Originalveröffentlichung in: Stadt + Grün : das Gartenamt ; Organ der Ständigen Konferenz der Gartenbauamtsleiter beim Deutschen Städtetag 47 (1998), Nr. 10, S. 714-719 Biographien europäischer Gartenkünstler (1615-1680)

Einer der mächtigsten Männer Frankreichs ­ Mäzen berühmter Künstler ­ Tragisches Opfer der Eifersucht LUDWIGs XIV.

BARBARA BECHTER

I icolas FOUQUET (Abbildung 1) Abbildung I.­ I war eine der schillerndsten Persön­ Nicolas FOUQUET. lichkeiten des 17. Jahrhunderts in Ölgemälde von Charles N LEBRUN. Frankreich. Protegiert von den Kardinälen RICHELIEU und MAZARIN, war er unter LUDWIG XIV. Generalstaatsan­ walt des Parlaments von und Fi­ nanzminister von Frankreich, der hohe In­ telligenz und Allgemeinbildung mit erle­ senem künstlerischem Geschmack ver­ band. Seine Sammlungen waren von her­ ausragender Qualität, ebenso die von ihm geförderten Künstler und Dichter. Man­ che wurden erst von ihm entdeckt, ihr künstlerischer Durchbruch gelang oft mit den für ihn geschaffenen Werken, bekannte Kupferstecher fertigten Ansichten seiner Besitzungen. Der späteren Mißgunst des Kardinals MAZARIN, der gezielten Verleum­ dungskampagne Jean­Baptiste COL­ BERTs und dem alle Gesetze übergehen­ den Machtmißbrauch LUDWIGs XIV. ist es aber gelungen, daß nach einer beispiel­ losen Bilderbuchkarriere FOUQUETs Person, seine Leistungen, seine Verdienste und die für ihn errichteten Schlösser in na­ hezu völlige Vergessenheit geraten sind. Er wurde am 5. September 1661, nur wenige Tage nach dem berühmten Einweihungs­ fest für sein Schloß Vaux­le­Vicomte bei Melun, zu dem die königliche Familie und der ganze Hofstaat als Gäste geladen wa­ ren, verhaftet und unter anderem des Hochverrats und der Veruntreuung von wurde er Anwalt des Parlaments in Paris, 1641 verstarb. Ende 1642 wurde FOU­ Staatsgeldcrn angeklagt. Diese Punkte wa­ konnte das Amt aber erst Ende September QUET als Leiter der Polizei­, Justiz­ und ren nur vorgeschoben. Der eigentliche antreten, nachdem er eine Ausnahmege­ Finanzverwaltung nach ge­ Grund für seine Verhaftung war die Eifer­ nehmigung wegen seines zu jungen Alters schickt, im April 1648 berief MAZARIN sucht des jungen LUDWIGs XIV. FOU­ erhalten hatte. Am 14. März 1633 kaufte ihn als Bevollmächtigten der Ile­de­Fran­ QUET wurde nach dreijähriger Verhand­ ihm sein Vater die Charge eines Rates im ce zurück nach Paris. Am 26. November lung zu lebenslanger Verbannung verur­ Parlament von Metz und am 12. Januar 1650 wurde FOUQUET zum General­ teilt. LUDWIG XIV. verschärfte dieses 1636 die eines Berichterstatters im Staats­ staatsanwalt des Parlaments in Paris er­ Urteil in lebenslange Kerkerhaft. rat. Da er zu diesem Zeitpunkt erst 21 Jah­ nannt und am 7. Februar 1653, zusammen Nicolas FOUQUET") wurde 1615 als re alt war, erhielt er abermals eine Aus­ mit , zum Oberintendan­ drittes Kind von Francois FOUQUET, nahmegenehmigung, da nach einem Ge­ ten der Finanzen. SERVIEN starb im Fe­ Berater des Königs, und von Marie MAU­ setz von HEINRICH IV. das Mindestal­ bruar 1659 und FOUQUET wurde allei­ PEAU geboren und am 27. Januar 1615 in ter solch einer Position bei 32 Jahren lag. niger Finanzministcr. Damit hatte er bis zu Paris getauft. Er wurde von Jesuiten erzo­ Er heiratete am 10. Januar 1640 Louise seiner Verhaftung im September 1661 zwei gen und unterrichtet. Im Frühjahr 1631 FOURCHE in , die im August der wichtigsten Staatsämter inne, die ei­

714 10/98 STADT UND GRÜN gentlich laut geltendem Recht nicht in ei­ Abbildung 2: Aquarellierter ffcVi ner Person vereint sein durften. Am 4. Fe­ vrJ Plan von Vaux-le-Vicomte. bruar 1651 hatte FOUQUET in zweiter Ausschnitt aus Pierre DES- Ehe Marie­Magdelaine de CASTILLE ge­ GOTZ. (Inschrift auf der heiratet, die 1716 in Paris starb. Rückseite: Plan du^hasteau Im Lauf dieser steilen Karriere hatte Ni­ de Vaux-le-Vicomte, de Monsieur Fouquet, et plu- colas FOUQUET zahlreiche Häuser und lisoc imim*.mt-v sieurs autres quyfont ce Besitzungen erworben, häufig in der Nähe §m '^imm recueil). (Bibliothek des von Schlössern, wo sich der Hof und MA­ Institut de , Ms 1040, ZARIN gern aufhielten. Neben Häusern f. 14, vor 1661). in Paris und Fontainebleau seien hier auch HlS Montreuil und Saint­Mande in der Nähe des Schlosses von Vincennes bei Paris und Belle­Ile in der Bretagne genannt. Seine

-t r-,-i -i ganze Aufmerksamkeit wandte er jedoch wmiii ? i ^.lTTVlTtmOTTrttT»TtTf * T f 111 * J v insbesondere Vaux­Ie­Vicomte bei Melun zu, das er zu seinem Hauptwohnsitz er­ koren hatte. •i ' t . • nn. •*i- r Gleichzeitig entdeckte und förderte er [gSttgnj asm ^Kiftstt Dichter, Künstler und Wissenschaftler. S7A HFA fäUflsölm^K^as Mlle. de SCUDERY beschrieb mit der f ^ iuijiiHlti ^i-.^i^Hj Novelle „ Celinte" seinen Besitz in Saint­ Mande und mit ihrem Roman „ Clelie" den von Vaux­le­Vicomte. Letzterer wurde auch von Jean de LAFONTAINE in „ Le songe de Vaux" sehr poetisch geschildert. Für FOUQUET arbeiteten auch LORET, ' i Ji £K it i und MOLIERE, t^Uiiatn.^tiUUiu *. mit Mme. de SEVIGNE stand er in regem Briefkontakt. Für sein Schloß in Saint­Mande erwarb er komplette humanistische, theologische, medizinische und technische Bibliotheken bekannter Wissenschaftler, die er Forscher und Kapazitäten seiner Zeit nutzen ließ. Sei­ ne Sammlungen waren ebenso berühmt: neben den Bibliotheken besaß er erlesene p Kollektionen von Gemälden, Skulpturen, — Möbeln, Porzellan juwelen und Gobelins sowie Münzen­ und Medaillenkabinette mit seltensten Exponaten. Sein Bruder Lou­ m is FOUQUET erwarb 1655/56 eine Fülle m antiker und zeitgenössischer Kunst in Ita­ ^J^y*' lien, schuf während sei­ nes Romaufenthaltes die Modelle eines Ä& m Skulpturenzyklus für Vaux­le­Vicomte. Europaweit gerühmt wurden auch die Ane­ monensammlung und die Orangerie im J Garten von Saint­Mande sowie später das «Ä Blumenparterre in Vaux­le­Vicomte.

Vdux­le­Vicomte2)

Mit dem bereits 1641 erworbenen Besitz Abbildung 3: Schloß und in Vaux schuf FOUQUET sich einen Sitz, Garten Vaux-le-Vicomte. der seinem Rang als einem der wichtigsten (Luftaufnahme von 1990).

STADT UND GRÜN 10/98 715 Abbildung 4: Die Garten­ Männer Frankreichs entsprach. Die Ar­ seite des Schlosses. beiten begannen im August 1656 (Abbil­ (Foto: Verfasserin, 1991). dungen 2 und 3). Den Plänen Louis LE­ VAUs und Andre LENÖTREs folgend, veränderte sich die Vicomte von Vaux voll­ kommen. Das Dorf Vaux mit dem alten

• • Schloß verschwand völlig, so daß sich heu­ ii I te nicht einmal der genaue Standort fest­ stellen läßt. Bereits im Oktober 1656 wa­ ren die Schloßfundamente über der Erde, im September 1657 stand der Rohbau, und im August 1658 errichtete man die Later­ ry ne über der Kuppel (Abbildung 4). Schon während dieser Zeit wurde die Innende­ koration ausgefühit. Wie zuvor Saint­Man­ de war auch Vaux schon bald Ziel illustrer Gäste, als erste Besucherin kam schon 1657

-•Ä^.-T- „ i-U»^ » die Königin CHRISTINE von Schweden nach Vaux. Im Juli 1659 müssen der Bau der Wasserkünste und die Installation der Fontänen schon weit fortgeschritten ge­ wesen sein, da wenige Tage nach einem Be­ such MAZARINs am 25. Juni der König, die Königinmutter, Monsieur und einige 3» Angehörige des Hofes nach Vaux kamen, />,•• um diese zu besichtigen (Abbildungen 5 'l, lü und 6). WBMM Am 9. Juni 1660 heiratete LUDWIG ttJL Htafa LA. JäJ «iffjaB XIV. in Saint­Jean­de­Luz die Infantin äLti ^aoR MARIE­THERESE von Spanien. Am 19. Li .i^­ö^ü*^. ­^­iftr Juli 1660 unterbrach er die Rückreise in üMt_ tj^ ai^üj^ *iut-*iu*i 5 ———- 'TT^r^r-.»" -.-i-^-rr-. Ilir-^ll^a«-... .-I- -J- - - - . Lil^L^ ^ Vaux­le­Vicomte, wo FOUQUET ihm ei­ miiRfpii r^ipr' nen grandiosen Empfang gab. Ein Jahr spä­ ... .• - i: .-• va ter, am 12. Juli 1661, besuchte die Königin YLLMCOMTr.

Abbildung 5: Veue et per­ spective du Iardin de Vaux­ le­Vicomte von Israel SIL­ VESTRE, 1660. (Bibliothe­ que Nationale, Cabinet des Estampes, VA 420 ft. 4 und Ed 45a. Aus: R. PFNOR: Le chäteau de Vaux­le­Vicom­ i'i i ' <4 te. Paris, 1888). mm­ Vi

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Abbildung 6: Die Garten­ anlage. (Luftaufnahme von 1991). m . i

716 10/98 STADT UND GRÜN HENRIETTA MARIA von England, in Begleitung von Monsieur, Madame und Angehörigen des Hofes, Vaux­le­Vicom­ te. FOUQUET hatte, nach einem erlese­ w nen Mahl, ein Fest mit concerts et melodie organisiert, MOLIERE und seine Schau­ spieltruppe führten L'ecole des Maris auf. Diese neue Komödie wurde so begeistert aufgenommen, daß sie schon wenige Tage später in Fontainebleau vor dem König nochmals aufgeführt wurde. tm. Das berühmteste und zugleich letzte Fest FOUQUETs fand am 17. August 1661 in Vaux­le­Vicomte statt.3) Die Vorberei­ tungen begannen bereits Mitte Juli. Char­ les LEBRUN unterbrach seine Arbeiten für die Ausmalung der Kuppel im Schloß und organisierte das Fest. Es sollte ein nächtliches Fest mit Hunderten von Lam­ Abbildung 7: Veue et per­ pen zur Beleuchtung von Gebäude und spective de Vaux­le­Vicom­ Garten sowie einem großen Feuerwerk Million Raketen auf, die in die Höhe stie­ te du coste du Iardin von werden. MOLIERE erhielt den Auftrag Israel SIL VESTRE, 1660. gen und sich so verlängerten, daß sie den für ein ganz neues Stück, Les Fächeux. Er (Bibliotbeque Nationale, ganzen Garten überdeckten und dann auf hatte nur 14 Tage Zeit, es zu schreiben und Cabinet des Estampes, VA der anderen Seite herunterfielen, derart, mit seiner Truppe einzustudieren. Aus den 420 ft. 4 und Ed 45a. Aus: R. daß sie ein Feuergewölbe formten...". Zum anderen Häusern FOUQUETs wurden PENOR: Le chäteau de Festabschluß wurde im Schloß nochmals Möbel, Geschirr usw. nach Vaux gebracht. Vaux­le­Vicomte. Paris, ein Imbiß gereicht. Im Morgengrauen Der König, die Königin ANNE d'Autri­ 1888). kehrten LUDWIG XIV. und der Hof nach che, Monsieur, Madame und der überwie­ Fontainebleau zurück.4' gende Teil der Damen und Herren des Ho­ Durch die Verhaftung FOUQUETs fes verließen Fontainebleau um 15 Uhr und wurden die Arbeiten an Schloß und Gar­ kamen gegen 18 Uhr in Vaux an. Schät­ (Abbildung 7). FOUQUET hatte für die ten unterbrochen. Einige Dekorationsar­ zungen beliefen sich auf 6000 Besucher. Im Majestäten Kaleschen anfertigen lassen, die beiten, so die Deckenmalerei im Ovalen Schloßhof waren Zelte für ein Lotteriespiel die Königinmutter für die ganze Prome­ Salon, wurden nicht mehr fertiggestellt, aufgestellt, bei dem die Damen Juwelen, nade benutzte. ebenso die Ausführung verschiedener Bos­ die Herren Waffen gewinnen konnten. Zu­ Nach der Rückkehr des Königs zum ketts und die Aufstellung einiger Statuen, erst wurde das Schloß besichtigt, danach Schloß wurden erlesenste Speisen in sechs zum Beispiel der Neptungruppe. Aber im die Gartenanlage. In allen Bassins sprudelte Gängen serviert, dazu erklang die Musik großen und ganzen war die Anlage von das Wasser und belebte die Parterres, die von 24 Geigen. Anschließend wurde un­ Vaux­le­Vicomte vollendet. Alleen und den Garten. Der König durch­ terhalb der Tannenallee bei den Kleinen Durch den Verlust vieler Schloß­ und schritt die Anlage in ihrer ganzen Länge. Kaskaden (grille d'eau) die Komödie MO­ Gartenanlagen der ersten Hälfte des 17. Er folgte der Mittelallee zwischen den LlEREs aufgeführt. Zwischen den ein­ Jahrhunderts ist es schwer, Vorbilder für „ hundert 35 Fuß hohen Strahlen " der allee zelnen Szenen trat das Ballett auf. Nach Vaux­le­Vicomte zu finden. Einen Hin­ d'eau, die den Eindruck „ kristallener Git­ dem Ende der Vorstellung fand das große weis gibt die Gestaltung von Saint­Mande ter" hervorriefen, und blieb am Spiegel­ Feuerwerk statt. Schloß und Grotte waren (Abbildung 8), einem anderen Besitztum bassin stehen, um von dort die Großen hell erleuchtet, 400 Lampen standen ent­ FOUQUETs, das er 1654 erwarb. Es Kaskaden, den Kanal und die Grotte zu lang der Alleen. Das Feuerwerk wurde bei ist heute verloren, könnte aber ein Vor­ bewundern. Danach schritten der König der Wassergarbe gezündet. Unzählbare Ra­ gänger von Vaux­le­Vicomte sein.5' Ob und Angehörige des Hofes auf einer Holz­ keten stiegen auf und bildeten dabei 1000 LENÖTRE dort tätig war, ist nicht gesi­ brücke über den Kanal und stiegen ober­ verschiedene Figuren. Ein künstlicher Wal chert, aber möglich. Der verantwortliche halb der Grotte, wo eine 20 Fuß hohe Was­ schwamm in dem Kanal, und aus seinem Gartenarchitekt mußte Rücksicht auf eine sergarbe von der Dicke eines menschlichen Körper schössen Knallfrösche und Rake­ ältere Anlage nehmen. Auffallend ist die Körpers war, zu der Herkulesstatue hoch. ten aller Art. Nach Beendigung dieses Komposition mit einer dominanten Mit­ Von dieser Stelle konnten sie „ die schönste Spektakels kehrte die Gesellschaft zum telachse, die sich, wie später in Vaux­le­Vi­ Aussicht der Welt" genießen, das heißt Schloß zurück. Im gleichen Moment stie­ comte, in ein Patte d'oie aufspaltet. Auch Schloß und Garten von Vaux­le­Vicomte gen von der Kuppel des Schlosses „eine das Hauptparterre ist schon längsrecht­

STADT UND GRÜN 10/98 717 Abbildung 8: Plan de la März 1661, FOUQUET der Veruntreu­ maison et jardin deSt- ung zu beschuldigen, und empfahl LUD­ Maude apartenanta Möns, le WIG XIV. COLBERT. Dieser arbeitete Suriatendant FOUC- zielstrebig auf den Sturz FOUQUETs hin. QUET, 1663. (THC429, LUDWIG XIV. verlangte auf Anregung Stockholm. Aus: E. de GANAY: Andre LENOST- COLBERTs jeden Tag Finanzaufstellun­ RE. Paris, 1962). gen von FOUQUET, die dieser ver­ fälschte, unter anderem um den verstor­ ÄO benen MAZARIN zu schützen. COL­ IC 21 im BERT prüfte diese Aufstellungen jeden NM! Abend und deckte die Fehler auf. Gleich­ zeitig empfahl er FOUQUET, sein Amt als Generalstaatsanwalt zu verkaufen (als Amtsinhaber konnte er nicht vom Parla­ ment verurteilt werden), da der König ihn m G SS (angeblich) als Nachfolger des Kanzlers SEGUIER vorgesehen habe. Am 23. Sep­ tember 1661, wenige Tage nach der Ver­ haftung FOUQUETs, ließ COLBERT in IT : i i T11:11 l'IMiliül Saint­Mande alle Briefe abholen, die FOU­ QUETs Verbindung mit dem Kardinal 11 und Zahlungen an MAZARIN darlegten rH und seiner Verteidigung hätten dienen kön­ nen. Eine diesbezügliche Beschwerde von de la FOSSE, der beauftragt war, das In­ si ventar von Saint­Mande aufzustellen, blieb erfolglos. Der wichtigste Punkt, der zum Sturz eckig, aber in sich noch symmetrisch. Da­ ben wurde, gehört Vaux­le­Vicomte heu­ FOUQUETs führte, war die Eifersucht gegen ist das dazugehörende große Was­ te zu den am besten erhaltenen größeren LUDWIGs XIV. Nicht FOUQUETs serrund auch aus der Mitte herausgerückt Anlagen des 17. Jahrhunderts. Bei der Ge­ Veruntreuungen, die allgemein „üblich" und scheint mit einem bastionsartigen Vor­ staltung von Vaux­le­Vicomte hatten Louis waren, ließen ihn in Ungnade fallen, son­ bau zum weiteren Garten überzuleiten. Ei­ LEVAU, Charles LEBRUN und Andre dern die in Vaux­le­Vicomte entfaltete nes der wichtigsten in Vaux­le­Vicomte LENÖTRE das Glück, eine absolute Pracht. Mit dem Bau von Vaux­le­Vicom­ verwirklichten Prinzipien, die Überschau­ Neuschöpfung zu kreieren, hier konnten te, dem dort zur Schau gestellten Luxus barkeit von einem Punkt, ist zwar schon erstmals ihre Idealvorstellungen verwirk­ und den dort veranstalteten Festen über­ angedeutet, aber noch lange nicht erreicht. licht werden. Dieselben Künstler arbeite­ traf FOUQUET alles Vorhergehende so­ Trotzdem könnte Saint­Mande in seinen ten später in Versailles. Durch die dort er­ wie die Möglichkeiten des erst 23jährigen Hauptlinien ein Vorgänger von Vaux sein. strebte Machtdemonstration und Größe Königs, der von MAZARIN finanziell sehr Dessen Gesamtanlage, ein Werk von sowie die Rücksichtnahme auf eine ältere knapp gehalten wurde, bei weitem. Vaux vordem noch nie erreichter künstlerischer Anlage konnte allerdings nie eine solch per­ übertraf alle königlichen Residenzen an Geschlossenheit, war richtungweisend für fekte und in sich geschlossene Einheit der Schönheit und Ausstattung. FOUQUET die Weiterentwicklung der französischen Gesamtanlage mit fest integriertem Schloß beging den schweren Fehler, LUDWIG Schloß­ und Gartenbaukunst (allen voran wie in Vaux­le­Vicomte erreicht werden. XIV. durch seinen sichtbaren Reichtum zu Versailles) und gehört zu den bedeutend­ beleidigen. Eine etwas boshafte Schilde­ sten Leistungen des europäischen Barocks. Der Sturz FOUQUETs rung des Königs in den zeitgenössischen Da Schloß und Garten von tiefgreifenden Memoiren des Herzogs von SAINT­SI­ Veränderungen verschont blieben und die Der Kardinal MAZARIN war, wie be­ MON zeigt die Folgen: jahrzehntelange Vernachlässigung durch reits erwähnt, zuerst ein großer Förderer „Geist, Überlegenheit, Selbstachtung, eine hervorragende Restaurierung 1875 bis FOUQUETs. Dieser konnte und mußte Tapferkeit, Großmut, Bildungsstreben, all 1920 unter Leitung des Architekten H.­A. ihm als Finanzminister riesige Geldsum­ das schien ihm verdächtig und schließlich DESTAILLEUR und der Gartenarchi­ men zur Verfügung stellen, ohne dafür sogar verabscheuungswürdig. Je älter er tekten LAINfi und Achille DUCHENE Quittungen zu erhalten. Sicher hat FOU­ wurde, desto mehr verstärkte sich diese Ab­ (bis auf wenige Vereinfachungen im Gar­ QUET auch Unsummen für Vaux­le­Vi­ neigung; er übertrug sie, wie man noch se­ ten, unter anderem Verzicht auf das Blu­ comte bezahlt, aber MAZARIN erdrei­ hen wird, auch auf seine Minister und Ge­ menparterre und die „ allee d'eau ") beho­ stete sich noch kurz vor seinem Tod am 9. nerale. Er wollte allein regieren; die Ei­

718 10/98 STADT UND GRÜN /ersucht, mit der er darauf erpicht war, Mme. de SEVIGNE. Während des Pro­ Anmerkungen grenzte an Schwäche.... Sein erster Griff zesses setzten LUDWIG XIV. und COL­ "Alle Lebensdaten zu FOUQUET finden sich in den Mono­ nach den Zügeln der Herrschaft ist ge­ BERT die Richter dermaßen unter Druck, graphien von E. BONNAFFE: Le surintendant FOUQUF.T. Paris/London, 1882; U. V. CHÄTELA1N: Le surintendant kennzeichnet durch außerordentliche Här­ daß viele sich öffentlich darüber be­ FOUQUET. Paris, 1905; D. DESSERT: FOUQUET. o. O. te einerseits und außerordentliche Ver­ schwerten. FOUQUET wurde am 20. De­ 1987; J. LAIR: Nicolas FOUQUET. Paris, 1890, 2 Bd; A. blendung andererseits. FOUQUET'war zember 1664 zu lebenslanger Verbannung SAVINE/F. BOURNAND: FOUQUET. Paris 1905. 7 B. BECHTER: Der Garten von Vaux­lc­Vicomte. Egels­ der Unglückliche, an dem jene Härte sich verurteilt. ) LUDWIG XIV. verschärfte bach/Köln/Ncw York 1993 (Veröffentlichung als Microfi­ erprobte... dieses Urteil, einmalig in der französischen che; Auszüge in: Die Gartenkunst 1, 1993, 67­90). J. COR­ Nicolas FOUQUET wurde am 5. Sep­ Rechtsgeschichte, in lebenslange Kerker­ DEY: Vaux­le­Vicomte. Paris 1924. 3 tember 1661 in Nantes verhaftet und un­ haft. ' Es gibt dazu mehrere Schilderungen: ter anderem des Hochverrats und der Ver­ Am 27. Dezember 1664 traf FOU­ BN (= Bibliotheque Nationale, Paris), Thoisy 402, 714­736: „Relation des magnificanecs faites par Monsieur FOUQUET untreuung von Staatsgeldern angeklagt. QUET in der Festung von Pignerol in Pie­ ä Vaux­le­Vicomte lorsque le Rov y alla, le 17 aoust 1661 et de Diese Gründe waren jedoch, wie bereits mont ein, an der äußersten Grenze des Rei­ la somptuosite de ce Heu." erwähnt, nur vorgeschoben. In Wahrheit ches. Die Bestimmungen des Königs für J. LORET: La muze historique ou recueil des lettres en vers mußte er stellvertretend für eine ganze Ge­ die Gefangenschaft waren außerordentlich contenant les nouvelles du temps. Paris 1878, Bd. 3, 391­393. J. de LAFONTAINE: Lettre ä M. de Maucroix. Relation sellschaftsschicht büßen, deren Besitzam­ hart. FOUQUET durfte weder mündlich d'une fetc donnce ä Vaux. In Oeuvres de J. de LAFONTAI­ bitionen zu groß geworden waren. noch schriftlich Kontakt zur Außenwelt NE. Bd. 9, Paris 1892, 342­352. 48 Stunden nach seiner Verhaftung war aufnehmen, er durfte keinen Besuch emp­ BN, ms. italien 1850, 372 recto­373 verso, Brief des venezia­ bereits sein gesamter Besitz in Vaux, Fon­ fangen und seine Zelle von 24 m2 niemals nischen Botschafters Alvisc GRIMANI vom 27. 8. 1661, in dem er das Fest Schilden. verlassen. Der Wunsch nach Papier und tainebleau, Saint­Mande usw. versiegelt. Gazettes 1661, No. 98, 797­798. Mme. FOUQUET mußte sofort nach Li­ Tinte sollte verweigert werden, zum Lesen 4> Es ist festzuhalten, daß ein solches Fest mit diversen Ver­ moges abreisen, ihre Kinder wurden von bekam er jeweils nur ein Buch. Nach elf gnügungen, Komödie, Ballett, Feuerwerk usw. vollkommen ihr getrennt und ihrer Großmutter über­ Jahren Haft erhielt Mme. FOUQUET neu für das 17. Jahrhundert war. In dessen weiterem Verlauf wurde diese Art zum festen Bestandteil der Unterhaltungen geben. Alle Freunde und Agenten FOU­ 1672 zum ersten Mal die Erlaubnis, ihrem und Feste in Versailles. Das Fest Les Plaisirs Je l'Ile enchantee QUETs wurden Opfer genauester Haus­ Mann zu schreiben, seit 1674 durfte sie dies ist voll von Anklangen an den Abend in Vaux. Eine Komödie, durchsuchungen. Am 13. September 1661 zweimal pro Jahr. Ab 1677, nach 16 Jah­ wie in Vaux Les fäcbeux, wurde unter freiem Himmel aufge­ führt, dazwischen wurden Verse aufgesagt, zu den Imbissen wurden bereits Kommissare zur Bestands­ ren Haft, durfte er aufgrund seiner Er­ erklang Geigenmusik LULLIs, und es wurden Feuerwerke aufnahme nach Vaux geschickt, ein Groß­ krankung täglich einige Stunden an die fri­ und andere Vergnügungen arrangiert. teil seiner Sammlungen und seines Besit­ sche Luft, weitere Erleichterungen folgten 5) Vgl. hierzu auch L. CHÄTELET­LANGE: Le Nötre et zes wurden vom König konfisziert. im Dezember 1678. Im Mai 1679, nach 18 ses jardins. In: Art de France IV, 1964, 302. L. HAUTECOEUR: Histoire de l'architecture en France. Der Prozeß zog sich über drei Jahre hin. Jahren der Trennung, durfte ihn seine Fa­ Bd. 2. Paris 1948, 101­102. In dieser Zeit neigte sich die öffentliche milie zum ersten Mal besuchen. Anfang G. WEBER: Brunnen und Wasserkünste in Frankreich im Meinung immer stärker FOUQUET zu. 1680 wurde es immer wahrscheinlicher, Zeitalter von LOUIS XIV. Worms 1985, 95­96. Dies war auch bedingt durch die vielen öf­ daß FOUQUET aus Gesundheitsgründen * S. von MASSENBACH (Hrsg.): Die Memoiren des Her­ zogs von SAINT­SIMON. Frankfun, M./Bcrlin/Wien 1985, fentlichen Verteidigungen durch bekann­ begnadigt werden würde. Leider hat er dies Bd. 3., 263. te Dichter wie Pierre CORNEILLE oder nicht mehr erleben dürfen. Er starb am 23. 7)G. PATIN: Lettres. Hrsg. vonJ.­H. REVEILLE­PARI­ Jean de LAFONTAINE mit seinem März 1680 in der Festung von Pignerol, SE. Paris 1846, 502­503. berühmten Gedicht „Nymphes de Vaux" ohne seine Freunde und seine Besitzungen sowie durch Damen der Gesellschaft wie jemals wiedergesehen zu haben.

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