Deutscher 19. Wahlperiode 223. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2021 28251 Vizepräsidentin (A) Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums Fakt ist jedenfalls, dass bei den Straßenprojekten aus (C) für Verkehr und digitale Infrastruktur auf. Zur Beantwor- dem Bedarfsplan die Planungsmaschinerie und auch die tung steht bereit der Parlamentarische Staatssekretär Baumaschinen längst ins Rollen gekommen sind, wäh- . rend die Schienenwegeprojekte im Zusammenhang mit dem Deutschlandtakt noch auf eine Bewertung warten, Wir kommen zur Frage 1 des Abgeordneten Matthias ob sie sozusagen überhaupt umgesetzt werden sollen Gastel: und seitens der Bundesregierung gewünscht sind. Da Wann wird das Ergebnis der gesamtwirtschaftlichen Bewer- gibt es also eine krasse Schieflage zwischen Straßen tung der Infrastrukturmaßnahmen für den Deutschlandtakt und Schienenwegen. Vielleicht machen Sie auch die an- (Bundesschienenwegeausbaugesetz, Potenzieller Bedarf deren Schienenprojekte zu Ihrer persönlichen Sache; da- mit es da schneller vorangeht. bereits Kenntnisse über das Ergebnis (vergleiche die vorläufi- ge Verkündung bei der Untersuchung des Gäubahntunnels, Meine Frage ist zunächst einmal: Werden denn die www.neckar-chronik.de/Nachrichten/Hermann-warnt-Das-ist- nicht-serioes-488764.html)? Projekte des Deutschlandtaktes einzeln bewertet, oder gibt es eine Gesamtbewertung des Deutschlandtaktes? Bevor Sie beginnen, Herr Staatssekretär, bitte ich Sie, Die Frage ist natürlich von großer Relevanz; denn die liebe Kolleginnen und Kollegen, die notwendige Auf- Projekte hängen ja zusammen. Der Deutschlandtakt ist merksamkeit herzustellen und notwendige Gespräche natürlich ein Projekt für sich, funktioniert aber nur, entweder außerhalb des Plenarsaals zu führen oder so, wenn jedes Infrastrukturprojekt tatsächlich realisiert dass sie den weiteren Verlauf nicht stören. Bitte, Herr wird; sonst lässt sich der Deutschlandtakt nicht fahren. Staatssekretär. Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Kollege Gastel, ich habe mir vorhin den kleinen Spaß Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Kollege Gastel, erlaubt, in die Suchfunktion der Bundestagsseite die die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sol- len bis Mitte 2021 vorliegen. Die Bewertung des Bedarfs- Die Gäubahn scheint also unser gemeinsames Hobby zu sein. planvorhabens Gäubahn liegt ja bereits vor und wurde in unserem Projektinformationssystem PRINS veröffent- (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der licht. Ich möchte noch hinzufügen, dass die Gäubahn CDU/CSU) bereits im geltenden Bedarfsplan für die Bundesschie- Ich freue mich jedenfalls, wenn wir jetzt in der Umset- (B) nenwege enthalten ist. Die Bewertung der Gäubahn (D) erfolgte aufgrund neuer Erkenntnisse zum Betriebskon- zung weiterkommen. Ich würde mich auch freuen, wenn zept unabhängig von der Bewertung des Deutschlandtak- Sie es konstruktiv begleiten. tes, um möglichst schnell die notwendigen Voraussetzun- Dass hier kein falscher Eindruck entsteht: Der gen für die Aufnahme der weiteren Planung zu Deutschlandtakt ist wichtig, hat für uns höchste Priorität, ermöglichen; das Land Baden-Württemberg hatte auch ist aber nicht das Einzige, womit wir die Schieneninfra- darum gebeten. struktur in Deutschland voranbringen wollen. Vielmehr gibt es den Bundesverkehrswegeplan mit den vielen ver- Im Übrigen geht dieses Vorgehen auch aus der Fußnote schiedenen Projekten aus den Bereichen Straße, Wasser- der Netzgrafik des Fernverkehrs zum dritten Gutachter- straße, aber eben auch Schiene. Und bereits jetzt werden entwurf des Zielfahrplans hervor. Da steht: Das Konzept viele Schienenprojekte in Deutschland umgesetzt, und für die Fernzüge auf der Gäubahn basiert auf einem zwar gefördert mit immer höheren Summen. Wir haben Betriebs- und Angebotskonzept, das zwischen Land und ab dem nächsten Jahr sogar mehr Geld für die Schiene als der DB AG im Rahmen des Deutschlandtakts weiterent- für die Straße zur Verfügung. Der Bund stellt auch mit wickelt wurde. Die hinterlegte Infrastruktur gilt vorbe- dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz große Mittel haltlich einer positiven gesamtwirtschaftlichen Bewer- zur Förderung regionaler Schienenprojekte zur Verfü- tung im Kontext des Bedarfsplanvorhabens. gung; auch diese dienen dazu, den Deutschlandtakt umzusetzen. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu Ihrer am Schluss genannten Frage: Es gibt zuerst Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. die Bewertung des Gesamtfahrplans Deutschlandtakt, dann werden Projektbündel bewertet. Also, wir haben schon immer einen Blick auf regionale Zusammenhänge. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Am Ende wollen wir mit dem Deutschlandtakt aber ein Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär großes Konstrukt umsetzen. Bilger, ich würde mir natürlich wünschen, es würde bei allen Schienenprojekten so schnell gehen wie bei dem einen, das Ihnen persönlich ganz offensichtlich so wich- Vizepräsidentin Petra Pau: tig ist, dass jetzt schon, obwohl später mit der Planung Bevor wir zur zweiten Nachfrage kommen, komme ich und Untersuchung begonnen worden ist, Ergebnisse über zurück zu Tagesordnungspunkt 1 a. Die Zeit für die na- die Wirtschaftlichkeit vorliegen zehn Tage vor der mentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der Landtagswahl in Baden-Württemberg: Ein Schelm, wer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist abgelaufen. Ist dabei irgendeinen Zusammenhang vermutet. noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stim-

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Vizepräsidentin Petra Pau (A) me nicht abgegeben hat? Das ist nicht der Fall. Ich Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- (C) schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Herr Kollege Jung, vielen Dank für die Frage. Nach- Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt dem wir Sie vor einigen Tagen eigentlich schon verab- gegeben.1) schiedet hatten: Schön, dass Sie immer noch hier sind und sich weiter an der verkehrspolitischen Debatte beteiligen. Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich kann leider jetzt aus dem Stegreif keine wasser- Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dichte Aussage dazu machen; das werde ich Ihnen gerne Danke noch mal, Frau Präsidentin. Meine zweite schriftlich nachreichen. Aber Sie sprechen ja damit auch Frage ist: Ist denn, Herr Bilger, für all das, worüber wir an, wie wichtig es ist, dass wir in unserem Schienennetz Ausweichstrecken haben. Es hat für uns auch eine ganz jetzt sprechen, eine Änderung des Bundesschienenwege- ausbaugesetzes notwendig? Denn darin stehen die Pro- hohe Priorität, dass immer gewährleistet sein muss, dass wir auf den wichtigen Güterverkehrsstrecken Ausweich- jekte ja häufig nicht so konkret, wie sie später, etwa auf- grund von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verändert, möglichkeiten haben; denn Vorfälle, wie die beiden von realisiert werden sollen. Auch beim angesprochenen Ihnen angesprochenen, wird es immer wieder geben, Ausbau der Gäubahn beispielsweise kommt es ja, wenn auch wenn wir alles tun, um das zu verhindern. Dafür hinsichtlich Lage und Projektumfang tatsächlich das zur brauchen wir dann auch wirklich Ausweichmöglichkei- Realisierung geführt werden soll, was Sie da jetzt vor- ten. haben, zu deutlichen Änderungen gegenüber der (Dr. [FDP]: Ich kontrolliere Sie Beschreibung im Bundesschienenwegeausbaugesetz. bis zum letzten Tag, bis zum 30. April! Vielen Dank!) Also: Wird das Gesetz noch mal geändert? Oder gehen Sie davon aus, dass alle Projekte, die sich als wirtschaft- Ich freue mich. lich erweisen, automatisch in den Vordringlichen Bedarf gemäß des Bundesschienenwegeausbaugesetzes aufstei- Vizepräsidentin Petra Pau: gen, auch dann, wenn sich der Projektumfang und der Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Esdar. Projektinhalt verändern?

Dr. (SPD): (B) Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssek- (D) Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- retär Bilger, Sie haben vom Deutschlandtakt gesprochen nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: und sehr deutlich gemacht, wie groß und umfassend die- Ja, Herr Kollege Gastel, in der Tat kann es Verände- ses Projekt ist. Wir als Parlamentarier, als diejenigen, die rungen der Umsetzungskonzeption geben, die dazu füh- den Haushalt beschließen, befassen uns natürlich auch ren, dass aus einer Ausbaustrecke Sie kennen das ja aus aus haushalterischer Sicht damit. Darum meine Nachfra- dem Bundesverkehrswegeplan eine Ausbaustrecke/ ge an Sie: Ist geplant, dass wir über den Deutschlandtakt Neubaustrecke wird. Das prüfen wir jeweils. Wir werden auch als Parlamentarier hier im Hause abstimmen, und ja dann, wie ich es Ihnen gesagt habe, Mitte des Jahres halten Sie es für angemessen, dass wir darüber abstim- auch die Ergebnisse der Deutschlandtakt-Bewertung vor- men? liegen haben. Dann werden wir natürlich auch den Deut- schen Bundestag darüber informieren, wo aus unserer Sicht gegebenenfalls Änderungen erforderlich sind. Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Der Deutschlandtakt, Frau Kollegin, bezieht sich ja, Vizepräsidentin Petra Pau: wenn es um die Realisierung von Projekten geht, auf Der Kollege Dr. Jung hat das Wort zu einer Nachfrage. die ohnehin bestehenden Planungen, zum einen auf den Bundesverkehrswegeplan, in dem Projekte stehen, die auch für den Deutschlandtakt erforderlich sind, und Dr. Christian Jung (FDP): zum anderen dort, wo es eine Nahverkehrsrelevanz gibt, Herr Staatssekretär Bilger, die Frage betraf ja den auf das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, wo wir Deutschlandtakt. Wir haben immer wieder Probleme bei die Mittel auch aufgestockt haben, sowohl die Summe der Schiene durch Streckensperrungen. Wir haben aktuell insgesamt als auch die Anteile, die vom Bund dafür zur die Probleme in Rheinland-Pfalz Mittelrheintal, Lore- Verfügung gestellt werden. ley-Felsen bei Kestert , und ich würde mal die Hypo- Im Bundesverkehrswegeplan sind die Projekte enthal- these aufstellen: Der wirtschaftliche Schaden ist bereits ten, die der Deutsche Bundestag bereits beschlossen hat. genauso groß wie nach dem Vorfall bei Rastatt 2017. Da gibt es den Umsetzungsauftrag, den auch unser Haus Deswegen ist meine Frage: Wie sieht es die Bundesregie- zu erfüllen hat. Bei den Projekten des Nahverkehrs ist es rung? Ab wann kann diese Strecke wieder in Betrieb eine Entscheidung der Länder, welche Projekte diese bei gehen? uns anmelden. Es wird natürlich bei uns geprüft, ob alle Kriterien erfüllt sind. Aber ich halte es nicht für erforder- 1) Ergebnis Seite 28258 C lich, neben den Beschlüssen, die ohnehin für diese

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 223. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2021 28253 Parl. Staatssekretär Steffen Bilger (A) Schienenausbaumöglichkeiten nötig sind, eine zusätzli- der Schiene aus Klimaschutzgründen, aber natürlich (C) che Abstimmung über einzelne Maßnahmen des auch, um solche internationalen Vereinbarungen zu erfül- Deutschlandtaktes vorzunehmen. len, jetzt richtig Gas zu geben. (Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Herzlichen Dank!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 1 stellt der Abgeordnete Vizepräsidentin Petra Pau: Spaniel. Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Gelbhaar das Wort. Dr. (AfD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): die Frage, die ich mir zum Thema Deutschlandtakt stelle, Herr Bilger, ich möchte Ihnen folgende Frage stellen. ist ganz einfach. Wir haben ja hier gelernt, dass es ein Deutschland hat sich zum Beispiel gegenüber den Nie- Infrastrukturprojekt ist, das auch eine Netzplanung nach derlanden und der Schweiz verpflichtet, seine eigenen sich zieht. Jetzt haben wir gelernt, dass die Infrastruktur- Bahnstrecken auszubauen, um den Transport schneller maßnahmen in Deutschland nicht unbedingt so weit fort- zu machen. Wir können beobachten, dass die Niederlande geschritten sind, wie sich das manche wünschen. Können und die Schweiz ihre vertraglichen Verpflichtungen ein- Sie ausschließen, dass sich durch die Einführung des gehalten haben, Deutschland aber nicht. Deutschlandtaktes wesentliche Fernverkehrsverbindun- gen verlangsamen, oder ist das ein Risiko, das man hier Deswegen die Frage an die Bundesregierung und jetzt an Sie: Was tut Deutschland, um seinen Vertragsver- eingehen muss? pflichtungen nachzukommen und endlich auch diese

Bahnstrecken auszubauen, um dort schneller zu werden? Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- Gibt es da Gespräche mit der Bahn? Überlegen Sie, eine nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: eigene Infrastrukturgesellschaft einzurichten? Was tun Herr Kollege Spaniel, der Deutschlandtakt wird helfen, Sie, damit wir über dieses Thema nicht noch nächstes, dass es für alle Bahnreisenden spürbar besser wird. Wir übernächstes und überübernächstes Jahr reden? wollen damit bessere Verbindungen realisieren, natürlich auch schnellere Verbindungen. Er führt dazu, dass dann Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- die Anbindung an den Knoten auch tatsächlich funktio- nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: niert. Wir kommen aber auch ein Stück weit weg von der Herr Kollege Gelbhaar, Sie sprechen ein wichtiges rein streckenbezogenen Betrachtung. Wenn Sie eine Rei- (B) Thema an. In der Tat ist Deutschland ganz viele interna- se von Berlin nach antreten, kommt es für Sie ja (D) tionale Verpflichtungen eingegangen. Wahrscheinlich darauf an, wie schnell Sie zum Ziel kommen, und nicht war es vor vielen, vielen Jahren zu viel im Vergleich zu unbedingt auf die Länge oder die Dauer der jeweiligen dem, was realisierbar war. In einer Situation, in der es zur Streckenabschnitte. Also: Das ist wirklich eine Betrach- deutschen Einheit und zum Ende des Kalten Krieges tung, die im Interesse der Bahnreisenden ist. Und: Ich kam, standen nicht die nötigen Haushaltsmittel dafür will auch nicht unerwähnt lassen, dass der Deutschland- zur Verfügung. Leider reden wir im Bereich der Schiene takt auch dazu dient, dass der Schienengüterverkehr bes- oft über Realisierungszeiträume von Jahrzehnten. ser und schneller werden kann, damit wir es schaffen, dass mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene Wir haben aber vor einigen Jahren unseren Investi- kommt. tionshochlauf gestartet. Dieser gilt insbesondere auch für die Schiene. Deswegen kommen wir jetzt auch wirk- lich voran. Da Sie die Schweiz angesprochen haben, Vizepräsidentin Petra Pau: nenne ich hier das Stichwort mit Milliar- Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Matthias Gastel deninvestitionen. Hier sagen wir: Wir werden den Ver- auf: kehr, der auf die Rheintalbahn geht, sei es von der Welche Änderungen plant die Bundesregierung bei den Schweiz in unsere Richtung oder umgekehrt, dann auch Bewertungsmethodiken (Methodik des Bundesverkehrswege- tatsächlich bewältigen können. plans und der standardisierten Bewertung) zur Elektrifizierung von Bahnstrecken des Bundes, und sind weitere Änderungen Zu nennen ist auch ein Projekt wie die vorhin schon der Bewertungsmethodiken zur Stärkung von beispielsweise angesprochene Gäubahn. Es dient der Erfüllung von Ver- Resilienz oder Betriebsqualität geplant? einbarungen, die wir vor vielen, vielen Jahren in dem Bitte, Herr Staatssekretär. Fall 1996 im Vertrag von Lugano eingegangen sind. So gibt es im Verhältnis zu all unseren Nachbarländern Auf- gaben, die wir noch zu erledigen haben, bis hin zum Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- Aachener Vertrag mit deutsch-französischen Projekten. nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Vielen Dank. Meine Antwort lautet wie folgt: Die Wie schaffen wir das alles? Eindeutig durch mehr Methodik der Bundesverkehrswegeplanung wird durch Haushaltsmittel, die zur Verfügung stehen. Ich habe vor- das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra- hin schon kurz erwähnt, dass wir ab dem nächsten Jahr struktur fortlaufend im Rahmen von Forschungsvorhaben zum ersten Mal mehr Geld für die Schiene zur Verfügung im Hinblick auf internationale Standards, wissenschaft- haben als für die Straße. Das unterstreicht auch, dass wir lichen Erkenntnisgewinn sowie Effizienz der Anwendun- als Bundesregierung wirklich alles tun, um beim Ausbau gen an den aktuellen Stand von Forschung und Technik

28254 Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 223. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2021 Parl. Staatssekretär Steffen Bilger (A) angepasst. Unter anderem werden auch Aspekte der Resi- dieser Projekte realisieren könnten, um mehr Fahrgäste (C) lienz und Zuverlässigkeit betrachtet und geprüft, ob bzw. auf die Schiene zu bringen. Deswegen ist für uns das Ziel, wie diese zukünftig belastbar und mit vertretbarem Auf- das sich mit dieser neuen standardisierten Bewertung ver- wand in der Bewertungsmethodik berücksichtigt bzw. bindet, dass wir mehr Projekte in die Wirtschaftlichkeit optimiert werden könnten. bringen. Dazu gehören auch neue Faktoren, die wir zur-

Zurzeit läuft ebenfalls die Überarbeitung des Berech- zeit aber noch in der Bundesregierung abstimmen.

nungsverfahrens zur standardisierten Bewertung für Vor- haben des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. In Vizepräsidentin Petra Pau: diesem Rahmen werden alle Wertansätze einschließlich Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.

jener für CO2-Emissionen aktualisiert. Die Faktoren Kli- ma und Umweltschutz sollen eine stärkere Gewichtung Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): erfahren. Des Weiteren sind Ansätze zur Implementie- Herr Staatssekretär, Sie sind sich hoffentlich bewusst, rung weiterer Nutzenkomponenten zu entwickeln, wobei dass viele Projekte, die nach dem GVFG, Gemeindever- unter anderem auch Aspekte der Resilienz und Zuverläs- kehrsfinanzierungsgesetz, gefördert werden sollen, gera- sigkeit in der Methodik berücksichtigt werden sollen. Die de hängen, weil es dieses neue standardisierte Verfahren Gestaltung eines spezifischen Verfahrens für die Bewer- nicht gibt. Viele warten darauf, und deswegen wird nicht tung von Elektrifizierungsvorhaben ist ebenfalls Gegen- weitergeplant. Durch die Verzögerung des neuen standar- stand der Überarbeitung der standardisierten Bewertung. disierten Verfahrens verzögern Sie den Ausbau der Schie- nenwege. Dessen sollten Sie sich bewusst sein. Vizepräsidentin Petra Pau: Meine Frage bezieht sich sowohl auf die standardisier- Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. te Bewertung als auch auf die Bewertungsmethodik des Bundesverkehrswegeplans. Sie hatten in der ersten Ant- Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wort das Thema Elektrifizierung angesprochen. Wir ha- Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, ben in Deutschland erst etwa 60 Prozent des Schienen- meine erste Frage bezieht sich auf das standardisierte netzes elektrifiziert. Sie haben aktuell 173 Strecken Verfahren. Wir stellen immer wieder fest, dass nur eine untersucht, ob sie mit einer Oberleitung elektrifiziert wer- auf Kante genähte Infrastruktur förderfähig ist. Das heißt, den sollen 173. Gerade einmal 8 haben Ihre Prüfung der Aufgabenträger legt ein Betriebsprogramm vor und bestanden und sollen elektrifiziert werden, wobei das nur die dafür unmittelbar zwingend erforderliche Infra- meistens gar keine Strecken, sondern eher Anschlüsse struktur wird durch den Bund gefördert. Wenn es leichte an das Schienennetz sind. Das bedeutet, man erhöht (B) Abweichungen gibt, wenn beispielsweise der Fahrgast- (D) wechsel oder das Kuppeln von Fahrzeugen etwas länger dauert, dann lässt sich das Betriebsprogramm mit dieser Vizepräsidentin Petra Pau: auf Kante genähten Infrastruktur nicht mehr fahren; es Kollege Gastel. funktioniert dann nicht. Deswegen meine Frage: Welchen Wert legen Sie mit Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): der künftigen Bewertungsmethodik zum Nachweis des gerade einmal um 0,7 Prozentpunkte. Wie wollen Sie volkswirtschaftlichen Nutzens und damit der Förderfä- da vorankommen? Es ist doch erbärmlich und traurig, higkeit durch den Bund auf den Gesichtspunkt der was die Elektrifizierung des deutschen Schienennetzes Betriebsqualität? Wird das Ganze auf eine größere angeht. Redundanz, auf eine größere Belastbarkeit, auf einen (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- größeren Stress, den es aushalten kann, ausgelegt? SES 90/DIE GRÜNEN) Dasselbe gilt auch für die Interessen des Schienengü- terverkehrs, die bisher leider viel zu wenig berücksichtigt Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- werden. Wie sollen diese hier Berücksichtigung finden? nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Herr Kollege Gastel, ich weise zurück, dass wir für Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- eine Verzögerung bei GVFG-Projekten verantwortlich nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: wären. Wenn ich bei den entsprechenden Antragstellern Herr Kollege Gastel, zunächst zur standardisierten vor Ort bin, dann sage ich immer ganz klar: Macht eure Bewertung der Maßnahmen des Gemeindeverkehrsfinan- Bewertung. Wenn ihr die Wirtschaftlichkeit erreicht, zierungsgesetzes. Zurzeit sind wir noch innerhalb der dann ist alles gut und wenn nicht, dann habt ihr immer Bundesregierung in der Abstimmung. Wir wissen, dass noch die Möglichkeit, sobald die neue standardisierte viele darauf warten, dass diese standardisierte Bewertung Bewertung vorliegt, nach diesen Kriterien noch einmal jetzt vorgelegt wird. Es wird nicht mehr lange dauern. zu überprüfen. Also bitte sagen Sie nicht vor Ort: Wartet Damit wollen wir genau das erreichen, was Sie anspre- noch, weil der Bund so lange für die neue standardisierte chen, nämlich dass es möglich wird, mehr Projekte, die Bewertung braucht. Sagen Sie den Antragstellern lieber, knapp an der Wirtschaftlichkeit scheitern, in die Realisie- sie sollen wirklich dranbleiben. Sollte das Ergebnis nega- rung zu bringen. Oft ist auch die Erfahrung, dass solche tiv sein, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, diese neuen Schienenprojekte im Nahverkehr sehr gut ange- neue standardisierte Bewertung zeitnah anzuwenden. Das nommen werden und dass immer mehr Fahrgäste diese kann sicher dazu führen, dass manche Projekte, die knapp Angebote nutzen. Es wäre also sinnvoll, wenn wir mehr gescheitert sind, dann über die 1,0 kommen.

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 223. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2021 28255 Parl. Staatssekretär Steffen Bilger (A) Zur Elektrifizierung. Wir haben uns im Koalitionsver- Zur Elektrifizierung. Wir sind zurzeit bei 61 Prozent. (C) trag vorgenommen, bei der Elektrifizierung auf 70 Pro- Die Koalition hat sich ihr Ziel bis 2025 gesetzt. Ich weiß, zent der Schienenstrecken zu kommen. Jetzt kann man es klingt immer nach wenig, von 60 auf 70 Prozent zu natürlich sagen: Das ist immer noch viel zu wenig, wenn steigern. Aber wenn man sich dann einmal die Projekte wir in Richtung unserer schweizerischen Nachbarn konkret anschaut, dann erkennt man, welcher Planungs- schauen. Wir wollen natürlich im Lauf der nächsten Jahr- aufwand damit verbunden ist. Wir haben immer ein biss- zehnte auch auf die 100 Prozent kommen, aber es ist chen das Problem: Wenn wir Planungsbeschleunigung schon eine große Herausforderung. Wie können wir das sagen, dann kommt von Ihrer Fraktion immer eher ein erreichen? Zum einen durch Bundesverkehrswegeplan- Nein, oder es kommen viele Vorbehalte. Auch das gehört projekte, die schon zum massiven Ausbau elektrifizierter dazu. Wir müssen auch bei der Elektrifizierung einfach Strecken beitragen, zum anderen durch die Möglichkei- schneller vorankommen. Dann geht es natürlich um Geld, ten über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, über das für diese entsprechenden Maßnahmen zur Verfügung die angesprochene elektrische Güterbahn. Auch da sind gestellt werden muss. Aber da haben wir wie ich es die Länder immer mitgefordert, diese Projekte anzutrei- vorhin dargestellt habe im Haushalt wirklich alle Mög- ben. Ich will nicht unerwähnt lassen, dass nicht jede lichkeiten. Deswegen bin ich mir sehr sicher, dass wir die Strecke zwingend elektrifiziert werden muss, weil es Ziele im Bereich der Schiene, gerade auch in Bezug auf auch andere umweltfreundliche Möglichkeiten gibt, den Klimaschutz, erreichen werden. zum Beispiel Wasserstoffzüge oder Hybridzüge. Vizepräsidentin Petra Pau: Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Abgeordnete Dr. Jung. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir noch exakt acht Minuten für die Fragestunde haben. Ich bitte wirk- Dr. Christian Jung (FDP): lich um Disziplin bei Fragen und Antworten. Herr Staatssekretär Bilger, ich habe mich ein bisschen Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Gelbhaar. amüsiert über Ihre Antworten an die Grünen. Sie wollen in Baden-Württemberg wieder koalieren. Da sieht man einmal, wie gut die Zusammenarbeit bei Ihnen insgesamt

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ist. Herr Bilger, Ihre Antworten haben bei mir Nachfragen Aber eine wichtige Sache schmerzt mich doch noch: provoziert. Zum einen haben Sie gesagt, dass die standar- Der Kollege Gastel hat in den Punkten zur Elektrifizie- rung vollkommen recht. Wir setzen uns auch für diese nächster das ist immer so ein Larifaribegriff. Des- (B) Elektrifizierungsmaßnahmen ein. Wir hatten vorhin das (D) wegen konkret nachgefragt: Haben wir die Bewertung im Mittelrheintal. Ich kann bis zum heutigen Tag nicht nach- zweiten Quartal zu erwarten oder was bedeutet für Sie vollziehen, dass wir zum Beispiel die Ausweichstrecke von der Rheintalbahn auf die Gäubahn immer noch nicht Im Koalitionsvertrag steht, dass die Koalition errei- elektrifiziert haben. Es gibt gar keine Möglichkeiten, chen will, 70 Prozent der Strecken zu elektrifizieren. wenn wieder einmal irgendetwas passiert ist, Umlei- Daher meine zweite Frage: Wo sind wir denn jetzt? Die tungsstrecken auch für Güterzüge schnell einzurichten. Koalition endet in ein paar Monaten, und dann müssen Es herrscht dann ein vollkommenes Verkehrschaos im wir erst einmal Bilanz ziehen. Damit können wir jetzt Containerbereich, im Güterzugbereich. Was machen Sie anfangen. Wie weit sind wir denn von den 70 Prozent jetzt dagegen? Wird die Kurve Horb jetzt endlich elekt- entfernt? rifiziert, 12 Kilometer?

Die dritte Frage: Mit welchen Maßnahmen wollen Sie Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- die Elektrifizierung von Strecken tatsächlich beschleuni- nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: gen? Herr Gastel hat gerade ausgeführt, dass von über Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Jung. Zuerst zu Koa- 170 Strecken nur 8 elektrifiziert werden sollen. Hier fehlt litionskonstellationen: Wenn ich Ihre letzte Rede richtig mir ein bisschen die Fantasie, wie Sie auf die 70 Prozent in Erinnerung habe, war das eher ein bisschen die Bitte an kommen wollen und wo Sie überhaupt Ihren Tätigkeits- die Grünen, sich doch für eine Ampelkoalition in Baden- anteil nachgewiesen haben. Württemberg zu erwärmen. Das habe ich zumindest so interpretiert. Jetzt läuft es ja in eine andere Richtung. Steffen Bilger, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- Aber wenn man sich einmal anschaut, welche Projekte nister für Verkehr und digitale Infrastruktur: von Baden-Württemberg, aber auch von anderen Ländern Herr Kollege Gelbhaar, die Bundesregierung ist bei der im Bereich der Schiene vorangebracht werden, dann Abstimmung über die standardisierte Bewertung in den erkennt man, dass wir doch eine gute Zusammenarbeit letzten Zügen. Dabei geht es natürlich auch um Geld, das zwischen Ländern und Bund haben, weil alle wissen, mit diesen Projekten zusammenhängt. Deswegen können dass es eine große gemeinsame Aufgabe ist. Also: Wir wir das auch nicht alleine entscheiden, sondern wir müs- stehen zu allen Schienenprojekten, für die wir aus dem sen uns in der Bundesregierung dazu abstimmen. Aber Bundesverkehrswegeplan den Auftrag haben, wie bei der wir wissen, dass viele auf diese neue standardisierte Gäubahn. Wir stehen dazu, dass wir Ausweichstrecken Bewertung warten und dass wir sie deswegen auch wirk- benötigen, und deswegen sind wir da, wo die Zuständig- lich zeitnah vorlegen müssen. keit beim Land liegt, jederzeit dazu bereit, voll zu unter-