Keine andere Stadt in Europa verändert sich so schnell wie Deutschlands alte und neue Hauptstadt. Aus zwei Stadthälften, die 28 Jahre die Mauer zwischen Ost und West teilte, wuchs eine neue Metropole zusammen, und jedes Jahr kommen Millionen, um sie zu sehen: die alte Prachtstraße und das Brandenburger Tor, den , den neuen Haupt- bahnhof und das Regierungsviertel. ist trendy, kreativ, schick, multikulturell und immer ganz besonders. Berlin hat viele Gesichter: Currywurstbuden und Gourmetlokale, Fashion Week und Flohmarkt, weltberühmte Kunst auf der Museums- insel und Street Art in Kreuzberg, Eckkneipen und Techno-Clubs, Altstadtflair am Prenzlauer Berg und piekfeines Ambiente in der Friedrichstraße, glänzende Neubauten und grüne Idyllen. All diese Gegensätze, das Neben- und Miteinander der Kontraste, machen Berlin aus – eine süchtig machende Metropole.

DAS BERLIN BUCH lädt zu einer faszinierenden Reise durch die Metropole ein und offenbart die ganze Vielschichtigkeit in brillanten Farbbildern und informativen Texten. Ausklappbare Panoramabilder bieten spektakuläre Ansichten der Weltmetro- pole. Seite um Seite eröffnen sich dem Betrachter neue Blicke auf Berlin – eine opulente Quelle der Inspiration rund um die deutsche Hauptstadt.

€ (D) 24,95 / € (A) 25,70 ISBN 978-3-95504-229-5 DAS BERLIN BUCH

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9 ZU DIESEM BUCH

Seit Berlin Hauptstadt ist, kommen jedes Jahr Milli- gezogen, genauso viele weggezogen, ins stadtferne onen von Besuchern. Kilometerweit laufen sie vom grüne Umland, weg von den ewigen Baustellen. Reichtagsgebäude durch das Brandenburger Tor, Manche kommen nach Jahren wieder zurück. die Prachtstraße Unter den Linden hinunter, pilgern Was eigentlich macht die Faszination dieser Stadt durch Tiergartengrün zum Potsdamer Platz, stau- aus? Dieser Bildband versucht, diese Frage zu be- nen über die neue Welt unter dem schwebenden antworten, zeigt das Historische neben dem Neuen, Zeltdach und suchen am Kollwitzplatz und in der das Traditionelle neben dem Aufbruch, die Stadt und Kas tanienallee nach dem Mythos vom Prenzlauer den Kiez, in dem die Berliner leben, unbeeindruckt Berg. Eine Million sind seit dem Mauerfall 1989 zu- von Touristenströmen und auch abseits davon.

10 ZU DIESEM BUCH

Berlin ist eine arme Stadt. Nach Krieg und Mauer- ganzen Landes. Die Straßen und Gebäude erzählen bau haben viele Firmen die Stadt verlassen, es man- von der Zeit der preußischen Könige und Kaiser, gelt an Arbeitsplätzen. Wissenschaft, Forschung aber auch von Kriegen und Mauerbau, vom Kalten und Tourismus entwickeln sich jedoch vielverspre- Krieg und seinen Folgen, die nirgends so deutlich chend. Berlin ist aber auch eine reiche Stadt, weil sie waren wie in der geteilten Stadt. Geschichte ist in Die in der Mühlenstraße in jungen Menschen aus aller Welt Platz lässt, ihre Ide- Berlin nie zu Ende. Wer hier lebt, ist dabei. Es Friedrichshain ist der größte und bekannteste en zu verwirklichen und sich gegenseitig zu inspirie- stimmt noch heute, was der Chronist Walter Kiau- erhaltene Rest der Grenzanlagen der Berliner ren. Berlin ist nicht nur ein riesiger Steinhaufen, lehn 1958 schrieb: Als Berliner muss man nicht Mauer. Viele Künstler kommentierten hier die sondern auch ein Geschichtsbuch, sogar das des geboren sein, man kann es werden. politischen Veränderungen der Jahre 1989/90.

11 INHALT

BERLINS HISTORISCHE 14 Berliner Dom 76 Hauptbahnhof 142 Berliner Dom: Hohenzollerngruft 78 Berliner S-Bahn 144 16 Vom Stadtschloss zum Humboldt-Forum 80 Hamburger Bahnhof – Brandenburger Tor 18 Kaiser Wilhelm II. 82 Museum für Gegenwart 146 24 84 Museum für Naturkunde 148 DZ-Bank-Gebäude 26 St. Marienkirche 86 Die Mauer 150 Akademie der Künste 28 Marx-Engels-Forum, 88 Bundesministerium des Inneren (BMI) Hoteltradition: Das Adlon 30 Fernsehturm 90 in Alt-Moabit 152 Unter den Linden 32 92 AEG-Turbinenfabrik 154 Friedrich der Große 34 Hackesche Höfe 94 Kriminalgericht Moabit 156 Komische Oper 36 Sophie-Gips-Höfe 96 Großer 158 Staatsbibliothek 38 »Junge Mode« 98 Siegessäule, Straße des 17. Juni, Humboldt-Universität 40 Neue Synagoge 100 Großer Stern 160 Brüder Humboldt 42 Tacheles 104 Christopher Street Day 162 Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum 44 Friedrichstadt-Palast 106 Schloss Bellevue 164 46 Friedrichstraße 108 Dokumentationszentrum »Topographie , Deutsches Historisches Museum 48 Shopping in Berlin-Mitte 110 des Terrors« 166 , Alte Bibliothek, Hedwigskathedrale 50 Galeries Lafayette 112 Holocaust-Mahnmal 168 Deutsche Staatsoper 52 114 Potsdamer Platz 170 54 176 Schlossbrücke 56 BERLINS »NEUE« MITTE 120 Deutsche Kinemathek – Friedrichswerdersche Kirche 58 Museum für Film und Fernsehen 178 Schinkelplatz 60 Reichstag 122 Marlene Dietrich 180 : Baumeister Berlins 62 Der Reichstag im Spiegel der Geschichte 124 Internationale Filmfestspiele Berlin 182 64 Norman Fosters Kuppel 126 Philharmonie, Kammermusiksaal 184 66 Deutscher Bundestag 128 Gemäldegalerie 186 Büste der Nofretete 68 Neues Regierungsviertel 130 Staatsbibliothek (Haus Potsdamer Straße) 188 Pergamonmuseum 70 Bundeskanzleramt 136 Neue Nationalgalerie 190 Bode-Museum 72 Willy Brandt 138 Gedenkstätte Deutscher Widerstand 192 74 Paul-Löbe-Haus 140

12 INHALT

CHARLOTTENBURG- FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG, Schloss Friedrichsfelde, WILMERSDORF 194 TEMPELHOF-SCHÖNEBERG 244 Tierpark Friedrichsfelde 296 , Sowjetisches Ehrenmal 298 Tauentzien, 196 Volkspark Friedrichshain 246 »Der Hauptmann von Köpenick« 300 Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche 198 Karl-Marx-Allee 248 Kaiser Wilhelm I. 200 East Side Gallery 250 Register 302 (KaDeWe) 202 Spaß an der 252 Bildnachweis/Impressum 304 Zoologischer Garten, Aquarium 204 Berliner Nachtleben 254 Kurfürstendamm 206 Oberbaumbrücke 256 The Story of Berlin 208 Osthafen 258 Berlins Theater 210 Kreuzberger Szenen 260 Schloss 212 Haus am , Mauermuseum 262 Schlosspark Charlottenburg 214 Jüdisches Museum 264 Bild oben: Die Glaskuppel auf dem Reichstagsge- Berliner Sammlungen 216 Martin-Gropius-Bau 266 bäude wurde von Sir Norman Foster gestaltet und ICC, Messe, Funkturm 218 Türkisches Kreuzberg 268 ist einer der Besuchermagneten der Hauptstadt Industriedenkmäler 220 Deutsches Technikmuseum 270 und längst zum Wahrzeichen geworden. Der 222 Karneval der Kulturen 272 Architekt hatte zunächst für den Bau überhaupt Berliner Fußball: Flughafen Tempelhof 274 keine Kuppel vorgesehen und beugte sich nur Hertha BSC, 1. FC Union Berlin 224 Berlin-Blockade und Luftbrücke 276 widerwillig den Wünschen der Bundesregierung. »Ich bin ein Berliner« 278 PANKOW 226 Bilder auf den vorhergehenden Seiten: AUSSERHALB DER ZENTREN 280 S. 1: Quadriga auf dem Brandenburger Tor Rund um den Kollwitzplatz 228 S. 2/3: Skulptur »Berlin« auf der Tauentzien- Junge Kunst 230 Schloss Glienicke 282 straße, im Hintergrund die Gedächtniskirche Synagoge Rykestraße 232 Havel und Havelseen, Pfaueninsel 284 S. 4/5: Denkmal des Friedrich Schiller am Jüdisches Berlin 234 Strandbad Wannsee 286 Gendarmenmarkt vor der Kulisse des Deutschen Jüdischer Friedhof Weißensee 236 Grunewald 288 Doms Kulturbrauerei 238 Siedlungen der Berliner Moderne 290 S. 6/7: Statue des Karl Friedrich Schinkel vor Currywurst 240 Spandau 292 einer Reklamewand am Schinkelplatz Ernst-Thälmann-Park 242 Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen 294 S. 8/9: Innenhof der Hackeschen Höfe bei Nacht

13 BERLINS HISTORISCHE MITTE

Mit der Öffnung der Mauer am 9. November 1989 hat zählt wieder von jahrhundertelangem Glück und Berlin seine historische Mitte zurückerhalten. Vieles Unglück des ganzen Landes. Mit dem Nikolaiviertel war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, manches gibt es eine neue Altstadt, und das Weltkulturerbe wurde während der DDR-Zeit neu aufgebaut, man- Museumsinsel erinnert nach seiner Sanierung er- ches bedurfte einer kostspieligen Sanierung. Die neut an glanzvolle Zeiten. Seit 2009 sind alle Muse- klas sizistische Flaniermeile Unter den Linden er- en wieder geöffnet.

14 BERLINS HISTORISCHE MITTE Das 1830 eröffnete Alte Museum von Karl Friedrich Schinkel ist das älteste in Berlin. Nicht nur in der jährlichen Langen Nacht der Museen drängen sich die Besucher auf der Frei treppe zur Vorhalle, die von 18 ionischen Säulen getragen und von zwei Skulpturen flankiert wird.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 15 PARISER PLATZ

Einen Logenplatz mit Blick auf den klassizistisch am anderen Ende der Straße Unter den Linden bil- bebauten Pariser Platz und das Brandenburger Tor den. An den strengen Gestaltungsvorgaben des genießen die Besucher der Dachterrasse der Aka- 19. Jahrhunderts orientierte sich auch die Neu- demie der Künste. Als Quarré unter Friedrich Wil- bebauung nach dem Mauerfall mit den Häusern helm I. neben Oktogon (Leipziger Platz) und Ron- Liebermann und Sommer, die das Brandenburger dell () angelegt und 1814 umbenannt, Tor flankieren, mit Banken, hinter denen sich Woh- war er einst barock bebaut und wurde von 1850 an nungen verbergen, und mit den Botschaften von klassizistisch umgestaltet. Als Salon der Stadt soll- Frankreich und den USA auf historischen Grund- te der Pariser Platz das Gegengewicht zum Schloss stücken sowie mit dem legendären .

16 BERLINS HISTORISCHE MITTE PARISER PLATZ

Hinter dem Brandenburger Tor ragt ein Stück des Reichstagsgebäudes ins Bild (großes Bild). Auf dem Platz vor dem Tor posieren häufig Schauspieler in Uniformen der Nationalen Volks- armee, die bis zum Mauerfall 1989 den Todes- streifen an der Mauer be wachte, und spielen so geschichtsvergessen Ostalgie für ein Foto mit Touristen. Beim jährlichen Festival of Lights wird der Pariser Platz schön illuminiert (links).

BERLINS HISTORISCHE MITTE 17 BRANDENBURGER TOR

Einen triumphalen Abschluss der Prachtstraße Durchgänge. Der mittlere mit seinen 5,50 Metern Unter den Linden errichtete Carl Gotthard Lang- Breite war den königlichen Equipagen vorbehal- hans 1788 bis 1791 mit dem Brandenburger Tor. ten, die schmaleren Seitengänge nutzte das Fuß- Viel mehr nur als ein Entrée zur Stadt, stand es volk. Das Relief auf der Attika zeigt den Einzug symbolisch für die Stärke Preußens. Das Vorbild der Götter des Friedens in die Stadt, der Bild- waren die Propyläen der Akropolis von Athen. Ein schmuck in der Durchfahrt kündet von den Taten 26 Meter hoher und 65,5 Meter breiter, wuchtiger des Herkules, in den Seitenhallen wa chen Mars Sandsteinbau ist es geworden. Zwölf dorische und Minerva. Die Quadriga wurde 1791 nach Ent- Säulen teilen den doppelten Portikus in fünf würfen von vollendet.

18 BERLINS HISTORISCHE MITTE BRANDENBURGER TOR

Am 9. November 1989 fiel die Mauer, doch das Brandenburger Tor blieb bis zum 22. Dezember geschlossen. Als dann nach 28 Jahren jeder von Ost nach West hindurch gehen konnte, sich zur Silvesterfeier 1989/1990 Tausende zum Feuerwerk versam melten, begann eine neue Zeit. Das Stadttor von 1791 wurde zum Symbol der überwundenen Teilung. Zum Jahres- wechsel versammeln sich seitdem Millionen.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 23 QUADRIGA

Die Figur der griechischen Friedensgöttin Eirene, Richtung Schloss lenken. Bis die Preußen 1806 die die den mit vier Pferden bespannten Wagen lenkt, Schlacht bei Jena und Auerstedt verloren: Da ließ entwarf Johann Gottfried Schadow 1789. Für die Gespann und Dame in zwölf Kisten nach Ausführung des fünf Meter hohen Standbildes in entführen, um sie dort zusammen mit ande- den Jahren 1790 bis 1793 stand dem Potsdamer rer Beutekunst auszustellen. 1814, im Jahr nach Kupferschmied Emanuel Jury seine Nichte Ulrike der französischen Niederlage in der Völkerschlacht Modell. Nach klassischem Vorbild war die Göttin bei Leipzig, ließ Marschall Blücher die Quadriga unbekleidet, was dem König missfiel. Erst mit ei- wieder nach Berlin zurückbringen; im Volksmund nem Tugendmantel bekleidet, durfte sie die Rösser sprach man damals von der »Retourkutsche«.

24 BERLINS HISTORISCHE MITTE QUADRIGA

Von der ursprünglichen, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Quadriga blieb nur ein Pferdekopf übrig, der bis heute im Märkischen Museum aufbewahrt wird. Für die Herstellung der im September 1958 neu aufgestellten Quadriga konnte man auf alte Gipsabgüsse zurückgrei- fen. Nach dem Mauerfall wurde diese Quadriga restauriert – Übermütige hatten in der Silvester- nacht 1989/1990 das Zaumzeug gestohlen.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 25 DZ-BANK-GEBÄUDE

Die Bank liegt am Pariser Platz, und sie scheint des 19. Jahr hunderts«, fand dann aber doch in der sich gut in die klassizistische Bebauung einzufü- Reibung mit der Gestaltungssatzung Inspiration. gen. Die Vorgaben der Stadt waren streng: Trauf- Schließlich übertraf er die Erwartungen damit, höhe 22 Meter, das Material Stein, das Verhältnis dass er die Fassade in einer steinernen Pfeilerrei- von Mauer zu Fenster 50 : 50 – alles wie zu Schin- he auflöste und die Fenster wie Glassäulen in die kels Zeiten. Der Kalifornier Frank O. Gehry, unbe- Zwischenräume stellte. Die Überraschung folgt im strittener Architekturstar der USA, zu dessen Inneren: ein Konferenzraum »wie eine Skulptur«, berühmtes ten Bauten das Guggenheim-Museum »ein Pferdekopf im Silbermantel« oder »Fisch an in Bilbao zählt, sah darin zunächst ein »Nachäffen Land« – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

26 BERLINS HISTORISCHE MITTE DZ-BANK-GEBÄUDE

Im zweigeschossigen Foyer vor der Sicherheits- zone wird der Besucher zum Betrachter einer sich theatralisch inszenierenden Architektur. Ein aus Titanzink geformter Körper, in eine Glaskons- truktion gespannt, wie abgestürzt und zerbrochen oder aus den Tiefen des Ozeans gefischt. Um - geben wird das Ganze von einem holzverkleideten Atrium, sechs Stockwerke hoch. Licht fällt durch das filigrane Glasdach.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 27 AKADEMIE DER KÜNSTE

Kein steinernes Einerlei, sondern eine Glasfassa- spiegelt sich nun allerdings mit pompösem Stuck de, hinter der die Spuren der alten Akademie der und dominiert damit das Bild des Pariser Platzes. Künste sichtbar bleiben – dafür haben die Akade- Innen jedoch: alles Glas. Alles schräg. Alles Kunst? mie und der Architekt Günter Behnisch lange ge- Ein verblüffend verspieltes Dach, Herbstblätter kämpft. Unermüdlich plädierten sie gegen das leuchten gegen Himmelblau. Schön ist der Neubau Vergessen der Geschichte und gegen Pseudohisto- der Akademie der Künste erst abends. Wenn war- risches in der Nachbarschaft, bis sie das Glashaus mes Licht hinter der Glasfassade zu den schrägen schließlich bauen konnten. Tagsüber verrät die Formen ins Innere lockt, dann wird die Akademie Glasfassade nichts, die ungeliebte Nachbarschaft zum glänzenden Solitär am sandsteinernen Ort.

28 BERLINS HISTORISCHE MITTE AKADEMIE DER KÜNSTE

Wände stürzen, Stege schlagen kreuz und quer durch das Gebäude. Hinter der Glasfassade zeigt der Neubau Spuren der alten Hallen der Akade- mie von 1902. Ernst von Ihne gestaltete das Ge- bäude von 1740 für die Akademie. 1937 hatte es besetzt, um Planungen und Modelle für eine Reichshauptstadt Germania auszuarbei- ten. Von 1949 bis 1961 konnten einige Künstler der DDR hier ihre Ateliers einrichten.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 29 HOTELTRADITION: DAS ADLON

Nicht, dass es der Hauptstadt an Fünf-Sterne- nehmen Firlefanz wie Klingeln mit Quasten fürs Nach der Wende wurde ein Fonds aufgelegt, 1996 Hotels mangeln würde. Noch immer wachsen neue Personal und Bänkchen für Taschentuch und Täsch- stand das Adlon als erstes Haus am Pariser Platz. in den Berliner Himmel – aber das Adlon, das bleibt chen … Und noch ein Märchen gehört zum Adlon, Es sollte sich rentieren, nicht nur für das Stadtbild, etwas Besonderes. »Tempel der Lüste« nannte es nämlich das vom Tischlergesellen und Schausteller sondern auch für 3500 Anleger. Die Adresse »Un- Kaiser Wilhelm II. und bestand darauf, bei der Eröff- Lorenz Adlon, der aus Mainz kam und Bauherr, ter den Linden 1« hatte man erhofft, die Nr. 77 ist nung im Jahr 1907 als Erster die Schwelle zu über - Hotelkönig und Patron der Nobelherberge wurde. es geworden. Kunstkritiker schmähen das neue schrei ten. Schon das Foyer schien aus Glanz und Das Gebäude hatte Luftangriffe halbwegs überstan- Haus als »Architektur der röhrenden Hirsche«. Zauberlicht, aus ein bisschen Dekadenz – und Un- den; aber ein brennendes Streichholz, im Mai 1945 Berlinern und Be suchern gefällt es. Das hellgrüne moral? – und Geld gewirkt. Bäder gab es und ange- in den Weinkeller gefallen, zerstörte die Legende. Kupferdach gibt Fremden gute Orientierung.

30 BERLINS HISTORISCHE MITTE HOTELTRADITION: DAS ADLON

Es sollte aussehen wie »damals«, das neue Hotel Adlon Kempinski Berlin am alten Platz. Tatsäch- lich wünschte der Berliner Senat eine Replik, ein Gebäude im historistischen Stil der Gründer- jahre. Am 23. August 1997 wurde das neue Hotel am historischen Ort wiedereröffnet. Seitdem empfängt im weiträumigen Foyer Musik die Be- sucher. Stilecht werden Gäste auch in der Pferde- kutsche zum Hotel gebracht.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 31 UNTER DEN LINDEN

Berlins Hauptstraße ist eine Flaniermeile, »2162 Unter den Linden ein Mythos, ihre Häuser erzählen Schritte oder etwa 21 Minuten« lang: So steht es im vom Glück und Unglück eines ganzen Landes über alten Baedeker. Nach heutigen Maßstäben bum- Jahrhunderte hinweg. Was in mehr als 500 Jahren melt man einen guten Kilometer (1390 Meter) vom entstanden war, lag am Ende des Zweiten Welt- Brandenburger Tor bis zum Schlossplatz. 1647, als kriegs zum großen Teil zerstört, wurde wieder auf- die Straße angelegt wurde – »von der Hundebrücke gebaut oder durch moderne Bürogebäude ersetzt. bis in den Thiergarten« –, pflanzte man in sechs Aber immer noch repräsentiert die Straße das Ber- Reihen 1000 Linden und Nussbäume. Ab 1741 wur- lin der Kurfürsten, das der preußischen Könige und de sie zur Großbaustelle. Längst ist die Straße Kaiser, das der DDR und auch das der Einheit.

32 BERLINS HISTORISCHE MITTE UNTER DEN LINDEN

Fotogen ist sie eigentlich immer, Berlins Haupt- straße Unter den Linden mit dem von geschaffenen Reiterstandbild Friedrichs des Großen – wenn im Sommer die Linden Spaziergängern Schatten spenden, wenn sich im Herbst die Bäume bunt färben und auch im Weihnachtsschmuck, bei dem goldene Lichter jedes Jahr die kahlen Äste kleiden – bis zum Brandenburger Tor.

BERLINS HISTORISCHE MITTE 33 FRIEDRICH DER GROSSE

Während der Regierungszeit Friedrichs II. (1740 dem Siebenjährigen Krieg territoriale Erweiterun- Frankreich holte er Voltaire an den Hof. Schloss bis 1786), der schon zu Lebzeiten »der Große«, gen Preußens. Mit einem Forum Fridericianum – Bellevue entstand, die Königliche Porzellanmanu- aber auch »der Alte Fritz« genannt wurde, entwi- so die historische Bezeichnung für den heutigen faktur wurde gegründet. Die friderizianische Mo- ckelte sich Berlin zu einer Stadt von europäischem Bebelplatz am Beginn der Straße Unter den Lin- narchie galt vielen als Musterbeispiel des starken Rang. Im Gegensatz zu seinem Vater, dem streng- den – wollte er das kleine Berlin an der Spree zur und gerechten Staates; im Glanz der Siege waren pragmatischen »Soldatenkönig«, der keinen ein- Residenz machen. Aber er liebte die Stadt nicht, die sozialen Folgen der Militärpolitik schnell ver- zigen Krieg führte und dem Sohn die viertstärkste zog nach Potsdam und lenkte die Geschicke Preu- gessen. Friedrich, zuletzt vereinsamt und von der Armee Europas hinterließ, begann der musisch ßens von dort aus. Die Tafelrunden mit Denkern Gicht geplagt, hinterließ einen ständisch organi- interessierte Friedrich mit dem Schlesischen und und Künstlern seiner Zeit wurden legendär. Aus sierten Staat, aber keine Erben.

34 BERLINS HISTORISCHE MITTE FRIEDRICH DER GROSSE

Erst 100 Jahre nach seiner Thronbesteigung wurde der Grundstein für das nach einem Modell Christian Daniel Rauchs ausgeführte Denkmal Friedrichs des Großen gelegt, 1851 enthüllte man dann schließlich das Kunstwerk: Der König reitet in seinem Krönungsmantel mit Dreispitz auf seinem Lieblingspferd Condé. 150 Personen be- gleiten Seine Majestät in Bronze, lebensgroß seine Generäle.

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