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Bachelorarbeit im Studiengang Audiovisuelle Medien

Matte Painting Übersicht über die Entwicklung und den aktuellen Stand der Technik mit praktischem Beispiel

vorgelegt von Fiona Edler Matr.-Nr.: 26457

an der Hochschule der Medien am 25.07.2016

Erstprüfer: Prof. Katja Schmid Zweitprüfer: Peter Ruhrmann Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, Fiona Edler, an Eides Statt, dass ich die vorliegende Bache- lorarbeit mit dem Titel: „ Painting - Übersicht über die Entwicklung und den aktuellen Stand der Technik mit praktischem Beispiel“ selbständig und ohne frem- de Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken ent- nommen wurden, sind in jedem Fall unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht oder in anderer Form als Prüfungsleistung vorgelegt worden.

Ich habe die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die prüfungsrechtli- chen Folgen (§26 Abs. 2 Bachelor-SPO (6 Semester), § 23 Abs. 2 Bachelor-SPO (7 Semester) bzw. § 19 Abs. 2 Master-SPO der HdM) sowie die strafrechtlichen Folgen (gem. § 156 StGB) einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zur Kenntnis genommen.

Ort, Datum Unterschrift

II Kurzfassung

Nahezu jeder enthält Szenen, in denen mit Hilfe von Matte Paintings Hinter- gründe oder Umgebungen erzeugt oder erweitert wurden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklung dieser Technik, die seit ihrer Einführung im Jahr 1907 stattgefun- den hat, darzulegen. Die Möglichkeiten, die die Digitalisierung mit sich gebracht hat, werden erläutert. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Kombination mit Techniken der Computergra- fik. Hierdurch sind nun an Stelle von festen Kamerapositionen auch Kamerabewe- gungen möglich. Außerdem können hiermit nicht nur statische, sondern auch dy- namische Bewegtbilder eingesetzt werden. Beide Faktoren, die im Rahmen dieser Arbeit auch anhand einer praktischen Anwendung untersucht werden, ermöglichen einen deutlich höheren Grad an Realismus. Dennoch sind auch Grenzen vorhanden, bei denen aufwändigere Techniken für die Erzeugung von Umgebungen, zum Beispiel direkte 3D-Modellierung, vorzuziehen sind. Diese Grenzen werden kurz aufgezeigt und es wird diskutiert, wann der Ein- satz von Matte Paintings sinnvoll ist.

Abstract

Almost every movie includes scenes with backgrounds or environments which have been created or extended using techniques. This thesis is aimed to show the development of this technique since its first use in 1907 and to outline the options the digitization has contributed. Combining matte paintings with techniques of represents a sub- stantial aspect. Instead of being confined to fixed camera positions, the use of ca- mera movements is possible. Additionally, not only static but also dynamic moving images can be integrated. Both these factors, which have also been evaluated on the basis of a practical implementation, clearly provide a higher level of realism. Nevertheless there are limitations to matte paintings, where more complex techni- ques to create environments, such as the use of CG-elements, are preferable. These limits are shown briefly and the conditions for the appropriate use of matte paintings are discussed.

III Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche ErklärungII

Kurzfassung III

Abstract III

1 Einleitung1

2 Theorie2 2.1 Begriffserklärung...... 2 2.2 Analoge Techniken...... 3 2.2.1 Glass Shots...... 3 2.2.2 Original Negative Matte Painting...... 4 2.2.3 Printing Matte ...... 5 2.2.4 Rear / Front Projection Matte Shot...... 6 2.2.5 Optical Printing...... 8 2.3 Digital Matte Painting...... 9 2.3.1 Vergleich zu analogen Techniken...... 9 2.3.2 Camera Projection...... 11 2.4 Umsetzung...... 13 2.4.1 Komposition...... 15 2.4.2 Lichtsituation...... 15 2.4.2.1 Allgemeine Eigenschaften von Licht...... 16 2.4.2.2 Atmosphärische Perspektive...... 17 2.4.3 Lineare Perspektive...... 18

3 Eigenes Matte Painting 20 3.1 Konzeption...... 20 3.1.1 Komposition...... 21 3.1.2 Farben...... 21 3.1.3 Licht...... 22 3.1.4 Texturen...... 22 3.1.5 Finaler Look...... 23 3.1.6 Kamerabewegung...... 23 3.1.7 Blicklenkung...... 24 3.2 Programme...... 25 3.2.1 Photoshop...... 25 3.2.2 Maya...... 27 3.2.3 Nuke...... 27 3.3 Matte Painting Erstellung...... 28 3.3.1 Bildmaterial sammeln...... 28 3.3.2 2D Matte Painting...... 28 3.3.2.1 Extrahieren von Bildelementen...... 29 3.3.2.2 Eingliederung in das Gesamtbild...... 30 3.3.2.3 Re-Lighting...... 30 3.3.2.4 Atmosphärische Perspektive...... 31 3.3.2.5 Details...... 33 3.3.3 Camera Projection...... 33 3.3.4 3D Elemente...... 37 3.3.5 Bewegtelemente...... 39 3.3.5.1 Wellen...... 39 3.3.5.2 Wasserfälle...... 39

4 Zusammenfassung 42

Literatur- und Quellenverzeichnis 44

Abbildungsverzeichnis 45

Inhalte der DVD 46 1 EINLEITUNG

1 Einleitung

Mit Entwicklung der Computer und der darauffolgenden Digitalisierung von Film ver- änderte sich, wie auch in anderen Bereichen der (VFX), die Vorge- hensweise beim Anfertigen von Matte Paintings. Früher handelte es sich noch um eine eigenständige Technik, die verwendet wurde um den real gedrehten Film mit einer neuen Umgebung zu erweitern. Heutzutage können diese Hintergründe auf unterschiedlichste Weisen erstellt werden, die auch nicht mehr ganz klar voneinan- der differenzierbar sind. Aus diesem Grund existieren verschiedene Vorstellungen, was der Begriff Matte Painting genau bedeutet. In dieser Arbeit schildere ich deshalb die allgemeinen Gründe für die Verwendung und Einsatzgebiete von Matte Paintings und erkläre, was man sich darunter vorstel- len kann. Um die Veränderung aufzuzeigen, die sich beim Anfertigen von Matte Paintings bis zum heutigen Stand ereignet hat, beschreibe ich zunächst, wie sich die dafür ver- wendeten Techniken entwickelt haben. Die Methoden dieser Techniken vergleiche ich anschließend mit den neuen Möglichkeiten, die das Digital Matte Painting mit sich bringt. Außerdem beschreibe ich, wie diese sich einerseits auf den Prozess der Herstellung und andererseits auf das Ergebnis auswirken. Ein wichtiger Punkt ist die Camera Projection, die Bewegung in Matte Shots ermöglicht; deshalb gehe ich genauer darauf ein. Soll ein realistisches und visuell ansprechendes Matte Painting erstellt werden, müs- sen während der Herstellung einige Schritte berücksichtigt werden. Diese erörtere ich und erkläre außerdem, wie, unter Einhaltung verschiedener Aspekte von Per- spektive und Lichtverhalten, Realismus erzeugt werden kann. Im zweiten Teil dieser Arbeit schildere ich meine Vorgehensweise bei der Erstellung eines eigenen Matte Paintings. Ich beschreibe dafür den gesamten Arbeitsprozess im Detail. Um alle Schritte aufzuführen, die für ein gelungenes Matte Painting er- forderlich sind, erläutere ich zunächst die Entwicklung meines Layouts und erkläre die Entscheidungen, die ich getroffen habe. Das Matte Painting, das ich aufbauend auf dieses Layout anfertige, ist in verschiedene Aufgabenbereiche aufgeteilt. Die Er- zeugung des 2D-Bilds, die Anwendung einer Bewegung auf dieses Bildes, mit Hilfe der Camera Projection und die Generierung und Einbindung von 3D- sowie beweg- ten Elementen. Die Schritte dieser Aufgabenbereiche lege ich dar und demonstriere ihre Bedeutung für den Gesamteindruck des Bildes.

1 2 THEORIE

2 Theorie

2.1 Begriffserklärung

Beim Matte Painting handelt es sich um eine der ältesten VFX-Techniken. Sie be- schrieb ursprünglich die Kunst, ein gemaltes Bild mit real gedrehtem Filmmaterial zu kombinieren, sodass der Eindruck eines zusammen gehörenden Bildes geschaffen wird (Okun und Zwerman, 2014, S. 696). Der Begriff Matte Painting leitet sich vom englischen Begriff „matte“1 ab, da zu analo- gen Zeiten die Teile, die gemalt werden sollten, im eigentlichen Film zunächst mas- kiert werden mussten. Heutzutage werden Matte Paintings größtenteils nicht mehr per Hand gemalt, sondern digital hergestellt und oft aus vielen verschiedenen Fotos zusammen gesetzt. Obwohl auch das Maskieren des Originalmaterials beim Dreh nicht mehr notwendig ist, wird auch heute noch der Begriff (Digital) Matte Painting verwendet. Auch wenn sich die Technik mit der Zeit sehr verändert hat, sind die Gründe, warum Matte Paintings verwendet werden, größtenteils die Gleichen geblieben. Beim Film geht es darum Geschichten zu erzählen. Auch die Umgebungen, an denen die Ge- schichten spielen, müssen visuell erzählt werden. Existiert der Ort real, kann dort auch direkt gedreht werden. Oft aber spielen Geschichten an Orten, wo es unmög- lich wäre zu drehen. Dies kann beispielsweise technische, logistische oder auch finanzielle Gründe haben. Matte Paintings bildeten schon lange einen wichtigen Bestandteil davon, die Visio- nen eines Filmemachers trotzdem zu ermöglichen. Mit ihrer Hilfe können die Zu- schauer in vergangene Zeiten oder in die Zukunft transportiert werden (Okun und Zwerman, 2014, S. 696). Geschichten können auf weit entfernten Planeten spielen oder an Orten, die frei von den Gesetzen der Physik und Natur sind. Aber auch alltägliche Settings können durch Matte Paintings geschaffen werden, wo andernfalls unpassende Bedingungen, wie Verkehrsprobleme oder schlechte Wet- terbedingungen, den Dreh erschweren würden (Rickitt, 2007, S. 244). Die Anforderung an ein Matte Painting ist in erster Linie, den Zuschauer zu täu- schen. Er muss das Bild als real akzeptieren, obwohl eine solche Umgebung even- tuell gar nicht existiert. Häufig werden Matte Paintings im Film als Establishing Shots eingesetzt. Diese sind beschauliche, gemächliche Shots, die dem Zuschauer den Schauplatz oder die Zeit

1 dt.: Maske

2 2 THEORIE in der Geschichte vermitteln und die gesamte Szene etablieren. Im Gegensatz zu anderen VFX-Shots, die im Durchschnitt nur wenige Einzelbilder dauern, sind sie deshalb oft länger zu sehen, damit das Publikum die Bilder ausführlich betrachten kann. Aus diesem Grund müssen Matte Paintings sehr sorgfältig erstellt werden. Der Zuschauer würde sonst sehr schnell merken, dass es nicht echt ist, auch wenn ihm nicht bewusst ist, was genau nicht stimmt. Dies würde ihn aus der Handlung heraus reißen (Rickitt, 2007, S. 254).

2.2 Analoge Techniken

2.2.1 Glass Shots

Die älteste Methode um Matte Paintings zu erstellen ist der Glass Shot, der bereits im Jahr 1907 das erste Mal beim Film eingesetzt wurde. Dafür wurde direkt bei den Dreharbeiten des , für den das Matte Painting angefertigt werden sollte, eine Glasscheibe etwa 3m vor der Kamera aufgestellt. Auf ihr wurde das Matte Painting gemalt. Um ein überzeugendes Matte Painting zu schaffen war es wichtig, dass die Kom- bination des Kameraobjektivs, des Filmmaterials und der Beleuchtung genügend Tiefenschärfe erzeugten, sodass sowohl das Matte Painting als auch die reale Land- schaft im Hintergrund scharf abgebildet werden konnten. Bevor der Matte Artist mit dem Malen beginnen konnte, schaute dieser durch die Ka- mera und wies einen Assistenten an, die Punkte zu markieren, an denen das Matte Painting und die Realszene aufeinander treffen würden. Anschließend skizzierte er mit Wachsstiften die Szene auf der Glasscheibe und malte darauffolgend das Matte Painting. Dabei musste immer wieder überprüft werden, ob das Matte Painting und das Originalbild zusammen passten. Eine der größten Herausforderungen war es, die Lichtstimmung des gemalten Teils an die Zeit anzupassen, in der gedreht werden sollte. Oft wurde das Matte Painting bereits am Vortag vorbereitet, sodass der Artist genau sehen konnte, wie sich Licht und Schatten zu der erforderten Tageszeit verhielten. Erfahrene Matte Artists jedoch konnten Szenen zu jeder Tageszeit malen, sodass sie später zu einem bestimmten Zeitpunkt passen würden. Sobald die Tageszeit erreicht war, für die das Matte Pain- ting geplant war, blieb nur etwa eine Stunde um die Szene zu drehen, bevor die Lichtsituationen zu sehr voneinander abwichen. Es war essenziell, dass die Kamera und die Glasscheibe sich während des Drehs nicht bewegten, da sich sonst das Matte Painting und die Szene zueinander ver-

3 2 THEORIE schieben würden. Aus diesem Grund konnte bei schlechtem Wetter immer nur dann gedreht werden, wenn kein starker Wind wehte. Die Umstände, dass das Matte Painting vor Ort angefertigt wurde, während die ge- samte Filmcrew warten musste, führten dazu, nach alternativen Techniken für das Erstellen von Matte Paintings zu suchen (Rickitt, 2007, S. 245).

2.2.2 Original Negative Matte Painting

Um schnellere Dreharbeiten gewährleisten zu können, wurde die Original Negative Matte Painting Technik entwickelt. Dabei wurde zunächst nur die Live-Action beim Dreh belichtet und das Matte Painting nicht vor Ort angefertigt. Ähnliche Techniken wurden zuvor bereits für split screens2 oder in-camera double exposures3 verwen- det, um mehrere Live-Action Elemente miteinander zu kombinieren. Um diese Tech- nik für die Einbindung von Matte Paintings zu verwenden, wurde die Glasscheibe vor der Kamera an Stelle des Matte Paintings mit schwarzer Farbe bemalt. Diese wurde an den Stellen aufgetragen, die später durch das Matte Painting ersetzt wer- den sollten, sodass der Film dort nicht belichtet wurde. Alternativ zur Glasscheibe, konnten die Masken auch mit Hilfe sorgfältig ausgeschnittener Pappe, die vor der Linse angebracht wurde, erstellt werden. Indem mehrere Glasscheiben in diversen Abständen zur Kamera aufgestellt wur- den, konnte man Matte Lines4 mit unterschiedlichen Beschaffenheiten für verschie- dene Teile des Bildes herstellen. So konnten für Gebäude zum Beispiel harte Kanten erzeugt werden, indem eine Glasscheibe in größerer Entfernung zur Kamera aufge- stellt wurde und die entstehende Maske im Fokus lag. Glasscheiben, die näher an der Kamera positioniert wurden und somit nicht im Fokus lagen, schufen hingegen weichere Übergänge und konnten für Matte Lines an unregelmäßigeren Elementen, wie zum Beispiel Büschen oder Gras, verwendet werden. Der nun teilweise belichtete Film wurde unentwickelt aufbewahrt, bis er mit dem fer- tigen Matte Painting kombiniert werden konnte. Lediglich einige Testframes wurden entwickelt und auf eine Scheibe projiziert, auf der anschließend das Matte Painting angefertigt werden konnte. Sobald das Matte Painting fertig war, wurde eine soge- nannte Counter-Matte5 erstellt. Dafür färbte man die Stellen, die auf dem Film be- reits mit dem real gedrehtem Material belichtet waren, auf der Glasscheibe schwarz. Auf diese Weise wurde der Film beim darauffolgenden Abfilmen des Matte Paintings

2 dt.: Bild-in-Bild Effekt 3 dt.: Mehrfachbelichtungseffekt 4 Kanten der Masken, die den Übergang von Realszene zu Matte Painting bestimmten 5 umgekehrte Maske

4 2 THEORIE an den bereits belichteten Stellen nicht erneut belichtet, sondern lediglich an den vorher unbelichteten. Um ein perfektes Zusammenwirken von Filmmaterial und Matte Painting zu garan- tieren, mussten zunächst mehrere Belichtungen getestet werden. Erst wenn das Ergebnis zufriedenstellend war, konnte das Negativ, mit dem eigentlichen Film in die Kamera eingelegt und mit dem Matte Painting erneut belichtet werden. Diese Technik ermöglichte eine schnellere Arbeit während des Drehs und kürze- re Wartezeiten für das gesamte Team. Das Matte Painting konnte ohne Zeitdruck danach erstellt werden. So blieb auch eine größere künstlerische Freiheit, da der Look des Matte Paintings zum Zeitpunkt des Drehs noch nicht feststehen musste und recht spät noch verändert werden konnte. Dies bedeutete auch, dass das Licht auf dem Matte Painting an das der Live-Action angepasst werden konnte. So muss- te man die Lichtsituation nicht vorher festlegen und war während der Dreharbeiten weniger auf eine bestimmte Tageszeit oder bestimmtes Wetter angewiesen. Da das Originalfootage nicht für einen Zwischenschritt entwickelt werden musste, war dieses später noch in der ersten Generation und hatte deshalb eine sehr hohe Qualität. Allerdings bestand bei der Original Negativ Matte Painting Technik die Gefahr, dass selbst kleinste Fehler während der Belichtung des Matte Paintings auf den Film das Original Negativ ruinieren konnten. In diesem Fall könnte es dazu kommen, dass nachgedreht werden müsste, was die Kosten enorm steigern würde. Außerdem musste die Kombination von Matte Painting und Live-Action vor der end- gültigen Belichtung des Negativs mit verschiedenen Belichtungen getestet werden, um das beste Ergebnis sicherzustellen. Hier bestand stets die Gefahr, dass das Testfootage verbraucht wurde, bevor ein befriedigendes Ergebnis erreicht wurde (Rickitt, 2007, S. 246ff.).

2.2.3 Bipack Printing Matte Shot

Bei der Methode des Bipack Printing Matte Shots wurde das Live-Action Foota- ge zu einem Zeitpunkt, an dem es bereits entwickelt war, mit dem Matte Painting kombiniert. Zur Durchführung dieser Technik wurde eine spezielle Kamera mit Dop- pelfilmmagazin6 benötigt. Durch diese Kamera konnten gleichzeitig zwei Filmstrei- fen, Emulsion an Emulsion, am Bildfenster vorbeilaufen (Giesen und Mulack, 2002, S. 28).

6 engl.: Bipack Camera

5 2 THEORIE

Um das Matte Painting zu erstellen, wurde ein Frame von dem Footage auf eine Glasscheibe projiziert, auf die das Matte Painting gemalt werden konnte. Sobald dieses fertig war, wurde eine weiße, gleichmäßig ausgeleuchtete Fläche hinter dem Glas befestigt. Diese war durch die Kamera an den Stellen sichtbar, an denen nichts verändert, sondern das reale Bild zu sehen sein sollte. Das Matte Painting wurde zu diesem Zeitpunkt nicht beleuchtet. Das Live-Action Footage wurde in die Kamera geladen und auf den neuen Film belichtet. Da das unbeleuchtete Matte Painting kein Licht erhielt, wurden nur die Stellen kopiert, wo das Licht der weißen Fläche auf das Positiv traf. Die Teile, an denen später das Matte Painting erscheinen sollte, blieben noch unbelichtet. Anschließend wurde der Positiv-Film aus der Kamera entfernt und der Negativ-Film zurück gespult. Die weiße Fläche hinter der Glasscheibe wurde durch eine schwarze ersetzt und das Matte Painting gleichmäßig ausgeleuchtet. Bei der erneuten Belich- tung des Films wurde nun das Matte Painting auf den vorher unbelichteten Stellen abgebildet. Durch die schwarze Fläche entstand keine zusätzliche Belichtung der Realszene. Ein Vorteil dieser Technik war die große Freiheit bei der Auswahl der Matte Lines. Außerdem konnte auch Material, das ursprünglich nicht dafür vorgesehen war, als Matte Shot verwendet werden. Durch die Möglichkeit, die Live-Action Plate in Farbkanäle aufzuteilen und das Nega- tiv variabel zu belichten, konnte außerdem eine kontrollierte Farbbalance zwischen Live-Action und Matte Painting generiert werden. Ein großer Nachteil der Bipack Printing Methode war allerdings, dass das Live- Action Footage zunächst entwickelt werden musste und sich diese Teile somit in der zweiten Generation befanden. Da das Matte Painting in erster Generation abgefilmt wurde, konnten deutliche Qualitätsunterschiede entstehen, die möglicherweise die Illusion eines zusammen gehörigen Bildes zerstören würden (Rickitt, 2007, S. 250).

2.2.4 Rear / Front Projection Matte Shot

Die wohl einfachste und beliebteste Methode um Bewegtbilder mit einem Matte Painting zu kombinieren, war die der Rear Projection7. Dafür wurde das entwickelte Footage von hinten spiegelverkehrt auf eine Glasscheibe projiziert. So konnte der Matte Painter auf der anderen Seite arbeiten. Sobald das Matte Painting fertig war, wurde eine mattierte Glasscheibe an der Rückseite der unbemalten Bereiche der Glasscheibe befestigt. Auf diese Weise konnte das projizierte Live-Action Footage

7 dt.: Rückprojektion

6 2 THEORIE auf der Ebene des Glases fokussiert werden. Anschließend wurde die Kombination aus Matte Painting und Projektion von einer Kamera abgefilmt. Da es nicht einfach war, mit nur einer Belichtung eine Balance zwischen Projekti- on und Painting zu erzielen, wurden sie oft separat abgefilmt. Zunächst wurde das Matte Painting ausreichend ausgeleuchtet und abgefilmt. Dafür musste die mattierte Glasscheibe durch schwarzen Stoff ausgetauscht werden, sodass diese Bereiche noch nicht belichtet wurden. Anschließend wurde in einer zweiten Belichtung, für die die Beleuchtung des Matte Paintings ausgeschaltet wurde, die Projektion des Original- Footages abgefilmt. Für Matte Paintings, bei denen in mehreren kleinen Bereichen reale Teile hinzuge- fügt werden sollten, war die Rear Projection Technik sehr nützlich. Mehrere Pro- jektoren konnten Live-Action Footage an verschiedene Stellen des Matte Paintings projizieren. Je nach der Menge konnten die Projektoren auch verschoben werden und bei zusätzlichen Belichtungen erneut Footage auf dem Film abbilden.

Die weniger verwendete Methode der Front Projection8, war der Rear Projection sehr ähnlich. Der Hauptunterschied bestand darin, dass bei der Anfertigung des Matte Paintings die Live-Action Elemente nicht von hinten, sondern von vorne auf das Bild projiziert wurden. Die Bereiche mit der Live-Action wurden mit Scotchlite9 hinterlegt. Der Projektor und die Kamera, die anschließend das Matte Painting zusammen mit der Live-Action abfilmen sollte, wurden im 90° Winkel zueinander aufgestellt. Der Projektor warf das reale Bild auf einen halbdurchlässigen Spiegel, der im 45° Win- kel zu den beiden ausgerichtet war. Das projizierte Live-Action Footage fiel durch den Spiegel auf die Ebene des Matte Paintings, wo der Großteil des Lichts absor- biert wurde. Lediglich an den Stellen, wo das Matte Painting das Scotchlite nicht verdeckte, wurde es direkt zurück zum Spiegel reflektiert, durch den es zur Kamera drang. Auf diese Weise konnte die Kamera das Matte Painting und die Live-Action zusammen abfilmen. Aufgrund des komplizierteren Aufbaus war die Front Projection Technik weniger ver- breitet, allerdings ließen sich mit ihr generell hellere und schärfere Live-Action Bilder erzeugen als mit der Rear Projection Technik (Rickitt, 2007, S. 251f.). Da dennoch bei beiden dieser Techniken der Live-Action Teil oft sehr schwach wirk- te und somit die Illusion zerstört werden konnte, gab es für sie auch die Möglichkeit Matte Painting und Live-Action getrennt abzufilmen. Die Qualität des Live-Action Footages konnte deutlich erhöht werden, indem zunächst drei getrennte Filmspu-

8 dt.: Aufprojektion 9 Material, das einfallendes Licht direkt zur Quelle zurück reflektiert

7 2 THEORIE ren in den Primärfarben Rot, Grün und Blau erstellt, separat projiziert und mit ent- sprechenden Farbfiltern abgefilmt wurden. Das Matte Painting musste während der Belichtungen schwarz abgedeckt werden und wurde abschließend in einer vierten Belichtung abgebildet (Giesen und Mulack, 2002, S. 28).

2.2.5 Optical Printing

Am wenigsten wurde vermutlich die Methode des Optical Printings verwendet. Da- für mussten für jedes Element, das kombiniert werden sollte, Mattes und Counter- Mattes erstellt werden. Mit deren Hilfe wurden die Elemente daraufhin im Optischen Printer zusammen gestellt. Diese Technik bot für jedes der Elemente die maximale Kontrolle über Bildeigen- schaften wie Fokus, Farbe und Größe. Allerdings gab es weniger Kontrolle über die Art, wie die Matte Lines zwischen den Elementen variiert werden konnten (Rickitt, 2007, S. 252).

8 2 THEORIE

2.3 Digital Matte Painting

Mit der Entwicklung zum Digital Matte Painting können nun noch mehr Barrieren der Illusion gebrochen werden. Der Matte Painter ist nicht mehr auf ein nur statisches 2D-Bild eingeschränkt, sondern kann verschiedene Elemente aus CG-Modellen und Animationen, traditionell oder digital gemalte Bilder und Live-Action Elemente mit- einander verbinden (Rickitt, 2007, S. 254).

2.3.1 Vergleich zu analogen Techniken

Wie auch andere Aspekte der Visual Effects Produktion, wurde das Matte Painting mit der Entwicklung der Computer revolutioniert. Zu Beginn wurden die Computer le- diglich dafür verwendet, die Matte Paintings mit Hilfe von Bildbearbeitungsprogram- men zu verändern. Diese wurden weiterhin traditionell hergestellt und anschließend zur Weiterverarbeitung eingescannt (Rickitt, 2007, S. 260). Heutzutage werden die Matte Paintings im Normalfall komplett digital hergestellt (Di- gital Matte Painting). Sie können in Bildbearbeitungsprogrammen wie zum Beispiel Photoshop gemalt oder aber auch aus Fotos zusammengesetzt werden. Außerdem bieten verschiedene 3D- und -Programme die Möglichkeit mit ihrer Hil- fe, aus einem statischen 2D-Bild einen dynamischeren Shot zu erstellen. Die Umstellung vom traditionellen Matte Painting zum digitalen brachte viele Verän- derungen. So konnten die gewohnten Maltechniken nicht direkt übernommen wer- den. Auf einen echten Pinsel konnten mehrere Farben aufgenommen werden. Durch Drehen und Wenden des Pinsels konnten so auf der Leinwand viele verschiede- ne Farbmischungen erzeugt werden. Beim digitalen Pinsel kann dagegen nur eine Farbe aufgenommen werden. Außerdem besteht selbst mit einem Grafiktablet kein direkter Kontakt zu dem Gemalten, „it’s more like spraying paint from a distance.“ (Evans zitiert nach Rickitt, 2007, S. 262). Wenn auch der Kontakt zu der eigenen Arbeit nicht so direkt besteht, bringt das digitale Herstellen von Matte Paintings auch viele Vorteile. Die große Überlegenheit im Vergleich zu analogen Techniken ist das Anlegen des Matte Paintings in Layern. So können Elemente auf verschiedenen Ebenen erstellt werden, auf die auch noch zu einem späteren Zeitpunkt einzeln zugegriffen werden kann. Auf diese Weise sind nachträgliche Änderungen noch sehr leicht möglich, ohne das gesamte Bild zu beeinflussen. Wenn es zum Beispiel wirkt, als ob das Bild nicht genug atmosphärische Tiefe hat, kann nur auf die Layer mit weit entfern- ten Elementen zugegriffen werden, um die Farben anzupassen. Auch beim Malen

9 2 THEORIE muss nicht sorgfältig darauf geachtet werden, die davor liegenden Elemente nicht zu beeinflussen. Außerdem können so auch Elemente einzeln gerendert und an das Compositing-Department weiter gegeben werden, was diesem ermöglicht sehr viel feinere Anpassungen zu realisieren. Auch die farbliche Anpassung von Matte Painting und Live-Action Footage wird durch die digitale Technik einfacher. Zum Einen ist dem Matte Painter die komplette digitale Farbpalette zugänglich und er kann Farben, die er aufträgt, direkt mit de- nen des Originals vergleichen. Bei traditionellen Matte Paintings hingegen war der endgültige Farbton oft erst zu sehen, sobald die Farbe vollständig getrocknet war. Außerdem können Farben auch einfach direkt von der Original-Plate geklont wer- den. Ein weiterer großer Vorteil ist die Möglichkeit, mit Fotos beziehungsweise Texturen zu malen. Diese können in Programmen wie Photoshop einfach als Pinsel gewählt oder auf andere Weise miteinander kombiniert werden. Dass nicht jedes einzelne Detail per Hand gemalt werden muss, kann die Arbeit dadurch sehr beschleunigen. Meist sind Matte Paintings heutzutage sogar eher eine Collage von fotografischen Elementen, in Verbindung mit gemalten Elementen. Dafür können Fotos, die di- rekt am Drehort gemacht wurden, verwendet und manipuliert werden (Rickitt, 2007, S. 260ff.). Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Aufgabe ein Matte Painting zu erstellen dadurch einfacher wird. Es kann sogar zu mehr Schwierigkeiten kommen, was beispielsweise die Darstellung des Bildes in der richtigen Perspektive angeht. Wenn der Matte Painter nicht gelernt hat, richtig perspektivisch zu zeichnen und sich zu sehr auf vorhandene Fotos verlässt, kann das schnell unecht wirken (Mattingly, 2011, S. 49). Beim Digital Matte Painting muss im Voraus noch nicht ganz so viel festgelegt wer- den, um ein Gelingen des Matte Paintings zu garantieren. Wenn das gedrehte Foo- tage zum Beispiel die falsche Größe hat oder sich an der falschen Stelle im Frame befindet, kann dieses in der Postproduktion sehr leicht im Computer umpositioniert oder angepasst werden. Da der Matte Painter in der Postproduktion einfach über das Live-Action Footage malen kann, ist es möglich den Shot von Beginn an ohne Masking zu drehen. Bei traditionellen Matte Paintings waren die Übergänge von Live-Action zu Matte Painting stets eine große Herausforderung. Es wurde versucht, Stellen mit natürli- chen Matte Lines zu finden, wo in der Live-Action Plate eine natürliche Trennung durch Farbabstufungen oder durch Texturen gegeben war. Leichter war es etwa, Übergänge zu Städten oder steinigen Landschaften zu gestalten.

10 2 THEORIE

Beim Digital Matte Painting allerdings muss nicht zuvor geplant werden, wo sich die Matte Line genau befinden soll. Auch diese kann in der Postproduktion gelegt werden. Früher musste hier außerdem sehr darauf geachtet werden, wie sich die Schauspieler bewegten, da Gefahr bestand, dass zum Beispiel ein Kopf hinter dem Painting verschwand. Auch das ist heutzutage kein so ein großes Problem mehr, da Teile, die außerhalb des Bereiches gehen, der von dem Live-Action Footage übernommen werden soll, durch Rotoscoping10 einfach wieder in den Vordergrund gebracht werden können. Ganz klar sind Matte Lines heutzutage gar nicht mehr definierbar. Sie sind keine klare Abtrennung mehr von Live-Action zu Painting, sondern oftmals vielmehr ei- ne Verwebung aus Live-Action Footage, gemalten Bereichen, fotografierten Fotos und Texturen, 3D-Modellen, animierten Charakteren, CG-Partikeln und Effekten, wie zum Beispiel Regen, Wasser und interaktiven Beleuchtungseffekten, die alle vereint in der Kamera abgebildet werden. Auch die Grenze dessen, was wirklich noch zu Matte Painting gehört und was an- dere CG-Effekte sind, ist nicht mehr eindeutig definierbar. Früher war das Matte Painting ein eigenständiger Effekt, während es heutzutage weitere Aufgabenberei- che beinhaltet und mit anderen Effekten verknüpft wird.

“We strive to create believable scenes and environments using whatever techniques help to sustain the illusion. We still call the work we produce ’matte painting’ because it’s a term and a concept that people under- stand, though a better description might be ’environment creation’.“ (Barron zitiert nach Rickitt, 2007, S. 265)

Da Matte Painter heutzutage also die verschiedensten Techniken anwenden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, müssen sie meist auch Kenntnisse in 3D- und Compositing-Programmen haben (Rickitt, 2007, S. 258ff.).

2.3.2 Camera Projection

Bei traditionellen Matte Paintings waren die Shots stets statisch, da sich bei einer Kamerabewegung das Matte Painting zur Live-Action verschieben würde. Selbst das kleinste Wackeln der Kamera konnte schon Probleme bereiten und die Illusion eines stimmigen Bildes zerstören. Da sich die Kamera heutzutage aber in den meisten Einstellungen eines Filmes be- wegt, fällt es sofort auf, wenn ein Shot komplett statisch ist. Um auf die 2D-Bilder

10 manuelles Erstellen von Masken

11 2 THEORIE auch Kamerabewegungen anzuwenden, können Techniken wie Camera Projecti- on verwendet werden. Diese ermöglichen kleinere Bewegungen, was ausschlagge- bend ist, um den Shot zum Leben zu erwecken und realistischer wirken zu lassen (Gress, 2015, S. 334). In manchen Fällen werden durch Camera Projection auch Ka- merafahrten möglich, die ansonsten aus technischen, finanziellen oder sicherheits- bedingten Gründen nicht gemacht werden können oder unter normalen Umständen unmöglich wären (Gress, 2015, S. 349). Soll die Live-Action bereits mit einer Kamerabewegung gedreht werden, kann diese mit Hilfe von 3D-Tracking Software erfasst und weiter verwendet werden. Durch das Tracking11 von markanten Stellen oder Markern, die vorher in der Szene angebracht wurden, kann die Bewegung der Kamera in der Postproduktion berechnet werden. Die entstandenen Daten können in einer 3D-Software auf eine virtuelle Kamera mit denselben Eigenschaften übertragen werden, sodass die Bewegung auf das Matte Painting übernommen werden kann. Ist das Matte Painting ausschließlich digital er- stellt, kann die Kamerabewegung aber auch komplett digital erstellt werden (Rickitt, 2007, S. 262). Das Grundprinzip von Camera Projection ist, dass die Texturen der gesamten Szene oder je nach Bedarf nur von individuellen Elementen aus der Perspektive der Kame- ra auf simple Geometrie projiziert wird, also sozusagen alles auf einmal texturiert wird, und anschließend mit einer bewegten Kamera wieder abgefilmt werden kann (Gress, 2015, S. 349). „The audience will be able to move past objects that move with a realistic sense of parallax, or “ (Rickitt, 2007, S. 263). Die Geometrie der Elemente für die Camera Projection muss nur sehr grob mo- delliert werden. Dabei geht es weniger darum, die Form perfekt nachzubauen, als die Hauptmerkmale des Bildes zu erfassen. Für die meisten Häuser reichen zum Beispiel einfache Quader und einfache Ebenen genügen normalerweise für Boden, Himmel oder ähnlich einheitliche Flächen. Allerdings sollten Größenverhältnis und Position zueinander und zu der Kamera stimmen, damit sie sich während der Bewe- gung richtig verhalten. Durch die Parallaxenverschiebung bei einer Kamerabewegung müssten Teile vom Bild zum Vorschein kommen, die im ursprünglichen Matte Painting nicht sichtbar sind. Je nachdem wie die Tiefenstaffelung im Matte Painting ist oder wie komplex die Kamerabewegung ist, muss das Bild deshalb in mehrere Ebenen aufgeteilt wer- den. Diese müssen retuschiert werden, sodass das, was zuvor von darüber liegen- den Objekten verdeckt war, nun sichtbar werden kann. Diese Ebenen müssen dann einzeln auf die Objekte im 3D Raum projiziert werden.

11 dt.: Verfolgung

12 2 THEORIE

Stimmen die Position der projizierenden Kamera und die der filmenden überein, so befindet sich diese im sogenannten sweet spot12, da das Matte Painting genauso abgebildet wird wie das ursprüngliche 2D Bild. Je weiter sie sich jedoch von diesem Punkt entfernt, desto mehr verzerren die Texturen auf der Geometrie. Es sind also nur begrenzte Bewegungen möglich, ohne dass das Bild zusammen bricht. Dies muss auch bei der Planung der Kamerabewegung berücksichtigt werden. Soll zum Beispiel ein 90° Bogen gemacht werden, so ist es besser auf der einen Seite des sweet spots anzufangen und sich über diesen hinaus bis auf die andere Sei- te zu bewegen. Auf diese Weise sind die Verzerrungen schwächer, als wenn die Bewegung beim sweet spot beginnen oder enden würde. Wenn das Bild dennoch beginnt, sich an manchen Stellen zu sehr zu verzerren oder Löcher entstehen, können Objekte auch mit Texturen versehen werden, die aus mehreren Projektionen bestehen. So könnte man an den verzerrten Stellen zu- sätzlich ein Bild aus einer anderen Perspektive projizieren (Gress, 2015, S. 349ff.). Da bei der Camera Projection zwar Geometrie im 3D-Raum erstellt wird, es aber kein „echtes“ 3D ist, das in diesem Programm texturiert und beleuchtet wird, wird 1 diese Technik auch oft als 2 2 D bezeichnet (Rickitt, 2007, S. 262).

2.4 Umsetzung

Bevor die Verwendung eines Matte Paintings geplant wird, sollte man sich überle- gen, ob es wirklich die richtige Technik für den entsprechenden Shot ist oder ob andere Techniken in diesem Fall nicht die bessere Wahl wären. Dazu müssen un- ter Anderem Aspekte wie die Kosten, die bei den jeweiligen Techniken entstehen, abgewogen werden. Wird es billiger, ein Set direkt zu bauen oder es nachträglich in der Postproduktion zu realisieren? Außerdem muss in Betracht gezogen werden, wie viel Interaktion zwischen den Schauspielern und ihrer Umgebung geschehen wird. Je nachdem, was für eine Umgebung benötigt wird und wie komplex diese ist, kann es entweder von Vorteil sein, das Set physikalisch zu bauen oder es in der Postproduktion zu implementieren. Ist zum Beispiel nur eine sehr kurze Sequenz geplant, in der allerdings komple- xe Elemente gebraucht werden, so ist es wahrscheinlich billiger, den Shot in der Postproduktion zu erstellen. Auf der anderen Seite würden weniger Shots in der Postproduktion immer auch mehr Geld für Sets, die für lange Sequenzen verwendet werden können, bedeuten.

12 dt.: idealer Punkt

13 2 THEORIE

Einen Shot in der Postproduktion zu realisieren, bedeutet oft, dass weniger reale Interaktion der Schauspieler mit ihrer Umgebung möglich ist, sowohl mit Gegen- ständen, als auch mit Licht. Viele dieser Interaktionen können in der Postproduktion imitiert werden. Dies macht es aber auch für alle Beteiligten, inklusive der Schau- spieler, komplizierter. Auch die Beleuchtung wird schwieriger, wenn zum Beispiel ein Blue- oder Greenscreen verwendet werden muss, um die Darsteller später vor einen neuen Hintergrund zu setzen. Gleichzeitig müssen die Schauspieler der Szene ent- sprechend und der Screen auf eine Weise ausgeleuchtet werden, die das Extrahie- ren möglichst einfach macht. Oft wird deshalb eine Mischung aus beiden Techniken verwendet. Der Teil der Szene, in dem das Schauspiel statt findet, wird als reales Set gebaut und dieses wird später in der Postproduktion erweitert. Hierdurch ist den Schauspielern immer noch die volle Interaktivität mit ihrer direkten Umgebung gebo- ten und es muss kein Kompromiss beim Licht eingegangen werden, da kein Screen und dessen Beleuchtung nötig ist. Je nachdem, wie oft das Set oder die Umgebung im Film benötigt wird, kann der Setbau eine günstigere Lösung sein. Denn sobald das Set einmal gebaut ist, kön- nen ohne Mehrkosten so viele Shots wie notwendig darin gedreht werden. In der Postproduktion dagegen entstehen bei mehreren oder auch längeren Shots immer zusätzliche Kosten. Wenn das Set in der Postproduktion erstellt werden soll, muss außerdem beachtet werden, dass auch der DOP13 keine Interaktion mit der Umge- bung hat und es für ihn schwieriger wird, den richtigen Ausschnitt zu wählen, da das endgültige Bild noch nicht zu sehen ist (Okun und Zwerman, 2014, S. 700f.). Wird die Umsetzung einer Szene in der Postproduktion geplant, so kann immer noch entschieden werden, mit welchen Mitteln dies geschehen soll. Die Umgebungen können entweder in 3D-Programmen erzeugt werden oder als Matte Painting. Wird eine Umgebung benötigt, die unabhängig von einem Shot ist und gegebenen- falls über mehrere Shots oder Sequenzen verwendet werden soll, so ist der Ansatz in 3D die bessere Variante. Wird hingegen nur ein bestimmter Shot benötigt, ist die Lösung durch ein Matte Painting, sehr viel effizienter. Da in Matte Paintings schon alle Oberflächeninformationen vorhanden sind, müssen diese beim Rendern nicht mehr berechnet werden, was diesen Prozess deutlich beschleunigt (Fry, 2014). Außerdem kann man im Gegensatz zu einer CG-Produktion komplett umgekehrt ar- beiten. Es kann erst der Look und die fertige Version einer Szene als Matte Painting erstellt werden. Sobald es den Vorstellungen genau entspricht, kann es auf die Geo- metrie projiziert werden, ohne dass gründliches Modelling oder Texturieren nötig ist (Gress, 2015, S. 354).

13 Director of Photography

14 2 THEORIE

Fällt die Entscheidung auf die Verwendung eines Matte Paintings, so muss dieses schon im Voraus gut durchdacht werden. Dazu müssen Fragen wie „Warum ist der Shot im Film?“ oder „Wie bringt der Shot die Erzählung voran?“ gestellt werden. Außerdem sollte schon vorher bewusst entschieden werden, wohin der Blick des Zuschauers gelenkt werden soll, während der Shot zu sehen ist (Okun und Zwer- man, 2014, S. 699ff.). Das Gelingen eines Matte Painting Shots hängt maßgeblich von der Planung ab. So sollten zum Beispiel folgende Aspekte beachtet werden: Aufbau der Komposition; das Farbschema, das verwendet werden soll; die Lichtsituation in der Umgebung und die Integration der Live-Action in das Matte Painting (Rickitt, 2007, S. 254).

2.4.1 Komposition

Eine gute Komposition ist dabei ausschlaggebend und ein wichtiger Faktor, ob ein Matte Painting funktioniert. Die Kunst besteht darin, eine angenehme Balance zwi- schen den Elementen zu erschaffen, die den Zuschauer gleichermaßen dazu bringt sich auf bestimmte Bereiche zu fokussieren ohne dabei zu aufdrängend zu sein (Okun und Zwerman, 2014, S. 703). Die Komposition sollte dabei schnell authen- tisch das Gefühl der Szene vermitteln. Dabei sollten einige Grundregeln beachtet werden. Unser Auge wandert meist von links nach rechts über ein Bild. Manche vertreten die Meinung, dass das Auge dabei gleichzeitig in einer dreieckigen Bewegung nach oben wandert. Chris Evans nennt diese Bewegung „the pyramid of believability“ (Rickitt, 2007, S. 254). Er meint, wenn der Zuschauer diese drei Bereiche als real auffasst, würde das gesamte Bild als wirklich und authentisch akzeptiert werden. Oftmals werden in diesen Bereiche des- halb die reale Elemente positioniert. Ein weiterer Punkt ist, dass das Auge des Betrachters auf den hellsten Bereich im Bild gelenkt wird. Aus diesem Grund tendiert man dazu, die Live-Action in diesen Bereichen zu platzieren, während die gemalten Bereiche des Matte Paintings eher dunkler und schattenhafter sind (Rickitt, 2007, S. 254).

2.4.2 Lichtsituation

Steht die Komposition, so sollte sich der Matte Painter zunächst auf Licht und Schat- ten konzentrieren, da es nur durch Licht möglich ist Volumen zu erschaffen. Das Matte Painting wird auch schon ohne Details und Texturen richtig wirken. Ist es aber

15 2 THEORIE einmal falsch eingeleuchtet, kann es selbst mit höchstem Detailgrad nicht mehr ge- rettet werden. Um diese Aufgabe zu bewältigen, muss der Matte Painter verstehen, wie Licht rea- giert und wie es andere Objekte beeinflusst (Okun und Zwerman, 2014, S. 704). Dazu sollte er sich die Fragen stellen, welche Qualität die Atmosphäre hat und wie die Sonne diese Atmosphäre durchdringt. Außerdem muss analysiert werden, wie die Lichtqualität das Aussehen der Objekte zwischen Kamera und Horizont verän- dert. Natürlich ist die Komposition und Planung des Matte Paintings wichtig, aber im Grunde kommt es am Meisten darauf an, ob die Lichtverhältnisse richtig dargestellt wurden.

2.4.2.1 Allgemeine Eigenschaften von Licht Natürliches Licht ist im Verhalten beständig. So reagiert es immer auf bestimmte Weise je nach Wetter und Ort und beeinflusst demzufolge auch das Aussehen der Objekte, die dargestellt werden sollen. Sie haben gleichbleibende Übergänge von Tönen und Farben abhängig von der Entfernung zum Betrachter. Diese Eigenschaf- ten haben wir im Hinterkopf, da wir sie jeden Tag unterbewusst sehen. So wird es, wenn auch unwissentlich, sofort wahrgenommen, wenn etwas nicht stimmt. Dies führt dann dazu, dass der Zuschauer aus der Geschichte gerissen wird (Rickitt, 2007, S. 255). Um ein überzeugendes Matte Painting zu erstellen, müssen also bestimmte Regeln, wie Licht mit Objekten interagiert, eingehalten werden. An einem klaren, sonnigen Tag zum Beispiel werden Objekte gleichzeitig durch drei verschiedene Lichtquellen beleuchtet. Zum Einen werden sie direkt vom Licht der Sonne beschienen. Zum Anderen erhalten sie Licht durch den blauen Himmel. Im Vergleich zum direkten, harten Sonnenlicht ist dieses eher diffus und weich, da es gleichzeitig aus allen Richtungen kommt. Wenn die Sonne hoch steht oder der Him- mel besonders klar ist, wird dieses Licht noch bläulicher und die Schatten von Ob- jekten sind dunkler und blauer. Sobald etwas mehr Wolken vorhanden sind, streuen diese das Sonnenlicht. Daraus resultiert ein deutlich weicheres Licht und es entsteht weniger Kontrast zwischen Licht und Schatten. Farben wirken indessen heller und reiner. Schatten werden etwas grauer und je mehr Nebel oder Dunst in der Luft liegt, desto näher scheinen diese dem Farbton des Sonnenlichts zu kommen. Das reflektierte Licht von angeleuchteten Objekten wirkt als dritte Lichtquelle. Auf diese Weise wird die Farbe von beleuchteten Objekten in schattige Bereiche in der

16 2 THEORIE

Nähe zurückgeworfen. Allerdings ist dieses reflektierte Licht immer von einer ersten Lichtquelle bedingt, weshalb es dieser untergeordnet ist (Gurney, 2010, S. 28ff.).

Nach Gurney(2010, S. 67) könnte man das Verhalten, beziehungsweise Auswirken, von reflektiertem Licht in folgenden fünf Regeln zusammen fassen:

1. Im Schatten sind nach oben gerichtete Ebenen kalt, nach unten gerichtete warm.

2. Das reflektierte Licht fällt schnell ab, je weiter man sich von der Quelle entfernt, außer die Lichtquelle ist sehr groß (zum Beispiel eine Rasenfläche)

3. Der Effekt wird am deutlichsten, wenn andere reflektierte Lichter und Aufhel- lungen entfernt werden

4. Die Farbe des Schattens ergibt sich aus der der Summe von allen Quellen von reflektierter Beleuchtung, kombiniert mit der lokalen Farbe des Objekts selber.

5. An einem sonnigen Tag werden vertikale Ebenen im Normalfall von zwei Licht- quellen beleuchtet. Zum Einen dem kalten Licht vom Himmel und zum Ande- ren warmes Licht vom Boden.

2.4.2.2 Atmosphärische Perspektive Je weiter Objekte vom Betrachter entfernt sind, desto mehr verändert sich, wie er diese wahrnimmt. Kräftige Farben im Vordergrund wandeln sich nach und nach, bis sie der Farbe des Himmels ähneln. Diese Erscheinung wird als atmosphärische Per- spektive bezeichnet. Farben verändern sich bei steigendem Betrachtungsabstand dabei auf vorhersehbare Weise. Dieselbe Streuung, die sich in der oberen Atmosphäre ereignet und das blaue Licht in alle Richtungen streut, ereignet sich ebenfalls in der Luft zwischen dem Betrachter und jedem Objekt. Die blaue Himmelskuppel ist eigentlich eine halbtransparente Schicht aus Luft, zwischen die Schwärze des Alls gelagert. Dunkle Bereiche werden bei der atmosphärischen Perspektive zuerst beeinflusst und werden im Allgemeinen heller und bläulicher. Die beleuchteten Bereiche von Objekten verlieren generell ihre Farbsättigung und werden grauer, je weiter sie entfernt sind. Besonders warme Farben werden trüber und kälter. Allgemein nimmt der Kontrast zwischen beleuchteten und im Schatten liegenden Bereichen von allen Objekten ab, bis zu dem Punkt, an dem sich schließlich alles

17 2 THEORIE zu einer Silhouette aus einem gleichmäßigen, blassen Ton mischt. Aufgrund der Verringerung des Kontrastes wird auch das Gefühl der Schärfe reduziert. Dies führt dazu, dass entfernte Bereiche eher verschwommen und ungelöst wirken. Helle wei- ße Objekt, wie zum Beispiel Häuser, bleiben noch am längsten sichtbar, während alles Andere mit der Farbe der gesamten Silhouette verschmilzt. Ist die Luftfeuchtigkeit besonders hoch oder viel Staub, Nebel oder Dunst in der Luft, wird der Effekt der atmosphärischen Perspektive verstärkt. Objekte werden viel schneller davon beeinflusst und zu einer blassen Silhouette.

Im Allgemeinen kann die Aussage, dass die Farben im Vordergrund eher warm sind, während die Farben in Hintergrund eher kälter werden, als Richtlinie für atmosphä- rische Perspektive genommen werden. In manchen Fällen ist diese Richtlinie aber genau umgekehrt. Dann werden Objekte einer Szene wärmer, je weiter sie in der Ferne liegen. Dazu kommt es, wenn Feuchtigkeit aufdampft oder Staubwolken in der Luft in der Nähe der Sonne schweben, besonders bei Sonnenauf- oder untergang. Dies geschieht, weil die großen Teilchen in der Luft in der Nähe des Bodens das orange-farbende Sonnenlicht in geringen Winkeln zu den ursprünglichen Strahlen streuen. Dadurch entsteht ein orangefarbener Schein um die Sonne. Dieses oran- ge oder rote Licht ergießt sich stärker auf die entfernten, dunklen Formen als das normale blaue Streulicht. Elemente im Vordergrund bleiben so kühler als welche in größerer Entfernung (Gurney, 2010, S. 176ff.).

2.4.3 Lineare Perspektive

Gleichermaßen wie die Lichtverhältnisse richtig darzustellen, muss der Matte Pain- ter auch in der Lage sein, eine Szene in der richtigen Perspektive und mit richtigen Größenverhältnissen abzubilden (Rickitt, 2007, S. 255). Eine Hilfe um ein korrektes Bild zu erzeugen, bietet die lineare Perspektive. „Linear perspective is used for buildings, mechanical objects, and virtually all features of the manmade world.“ (Mattingly, 2011, S. 52)

Dies sind einige wichtige Begriffe in Bezug auf die lineare Perspektive:

• Horizontlinie beschreibt die Linie, wo Erde und Himmel aufeinander treffen, wenn keine Hindernisse im Weg sind. Diese Linie befindet sich immer auf unserer Augenhöhe.

• Fluchtpunkte sind Punkte auf der Horizontlinie, wo alle zueinander parallelen Linien zusammen laufen.

18 2 THEORIE

• Fluchtlinien sind Linien, die parallel zueinander sind und deshalb alle zum gleichen Fluchtpunkt zeigen.

Es gibt drei verschiedene Arten von Linearperspektive, wobei in den meisten Fällen eine Variante der 2-Punkt-Perspektive verwendet wird. Dennoch ist es gut, auch die anderen zu kennen.

• Einfluchtpunktperspektive stellt Objekte, die parallel zur Bildebene stehen dar. Sie haben nur einen Fluchtpunkt in Betrachtungrichtung, da die zweite Gruppe von Fluchtlinien parallel zur Bildebene verlaufen.

• Zweifluchtpunktperspektive wird oft auch Normal- oder Übereckperspektive genannt und ist die verbreitetste Form der Perspektive. Sie wird verwendet, wenn Objekte schräg zur Bildebene stehen. Es entstehen zwei Fluchtpunkte für die beiden Gruppen von Fluchtlinien.

• Dreifluchtpunktperspektive: Wenn der Betrachter in extremen Winkel nach unten oder oben schaut, laufen auch vertikale Fluchtlinien nicht mehr parallel sondern auf einen Fluchtpunkt zu. Es entstehen demnach drei Fluchtpunkte. In diesen Fällen ist normalerweise keine Horizontlinie im Bild zu sehen. Oft gilt bei der Dreifluchtpunktperspektive die Faustregel, dass nicht mehr als ein Fluchtpunkt im Bild zu sehen ist, oft sogar gar keiner (Mattingly, 2011, S. 52ff.).

Um beim die Perspektive des gedrehten Materials zu übernehmen, kann der Matte Painter, sobald er dieses erhält, dessen Perspektive erfassen, indem er die Per- spektivlinien verlängert. Anschließend können die Hauptelemente und deren Kom- position skizziert werden. Darauf kann dann das Matte Painting auf verschiedenen Layern aufgebaut werden (Rickitt, 2007, S. 262).

19 3 EIGENES MATTE PAINTING

3 Eigenes Matte Painting

3.1 Konzeption

Für die Erstellung meines eigenen Matte Paintings beschloss ich ein komplett neues Bild zu erschaffen, das keine Live-Action Elemente enthielt und auch nicht auf einer schon vorhandenen Hauptplate aufbauen sollte. Zum Einen, weil ich es faszinierend finde, eine Welt sozusagen von Grund auf neu zu erschaffen und genau so zu ge- stalten, wie man es will und zum Anderen, da ich so durch Dinge, die schon durch diese Plates vorgegeben waren, nicht eingeschränkt wäre. Dies bedeutete aber auch, dass die Möglichkeiten quasi unendlich waren. Deshalb schaute ich mir zur Inspiration zunächst andere Matte Paintings an. Schlussendlich entschied ich mich dafür, eine tropische Regenwaldlandschaft zu erschaffen, die aus großen Bergen aus Felsen und Pflanzen besteht. Sie sollte der typischen Landschaft in Vietnam mit großen Felsformationen ähneln. Das Ganze sollte eine Umgebung zeigen, in der die Weite des Ganzen zum Ausdruck kam, sodass man das Prinzip der atmosphärischen Perspektive gut erkennen konnte. Das Matte Painting sollte zum Beispiel als Basis für einen einer Umgebung in einem Film dienen. Aus diesem Grund wollte ich auch einen Bezug zu etwas Menschlichem herstellen. Dazu sollten Baumhäuser, die in dem Regen- wald eine Art Baumhausdorf bildeten, dienen. Zuerst wollte ich wirklich ein Dorf aus mehreren Baumhäusern entwerfen. Ich fasste dann aber den Beschluss, nur ein einzelnes nahes Baumhaus darzustellen. Auf diese Weise wäre dieses präsenter und könnte außerdem ein Hauptelement im Vordergrund bilden. Am Ende sollte aber nicht nur ein statisches Bild entstehen, sondern ein Shot mit leichter Kamerabewegung. Da Bewegung ein essentieller Teil davon ist, Realismus zu erschaffen, sollte das Bild auch aus bewegten Elementen wie Nebel, kleinen Wol- ken und Wasserfällen bestehen. Diese würden außerdem zum tropischen Aussehen der Landschaft beitragen. Das fertige Matte Painting würde also aus folgenden Bestandteilen aufgebaut sein:

• 2D-Bild

1 •2 2 D: simple Geometrie für Projektion • 3D: Baumhaus und Bäume im VG

• animierte Kamera

• Simulationen: Wasserfälle, Nebel, Dunst

20 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.1.1 Komposition

Als erster Schritt, um ein Layout zu erstellen, auf das ich das Matte Painting aufbau- en konnte, konzentrierte ich mich auf die Komposition der Elemente im Bild. Farben sollten dabei zunächst nicht beachtet werden. Um trotzdem bereits ein räumliches Gefühl zu bekommen, arbeitete ich mit verschiedenen Graustufen, sodass die Ber- ge, je weiter hinten sie lagen, immer heller wurden (Abb.1).

Abbildung 1: Komposition des Layouts

3.1.2 Farben

Anschließend erstellte ich das grobe Farbschema, indem ich alle Elemente mit ihren Hauptfarben einfärbte. Auch hier sollte der Raum bereits verdeutlicht werden. Je weiter hinten die Berge waren, desto heller und entsättigter sollten sie sein und sich immer mehr dem Farbton des Himmels annähern (Abb.2).

Abbildung 2: Farbschema des Layouts

21 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.1.3 Licht

Der nächste, sehr wichtige Schritt war die Definition der Lichtrichtung und somit auch der gesamten Lichtstimmung im Bild. Hauptlichtquelle der Szene sollte hier die Sonne sein, die rechts hinter den Bergen stehen würde. Besonders die Elemente im Vordergrund lägen dadurch im Gegenlicht und auch auf den Bergen im Hintergrund würde ein Kontrast zwischen den im Sonnenlicht liegenden Flächen zu denen im Schatten entstehen (Abb.3).

Abbildung 3: Lichtsetzung im Layout

3.1.4 Texturen

Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie die Oberflächen der Elemente sein und wie diese in der Szene wirken würden, skizzierte ich als Nächstes grobe Texturen. Die Berge sollten aus einer Mischung aus Pflanzen und Felsen bestehen (Abb.4).

Abbildung 4: Texturen im Layout

22 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.1.5 Finaler Look

Um den finalen Look zu definieren, erstellte ich zum Einen für das Baumhaus ein simples Model in Maya, dem ich anschließend in Photoshop Texturen hinzufügte. Außerdem setzte ich in den Vordergrund bereits Models von Bäumen, da dies das Gefühl der Szene viel besser verdeutlichen konnte, ohne dass jedes einzelne Detail per Hand gemalt werden musste. Zusätzlich wollte ich die Stimmung des Bildes noch verstärken. Dafür fügte ich klei- ne Nebelwolken ein, die das Licht der Sonne einfangen sollten. Außerdem passte ich die gesamte Lichtstimmung an, um ein eher warmes als neutrales Licht zu be- kommen. Den schmalen Fluss ersetzte ich schließlich noch durch eine breitere Wasserfläche, da ich empfand, dass diese sich besser in das Bild integrieren würde (Abb.5).

Abbildung 5: Finales Layout

3.1.6 Kamerabewegung

Der fertige Shot sollte als eine Art Establishing Shot verwendet werden. Der Fokus sollte im ersten Moment auf dem Baumhaus im Vordergrund liegen und erst danach sollte der Betrachter bemerken, in welcher Umgebung sich das Baumhaus befindet. Mit der Kamerabewegung, die ich später durch die Camera Projection erzeugen würde, wollte ich genau das erreichen. Die Kamera würde sehr nah am Baumhaus anfangen und sich dann langsam davon entfernen um letztendlich die Landschaft zu enthüllen. Sobald das Matte Painting vollständig zu sehen ist, sollte die Kamera langsam zum Halt kommen und diesen Blick noch einige Zeit zeigen (Abb.6).

23 3 EIGENES MATTE PAINTING

Abbildung 6: geplante Kamerabewegung

3.1.7 Blicklenkung

Auch die Anordnung der Elemente im Endbild sollte bewirken, dass der Blick zu- nächst auf das Baumhaus auf der linken Seite fällt und dann, dem Wasser folgend, nach rechts geleitet wird. Der große Berg auf der rechten Seite sollte den Blick im Bild halten und zur Landschaft zurück lenken (Abb.7).

Abbildung 7: Blicklenkung im Layout

24 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.2 Programme

Im Folgenden gebe ich eine Übersicht zu den Programmen, die ich für die Umset- zung des Matte Paintings verwendet habe und erläutere kurz, welche Aufgaben im Einzelnen ich damit realisiert habe.

3.2.1 Photoshop

„Photoshop is an extremely powerful image-editing programme. It has become the industry standard among matte artists“ (Mattingly, 2011, S. 11). Leistungsfähige Werkzeuge wie Farbkorrektur und perspektivische Verzerrung, aber auch selbst er- stellte Pinsel, bieten optimale Voraussetzungen für das Anfertigen von Matte Pain- tings. Die Verwendung von Ebenen ermöglicht außerdem eine non-destruktive Ar- beitsweise.

Ich verwendete Photoshop für die Anfertigung des eigentlichen Matte Paintings. Aus vielen verschiedenen Fotos erschuf ich ein neues Gesamtbild, indem ich diese mit unterschiedlichen Techniken miteinander verknüpfte.

In Photoshop gibt es dafür mehrere Blendmodes, die verschiedene Möglichkeiten bieten, zwei Layer übereinander zu blenden. Dies ist beim Anfertigen eines Matte Paintings eine sehr hilfreiche Funktion. Im Folgenden erläutere ich die Operationen, die bei den wichtigsten Modi verwendet werden und wie ein Blend Layer, der mit dem jeweiligen Modus über einen Base Layer gelegt wird, das Ergebnis beeinflusst:

• Normal: Platziert den Blend Layer ohne Überblendung über den Base Layer. Dieser Modus ist standardmäßig eingestellt.

• Darken: Überblendet die Layer, sodass der dunklere Ton dargestellt wird. Dunkle Töne bleiben dieselben während hellere von dunkleren ersetzt wer- den.

• Multiply: Multipliziert die Layer miteinander. Das Ergebnis ist immer dunkler.

• Color Burn: Ähnlich wie Multiply, fügt der Überblendung aber mehr Kontrast und Sättigung hinzu.

• Lighten: Entspricht dem Gegenteil von Darken. Layer werden so zusammen geblendet, dass der hellere Ton dargestellt wird. Helle Töne bleiben dieselben während dunklere von helleren ersetzt werden.

25 3 EIGENES MATTE PAINTING

• Screen: Multipliziert die Ebenen umgekehrt miteinander. Das Ergebnis wird immer heller.

• Color Dodge: Liefert ähnliche Ergebnisse wie Screen, die aber kontrastreicher, heller und gesättigter sind.

• Overlay: Verwendet den Screen-Mode für helle und den Multiply-Mode für dunkle Pixel des Blend-Layers. Dieser Modus ist sehr hilfreich um Texturen aufzubringen, da das Bild mit nur einem Layer sowohl aufgehellt als auch ab- gedunkelt wird. Das Ergebnis weist mehr Kontrast und Sättigung als zuvor auf.

• Soft Light: Ist eine dezentere Variante des Overlay Modus. Overlay kann manchmal zu penetrant wirken, da dem Bild eine große Menge an Kontrast und Sättigung hinzugefügt wird. Soft Light hingegen fügt etwas Kontrast hinzu, aber nur sehr wenig Sättigung. Deshalb ist dieser Modus besonders hilfreich, wenn man die Farbe des Base Layers nicht verändern will.

• Hard Light: Ist ähnlich wie Overlay, wobei der Blend Layer deutlich mehr Ein- fluss auf das Ergebnis hat. Er ist sehr hilfreich, wenn die Farbe und Textur des Blend Layers deutlich sichtbar sein sollen.

• Color: Überträgt den Farbwert und die Sättigung des Blend Layers auf den Base Layer während die Helligkeit die Selbe bleibt. Dieser Modus ist nützlich um Elemente in einer Komposition zu färben. So können beispielsweise alle Farben zu einer geändert werden, egal welche Farbe der Layer vorher hatte. Das kann sich als sehr wirkungsvoll erweisen, wenn die Farbe einer ganzen Komposition vereinheitlicht werden soll. (Mattingly, 2011, S. 125ff.)

26 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.2.2 Maya

Bei Maya handelt es sich um ein von Autodesk entwickeltes Programm, das zum Modellieren, Animieren und Rendern von 3D Szenen verwendet wird. Es wird unter anderem in Filmen, Fernsehen, Werbungen, Games, Produkt Visualisierungen und im Internet eingesetzt (Murdock, 2015, S. 1). In der VFX-Industrie zählt Maya zu den beliebtesten high-end 3D Programmen. Es hat leistungsstarke - und Simulationswerkzeuge und ist so gut wie unendlich mit Plugins und Anpassungs- möglichkeiten erweiterbar (Gress, 2015, S. 150).

In Maya setzte ich zunächst die Camera Projection auf, um die erforderliche Geo- metrie zu modellieren und eine Kamerafahrt zu animieren. Diese konnte ich später in Nuke weiter verwenden. Das Baumhaus, das sich im Vordergrund der Szene be- finden sollte, erstellte ich komplett in Maya und renderte es schließlich mit derselben animierten Kamera heraus um es im Compositing mit den restlichen Elementen zu kombinieren. Um die Wasserfälle in der Szene zu animieren, erstellte und renderte ich in Maya außerdem eine Simulation.

3.2.3 Nuke

Nuke von The Foundry ist ein nodebasiertes Compositing-Programm, das inzwi- schen zum Industriestandard im Bereich der Postproduktion für Film- und Fernseh- produktionen geworden ist (Ganbar, 2014, S. VII). 2D- und 3D-Elemente können durch die integrierte 3D- Umgebung einfach miteinander verknüpft werden. In die- sen 3D-Raum kann primitive Geometrie platziert werden oder aber auch vorher in anderen Anwendungen angefertigte Geometrien oder Kameras importiert werden (TheFoundry, 2016).

Nuke verwendete ich für das Compositing aller Elemente. Ich importierte die vorher angefertigte Geometrie und Kameras und setzte so letztendlich die eigentliche Ca- mera Projection auf und kombinierte sie mit den restlichen Elementen. Außerdem erstellte ich einfache Bewegungssimulationen, wie die Nebelwolken zwischen den Bergen und die Wellenbewegung auf dem Wasser.

27 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.3 Matte Painting Erstellung

3.3.1 Bildmaterial sammeln

Sobald das Layout für das Matte Painting fertig war und bevor ich richtig mit dem Matte Painting anfing, nahm ich mir die Zeit, um genügend Fotos, die ich später verwenden konnte, zu suchen. Da ich selbst nur wenige Fotos hatte, die für dieses Matte Painting geeignet sein würden und Fotos, die in eine tropische Landschaft passen würden auch nicht so einfach noch machen konnte, musste ich außerdem im Internet danach suchen. Dabei muss man allerdings darauf achten, dass nur Fotos verwendet werden, die lizenzfrei sind, also vom ursprünglichen Urheber zur Weiterverwendung freigegeben wurden. Um solche Fotos zu finden gibt es Seiten wie Cgtextures, Freeimages und Pixaby etc. Bei diesen öffentlichen Seiten musste ich allerdings besonders darauf achten, nur Fotos herunter zu laden, deren Qualität gut genug war. Wichtig war zum Beispiel, dass die Auflösung nicht zu klein war und dass kein zu starkes Rauschen zu sehen war, da man sonst sehr schnell erkennen würde, dass das Matte Painting aus mehreren Bildern zusammen gesetzt wurde.

3.3.2 2D Matte Painting

Nachdem ich einige Fotos gesammelt hatte, begann ich, auf das Layout aufbauend, das Matte Painting in Photoshop zu erstellen. Das Matte Painting sollte später für einen Shot im 2k-Format, also mit einer Auflösung von 2048x1080 Pixeln, verwendet werden. Um kleinere Mängel später zu kaschieren, legte ich die Photoshop-Datei auf die doppelte Größe an. Auf diese Weise konnte ich es später kleiner skalieren und die Mängel würden weniger sichtbar werden. Zusätzlich erweiterte ich das Bild am Rand noch ein bisschen, damit ich später bei der Bewegung der Kamera nicht durch die Bildgröße eingeschränkt sein, sondern etwas mehr Spielraum haben wür- de.

Von den hinteren Ebenen beginnend, fing ich daraufhin an, das Matte Painting über dem Layout aufzubauen und Stück für Stück durch Fotos zu ersetzen. Da ich bereits geplant hatte, dass ich das Bild später für eine Camera Projection verwenden wollte, legte ich es so an, dass die Ebenen nicht nur an Stellen, die aus der Originalen Sicht im 2D-Bild zu sehen waren, Bildmaterial besaßen, sondern auch an den Stellen, an denen sie zunächst von anderen verdeckt wurden. Auf diese Weise würden diese Stellen, wenn sie durch die Parallaxenverschiebung während einer Kamerabewe- gung zum Vorschein kamen, ohne spätere Retusche trotzdem vollständig sein.

28 3 EIGENES MATTE PAINTING

Beim Erstellen des Matte Paintings wollte ich nah am Layout bleiben und das Aus- sehen nicht zu sehr von den Fotos, die mir zur Verfügung standen, beeinflussen las- sen. „Photo references are just that. They’re just reference. We’re going to change them to make them work for us“ (Cole, 2006). Da es aber selten genau die richtigen Berge schon als ganzes Foto gab und ich durch die lizenzfreie Suche zusätzlich ein- geschränkt war, mussten die Elemente im Bild aus mehreren verschiedenen Bildern zusammengesetzt werden.

3.3.2.1 Extrahieren von Bildelementen Um die Teile, die verwendet werden sollten, aus diesen Bildern zu extrahieren, ver- wendete ich verschiedene Vorgehensweisen. Gerade bei weit hinten liegenden Ebe- nen reichte es oft, den gewünschten Teil einfach mit dem Lasso-Tool freizustellen und den Übergang zu anderen Bildteilen später über die Ebenenmaske zu verfei- nern. Da sich die Kanten der Bildteile in meinem Fall oft an Stellen mit vielen Bäu- men befanden, konnte der Übergang auch sehr unregelmäßig sein und musste nicht exakt an Objektkanten gemacht werden. Eine natürliche Unregelmäßigkeit ließ sich sehr einfach mit entsprechenden Pinseleinstellungen gestalten. So wählte ich bei- spielsweise einen Pinsel, der an sich bereits etwas unregelmäßig war und stellte außerdem ein, dass sich Größe oder Winkel des Pinsels zufällig veränderten und die Position etwas gestreut wurde. Dies erzeugte beim Malen eine unregelmäßige Linie, die von weitem sehr ähnlich wie Baumstrukturen aussah, sodass der Über- gang zwischen verschiedenen Bildern nicht mehr sichtbar war. Bei Ebenen, die im Vordergrund lagen, reichte diese Methode oft nicht mehr aus. Gerade wenn die Silhouette eines Berges gegen den Himmel zu sehen war, muss- ten die Bäume genauer ausgeschnitten werden, da der Übergang dort viel deutlicher sichtbar war. Für diese Fälle verwendete ich eine andere Methode, die besonders gute Ergebnisse lieferte, wenn sich die Silhouetten der Bäume zum Beispiel stark vom Himmel absetzten. Um ein Element frei zu stellen, schaut man sich dafür den Rot-, Grün- und Blaukanal des Bildes an und vergleicht diese. Mit dem Kanal, der an der Stelle, an der die Mas- ke gelegt werden soll, am meisten Kontrast aufweist, können die besten Ergebnisse erzielt werden. Deshalb muss dieser dupliziert werden. Durch eine Farbkorrektur kann der Kanal nun so angepasst werden, dass der Kontrast zusätzlich erhöht wird. Es entsteht ein Bild aus Graustufen, das als Maske für das Bild verwendet werden kann. An den Stellen, die von dem Bild übernommen werden sollen, muss die Maske komplett weiß und an Stellen, die ganz heraus geschnitten werden sollen, komplett schwarz werden. Kleinere Flecken, die sich noch in der Maske befinden, können

29 3 EIGENES MATTE PAINTING mit Hilfe des Filters Dust and Scratches entfernt werden. Manche Stellen müssen aber zusätzlich mit Hilfe des Lasso-Tools zur Maske hinzugefügt beziehungsweise entfernt werden, damit diese an allen Stellen auch wirklich deckend ist (Cole, 2006).

3.3.2.2 Eingliederung in das Gesamtbild In vielen Fällen passten verschiedene Bilder auf den ersten Blick nicht zusammen. Um dem entgegen zu wirken, mussten die Bildteile aneinander angepasst werden.

Farbkorrektur Im Normalfall muss zunächst eine Farbkorrektur auf die Bilder angewendet wer- den, sodass sowohl Farbtöne als auch Kontrastwerte zueinander passen und die Bilder sich einander annähern. Das für mich wohl effektivste Werkzeug dafür war das Curve-Tool, das ermöglicht, die Werte von Rot-, Grün- und Blaukanal einzeln oder auch alle zusammen über eine Kurve je nach Belieben zu neuen Werten zu ändern. Mit diesem Tool kann theoretisch jeder gewünschte Effekt erreicht werden, weshalb ich es am häufigsten verwendete. In manchen Fällen war es aber auch ein- facher, ein anderes Tool zu verwenden. Wenn zum Beispiel lediglich die Sättigung angepasst werden musste, ging dies viel schneller mit dem Hue/Saturation-Tool.

Bildqualität/Schärfe Da ich Bilder von vielen verschiedenen Quellen verwendete, lag nicht jedes davon in der bestmöglichen Qualität vor. Einige davon waren unschärfer als die anderen. Bis zu einem gewissen Grad war es möglich, manche Bilder zu schärfen, aber das konnte auch sehr schnell offensichtlich werden. Deshalb galt in den meisten Fällen die Regel: Alle Bilder müssen an die schlechteste Qualität angepasst werden. Einige Bilder musste ich also etwas weichzeichnen, damit sie zu anderen Teilen passten und sich besser eingliederten.

3.3.2.3 Re-Lighting Viele der verwendeten Fotos wiesen nicht die Lichtrichtung auf, die das Matte Pain- ting haben sollte. Natürlich versuchte ich, wenn es möglich war, solche zu verwen- den, bei denen die Lichtrichtung stimmte oder zumindest nicht komplett falsch war. Aber oft setzte ich Berge auch aus mehreren Teilen zusammen, sodass sie des- halb keine definierbare Lichtrichtung mehr besaßen. Um ihnen dennoch Form zu geben und sie in das Gesamtbild zu integrieren, indem die Lichtstimmung aufgegrif-

30 3 EIGENES MATTE PAINTING fen wurde, musste auf diese ein Re-lighting, also eine Änderung oder Hinzufügen der Lichtrichtung, angewendet werden. Um diese Änderung des Licht zu verwirklichen, konnten wieder verschiedene Tech- niken verwendet werden. Zunächst mussten vorhandene Lichter und Schatten her- aus genommen werden, wenn diese nicht zu der gewollten Lichtrichtung pass- ten. Besonders harte Schlagschatten wären andernfalls sehr auffällig und würden schnell verraten, dass es kein zusammen gehörendes Bild war. Dies konnte ich über eine oder mehrere Farbkorrekturen erreichen, in denen ich die Schatten anhob oder beleuchtete Seiten abdunkelte. In die Ebenenmasken dieser Farbkorrekturen konnte ich jeweils malen, an welchen Stellen diese angewendet werden sollte. Entstehen sollte eine Ebene, die zunächst neutral war und keine definierbare Lichtrichtung besaß. Um die neue Lichtrichtung zu kreieren, erstellte ich eine Kopie der Ebene, die neu beleuchtet werden sollte. Auf diese wendete ich nun eine Farbkorrektur an, sodass sie kontrastreicher und heller wurde. Da die Berge bei meinem Matte Painting mit Sonnenlicht angestrahlt werden sollten, mussten die Farben außerdem etwas wär- mer werden. Diese deutlich hellere Ebene stellte die Seite des Berges dar, auf die das Sonnenlicht fiel. Ich legte sie im Screen-Mode über die ursprüngliche Ebene. Um das Licht nur an den erwünschten Stellen zu haben, konnte ich hier ebenfalls über eine Ebenenmaske die Stellen wieder herausnehmen, die im Schatten lagen. Zusätzlich zu den Schatten, die auf den Seiten der Berge entstehen, die nicht in der Sonne liegen, müssen auch die Schatten erzeugt werden, die die Berge gegenseitig auf einander werfen. Dieser sehr wichtige Faktor hat die Wirkung, als befänden sich diese Berge wirklich nebeneinander und seien nicht einfach auf mehreren Ebenen in einem Bild platziert. Auf diese Weise bekommt man außerdem ein Gefühl dafür, wo die Berge sich im Raum befinden, welche weiter entfernt von der Kamera sind und welche näher. Für die Generierung dieser Schatten konnte ich einfach wieder in die Ebenenmaske der Lichtebene an die entsprechenden Stellen malen, sodass diese kein Licht bekamen (Abb.8).

3.3.2.4 Atmosphärische Perspektive Ein weiterer sehr wichtiger Faktor, um Räumlichkeit und Tiefe zu erschaffen, ist die atmosphärische Perspektive. Wie bereits erwähnt werden weiter hinten liegende Objekte stärker von der Atmosphäre beeinflusst. Um dies auch in meinem Matte Painting darzustellen, wandte ich auf alle Ebenen weitere Farbkorrekturen an. Zum Einen hob ich die Schatten an und verringerte den Kontrast und die Sättigung der Ebenen sehr stark. Zum Anderen legte ich die Himmelebene im Screen-Mode über

31 3 EIGENES MATTE PAINTING die Ebenen, um dessen Farbe auf den Bergen aufzunehmen. Die Stärke dieser beiden Vorgänge erhöhte ich, je weiter hinten die Ebene lag, sodass die hinterste Ebene kaum noch Kontrast aufwies und auch farblich fast mit dem Himmel ver- schmolz. Die Berge ganz im Vordergrund hingegen waren sehr kontrastreich und hatten sehr dunkle Schatten, sodass diese Seiten der Berge im Gegenlicht kaum noch zu erkennen waren (Abb.8).

(a) Matte Painting ohne Lichtsetzung

(b) Matte Painting mit Lichtsetzung

Abbildung 8: Vergleich: Matte Painting vor und nach Re-Lighting

32 3 EIGENES MATTE PAINTING

3.3.2.5 Details Um das Matte Painting noch interessanter zu gestalten, fügte ich als finalen Schritt noch einige Details hinzu. Elemente wie die kleinen Wolken zwischen den Bergen und die Wasserfälle sollten später noch animiert werden. Deshalb erschuf ich sie zunächst nur als Platzhalter und könnte sie später noch durch bewegte Elemente ersetzen, die ich in Maya und Nuke erzeugte. Auch die Reflexionen der Berge im Wasser, fügte ich vorläufig noch hinzu, um ihre Wirkung darzustellen. Damit ihre Abbildung auch in der Bewegung korrekt wäre, würde ich sie allerdings später mit Hilfe der Camera Projection generieren (Abb.9).

Abbildung 9: Finales Matte Painting

3.3.3 Camera Projection

Da heutzutage in Filmen in fast jedem Shot Bewegung ist, würde es auffallen, wenn Shots mit Matte Painting komplett statisch wären. Um das zu verhindern, kann mit Hilfe von Camera Projection eine Kamerabewegung realisiert werden, ohne dass sofort erkennbar ist, dass es sich eigentlich um ein 2D-Bild handelt. So bekommt man stattdessen das Gefühl von Tiefe und Räumlichkeit.

Um diese Camera Projection auch auf mein Matte Painting anzuwenden, bereite- te ich, sobald das Matte Painting fertig war, zunächst die Photoshop Datei dafür vor. Diese musste dazu auf so viele Ebenen reduziert werden, wie später einzeln auf die Geometrie projiziert werden sollten. Also musste ich mir überlegen, wel- che Ebenen unterschiedlich weit von der Kamera entfernt waren und sich somit bei

33 3 EIGENES MATTE PAINTING einer Kamerabewegung zueinander verschieben würden. In meinem Fall reduzier- te ich die Datei auf die Himmel- und Boden-Ebene, sowie sieben Ebenen für die Berge. Farbkorrektur-Ebenen müssen auf die entsprechenden Ebenen angewen- det werden, sodass nur noch die einzelnen Ebenen vorhanden sind. Diese werden nun jeweils als Bilder exportiert, damit sie später einzeln auf die Geometrie projiziert werden können. Außerdem muss auch der Alphakanal der Ebene exportiert werden.

Maya Darauffolgend begann ich die Szene in Maya aufzubauen. Zunächst erstell- te ich dafür die Kamera, die das Matte Painting auf die Geometrie projizieren sollte, und passte Einstellungen wie das richtige Seitenverhältnis an das Matte Painting an. Indem ich das gesamte Matte Painting als Image Plane in die Kamera lud, konnte ich als Nächstes die Kamera richtig zur Bodenebene ausrichten, sodass die Per- spektive in etwa stimmte. Dies war sehr wichtig, damit die Geometrie sich später bei einer Bewegung richtig verhalten würde. Aus der Perspektive dieser Kamera würden später die Ebenen auf die verschiedenen Objekte projiziert werden. Sobald die Per- spektive einmal stimmte, sperrte ich die Position der Kamera, damit ich diese nicht aus Versehen nochmal änderte, denn das würde bedeuten, dass die Projektionen verändert und nicht mehr mit der Geometrie überein stimmen würden. Anschließend konnte ich damit beginnen, die Geometrie der Berge zu modellieren. Aus der Sicht der Kamera konnte ich die Form sehr gut erfassen und musste ledig- lich immer wieder überprüfen, ob die Position auch im 3D-Raum passte. Die Models mussten nicht sehr genau sein. Es reichte, wenn die grobe Form der Berge stimmt (Abb. 10).

Abbildung 10: Geometrie für Camera Projection

34 3 EIGENES MATTE PAINTING

Nun konnte ich damit beginnen, die Ebenen auf die Geometrie zu projizieren. Dazu musste für jede Ebene ein Shader14 erstellt werden. Ein einfacher Lambert-Shader reichte, da Reflektionen und Glanzlichter bereits im Matte Painting vorhanden wa- ren und nicht über den Shader berechnet werden mussten. Das Bild enthielt bereits alle Lichtinformationen und sollte deshalb nicht noch verändert werden. Dies kann erreicht werden, indem im Shader eingestellt wird, dass die Textur genau so wie- dergegeben wird und von Licht, das sich in der Szene befindet, nicht zusätzlich beeinflusst wird. Die Farbe bzw. Textur des Shaders wird nicht wie üblich nur als Datei herein geladen, sondern als Projektion. In den Einstellungen dieser Projektion kann die vorher erstellte Kamera ausgewählt werden.

Bei einem direktem Vergleich bemerkte ich, dass die Qualität des Bildes, das ich in Maya renderte, deutlich schlechter war, als das gleiche Rendering in Nuke (Abb. 11). Da Nuke ohnehin bessere Möglichkeiten bot, das Bild nachträglich noch feiner anzu- passen und in jedem Fall im Compositing noch die bewegten Elemente hinzugefügt werden sollten, entschied ich mich dafür, die Projektion in Maya lediglich dazu zu verwenden, um die Geometrie zu modellieren und die Kamerafahrt zu animieren. Diese wollte ich anschließend in Nuke importieren und die Projektion stattdessen dort mit zusätzlichen Elementen rendern.

(a) Projektion mit Maya (b) Projektion mit Nuke

Abbildung 11: Vergleich: Qualität der Camera Projection in Maya und Nuke

14 Algorithmus, der berechnet, wie Licht mit Oberfläche reagiert

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Kamerafahrt Sobald ich die Projektion für alle Objekte aufgesetzt hatte, konnte ich die Projektionskamera duplizieren und für die neue Kamera, die die Szene abfilmen würde, eine Kamerafahrt animieren. Die Kamerabewegung legte ich überwiegend so an, wie ich es im Layout beabsich- tigt hatte. Sie begann nah am Baumhaus und entfernte sich dann immer weiter, um nach und nach die Landschaft preiszugeben. Da ich aber mit dieser Fahrt die Wir- kung der Camera Projection demonstrieren wollte, gestaltete ich sie etwas weiter. Auf diese Weise war die Parallaxenverschiebung besonders deutlich zu sehen.

Nuke Wie bereits erwähnt exportierte ich, sobald ich alle Elemente modelliert hatte und die Kamerafahrt animiert war, die Geometrie, sowie animierte und Pro- jektionskamera als Fbx-Dateien. Diese konnte ich anschließend in Nuke in die ReadGeo- beziehungsweise Camera-Node herein laden. Über die Project3D-Node projizierte ich die einzelnen Ebenen auf die entsprechen- de Geometrie. Dafür musste ich lediglich als Kamera die Projektionskamera aus- wählen.

In Nuke werden Objekte im 3D-Raum über die ScanlineRenderer-Node zu einem 2D-Bild umgewandelt. In dieser Node kann auch die filmende Kamera ausgewählt werden. In meinem Fall war dies die animierte ShotCam. Ich hatte die Möglichkeit alle Geometrien in einer Scene-Node vereint oder jedes Element einzeln umwan- deln zu lassen und später die verschiedenen Ebenen übereinander zu legen. Ich entschied mich dafür den Himmel und den Boden jeweils mit einem eigenen Scan- lineRenderer heraus zu rechnen. Den Himmel brauchte ich als einzelnen 2D-Pass, da ich auf die Berge einen LightWrap anwenden wollte. An den Kanten der Berge sollte die Farbe des Himmels dahinter leicht aufgenommen werden, damit sich diese besser ins Bild integrieren würden. Um diesen LightWrap zu generieren, brauchte ich Berge und Himmel allerdings zunächst auf getrennten Layern, was nicht mög- lich gewesen wäre, wenn sie von einem ScanlineRenderer bereits zu einem 2D-Bild zusammen gefügt worden wären. Auch beim Boden bot es sich an, diesen zuerst einzeln heraus zu rendern. Auf diese Weise konnte ich zunächst die Reflexionen im Wasser hinzufügen und die Wasserbewegung animieren, bevor ich ihn mit dem Rest des Bildes vereinte. Die Geometrie der Berge hingegen konnte ich alle gemeinsam in einer Szene ren- dern und zusammen weiter verwenden. Lediglich für die vordersten Berge verwen- dete ich zunächst auch einen eigenen ScanlineRenderer, da ich diese dann noch individueller anpassen konnte.

36 3 EIGENES MATTE PAINTING

Reflexion Maya lieferte mir, selbst mit reflektierenden Materialien auf der Bodene- bene, keine zufriedenstellenden Ergebnisse für die Reflexion der Berge im Wasser. Deshalb entschied ich mich dafür, auch diese Reflexion in Nuke zu erzeugen. Mit Hil- fe der Axis-Node, die es ermöglicht andere Objekte im 3D-Raum zu transformieren, spiegelte ich dafür die animierte ShotCam an der xz-Ebene. Diese Kamera konnte nun mit der gleichen Bewegung, lediglich nach unten gespiegelt, die gesamte Sze- ne, in der ich nur die Bodenebene ausblendete, abfilmen und lieferte als Ergebnis die Reflexion. Diese legte ich anschließend im Screen-Mode über die eigentliche Wasserebene.

3.3.4 3D Elemente

Wenn in einem Shot eine sehr starke Kamerabewegungen ausgeführt wird, reicht die Verwendung von Matte Paintings meist für im Vordergrund liegende Elemente nicht mehr aus. Da sie sich stärker bewegen, ist man schneller erkennbar, wenn sie kein Volumen haben oder die Geometrie nicht detailliert genug ist. In solchen Fällen müssten sie als 3D-Elemente angefertigt werden. Sie in das Matte Painting einzu- binden, ist aber durch die vorhandenen Daten der Szene nicht weiter problematisch. Das Baumhaus, das sich bei mir im Vordergrund des Bildes befinden sollte, würde deshalb ebenfalls aus 3D-Elementen bestehen. Bei einer richtigen Filmproduktion würde die Generierung dieser Elemente nicht in den Aufgabenbereich eines Matte Painters fallen. Da ich aber zumindest ein Lay- out davon zeigen wollte, wie diese Elemente mit dem Matte Painting kombiniert werden würden, fertigte ich dieses selber an. Da sich die Erstellung vollständiger 3D-Modelle zum Einen sehr viel aufwändiger gestaltet als die von Matte Paintings und zum Anderen nicht den Kern dieses Beispiels ausmacht, verzichtete ich bei der Modellierung der Bäume und des Baumhauses auf den Detailgrad, der für eine komplett realistisch aussehende Szene erforderlich wäre. Für die Bäume verwendete ich zunächst ein Model, das ich von einer kostenlosen Website herunter lud (ShareCG, 2016). Diese sahen zwar nicht ganz realistisch aus, aber reichten zunächst, um ein Gefühl für die Bäume dort zu vermitteln. Das Baumhaus hatte ich zuvor für das Layout als grobes Model angefertigt und konnte dies nun weiter entwickeln. Es sollte so wirken, als hätte das Baumhaus ein Dach aus Stroh und als sei es aus Bambus zusammen gebaut worden. Das Model des Dachs beließ ich zunächst in sehr simplem Zustand und erzeugte die ausgefransten Kanten lediglich über die Textur, die ich in Photoshop anfertigte. Um die Struktur des Strohs zu erschaffen, verwendete ich außerdem eine Textur als

37 3 EIGENES MATTE PAINTING

Bump Map15. Durch diese würde das Licht beim Rendern so gelenkt werden, dass es so aussah, als ob ausgewählte Bereiche etwas angehoben oder abgesenkt im Vergleich zum Rest des Models waren. Dies würde natürlich nicht reichen, um eine wirklich realistische Darstellung eines Strohdachs zu erzeugen. Dafür müsste schon das Model an sich sehr viel feiner werden. Dem Model des Hauses fügte ich hingegen noch mehr Details hinzu. So erschuf ich beispielsweise kleine Kanten in den Bambusbalken, da allein durch Texturen nicht erreicht werden konnte, dass es wirklich so aussah, als wäre an diesen Stellen eine Absenkung. Zusätzlich fügte ich diesen Models auch wieder eine Bump Map und zusätzlich eine Specular Map16 hinzu. Auf diese Weise würden kleine Kratzer und ähnliches etwas abgesenkt werden und außerdem weniger glänzen. Die Bal- ken konnte ich in abgewendeter Form mehrmals verwenden. Den gleichen Vorgang wendete ich auch für den Boden des kleinen Balkons an und erstellte so eine Fläche aus Holzplanken.

Abbildung 12: Fertiges Baumhaus

Damit sich das Baumhaus und die Bäume in die Szene eingliederten, musste ich außerdem die Beleuchtung der Elemente so aufsetzen, dass es zu der Lichtsitua- tion des Matte Paintings passte. Um das Licht der Sonne zu imitieren, erstellte ich ein DirectionalLight, das die Szene von rechts hinten beleuchtete. Damit die Vorder- seite der Objekte nicht komplett im Dunkeln lag, erschuf ich außerdem noch eine schwächere Aufhellung von vorne.

15 Textur, die Illusion von angehobenen oder abgesenkten Details auf der Oberfläche erschafft, ohne die Geometrie zu verändern 16 Textur, die definiert, wie glänzend eine Oberfläche ist

38 3 EIGENES MATTE PAINTING

Sobald ich mit dem Ergebnis (Abb. 12) zufrieden war, renderte ich die Szene mit der vorher animierten Kamera als Bildsequenz heraus, um sie anschließend im Compo- siting mit dem Matte Painting zu verknüpfen.

3.3.5 Bewegtelemente

Die Kamerabewegung, die durch die Camera Projection möglich ist, reicht nicht aus, um das Matte Painting realistisch aussehen zu lassen. Es ist nötig, dass andere Bildelemente zusätzlich Bewegung aufweisen. In meinem Matte Painting mussten auf jeden Fall die Wasserfälle animiert werden und auch das Wasser sollte etwas Bewegung zeigen.

3.3.5.1 Wellen Um die Wasserbewegung zu imitieren, entschied ich mich für eine Lösung in Nu- ke. Ich wollte keine Flüssigkeit simulieren, sondern die Bewegung lediglich durch eine Distortion erzeugen. Die Wasserebene sollte so verzerrt werden, dass es so wirkte, als wären dort Wellen. Um eine unregelmäßige und zufällige Bewegung zu erreichen verwendete ich die Noise-Node in Nuke und änderte die Einstellungen so, dass das Rauschen in horizontale Richtung etwas länglicher war und animierte es, um eine wellenartige Bewegung zu erzeugen. Für die richtige Perspektive der Wellen projizierte ich auch sie auf die Geometrie des Bodens. Nach dem Scanline-Renderer hatte ich diese also auch als 2D-Bild in der richtigen Perspektive und konnte sie in den UV-Kanal der Wasserebene kopieren. Nicht nur die Wasserebene sollte mit diesem Rauschen verzerrt werden, sondern auch die Reflexion, die noch darübergelegt werden sollte. Da diese aber mit einer anderen Kamera abgefilmt wurde, konnte die Verzerrung erst nach dem Scanline- Renderer angewendet werden. Sobald die Reflexion und Wasserebene also zusam- mengefügt waren, konnte ich mit Hilfe der iDistort-Node die Verzerrung durchführen. Das Rauschen, das sich im UV-Kanal befand, wählte ich in der Node als Distortion aus.

3.3.5.2 Wasserfälle Die Wasserfälle waren natürlich auch ein sehr wichtiger Teil davon, das Matte Pain- ting real aussehen zu lassen. Im Normalfall würde auch hier nicht der Matte Pain- ter, sondern eher ein Effects-Department, die Aufgabe übernehmen diese zu simu- lieren. Da ich aber die Signifikanz solcher bewegten Elemente im Matte Painting

39 3 EIGENES MATTE PAINTING demonstrieren wollte, übernahm ich auch diese Aufgabe selber und erstellte eine Simulation, die zumindest zur Veranschaulichung reichen sollte. In Maya erstellte ich dafür einen Fluid-Emitter, der die Wassersimulation aussenden sollte, und platzierte ihn an die Stelle, an der der Wasserfall wäre. Mit sehr wenigen Einstellungen ließ sich so schon ein recht gutes Ergebnis erzielen. Ich renderte den Wasserfall aus der Sicht der Projektionskamera und wollte ihn in Nuke mit dem Berg, auf dem er sich befinden sollte, kombinieren und anschließend zusammen mit Kamerabewegung abfilmen. Das Eingliedern des Wasserfalls erwies sich allerdings als schwerer als erwartet. Ich hatte für den Wasserfall zuvor eine Maske in Photoshop erstellt, die an Stellen, wo zum Beispiel Pflanzen den Wasserfall überdecken sollten, diesen ausschnitten. Da die Wassersimulation allerdings nicht wirklich mit diesen interagierte, sah man, dass der Wasserfall einfach nur ausgeschnitten war. Auch das Hinzufügen von Col- lidern17 in der Simulation sah nicht zufriedenstellend aus, da das Wasser nicht auf die erwartete Weise reagierte. Mit Hilfe der GridWarp-Node, in der ich den Wasserfall etwas verzerrte, konnte ich zumindest den Wasserverlauf etwas besser kontrollieren und an den Berg anpas- sen. Um auch den Übergang etwas zu verbessern, legte ich Rauschen über die Teile der Maske, sodass die Kanten an diesen Stellen nicht so statisch waren. Ist also für einen Shot eine wirklich reale Simulation notwendig, so müssten diese Wasserfallelemente, wie gesagt, von einem Effects-Department angefertigt werden, das die genaue Interaktion zwischen Wasser und umliegenden Elementen imitieren kann.

17 Objekte, die mit der Wassersimulation kollidieren würden

40 3 EIGENES MATTE PAINTING

(a) Frame 1

(b) Frame 310

Abbildung 13: Fertiger Matte Shot: Start- und Endframe

41 4 ZUSAMMENFASSUNG

4 Zusammenfassung

Abschließend kann ich sagen, dass Matte Painting grundsätzlich eine faszinieren- de Technik ist. Ohne viele Hilfsmittel können schon sehr schnell gute Ergebnisse erzielt werden. Besonders beeindruckt hat mich beim Anfertigen meines eigenen Matte Paintings, dass man es von Grund auf erschaffen kann. Das Layout kann nach Belieben gestaltet werden und ist durch nichts eingeschränkt. Dieses kann mit Hilfe eines Matte Paintings trotzdem gut und schnell umgesetzt werden. Gerade die Möglichkeit bei Digital Matte Paintings reale Fotos und Texturen zu verwenden, bewirkt natürlich ebenfalls, dass die Erweiterung schon bestehender Hintergründe oder Szenen sehr einfach umsetzbar wird.

Vor allem die Erfahrung, die ich durch die praktische Anwendung sammeln konn- te, hat mir gezeigt wie viel die neuen Mittel vom Digital Matte Painting ausmachen. Nur durch die Kamerabewegung, die durch die Camera Projection möglich wird, und durch einzelne bewegte Elemente kann schon ein sehr viel höherer Grad an Rea- lismus erreicht werden. Außerdem wird auch die Integration anderer Elemente ein- facher. So kann das Matte Painting recht leicht mit Simulationen und 3D-Elementen verknüpft werden. Ich verwendete es in meinem Beispiel zwar nicht, aber auch die Einbindung von Realszenen wäre deutlich einfacher als bei analogen Techniken. Auch der Vorteil im Vergleich zum Arbeiten mit kompletten 3D-Modellen wurde mir sehr stark bewusst. So können mit Matte Painting deutlich schneller realistische Ergebnisse erreicht werden. In meinem Fall wirkte der Hintergrund, den ich in Pho- toshop zunächst als 2D-Bild erstellte, schon sehr früh recht realistisch. Die einge- bauten 3D-Elemente erwiesen sich hingegen als viel aufwändiger und würden in einer professionellen Anwendung noch deutliche Überarbeitungen erfordern.

Insgesamt fand ich das Ergebnis, das in einem so kurzen Produktionszeitraum mög- lich ist, schon sehr eindrucksvoll. Um ein wirklich überzeugendes und reales Matte Painting zu erzeugen, wäre allerdings noch mehr Zeit erforderlich gewesen. Gerade Elemente wie das Baumhaus und die Wasserfälle müssten noch deutlich verbes- sert werden, damit sie noch natürlicher aussehen. Allerdings sind genau dies die Arbeitsbereiche, die teilweise nicht eindeutig dem Matte Painting zuzuordnen sind. Mit mehr Kenntnissen der entsprechenden Programme und Techniken wäre die rea- listische Umsetzung in jedem Fall auch möglich. Außerdem fehlten mir beispielswei- se auch ausreichende Kenntnisse Perspektive richtig zu zeichnen. Da mein ganzes Matte Painting auf dem Layout aufbaute, wurden Fehler, die ich in der Darstellung der Perspektive gemacht hatte, natürlich immer weiter geführt.

42 4 ZUSAMMENFASSUNG

Trotz der vielen positiven Eigenschaften bemerkte ich aber auch die Einschränkun- gen bei der Verwendung von Matte Paintings. Die große Kamerabewegung in mei- nem Matte Painting, die ich mit Absicht so wählte um den Effekt der Parallaxenver- schiebung besonders deutlich zu machen, war wahrscheinlich schon zu stark. Sind für einen Shot große Kamerafahrten gewünscht, so wird es ab einem bestimmten Punkt unverzichtbar die Umgebung ganz oder zumindest teilweise als 3D-Element zu erstellen. Ein weiterer Grund 3D-Umgebungen zu verwenden, wäre die Vorga- be, dass mehrere Einstellungen der Umgebung aus verschiedenen Blickwinkeln ge- braucht werden. Matte Paintings können nur für eine bestimmte, vorher festgelegte, Ansicht verwendet werden. Ich könnte meine Szene zum Beispiel nicht für eine wei- tere Einstellung nutzen, die die Landschaft aus einer anderen Perspektive zeigt. Ist klar, dass dies auf jeden Fall benötigt wird, muss die Umsetzung der Landschaft eventuell gleich als 3D-Szene geplant werden.

Schließlich lässt sich sagen, dass die Verwendung von Matte Paintings eine sehr wirkungsvolle Methode ist um Hintergründe, Landschaften und Seterweiterungen schnell und effektiv herzustellen, solange man sich über die Einschränkungen und Probleme, die auftreten können, bewusst ist und diese bei der Planung berücksich- tigt.

43 LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS

Literatur- und Quellenverzeichnis

Cole, D. (2006). The Techniques of Dylan Cole: Advanced Digital Matte Painting - Lecture 2: Creating the Hills. Los Angeles: The Gnomon Workshop. [DVD].

Fry, G. (2014). Advanced 3D Matte Painting Teechniques - 01.Introduction. https://www.thegnomonworkshop.com/tutorials/advanced-3d- matte-painting-techniques [Videodatei, Stand: 01.06.2016].

Ganbar, R. (2014). Nuke 101 - Professional Compositing and Visual Effects, 2. Aufl. Berkeley: Peachpit Press.

Giesen, R. und Mulack, T. (2002). Special visual effects - Planung und Produktion, 1. Aufl. Gerlingen: Bleicher.

Gress, J. (2015). [digital] Visual Effects And Compositing. Berkeley: New Riders.

Gurney, J. (2010). Color and Light - A Guide for the Realist Painter. Missouri: Andrews McMeel Publishing.

Mattingly, D. B. (2011). The Digital Matte Painting Handbook. Indianapolis, Indiana: Wiley Publishing, Inc.

Murdock, K. L. (2015). Autodesk Maya Basics Guide 2016. Mission, KS: Schroff Development Corp.

Okun, J. A. und Zwerman, S. (2014). The VES Handbook of Visual Effects - Industry Standard VFX Practices and Procedures. Burlington: Focal Press.

Rickitt, R. (2007). Special Effects - The History and Technique. New York: Billboard Books.

ShareCG (2016). Alder Tree OBJ. http://www.sharecg.com/v/36271/ browse/5/3D-Model/Alder-Tree-OBJ [3D-Modell, Stand: 18.06.2016].

TheFoundry (2016). Nuke Features - 3D workspace. https://www. thefoundry.co.uk/products/nuke/features [Stand: 16.07.2016].

44 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

1 Komposition des Layouts...... 21 2 Farbschema des Layouts...... 21 3 Lichtsetzung im Layout...... 22 4 Texturen im Layout...... 22 5 Finales Layout...... 23 6 geplante Kamerabewegung...... 24 7 Blicklenkung im Layout...... 24 8 Vergleich: Matte Painting vor und nach Re-Lighting...... 32 (a) Matte Painting ohne Lichtsetzung...... 32 (b) Matte Painting mit Lichtsetzung...... 32 9 Finales Matte Painting...... 33 10 Geometrie für Camera Projection...... 34 11 Vergleich: Qualität der Camera Projection in Maya und Nuke..... 35 (a) Projektion mit Maya...... 35 (b) Projektion mit Nuke...... 35 12 Fertiges Baumhaus...... 38 13 Fertiger Matte Shot: Start- und Endframe...... 41 (a) Frame 1...... 41 (b) Frame 310...... 41

45 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Inhalte der DVD

1. Bachelorarbeit in digitaler Form ...... BA_FionaEdler.pdf

2. Abbildungen

3. Finaler Matte Shot als Videodatei ...... MatteShot_final.mov

4. Projektdateien

(a) 2D Matte Painting in Photoshop ...... MP_final.psd (b) Maya Szenen: i. Baumhaus Shading ...... TreeHouse_shading.ma ii. Komplette Szene ...... MP_scene.ma (c) Camera Projection und Compositing in Nuke ...... MP_comp.nk

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