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Ernst Probst

Königinnen der Lüfte von A bis Z

Biografien berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen, Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen

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Impressum: Copyright © 2010 GRIN Verlag, Open Publishing GmbH ISBN: 9783640657322

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Königinnen der Lüfte von A bis Z

Biografien berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen, Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen

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Biografien berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen, Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen

1 2 Inhalt Maryse Bastié Die Fliegerin, die acht Weltrekorde brach Vorwort Seite 49 Seite 15 Jean Batten Dank Neuseelands Seite 17 berühmteste Pilotin Seite 55 Aida de Acosta Erster Alleinflug mit Melli Beese einem lenkbaren Luftschiff Die erste Deutsche Seite 21 mit Pilotenlizenz Seite 65 Elsa Andersson Die erste Pilotin Elly Beinhorn in Schweden Die erste Frau, Seite 25 die alle Erdteile überflog Seite 73 Jacqueline Auriol Sie durchbrach Vera von Bissing als erste Europäerin Eine Kunstfliegerin die Schallmauer der 1930-er Jahre Seite 31 Seite 83

Liesel Bach Sophie Blanchard Deutschlands erfolg- Die erste professionelle reichste Kunstfliegerin Luftschifferin Seite 35 Seite 89

Pancho Barnes Adrienne Bolland Amerikas Die erste Frau, erste Stuntpilotin die über die Anden flog Seite 43 Seite 97

3 Hélène Boucher Ruth Elder Die französische Die erste Frau, „Wunderfliegerin“ die den Flug über den Seite 101 Atlantik versuchte Seite 151 Kalpana Chawla Die erste Inderin Marga von Etzdorf im Weltall Die erste Kopilotin Seite 107 der „Deutschen Luft Hansa“ Seite 155 Die „schnellste Frau Margret Fusbahn und der Welt“ Ludwig Werner Fusbahn Seite 111 Das „fliegende Ehepaar“ Seite 165 Die erste Afro-Amerikanerin Elise Garnerin mit Pilotenschein Die „Venus im Ballon“ Seite 121 Seite 169

Eileen Collins Sabiha Gökçen Die erste Die erste Raumfähren-Pilotin türkische Pilotin Seite 127 Seite 173

Hélène Dutrieu Frances Wilson Grayson Die erste Pilotin Tragischer Flug in Belgien über den Atlantik Seite 137 Seite 177

Amelia Earhart Hilda Hewlett Die erste Frau, die zwei Mal Die erste den Atlantik überflog britische Fliegerin Seite 141 Seite 181

4 Maryse Hilsz Raymonde de Laroche Die Rekordefliegerin Die erste Pilotin aus Frankreich der Welt Seite 185 Seite 233

Luise Hoffmann Ruth Law Die erste Erste Luftpost deutsche Einfliegerin für die Philippinen Seite 189 Seite 237

Kara Spears Hultgreen Die erste „F-14 Tomcat“- Die erste Amerikanerin Kampfpilotin mit Segelflugschein Seite 195 Seite 243

Laura Ingalls Anne Die erste Amerikanerin, Löwenstein-Wertheim die über Südamerika flog Die fliegende Prinzessin Seite 205 Seite 247

Carol Die erste afro- Der längste Raumflug amerikanische Astronautin einer Frau Seite 211 Seite 251

Amy Johnson-Mollison Rita Maiburg Englands erste Einer der ersten weiblichen Flugzeugmechanikerin Linienflugkapitäne Seite 217 Seite 255

Thea Knorr Beryl Markham Die deutsche Die erste Berufspilotin Afrikafliegerin in Ostafrika Seite 227 Seite 259

5 Marie Marvingt Harriet Quimby Die „Mutter Die erste Amerikanerin der Luftambulanz“ mit Flugschein Seite 269 Seite 303

Christa McAuliffe Bessica Medlar Raiche Die amerikanische Eine der ersten Nationalheldin Fliegerinnen in den USA Seite 273 Seite 309

Victoria van Meter Barbara Allen Rainey Die jüngste Fliegerin Die erste der Welt Marinepilotin der USA Seite 279 Seite 313

Jerry Mock Thea Rasche Im Alleinflug Die erste Deutsche um die Erde mit Kunstflugschein Seite 285 Seite 317

Matilde Moisant Marina Raskowa Eine frühe Fliegerin Eine fliegende „Heldin in den USA der Sowjetunion“ Seite 289 Seite 331

Käthe Paulus Wilhelmine Reichard Deutschlands Die erste Ballonfahrerin erste Luftschifferin in Deutschland Seite 293 Seite 341

Thérèse Peltier Hanna Reitsch Die erste Flugzeug- Die Pilotin passagierin der Welt der Weltklasse Seite 299 Seite 347

6 Sally Kristen Ride Kathryn Dwyer Sullivan Die erste Rekordspaziergängerin Amerikanerin im Weltall im Weltall Seite 391 Seite 357 Walentina Tereschkowa Swetlana Jewgenjewna Die erste Frau Sawizkaja im Kosmos Die erste Spaziergängerin Seite 397 im All Seite 363 Élisabeth Thible Die erste Passagierin Lisl Schwab einer Montgolfière Eine Kunstfliegerin Seite 403 aus den 1930-er Jahren Kathryn Thornton Seite 369 Berühmte Spaziergängerin im Weltall Blanche Stuart Scott Seite 407 Die erste Amerikanerin, die ein Flugzeug flog Sabine Trube Seite 373 Die deutsche Düsenjet-Kommandantin Melitta Schenk Seite 413 Gräfin von Stauffenberg Beate Uhse Deutsche Heldin Deutschlands mit Gewissensbissen erste StuntpilotinSeite Seite 377 Seite 417

Katherine Stinson und Nancy Bird Walton Marjorie Stinson Australiens erste Die fliegenden Schwestern und jüngste Verkehrspilotin Seite 383 Seite 427

7 Weitere Dee Brasseur 457 „Königinnen der Lüfte“ Tiny Broadwick 457 Laura Bromwell 459 Clara Adams 435 Janice Lee Brown 459 Lotfia Al-Nada 436 Alys McKey Andrea Amberge 437 („Tiny“) Bryant 460 Eudocie V. Anatra 438 Millicent Maude Bryant 461 Anoushe Ansari 438 Jekaterina Budanova 461 Vernice Armour 439 Ursula Bühler-Hedinger 462 Rosemary Arnold 439 Winnie Buller 464 Allana Arnot 440 Beverly Lynn Burns 464 Anne Bridge Baddour 441 Jean Burns 465 Lady Mary Bailey 442 Lucie Byczkowsky 466 Ellen Louise Shulman Elena Caragiani-Stoenescu Baker 443 466 Mary Utterback Barr 443 Ann Shaw Carter 466 Barbara Barrett 444 Marie Therese Rossi Ann G. Baumgartner 445 Cayton 467 Mary du Caurroy Touria Chauoi 467 Herzogin von Bedford 446 Willa Brown Chappell 468 Martha Behrbohm 447 Madeleine Charneaux 469 Edith Berg 447 Katherine Cheung 470 Susanne Bernard 448 Marcelle Choisnet 470 Fiorenza de Bernardi 448 Julia Clark 471 Lena Bernstein 449 Julie E. Clark 471 Susanna Ferrari Mary Louise Cleave 472 Billinghurst 451 Geraldine („Jerrie“) Cobb Rosella Bjornson 452 472 Lilian Bland 452 Catherine Grace Coleman Maude Rose („Lores“) 473 Bonney 453 Edith Maud Cook 473 Caro Bayley Bosca 454 Edna Mae Cooper 474 Elisabeth Boselli 455 Linda Corbould 474 Janet Harmon Bragg 456 Rhonda Cornum 474

8 Marvel Crosson 475 Ljuba Galanschikoff 492 Nancy Jan Sherlock Currie Lillian Gatlin 493 475 Margaret („Maggie“) Gee Lettice Curtis 476 494 Carmen Damedoz 476 Viola Gentry 494 Jan Davis 477 Agathe Gerdes 495 Sarah Deal 477 Betty Huyler Gillies 495 Lorna DeBlicquy 478 Linda Maxine Godwin 496 Nadeshda Degtereva 478 Therese Görgen 497 Prinzessin Sophie Pauline Gower 497 Alexandrowna Walentina Stepanowna Dolgorunaya 479 Grisodubowa 498 Mariya Dolina 479 Hertha von Gronau 499 Marie Louise Driancourt Doris Grove 499 481 Claudie Haigneré 500 Rosemarie Dröscher 482 Marylise Ben Haim 501 Bonnie Jeanne Dunbar 482 Mary („Mae“) Haizlip 503 Galina Iwanowna Marion Rice Hart 504 Dzhunkovskaya 482 Elisabeth Hartmann 505 Regula Eichenberger 483 Else Haugk 505 Frankman Hay Drummond-Hay, Erde 484 Grace Marguerite 506 Joanna Lillie Fay 485 Gloria Heath 507 Claire Fahy 486 Lady Mary Heath 508 Ilse Fastenrath 487 Käthe Heidrich 509 Rosina Ferrario 487 Susan J. Helms 510 Linda Finch 488 Sonja Hertig 510 Anna Lee Fisher 488 Jeanne Herveux 511 Edith Foltz 489 Joan Elizabeth Miller Claudia Jakolewna Higginbotham 512 Fomicheva 489 Helen Harris Hodge 512 Cornelia Clark Fort 490 Lotte Hogeweg 513 Wally Funk 490 Jeanne Holm 514 Anna Marie Scott Fuqua 492 Leda Richberg Hornsby 514

9 Jean Ross Howard-Phelan Evi Lausmann 530 514 Wendy Barrien Lawrence Millie Elizabeth Hughes- 531 Fulford 515 Deborah Jane Lawrie 531 Tadashi Hyodo 515 Hazel Ying Lee 532 Anne-Marie Imbrecq 515 Anna Leska 533 Marsha Sue Ivins 516 Janina Lewandowska 533 Gidsken Jakobsen 516 Anneliese Lieben 534 Marion S. Jayne 517 Elizabeth Lion 535 Anna Alexandrowna Lydia Litvyak 535 Jegorowa 517 Clara Livingston 538 Tamara Elizabeth Jernigan Doris E. Lockness 539 519 Ila Loetscher 540 Evelyn Brian Johnson 519 Vera Lomako 540 Nina Kamnewa 520 Nancy Harkness Love 541 Svetlana Kapanina 520 Nicole Lunemann 542 Rayna Kasabova 521 Nancy Lynn 543 Janet Lynn Kavandi 521 Marie-Luise Maar 543 Tamara Kazarinova 522 Mary von Mach 544 Peggy Kelman 523 Anésia Pinheiro Machado Gaby Kennard 523 544 Leslie F. Kenne 524 Angelika Machinek 545 Cecil („Teddy“) Kenyon 524 Elsie Mackay 546 Valeria Dmitrievna Sandra Hall Magnus 548 Khomyakova 524 Eva Mahlkuch 548 Kwon Ki-ok 525 Pelagia Majewska 549 Olga Klepikowa 526 Nicole Malachowski 550 Florence Klingensmith 527 Leyla Mammadbeyova 550 Brooke Knapp 527 Karin Mannesmann 551 Jelena Wladimirowna Rosemary Bryant Mariner Kondakowa 528 551 Hanna Kunath 528 Frances Harrell Marsalis Opal Kunz 529 552 Bozena Láglerová 530 Teresa de Marzo 552

10 Angela Masson 553 Karen Lujean Nyberg 574 Katarina Matanovic- Ellen Ochoa 574 Kulenovic 554 Jane Skiles O’Dea 575 Katherine Megan Gladys O’Donnell 576 McArthur 554 Elizabeth A. Okoreeh-Baah Lois McCallin 554 577 Helen McCloskey 555 Susan Oliver 577 Martha McSally 556 Phoebe Fairgrave Omlie Natalya Meklin 556 578 Pamela Ann („Pam“) Marion Alice Orr 579 Melroy 557 Lotte Orthband 580 Martha Mendel 558 JoEllen Drag Oslund 581 Marta Bohn Meyer 558 Polina Denissowna Bernetta Adams Miller 559 Ossipenko 581 Betty Miller 560 Gudrun-Maria Osterkamp Jessie Maude („Chubby“) 581 Miller 560 Jeanne Pallier 582 Robin Miller 563 Tamara Pamyatnykh 583 Violet Milstead 564 Neva Findley 583 Charlotte („Lotte“) Möhring Jacquelyn Susan („Jackie“) 564 Parker 584 Barbara Morgan 565 Park Kyung-won 584 Denise Moore 565 Julie Payette 585 Katrina Mumaw 566 Felicity Peake 586 Sully D. Murphy 567 Ivy May Pearce 587 Jennifer Murray 567 Dorothy Rice Peirce 588 Gabrielle Musy-Lüthi 568 Margaret Perry 589 Mary Myers 569 Elizabeth („Betty“) Pfister Erika Naumann 569 589 Judith Ann Neuffer 570 Gaétane Picard 590 Ruth Rowland Nichols 570 Jeannette Piccard 590 Marthe Niel 572 Ursula Pielsticker 591 Lisa Nowak 572 Jadwiga Pilsudska 592 Blanche Noyes 573 Martha Pix 593

11 Hélène de Plagino 593 Neta Snook 615 Rosalie Poitevin 594 Irena Sosnowska-Karpik Judith Resnik 595 616 Marthe Betenfeld Richer Winifred Spooner 616 596 Cheryl Stearns 617 Helen Richey 596 Lilly Steinschneider 618 Rosl Richter 597 Susan Leigh Still-Kilrain 619 Beatrix de Rijk 598 Cheridah de Beauvoir Margaret Ray Ringenberg Stocks 620 598 Antonie Straßmann 620 Elfriede Riotte 599 Marie Surcouf 621 Lynn Rippelmeyer 600 Lidija Swerewa 622 Else Roos 600 Louise Thaden 623 Jewgenija Rudneva 600 Irma Thomas 626 Louise Sacchi 601 Freda Thompson 627 Helena P. Samsonova 601 Bonnie Tiburzi 627 Eva Schmidt 602 Nancy Hopkins Tier 628 Feodora („Dolly“) Schmidt E. Lillian Todd 629 603 Mutz Trense 630 Henny Schmidt 604 Evelyn („Bobby“) Trout 630 Margret Schmidt 604 Ruthy Tu 632 Lola Schröter 605 Polly Vacher 633 Christl-Marie Schultes 605 Nezihe Viranyah 633 Sheila Scott 608 Gretel Völker 633 Margaret Rhea Seddon 609 Eileen Vollick 634 Florenz Seidell 609 Janice Elaine Voss 634 Prinzessin Eugenie Pat („Patty“) Wagner 635 Michailowna 636 Shakhovskaya 610 Diana Barnato Walker 636 Helen Patricia Sharman 611 Vera Dawn Walker 637 Evelyn Sharp 612 Margrit Waltz 638 Dolly Shepherd 612 639 Elinor Smith 613 Mary E. Weber 639 Joan Merriam Smith 614 Gisela Weinreich 640

12 Ann Welch 640 Fay Gillis Wells 641 Tony Werntgen 643 Marie-Luise Wessel 643 Inge Wetzel 643 Peggy Whitson 644 Edna Gardner Whyte 645 Turi Wideroe 646 Sunita Lyn („Suni“) Williams 646 Stephanie Wilson 647 Iris Wittig 648 Ann Wood-Kelly 649 Jessie E. Woods 650 Olga Yamshchikova 650 Jeana Yeaeger 652 Hanadi Zakaria al-Hindi 653 Liesel Zangemeister 653 Jekaterina Zelyenko 654 Berta Zeron 654

Daten und Fakten Seite 655

Literaturverzeichnis Seite 684

Bildquellen Seite 691

Der Autor Seite 693

13 14 Königinnen der Lüfte

Die Französin Jacqueline Auriol flog als erste Europäerin schneller als der Schall. Sie und die Amerikanerin Jacqueline Cochran erkämpften sich abwechselnd den Ruf, die „schnellste Frau der Welt“ zu sein. Die Deutsche Hanna Reitsch wurde erster weiblicher Flugkapitän, flog als erste Frau einen Hub- schrauber und stellte mehr als 40 Rekorde aller Klassen und Flugzeugtypen auf. Ihre Landsmännin Elly Beinhorn führte ein legendenumwobenes Leben und prägte die sportlichen Anfän-ge der Fliegerei. Die Russin Valentina Tereschkowa war die erste Frau im Weltall. Diesen und anderen „Königinnen der Lüfte von A bis Z“ aus aller Welt ist das gleichnamige Taschenbuch gewidmet. Es berichtet nicht nur von strahlenden Erfolgen, sondern auch von schmerzlichen Ereignissen. Bei Abstürzen verloren viele Pilotinnen – wie Maryse Bastié, , Christa McAuliffe, Phoebe Omlie und Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg – sowie die Ballonfahrerin Madeleine Sophie Blanchard – ihr Leben. Ergänzt wird das Taschenbuch durch eine ausführliche Liste mit Daten weiterer berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Flugzeugpassagierinnen, Fallschirmspringerinnen, Astronau- tinnen und Kosmonautinnen. Wie ein „roter Faden“ zieht sich durch das Taschenbuch, wie schwer es früher Frauen von Männern gemacht wurde, das Fliegen zu lernen und in der Luftfahrt Fuß zu fassen. Bis in jüngste Zeit hatten Pilotinnen weltweit unter Vorurteilen zu leiden.

Ernst Probst

15 16 Dank

Für Auskünfte, kritische Durchsicht von Texten (Anmerkung: Etwaige Fehler gehen zu Lasten des Verfassers), mancherlei Anregung, Diskussion und andere Arten der Hilfe danke ich herzlich:

Eric G. Ackermann, Special Collections, University Libraries, Virginia Tech, Blacksburg, USA

Otto Bauer jun., Oberstudienrat, Schongau

Otto Bauer sen., Orgelbaumeister, Schongau

Vladislav A. Arhipov, Ufa, Russland

Vernice Armour, Pilotin, USA

Jacqueline Auriol †, Pilotin, Frankreich

Jürgen Becker, Spacefacts.de, www.spacefacts.de, Mainz-Laubenheim

Elly Beinhorn †, Pilotin, Deutschland

Fiorenza de Bernardi, Pilotin, Italien

Werner Bittner, Deutsche Lufthansa AG, Public Relations Dienste, Firmenarchiv, Köln

Regula Eichenberger, Pilotin, Schweiz

17 Josef Eimannsberger, Flugzeughistoriker, München, Bayerische Flugzeug-Historiker. e.V., Oberschleißheim

Knut Hentzschel, Mitglied des Vorstandes Förderverein Bücker-Museum Rangsdorf e.V.

Henry M. Holden, Pilot und Autor, USA

Bette Davidson Kalash, Jesse Davidson Aviation Archives, USA

Dr. David Lam, Luftfahrthistoriker, Everberg, Belgien

Günter Lang, Diplom-Kaufmann, München, Nachlassverwalter der Fliegerin Thea Knorr

Theo Lederer, Luftfahrthistoriker, Bad Heilbrunn

Luftfahrt-Bundesamt, Braunschweig

Darryl Lund, Wellington, Neuseeland

Horst Lutter, Autor

Ian Mackersey, Autor, Auckland, Neuseeland

Alois Maiburg, Architekt, Wesseling

Waltraud Moog, Troisdorf Präsidentin von Ninety Nines, Deutsche Sektion

18 Norman G. Richards, Archives Reference Team, Smithsonian National Air and Space Museum, Washington

Professor Dr. med. Bernd Rosemeyer, München

Susanne Schödel, 1. Vorsitzende Dr.-Angelika-Machinek-Förderverein e.V., Kirchheim

Dr. Horst-Walter Schwager, 1. Vorsitzender Luftsportclub Bad Homburg, Usingen

Karl-Dieter Seifert, Berlin

Stadt Ingolstadt

Cris Takacs, Collections Manager, International Women’s Air and Space Museum, Cleveland (Ohio), USA

Sabine Trube, Flugkapitän, Neuss

Beate Uhse †, Beate Uhse Deutschland AG, Flensburg

19 20 Aida de Acosta

Erster Alleinflug mit einem lenkbaren Luftschiff

ie erste Frau, die einen Alleinflug mit einem lenkbaren DLuftschiff wagte, war die Amerikanerin Aida de Acosta (1884–1962), die nach zwei Ehen Aida de Acosta Root Breckinridge hieß. Sie erkrankte später an Grauem Star, wurde auf einen Auge blind und ermöglichte als großzügige Spenderin die Gründung der ersten Augenklinik und der ersten Augenbank in den USA. Aida de Acosta kam am 28. Juli 1884 in Elberon im US- Bundesstaat New York zur Welt. Ihr Vater Ricardo de Acosta stammte aus Kuba und war Geschäftsführer einer Dampf- schiffgesellschaft. Ihre Mutter Micaela Hernandez de Alba y de Alba soll eine Nachfahrin der berühmten Herzogsfamilie Alba in Spanien gewesen sein. Geschwister von Aida waren die späteren Autorinnen Mercedes de Acosta (1893–1968) und Rita de Acosta Lydig (1875–1929). Im Alter von 18 Jahren reiste Aida de Acosta mit ihrer Mutter nach Paris. In der französischen Hauptstadt lernte sie den brasilianischen Luftfahrtpionier Alberto Santos-Dumont (1873–1932) kennen, der ihr sein Luftschiff zeigte. Santos- Dumont war damals eine Attraktion in Paris. Er flog oft mit seinem Luftschiff in die Innenstadt zu seinem Lieblings-

21 Restaurant und parkte sein Luftschiff auf der Straße, während er sein Abendessen einnahm. Aida war von Santos-Dumont begeistert und wagte am 9. Juli 1903 einen Alleinflug mit dessen Luftschiff. Sie segelte oben durch die Lüfte, er fuhr unten mit dem Fahrrad und dirigierte sie mit seinen Armen und Zurufen. Der erste Flug von Aida de Acosta endete auf einem Polo- Spielfeld am nördlichen Ende des Parks Bois de Boulogne während eines Spiels zwischen einer amerikanischen und einer britischen Mannschaft. Zuschauer des Polo-Spiels helfen Aida aus dem Korb des Luftschiffes. Nach einigen Polo-Spielen von Alberto stieg die junge Frau wieder in den Korb des Luftschiffes und flog zurück nach Neuilly St. James, wo die anderhalb Stunden lange Luftreise endete. Aida de Acosta erzählte später, Alberto Santos-Dumont habe sie nach ihrer ersten Landung gefragt, wie es ihr während des Fluges ergangen sei. Sie antwortete, es sei sehr schön gewesen. Daraufhin erklärte ihr der brasilianische Luftfahrtpionier, sie sei die erste Frau, die alleine in einem lenkbaren Luftschiff geflogen sei. Und diese Feststellung war vollkommen richtig: Denn die Brüder Orville Wright (1871–1948) und Wilbur Wright (1867–1912) unternahmen 1903 erst einige Monate später den ersten gesteuerten Motorflug mit einem Doppel- decker. Als die Eltern vom aufsehenerregenden Flug ihrer Tochter Aida erfuhren, waren sie entsetzt. Sie befürchteten, dass kein Mann eine Frau, die so etwas getan habe, sie noch heiraten würde. Aus diesem Grund bewahrte die Familie Stillschweigen über die ungewöhnliche Flugreise in Frankreich. Aida de Acosta und Alberto Santos-Dumont haben sich aus den Augen verloren. Es heißt aber, Santos-Dumont habe auf seinem Schreibtisch ein Bild von Aida aufbewahrt. Aus diesem Grund spekulierten Biographen des Flugpioniers Santos- Dumont, nach dem die brasilianische Stadt Santos Dumont benannt ist, eine romantische Beziehung zwischen beiden. Aida

22 soll aber nach seinem Tod gesagt haben, dass sie diesen Mann kaum gekannt habe. So etwas sagen aber Frauen nicht selten ... Alberto Santos Dumont wird im Online-Lexikon „Wikipedia“ als brasilianischer Luftschiffer, Motorflugpionier und Erfinder, der den Beginn der motorisierten Luftfahrt vor allem in seinem Schaffensland Frankreich mit prägte, gewürdigt. Nach meh- reren Fahrten mit verschiedenen selbstgebauten Luftschiffen führte er 1906 auch den ersten öffentlichen Motorflug der Welt mit einem Flugzeug durch. Oft wird er als „Vater der Luftfahrt“ bezeichnet. Ihm zu Ehren hat man den lokalen Flughafen von Rio de Janeiro als „Aeroporto Santos Dumont“ bezeichnet. 1908 heiratete Aida de Acosta den Neffen Oren Root des amerikanischen Staatsmannes (1845–1937), der 1912 den Friedensnobelpreis erhielt. Aus dieser Ehe gingen der Sohn Oren Root jr. (1911–1995) und die Tochter Alva de Acosta Root (geb. 1914) hervor. 1922 war für Aida de Acosta kein gutes Jahr. Damals endete ihre erste Ehe und erkrankte eines ihrer Augen an Grauem Star (Glaukom). Ihr Augenarzt war kein Geringerer als William Holland Wilmer (1863–1936), den das „Time-Magazine“ für den größten Augenchirurgen, den die USA jemals hatten, bezeichnete. Aida verlor auf einem Auge ihr Sehvermögen, aber der berühmte Augenarzt konnte zumindest das andere Auge retten. Auf Anregung von Dr. Wilmer spendete Aida de Acosta 1925 drei Millionen Dollar für die Errichtung des „Wilmer Eye Instituts“ im „John Hopkins Hospital“ in Baltimore (Mary- land), der ersten Augenklinik in den USA. 1945 gründete sie die erste Augenbank der USA und wurde deren Direktorin. 1947 schloss Aida de Acosta ihre zweite Ehe mit Oberst Henry S. Breckinridge. Ihr Ehemann arbeitete als Anwalt und vertrat zum Beispiel den amerikanischen Luftpionier Charles A.

23 Lindbergh (1902–1974) während der Entführung von dessen Baby. Erst in den 1930-er Jahren erzählte Aida de Acosta Root Breckinridge ihrem zweiten Ehemann und einem jungen Marine-Offizier namens Lieutenant George Calnan von ihrem Flugabenteuer in Frankreich. Ihre zweite Ehe wurde 1947 geschieden. Am 26. Mai 1962 ist Aida de Acosta Root Breckinridge in Bedford im Bundesstaat New York im Alter von 77 Jahren gestorben. Ihren Namen findet man heute in den Annalen der Luftfahrt und der Augenmedizin.

24 Elsa Andersson

Die erste Pilotin Schwedens

ie erste Pilotin und die erste Fallschirmspringerin Schwe- Ddens war Elsa Andersson (1897–1922). Im Volksmund hat man diese aus Schonen (Skana) stammende Fliegerin und Fallschirmspringerin als „Die verwegene Schonin“ (schwe- disch: „Den käcka Skanskan“) bezeichnet. Sie kam in jungen Jahren bei einem Auftritt als Fallschirmspringerin in ihrem Heimatland auf tragische Weise ums Leben. Elsa Andersson wurde 1897 als ältestes von sechs Kindern auf dem Bauernhof Petersgard bei Vegeholm auf Schonen geboren. Ihre Familie zog später in das nicht weit davon entfernte Dorf Strövelstorp unweit von Ängelholm auf Schonen. Strövelstorp wird in der Literatur oft irrtümlich als ihr Geburtsort bezeichnet. Der Bauernhof Petersgard bei Vegeholm, in dem Elsa tatsächlich zur Welt kam, hieß später Sandakra und wurde 1926 abgerissen. Elsa war die Tochter des Bauern Edvard Andersson und dessen Ehefrau Alma Svensson. Ihr Vater betätigte sich auch als Schöffe, Treuhänder, Auktionator und Jäger. Ihre Mutter starb früh bei der Geburt von Elsas jüngerer Schwester Stina. Dieser Schicksalsschlag traf die kleine Elsa 1903 im Alter von sechs Jahren. Stina war als Erwachsene eine beliebte Kranken-

25 schwester. Ihr Bruder Sture wanderte als Erwachsener in die USA aus. Im Kindesalter konnte Elsa gut zeichnen und malen. Außer- dem liebte sie die Musik. 1913 erlebte sie als Teenager eine Luftschau des schwedischen Flugpioniers und Flugzeugkon- strukteurs Enoch Thulin (1881–1919), wobei ihr Interesse für die Fliegerei erwachte. Ein anderes Mal sah sie eine Luftschau in Ljungbyhed. Die bei diesen Veranstaltungen fliegenden Maschinen waren kleine und klapprige Konstruktionen aus Holz, Leinwand und Klavierdraht und hatten nur eine Motor- leistung von 20 bis 25 PS. Ab 3. Juli 1919 besuchte Elsa Andersson die seit 1915 bestehende Flugschule von Enoch Thulin in Ljungbyhed. Thulin hatte vor dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) mehrere vielbeachtete Langstreckenflüge – zum Beispiel von Paris nach Landskrona – unternommen. In Landskrona gründete er eine Flugzeugfabrik, in der verschiedene Flugzeugtypen konstruiert wurden, und plante die Herstellung von Autos und Motor- rädern. Doch er konnte seine Pläne nicht mehr verwirklichen, weil er am 14. Mai 1919 bei einem Flugzeugabsturz in Lands- krona im Alter von nur 38 Jahren ums Leben kam. Eine Pilotenausbildung war damals ein teures Vergnügen, das sich fast nur Flugschüler aus reichen Familien leisten konnten. Jeder Flugschüler musste insgesamt 4.000 schwedische Kronen aufbringen, wovon eine Hälfte auf den Studienbeitrag entfiel und die andere Hälfte für eine eventuelle Instandsetzung des Flugzeugs hinterlegt werden musste. Diese Kosten hat angeblich der Vater von Elsa Andersson übernommen. Am 30. Mai 1920 erhielt Elsa Andersson ihren Pilotenschein ( Lizenz Nr. 203). Damit war sie die erste schwedische Pilotin und mit der Nummer 101 die letzte Frau, die Thulins Flugschule besuchte. Ruth Bergman, die vor Elsa bei Thulin in die Lehre gegangen war, hatte ihre Ausbildung nicht abgeschlossen.

26 Im August 1920 erschien in der Publikation „Flying“ ein Pressebericht, in dem Elsa Andersson über ihre Ausbildung zur Pilotin erzählte. Ein weiterer Pressebericht im Sommer 1920 schilderte einen Flug von Elsa mit einem Journalisten als Passagier von Ljungbyhed nach Göteburg. Ihr Passagier fühlte sich dabei krank, litt unter dem Motorenlärm und wunderte sich darüber, dass die Pilotin offenbar keine Nerven hatte. 1920 entstand auch eine Zeichnung mit dem Porträt von Elsa Andersson, die ihre Freundin, die in Vegeholm aufgewachsene Malerin und Modeschöpferin Astrid Dahl, angefertigt hat. Nach dem Erhalt des Pilotenscheins wollte sich die unab- hängige, mutige und unkonventionelle Elsa Andersson in Schweden zur Fallschirmspringerin ausbilden lassen. Doch dazu kam es nicht, weil sich der einzige auf diesem Gebiet tätige schwedische Experte, der Fallschirmspringer Raoul Thörnblad (1891–1956), weigerte, eine Frau zu unterrichten. Elsa ließ sich dadurch nicht entmutigen, reiste nach Deutsch- land, besuchte dort die Fallschirmspringerschule des Luft- schiffbau-Ingenieurs Otto Heinecke in Berlin und erhielt theo- retischen Unterricht. Ihre praktische Ausbildung erhielt sie von der holländischen Fallschirmspringerin Lisa Bamberg. Am 28. September 1921 nahm Elsa glücklich ihr Zertifikat über die im Elsass zugelassene Fallschirm-Ausbildung entgegen. Elsa Anderssons erster Fallschirmsprung in Schweden erfolgte bereits am Sonntag, 2. Oktober 1921, bei einem Flugtag auf dem Truppenübungsplatz Boden Nasby in Kristianstad. Bei herrlichem Herbstwetter sprang sie vor Tausenden von Zuschauern/innen aus rund 700 Meter Höhe ab und landete feucht, aber völlig unversehrt am Meeresstrand. Damit war sie auch die erste schwedische Fallschirmspringerin. Eine Woche später wagte Elsa Andersson am Sonntag, 9. Oktober 1921, einen zweiten Absprung bei einem Flugtag in Helsingborg, bei dem sie sich einen Fuß verstauchte. Vorher

27 hatten sich ein deutscher und ein schwedischer Pilot geringschätzig über ihren Fallschirm geäußert, den sie abfällig – nach seinem Erfinder Otto Heinecke – als „Heinecke- Tasche“ bezeichneten. Der Deutsche wollte diesen Fallschirm nicht für eine Millon benutzen, der Schwede nur in Todes- gefahr. Vor mehr als 4.000 Zuschauern unternahm Elsa Andersson am Sonntag, 22. Januar 1922, bei einem von der Örebro- Fluggesellschaft organisierten Flugtag über dem zugefrorenen Alsen-See bei Askersund ihren dritten Fallschirmsprung. Sie sprang aus einer Höhe von etwa 700 Metern aus dem von dem Piloten Carl Albin Lundberg gesteuerten Flugzeug ab, wobei sich unglücklicherweise die Leinen des Fallschirms verhedderten. Kurz über Baumwipfeln in etwa 50 Meter Höhe konnte Elsa zwar noch den Fallschirm öffnen, aber dies war zu spät und sie schlug nahezu ungebremst im bergigen Gelände neben dem See auf und war sofort tot. Einige Tage später wurde Elsa Andersson am Montag, 30. Januar 1922, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Kirchenfriedhof von Strövelstorp beigesetzt. An der Beisetzung nahmen Tausende von Menschen teil. Die Fahnen standen auf Halbmast und die Straße vor ihrem Geburtshaus bei Vegeholm und vor der Kirche in Strövelstorp war mit Tannenzweigen geschmückt. Königin Victoria (1862–1930) von Schweden schickte dem Vater von Elsa Andersson ein Telegramm und drückte ihm darin ihr tiefes Bedauern über den Tod seiner Tochter aus. Dieses Telegramm blieb bis heute erhalten. Auf dem Friedhof in Strövelstorp wird das Grab von Elsa häufig besucht und oft mit frischen Blumen ge- schmückt. Elsa Andersson ist in Strövelstorp unvergessen. Alte Briefe, Fotos, vergilbte Zeitungsausschnitte, der Ausbildungsvertrag an der Flugschule von Enoch Thulin und ein kleines Notizbuch von ihr werden wie Reliquien sorgfältig aufbewahrt. In das

28 Notizbuch hatte sie mit schöner Handschrift 49 Rätsel und Antworten eingetragen. Der Platz für das 50. Rätsel blieb leer. Vier Jahre nach dem tödlichen Fallschirmsprung von 1922 errichtete der königliche schwedische Aero-Club 1926 am Sterbeort von Elsa Anderssson einen drei Meter hohen Gedenkstein in Form eines Obelisken. 1996 veröffentlichte der schwedische Autor Jacques Werup den Roman „Den ofullbordade himlen“ („Der unvollendete Himmel“, in dem er das Leben von Elsa Andersson schilderte. Basierend auf diesem Roman entstand 2001 der 154 Minuten lange Film „Sa vit som en snö“ („So weiß wie der Schnee“), in dem die schwedische Schauspielerin Amanda Ooms (geboren 1964) die Rolle der schwedischen Luftfahrtpionierin spielte. Am 16. Februar 2001 feierte dieser Film in Schweden seine Premiere. Die Handlung dieses Films, der 2001 bei den „Nordischen Filmtagen Lübeck“ gezeigt wurde: Elsa Andersson wächst zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf einem schwedischen Bauernhof auf. Sie ist ein einfühlsames und rebellisches Kind, das nie verwinden kann, dass die Mutter bei der Geburt der jüngeren Schwester Stina gestorben ist und der Vater bald darauf die Haushälterin Frida Bengtsson geheiratet hat. Mit 22 Jahren wird Elsa als erste Frau an der Fliegerschule in Ljungbyhed aufgenommen. Viele Männer verehren sie, aber der, den sie liebt, kommt bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Sie folgt einem deutschen Fallschirmfabrikanten nach Berlin und lässt sich von der Holländerin Lise Bamberg im Fallschirmspringen ausbilden. Zurück in Schweden fordert sie als Fallschirmspringerin bei Schausprüngen das Schicksal heraus. Regie bei dem Film „So weiß wie der Schnee“ führte der schwedische Regisseur Jan Troell. Er kam 1931 in Linhamn bei Malmö im südschwedischen Schonen zur Welt. In dieser Landschaft, aus der – wie erwähnt – auch Elsa Andersson

29 stammt, spielen viele seiner Filme. Dort arbeitete er zunächst neun Jahre lang als Lehrer und drehte gleichzeitig seine Kurz- und Dokumentarfilme. 2002 wurde „So weiß wie der Schnee“ von den schwedischen Filmkritikern mit dem „Guldbagge“ als bester schwedischer Film des Jahres ausgezeichnet. Im „Ängelholm Flygmuseum“ in Ängelholm erinnert eine Gedenkausstellung an das Leben der ersten schwedischen Pilotin und Fallschirmspringerin Elsa Andersson.

30 Jaqueline Auriol

Sie durchbrach als erste Europäerin die Schallmauer

ie erste Europäerin, die schneller als der Schall flog, war Ddie französische Pilotin Jacqueline Auriol (1917–2000), geborene Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet. Sie stellte einige Weltrekorde auf, war mehrfach – abwechselnd mit Jacqueline Cochran – „die schnellste Frau der Welt“ und galt international als eine der besten Pilotinnen. Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet wurde am 5. November 1917 in Challans Vendée als Tochter des Holz- händlers Pierre Douet geboren. Sie besuchte die katholische Klosterschule „Blanche-de-Castille“ in Nantes sowie das „Col- lege Lycée Prives Notre-Dame-de-Sion“ und die Hochschule „École du Louvre“ in Paris. Im Februar 1938 heiratete die 20- Jährige den nahezu gleichaltrigen Paul Auriol (1918–1992), den Sohn des späteren Präsidenten der französischen Republik. Aus dieser Ehe gingen 1938 der Sohn Jean-Claude und 1941 der Sohn Jean-Paul hervor. 1947 begegnete die 29-Jährige bei einem Dinner im Prä- sidentenpalais dem französischen Flieger Raymond Guillaume. Er schwärmte: „Beim Fliegen bleibt alles am Boden zurück. Es gibt nur zwei Dinge dort oben: Leben und Tod“. Seine

31 Worte fielen bei der zweifachen Mutter auf fruchtbaren Boden. Denn die High Society und Repräsentationspflichten an der Seite ihres Mannes, der als Sekretär seines Vater arbeitete, füllten sie nicht aus. Die Kinder sind bereits dem Babyalter entwachsen gewesen. Ihr Gatte, der früher selbst Kampfflieger gewesen war, zeigte sich von der Idee Jacquelines begeistert, der Schwiegervater dagegen weniger. Als sich zeigte, dass Jacqueline eine große Begabung für die Fliegerei besaß, ließ sie sich auch im Kunstflug ausbilden. Zwischen 1948 und 1954 erwarb sie sechs ver- schiedene Pilotenscheine für sämtliche Flugzeugtypen, auch für Segelflugzeuge. Aufgrund ihres fliegerischen Könnens konnte sie bald als Einfliegerin und Testpilotin arbeiten. Im Juli 1949 startete Jacqueline Auriol in Paris als einzige Frau unter 20 männlichen Kunstfliegern. Nach diesem Auftritt als tollkühne Luftakrobatin verlieh man ihr den Spitznamen „La Lionne“ („die Löwin“). Eine Woche später stürzte Jacqueline am 11. Juli 1949 als Kopilotin in einem Wasserflugzeug in die Seine. Sie überlebte das Unglück, erlitt aber schwere Ge- sichtsverletzungen. Danach musste sie eine Stahlmaske tragen, monatelang flüssig ernährt werden und fast anderthalb Jahre in Kliniken verbringen. Selbst ihre eigenen Kinder erkannten sie nicht mehr. Um sich von den Unfallfolgen abzulenken, studierte die ans Bett gefesselte und entstellte Jacqueline Auriol eifrig Aero- nautik, Algebra und Trigonometrie. In den USA gelang es Schönheitschirurgen, innerhalb von zwei Jahren mit 22 Eingriffen das ehedem liebreizende und photogene Gesicht wiederherzustellen. Später erzählte Jacqueline, sie sei sich zwölf Jahre lang beim Blick in den Spiegel fremd vorgekommen. Gleich nach ihrer letzten Operation in den USA absolvierte Jacqueline Auriol ihr Diplom als Hubschrauberpilotin. Nach ihrer Gesundung wollte sie den von der amerikanischen Fliegerin Jacqueline Cochran (1906–1963), einer Freundin von

32 ihr, gehaltenen Geschwindigkeitsrekord für Frauen brechen. Dieses Vorhaben gelang ihr am 11. Mai 1951 auf dem Flugplatz Villacoublay bei Paris mit einem britischen „Vampire“- Düsenjäger: Mit 818,181 Stundenkilometern wurde sie die „schnellste Frau der Welt“. Im September 1952 erhielt Jacqueline in Frankreich das „Kreuz der Ehrenlegion“. Der amerikanische Präsident Harry Spencer Truman (1884– 1972) verlieh Jacqueline Auriol im November 1952 im „Weißen Haus“ in Washington die „Internationale Harmon Trophy“ für hervorragende fliegerische Leistungen. Diese „Harmon Trophy“ wird seit 1926 alljährlich international in drei Kategorien vergeben: 1. an einen herausragenden Flieger, 2. an eine herausragende Fliegerin und 3. an Aeronauten (Ballonfahrer oder Luftschiffer). Die vierte Kategorie ist die „National Trophy“ in jedem der Mitgliedsstaaten. Der Name der „Harmon Trophy“ erinnert an den amerikanischen Ballonfahrer und Piloten Clifford B. Harmon (1866–1945), den wohlhabenden Sponsor dieser Auszeichnung. Die „Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“ erhielt Jacqueline auch 1951, 1953, 1955 und 1956. Am 21. Dezember 1952 glückte Jacqueline Auriol ein neuer Weltrekord für Frauen: Mit einer „Mistral 76“ erreichte sie zwischen Avignon und Istres über 100 Kilometer Flugstrecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 856 Stunden- kilometern. Damals trugen Jacqueline Auriol und Jacqueline Cochran abwechselnd den Ehrentitel „schnellste Frau der Welt“. Als erste Europäerin durchbrach Jacqueline Auriol am 15. August 1953 mit einem Düsenjäger des Tpys „Mystère-IV-N“ die Schallmauer (Mach 1): Sie erreichte 1.195 Stunden- kilometer. Ein neuer Geschwindigkeits-Weltrekord für Frauen folgte am 31. Mai 1955: Nun überbot Jacqueline Auriol mit einem Düsenjäger vom Typ „Mystère IV“ mit 1.200 Stunden- kilometern den Rekord von Jacqueline Cochran.

33 Mitte der 1950-er Jahre besaß der Titel „Schnellste Frau der Welt“ nur noch repräsentative Bedeutung. Denn vom 1. Juli 1955 bis Anfang 1956 hatte der „Internationale Luftsport- verband“ den Geschwindigkeits-Weltrekordtitel für Frauen abgeschafft. Am 26. August 1959 übertraf Jacqueline Auriol ihre eigene Bestleistung vom Mai 1955 deutlich: Sie schaffte mit einem Düsenjäger vom Typ „Mirage III“ eine Rekordgeschwindigkeit von 2.150 Stundenkilometern. Der Flug fand über dem Flughafen Istres statt. Drei Jahre später, am 22. Juni 1962, brach Jacqueline mit einem neuen französischen Düsenjäger, dem „Mistral III“, mit 1.849 Stundenkilometern erneut den internationalen Schnelligkeitsrekord für Frauen über eine Strecke von 100 Kilometern. Mit einer „Mirage III-R“, glückte Jacqueline Auriol am 14. Juni 1963 in Istres ein neuer Rekord. Dabei erreichte sie 2.038,7 Stundenkilometer. 1964 gelang ihr ein weiterer Rekord. Nach ihrem folgenschweren Absturz vom Juli 1949 absolvierte Jacqueline Auriol unfallfrei noch mehr als 4.000 Flugstunden. Insgesamt flog sie als Testpilotin rund 100 verschiedene Militärflugzeuge. Sie rauchte und lachte gerne und war auf ihren ältesten Sohn stolz, der bereits im Alter von 17 Jahren seinen Pilotenschein erworben hat. 1967 endete die 1938 geschlossene Ehe von Jacqueline Auriol und Paul Auriol mit der Scheidung. Doch 1987 entschlossen sich beide zur Wiederheirat.Am 26. April 1992 betrauerte Jacqueline den Tod ihres Ehemannes Paul. Jacqueline Auriol starb am Abend des 11. Februar 2000 im Alter von 82 Jahren in ihrer Pariser Wohnung. 2003 wurde sie von der „ International“ („WAI“) anlässlich des Jubiläums „Centennial of Flight Woman in Aviation“ als eine der 100 wichtigsten Frauen in der Luft- und Raum- fahrtindustrie geehrt.

34 Liesel Bach

Deutschlands erfolgreichste Kunstfliegerin

ie erfolgreichste deutsche Kunstfliegerin zwischen 1930 Dund 1970 dürfte Liesel Bach (1905–1992) gewesen sein. Zu ihren herausragendsten fliegerischen Leistungen gehört der erste Flug einer Frau über den Himalaja im Jahre 1951. Elisabeth Bach kam am 14. Juni 1905 in Bonn am Rhein als Tochter eines Fabrikanten zur Welt. Statt Elisabeth wurde sie immer Liesel genannt. Sie war – laut ihren eigenen Erinne- rungen – ein wildes und ungestümes Kind. Wenn Nachbars- kinder nach ihr fragten, antwortete ihre Mutter oft, Liesel sei unten im Hof oder auf einem Baum. Einmal löste Liesel im Auto ihres Vaters die Handbremse und das Fahrzeug kam erst an einem Baum zum Stehen. Ein anderes Mal kletterte sie auf den Bock des Bierwagens, den der Kutscher vor dem Haus ihrer Eltern abgestellt hatte, und lenkte den Wagen durch die Straßen, wobei die Pferde immer schneller wurden. Zum Glück konnte ein mutiger Passant, der unter Lebensgefahr den Pferden in die Zügel griff, die rasante Fahrt stoppen. Liesel Bach war erst elf Jahre alt, als ihre Mutter viel zu früh starb. Ihr Vater heiratete danach wieder. Ihren aus der zweiten

35 Ehe hervorgegangenen Halbbruder Guido liebte Liesel sehr. Der Vater schickte Liesel in ein Pensionat, damit sie endlich ein gesittetes Leben beginnen sollte. Dort war das intelligente und sportliche Mädchen trotz zahlreicher Streiche eine gute Schülerin. Beim Abschied von Liesel aus dem Pensionat sagte dessen Direktor, nun werde es in seinem Haus ja wieder ruhig werden. Nach der Rückkehr ins Elternhaus war Liesel sportlich sehr aktiv. Sie schwamm gerne, sprang vom Zehnmeter-Turm, wurde Mitglied in der „Deutschen Turnerschaft“ und gewann als Jugendschwimmerin im 5-Kilometer-Stromschwimmen ihren ersten Lorbeerkranz. Auf Wunsch ihres Vaters machte Liesel in einem Mode-Atelier für Damen eine dreijährige Lehre und schloss diese mit einem Gesellenbrief ab. Danach arbeitete sie zwei Jahre lang als Schneiderin, kündigte dann unerwartet und trat in ein Tur- nerinnenseminar ein. Sie bestand das Examen als Turn- und Sportlehrerin und nahm als vielseitige Sportlerin an Wett- kämpfen verschiedener Sportarten teil. Bei den Schwimm- Meisterschaften der „Deutschen Turnerschaft“ wurde sie Siegerin im Turmspringen, dies war ihre erste „Deutsche Meisterschaft“, der weitere folgten. Nachdem sie erstmals mit einem Bekannten, der sich ein Flugzeug gekauft hatte, in Bonn-Hangelar mitfliegen durfte, interessierte sich Liesel Bach auch für die Fliegerei und wollte Pilotin werden. Von diesem Wunsch ließ sie auch nicht ab, als die Maschine, in der sie zum ersten Mal geflogen war, zwei Tage später bei einem Flugtag abstürzte und dabei der Pilot sowie mehrere Besucher starben. Spontan wurde Liesel Bach das einzige weibliche Mitglied im Ortsverein des „Deutschen Leichtathlektik-Verbandes“ („DLV“) und in der dortigen Segelfliegergruppe. Fortan war sie oft auf dem Flughafen Bonn-Hangelar zu Gast. Als sie dort eines Tages in einem Raum mit Sportgeräten am Barren

36 turnte, bemerkte sie, dass der Fluglehrer der Kölner Flieger- schule, Jakob Möltgen (1888–1975), mit einem Schüler auf dem Rollfeld landete. Sie rannte in kurzen Turnhosen zur Maschine und fragte Möltgen atemlos, ob er sie in Köln schulen könnte. Er sah sie an, nickte dann und kümmerte sich nicht mehr weiter um sie. Bald danach fuhr Liesel Bach zum Kölner Flughafen, wo sich Möltgen an sie erinnerte, mit ihr einen kurzen Probeflug unternahm und ihr einen Freiflugschein der Lufthansa zum großen Rhön-Segelflugwettbewerb auf der Wasserkuppe schenkte. Möltgen hatte mit sicherem Blick das sportliche Talent von Liesel erkannt. Kurze Zeit nach dem Wettbewerb in der Rhön erhielt Liesel Bach von Willy Kanstein, dem Leiter der Kölner Polizei- flugwache, einen der wohl wichtigsten Briefe ihres Lebens. Darin stand, dass sie beim „Kölner Klub für Luftfahrt“ für insgesamt 500 Reichsmark geschult werden könne. 200 Reichsmark müsse sie sofort anzahlen, weil dies die Prämie für die Versicherung sei. Wenn sie sich gut anstelle, sei der Club bereit, ihr die restlichen 300 Reichsmark zu erlassen, müsse sich dann aber verpflichten, bei Veranstaltungen des Clubs zu fliegen. Am 10. September 1929 begann die zierliche Liesel Bach, die den Spitznamen „Bachstelze“ trug, in Köln mit dem Flug- unterricht. Nach 14 Stunden flog sie erstmals allein. Am 26. November 1929 schloss sie mit einem Überlandflug von Köln über Frankfurt am Main nach Bonn und zurück nach Köln die Prüfung für den A2-Schein ab. Ein Bonner Pilot hatte geunkt, wenn eine Frau nach Frankfurt finde, wolle er Michel heißen. Obwohl das Wetter hundsmiserabel war und sie sich anfangs „verfranzte“, fand Liesel schließlich doch den richtigen Weg am Rhein entlang und landete sicher in Frankfurt am Main. In Köln wartete ihr Fluglehrer Möltgen wie auf Kohlen auf seine Schülerin und war sehr erleichtert, als Liesel

37 mit ihrer „Klemm“ in Köln eintraf. Sie war nun die erste Kölner Pilotin. Im April 1930 erwarb Liesel Bach auch den Kunstflugschein. Zuvor hatte sie unter der Anleitung von Möltgen gelernt, Steilkurven, den „Turn“ (eine hochgezogene Kehrtkurve), den „“ links und rechts sowie einen Looping zu fliegen. Der Kunstflug war nun eine Leidenschaft, die sie nicht mehr losließ. Mit einem vom Klub ausgeliehenen Flugzeug des Typs „Klemm L 26a“ (D-1798) meldete sich Liesel Bach für die „Deutsche Kunstflugmeisterschaft für Damen“ am 29. Mai 1930 in Bonn-Hangelar an. Obwohl sie erst drei Wochen einen Kunstflugschein besaß und somit ein Neuling war, gewann sie bei einem Wettbewerb gegen ihre acht teilweise merklich erfahreneren Konkurrentinnen. Als Siegespreis erhielt sie ein funkelnagelneues Auto der Marke Opel, das sie mit nach Hause nehmen durfte. Ihren Titel konnte sie in den folgenden Jahren mehrfach erfolgreich verteidigen. Bei ihren ersten Wettbewerben flog sich noch mit einer ausgeliehenen Ma- schine, bald aber mit einer eigenen „Klemm L 26a“, die ihren Namen trug. Im Juni 1931 gewann Liesel Bach in Mailand die Europa- meisterschaft im Damenkunstflug. Am 10. August 1931 wurde sie – laut „Munzinger-Archiv“ – die erste Frau in Deutschland, welche die Genehmigung zur Fliegerausbildung erhielt. Einige Wochen später hatte sie erneut Grund zur Freude, als sie am 6. September 1931 auf dem Flugplatz Berlin-Tempelhof zum zweiten Mal die „Deutsche Kunstflugmeisterschaft für Da- men“ gewann. Ende 1931 wagte Liesel Bach ihren ersten Fernflug mit Ziel Sardinien. Weil sie wegen schlechten Wetters nicht auf dieser Mittelmeerinsel landen konnte, flog sie nach Italien zurück. Dort musste sie wegen Treibstoffmangels in Rom eine Außenladung machen. In den 1930-er Jahren wandte sie sich

38 dem Nationalsozialismus zu, den sie bei ihren Auslandsreisen verteidigte. 1930 und 1931 gewann Liesel Bach in Mailand den noch inoffiziellen Titel als „Internationale Kunstflugmeisterin“. Am 28. April 1934 siegte sie mit einer „Klemm K1 28 XIV (D- 2495) in Vincennes bei Paris bei der „Internationalen Damen- Kunstflugmeisterschaft“ („Coupe Féminines“), was damals der Weltmeisterschaft entsprach. Einzige ernsthafte Konkurrentin war die Französin Hélène Boucher (1908– 1934), weil die Deutsche Vera von Bissing (1906–2002) wegen Krankheit und die Französin Adrienne Bolland (1896–1975) wegen techni-scher Probleme an ihrem Flugzeug nicht teilnehmen konnten. Auch diesen Titel konnte sie ein Jahr später in Rouen erfolg-reich verteidigen. 1935 nahm Liesel Bach an der „Deutschen Kunstflugmei- strerschaft“ teil und erkämpfte dabei als einzige Frau unter den Teilnehmern einen respektablen dritten Platz. Weil ihre Klemm auf einem von Jakob Möltgen durchgeführten Über- führungsflug nach einer Notlandung verbrannt war, hatte sie Gerhard (1896–1987) dessen „Raka RK 26a Tiger- schwalbe“ (D-1616) abgekauft und damit mehrere Flugtage und Wettbewerbe bestritten. Anlässlich der Olympiade 1936 in Berlin fanden auch zwei Kunstflugveranstaltungen statt: Erstens der Damen-Kunst- flugwettbewerb zur Eröffnung des Flugplatzes in Rangsdorf im Juli 1936, wo Liesel Bach nach knapper Führung in der Pflicht am Ende den Sieg noch Vera von Bissing überlassen musste. Zweitens der Großflugtag in Tempelhof einige Tage später, wo das Publikum als Bewerter die beiden Fliegerinnen in genau umgekehrter Reihenfolge beurteilte, Liesel Bach also zur Siegerin erkor. Beim „IV. Internationalen Flugmeeting 1937“ in Zürich traten Liesel Bach und Vera von Bissing lediglich im Schauprogramm auf. Dabei flog Liesel mit einer „Bü 133 Jungmeister“.

39 Ein neuer sportlicher Wettstreit zwischen Liesel Bach und Vera von Bissing folgte 1938 beim Zuverlässigkeitsflug der Sport- fliegerinnen. Dabei flogen alle 13 Teilnehmerinnen mit einer Maschine des Typs „Klemm K1 25“. Siegerin war Melitta Schiller (1903–1945). Im Jahr darauf gewann Liesel Bach mit einer „Bücker Bü 180 Student“ wieder diesen Wettbe- werb. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ ist über die Tätigkeit von Liesel Bach während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) wenig bekannt. Zunächst soll sie für die Luftwaffe als Kunst- fluglehrerin gearbeitet, später als Angehörige des „Über- führungsgeschwaders 1“ Flugzeuge zu den Flugparks überführt haben. Es seien Maschinen bis zur „Junkers JU 87“ gewesen, für die ihr B2-Schein ausreichte, erklärte sie. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges glichen Überführungs- flüge in Westdeutschland wegen Lufthoheit der Alliierten oft Himmelfahrtskommandos. Liesel Bach war zwar für den Notfall bewaffnet, aber es war nicht ihre Aufgabe, Luftkämpfe auszutragen, sondern Feindberührung zu vermeiden und die jeweilige Maschine heil an Ort und Stelle zu bringen. Deswegen flog sie meistens dicht über Wäldern und verschwand bei Sichtung von Feindfliegern in irgendeiner Waldschneise. Einmal geriet sie bei der Überführung eines „Stukas“ nach Köln im Nebel in eine Sperrzone mit Fesselballonen und wurde beinahe von der eigenen Flak abgeschossen. Nur dank ihrer Kunstflugakrobatik kam sie heil aus dem Gewirr von Drähten und Seilen seitwärts heil heraus. Vor Kriegsende setzte sich Liesel Bach mit ihrem Über- führungsgeschwader aus dem eingeschlossenen Berlin ab. Über Flensburg gelangte sie auf den Flughafen Leck in Nord- friesland. Weihnachten 1945 war sie wieder zu Hause im zerstörten Köln. 1950 erhielt Liesel Bach vom Präsidenten des indischen Aero- Clubs eine Einladung. Sie sollte einige Monate in Kalkutta als

40 Gast des Clubs verbringen. In Indien durfte man damals im Gegensatz zu Deutschland fliegen. Liesel flog Weihnachten 1950 von Düsseldorf aus nach Kalkutta. In Indien gab man ihr die Möglichkeit, den indischen und den internationalen Flugschein zu erwerben. Statt drei bis vier Monate – wie ursprünglich geplant – blieb sie insgesamt drei Jahre in diesem Land. Im Februar 1951 trat Liesel Bach mit einer „Tiger Moth“ auf dem Flugplatz Kampur vor rund 100.000 Zuschauern zum „Asiatischen Kunstflugwettbewerb“ an und siegte. Der da- malige Präsident der indischen Republik, Rajendra Prasad, überreichte ihr die Siegestrophäe. Um Liesel Bach einen Traum zu erfüllen, stellte ihr der Chiefminister der Vereinigten Provinzen, Sir Govind Ballabh Pant, sein zweimotoriges Flugzeug „Beech 18“ zur Verfügung. Mit dieser Maschine startete sie Ende März 1951 auf dem Flugplatz Halvani an der Grenze zu Nepal zum ersten Flug einer Frau über den Himalaja. Nach zweieinhalb Stunden kehrte sie wieder zurück. Die „Indische Luftwaffe“ erlaubte ihr sogar, einige Platzrunden mit einer Spitfire zu drehen, wenngleich in einer zweisitzigen mit Sicherheitspilot, der aber nie eingreifen musste. 1952 konnte Liesel Bach auf Ceylon (Sri Lanka) ihren Kunst- flugtitel erfolgreich verteidigen. Dabei musste sie in der Herrenklasse antreten, weil keine eigene Damenkonkurrenz geflogen wurde. In der Gesamtwertung kam sie auf den zweiten Platz, als Frau auf den ersten Rang. Vor ihrer Rückehr nach Deutschland wurde Liesel Bach 1953 vom Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru (1889–1964), genannt Pandit Nehru, empfangen. In ihrem Heimatland feierte sie ihr silbernes Flieger-Jubiläum und erhielt sie von der „Divina-Film GmbH“ das Angebot, für deren Film „Sterne über Colombo“ (1954) Flugszenen zu drehen und in einer kleinen Rolle selbst aufzutreten.

41 1955 erhielt Deutschland wieder die Lufthoheit zurück. Nun konnte sich Liesel Bach ein neues Flugzeug zulegen. Nämlich eine „Klemm Kl 35 B“ mit einem 160 PS starken Motor. Mit dieser Maschine beteiligte sie sich an verschiedenen Wettbewerben, beispielsweise Deutschlandflügen und an der „10. Deutschen Kunstflugmeisterschaft“ und 1963 an der „Europameisterschaft für Damen“, die sie gewann. Dieses Flugzeug steht jetzt im „Deutschen Technikmuseum“ in Berlin. Bis zum Alter von 70 Jahren ist Liesel Bach geflogen. Danach spielte sie wieder Tennis, was sie bereits als junges Mädchen getant hatte. Aus diesem Grund zog sie in eine entsprechende Anlage nach Bandol-Var in Südfrankreich, wo sie am 21. Januar 1992 im Alter von 86 Jahren starb.

42 Pancho Barnes

Amerikas erste Stuntpilotin

ie erste amerikanische Stuntpilotin war die Fliegerin DFlorence „Pancho“ Barnes (1901–1975), geborene Florence Leontine Lowe. In der goldenen Zeit der Fliegerei in den USA genoss sie einen glänzenden Ruf als Pilotin. Nicht wenige Amerikaner betrachten sie als eine der wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Florence Leontine Lowe wurde am 29. Juli 1901 in San Mario (Kalifornien) geboren. Ihr Vater war Thaddeus Lowe II (1870– 1955), ihre Mutter hieß Florence Max (Dobbins) Lowe. Ihr Großvater Thaddeus Sobieski Coulincort Lowe hatte sich während des Amerikanischen Bürgerkrieges (1861–1865) mit der Gründung des „Union Army Balloon Corps“ hervorgetan. Das Corps war die erste militärische Luftwaffeneinheit. Die Lowes waren eine wohlhabende Familie in Pasadena (Kalifonien). Florence sollte zu einer Dame der Gesellschaft erzogen werden, entwickelte sich aber immer mehr zu einem regelrechten Wildfang. Sie war ein sehr sportliches Mädchen, das gerne jagte, campte, angelte und ritt, was ihr alles vom Vater beigebracht wurde. 1919 heiratete die lebhafte 18-jährige Florence Leontine Lowe den Reverend C. Rankin Barnes aus South Pasadena. Aus der

43 Ehe ging der Sohn William E. Barnes hervor. Das ruhige Leben als Ehefrau eines Geistlichen behagte Florence nicht beson-ders. Nach dem Tod ihrer Mutter 1924, welche die Ehe mit dem Reverend sehr befürwortet hatte, und einer Erbschaft führte Florence ab 1928 wieder ihr extravagantes und eigen- sinniges Leben, was später (1941) zur Scheidung führte. Florence verließ 1928 Ehemann und Kind und versteckte sich als Mann verkleidet auf einem Frachtschiff, das nach Mexiko fuhr. In San Blas (Mexiko) verließ sie mit einem Besatzungs- mitglied das Frachtschiff. Mit diesem Mann zog sie auf dem Rücken eines Esels durch Mexiko. Ihr damaliger Gefährte nannte sie „Pancho“. Dabei unterlief ihm allerdings ein kleiner Irrtum, denn die entsprechende Person in der Novelle „Don Quichote“, an die er sich erinnert fühlte, hieß „Sancho Pansa“. Trotzdem behielt sie den Spitznamen „Pancho“ ihr Leben lang. Nach einigen Monaten auf den Straßen von Mexiko kehrte Pancho Barnes 1928 nach San Mario zurück. Im Frühling 1928 lernte Pancho Barnes von ihrem Cousin Dean Banks das Fliegen. Nach sechs Stunden Unterricht hob sie noch am ersten Übungstag in die Luft ab. Als sie Pilotin wurde, gab es in den USA nur etwa zwei Dutzend Fliegerinnen. Bald flog sie so gut, dass sie sich an Wettbewerben beteiligte. Beim legendären „Powder-Puff-Derby“ vom 18. bis 26. August 1929 von Santa Monica (Kalifornien) nach Cleveland (Ohio) hatte Pancho Barnes noch Pech und stürzte ab. Doch bei einem anderen Wettbewerb am 4. August 1930, bei dem die „Union Oil Company“ ihr Sponsor war, hatte sie Glück und gewann. Dabei brach sie mit ihrem Flugzeug „Mystery Ship“ mit 315,7 Stundenkilometern den Geschwindigkeitsrekord der legen- dären amerikanischen Fliegerin Amelia Earhart (1897–1937). Damals bezeichnete man Pancho als „schnellste Frau der Welt“. Diesen respektvollen Titel erkämpften im Laufe der Zeit mit immer höheren Geschwindigkeiten auch andere Pilotinnen.

44 In der Folgezeit arbeitete Pancho Barnes als erste ameri- kanische Stuntpilotin in großartigen Stumm- und Tonfilmen. Oft erwähnt wird ihre Rolle als Stuntpilotin in dem Film „Hell’s Angels“ („Höllenflieger“) des legendenumwobenen amerika- nischen Industriellen, Filmproduzenten und Erfinders Howard Hughes (1905–1976). Dieser Streifen schildert die Abenteuer von Flugpionieren des „Royal Flying Corps“ im Ersten Weltkrieg (1914–1918) und hatte am 27. Mai 1930 Premiere in Los Angeles. Für die Flugszenen dieses Films wurden ehemalige Kampf- piloten verpflichtet, die sich nach drei Todesfällen weigerten, die von Hughes geplante Schlussszene zu drehen. Aus diesem Grund übernahm Hughes diese Aufgabe selbst, verunglückte dabei, erlitt aber nur leichte Verletzungen. Der Film „Hell’s Angels“ beeindruckt weniger durch seine Handlung als durch die perfekten Luftaufnahmen. Pancho Barnes hatte gute Kontakte nach Hollywood. Ihr enger Freund George Hurrell (1904–1992) beispielsweise arbeitete als Leiter für Porträtfotos bei den MGM-Studios. Ihn hatte sie zunächst nur engagiert, damit er ein Foto von ihr für ihre Pilotenlizenz anfertigen sollte. Aber Hurrell machte auch weiterhin gerne Fotos von ihr, besonders jene, die sie glamourös aussehen ließen. Pancho hat Hurrell in seiner Anfangszeit als Fotograf gefördert und bei vielen Freunden in Hollywood empfohlen. Ein weiterer guter Freund von Pancho war der mexikanisch-amerikanische Schauspieler Ramón Novarro (1899–1968), der erste Latino-Superstar des amerikanischen Films. Sie schloss schnell Freundschaften mit berühmten Filmstars. Von Zeitgenossen wurde Pancho Barnes wegen ihrer Indivi- dualität, Kreativität, ihrem Unternehmungsgeist und wegen ihres Humors sehr geschätzt. Ihr Lebensmotto hieß sinnge- mäß: „Wenn Sie die Wahl haben, wählen Sie das Glück“.

45 Die clevere Pancho Barnes gründete im September 1931 zu- sammen mit anderen Piloten eine der ersten Gewerkschaften in Hollywood. Diese erhielt den Namen „Associated Motion Picture Pilots“ („AMPP“) und existiert heute noch. Während der „Großen Depression“, der schweren Wirt- schaftskrise in den USA, die am 24. Oktober 1929 begann und die 1930-er Jahre dominierte, sowie wegen Streitigkeiten mit ihrer Familie verlor Pancho Barnes viel Geld. Im März 1935 verkaufte sie ihr Apartment in Hollywood und erwarb noch im selben Jahr 32 Hektar Land in der Mojave-Wüste im Antelope Valley in Südkalifornien. Dort gründete sie den „Happy Bottom Riding Club“ – auch bekannt als „Rancho Oro Verde Fly-Inn Dude Ranch“. Außer ihrer 380 Hektar großen Ranch betrieb Pancho auch eine florierende Rinder- und Schweinezucht. Unweit ihres Clubs entstand ein Flugplatz (Air Base), wo bald frühere Testpiloten arbeiteten, die Pancho gut kannte. Mitglieder dieses noblen Clubs konnten mit dem eigenen Flugzeug auf dessen Landebahn an- und abreisen, im Rodeo- Stadion reiten, in einem großen Pool schwimmen, in der Dance Hall tanzen sowie im Restaurant beste Steaks essen und an der Bar trinken. Dem Club traten mehr als 9.000 Mitglieder bei. Gäste des Clubs waren Politiker, hohe Militärs, Schauspieler und Schauspielerinnen, die gerne das Leben genossen. 1940 gründete Pancho Barnes die Firma „Barnes Aviation of Lancaster“. Dieses Unternehmen wurde später von ihrem erwachsenen Sohn Bill geführt. 1941 wurde die erste Ehe von Pancho mit dem Geistlichen C. Rankin Barnes geschieden. Pancho war danach noch dreimal verheiratet. Wegen zunehmender Flüge auf der Air Base und der Landebahn des „Happy Bottom Riding Club“ gab es ab 1952 ständig Konflikte. Pancho weigerte sich, ihr Land an die Regierung zu verkaufen, um der Air Base eine Verlängerung der Start- und Landebahn zu ermöglichen. Es wurde sogar

46 behauptet, der Club sei ein Bordell, obwohl die Bestimmungen Panchos für das weibliche Personal streng waren. Schließlich verbot die Air Base den Soldaten den Besuch des Clubs. Am 13. November 1953 brannten Club und Ranch nach einem mysteriösen Feuer nieder. Reste dieses Clubs kann man heute noch nahe der „Edwards Air Force Base“ in Kalifornien sehen. Pancho war so empört über die Zerstörung ihres Clubs bzw. ihrer Ranch, dass sie an einem anderen Standort einen Neuanfang plante. Ein neuer Club bzw. eine neue Ranch sollte in Cantil (Kalifornien) entstehen. Weil sie sich von ihrem Grund und Boden bei der „Edwards Air Force Base“ vertrieben fühlte, reichte sie eine Klage vor Gericht ein und erhielt 375.000 Dollar Entschädigung. Ihre Verteidigung hatte unter anderem darauf hingewiesen, dass Panchos Großvater die „“ gegründet hat. Nach dieser für sie günstigen Entscheidung galt Pancho bald wieder als „Mutter der Edwards Air Force Base“ und bald heilten alle Wunden dieses Streites. Pancho Barnes war beim alljährlichen „Antelope Valley Aero Museum’s annual Barnstormers Reunion“ am 5. April 1975 als Hauptrednerin vorgesehen. Doch als ein Freund bei ihr am 30. März 1975 anrief, konnte er sie nicht erreichen. Ihr Sohn Bill fand sie tot in ihrem Haus. Der Leichenbeschauer stellte fest, dass Pancho Barnes einige Tage früher einem Herzinfarkt erlegen war. Panchos vierter Ehemann „Mac“ McKendry lebte nach dem Tod seiner Frau noch viele Jahre in Cantil. Ihr Sohn Bill verlor im Oktober 1980 nahe des „Happy Bottom Riding Club“ bei der Erprobung eines „P51 Mustang“ sein Leben. Seit 1980 gibt es alljährlich einen „Edwards Air Force Base Pancho Barnes Day“, bei dem gegrillt, gegessen, getrunken, musiziert und getanzt wird. Das „Pancho Barnes Trust Estate Archiv“ bewahrt zahlreiche Fotos, Negative, Filme, Tonaufnahmen, Briefe und Do-

47 kumente auf, die das Leben dieser ungewöhnlichen Frau dokumentieren. Ihr Leben lieferte Stoff für den Film „The Right Stuff“ (1983) von Tom Wolfe. Darin wurde Pancho Barnes von Kim Stanley (1925–2001) sympathisch dargestellt. 2003 ehrte „Women in Aviation International“ sie als eine der 100 wichtigsten Frauen in der Luftfahrt.

48 Maryse Bastié

Die Fliegerin, die acht Weltrekorde brach

rankreichs berühmteste Fliegerin war Maryse Bastié (1898– F1952), geborene Marie-Louise Bombec. Sie erwarb 1928 als erste Französin den Führerschein für Passagierflugzeuge und stellte in den 1930-er Jahren acht Weltrekorde auf. 1952 kam die tüchtige Pilotin auf tragische Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Zu ihren Lebzeiten bezeichnete man sie respektvoll als „Sprinterin der Luft“, „Himmels- Trumpf“ oder „Dauerläuferin am Firmament“. Marie-Louise („Maryse“) Bombec kam am 27. Februar 1898 gegen sieben Uhr abends als letztes von drei Kindern des Eisengießers Joseph Bombec (1866–1908) und seiner Ehefrau Céline Filholaud (1873–1951) in Limoges (Département Haute Vienne) zur Welt. Das erste Kind war eine Tochter namens Jeanne, die 1894 noch im Jahr der Geburt starb. Als zweites Kind folgte der Sohn Pierre (1896–1916). Im Alter von neun Jahren betrauerte Maryse den Tod ihres Vaters, der am 17. Februar 1908 in Limoges starb. Danach musste die Restfamilie finanziell ums Überleben kämpfen. Als Mädchen soll Maryse ungestüm und stur gewesen sein. Nach dem Verlassen der Schule arbeitete sie mit 14 Jahren in einer Schuhfabrik, wo sie Leder nähte. Nachdem die Schuhfabrik

49 1914 geschlossen wurde, betätigte sich Maryse als Näherin in einer Fabrik, die Militärblusen herstellte. Gegen den Willen ihrer Familie heiratete die 16-jährige Maryse Bombec am 11. Februar 1915 den Porzellanmaler Baptiste Gourinchas. Aus dieser Ehe ging der Sohn Germain (1915-– 1935) hervor. 1917 unternahm Maryse in Limoges mit einem Freund den ersten Flug in einem Motorflugzeug. Dabei lernte sie den aus Fiac bei Toulouse stammenden Piloten Louis Bastié kennen. Bastié war gegen Ende des Ersten Weltkrieges ein Brieffreund von Maryse. Ab 1918 arbeitete Maryse Gourinchas als Schreibkraft in der Elektrizitätsgesellschaft von Limoges. Ihre erste Ehe endete im Dezember 1920 mit der Scheidung. Am 22. Mai 1922 schloss die geschiedene Maryse Gourinchas ihre zweite Ehe mit dem ehemaligen Militärpiloten und entlassenen Fliegerleutnant Louis Bastié (1897–1926). Zu- nächst führten Maryse und Louis ein Schuhgeschäft in Cognac. Später arbeitete ihr Mann als Fluglehrer in Bordeaux-Mérignac. Durch ihren Gatten begeisterte sich auch Maryse Bastié für die Fliegerei. Ihr Mann konnte ihr mit einem Militärflugzeug nicht das Fliegen beibringen. Statt dessen gab ihr der private Fluglehrer Guy Bart (1898–1983) Flugunterricht. Am 29. September 1925 erhielt Maryse in Bordeaux-Teynac den Pilotenschein. Die frischgebackene Pilotin flog am 6. Oktober 1925 mit einer „Caudron G3“ unter den Kabeln der Hängebrücke „Pont transbordeur de Bordeaux“ in Bordeaux durch. In sechs Etappen wagte sie am 13. November 1925 einen Flug von Bordeaux nach Paris. Vor den Augen von Maryse Bastié stürzte am 15. Oktober 1926 ihr Ehemann Louis während eines Probefluges in Bordeaux tödlich ab. Der Tod ihres Mannes schreckte sie nicht davor ab, weiterhin zu fliegen. 1927 arbeitete Maryse Bastié bei der Flugschule Pilain in Orly bei Paris sechs Monate lang als Fluglehrerin. Von ihren letzten

50 Ersparnissen kaufte sich Maryse 1927 ein gebrauchtes kleines Flugzeug des Typs „Caudron C109“, das sie liebevoll „Trottinette“ („Radelrutsch“) nannte. Weil sie kein Geld für Treibstoff zum Fliegen hatte, unterstützte sie der Pilot Maurice Drouhin (1891–1928) finanziell. Ihren ersten Rekord stellte Maryse Bastié am 13. Juli 1928 in ihrer zweisitzigen „Caudron C109“ zusammen mit Maurice Drouhin bei einem 1.058 Kilometer langen Flug von Paris nach Treptow in Pommern auf. Für diese Leistung erhielten die Beiden zusammen 25.000 Francs. Drouhin und der Mechaniker André Lanet kamen kurz darauf im August 1928 bei einem Testflug mit einer „Couzinet 27“ in Paris-Le Bourget ums Leben, während der Pilot Louis Magnard überlebte. Als erste Frau in Frankreich erwarb Maryse Bastié am 11. Ok- tober 1928 den Führerschein für Passagierflugzeuge. Ab 1928 trug sie auch offiziell den Vornamen Maryse statt Marie- Louise. Ein Rekord nach dem anderen glückte Maryse Bastié im Frühjahr und im Sommer 1929. Am 29. April 1929 erkämpfte sie auf dem Flughafen Orly in ihrer „Caudron C109“ mit einem Flug über 10 Stunden 30 Minuten einen französischen Rekord für Frauen. Mit 24 Stunden 24 Minuten gelang ihr am 20. und 21. Juli 1929 ein französischer Dauerflug-Rekord. 26 Stunden 48 Minuten lang kreiste sie am 28. und 29. Juni 1929 mit ihrer „Caudron C109“ über dem Pariser Flughafen Le Bourget, brach damit den Alleinflug-Dauerrekord für Frauen und erhielt hierfür 10.000 Francs. Die russischstämmige Pilotin Lena Bernstein (1906–1932) blieb am 2. Mai 1930 mit 35 Stunden 45 Minuten noch länger mit ihrer Maschine in der Luft als Maryse. Mit ihrem deutschen Leichtflugzeug des Typs „Klemm KL25“, das einen 40-PS-Motor hatte, erkämpfte sich Maryse Bastié am 1. April 1930 in 22 Stunden 40 Minuten die Urkunde für den „Internationalen Rekord in geschlossener Bahn“. Ein

51 weiterer Rekord für Kleinflugzeuge folgte am 17. August 1930 mit einem Flug über 26 Stunden. Vom 2. bis 4. September 1930 triumphierte Maryse über Lena Bernstein, als sie mit ihrer „Klemm KL25“, ohne zu tanken, 37 Stunden 55 Minuten flog. Damit stellte sie für Frauen einen neuen „Internationalen Dauerrekord für Einsitzer“ auf. Dabei kämpfte sie bis zur Erschöpfung gegen die Kälte, den Mangel an Schlaf und Abgase des Motors. Nach dem Aussteigen aus ihrer Maschine erklärte sie, um nichts in der Welt würde sie dies wieder tun. Im Oktober 1930 kaufte Maryse Bastié eine „Caudron C-230 Luciole“ mit 40-PS-Motor. Mit dieser Maschine startete sie am 28. Juni 1931 zu einem 2.976 Kilometer weiten Direktflug von Frankreich (Paris-Le Bourget) über Deutschland nach Russland (Urino bei Nishni Nowgorod in Sibirien). Dabei brach sie mit 30 Stunden 30 Minuten den bis dahin von Lena Bernstein gehaltenen „Weltstreckenrekord für Frauen über 3.000 Kilometer“ und stellte den „Internationalen Strecken- rekord für Einsitzer der Klasse III“ auf. Fortan galt sie als berühmte Fliegerin und konnte von den Einnahmen, die ihr die Flüge mit der eigenen Maschine sowie Werbung ein- brachten, leben. 1931 erhielt Maryse Bastié als erster Franzose die renommierte „Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“. Die „Union des républiques socialistes soviétiques“ („URSS“) bedachte Maryse 1931 mit der Auszeichnung „Ordre de l’etoile rouge“. Die „Internationale Flieger-Liga“ verlieh ihr 1932 den offiziellen Weltmeistertitel für Frauen. In manchen Biografien heißt es irrtümlich, Maryse Bastié sei 1934 als erste Frau von Paris nach Tokio (Japan) und zurück geflogen. Tatsächlich hat aber ihre Landsmännin Maryse Hilsz (1903–1946) im April 1934 mit einer „Breguet 33R“ diesen Rekordflug über rund 30.000 Kilometer zurückgelegt. Ein schwerer Schicksalsschlag traf Maryse Bastié am 6. Juni 1935. An jenem Tag starb ihr Sohn Germain, der bei der

52 französischen Marine diente, im Krankenhaus in Bizerte (Tunesien) im Alter von nur 20 Jahren an Typhus. Zusammen mit Guy Bart gründete Maryse Bastié im August 1935 auf dem Flugplatz Orly die Flugschule „Maryse Bastié Aviation“. Diese Flugschule bestand nur kurze Zeit. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ arbeitete Maryse in den 1930-er Jahren auch als Verkaufsdirektorin bei einem Motoren- und Flugzeughersteller. Kurz nach dem Verschwinden des französischen Fliegers Jean Mermoz (1901–1936) über dem Atlantik krönte Maryse Bastié ihre fliegerische Leistung am 30. Dezember 1936. Durch Nebel und Gewitterwolken flog sie mit einem geliehenen Eindecker „Caudron Simoun“ – nur mit einem Kompass für die Navi- gation ausgerüstet – von Dakar in Westafrika über den Süd- atlantik nach Natal in Brasilien. Dabei legte sie in 12 Stunden 5 Minuten insgesamt 3.173 Kilometer zurück. Damit war sie eine Stunde schneller als die bisherige Rekordhalterin Jean Batten (1909–1982) aus Neuseeland und erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 264 Stundenkilometern. Nach der triumphalen Heimkehr von Maryse verlieh ihr der Luftfahrtminister 1937 den Titel eines „Offiziers der Ehren- legion“ („Chevalier de la Légion d’honneur“). Im Sommer 1937 flog Maryse in einer erneut vom Luft- fahrtministerium ausgeliehenen „Caudron Simoun“ zusammen mit der französischen Pilotin Suzanne Tillier von Paris nach Krasnojarsk in Sibirien und zurück. Von November 1937 bis März 1938 unternahm Maryse Bastié mit einer „Caudron Simoun“ eine Vortragsreise in Südamerika. 1937 veröffentlichte sie ihre Autobiographie „Ailes ouvertext: carnet d’une aviatrive“. Der Maler Luigi Corbellini (1901–1968) fertigte 1937 ein Aquarell mit ihrem Porträt an. 1937 hat man Maryse Bastié geradezu mit Auszeichnungen überhäuft. Im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) meldete sich Maryse Bastié freiwillig als Pilotin zur französischen Luftwaffe (Versor-

53 gungsstaffel). Sie konnte aber als Frau wegen der damaligen Bestimmungen nicht angenommen werden und wurde statt dessen Fahrerin eines Ambulanzwagens. Während der deut- schen Offensive im Mai 1940 arbeitete sie für das „Rote Kreuz“ und half vor allem französischen Kriegsgefangenen im Lager Drancy. Bei der Abfahrt eines Zuges mit Kriegs- gefangenen nach Deutschland wurde Maryse von einem deutschen Wachtposten gestoßen, brach sich dabei den rech- ten Ellenbogen und behielt fortan eine Behinderung. Unter dem Deckmantel des „Roten Kreuzes“ sammelte sie Infor- mationen über die Insassen des Lagers. Damals gehörte sie der französischen Widerstandsbewegung („Résistance“) an. 1944 wurde sie von der deutschen „Geheimen Staatspolizei“ („Gestapo“) festgenommen. Nach der Befreiung von Paris trat sie der „Women’s Auxiliary“ der „Air Force“ bei und hatte den Rang eines Leutnants. 1946 wurde sie entlassen. 1947 erhielt sie als erste Frau den Rang eines Kommandanten der Ehrenlegion („Commandeur de Légion d’honneur“). Ab 1951 arbeitete Maryse Bastié für die PR-Abteilung des Testflug-Centers Brétygny. Am 6. Juli 1952 verlor sie im Alter von 54 Jahren auf dem Flugplatz Lyon-Bron ihr Leben. Sie befand sich an Bord des Prototyps eines zweimotorigen mili- tärischen Transportflugzeuges „Nord 2501 Noratlas“, dessen rechtes Triebwerk während des Fluges ausfiel. Die Maschine stürzte aus rund 200 Metern Höhe ab und fing Feuer. Maryse wurde unter den Trümmern begraben und erschlagen. Auch die fünfköpfige Besatzung starb. Die berühmte Fliegerin wurde in Paris auf dem Montpar- nasse-Friedhof beigesetzt, wo ihr Grab noch heute erhalten ist. In Frankreich tragen viele Schulen den Namen von Maryse Bastié. 1955 wurde sie mit ihrem Porträt auf einem fran- zösischen Luftpost-Stempel geehrt. Der Bildhauer Félix Joffre (1903–1989) schuf ein Denkmal, das man zu ihren Ehren auf dem Platz Carlo Sarrabezolles in Paris aufgestellt hat.

54 Jean Batten

Neuseelands berühmteste Pilotin

euseelands berühmteste Pilotin war Jean Gardner Batten N(1909–1982). Ihre Glanzzeit hatte diese kühne und erfolgreiche Fliegerin in den 1930-er Jahren, als sie Strecken- und Dauerrekorde im Alleinflug aufstellte. In der Literatur bezeichnete man sie poetisch als „The Garbo of the Skies“ („Die Garbo des Himmels“). Die legendäre Fliegerin starb einsam, verlassen und unbeachtet. Jean Batten wurde am 15. September 1909 in Rotorua auf der Nordinsel von Neuseeland als viertes Kind des Zahnarztes Frederick Harold Batten und seiner Ehefrau Ellen („Nellie“) Blackmore geboren. Von ihren drei Brüdern ist einer im Kindesalter gestorben. Wie ihre Großmutter taufte man sie auf den Vornamen Jane, aber daraus wurde später Jean. Ihre Mutter war eine verhinderte Schauspielerin mit feministischen Ansichten und soll herrisch und besitzergreifend gewesen sein. Die kleine Jean liebte die Natur, Pflanzen und Tiere. Beide Elternteile achteten darauf, dass sich ihre Tochter viel in der freien Natur aufhielt. Außerdem förderten sie ihre musikalische Begabung. Als Jean vier Jahre alt war, zog ihre Familie 1913 mit ihr nach Auckland. Mit fünf Jahren ging sie im Stadtteil Parnell zur Schule.

55 Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914–1918) trat der Vater von Jean in die Britische Armee ein und wurde in Europa stationiert. Die in Europa vom Vater geschriebenen und nach Neuseeland geschickten Karten und Briefe sollen bei seiner Tochter ein unstillbares Fernweh geweckt haben. Ferne Länder und Reisen spielten fortan in ihrer kindlichen Phantasie eine wichtige Rolle. Deswegen las sie gerne Abenteuergeschichten und Reiseberichte sowie im Alter von zehn Jahren auch die Berichte über die Brüder Keith Smith (1890–1955) und Ross Smith (1892–1922), die 1919 die erste Flugreise von Australien nach England unternommen hatten. Der Vater kehrte 1919 aus Europa zu seiner Familie nach Neuseeland zurück. Während seiner Abwesenheit hatte sich seine Frau zur Herrin des Hauses entwickelt und war nicht mehr bereit, auf diese Rolle zu verzichten. Das Ehepaar stritt sich oft, trennte sich 1920 und die Kinder mussten sich entscheiden, bei wem sie fortan leben wollten. Jean blieb bei ihrer Mutter, zu der sie eine enge und intensive Beziehung hatte. Mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters besuchte Jean im Vorort Remuera von Auckland das Pensionat „Ladies College“. Sie war in vielen Fächern eine gute Schülerin und gewann Preise in verschiedenen Disziplinen. Es heißt, sie sei eine hochin- telligente und einsame Einzelgängerin gewesen, mit der man nicht leicht warm werden konnte. Ab Ende 1924 besuchte die 15-jährige Jean Batten eine Sekretariats-Schule. Nebenher nahm sie Ballett- und Klavier- unterricht. Sie übte mit großer Ausdauer am Klavier und hatte vorübergehend den Wunsch, Konzertpianistin zu werden. Doch dann flammte das Interesse von Jean Batten an der Fliegerei wieder auf. Ausgelöst wurde dies 1928, als Bert Hinkler (1892–1933) mit seinem legendären Rekordflug von England nach Australien Schlagzeilen machte. Als 1928 Charles Kingsford Smith (1897–1935) von Amerika über den

56 Pazifik nach Australien flog und im selben Jahr auch noch von Neuseeland über die Tasmanische See nach Australien, war Jean davon hingerissen. Nun wollte sie unbedingt selbst Pilotin werden und fieberte dem Tag entgegen, am dem sie Kingsford Smith erstmals treffen würde. Eines Tages überredete Jean Batten ihren Vater dazu, mit ihr zu einem festlichen Abendessen in Auckland zu gehen, bei dem Kingsford Smith der Ehrengast war. Bei dieser Gelegen- heit erklärte Jean dem Flieger und ihrem Vater, dass sie fliegen lernen wolle. Der Vater, der im Ersten Weltkrieg viele Flugzeugunglücke gesehen hatte, war von diesem Wunsch seiner Tochter gar nicht begeistert. Dies sei zu gefährlich und zu teuer und komme deswegen für sie nicht infrage, erklärte er. Daraufhin verkaufte Jean ihr Klavier, um ihre Flugausbildung finanzieren zu können. 1929 begegnete Jean Batten bei einem Besuch in Australien wieder Charles Kingsford Smith, der sie in seiner Maschine „The Southern Cross“ mitfliegen ließ. Beim Flug über die „Blauen Berge“ fühlte sie sich in der Luft wie zuhause und war vollkommen überzeugt in ihrem Element zu sein. Danach gewann Jean – nach vielen Diskussionen – ihre Mutter dafür, mit ihr 1930 nach England zu reisen, um dort eine Flugschule zu besuchen. Angetan von sehr preisgünstigen Tarifen trat Jean Batten beim „London Aeroplane Club“ auf dem Flugplatz Stag Lane als Mitglied ein und lernte dort das Fliegen. Bei ihren Flugstunden soll sie angeblich eine Bruchlandung hingelegt haben, bei der sie auf einen Zaun traf und sich überschlug. Bald machte die 21-Jährige ihren ersten Alleinflug für ihren A-Schein als Privatpilotin. Voller Elan suchte die frischgebackene Pilotin nach Geld- gebern, die ihr ein Flugzeug und einen Langstreckenflug von England nach Australien fianzieren sollten. Doch sie stieß bei

57 Firmen und Zeitungen auf taube Ohren. Deshalb reiste sie nach Neuseeland zurück und erhoffte sich dort bessere Chancen. Ihre Eltern betrachteten ihr Vorhaben als Hirnge- spinst und baten sie, davon Abstand zu nehmen. Unbeirrt davon kehrte Jean Batten nach London zurück. Dort lebte sie allein mit ihrem Bruder, der als Schauspieler erfolg- reich war. Nach einem Streit gingen beide getrennte Wege und sprachen nie mehr miteinander. In London verliebte sich der neuseeländische Pilot Fred Truman in Jean und wollte sie heiraten. Er gab ihr großzügig seine gesamten Ersparnisse in Höhe von 500 Pfund, die Jean für den Erwerb des B-Scheins für Verkehrspiloten benötigte. Jean wurde Flugzeugmechanikerin, studierte Meteorologie und meisterte eine Teilprüfung nach der anderen. Durchfallen durfte sie bei keiner Prüfung, weil sie sich das finanziell nicht leisten konnte. Im Dezember 1932 bekam sie endlich den B- Schein. Danach sah Fred Truman weder Jean noch sein Geld wieder. Er war nicht der einzige Liebhaber, der ihre Projekte finanzierte und den sie abservierte. Danach lernte Jean Batten den jungen Engländer Victor Dorée kennen. Er gab ihr 400 Pfund Sterling, die er von seiner Mutter geliehen hatte, zum Kauf eines gebrauchten Flugzeuges des Typs „De Havilland Gipsy Moth DH-60“. Bedingung war, dass sie sich vertraglich verpflichtete, nach einem erfolgreichen Langstreckenflug eine Vortragsreise durch Australien zu machen und ihrem Teilhaber die Hälfte der Einnahmen abzutreten. Im April 1933 startete Jean Batten auf dem Flugplatz Lympne an der englischen Kanalküste zum ersten Mal zu ihrem geplanten Langstreckenflug nach Australien. Zuerst zwang sie ein Sandsturm über dem Irak zu einer Notlandung, bei welcher der Propeller ihrer Maschine beschädigt wurde. Später – nach dem Austausch des Propellers und einem Flug über weitere 100 Kilometer – versagte der Motor über Belutschistan (Pa-

58 kistan). Eine Pleuelstange brach ab und durchstieß mit einem Knall seitlich das Kurbelwellengehäuse. Nach diesem Missgeschick saß Jean Batten unverletzt, aber ohne Geld, in Belutschistan fest und wusste nicht, wie sie von dort wieder nach England gelangen sollte. Als Retter in der Not trat der reiche Ölmagnat Charles Wakefield (1859–1941) auf, der ihre Rückreise nach London bezahlte, wo Jean und ihre Mutter schäbig wohnten. Nach ihrer Rückkehr wollte Jean ihren Freund Victor Dorée dafür gewinnen, ihr ein neues Flugzeug – wieder eine „Moth“ – zu kaufen, doch er wollte nicht und ihre Beziehung war beendet. Bald danach war Jean mit dem Londoner Börsen- makler Edward Walter verlobt. Bei der Suche nach dem Finanzier eines neuen Flugzeuges erwies sich der Ölmagnat Wakefield, der von Jean’s Mut und Glamour beeindruckt war, erneut als Helfer in der Not. Im April 1934 ging Jean Batten zum zweiten Mal an den Start zu einem Flug von England nach Australien und hatte wieder Pech. Als ihr über Rom das Benzin ausging, musste sie in der Dunkelheit durch ein Gewirr von Funkmasten fliegen und auf einem kleinen freien Platz am Rand der italienischen Hauptstadt notlanden. Sie kam unverletzt davon, aber ihr Flugzeug wurde so schwer beschädigt, dass Jean nach England zurückkehren musste. Als Jean Batten mit den Vorbereitungen zu einem dritten Versuch für einen Flug von England nach Australien begann, spotteten große britische Zeitungen „Versuch’s noch einmal, Jean.“ Im Mai 1934 startete sie mit einer „Gipsy Moth“ und gelangte bei Bilderbuchwetter problemlos quer über Europa und Indien bis nach Rangun (Birma). Beim Weiterflug am nächsten Tag nach Victoria Point an der Südspitze Birmas geriet sie nach fünf Stunden in eine schwarze Regenwand, vor der sie nicht umkehren konnte, weil ihr Benzinvorrat dies nicht mehr erlaubte.

59 Jean Batten berichtete später: „Der Regen trommelte wie Millionen winziger Kugeln auf die Tragflächen meines Flugzeugs, und die Sicht war so schlecht, dass die Flügelenden nicht mehr auszumachen waren und die Küstenlinie völlig im Nebel verschwand. Es war, als wäre man vom Tag in die Nacht hineingeflogen.“ Der Motor ihres Flugzeuges stotterte und spuckte wegen des Regens und das offene Cockpit lief schnell voll Wasser. Glücklicherweise entdeckte Jean den kleinen Flugplatz von Victoria Point auf Anhieb und die Landung verlief problemlos. Am Tag darauf musste Jean Batten stundenlang die von Piloten gefürchtete Timor-See überfliegen. Angestrengt saß sie hinter dem Steuerknüppel, lauschte prüfend jedem Ton des Mo- torgeräusches und kämpfte sich mit ihrer Maschine gegen den starken Südostwind ihrem Ziel entgegen. Am 13. Mai 1934 landete Jean Batten überglücklich in Port Darwin (Australien). Sie hatte eine Flugstrecke von 10.500 Meilen in 14 Tagen 22 Stunden 30 Minuten geschafft. Das waren vier Tage weniger als die Flugzeit von Amy Johnson (1903–1941) und von Bert Hinkler (1892–1933), also ein neuer Rekord! Kein Wunder, dass der neue Stern am Pilotenhimmel in Austalien und in ihrem Heimatland Neuseeland wie eine Heldin gefeiert wurde. In Sydney verliebte sich Jean Ende 1934 in den australischen Piloten Beverly Shepherd. Damals brach sie ihre Verlobung mit dem Londoner Börsenmakler Walter. Letzterer schickte ihr wütend eine Rechnung für eine Flugzeugreparatur, für die er Jean Geld geliehen hatte. Beim Rückflug von Port Darwin nach England im April 1935 hätte Jean Batten beinahe schon am zweiten Tag in der Timor- See ihr Leben verloren. Sie war rund 400 Kilometer vom Festland entfernt, als der Motor ihrer „Gipsy Moth“ stotterte und aussetzte und die Maschine rapide sank. Doch dicht über dem Wasser sprang der Motor dröhnend wieder an und Jean

60 konnte das Flugzeug erneut auf die Höhe von 2.000 Metern bringen. Drei Stunden später landete sie erleichtert auf der Insel Timor. Das rätselhafte und beängstigende Aussetzen und Wiederanspringen des Motors erfolgte während der Rückreise noch mehrfach. Am 29. April 1935 landete Jean Batten endlich wohlbehalten auf dem Flugplatz Croydon bei London. Den Flug von Australien nach England hatte sie in 17 Tagen 15 Stunden bewältigt. Damit gebührte ihr die Ehre, als erste Pilotin den Hin- und Rückflug nach Australien geschafft zu haben. Nach diesem Abenteuer verkaufte sie ihre kleine „Gipsy Moth“. Zu ihrem 26. Geburtstag im September 1935 schenkte sie sich selbst für 2.000 Pfund ein einmotoriges Kabinenflugzeug des Typs „Percivall Gull 6“ mit 200 PS, das mit Zusatztanks ausgerüstet war. 1935 konnte sich Jean Batten erstmals über die „Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“ freuen. Diese begehrte Trophäe erhielt sie auch 1936 und 1937. Im November 1935 startete Jean Batten mit ihrer „Percivall Gull 6“ zu einem spektakulären Flug von England über den Südatlantik nach Brasilien. Sie schaffte die Strecke von 5.000 Meilen in 61 Stunden 15 Minuten, womit sie den Weltrekord von Jim Mollison (1905–1959) bei dessen Flug von England nach Brasilien brach. Vor ihr war noch keine Frau von England nach Südamerika geflogen. Für kurze Zeit wohnte Jean zusammen mit ihrer Mutter in einem gemieteten Ferienhaus bei Hatfield (Herfordshire) in England. Im Oktober 1936 wagte Jean Batten mit ihrer „Percival Gull“ einen Flug von England über Australien nach Neuseeland. Sie bewältigte die Strecke von 14.224 Meilen in 11 Tagen 45 Minuten. Darin eingerechnet war ein zweieinhalbtägiger Aufenthalt wegen schlechten Wetters in Sydney. Bei der Ankunft in Auckland am 16. Oktober 1936 wurde sie von 6.000 Menschen begeistert empfangen. In ihrem Geburtsort

61 Rotorua ehrte man sie im Federmantel eines Maori-Häuptlings mit dem Titel „Hine-O-Te-Rangi“ („Daughter of the Skies“, deutsch: „Tochter des Himmels“). Der Rummel blieb nicht ohne Folgen: Jean erlitt während einer Vortragsreise in Neuseeland einen Nervenzusammenbruch. Als sie sich davon erholt hatte, reiste sie im Februar 1937 nach Sydney, wo sie ihren Verlobten Beverly Sheperd treffen wollte. Doch der einzige Mann, den sie wirklich geliebt hatte, starb am Tag ihrer Ankunft bei einem Flugzeugabsturz. Nach dem Tod ihres Verlobten versank sie in tiefe Depression. Im Oktober 1937 flog Jean Batten mit ihrer „Percival Gull“ in Rekordzeit von Australien nach England. Für diesen Flug benötigte sie 5 Tage 18 Stunden 15 Minuten. Sie war nun der erste Mensch, der in beiden Richtungen – England nach Au- stralien und Australien nach England – jeweils einen Welt- rekord aufgestellt hatte. Während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) war es für Jean Batten nicht mehr möglich, das Fliegen beruflich auszuüben. Ihr Flugzeug wurde für den Kriegseinsatz der „Royal Air Force“ („RAF“) beschlagnahmt. Zeitweise fuhr sie einen Krankenwagen, arbeitete drei Jahre lang am Fließband in einer Munitionsfabrik in Poole (Dorset) und sammelte ab 1943 in England Geld für Waffen und Flugzeuge. In dieser Zeit verliebte sie sich in einen Bomberpiloten der „RAF“, von dem nur der Vorname Richard bekannt ist. Offenbar wollten beide heiraten, aber Richard verlor bei einem Einsatz in Europa sein Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Jean Batten zusammen mit ihrer Mutter in vielen Gegenden der Welt, aber nicht mehr in Neuseeland. Ab 1946 wohnten die beiden Frauen in Jamaika, 1953 kehrten sie nach Europa zurück, 1960 kauften sie eine Villa im spanischen Fischerdorf Los Boliches bei Malaga. Ende 1965 machten sie einen längeren Urlaub auf den Kanarischen Inseln und in Nordafrika.

62 Am 19. Juli 1966 starb die Mutter in den Armen von Jean im Alter von 89 Jahren in San Marcos auf Tennerifa. Anschließend erwarb Jean eine kleine Wohnung in Puerto de la Cruz, wo sie die nächsten 16 Jahre lebte. Sie erkrankte aus Kummer und erklärte, dass sie die Insel Tennerifa nicht ohne die Knochen ihrer Mutter verlassen werde. Ihre Depressionen dauerten mehr als drei Jahre. Ende 1969 kehrte die 60-Jährige mit einem Facelifting, tiefschwarz gefärbten Haaren und mit einem Minirock wieder ins öffentliche Leben zurück. Zu ihrer Enttäuschung glaubten damals viele Menschen, sie sei bereits gestorben. 1970 flog Jean Batten nach Neuseeland und buchte in Auckland unter falschem Namen ein Motel. In ihrem Heimatland wurde die 61-Jährige von den Medien entdeckt und gefeiert. Freunde von Jean Batten hatten den Verdacht, dass diese in finanziellen Schwierigkeiten sei und appellierten an den neuseeländischen Premierminister Robert Muldoom, ihr zu helfen. In Wirklichkeit besaß sie noch ein kleines Vermögen. 1969, 1979 und 1977 reiste Jean Batten kurz nach England und Australien, wo sie nicht mehr viele Menschen kannten. Die Welt hatte sich inzwischen stark verändert. In den 1960- er Jahren soll sie Gerüchte über eine Affäre und über zwei Heiratsanträge genossen haben. 1977 trug sie blond gefärbte Haare. Die tüchtige Fliegerin Jean Batten ist oft geehrt worden. Beispielsweise erhielt sie den „Fredom of the City of London“ und den „Chevalier Légion d’honneur“. Am 22. November 1982 ist die allein und unbeachtet lebende Jean Batten im Alter von 73 Jahren auf Mallorca gestorben. Sie war einem Lungenabszess erlegen, den ein Hundesbiss auf ihrem täglichen Spaziergang ausgelöst hatte. Es rächte sich, dass sie ärztliche Behandlung verweigert hatte. In ihrem Testament hatte sie bestimmt, dass ihr Leichnam in London verbrannt und ihre Asche über dem „Auckland International

63 Airport“ verstreut werden sollte. Doch statt dessen hat man sie in Palma in einem Armengrab bestattet. Ihr Flugzeug „Percival Vega Gull“ befindet sich auf dem „Auckland Inter- national Airport“ im „Jean Batten International Terminal“. 1999 erschien das Buch „Jean Batten – The Garbo of the Skies“ aus der Feder von Ian Mackersey. Greta Garbo (1905– 1990), mit der Jean Batten verglichen wurde, war eine Kultfigur des Films und wurde „Die Göttliche“ genannt. „Women in Aviation International“ wählte 2003 Jean Batten zu einer der 100 wichtigsten Frauen in der Luftfahrt.

64 Melli Beese

Die erste Deutsche mit Pilotenlizenz

ls erste Frau, die in Deutschland die Prüfung zum Erwerb Ader Pilotenlizenz ablegte, ging die gebürtige Sächsin Amelie Hedwig Boutard-Beese (1886–1925), geborene Beese, in die Geschichte der Luftfahrt ein. Besser bekannt ist sie allerdings unter ihrem Rufnamen Melli Beese. Amelie Hedwig Beese kam am 13. September 1886 als einzige Tochter eines Architekten in Laubegast bei Dresden zur Welt. Von ihren wohlhabenden Eltern wurde sie auf vielen Gebieten gefördert. Von 1906 bis 1909 studierte Melli an der „Kö- niglichen Akademie der freien Künste“ in Stockholm Bild- hauerei. In Schweden begeisterte sich Melli für das Hochseesegeln. Sie war aber auch fasziniert von den Berichten und technischen Fortschritten in der so genannten „Aviatik“ (Flugkunst). Aus diesem Grund las und sammelte sie Berichte über die Flug- versuche der berühmten Brüder Wilbur Wright (1867–1912) und Orville Wright (1871–1948). Im November 1910 kehrte Melli Beese nach Deutschland zurück und hörte am „Technikum Dresden“ (heute „Tech- nische Universität“) externe Lesungen in Mathematik, Schiffbau und Flugmechanik.

65 Noch 1910 suchte Melli Beese auf dem Flugplatz Johannisthal bei Berlin einen Fluglehrer. Zunächst versuchte sie bei den Albatros-Flugzeugwerken ihr Glück. Dort wurde sie wegen mangelnder Erfahrung mit weiblichen Schülern abgelehnt und zur „Flugmaschine Wright GmbH“ weitergeschickt, wo bereits die Ballonfahrerin Käthe Paulus (1868–1935) Flugstunden genommen hatte. Aber Paul Engelhardt (1868–1911) weigerte sich, noch einmal eine Frau zu unterrichten und empfahl Melli, sich an die „Ad Astra Fluggesellschaft“ zu wenden. Zur großen Freude von Melli nahm deren Fluglehrer Robert Thelen (1884– 1968) sie als Schülerin an. Damals mussten Flugschüler manchmal wochenlang in den Hallen eines Flugplatzes warten, bis sich endlich eine Gelegenheit für einen Start bot. Denn man wagte nur dann einen Flug, wenn ein entfaltetes, in die Luft gehaltenes Taschentuch sich nicht bewegte. Männliche Flugschüler betrachteten Melli Beese als unwillkommene Konkurrentin und versuchten, ihren ersten Flug zu verhindern. Erst als sie ihren Fluglehrer zur Rede stellte, durfte sie 1910 erstmals in die Luft aufsteigen. Bei Melli’s zweiter Flugstunde am 12. Dezember 1910 setzte der Motor des Wright-Doppeldeckers wenige Augenblicke nach dem Start aus. Die Maschine stürzte mit Fluglehrer und -schülerin aus rund 20 Metern Höhe zu Boden. Thelen blieb unverletzt, aber Melli erlitt einen komplizierten Knöchelbruch. Wegen ihrer starken Schmerzen behandelte man sie mit Morphin, was eine lebenslange Sucht auslöste. Wenige Tage nach diesem Unfall erlag der Vater von Melli einem Herz- infarkt. Mitte Januar 1911 kehrte Melli Beese – immer noch mit Krücken gehend – auf den Flugplatz Johannisthal zurück und hörte dort Unerfreuliches. Für ihren Fluglehrer Robert Thelen war ihre Bruchlandung vom 12. Dezember 1910 der Beweis dafür, dass „Frauen im Flugzeug eben Unglück

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