprechen und zum Lob des Schöpfers und Erlösers minologie des Konzils nicht den Gattungsbegriff eines Gliedes gereichen"9. im Gottesvolk, sondern eine spezifische Kategorie, die weder Aus diesem Text läßt sich sicher eine theologisch-phänome- auf die Kleriker noch auf die Ordensleute anwendbar ist"49). nologische oder, mit anderen Worten: „typologische", Defini- „Die Eigenschaft als Glied des Gottesvolkes darf deshalb nicht tion des Laien herausschälen. Lumen gentium sieht zwar vor, durch das Wort Laie, sondern muß durch das Wort Gläubiger daß im Rückgriff auf das Prinzip der Solidarität die Laien hin- - fidelis, christifidelis - ausgedrückt werden, denn dies ist das sichtlich ihres Apostolates über ihren spezifischen Weltcha- nomen gratiae aller Getauften, ganz gleich, welche Stellung sie rakter hinaus „in verschiedener Weise zu mehr unmittelbarer in der Kirche haben ..."5°). Mitarbeit mit dem Apostolat der Hierarchie berufen werden" „Der Klerikerstand ist charakterisiert durch eine Reihe von könnenm), ja daß sie sogar die Befähigung haben, „von der Verpflichtungen, die dem Priester durch seine spezifische Sen- Hierarchie zu gewissen kirchlichen Ämtern herangezogen zu dung im Dienst Gottes zukommen. Er ist aufgrund des emp- werden, die geistlichen Zielen dienen"55), jedoch ist offensicht- fangenen Sakraments dazu berufen, seinen Brüdern durch das lich damit nicht - im Sinne des Konzils - eine „Beamtung" ministerium verbi et sacramentorurn, durch den Dienst des Wortes gemeint, die den spezifisch laikalen Charakter typologisch und der Sakramente, zu helfen. außer Kraft setzte, d. h. eine Beamtung, wie sie sich aus der Auch der Laienstand besitzt etwas ihm Eigenes, das innerhalb Natur des Ordo ergibt, ist damit vom Konzil sicher nicht des Mystischen Leibes Christi einen besonderen Dienst der gemeint56). Laien darstellt: Die Eigenverantwortung auf beruflicher und gesell- 2. Die typologische Definition schaftlicher Ebene auf sich zu nehmen, um alle irdischen Wirklichkei- ten in christlichem Geist zu gestalten, damit in allen Dingen Gott Wenden wir uns zunächst einer typologischen oder theolo- durch Jesus Christus verherrlicht werde (1 Petr 4, 11)«51). gisch-phänomenologischen Skizzierung des Laien, wie ihn das Wenn der Berichterstatter der Konstitution Lumen gentium Konzil zeichnete, zu. Alvaro Del Portillo rafft die Elemente erklärt: „Man möge beachten, daß ... keine ontologische Defini- einer solchen u. E. genauen Definition zusammen. Dabei tion des Laien vorgelegt wird, sondern vielmehr eine typologische bedient er sich des Merkmals der Säkularität als der differentia Beschreibune), dann ist an dieser Stelle darauf aufmerksam zu specifica, während das genus mit der Zugehörigkeit zur Kirche machen, daß damit natürlich nicht jede Möglichkeit einer auf seiten des Gläubigen als solchem gegeben ist. Definition aufgehoben ist. Bekanntlich gibt es nicht nur onto- „Der Laie ist der Christ, dessen ekklesiale Sendung einen besonde- logische Definitionen, sondern auch deskriptive oder phäno- ren Bezug zur Welt hat; er soll das Reich Gottes in den zeitlichen menologische, ja sogar spezifisch sozio-psychologische wie Belangen fördern, das Apostolat in der Welt ausüben und die zeitli- etwa die klassische Definition des Menschen nach Aristoteles chen Strukturen in christlichem Geist verantwortlich beleben"57). als „zöon politikön" (während seine „ontologische" anders lau- „Der Laie ist demnach das Glied der Kirche, das radikal zur tet, danach ist der Mensch nämlich ein „zöon noetikön"). civitas terrena gehört und an ihrem Aufbau teil hat. Um ein Der entscheidende Konzilstext in Lumen gentium bietet hin- guter Christ zu sein, muß der Laie ein gutes Glied der civitas reichende Elemente einer eindeutig phänomenologischen terrena sein. Es ist eine schwere Pflicht eines katholischen Arz- Definition (oder auch deskriptiven Definition). Dort lesen wir: tes, ein guter Arzt, eines katholischen Bauern, ein guter Bauer zu sein ..."58). „Unter der Bezeichnung Laien sind hier alle Christgläubi- gen verstanden, die nicht Glieder des Weihestandes und des in Hier wird nicht nur in beglückender Weise das offene Feld der Kirche anerkannten Ordensstandes sind, das heißt die der Welt sichtbar, in dem die Laien das Reich Gottes verwirk- Christgläubigen, die, durch die Taufe Christus einverleibt, lichen, sondern hier finden wir geradezu eine klassische Defi- zum Volk Gottes gemacht und des priesterlichen, propheti- nition: schen und königlichen Amtes Christi auf ihre Weise teilhaftig, „Die Laien sind die Christgläubigen, die durch göttliche Berufung zu ihrem Teil die Sendung des ganzen christlichen Volkes in dazu bestimmt sind, das Reich Gottes in der Verwaltung und gottge- der Kirche und in der Welt ausüben. mäßen Regelung der zeitlichen Dinge zu suchen 59). Den Laien ist der Weltcharakter in besonderer Weise eigen. „Der Laie hat ex se keine Sendung im autoritativen Bereich, Die Glieder des geweihten Standes können zwar bisweilen mit da die hierarchische Verfassung der Kirche nicht zuläßt, daß weltlichen Dingen zu tun haben, sogar in Ausübung eines die Laien sich eine Kontrollfunktion anmaßen und sich in die weltlichen Berufes. Aufgrund ihrer besonderen Erwählung der Hierarchie eigenen Aufgaben einmischen (vgl. A. Carter, 1574‘60) aber sind sie vor allem und von Berufs wegen dem heiligen Bishop, Priest, Laity relationship, . Dienst zugeordnet, während die Ordensleute durch ihren „Die Funktion der Hierarchie besteht darin, Trägerin der Stand ein deutliches und hervorragendes Zeugnis dafür geben, Frohen Botschaft nomine Christi Capitis zu sein, im Namen des daß die Welt nicht ohne den Geist der Seligpreisungen ver- Erlösers und Meisters selbst zu lehren und in Ipsius nomine et klärt und Gott dargebracht werden kann. Sache der Laien ist potestate zu heiligen und zu leiten. Es handelt sich also um eine es, kraft ihrer eigentümlichen Berufung in der Verwaltung und öffentliche Sendung, die mit der Autorität Christi im Dienste gottgemäßen Ordnung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeübt wird. zu suchen. Sie leben in der Welt, das heißt in all den einzelnen Der Zuständigkeitsbereich der Laien hingegen ist ein ande- irdischen Pflichten und Werken und den gewöhnlichen Bedin- rer: das persönliche Apostolat als eine ebenso von Christus gungen des Familien- und Gesellschaftslebens, aus denen ihre empfangene Sendung, jedoch weder nomine Christi Capitis Existenz gleichsam zusammengewebt ist. Dort sind sie von noch cum Ipsius potestate. Die Sendung ist nicht ein öffentliche, Gott gerufen, ihre eigentümliche Aufgabe, vom Geist des sondern eine persönliche, private Tätigkeit, die auf der Mit- - 5769 - - 5770 - teilbarkeit der eigenen Güter beruht, die, so wie die Person, Mit den beiden Charakteren der Basis- und der Vollmit- mitteilbar sind' ). gliedschaft (Tauf- und Firmcharakter) ist die Verfassung der individuellen Person in der Heilsgemeinschaft der Kirche voll 3. Das laikale Apostolat und ganz charakterisiert, d. h. die ontologischen (theologi- schen) und soziologischen (moralisch-ethischen) Kategorien Hier kristallisiert sich der private und personale Charakter sind bezüglich der Mitgliedschaft im Mystischen Leibe Christi des spezifischen Laienapostolates heraus aus der Natur der und bezüglich der daraus resultierenden Verantwortungen Person und ihrer subjektiven Rechte, die eine Ekklesiologie und Funktionen des einzelnen im Gemeinschaftsgefüge völlig rein gegenreformatorischen Stils nicht im Blick hatte, das II. hinreichend umrissen. postuliert, vgl. Deklaration Vaticanum aber expressis verbis Für das bonum individuale gelten in diesem Sinnzusammen- Dignitatis humanae usw. Die konsequente Differenzierung der hang alle jene Aussagen der Schrift von der Heilsnotwendig- Zuständigkeitsbereiche, die keineswegs in Opposition zuein- keit des Glaubens und der Taufe sowie die damit sich ergeben- ander, sondern in funktionaler Ergänzung gesehen werden den Rechte auf die Sakramente der Heilsfülle, wie Buße und müssen, wird z. T. noch dadurch erschwert, als die theologische Eucharistie. Das bonum commune aber verlangt die Gemein- Literatur - mit wenigen Ausnahmen: Congar, Semmelroth - schaft stiftende Autorität, deren Aufgabe es ist, durch die Ver- bislang den spezifisch säkularen Bereich des Laien zu wenig kündigung des Wortes Gottes das Volk Gottes aufzubauen66). berücksichtigt hat. So ist auch das gesamte Synodenpapier Ob in bestimmten Notfällen Laien Aufgaben wahrnehmen charakterisiert durch eine klerikale Vorstellung von der Sen- können, die normalerweise den Amtsträgern der Hierarchie dung der Kirche, d. h. das Apostolat kennt „vor allem", und das vorbehalten sind, kann hier nur wie folgt beantwortet werden: heißt prinzipiell und stricte sensu nur, den kirchlichen Bereich Im Rückgriff auf die Solidarität aller Gläubigen, d. h. aller der Verkündigung. Das Dilemma tritt dann auf, wenn man die Glieder der Kirche, können, sofern dies von der zuständigen neue Sprache des Konzils (hier bezüglich der Laien) in prinzi- Autorität erlaubt ist, nicht zur Hierarchie gehörende Gläubige piell alte Schemata zwängen will, nämlich in ein Verständnis in besonderen Notfällen solche, normalerweise den Amtsträ- des Apostolates per se von der hierarchisch geführten Gemein- gern vorbehaltene Aufgaben wahrnehmen, die ihrem Wesen destruktur her, d. h. der spezifisch säkulare und private Cha- nach nicht an den sakramentalen Ordo und eine daraus sich rakter des Laienapostolates iure divino und absolut ohne hierar- ergebende Jurisdiktion gebunden sind. In diesem Sinne kann chisches Mandat ist intellektuell noch nicht erarbeitet. man von Ersatzfunktionen sprechen. „Die Existenz dieser beiden Zuständigkeitsbereiche und (Schluß folgt) die Unterscheidung zwischen den beiden Funktionen gehen Anmerkungen auf Christus zurück und sind somit göttliches Recht, wirkliche 36) Thomas von Aquin, Summa Theologiae, III 67, 1 ad 1, vgl. II. Vat. Konzil, Rechte also, die nicht übergangen werden dürfen. Weder darf PO, 2. 4. der Laie, der keine besondere missio oder Delegation von der 37) Thomas von Aquin, ebd. III, 67, 2 ad 1. kirchlichen Autorität empfangen hat, Funktionen der Hierar- 38) II. Vat. Konzil, PO 2. 4. chie für sich beanspruchen (das wäre nicht nur unerlaubt, son- 39) Vgl. Joseph Lecuyer SSSp „Die Bischofsweihe als Sakrament" in: G. Baraüna, De Ecclesia, a. a. 0., Bd. II, 24-43. dern auch ungültig), noch darf die Hierarchie die legitime 40) II. Vat. Konzil, LG, Kap. III, Nota praevia n. 2: „potestas expedita", vgl. K. Ausübung des Rechtes eines Laien auf die Erfüllung seiner M. Becker, „Das Sacerdotium Episcopi ..." EM 71-72. Aufgabe beeinträchtigen oder verhindern. Dies wäre im 41) II. Vat. Konzil, PO, 2. Gewissen nicht bindend und rechtlich ungültig, da dem göttli- 42) II. Vat. Konzil, PO, 4. Hier kann man u. a. hinweisen auf die enge Verbin- dung von Bischf und Priester nach Lehre und Tradition der Ostkirche. Bezüg- chen Recht zuwiderlaufend"62). lich der Verkündigung beachte man, daß dort in der Regel nicht einmal der Denn „Sendung der Kirche und Sendung der Hierarchie Diakon beteiligt wird. Eine Legalisierung der Laienpredigt seitens der lateinischen sind ... keine Synonyme, ebensowenig wie Kirche und kirch- Kirche könnte zu einer zusätzlichen Belastung fiir die Ökumene werden. liche Hierarchie synonym sind"63). 43) Vgl. Klaus Mörsdorf, „Der hierarchische Aufbau der Kirche" in: Das Neue Volk Gottes, Würzburg 1966, 38-54. 44) Vgl. Papst Paul VI., Ansprache vom 20. November 1965 an die Kardinäle 4. Die distinktive Säkularität und die Konsultoren der Päpstlichen Kommission zur Neufassung des Kir- chenrechts: „Notum est, sed iuvat in memoriam revocare, a iure divino manare Des Laien spezifische „Säkularität ist nicht lediglich ein quaedam elementa constitutiva Ecclesiae, quae est societas inaequalis, nempe milieubedingtes, sondern ein positives und streng theologi- primatum Romani Pontificis, episcopatum, ac deinde presbyteratum, diacona- sches Merkmal. Bis zum neuen Himmel und zur neuen Erde ist turn. Etiam laici sunt ex hac parte recensendi, qui tarnen regendi carent facul- die Eingliederung des Menschen in die Welt eine gottgewollte tate ... Hierarchia scilicet facultate poltet et officio devincitur Ecclesiam eius- que membra moderandi more vigilum pastorum, ac quidem potestate regimi- Notwendigkeit, denn sonst würde die Einheit des Kosmos zer- nis, leges et iudicia ferendo eaque praestando, quae exsecutionem respiciunt, brechen und er der Möglichkeit beraubt werden, Gott zu ver- potestate magisterii, populum Dei cum auctoritate docendo, potestate ordinis, herrlichen"64). divinae gratiae auxilia et subsidia administrando ..." (AAS 57 [19651 985-989, „Es handelt sich nicht nur um eine physische Anwesenheit - hier 985-986). Catho- alle Menschen sind in der Welt -, sondern vielmehr um eine Vgl. auch Paul Josef Cordes, „Predigtvollmacht ohne Ordination?" in: lica 27 (1973) 1, 1-12. vitale Präsenz, um ein engagiertes Eingefügtsein in die zeit- 45) Joseph Ratzinger, Das neue Volk Gottes, Düsseldorf, 1969, 306. liche Ordnung. Als Kind Gottes muß der Mensch außerdem 46) Ferdinand Klostermann SJ, „Laie" in: Katholisches Soziallexikon, Inns- diese Aufgabe mit seiner christlichen Liebe erhöhen und ver- bruck-München-Graz-Wien-Köln (2. überholte Aufl.) 1980, Spalte 1617. vollkommnen, indem er sich durch die Erfüllung des göttli- 47) Ders. ebd. Spalte 1618. 48) Alvaro Del Portillo, Gläubige und Laien in der Kirche, Paderborn 1972, 16 ff. chen Willens und durch die Gotteskindschaft als lebendiges, Der Verfasser weist hin auf: Justinus, Apologia, 62 (PG 6, 423), Tertulian, De heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer darbringe (Lumen gen- tium, II). So verleiht er seiner Arbeit einen übernatürlichen Wert und wirkt apostolisch durch sie"65). Religiös interessierte Laien, besonders wenn sie Die Realisation des Weltcharakters, d. h. die Wahrnahme Religionsunterricht geben, sind oft sehr dankbar der Säkularität als spezifischer Auftrag, bzw. die Identifikation für die Hilfe, die sie in „Theologisches" finden. Es mit dem eigenen gottgewollten Wesen des Laien liegt in der wäre deshalb ein seelsorgliches Anliegen, gerade Heiligung der beruflichen Arbeit und nicht in der Übernahme die Religionslehrer auf die Offerten-Zeitung mit wesensfremder Funktionen, wie sie iure divino der Hierarchie ihrer Beilage aufmerksam zu machen. zustehen. - 5771 - - 5772 - praescriptione haereticorum, 41, 8 (CChr 1, 222), vor allem aber auf Clemens liche Handlungsnormen?' Gibt es - anders gefragt - ,konkrete Romanus, I Epistula ad Corinthios, 40, 5: „Summo quippe sacerdoti sua munia tributa sunt; sacerdotibus locus proprius assignatus est; et levitis sua ministe- Akte, die unabhängig von weiteren Umständen und Intentio- ria incumbunt; homo laicus praeceptis laicis constringitur" (PG 1, 290); vgl. nen schon in sich sittlich schlecht sind' (,intrinsece malum')?' "57) Johannes Chrysostomus, De Lazaro concio, III, 1 (PG 48, 992), In Epistulam ad Andere Begriffe, die vorkommen, sind: minus malum, Cor. 35, 14, 17 (PG 61, 300); Theodoret, Interpretatio rEp. ad Cor, 14,16 (PG 82, vorsittlich.") Vielsagend ist besonders folgende Aussage: 342). Origenes, Contra Celsum, 7,4 (PG 11, 1426); Decretum Gratiani, C. 2 p. 7 c 5 und 14. „Kann vielleicht die Liebe als eine eingegossene eschatolo- 49) Ders. ebd. 33. 50) Ders. ebd. 34. gisch-jenseitige Wirklichkeit, als eine pneumatische Gegeben- 51) Ders. ebd. 31-32. heit nicht innerweltliche physische *Akte mit ihren inneren 52) Relatio super caput IV textus emendadi, Pol. Vat. Rom 1964, 5, zit. bei Del Por- Finalisierungen von der Zielsetzung eschatologischer Liebe tillo, a. a. 0. 144. her als ein bloß weltlich-geschichtlich unumgängliches ,Übel` 53) II. Vat. Konzil, LG, 31. 54) II. Vat. Konzil, LG, 33. 55) Ebd. relativieren und diese mit ihren physikalischen, biologischen 56) II. Vat. Konzil, LG, 34, vgl. 31; Dekret Apostolicam actuositatem (=AA), 1-14. und psychologischen inneren ,Normierungen` als ,vorsittlich` 57) Alvaro Del Portillo, Gläubige und Laien . . . a. a. 0. 144-145. neutralisieren, so daß es außerhalb des konkreten personal- 58) Ders. ebd. 151. 59) Ders. ebd. 152. menschlichen Aktes kein intrinsece malum gäbe?"59) 60) Ders. ebd. 183. 61) Ders. ebd. 170-171. 62) Ders. ebd. 171. 63) Ders. ebd. 25. Man muß das Bedenken äußern, ob mit dieser Begriffswelt 64) Ders. ebd. 148. 65) Ders. ebd. 150. nicht von vornherein ein heutiger status quaestionis in die Texte der 66) II. Vat. Konzil, PO, 2: „Idem vero Dominus, inter fideles, ... quosdam insti- HL Schrift hineingetragen wird, der ihnen fernliegt. Kann man tuit ministros, qui, in societate fidelium, sacra Ordinis potestate pollerent Sa- eine moderne, großenteils philosophisch-ethische Frage, die crificium offerendi et peccata remittendi, atque sacerdotali officio publice pro hominibus nomine Christi fungerentur Munus Apostolorum cum sua parte Jesus, Paulus und den Verfassern der neutestamentlichen participent, Presbyteris gratia datur a Deo ut sint ministri Christi Jesu in genti- Schriften nicht vor Augen stand, aus ihren Äußerungen heraus bus, sacro Evangelii munere fungentes ... Per Evangelii enim apostolicum nun- lösen wollen? Ist nicht eine andere Erklärung der betreffenden tium convocatur et congregatur Populus Dei Eorum (scil. Presbyterorum) Stellen der Hl. Schrift möglich? enim ministratio, quae ab evangelico nuntio incipit, e Sacrificio Christi suam vim et virtutem haurit ..." Die Ehe ist nicht in all ihren Realisierungen in derselben PO, 4: „Populus Dei primum coadunatur verbo Dei vivi, quod ex ore sacerdo- Intensität unantastbar. Dies hängt von dem Grad ab, in dem tum omnino fas est requirere. Cum enim nemo salvari possit, qui prius non cre- sie das Geheimnis der Liebe Gottes darstellt und verwirklicht. diderit, Presbyteri, utpote Episcoporum cooperatores, primum habent offi- Die Ehe zwischen zwei Getauften hat eine größere Fülle und cium Evangelium Dei omnibus evangelizandi, ut Populum Dei constituant Dichte als diejenige zwischen Ungetauften. Diese Auffassung et augeant qua congregatio fidelium incipit et crescit, secundum illud Apo- stoli: Fides ex auditu, auditus autem per verb= Christi (Rom 10, 17)." usw. finden wir im neuen Kirchenrecht, nach dem die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe in der christlichen Ehe aufgrund des Sakramentes eine besondere Festigkeit erlangen (peculiarem obtinent firmitatem).") Auf diese Weise lassen sich Texte der Hl. Schrift und auch die lehrmäßige sowie praktisch-seelsorg- PROF. P. DR. ANSELM GÜNTHÖR OSB liche Tradition der Kirche erklären, ohne die oben erwähnten Begriffe zu verwenden. Zur Frage der Allgemeingültigkeit und Unwandelbarkeit sittlicher Normen Zur moraltheologischen Tradition Theologen im Widerspruch zum Lehramt der Kirche Auch bei neuen Fragestellungen dürfen wir die theolo- (Schluß) gische Tradition nicht außer acht lassen. Dabei ist es die Grundvoraussetzung, daß wir diese Tradition richtig erfassen. Der "Beweis" aus der Hl. Schrift Auch diesbezüglich sind an das von Kerber hrsg. Buch Schürmann versucht in seinem Beitrag die Theorie der teleo- nicht wenige Fragen zu stellen. logischen Normenbegründung oder der Güterabwägung von • Es wird in die Tradition hineingelesen, was sich in ihr gar den neutestamentlichen Texten über die Unauflöslichkeit der nicht findet. Dadurch kann sie unberechtigt der Lächerlichkeit Ehe her zu stützen. So sagt er im Hinblick auf die Erlaubnis, preisgegeben werden. Dies ist der Fall, wenn McCormick die der hl. Paulus einem gläubig gewordenen Gatten seinem behauptet, es gebe folgende Argumentation gegen die direkte heidnisch gebliebenen Partner gegenüber gibt, der nicht mehr Sterilisation als in sich böse Handlung: „In katholischen Krei- friedlich mit ihm zusammenleben will (1 Kor 7, 12-16): „Es sen hört man nicht selten auch ein anderes Argument: ,Wir darf gefragt werden, ob hier nicht ein deutlicher Fall von sind ausgesondert, im Heiligen Geist getauft' - als sei dies ein ,Güterabwägung vorliegt. Die auch für Christen an sich, idea- zwingender Grund, warum jede direkte Sterilisation als intrin- liter, unauflösliche Naturehe, die zerbrochen ist, erlaubt Wie- sece malum, als ihrem Wesen nach schlecht, abgelehnt werden derheirat, weil die den Glaubenden geschenkte und in der müsse."61) Wem ist je eine derartige Beweisführung in ernst zu Gemeinde gelebte Freiheit und der Friede ein größeres Gut nehmenden moraltheologischen Werken begegnet? sind als das Leben in einer nicht charismatisch geschenkten • Es werden Widersprüche in der moraltheologischen Tradition (vgl. 1 Kor 7, 7) Ehelosigkeit? - Die Wiederheirat dem Verbot behauptet, die gar nicht vorliegen, sondern mit falscher Inter- des Herrn entgegen - nach Auflösung einer ‚Naturehe', wie wir pretation konstruiert sind. Furger schreibt: „Man denke etwa heute sagen würden - ist also für Paulus als solche nicht ein an das unbedingte Verbot der Tötung unschuldigen Lebens, ,intrinsece malum`, sosehr diese die Schöpfungsordnung verletzt das aber durch die Zulassung einer legitimen Verteidigung und darum ein malum und ‚unrichtig' bleibt."56) In diesem Text oder gar des gerechten Krieges doch nicht in voller Konse- tauchen die Begriffe auf (Güterabwägung; ein malum, aber quenz durchzuhalten war ..."62) Der Selbstverteidiger, der kein intrinsece malum), die in der heutigen Diskussion um die gegen einen verbrecherischen Angreifer sein Leben verteidigt, teleologische Normenbegründung Schlüsselbegriffe sind. Sie hat es doch nicht mit einem Unschuldigen zu tun; er tötet, ziehen sich durch den ganzen Beitrag von Schürmann hin- wenn er sich nur auf diese Weise retten kann, doch nicht durch. Schon der erste Satz ist bezeichnend: „Die uns hier unschuldiges Leben. Die legitime Selbstverteidigung gegen beschäftigende Frage ist im Grunde sehr speziell, am Ende einen ungerechten Angreifer ist keineswegs ein Abrücken von sehr konkret gestellt: ,Gibt es ‚absolute', d. h. alle Menschen zu dem absoluten Verbot, unschuldiges Leben zu töten. allen Zeiten in gleicher Weise verpflichtende konkrete sitt- - 5773 - - 5774 - Ein ähnlicher, inkonsequenter Vorwurf gegen die moral- menschliches Leben regelnden Normen gäbe, also keine Norm theologische Tradition findet sich bei McCormick. Er zitiert in diesem Bereich ein bestimmtes Tun als immer und in sich zuerst einen Text aus Thomas von Aquin, der die Hinrichtung schlecht verböte. eines Verbrechers für gut erklärt. Daran knüpft er folgenden - Mit der Berufung auf die Epikie ist die andere Berufung Gedankengang: „Wenn dies sogar vom Leben selbst gilt, wenn auf Thomas von Aquin zu sehen, nach dem angeblich alle kon- menschliches Leben in ernsten Konfliktsituationen geopfert kreten Normen, die naturgesetzlich das Zusammenleben der werden darf, dann müßte dies auch von Gütern gelten, die Menschen regeln, nur „ut in pluribus"(d. h. in der Mehrzahl der geringeren Wert haben als das Leben - zum Beispiel von der Fälle, aber nicht ausnahmslos) gelten sollen.65) Ein genaues Integrität des Geschlechtsverkehrs oder auch von der Unver- und umfassendes Studium der Moraltheologie des Thomas sehrtheit der Geschlechtsorgane (direkte Sterilisation). Es kommt zu anderen Ergebnissen. Hier ist die Unterscheidung bleibt dann nur die Frage nach der debita proportio, nach der zwischen praecepta affirmativa (Geboten) und negativa (Ver- gebotenen Verhältnismäßigkeit.") Ein Verbrecher wird hin- boten) zu beachten. Für die letztgenannten Verbote des natürli- gerichtet, weil er sich etwa durch Morde am Leben unschuldi- chen Sittengesetzes kennt Thomas keinerlei Epikie. Sie gelten ger Menschen versündigt hat. Die Menschen schützen sich immer, nicht nur „ut in pluribus". Sie verbieten ein Tun, das selbst, ihr eigenes Leben durch die beauftragte Autorität aus sich und daher immer schlecht ist. „In der Tat läßt auch gegen Angriffe auf das eigenen Leben. Der Schutz des eigenen Thomas in seinen Darlegungen zur Speziellen Moraltheologie Lebens - in welcher Form, sei dahingestellt - ist Pflicht. in keinem einzigen Fall durchblicken, daß er praecepta negativa Ebenso ist es die Pflicht, die Unversehrtheit des eigenen Lei- nur ut in pluribus für verpflichtend halte. Es bleiben also für bes zu wahren. Es ist absurd, so zu argumentieren wie dies einen verminderten Geltungsbereich nur die affirmativen McCormick tut: wenn wir uns selbst, unser Leben schützen, Gebote übrig."66) Es sind nun gerade solche Verbote (nie einen indem wir den Zerstörer und Bedroher töten, dann darf wie das Unschuldigen direkt zu töten, nie direkt zu sterilisieren, nie Leben des Verbrechers, so auch die eigene Unversehrtheit der künstlich die Empfängnis verhüten), für welche die Vertreter Geschlechtsorgane und ihres Gebrauchs geopfert werden. der neuen Theorien Epikie und Ausnahmen einräumen wol- • Mehrere Theologen sagen in ihren Beiträgen, die teleolo- len. gische Normenbegründung, die Güterabwägung, die Auffas- sung, im zwischenmenschlichen Bereich gebe es keine in sich Ernst schreibt am Ende seines Beitrages: „Vieles von dem, und immer schlechten Handlungen, seien mehr oder weniger, was in der gegenwärtigen Diskussion um die Universalität, um wenn auch nicht eigentlich erkannt, schon in der traditionellen die Unwandelbarkeit und um die Findung und Begründung Moraltheologie zu finden, und zwar in folgenden Prinzipien: in von Normen gesagt und geschrieben wird, ist kontrovers ... der Handlung mit doppeltem Effekt (einem guten und einem Bei dem Versuch, bleibend Gültiges und Wandelbares in der schlechten), in der Epikie, in der Wahl des geringeren Übels, in den Moraltheologie zu überdenken, liegt es in der Natur der Sache Moralsystemen (z. B. Probabilismus), in dem Unterschied zwischen selbst, daß Ungenauigkeiten, Unklarheiten und Mißverständ- direkter und indirekter Verursachung, in der Lehre über die Ordnung nisse nicht ausbleiben. Nur in einem redlichen Dialog eröffnet der Liebe (ordo caritatis).64) Es würde zu weit führen, im einzel- sich die Möglichkeit zur Findung der Wahrheit, die alle nen aufzuzeigen, wie diese herkömmlichen Prinzipien der gemeinsam anstreben."67) Diesem Dialog wollen die hier vor- Moraltheologie nicht als Beweis für die modernen Theorien gelegten kritischen Bemerkungen zu dem von Kerber hrsg. herangezogen werden können. Mit undifferenzierten Allge- Buch „Sittliche Normen. Zum Problem ihrer allgemeinen und meinurteilen ist hier nicht gedient. unwandelbaren Geltung" dienen und auf wenigstens man- cherlei Ungenauigkeiten, Unklarheiten und auch falsche - Keiner der Autoren der Beiträge geht z. B. auf die Tat- sache ein, daß in dem Grundsatz von der Handlung mit dop- Hypothesen hinweisen. peltem Effekt die erste und wichtigste Bedingung der Anwen- Anmerkungen dung die ist, daß die Handlung selbst nicht in sich unmoralisch sein 56) H. Schürmann, Die Verbindlichkeit konkreter sittlicher Normen nach dem darf. Damit widerspricht dieses Prinzip direkt der heutigen Neuen Testament, bedacht am Beispiel des Ehescheidungsverbotes- und im Theorie, es gebe im zwischenmenschlichen Bereich keine in Lichte des Liebesgebotes, 115.1 Vgl. Ernst 69. sich und immer schlechten Handlungen. 57) Schürmann 107. 58) Ebd. 116, 123. 59) Ebd. 121. 60) CJC can. 1056. - Ähnliches ist zu sagen von dem Grundsatz der Wahl des 61) McCormick 47. geringeren Übels. Die traditionelle Moraltheologie hat nie 62) • F. Furger, Objektivität und Verbindlichkeit sittlicher Urteile, 27 Note 39. behauptet, es gebe kein in sich und immer schlechtes Tun; viel- 63) McCormick 53. mehr hat sie solches Tun immer als mögliches Objekt einer 64) Furger 24 Note 29; McCormick 54 f; Ernst 61 f. 63; Fuchs 77. 86. 91. 65) Vor allem Ernst 64-69; McCormick 56; Fuchs 88. Wahl ausgeschlossen. 66) R. Bruch, Der Gewißheitsgrad der naturgesetzlichen Nonnen bei Thomas — Es bedeutet eine grobe Verkennung der Psychologie, von Aquin. Ut in pluribus?, in: R. Bruch, Moralia varia. Lehrgeschichtliche wenn man den Unterschied zwischen direkter und indirekter Ver- Untersuchungen zu moraltheologischen Fragen, Patmos Düsseldorf 1981, 136. Vgl. A. Günthör, Ist Epikie im natürlichen Sittengesetz möglich?, in: J. Bök- ursachung eines Übels leugnen will. Dies sei illustriert durch mann (Hrsg.), Befreiung vom objektiv Guten?, Patris Verlag Vallend ar-Schön- ein Beispiel, das keine lebensfremde Konstruktion ist: Ein statt 1982, 156-164. Auch Hörmann macht 34. 42 mit Recht den Unterschied Autofahrer rast mit seinem Auto gegen eine Mauer, um Selbst- zwischen Geboten und Verboten. Leider hat Hörmann 35 bei der Erwähnung mord zu begehen; ein anderer tut physisch dasselbe, aber um der Aussage von Thomas von Aquin „Natura autem hominis est mutabilis" nicht den Artikel von T. G. Belmans, Hält Thomas von Aquin die menschliche lieber sein Leben zu opfern als eine Gruppe von Kindern zu Natur für wandelbar?, in: Münchener Theologische Zeitschrift 30 (1979) 208- überfahren, die plötzlich die Straße überquert. Der erstere 217, berücksichtigt. Belmans hat eindeutig nachgewiesen, „daß Thomas die begeht direkten Selbstmord, der zweite eine indirekte Selbst- sog. Wandelbarkeit nicht auf die eigentliche Natur, sondern auf eine mögliche tötung als nicht gewollten Nebeneffekt eines Tuns, das auf die sittliche Depravation einzelner Personen bezieht" (212). Rettung der Kinder abzielt. Nur derjenige kann den funda- 67) Ernst 72 f. mentalen Unterschied zwischen den zwei Handlungsweisen übersehen, der sie nur physizistisch betrachtet und personales Die wahre Buße liegt nicht allein in der Enthaltsamkeit von Tun vor-personal, vor-sittlich, vor-menschlich einstuft. Unerlaubtem, sondern vor allem in der Enthaltsamkeit von Dingen - Epikie ist nach der klassischen Moraltheologie niemals so die scheinbar gut sind. zu 'verstehen, als ob es Ausnahmen von allen zwischen- - 5775 - - 5776 - KARDINAL KUHARIÜ ROSARIO F. ESPOSITO Ein aufrüttelnder Hirtenbrief aus dem Osten Eine Bantu-Ordensfrau: „Erlösung des Leibes" Märtyrerin der Reinheit Eine „Offensive für die Keuschheit" will der Freundeskreis Die afrikanische „": Schwester Clementine Maria Goretti e. V., München, einleiten mit einer ansprechend Anuarite gestalteten, etwa 40seitigen Broschüre, die den Titel „Erlö- sung des Leibes" trägt. Es handelt sich um die deutsche Über- Schwester Clementine setzung eines beeindruckenden Hirtenbriefes des kroatischen Anuarite Nengapeta, Kardinals Franjo Kuharie, Erzbischof von die das Foto wenige Zagreb, der die kirchliche Sexualethik darlegt. Monate vor ihrer Im Vorwort weist der Freundeskreis Maria Goretti e. V. als Ermordung zeigt, ist Herausgeber darauf hin, daß der Christ heute „in Massenme- nicht nur eine Märtyre- dien, im Studium und Schulunterricht, im medizinischen rin der Keuschheit. Sie Bereich wie in der Gesetzgebung und nicht zuletzt in persönli- verstand es, mit den chen Begegnungen mit Meinungen und Verhaltensweisen Bräuchen ihres Stammes konfrontiert" wird, „die der katholischen Morallehre kraß zu brechen und so die Vor- zuwiderlaufen". Auch „Meinungen im Raum der Kirche" wer- aussetzungen für eine den genannt, die „sündhaftes Verhalten tolerieren oder för- wirksamere Evangeli- dern". Dem soll nun in einer „Offensive für die Erlösung" bzw. sierung Afrikas zu insbesondere für die Keuschheit die „echt christliche Sicht des schaffen. Geschlechtlichen" gegenübergestellt werden. Aus Kreisen der Nuntiatur von Kinshasa Die Ausführungen des jugoslawischen Kardinals sind in der in Zaire (früher Bel- Tat bemerkenswert: Von der Erlösungstat CHRISTI her zeigt er gisch-Kongo) haben wir in positiver, ja begeisternder Weise auf, daß auch die Geschlecht- eine Einzelheit erfah- lichkeit in die Erlösung einbezogen ist. Unerlöste Sexualität ren, die den Weitblick erniedrigt den Menschen, macht ihn zum Lustobjekt, ja zum von Paul VI. zeigt. Als einmal Akten für Seligsprechungen auf „Verbündeten des Todes". Im Bezug auf die Abtreibung wird seinen Schreibtisch gelangten, überflog er sie und stellte dann von einer „Art Atomkrieg in der Stille" gesprochen: „Der uner- enttäuscht fest: „Wieder ein Italiener, ein Franzose, ein Spa- löste Schoß der Frau ist zur Hinrichtungsstätte geworden!" nier ... Wir brauchen Heilige unter den Farbigen aus der Drit- Der Kardinal wendet sich gegen ein „Kapitulieren der Kirche" ten Welt." An den hiesigen Nuntius ließ er einen besorgten vor dem „Zeitgeist" und fordert - nachdem er die Keuschheit der Ausruf ergehen: „Forscht in der alten und in der neueren Jugend, der Eheleute und der jungfräulichen Menschen als Geschichte eurer Völker, studiert die Lebensbeschreibungen „Frucht der Erlösung" uns als Zeichen des „neuen Menschen" der Opfer von Aufständen und offenbart der Welt jene aufleuchten läßt - auf: „Haben wir den Mut, mit der Entschlos- menschliche Größe, die es hier zweifellos gibt." senheit der innerlich wahrhaft freien Menschen eine bessere Welt der Reinheit und Unschuld aufzubauen! Das ist GOTTES Gebot! Es wird die Frucht der Erlösung sein!" Dem Autor des Artikels geschah es, daß er einer solchen Die mit mehreren Fotos illustrierte Broschüre, als deren Titelbild in Farbe der Auf- großen Persönlichkeit begegnete, vielleicht der ruhmreich- erstandene vom Isenheimer Altar (Matthias Grünewald) entgegenstrahlt, kann gegen sten: Sr. Maria Clementine Anuarita Nengapeta von der ein- Spende von DM 0,50 (ab 20 Expl. je DM 0,30; ab 100 Expl. je DM 0,20) zuzüglich heimischen Kongregation Jamäa Takatifu (der Heiligen Fami- Porto und Verpackung beim Herausgeber bezogen werden: Freundeskreis Maria Goretti lie). In den tragischen Jahren der Unruhen, vor allem 1964, wurden e. V, Planegger Str. 22 b, D-8000 München 60. 20 Ordensfrauen getötet; sie war die Jüngste und die einzige Afri- kanerin: ihr fehlte ein Monat zur Vollendung des 25. Lebens- Mein Tod als wahres Leben jahres. Geboren war sie am 29. Dezember 1939 in der östlichen Provinz, in Wamba. Die Grundschule schloß sie ordnungsge- Brief einer koreanischen Märtyrerin mäß, doch ohne besondere Erfolge ab. Sie hatte keine überra- Papst Johannes Paul II. besucht in wenigen Tagen Korea, gende Intelligenz, aber eine so außergewöhnliche Willens- um an den Feiern zum 200. Jubiläum der Einführung des Chri- kraft, daß sie 1959 das Lehrerdiplom und dann auch den Pro- stentums in diesem Land teilzunehmen. fessorentitel an der Pädagogischen Akademie erlangte. Der christliche Glauben fand in das völlig isolierte Korea Der seit 13. Januar 1978 laufende Seligsprechungsprozeß Ende des 18. Jahrhunderts Eingang durch christliche Bücher macht gute Fortschritte. Ihre Erhebung zur Ehre der Altäre aus China. Unter großen Schwierigkeiten und ausbrechenden wird der afrikanischen Kirche einen Anstoß geben, dessen Verfolgungen breitete sich der katholische Glaube dennoch Bedeutung man sich kaum vorstellen kann. Ähnliches gilt für rasch aus. Eine der vielen Märtyrerinnen der koreanischen die Kirche in der gesamten Dritten Welt, die Europa in weni- Kirche, eine 20jährige junge Frau - Luitgard Niu-Hei (t 1802) gen Jahren überrunden wird, was die Zahl der Katholiken, der hinterließ einen aus dem Kerker an ihre Angehörigen gerichte- Priester, Ordensleute und Bischöfe betrifft. ten Abschiedsbrief, der tief beeindruckt. Auf diese junge Kirche kann man nicht länger europäische Wilhelm Schamoni hat den Brief der jungen Märtyrerin, die Maßstäbe und Modelle anwenden, ohne ihr Unrecht zu tun. als junge Ehefrau mit ihrem Ehemann zusammen das Gelübde Auch jene Missionare, die sich über uns lustig machten, als wir der Jungfräulichkeit ablegte, u. a. mit einem kurzen geschicht- in den 60er-Jahren Nachforschungen über die „afrikanische lichen Abriß-der Anfänge des Christentums in Korea und Bil- Goretti" machten, haben mittlerweile erfaßt, wie sehr die ein- dern aus der Verfolgungszeit ergänzt. Der Freundeskreis heimische Bevölkerung mitgeht, wenn sie nur den Namen Maria Goretti e. V. (Planegger Str. 22 b, D-8000 München 60) Anuarite hört, während sie immer mehr gleichgültig bleibt, hat das ganze als Broschüre „Mein Tod als wahres Leben" (32 wenn in Katechese und Predigt von unseren Vorbildern Seiten, Spende DM 1.- pro Exemplar, zuzüglich Porto und gesprochen wird, die für ihre Mentalität gar so anständig, sau- Verpackung) herausgegeben. ber und bürgerlich sind. - 5777 - - 5778 - Eine Afrikanerin rettet Afrika soviel Apostolat, wie du willst, aber hilf uns, nicht Einige Strukturen der Bantu-Kultur bilden ein fast unüber- als Ordensfrau, sondern windliches Hindernis für die Annahme der christlichen Glau- als engagierte Christin benslehre und Moral. Solange als Gegenbeispiele nur euro- im Laienstand." päische Heilige da sind, ist die Wirkung sehr begrenzt: aber Anuarite sprang auf, wenn diese junge Bantu-Negerin hervortritt, zerbrechen die wie es ihre Gewohnheit alten Strukturen. war, und überschüttete - Nehmen wir das Beispiel der Verzeihung und ihre Mutter mit einem der Rache. In der afrikanischen Welt existiert die Verzei- Wortschwall: Weißt du hung ebensowenig wie in der semitischen: es gibt das Gesetz nicht, wer die Hand an der Vergeltung „Auge um Auge, Zahn um Zahn". den Pflug legt und sich In ihrem kurzen Leben gab Anuarite Nengapeta zahllose zurückwendet, ist Jesu Beispiele der Verzeihung, wenn sie beleidigt wurde, und bat nicht würdig? Hast du um Verzeihung, wenn sie jemandem Kummer bereitet hatte. vergessen, daß ich mich Als sie starb - durchbohrt von einem Dutzend Stichen mit einem lan- aus ganzem Herzen und gen Messer - wiederholte sie nur immer wieder die Worte Jesu: für immer dem Herrn „Vater, vergib, denn sie wissen nicht, was sie tun." Diese Worte geweiht habe? Sprich hat auch der hl. Stephanus, der erste Märtyrer, unter dem niemals mehr über die- Steinhagel der Verfolger wiederholt; es sind die Worte aller ses Thema und bete zur Märtyrer der Geschichte. Während sie ihr Leben aushauchte, Buße einen ganzen Der Vater der Heiligen murmelte sie in der Suaheli-Sprache: Baba uwandolee (Vater, Rosenkranz!" Die junge vergib). Ordensschwester warf so die Bräuche der Vorfahren zum alten - Ein anderes Unheil der afro-asiatischen Kultur sind die Eisen. Der Hinweis auf ihr Vorbild kann tausende Berufungen ret- Unberührbaren. Wenn es ein Unglück gibt, irgendeinen Unfall, ten. Diese Haltung stellt Anuarite Nengapeta an die Seite von einen Todesfall, eine Erkrankung, so handelt es sich für diese Katharina von Siena und Theresa von Avila. Völker niemals um ein anonymes Übel. Jemand im Stamm muß daran schuld sein; man muß ihn suchen und töten oder vom Der Bericht des Mörders Stamm ausstoßen; das bedeutet immer den Tod, denn der Un- Die Lebensgeschichte und das Martyrium von Anuarite glückliche ist ein Unberührbarer, wer ihm hilft, wird seiner- werden in ihrer Biographie berichtet: Sr. M. Clementina Anua- seits ausgestoßen und unberührbar. Das sind die „ulozi". Das rüe Nengapeta (Ed. Paoline, Bari 1978). erinnert uns an das Schicksal des Propheten Jona während des Bezüglich aller Einzelheiten sei darauf verwiesen. Was den Unwetters auf dem Meer. Anuarite Nengapeta war Lehrerin Höhepunkt ihres Lebens betrifft, wollen wir hier den Bericht und Professorin. Sie erfuhr vom Schicksal einer „ulozi" namens bringen, den der frühere Oberst der Simba, Pierre Olombe, kürzlich Tipolo, eines jungen Mädchens, auf das alles Unglück des gegeben hat und der in seiner Kürze das Wesentliche des Lei- Stammes abgeladen wurde. Sie suchte das Mädchen am dens von Anuarite hervorhebt. Wörtlich berichtet er: Rande des Waldes, brachte es in die Klasse, überhäufte es mit „Unterwegs äußerte Oberst Ngalo die Absicht, Schwester Liebeserweisen und brachte mit ihrem Beispiel und ihren Clementine Anuarite zu besitzen und schickte mich, ihr mit- Worten die Schüler dazu, das Mädchen anzunehmen und wie zuteilen, sie möge zu ihm in sein Hauptquartier kommen, das jedes andere Kind zu behandeln und es so dem Leben zurück- sich in der Nähe der Bank befand. Sie weigerte sich, was ich zugeben. Dasselbe tat sie für einen anderen „uzoli" namens ihm mitteilte. Da ließ mir Oberst Yuma Deo freie Hand und Paul. sagte: ,Machen Sie, was Sie wollen.' Ich hatte Rauschgift zu Wenn in Zukunft ein Missionar dasselbe tut, die vom Evan- mir genommen. Ich habe keine andere Schwester für mich aus- gelium geforderte Brüderlichkeit verkündet und an das Bei- gesucht, weil ich mir schon eine europäische Schwester spiel der Bantu-Schwester Nengapeta Anuarite erinnert, wer namens Maria genommen hatte, die ich in Wamba zurückge- wird es da noch wagen, sich zu empören? Ich habe das selbst lassen hatte. erfahren; die Verehrung für die „schwarze Goretti" geht un- Ich schlug Sr. Clementine vor, die Frau von Ngalo zu wer- glaublich weit, nicht nur unter Katholiken, auch bei Protestan- den. Sie weigerte sich kategorisch und sagte: ,Ich kann nicht ten und Nichtchristen. Sie ist eben ihre afrikanische Schwester. die Konkubine eines Mannes werden; wenn es notwendig ist, - Ein letztes Beispiel ist die geistliche Berufung. Wenn ein sterbe ich lieber.' Ich sagte ihr: ,Sie werden sofort sterben.' Sie junger Mann oder ein Mädchen in ein Kloster oder Seminar antwortete: ,Ich verzeihe Ihnen, weil Sie nicht wissen, was Sie eintritt, wird das im allgemeinen als ehrenvoll angesehen. tun.' Aber wenn er einen höheren Bildungsgrad erreicht hat, Ich fragte sie, aus welchem Grund sie sich weigerte, die Frau geschieht es sehr oft, daß der Clan-oder der Stamm im Fall der von Ngalo zu werden und sagte zu ihr: ‚Bist du vielleicht schö- Bedürftigkeit den Betreffenden nach Hause zurückruft, damit ner als meine Frau Angelika, die in Wamba zurückgeblieben er mit seiner Bildung allen helfe und für alle Geld verdiene. ist?' Sie antwortete: ,Warum schickst du nicht deine Frau zu In diesem Fall gibt es für den Kandidaten zum Priestertum oder Ngalo?' Ich versetzte ihr einen Faustschlag. Dann versuchte Ordensleben keinen Ausweg: er muß die Anweisung ohne Wider- ich, sie mit Gewalt in das Auto zu bringen, aber sie wehrte sich, spruch befolgen. und ich gab ihr einen Fußtritt. Wie war das bei Anuarite Nengapeta, die im Ordensleben Als ich sah, daß sie sich weigerte, zu Ngalo zu gehen, for- Schwester Clementine hieß? Der Vater (Amisi Batiboko) ver- derte ich sie auf, in mein Zimmer zu kommen, um meine Frau ließ die Mutter (Julienne Ysude), weil sie ihm lediglich vier zu sein und in meinem Bett zu schlafen. Ich wollte sie nicht mit Töchter geboren hatte. Die arme Frau sagte einmal zu ihrer Gewalt dazu zwingen, ich sagte nur einfach, wenn sie sich wei- Tochter im geistlichen Stand: „Du weißt, daß wir in einer Not- gere, müsse sie sterben. Sie antwortete mir: ,Das interessiert lage sind; dein Vater hat uns verlassen, deine Schwestern sind mich nicht.' Schwester Clementine wurde getötet, weil sie sich wei- noch klein. Komm hierher nach Wamba, unterrichte, mach gerte, die Frau von Ngalo oder meine Frau zu sein. - 5779 - - 5780 - Schülerinnen ging sie in die Dörfer, um Glaubensunterricht zu geben und den Alten und Kranken Dienste zu leisten. Sie war wohl nicht gerade ein Wunderkind an musikalischer Bega- bung, aber sie trällerte unaufhörlich die bekannteren Marien- lieder, vor allem das Lied „Ee, Mama ya Mungu, ninakusa- limu" (Mutter Gottes, ich grüße dich). Sicherlich hat eine mehr begabte Mitschwester die Melodie behalten und Anuarite sie sich dann mit Begeisterung angeeignet. Als italienische Missionsschwestern (von den „Pie Madri della Nigrizia") nach Bafwabaka kamen, wo die afrikanischen Schwestern das Noviziat und das Juniorat hatten, kam es sofort zu herzlichen Beziehungen mit ihnen. Am Anfang waren die Sprachschwierigkeiten sehr lästig, aber im Lauf der Zeit besserte sich das. Anuarite bereitete für sie Erdnußpasteten oder Karamelzucker und brachte diese Speisen nicht nur nach Bafwabaka, sondern auch in das Spital von Wamba, wo die ita- lienischen Schwestern zur allgemeinen Zufriedenheit arbeite- ten. Anuarite war eine glänzende Köchin und eine ziemlich gute Tänzerin. In Wamba schenkte ihr einmal Sr. Silvana Clerici eine jener phosphoreszierenden Madonnenstatuen aus Italien. Anuarite nahm sie mit Begeisterung an, konnte sich an ihr nicht satt- sehen und wiegte sie mit der Grazie einer Tam-Tam-Tänzerin in den Händen. Als sie sich verabschiedete, drückte sie die Sta- tue an sich und murmelte: „Oh, Bikira Maria, safi mno!", das heißt: 0 Jungfrau Maria, du ganz Reine! Der Platz auf dem die Heilige brutal ermordet wurde. Diese kleine Statue gab sie nie mehr weg. Auch als die Nach zwei Tagen war die Wirkung des Rauschgiftes vorbei Simba den Ordensfrauen die Kreuze, Rosenkränze und alle und ich begriff, daß ich Unrecht getan hatte. In Bafwabaka religiösen Zeichen wegnahmen und jede mit dem Tod bedroh- habe ich die Schwestern um Verzeihung gebeten; sie sagten, ten, die etwas davon behielt, trug sie wie immer die Statue in der Tasche. daß sie mir verzeihen und daß ich Gott um Verzeihung bitten müsse. 1966 wurde ich vom Nationalkongolesischen Heer Als ihr Leichnam identifiziert wurde, war die entscheidende gefangen genommen; in Kisangani wurde ich als Aufständi- Probe jene kleine Statue, die sich in ihrer Tasche befand. Zwei- scher zum Tode verurteilt. 1967 habe ich im Nationalkongole- fellos hat sie ihr in der letzten Prüfung Stärke und die Kraft sischen Heer gekämpft, als Anerkennung dafür wurde meine zum Verzeihen eingeflößt. Strafe in fünf Jahre Kerker umgewandelt, die ich im Gefängnis (Rosario F. Esposito in: „Madre de Dio", 1/1983; IDU-Übersetzung: P. Dr. Alfons von Ndolo verbüßt habe." Möstl OSB, aus idu vom 17. 7. 83) — Die Photos von idu-Bild. Wenige Stunden vor ihrem Tod schrieb Anuarite in einen kleinen Taschenkalender ihr Testament. - Die Ordens- frauen waren aufgefordert worden, sich von Jesus, dem Gott der Weißen, abzuwenden und Patrice Lumumba anzubeten. Sie bekannte schriftlich ihren Glauben und ihre Jungfräulich- ANNA KATHARINA EMMERICH keit mit den Worten: Ushaidi wetu juu ya usafi wa moyo ne Versäumnisse der streitenden Kirche Bwana Patris, das heißt: Unser Zeugnis der Reinheit des Herzens gegenüber Herrn Patrice (Lumumba). und ihrer Diener Am Schlusse des Kirchenjahres 1823 vor dem Advent trat Ein marianisches Leben zum letztenmal das jährliche Bild einer Kirchenabrechnung Als die Schwestern im Hof den Körper von Anuarite bar- vor ihre Seele. Es wurden ihr dann alle Versäumnisse der strei- gen, war sie noch am Leben; sie legten sie auf den Fußboden tenden Kirche und ihrer Diener in diesem Jahre sinnbildlich des Raumes und versuchten, ihr Hilfe zu leisten. Doch nach gezeigt, wie viele Gnaden nicht gebaut, nicht geerntet, son- wenigen Minuten hauchte sie ihr Leben aus: es war der 1. dern verschleudert oder verkommen seien. Dezember 1964, etwa um ein Uhr nachts. Die Schwestern befolg- Es wurde ihr gezeigt, daß der Erlöser im Festgarten der ten den Rat der Novizenmeisterin, Sr. M. Xaveria: „Das ist die Kirche für jedes Jahr einen vollkommenen Fruchtschatz seiner erste Märtyrerin unserer Kongregation; wir wollen den Herrn Verdienste niedergelegt habe, um allem Bedürfnis, aller Süh- loben und das Magnifikat singen." Der Geist weht, wo er will; nung zu genügen. jene jungen Frauen, die Zeichen von Schlägen und Verwun- Es wurde ihr gezeigt, daß die versäumten, vernachlässigten dungen aller Art trugen, wollten nicht „De profundis" oder und verschleuderten Gnaden der ewigen Barmherzigkeit in „Miserere" anstimmen, sondern den marianischen Lobpreis. der Zeit, und hätte auch nur der niedrigste Mensch, die verges- Sie konnten fürwahr nichts Besseres tun. senste arme Seele durch sie erquickt werden können, bis auf den letzten Heller ersetzt werden müssen, und daß die strei- Im Leben von Anuarite hat die Madonna eine beständige tende Kirche, zur Strafe für solche Untreue und Versäumnis und entscheidende Rolle gespielt. Bis in die kleinsten Einzel- ihrer Diener der Bedrängnis ihrer Feinde hingegeben, zeitlich heiten hat sie „Die Herrlichkeiten Mariens" des hl. Alfons studiert, sinke. war Mitglied der Legion Mariens und verbreitete diese Vereini- Aus: Clemens Brentano: Lebensbild der gottseligen Anna Katharina gung in ihren Schulklassen. Gemeinsam mit Helferinnen und Emmerich (Vgl. „Theologisches" Nr. 108/ April 1979, sp. 3176). - 5781 - - 5782 -

WILHELM SCHAMONI P. Victricius Weiss - der Vater war Arzt - wuchs in einer so tiefreligiösen Familie auf, daß es seinem zarten Gemüte schon Victricius Weiss als Kind eine Unmöglichkeit gewesen zu sein scheint, Gott etwas nicht zu geben, was er als seinen Wunsch erkannt hätte. * 18. XII. 1842 zu Eggenfelden (Niederbayern) Die Gottesnähe, in der er von frühauf lebte, verlieh ihm etwas t 8. X. 1924 zu Vilsbiburg (Niederbayern) irgendwie Hoheitsvolles trotz gleichzeitiger Schüchternheit. Auf dem Gymnasium in Landshut war er in allen Fächern stets der beste. Zu Freising 1866 zum Priester geweiht, war er zwei Jahre Kaplan in München-Schwabing, wurde dann als Präfekt ins Priesterseminar berufen, um sich auf eine Professur vor- zubereiten. Er promovierte mit „prorsus insignis" (ganz aus- gezeichnet), trat aber 1875, mitten im Kulturkampf, in den Kapuzinerorden ein, wohl aus dem Hauptgrunde, weil er, kränklich und immer wieder Blut hustend, einen frühen Tod erwartete und glaubte, im Kloster mehr für seine Seele und das Reich Gottes tun zu können. Nach verschiedenen Ämtern, besonders in der Erziehung des Ordensnachwuchses, wurde P. Victricius sechsmal zum Provinzial gewählt. Sein Grundsatz war: Gegen Gott ein Kind, gegen den Nächsten eine Mutter, gegen sich selbst ein strenger Richter. Wie streng war er gegen sich selbst, wie gütig gegen die andern! Wegen seiner Kränk- lichkeit mutete man ihm die letzten 16 Jahre seines Lebens kein größeres Amt mehr zu. Sie wurden zu einer immer schwe- reren Leidenszeit. Er erblindete und ertaubte fast gänzlich, die Füße brachen auf, er wurde mit Wunden bedeckt wie ein zwei- ter . Dazu kam die dunkle Nacht der Seele, Trockenheit im Gebet, der entsetzliche Gedanke, verworfen zu sein. Aber er ertrug alles aus jener Gesinnung heraus, in der er einmal sich aufgeschrieben hatte: Ich will mit meinem verborgenen Jesus unbekannt, unerkannt und verachtet sein. Ich will mit meinem gekreuzigten Jesus gekreuzigt sein an Seele und Leib, um eini- germaßen die Unbilden zu ersetzen, die ihm im heiligen Sakra- ment zugefügt werden.

Foto (Generalpostulatur Rom)

P. DR. ILDEFONS FUX OSB Bestellschein Gut für die Praxis Ich bestelle beim VERLAG JOSEF KRAL, Postf. 1180, Respondeo. Beiträge aus der Zeitschrift „Theologisches" / Telefon 0 94 43 / 13 21 + 23 22, D-8423 Abensberg Hrsg. von Johannes Bökmann. - Abensberg: Kral. Brosch. der Fördergemeinschaft aus der Reihe RESPONDEO 21 cm. EoloGiscw ES Das „Respondeo", mit dem der hl. Thomas v. Aquin die Stück Nr. 1 v. Straelen Widerlegung der Einwände und seine Darlegung der Sachver- Selbstfindung oder Hingabe halte einzuleiten pflegte, soll aufs neue gesprochen werden; ein Vorhaben, das anspruchsvoll zu nennen ist angesichts einer Stück Nr. 2 Vom Evangelium Tradition solchen Zuschnitts. Dennoch: Die Notwendigkeit zu den Evangelien der Antwort auf „moderne Vielmeinerei" (W. Nigg) wird nie- (Hrsg. von W. Schamoni) mand bestreiten, der sich nicht vielfacher Sünde der Naivität Stück Nr. 3 Kosmos, Erde, Mensch und Gott oder irenischer Anpassung schuldig machen will. (Hrsg. von W. Schamoni) Die Responsio wird seit vielen Jahren in der Zeitschrift „Theologisches" versucht und soll durch die neue Schriften- reihe eine breitere Basis und erhöhte Verwendbarkeit für die Name, Vorname Praxis erhalten. Fachleute, die ihre Beiträge in verschiedenen Nummern genannter Zeitschrift veröffentlicht hatten, fassen Straße und Nummer diese nun, bisweilen überarbeitet, erweitert und somit zu größe- rer Ausreifung geführt, zusammen, Herausgeber und Verleger tragen Sorge für optimale Benützerfreundlichkeit. Selten und Postleitzahl, Ort besonders hervorzuheben: Die Broschüren werden ohne Ver- rechnung und gegen freiwillige Spendenbeiträge abgegeben. Unterschrift idu vom 18. 3. 84

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