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Jahrgang 27/28 Januar – Juli 2002/2003 Nr. 1 – 4/1 – 2

“Ganze Bücher von Geschichten” – Bibeln aus Niedersachsen

Die Bibel ist in der Herzog August Biblio- thek nicht nur das “Buch der Bücher”, son- dern sie ist das zentrale Dokument der eu- ropäischen Kulturgeschichte und steht seit den Anfängen der Bibliothek bis heute im Zentrum ihrer Arbeit. Das “Jahr der Bibel” bietet die Gelegen- heit, die reichen Bestände der Bibliothek in einer Ausstellung in der Bibliotheca Au- gusta vorzustellen und zugleich durch eine Ausstellung im Kornspeicher die Auseinan- dersetzung der zeitgenössischen Kunst mit emen und Motiven der Bibel in die Dis- kussion einzubringen. Die neu aufgefundene Passionsmusik des Rudolstädter Hofkapellmeisters Ge- org Gebel d. J. aus dem Jahr 1748, aufge- führt in der Kirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel, ist ein musikalisches Er- eignis, das sich im Jahr der Bibel mit ei- nem internationalen Barockkongreß in der Bibliothek verbindet. Vorträge und eine Podiumsdiskussion räumen der Frage, welchen Ort die Bibel heute in Kirche und Gesellschaft, Kunst und Literatur einnimmt, einen zentra- len Platz ein. Dies geschieht in einer For- schungsstätte für europäische Kulturge- schichte mit um so größerem Nachdruck, als nicht zu übersehen ist, daß der “Streit um die Bibel” ein Teil dieser Kulturge- schichte ist, von der die Bibel selbst, aber auch große Teile der Handschriften und Biblia, niederdeutsch (niedersächsisch/westfälisch). Köln: [Bartholomäus von Unkel/Heinrich Quen- Drucke ein beredtes Zeugnis ablegen. tell (?), um 1478]. HAB: Bibel-Sammlung 2° 103 2 3

te, oder besser noch: diese Geschichten, AUSSTELLUNGEN Zur Eröffnung wie sie in der Bibel sich finden, seit über tausend Jahren diese Region, und bald seit “Ganze Bücher von Geschichten” – Helwig Schmidt-Glintzer 2000 Jahren bereits erhebliche Teile West- Bibeln aus Niedersachsen europas und dann schließlich Orte und Ausstellung in der Bibliotheca Augusta Gegenden auf der ganzen Welt geprägt ha- 8. März bis 28. September 2003 Eigentlich zeigen wir hier immer irgend et- ben. was aus der Bibel. Ohne die Bibel ist diese Die Bibel ist in der Herzog August Graphik – Jenseits der Illustration Bibliothek nicht zu denken. – Warum dann Bibliothek nicht nur das “Buch der Bü- Ausstellung im Kornspeicher also auch noch eine besondere Ausstellung cher”, sondern sie ist das zentrale Doku- 1. Juni bis 28. September 2003 zum “Jahr der Bibel”? Heißt das nicht: “Eu- ment der europäischen Kulturgeschichte len nach Athen tragen”? und steht seit den Anfängen dieser Biblio- Natürlich haben wir, angeregt durch die thek bis heute im Zentrum unserer Arbeit. KONZERT Evangelisch-Lutherische Landeskirche, die Die Bibelsammlung, deren heutige Aufstel- Ausstellung gerne gemacht – wie wir auch lung im Bibelsaal Erhart Kästner veranlass- “Der leidende, sterbende und früher mit der Landeskirche gerne zusam- te, geht auf den Bibelsammler und Bibel- begrabene Jesus” men etwas gefeiert haben, wie das neue Ge- übersetzer Herzog August d. J. zurück, aber Die Johannispassion (1748) des sangbuch mit einer Gesangbuchausstellung auch auf die Sammlung der Herzogin Elisa- Rudolstädter Hofkapellmeisters im Jahr 1994. Auch diesmal haben uns die beth Sophie Marie (1683 – 1767), welche Georg Gebel d. J. (1709 – 1753) Vorbereitungen Spaß gemacht. Aber wir diese im Umfang von etwa 1200 Bänden zu dessen 250. Todesjahr haben nicht gedacht, wie aktuell wir wären am 28. September 1764 nach Wolfenbüt- Weimarer Barock-Ensemble mit dieser Ausstellung. tel bringen ließ. Den über 3000 Bibeln der und Vocalensemble InCanto Weimar Da wird in unserer Gesellschaft in den Bibliothek sind Handschriften und bedeu- Leitung: Rüdiger Rémy, Dresden letzten Tagen ernsthaft von politischen tende Fragmente, wie die gotische Bibel- Mandatsträgern erwogen, die Folter zu- übersetzung des Ulfila (um 311 – 382/ 3), Konzert im Rahmen des 11. Jahrestreffens zulassen. Und dafür, daß an menschlichen ebenso an die Seite zu stellen wie Werke von des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Embryos Experimente zugelassen werden – Künstlern des 20. Jahrhunderts, wie Marc Barockforschung, mitgetragen von der oder ihrer Abtötung zu diesem Zwecke zu- Chagall, Emil Schumacher, Max Beck- Gesellschaft der Freunde zustimmen sei –, scheinen gelegentlich mann, Gerhard Marcks, Otto Dix oder der Herzog August Bibliothek e. V. schon Mehrheiten in Sicht. Und da hatten Fritz Baumgärtner. Hauptkirche Beatae Mariae Virginis wir doch geglaubt, daß auch ohne Religion Die Ausstellung zum “Jahr der Bibel” Donnerstag, 3. April 2003, 20 Uhr der Artikel 1 des Grundgesetzes unumstöß- präsentiert historische Bibeln aus Nieder- Karten: 15,– / 10,– € lich sei: “Die Würde des Menschen ist un- sachsen und dokumentiert damit die gro- antastbar. Sie zu achten und zu schützen ist ße Tradition der handschriftlichen Über- Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” lieferung biblischer Texte des Mittelalters VORTRÄGE Da gab es vor einigen Wochen ein Ur- und den Beginn des Bibeldrucks in Nord- teil, wonach ein Kruzifix aus einem Sit- deutschland. Natürlich ist unser Raum be- Professor Dr. theol. D.D.h.c. Rudolf Smend zungssaal zu entfernen sei, als wäre das sonders reich vertreten, und manche Orte (Göttingen): Kreuz eine Zumutung in einer Welt, in der ganz in der Nähe, wie Heiningen oder Gos- Das Buch der Bücher: Aspekte der Bibel wir uns mit Bildern umstellen lassen, ge- lar. Dabei kommen die Bibeln aus der Zeit Augusteerhalle gen die zu protestieren sich wahrlich loh- vor Martin Luthers Bibelübersetzung eben- Dienstag, 11. März 2003, 20. Uhr nen könnte. so zu ihrem Recht wie diejenigen aus der Eintritt frei Vor 5000 Jahren etwa begannen – so- Feder und in der Nachfolge des großen Re- weit wir wissen – Menschen, Schrift zu ver- formators. Vieles spricht dafür, den Zugang Professor Dr. Heimo Reinitzer (): wenden. Damit beschäftigen wir uns, wenn zur Bibel und zu ihrer Wirkungsgeschich- Bindung und Freiheit – zum Verhältnis wir uns mit Büchern beschäftigen – und te unter Berücksichtigung der historischen von Bibel und Literatur das ist ein Tausendstel der Menschheits- Auffächerung und der Überlieferungsviel- Augusteerhalle geschichte. Die restlichen 99,9 % bleiben falt zu suchen. In diesem Sinne betreiben Dienstag, 25. März 2003, 20 Uhr außer Betracht. Es könnte uns nachdenk- wir die Rekonstruktion der europäischen Eintritt frei lich stimmen, dass die heutige Weltbevöl- Kulturgeschichte und folgen der Maxime, Professor Dr. Jan Rohls (München): kerung handelt und Entscheidungen trifft, den Zugang nicht nur zu den Quellen al- Vernunft des Glaubens zumeist ohne dabei über die letzten 5 Mil- lein, sondern auch über die geschichtlichen Augusteerhalle lionen Jahre nachgedacht zu haben, so als Stationen zu suchen, was bei der Betrach- Dienstag, 8. April 2003, 20 Uhr könnte der Mensch mit all seinen Potentia- tung von Bibelillustrationen besonders ins Eintritt frei len blind in die Zukunft gehen. Auge fällt. Da lohnt es sich vielleicht, jenes Bu- Der Bibel kommt in einer Forschungs- ches zu gedenken, das nicht nur als Buch stätte für europäische Kulturgeschichte ein PODIUMSDISKUSSION der Bücher sich versteht, sondern das ei- zentraler Platz zu, gerade weil wir nicht ne Geschichte erzählt, die den Anfang übersehen, dass der “Streit um die Bibel” Bibel und moderne Gesellschaft der Menschheit mit einschließt. Wir wis- ein Teil dieser Kulturgeschichte ist, von Moderation: Professor Dr. Helwig sen, dass es andere Geschichten darüber der die Bibeln selbst, aber auch große Tei- Schmidt-Glintzer gibt und dass es noch neue geben kann, le unserer Handschriften und Drucke be- Augusteerhalle aber wir wissen auch, dass diese Geschich- redtes Zeugnis ablegen. Diese Interpretati- Donnerstag, 5. Juni 2003, 19 Uhr 2 3

le bereits zu Lebzeiten übelste Polemik ein- getragen hat, etwa in der 1780 gedruckten Schrift: “Der Sieg der Wahrheit des Wor- tes Gottes über die Lügen des Wolfenbüt- telschen Bibliothecarii Ephraim Lessing, und seines Fragmenten-Schreibers in ihren Lästerungen gegen Jesum Christum, seine Jünger, Apostel, und die ganze Bibel.” o- mas Mann rückte dies in seiner Rede über Lessing 1929 zurecht, wenn er sagte, “Lu- thers Geist war es und kein anderer, den Lessing anrief und aufrief gegen das Lu- thertum”, und er ging so weit, Lessing als “den neuen Luther”, den Luther seiner Zeit zu bezeichnen, den wir unsererseits freilich wie bereits omas Mann aus der Distanz sehen. Den fortdauernden Geltungsanspruch der biblischen Überlieferung anzuerken- nen, heißt ja gerade nicht, das Denken auf- zugeben. Selbst einem, der sich mit Max Weber für “religiös unmusikalisch” hält, Psalterium latinum. Pergament, 164 Bl., 14,5 x 10,5 cm, Niedersachsen, 13. Jahrhundert (1. Hälf- dürfte dies bei dem Hinweis auf die Konse- te?). Cod. Guelf. 1257 Helmst. quenz deutlich werden, welche der Versuch einer Einebnung der absoluten Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf bedeu- tete. Ich greife hier Habermas’ Anmerkung ons- und Deutungsarbeit bezieht sich eben- schenk anzusehen, das die Vorsehung dem zum 1. Buch Moses, 1,27 auf (‘Und Gott so auf das Alte Testament wie auf das Neue menschlichen Geschlecht hätte geben kön- schuf den Menschen, ihm zum Bilde, zum Testament. Wissenschaftliche Einsichten nen, und meine Hochachtung für dassel- Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie ei- der Natur-, der Kultur- und der Kogni- be wird um so viel größer, je geringschätzi- nen Mann und ein Weib’): “Dass der Gott, tionswissenschaften relativieren selbstver- ger dessen äußere Einrichtung bei dem er- der die Liebe ist, in Adam und Eva freie ständlich nicht die Bibel, sondern lassen sten Anblick in die Augen fällt. Denn bei Wesen schafft, die ihm gleichen, muss man uns neue Zugänge zu ihr und einen neuen aller Unparteilichkeit [...] kann ich mich nicht glauben, um zu verstehen, was mit Umgang mit ihr finden, wie dies übrigens nicht enthalten, es wenigstens als die ein- Ebenbildlichkeit gemeint ist. Liebe kann es auch für andere überlieferte Texte gilt. Da- zige Quelle aller wahren Philosophie von ohne Erkenntnis in einem anderen, Freiheit bei müssen wir uns immer wieder, wie Jür- Gott und von der Bestimmung des Men- ohne gegenseitige Anerkennung nicht ge- gen Habermas es in seiner Dankrede nach schen [...] anzusehen.” Der Wolfenbütteler ben”. Es geht um den Eigensinn, der eine der Entgegennahme des Friedenspreises des Bibliothekar Gotthold Ephraim Lessing, Grundbedingung jeder Freiheit ist und der deutschen Buchhandels 2001 in der Frank- Zeitgenosse Jerusalems, sah dies sicher in der Außensicht als Eigenrecht zu gelten furter Paulskirche formulierte, “die unabge- nicht ganz so, wie er überhaupt ein distan- hat. Diesen Gedanken zu entfalten, werden schlossene Dialektik des eigenen, abendlän- ziertes Verhältnis zu diesem Abt zeigt, wenn wir im Jahr der Bibel vielfach Gelegenheit dischen Säkularisationsprozesses in Erinne- er in der Einleitung zur 1776 erschienenen haben. rung rufen.” Ausgabe der “Philosophischen Aufsät- Die Ausstellung soll mit der Aura der Der Titel der Ausstellung, “Ganze Bü- ze” von dessen durch Selbstmord geende- Bibeln aus einem ganzen Jahrtausend de- cher von Geschichten”, greift diese Span- tem Sohn Karl Wilhelm (1747 – 1772) – ren Geltungsanspruch bekräftigen. Durch nung auf, wenn er eine Formulierung des der damit übrigens zum Vorbild für die Besuch der Ausstellungen, durch Anhören Braunschweiger Abtes Johann Friedrich Hauptfigur in Goethes Leiden des jungen der Vorträge und bei der Podiumsdiskus- Wilhelm Jerusalem (1709 – 1789) über- Werthers wurde – schreibt: “Den Verlust ei- sion zum ema “Bibel und moderne Ge- nimmt, der in einer Abhandlung von 1774 nes solchen Sohnes, kann jeder Vater füh- sellschaft” am 5. Juni in dieser Halle, zu der über die Bedeutung des Alten Testaments – len. Aber ihm nicht erliegen, kann nur ein ich Sie heute schon alle ganz herzlich einla- nach der Feststellung, es handele sich bei solcher Vater”, – geschrieben wohlgemerkt, den möchte, wird es weitere Gelegenheiten dem Alten Testament lediglich um “ganze bevor Lessing selbst seinen Sohn und seine geben. Bücher von Geschichten”, die “nirgends ein Frau im Kindbett verlor. Lessing ist nach An dieser Stelle ist von hier aus in viel- volles zusammenhängendes System” ergä- Herzog August vielleicht der bedeutend- fältiger Weise zu danken. Zu danken haben ben, welches der Vernunft würde “den Bei- ste Bibelgelehrte unter den Wolfenbütte- wir namentlich den auswärtigen Leihge- fall abzwingen” können – sich selbst korri- ler Bibliothekaren gewesen. Er bezeich- bern, Herrn Bibliotheksdirektor Dr. Eber- gierend bekennt: “Sehe ich aber dies Buch nete das Alte Testament als “den Grund- hard Zwink von der Württembergischen mit etwas mehr Aufmerksamkeit und aus stein der christlichen Religion”, während seinem rechten Gesichtspunkt an, so wird das Neue Testament “nur ganz allmählich 1 es mir auch auf einmal wieder wichtig, so zu der Würde des alten gestiegen” sei. Les- 1 Entwurf: Aus der Kirchengeschichte (um wichtig, daß ich mich gleich nicht mehr sing steht am Anfang einer kritischen Bibel- 1776), in: Lessing, Werke und Briefe, enthalten kann, es als das schätzbarste Ge- wissenschaft, auch wenn ihm dies aus Hal- Band 8, S. 623. 4 5

Landesbibliothek Stuttgart mit der noch stellte mittelalterliche Bibelhandschriften. wältigte, sowie Herrn Oswald Schönberg vor der Wolfenbütteler Bibliothek größten Das erste Exemplar liegt in der Nähe des für die bewährt professionelle Herstellung historischen Bibelsammlung, Herrn Ober- Goslarer Evangeliars! des vorliegenden Katalogs. bürgermeister Dr. Otmar Hesse, Goslar, für Danken möchte ich den Mitarbeitern Zu danken habe ich nicht zuletzt der das Goslarer Evangeliar, das wir ganz be- der Herzog August Bibliothek, aus der Stiftung Niedersächsischer Volksbanken wußt an jenem Platz auslegen, an dem wir Restaurierwerkstatt Herrn Heinrich Grau und Raiffeisenbanken sowie der Volksbank sonst das Evangeliar Heinrichs des Löwen und Frau Tina Tecklenborg, aus der Digi- Wolfenbüttel-Salzgitter, namentlich Herrn zeigen. Dass dieses im Jahr der Bibel nicht talisierungs- und Fotowerkstatt Frau Mi- Bankdirektor Isensee, für finanzielle För- zu sehen sein wird, werden diejenigen be- chaela Weber, sowie Frau Marina Arnold, derung ebenso wie der Evangelisch-luthe- sonders leicht begreifen, die mit dem Be- Herrn Dr. Helmar Härtel und Frau Dr. rischen Landeskirche in Braunschweig und griff der Unsichtbarkeit keine Probleme ha- Maria von Katte. Respekt und Bewunde- ihrem Landesbischof Dr. Friedrich Weber ben. Die anderen bitte ich, sich mit diesem rung gilt besonders Herrn Dr. Heitzmann, sowie Herrn Dr. Peter Hennig und Pastor Gedanken etwas vertraut zu machen. der die Aufgabe der Konzipierung und in- Herbert Meyer von der Braunschweiger Bi- Wir danken ganz besonders einem pri- haltlichen Ausarbeitung der Ausstellung in belgesellschaft, auf deren Initiative hin wir vaten Leihgeber für bisher niemals ausge- ungewöhnlich kurzer Zeit mit Bravour be- diese Ausstellung ins Werk gesetzt haben.

Mit der Bibel in die Zukunft – Impulse für die Region Grußwort Friedrich Weber

Wir feiern das Jahr der Bibel. In vielen Ver- stoß sein, mit neuer Achtung und neuem in der er von seiner eigenen Allmacht fest anstaltungen, Foren und Vorträgen sind wir Respekt den Worten des Buches der Bücher überzeugt ist, daran erinnert, dass es etwas miteinander auf Spurensuche nach der Bi- zu begegnen und sie in den Alltag zu über- gibt, das höher ist denn seine Vernunft.” bel und widmen ihr in diesem Jahr un- setzen, auch im fruchtbaren Dialog mit den Für Marion Gräfin von Dönhoff war die -Bi ser besonderes Augenmerk. Wir wissen, zeitgenössischen Künsten. bel ein solches Symbol, das eine jede Kul- dass unsere Kultur trotz aller Modernisie- 1995 hat Marion Gräfin von Dönhoff tur und Gesellschaft braucht, wenn sie sich rungsschübe, trotz aller Säkularisierungs- im Streit um das Kruzifix-Urteil aus Karls- selbst etwas Wert ist, wenn sie Bedeutung theorien nicht im wesentlichen zu erklä- ruhe folgendes geschrieben: “Es ist wich- und Zukunft haben will und einen ethi- ren ist, ohne den Verweis auf das Grund- tig, ein Symbol des Göttlichen vor Augen schen Minimalkonsens gesellschaftlicher buch, nämlich die Bibel. Wer sich auch für zu haben, das den Menschen in einer Zeit, Überzeugungen für notwendig erachtet. die Zukunft darum bemühen möchte, die Eckpfeiler unseres gesellschaftlichen Zu- Herzog August d. J., Biblische Summarien. Lüneburg: Johann und Heinrich Stern 1625. HAB: sammenlebens, von der Geburt des Sozi- 1291.31 eol., Vorsatz und Titelblatt. Notizen von der Hand Herzog Augusts d. J. alstaates über das Diktum der Solidarität, vom Toleranzgebot bis hin zur Pluralismus- debatte, wer all dies erhalten will und zu- kunftsfähig gestalten möchte, so dass un- sere Kinder und Kindeskinder auch einen Staat und eine Gesellschaft vorfinden, in denen es zu leben und sich zu engagieren lohnt, der wird nicht umhin kommen, im- mer wieder auch den Blick in die Bibel zu werfen, weil in ihr Erinnerungswissen der Menschheit bewahrt und aufgeschrieben worden ist, das zu allen Zeiten mit neuer Aktualität aufleuchtet. Eine Ausstellung, wie wir sie hier und heute eröffnen unter dem Titel “Ganze Bü- cher von Geschichten – Bibeln aus Nieder- sachsen”, die uns hervorragende und ex- zellente Bibelausgaben zeigt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, bringt darin auch zum Ausdruck, mit wel- cher Sorgfalt und Liebe die Generationen vor uns Texte und Worte der Bibel geach- tet, künstlerisch gestaltet, anerkannt und in die Tat umgesetzt haben. Und insofern kann diese Ausstellung auch uns ein An- 4 5

chen, Vergessenen und andere liegen, die aus dem Kosten-Nutzen-Schema einer monetären Welt herausfallen. Menschliche Kultur, und das heißt dann auch, wenn man es ganz hinunter bricht, unsere regio- nale Entwicklung und die Zukunft unse- rer Region beginnt auch mit der biblischen Botschaft, wo das Selektionsprinzip hier im Braunschweiger Land heute, morgen und übermorgen überwunden wird und wir uns auch um den nur noch glimmen- den Docht in einem Menschen bemühen. Es wird höchste Zeit, dass wir unsere Bi- belmüdigkeit überwinden und wir unserer Zeit mit der Bibel wieder Wesentliches und Zukunftsweisendes sagen. Und dies nicht nur als Pfarrer und Pfarrerinnen sondern im Sinne eines “Priestertums aller Gläubi- gen” durch jeden Christenmenschen. Wer in dieser Region mit der Wirtschaft, mit der Politik und den Vertretern des Sozialen über die soziale Entwicklung im Braunschweiger Land sprechen will, kann es nicht tun, oh- ne zu wissen, wohin die Entwicklung gehen soll. Wenn wir denn bestimmte Grundfe- Herzog August d. J., Evangelische Kirchenharmonie. Wolfenbüttel: Johann und Heinrich Stern 1646. sten unserer Gesellschaft und unserer Ge- HAB: 548.8 eol., Frontispiz und Titelblatt schichte nicht aufgeben wollen, Grundfe- sten, die sich im wesentlichen der Bibel Die Bibel ist aber auch mehr als nur Zukunft, die ihn nicht ums Leben betrügt. verdanken! Gerade vor dem Hintergrund ein Symbol des Göttlichen, weil sie in ei- All denen gehen die Hoffnungsgeschichten der Umbrüche in unserem Sozialstaat, die ner ganz bestimmten Weise diesen Gott zur der Bibel direkt zu Herzen. Aber um des uns inzwischen von einem Pflegenotstand Sprache und zum Ausdruck bringt. Noch Ernstes und der Ehrlichkeit Willen werden in der Altenhilfe sprechen lassen, die von einmal Marion Gräfin von Dönhoff da- es auch diejenigen empfinden und spüren, einem Zweiklassensystem im Gesundheits- zu: “Als ich 1945 in Ostpreußen aufbrach die im Glanz des Lichtes, des Erfolges und wesen skizziert werden und die davon spre- und sieben Wochen im Flüchtlingsstrom, großer Durchsetzungskräfte ihre Ziele, von chen, dass sich unsere Gesellschaft dem- der nicht viel anders aussah als der heuti- außen betrachtet, mit eigener Kraft erreicht nächst wieder deutlich in Arme und Rei- ge im ehemaligen Jugoslawien, gen Westen haben. Auch sie sitzen abends auf der Bett- che aufteilen wird, vor diesem Hintergrund zog, habe ich in dieser existenziellen Situa- kante, erleben Momente der Ruhe und ist das Jahr der Bibel 2003 ein Segen, weil tion ein Kruzifix in der Satteltasche mit- müssen sich fragen: Was war heute dran, es uns Markierung und Orientierung in un- geführt; nicht als Fetisch, sondern als Zei- was erwartet mich morgen? übersichtlicher Zeit bietet, damit wir wis- chen der Zuversicht und um der Hoffnung Zukunft kann sich der Mensch nicht sen, welche Schritte wir bei der Planung der Willen.” Die Bibel, in deren Mitte der ge- selbst erschließen, Zukunft wird uns von gesellschaftlichen Entwicklung mitgehen kreuzigte und auferstandene Christus steht, Gott geschenkt. Nach der Bibel ist diese können, sie mittragen können und wo wir ist ein Buch voller Hoffnungsgeschichten, uns versprochene und verheißene Zukunft deutlich und laut und einvernehmlich Nein die den Menschen immer wieder neu auf- aber von Gott in einer ganz besonderen sagen müssen. Die heute hier eröffnete Aus- richtet, Mut zum Leben schenkt und ihm Weise qualifiziert worden. Peter Noll, ein stellung “Ganze Bücher von Geschichten – zuspricht, dass er oder sie auf ihrem Weg Schweizer Jurist, der Anfang der 90er Jah- Bibeln aus Niedersachsen” zeigt, wie die in die Zukunft nicht allein gelassen sind, re gestorben ist, schrieb in seinen “Dikta- Generationen vor uns es verstanden haben, sondern Gott an ihrer Seite wissen dür- ten über Sterben & Tod” folgende Sätze. Er in Liebe, Sorgfalt und künstlerischer Raffi- fen. Diese Hoffnungsbotschaft der Bibel vermerkt über die Botschaft der Bibel, dass nesse dem Ausdruck zu verleihen, was die hat ihre besondere Zuwendung darin, dass “sie sich gerade derjenigen erbarmt, die das Bibel nämlich ist: ein Geschenk des Him- sie sich am deutlichsten denen erschließt, Selektionsgesetz der Evolution ständig ins mels. die in diesem Leben um ihr Glück, um ih- Nichts wirft”. Und später fügt er zu: “Der Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit. re Zukunft, vielleicht sogar um ihr Leben Allmächtige selbst übernimmt die Rolle betrogen worden sind. Jeder der hier Unge- des Schwächsten, des Verachtetsten, des rechtigkeit erleidet, und die mag sich dar- schließlich Gehängten und erklärt sich da- in ausdrücken, dass er die falschen Men- mit solidarisch mit all denjenigen, die die schen an der Seite hat, dass der Körper Evolution nicht überstanden, die unter ihre ihm gesundheitlich einen Strich durch die Räder gekommen, von ihr über das Selek- Rechnung macht oder er einfach nur an ei- tionsprinzip ausgemerzt worden sind.” Die nem falschen Ort und zur falschen Zeit Bibel lenkt unseren Blick dorthin, wo wir zur Welt gekommen ist, spürt in sich die- nicht hinschauen wollen. An den Weges- se Sehnsucht nach solcher Hoffnung und rand, wo unsere Kranken, Alten, Schwa- 6 7

Grußwort der Stiftung Niedersächsischer Volksbanken und Raiffeisenbanken Hermann Isensee

Die Stiftung Niedersächsischer Volksban- Kommunikation aufzubauen, zu fördern lern im Kornspeicher und das Konzert in ken und Raiffeisenbanken will einen le- und zu pflegen. der Hauptkirche BMV stimmen absolut bendigen Beitrag zur kulturellen Gestal- Die Stiftung Niedersächsischer Volks- mit den Kriterien unserer Stiftung überein. tung unserer Gesellschaft leisten. Dabei banken und Raiffeisenbanken fördert Dazu kommen der kommunikative Cha- wird auf verbindende Elemente gesetzt. vielfältige kulturelle Vorhaben mit Er- rakter der Vorträge und der angekündig- Dies reflektiert auch ein genossenschaft- eignischarakter wie z. B eaterprojekte, ten Podiumsdiskussion zum ema Bibel, liches Grundmotiv: Zusammenarbeit. Ei- Konzertveranstaltungen, Ausstellungen, Kirche und Gesellschaft. Es war für mich ne vertrauensvolle Zusammenarbeit und Festivals aber auch den Transfer wissen- kein Problem in kurzer Zeit die Förderzu- ein Dialog zwischen Kultur und Wirt- schaftlicher Ereignisse in eine breite Öf- sage der Stiftung zu beschaffen. Es ist selbst- schaft setzten Achtung im Umgang mit- fentlichkeit. verständlich, dass sich auch die Volksbank einander voraus. Dieser Aspekt spielt eine Die geförderten Projekte zeichnen sich Wolfenbüttel-Salzgitter mit einem Beitrag zentrale Rolle bei der Fördertätigkeit der durch ein hohes künstlerisches bzw. inhalt- an der Projektförderung beteiligt hat. Ich Stiftung. Sie will Initiativen ermöglichen, liches Niveau und einen kommunikativen habe die Anfrage der HAB nicht nur be- Akzente setzen, Hilfestellung geben und Charakter aus. In ihrer Gesamtheit sind fürwortet und gern befördert, ich bedan- damit ihren Beitrag zu einer kulturellen sie ein Abbild der kulturellen und wissen- ke mich bei den Verantwortlichen, insbe- Bereicherung Niedersachsens leisten. Kul- schaftlichen Vielfalt in Niedersachsen. sondere bei Herrn Schönberg, sehr herzlich tur kann so in den Städten und in der Flä- Meine sehr verehrten Damen und Her- für die seinerzeitige Vorstellung des Projek- che des Landes gleichermaßen zum Tragen ren, tes. Volksbank und Stiftung sind stolz dar- kommen: Sie soll bei den Menschen sein. Ich habe Ihnen die Stiftung Niedersäch- auf, bei diesem Projekt als Förderer dabei zu Die örtlichen Volksbanken und Raiffeisen- sischer Volksbanken und Raiffeisenban- sein. Den Machern der einzelnen Veranstal- banken als Träger der Stiftung sind für die ken vorgestellt sowie die dahinterstehende tungen wünsche ich einen guten Zuspruch Auswahl der Förderprojekte verantwort- Idee und die Motivation unserer Organisa- und natürlich nur positive Kritiken. lich und garantieren dabei durch ihre Ei- tion aufgezeigt. Die Auswahl und die För- Darüber hinaus wäre es für uns alle si- genständigkeit die ausdrücklich gewünsch- derung der heute mit der Ausstellungser- cherlich wünschenswert, wenn es gelänge, te Vielfalt und flächendeckendes Wirken. öffnung begonnenen Veranstaltungsreihe dass dem Buch der Bücher in unserer Ge- Die Stiftung orientiert sich stets an ihrer zum Jahr der Bibel ist für mich eine Selbst- sellschaft wieder die nötige Aufmerksam- Leitidee, Brücken zwischen Kultur, Wis- verständlichkeit, ein Selbstläufer. Die hohe keit gewidmet würde. senschaft und Wirtschaft zu schaffen. Im- Qualität und natürlich der besondere regio- Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. mer sollen Menschen zusammen und ins nale Bezug der Bibelausstellung, der Bilder- Gespräch gebracht werden mit dem Ziel, ausstellung von niedersächsischen Künst-

“Ganze Bücher von Geschichten” – Bibeln aus Niedersachsen Christian Heitzmann

Der amerikanischen Filmproduzent und Zur Bibel gehören Geschichts- und Ge- hier ausgestellten Handschriften und Druk- Regisseur Cecil B. DeMille (1881 – 1959) setzbücher, Lieder und Gebete, Liebesdich- ke, die zwischen dem 10. und 17. Jahr- wird mit folgendem Satz zitiert: “Gib mir tung, Weisheitsliteratur, Briefe, propheti- hundert entstanden sind, enthalten fast zwei Seiten aus der Bibel, und ich mache sche und apokalyptische Schriften. Über ausnahmslos Miniaturen, Holzschnitte dir einen Film daraus.” Kassenschlager wie Jahrhunderte verteilt sind diese Schriften oder Kupferstiche, die dem Leser den bibli- “Die Zehn Gebote”, “Samson und Delilah” entstanden. Erst im vierten Jahrhundert schen Text näher bringen und anschaulich oder “Der König der Könige” gehörten zu nach Christus nahm diese Sammlung, als machen. Die ausgestellten Malerbücher DeMilles größten Erfolgen. Heilige Schrift der Christen unterteilt in schließlich stehen für die moderne künst- Die Bibel steckt voller Geschichten. Altes und Neues Testament, ihre endgül- lerische Auseinandersetzung mit der Bibel. Sie ist das Buch der Bücher – eine Biblio- tige Gestalt an. Die Vielzahl der Verfasser Jedes einzelne der hier gezeigten Bücher thek im Kleinen. Das deutsche Wort Bi- und ihre jeweils unterschiedliche Lebens- hat seine eigene Geschichte. Dies betrifft bel ist dem lateinisch-griechischen biblia und Gotteserfahrung führte zu einem un- sowohl die Umstände seiner Entstehung entlehnt – einem Plural, denn die Bibel ausschöpflichen Reichtum an Gedanken und künstlerischen Gestaltung als auch ist eben nicht ein einziges Buch, sondern und Bildern, der die Bücher der Bibel zu seine Rezeptions- und Besitzgeschichte. sie setzt sich aus rund 70 sehr unterschied- einer nie versiegenden Quelle der Inspira- Lassen Sie mich kurz umreißen, welche lichen Büchern zusammen. Wer in diesen tion für die Menschen werden ließ. Gedanken bei der Auswahl der Exponate Büchern liest, stößt immer wieder auf pak- Zu allen Zeiten hat die Bibel Künstler für diese Ausstellung leitend waren. – Der kende, erstaunliche, wunderbare, auch em- dazu angeregt, die Geschichten aus Altem Untertitel zur Ausstellung lautet “Bibeln pörende oder verstörende Erzählungen. und Neuem Testament zu illustrieren. Die aus Niedersachsen”. Gezeigt werden also 6 7

Bibelhandschriften und -drucke, die zum sachsen bis ins 17. Jahrhundert hinein die größten Teil in Niedersachsen entstanden dominierende Sprache auch im Bereich des sind, in jedem Fall aber von Lesern in Nie- gedruckten Wortes. dersachsen benutzt wurden. Die Bezeich- Im 16. und frühen 17. Jahrhundert er- nung “Niedersachsen” meint dabei das Ge- schienen zahlreiche Teil- und Gesamtausga- biet des hochmittelalterlichen Herzogtums ben der Bibel in niederdeutscher Sprache. Sachsen bzw. des frühneuzeitlichen Nieder- Martin Luthers Übersetzungen einzelner sächsischen Reichskreises. Er erstreckte sich Teile der Bibel kamen nahezu zeitgleich in von der Weser bis zur Ostsee und umfass- seiner hochdeutschen Übertragung und in te im Norden und Osten über das heuti- der entsprechenden niederdeutschen Fas- ge Bundesland Niedersachsen hinaus auch sung zum Druck. Der ersten Gesamtaus- Holstein, Mecklenburg und das Magdebur- gabe von Luthers obersächsisch-hochdeut- ger Land. scher “Biblia deutsch” vom Jahr 1534 ging Die Bibel kam erstmals im 8. Jahrhun- der in Lübeck hergestellte niederdeutsche dert mit christlichen Missionaren in dieses Druck sogar um einige Monate voraus. Gebiet. Im frühen und hohen Mittelalter, Reich illustrierte Neuauflagen der nie- also bis ins 13. Jahrhundert hinein, wurde derdeutschen Bibel erschienen im Laufe das geistige und literarische Leben in Sach- des folgenden Jahrhunderts in den Druck- sen, wie in ganz Europa nördlich der Al- orten Magdeburg, Wittenberg, Barth in pen, fast ausschließlich von Mönchen und Vorpommern, in Hamburg und Goslar. Geistlichen getragen. In den Skriptorien Goslarer Evangeliar, Pergament, um 1240. Fak- Erst in der Zeit des Dreißigjährigen Krie- der Klöster wurden mit großer Sorgfalt die simile ges (1618 – 1648) brach diese Tradition lateinischen Texte abgeschrieben, die man ab, und man vollzog endgültig den Wech- für Unterricht, Wissenschaft und Gottes- Vollständige Bibelausgaben blieben bis sel zum Hochdeutschen. dienst benötigte. Hochadelige Auftrag- zur Erfindung des Buchdrucks in der Mit- In eben dieser Zeit, etwa seit 1620, rich- geber ließen für die festliche Liturgie in te des 15. Jahrhunderts verhältnismäßig sel- tete Herzog August d. J. von Braunschweig- den von ihnen gestifteten Kirchen kostba- ten. Solange das teure Pergament der einzi- Lüneburg seinen Sammeleifer auch auf das re Prachthandschriften anfertigen. Das be- ge Beschreibstoff war und die Herstellung Gebiet der Bibeldrucke. Er besaß schließ- rühmteste Beispiel dafür ist das Evange- eines Buches deswegen eine sehr kostspie- lich rund 300 Ausgaben der biblischen Tex- liar Heinrichs des Löwen, das der Herzog lige Investition darstellte, besaßen fast nur te. Sie bilden den Kern der heutigen Bibel- für seine Gründung St. Blasius in Braun- geistliche Institutionen und wenige Adels- sammlung der Herzog August Bibliothek schweig in Auftrag gab. Daneben ist das et- familien Handschriften. Erst im Laufe des mit insgesamt über 3000 Bänden. was jüngere Goslarer Evangeliar aus dem 14. Jahrhunderts setzte sich Papier als preis- August studierte mit Eifer die Bibel und 13. Jahrhundert zu nennen, dessen Minia- günstige Alternative zum Pergament durch. beschäftigte sich intensiv mit theologischen turen einen glanzvollen Höhepunkt dieser Als zu dieser Zeit das städtische Bürger- Studien. Als regierender Herzog nahm er Ausstellung bilden. Wir zeigen daneben tum an Bedeutung gewann und immer seit 1635 zugleich die Aufsicht über Kultus Bibeln, Evangelienbücher und Psalterien mehr Laien lesen lernten, stieg der Bedarf und Verkündigung wahr. Besonderes In- aus Amelungsborn, Corvey, Ilsenburg am an Übersetzungen der Heiligen Schrift in teresse brachte August der Frage entgegen, Harz, Hamersleben, Helmstedt, Hildes- die Volkssprache. Die Amtskirche versuch- welches der bestmögliche Bibeltext sei. Er heim, Lamspringe, Steterburg, Heiningen te bisweilen, die private Lektüre der Bibel zu arbeitete mehrfach den gesamten Bibeltext und anderen Orten der Region. unterbinden, denn sie sah dadurch das Deu- durch und nahm in seinem Handexemplar tungsmonopol des Klerus gefährdet. Den- der Lutherübersetzung sehr viele hand- Bibel, übersetzt von Martin Luther, nieder- deutsch. Barth: Hans Witte 1588. HAB: Bibel- noch wurde bereits in den beiden Jahrhun- schriftliche Änderungen vor. Doch man Sammlung 4° 86 derten vor Martin Luther eine große Zahl riet ihm nachdrücklich von der Veröffent- von Übersetzungen ins Deutsche erstellt. In lichung seines revidierten Bibeltexts ab. Zu keinem Land Europas gab es bereits vor der groß war in den Jahren des Dreißigjährigen Reformation so viele Bibelübersetzungen in Krieges die Furcht vor einer möglichen Un- die Landessprache wie in Deutschland. einigkeit im Lager der Lutheraner. Nach der Erfindung des Buchdrucks Erst 1664, im Alter von 85 Jahren, wag- durch Johannes Gutenberg erschienen in te sich August erneut an das Projekt einer den Jahren 1466 bis 1522 nicht weniger Textrevision heran und ließ an der Uni- als achtzehn großformatige Gesamtausga- versität Helmstedt die Lutherübersetzung ben der Bibel in deutscher Sprache, da- anhand der hebräischen Grundtexte revi- von vier niederdeutsche. Die im Jahr 1494 dieren. Um zu raschen Ergebnissen zu ge- in Lübeck gedruckte niederdeutsche Bibel langen, ließ er sich regelmäßig die Manu- gilt aufgrund der darin enthaltenen Holz- skripte von Helmstedt nach Wolfenbüttel schnitte als eines der schönsten Bücher der schicken, wo 1665/66 die ersten Bücher Inkunabelzeit. Ein koloriertes Exemplar des Alten Testaments gedruckt wurden. dieses Drucks bildet ein weiteres Glanz- Das unvollendet gebliebene Werk ist ein licht unserer Ausstellung. frühes Dokument der Bemühungen um Das Niederdeutsche, auch “dat sassi- eine Anpassung der Übersetzung Martin sche düdesch” (sächsisches Deutsch) ge- Luthers an den jeweils lebendigen Sprach- nannt, blieb im frühneuzeitlichen Nieder- gebrauch. 8 9

Graphik jenseits der Illustration

Wie sehr emen der Bibel auch heute Ausstellung vereinte neue oder bisher noch die zeitgenössische Kunst bestimmen, ver- nie gezeigte Arbeiten von Emil Cimiotti, deutlichte eine besondere Ausstellung mo- Roland Dörfler, Rainer G. Mordmüller, derner Graphik, die am Samstag, 1. Juni Siegfried Neuenhausen und Gerd Winner. 2003, um 11.30 Uhr, in der Augusteerhal- Die Ausstellung wurde gefördert von le der Herzog August Bibliothek Wolfen- der Stiftung Niedersächsischer Volksban- büttel eröffnet wurde und bis zum 28. Sep- ken und Raiffeisenbanken und der Volks- tember im Kornspeicher zu sehen war. Die bank Wolfenbüttel-Salzgitter eG.

Zur Ausstellung Rolf Wernstedt

Wir sehen ab heute eine Ausstellung, die le hier sind und die ich besonders herzlich auf einer originellen und wunderbaren Idee begrüße. v. l.: Professor Dr. Helwig Schmidt-Glintzer, beruht: Zeichnungen, Grafiken und Gut- Herausgekommen ist eine außerge- Direktor der Herzog August Bibliothek, Roland achten, die von biblischen Motiven her wöhnlich beeindruckende Präsentation Dörfler, Siegfried Neuenhausen, Emil Cimiotti inspiriert, aber dennoch keine Illustratio- künstlerischer persönlicher Auseinander- nen der Bibel sind, also “Jenseits der Illu- setzung mit der Bibel, besser, mit einzelnen blische Geschehen, vor allem des Neuen strationen” verstanden werden wollen und biblischen Geschichten oder Gestalten. Testaments, näherzubringen. Prächtige Bi- müssen. Um den Grundgedanken, von der diese belillustrationen waren allerdings nur we- Gerd Winner hat mit der Unterstützung Ausstellung ausgeht, zu verstehen, sind ei- nigen zugänglich. Sonst wäre der fabelhaf- der Herzog August Bibliothek und in An- nige kirchengeschichtliche-ikonografische te Zustand vieler Bibeln, Evangeliare und knüpfung an die laufende Bibelausstellung Erinnerungen nützlich: Bis ins 18. Jahr- Gebetbücher gar nicht erklärbar. “Ganze Bücher von Geschichten”, Bibeln aus hundert hinein war die weit überwiegende Aber alle Illustrationen waren gleich- Niedersachsen, vier namhafte Kollegen aus Zahl der Menschen in Europa noch anal- sam unter der Kontrolle der Text der Bi- Niedersachsen gebeten, mit ihm zusammen phabetisch. Inhalte der Bibel wurden durch bel. Die Kirchen der Reformation, die den ältere und neue Arbeiten aus dem Umkreis die Priester verbreitet. Vor allem aber die Il- Anspruch durchsetzten, dass jeder den biblischer Texte auszustellen. Es sind Emil lustration in Gestalt von Fresken, Kirchen- Text der Bibel selbst lesen können solle – Cimiotti, Roland Dörfler, Rainer Mord- malereien und großformatigen Bildern ver- ein Bildungsprogramm von außerordent- müller und Siegfried Neuenhausen, die al- suchte den gläubigen Analphabeten das bi- licher Wirkung und Intensität –, drängten die Bilder zurück, sowohl in den Kirchen als auch in den neu gedruckten Bibeln. Ausstellung im Kornspeicher der Herzog August Bibliothek vom 1. Juni bis 28. September 2003 Die künstlerische Qualität war zwar noch gewünscht, aber der Spielraum für bildnerische Auslegungen dennoch be- grenzt. Da die evangelischen und refor- mierten Kirchen praktisch keine künstleri- schen Aufträge mehr vergaben, haben wir im überwiegend protestantischen Nord- deutschland nach der Entfernung der Bil- der zu Zeiten der Reformation die architek- tonische Reinheit der kirchlichen Räume. In Ostfriesland gibt es ja noch Fresken, die seit dieser Zeit übermalt sind. Künstlerische Selbstständigkeit in der Aufnahme biblischer Motive musste sich andere Wege suchen. Die Malerei vom 14. bis 17. Jahrhundert im katholischen Be- reich adaptiert zeitgenössische Vorstellun- gen in die biblischen Geschehnisse – Ge- wänder, Haartracht und Architektur zeigen das. Die Nazarener will ich gar nicht erwäh- nen, kitschig finde ich sie, es sind die Bilder, die wir aus den Schlafzimmern von Großel- tern kennen. 8 9

bel. Sie zeugen damit, wie so viel andere Siegfried Neuenhausen zeigt die auf den Kunst in Literatur, eater, Musik, Tanz ersten Blick lebhaftesten Bilder in seinen u. a. der letzten Jahrzehnte vom kontin- 36 Arbeiten Sinai Suite. Jedes Bild erzählt genten Wirken der Bibel. Sie ist aus un- eine eigene Geschichte, dennoch gehö- serem kulturellen Gedächtnis nicht weg- ren alle zusammen und sehen in ihrer Ge- zudenken. Und das liegt offenbar an den samtheit hervorragend aus. Arabische Tex- weiter geltenden und unabgeschlossenen te sind Grundlage, biblische oder abstrakte Problembeschreibungen, Widersprüchen Figuren darüber, Mensch und Landschaft und Rätseln menschlicher Existenz und in Symbiose und Gegensatz. Sie hängen in seiner Auseinandersetzung mit Gott in ihr. der Landesvertretung des Landes Nieder- Aus dieser Beobachtung und Kenntnis her- sachsen in . aus hat Gerd Winner seine Kollegen einge- Gerd Winner verblüfft. Wer noch in Er- laden. innerung hat, wie demonstrativ und hinter- Emil Cimiotti hat für diese Ausstellung gründig die Bilder seiner Ausstellung “Me- Arbeiten zur Verfügung gestellt, die über- tamorphose Stadt” vor zwei Jahren im Korn- raschen. Sie werden es gleich am Anfang speicher hingen, kann kaum glauben, dass der Ausstellung der Bilder Adam und Eva die Kohlezeichnungen Kreuzigung, Ecce ho- sehen, seine drei Kreuzigungsbilder sind mo und La Cathédrale von ihm stammen. von großer abstrakter Intensität und bil- Bilder, schnell hingeworfen und unmittel- den fast den Mittelpunkt der Ausstellung. bar wirkend. Wie aus den skizzenhaften Die Einzelbilder zu Genesis, Sintflut, Hiob, Körperformen das Antlitz einer Kathedrale v. l.: Professor Rolf Wernstedt, Präsident des Engel u. a. muss man je einzeln interpretie- wächst, ist schon eine neue Form von Spi- Niedersächsischen Landtages a. D., Rainer G. ren und sich darauf einlassen. ritualität. Mordmüller, Gerd Winner Roland Dörfler zeigt auf seinen Kalt- Diese Ausstellung lässt keinen Besucher nadelradierungen das Elend des geschun- unberührt zurück. Es kann sein, dass der Die Geschehnisse der Bibel sind oft ge- denen Menschen und der geschundenen eine oder andere von ihnen noch einmal nug so geartet, dass man das Unaussprech- Kreatur. Es ist unschwer der Bezug zum zurückkehrt, wenn nicht so viele Menschen liche, das hinter dem abbildbaren Stehen- Kreuz zu sehen. Die Kreuzwegstationen da sind. Tun Sie es! Diese Bilder und der de nur umschreibend und indirekt fassen selbst gehören zum künstlerisch Perfekte- phantastische Ausstellungsraum, einmalig kann. Den Weg weg von der Unmittel- sten und Bedrückendsten, das ich je gese- in der Braunschweig-Wolfenbüttelschen barkeit sinnlichen Abbildes und sinnlicher hen habe. Das Kreuz ist nicht aus Holz, Region, haben es verdient. Jeder wird die Vorstellung hat erst die zeitgenössische mo- sondern assoziiert den schweren schwarzen Erfahrung machen, dass die Bibel lebt, derne Kunst gefunden. Die Eigenständig- Marmor unserer Friedhöfe. auch jenseits der Illustrationen, selbst dann, keit der künstlerischen Aussagen und Ma- Rainer Mordmüller knüpft an neute- wenn man es gar nicht mehr glaubte. lerei, Skulptur, Zeichnung und Grafik hat stamentliche Überlieferung an, entfernt sich im 20. Jahrhundert von allen inhalt- sich zuweilen scheinbar leicht vom ema, lichen Zwängen durch das Wort befreien bleibt aber dennoch konzentriert dabei. können, ohne das Wort zu verraten. Manche Bilder erscheinen mir wie Büh- Es ist nun von erstaunlicher Tatsache, nenskizzen. dass sich viele Künstler im 20. Jahrhun- dert, obwohl es keine kirchlichen Aufträ- Ausstellung im Kornspeicher der Herzog August Bibliothek vom 1. Juni bis 28. September 2003 ge gab, mit emen der Bibel beschäftigt haben. Lange Zeit haben sich die Kirchen auch kaum darum gekümmert, es beginnt erst mit dem zu Ende gehenden 20. Jahr- hundert wieder. Und wenn es einmal zur Hereinnahme moderner Kunst in Kirchenräumen kam, wie z. B. Baselitz’s auf dem Kopf stehende Christusszene, war der Skandal nicht weit. Denn ein starkes Künstler-Ich artikuliert oft außerhalb der Tradition. Eine solche Störung ist zwar für die Selbsterneuerung von Gemeinschaften und Traditionen not- wendig, aber oft stört das Ungewohnte und Kritische für eine bestimmte Zeit das Eins- sein der Gemeinschaft mit sich selbst. Vor allem das Abstrakte macht häufig Angst. Aber die Arbeiten, die wir heute hier haben, gehören nicht in den Bereich von möglichen Tabu-Verletzungen, sondern sind höchst individuelle, auftragslose per- sönliche Auseinandersetzungen mit der Bi- 10 11

“Poeta wohin?” – Buchobjekte von Felix Martin Furtwängler

Die Herzog August Bibliothek zeigte vom 13. April bis 30. Juni 2002 eine Ausstellung mit Künstlerbüchern und Buchskulpturen von Felix Martin Furtwängler. Unter dem Titel “Poeta wohin? – Manchmal, wenn Text und Bild eins werden” sind in der Au- gusteerhalle, im Kabinett und Malerbuch- saal in einer großen Retrospektive Arbeiten aus den Jahren 1978 bis heute zu sehen. Zur Ausstellung ist ein reich illustrierter, vom Künstler selbst gestalteter Katalog er- schienen (s. neue Veröffentlichungen). Die Ausstellung wird vom 11. Mai bis 28. September 2003 in der Bibliothek Otto Schäfer, Schweinfurt, gezeigt, vom 28. Januar bis 27. März 2004 ist sie in der Württembergischen Landesbibliothek, Stuttgart, zu sehen. Weitere Stationen sind das Deutsche Buch- und Schriftmuseum, Leipzig, und die Bayerische Staatsbiblio- thek, München. Erich Mühsam, Bohème, Berlin 1997

Poeta wohin? – Manchmal, wenn Text und Bild eins werden. Vom Malerbuch zur Buchskulptur: Felix Martin Furtwängler Werner Arnold

Felix Martin Furtwängler gehört in die Schwarzweiß-Illustrationen von “Ma- Verzweiflung” (Berlin 1993), bei der die Deutschland zu den Buchkünstlern, die gnum”, die sich allerdings als “Zeitschrift Übermalung des Buchs “Fairfax” von Carl mit ihren Arbeiten in den vergangenen für das moderne Leben” definierte; inzwi- Sternheim mit den Lithographien Frans Jahrzehnten Maßstäbe gesetzt haben. Die- schen sind beide eingestellt worden. Der Masereels (Berlin und Weimar: Aufbau- se Maßstäbe betreffen den Umfang seines literarische Stoff – Bilder, Kataloge, Bü- Verl., 1968) mit einem Text Alfred Baders Werks, die Differenziertheit seiner Tech- cher (Freud, Mao, Nietzsche, Ernst Tol- zum ema Schizophrenie und Kunst niken und verwendeten Materialien, die ler u. a.) – wurde quergelesen, und als Re- kombiniert wird. künstlerische Aussage sowie die hand- sultat des Querlesens sind erste Mappen Für Furtwänglers Identität ist das Selbst- werkliche Qualität der Arbeiten. Seine be- mit Radierungen vorhanden, von denen lernen von Bedeutung. So hat ihn das Set- vorzugten Felder sind Grafik (Schnitte in erst eine veröffentlicht worden ist (vgl. in zen und Drucken sein Freund Siegfried Holz und Linol), Radierungen und mit ei- diesem Katalog: omas Matuszak: Alias Schäfer in Karlsruhe gelehrt und er ver- ner Vielfalt von Farben gemalte Bilder. Bü- Jonge Hercules) und deren andere in den steht sich daher als Autodidakt auf diesem cher sind ein zentrales Medium für die Um- kommenden Jahren publiziert werden sol- Gebiet (“worauf ich großen Wert lege”); setzung dieser Formen. Furtwänglers Schaf- len und Entdeckungen über die Anfänge von der Profession her ist er Maler (“kein fenskraft ist eindrucksvoll: über 50 Bücher versprechen. Künstler”) oder auch “Peintre-Graveur”, da (wie viele sind es wirklich?), mehr als Dem Betrachter von Furtwänglers er malt, radiert und in Holz schneidet. 25 Buchübermalungen und Übermalun- Kunst werden mechanische Bewegungsab- Am Anfang des dokumentierbaren Be- gen eigener Werke (verstanden als retro- läufe seiner Figuren auffallen, zu denen er rufswegs standen Studien zur Werbegrafik spektive Arbeit am eigenen Schaffenspro- selbst auf die Herkunft des Vaters aus der in Hamburg, gefolgt von der Beschäftigung zess), grafische Blätter, Gemälde, Plastiken Uhrmachertradition des Schwarzwalds mit Glasmalerei, Stoffdruck, Keramik und und andere Objekte lassen einen Gestal- hinweist. Erinnern muss man sich an sei- Radierung an der Schule für Werkkunst tungsdrang erahnen, der nur schwer einzu- ne frühe Beschäftigung mit Jean Martin und Mode in Berlin, wo er seit 1977 an grenzen ist. Er zeugt von Kreativität, Aus- Charcot (1825 – 1893), Arzt an der Sal- der Hochschule der Künste Malerei und druckswille und Aussageintention. pêtrière in Paris und bekannter Diagnos- Grafik studierte. Furtwängler war Meister- Die Selbstbeschreibung ist knapp. Zu tiker neurologischer Erkrankungen. Dieses schüler bei Gerhart Bergmann. Seit Beginn den Kindheitseindrücken zählen die Zeit- Interesse hat Spuren hinterlassen, denn die dieses Studiums bilden Bücher sein zentra- schriften “China im Bild” und “Magnum”, Transformation von Depressionen in seine les Arbeitsgebiet. Mit der eigenen Druck- die der Großvater hielt. Dabei hinterlie- Bilder lässt sich beinahe als leitendes Motiv werkstatt zog er wiederholt um, seine heu- ßen die Farbabbildungen der verbreiteten in Furtwänglers Kunst verfolgen; sicherlich tigen Wirkungsstätten sind Berlin und China-Monatsschrift stärkere Wirkung als am deutlichsten in der Arbeit “Fanal + Dietratried (schwer zu finden), also Stadt 10 11

und Land als geographische Antipoden, rer Klientel gut bekannt. Seine Werke sind te, die Veränderung soll Denk- und Wahr- die Furtwängler offensichtlich inspirieren. inzwischen in größeren Kunstsammlungen nehmungsprozesse auslösen, auch zum Wi- Für seine Arbeiten gründete er verschiede- Deutschlands sowie in zahlreichen Muse- derspruch herausfordern. Furtwängler setzt ne Pressen, den “Selbstverlag Feldweg”, die en und Bibliotheken der Vereinigten Staa- für diese Motivation Zeichen und Symbole “Forster Presse” und die “Tyslander Pres- ten (Los Angeles, New York, San Franzisko, ein, die der Simplifizierung und Komplexi- se”, letztere Bezeichnung eine Benennung, New Haven [Yale]) vertreten. tät zugleich dienen und deren Deutung zur die Furtwängler übernommen hat, zu der Wichtige Leitmotive in Furtwänglers Herstellung eines Zusammenhangs diffizil sein Pseudonym “O. W. Solman” – man Büchern sind Angst, verbunden mit der ist. Die verknappte Formalsprache über- lese es auch rückwärts – passt, das er 1985 Assoziation von “Nightmare”, Verlassen- trägt dem Leser die Aufgabe der Enträt- bis 1987 verschiedentlich benutzte und das heit und Resignation. Seine Absage an Ge- selung, gleichsam durch Verfertigung von in bibliographischen Beschreibungen nicht walt und Krieg resultiert daraus als ein zen- (zweifelnden) Gedanken beim Betrach- immer identifiziert werden konnte, sodass trales ema der Kunstgestaltung. Er wird ten der Bilder, ohne allerdings Hoffnung “Solman” zum Mitarbeiter Furtwänglers er- kaum bestreiten, dass ihn Dichtung und auf Sinnhaftigkeit der Deutung zu gewin- klärt wurde. Weitere Pressen sind die “edi- Malerei des Expressionismus stark beein- nen. Die asyntaktischen, vertikal geordne- tion sub prosa” und die “Privatpresse Ber- flusst haben. Mit der Lyrik Trakls (“Von ten Wortreihen lassen den Einfluss des ex- lin”, mit der er heute arbeitet. den stillen Tagen”), Heyms (“Der Krieg”), pressionistischen Lyrikers August Stramm Wichtig sind ihm Freundschaften, Benns, August Stramms und Else Lasker- vermuten. Einzelne, suggestive Gedich- die zum Schriftsetzer Siegfried Schä- Schülers hat er sich auseinandergesetzt und te hat Furtwängler transformiert, wie bei- fer, und bedeutsam war auch diejenige ihre Gedichte in Kunst transferiert. Auf der spielsweise Else Lasker-Schülers “Karma” mit dem Kunsthistoriker Werner Timm Seite der Maler galt – neben anderen – die (2. Fassung: “Scheidung”): “Hab’ in einer (1927 – 1999), dem das 1999 erschienene Aufmerksamkeit Max Beckmann (“Hom- sternlodernden Nacht / Den Mann neben Buch “Mitreisend ins Weltenlos” gewidmet mage à Beckmann”, 1980, sowie der Zy- mir um’s Leben gebracht. / Und als sein ist. Timm war Fachmann für Grafik, also klus “Landnacht”, 1993, dessen Radierun- girrendes Blut gen Morgen rann, / blickte geistesverwandt mit Furtwänglers eigens- gen an Beckmanns Lithographien “Stadt- mich düster sein Schicksal an”, das er 1984 tem Arbeitsgebiet. nacht” aus dem Jahr 1920 anknüpfen), in Linolschnitte übertrug. Die Rezeption seiner Arbeiten, ganz Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde; So wie er die Werke anderer verän- schwerpunktmäßig Bücher und grafische seine ruhigen Radierungen hat er 1999 dert, verfremdet er auch die eigenen Bilder Blätter, lässt sich seit etwa 1979 an vie- durch Übermalung in politische Aussagen durch Wiederaufnahme von älteren Moti- len Ausstellungen verfolgen. Die Fachpres- voller Emotionen verwandelt. ven und deren Überarbeitung durch Malen se nimmt seit ca. 1985 von seinem Schaf- Diese Übermalungen lösen bestehende und Schriftgestaltung. Es handelt sich um fen genau Kenntnis, er ist der Zunft und ih- Ordnungen auf und schaffen neue Kontex- Zitate aus dem eigenen Opus, die in neue Zusammenhänge gestellt werden, um ver- Georg Heym, Der Krieg, Berlin: Tyslander Press 1987 änderte Perspektiven zu eröffnen. Mit den Perspektiven ist es allerdings bei Furtwäng- ler eine eigene Sache, denn seine oft als malerisches Motiv eingesetzten Gitter be- grenzen den Blick in den Raum, in Höhen und Tiefen. An diesem Inhaltspunkt müs- sen schließlich auch seine faszinierenden “Schnitt – Muster – Bücher” genannt wer- den, deren ausgeschnittene Figuren, Zei- chen und Symbole Durchblicke im wirk- lichen Sinn erlauben und zugleich verhin- dern. Den optischen Fixpunkten werden außerdem Begriffe gegenübergestellt, die verunsichern und sich dem glatten Durch- blättern sperren. Furtwänglers wichtigste Techniken bil- den, es sei aus gutem Grund wiederholt, Holz- und Linolschnitte, Radierungen, Malerei auf Holzplatten und Collagen, er arbeitet mit der gesamten Farbpalette und nutzt deren Kontrastmöglichkeiten als Ge- staltungsmittel. Als Material ist Büttenpa- pier wichtig, um die typographische Quali- tät der Schrift zu garantieren. Dies sind die materiellen Bedingungen für seine Arbei- ten, die den Prozesscharakter der Kunst re- präsentieren und gegen das nur Bestehende offenbar polemisieren. Ihr substantieller In- halt ist Distanz von Gewalt und deren Ver- urteilung, ihr Medium bildet das artifiziell gestaltete Buch. 12 13

Die Weißenburger Handschriften

Bemerkungen zu Ihrer Erschließung in den letzten drei Jahrhunderten anläßlich einer Ausstellung von Handschriften vom 12. Juli 2003 bis zum 23. März 2003

Helmar Härtel

Mit den Weißenburger Handschriften ist mung, zur Geschichte der Sammlung und bungsprinzipien erklären, die darauf grün- unauflöslich verbunden der Name von der einzelnen Kodizes für die weitere For- deten, nie ganze Bibliotheken in einer, wie Hans Butzmann, der zwanzig Jahre lang schung übersichtlich und erschöpfend zu- er formulierte, “Massa”, sondern immer von 1948 bis 1968 Leiter der Wolfenbüt- sammengestellt. “separatim” zu kaufen, also nur die Stük- teler Handschriftensammlung war und der Einige dieser Entdeckungen der letz- ke hereinzunehmen, die seiner Bibliothek einst in mir die Neigung zur Handschrif- ten Jahrhunderte sollen uns jetzt beschäf- noch fehlten. Entsprechend hatte er auch tenarbeit geweckt und durch den lebendi- tigen. Zuvor möchte ich aber etwas zu die- von dem damaligen Besitzer der Weißen- gen Zuspruch gestärkt hat, der in der Per- ser frühmittelalterlichen Bibliothek sagen, burger Handschriften Heinrich Julius von sönlichkeit gründet. Mit dreißig Jahren vor allem zu dem Umstand, daß sie über Blum schon einzelne Handschriften ande- hatte Butzmann während der bibliothe- 1000 Jahre als Einheit erhalten blieb und rer Herkunft erworben; ja von Blum hatte karischen Ausbildung an der Preußischen nicht wie die allermeisten anderen in alle ihm sogar eine Weißenburger Handschrift Staatsbibliothek Interesse an der Hand- Winde zerstreut wurde. Bibliotheken wa- geschenkt, wie wir es noch heute auf dem schriftenarbeit gefunden und sich auch an ren im abendländischen Frühmittelalter Papiervorsatzblatt dieser Handschrift von der von der damaligen preußischen Akade- ein fester Bestandteil eines jeden größe- Herzog August persönlich vermerkt fin- mie der Wissenschaften durchgeführten In- ren Klosters. Sie bewahrten vor allem die den. Unter dem Sohn Augusts, Anton Ul- ventarisierung der deutschen Handschrif- altchristliche Literatur, die Texte der Pa- rich, finden die Weißenburger Handschrif- ten aktiv beteiligt. Nach dem Krieg war die tristik, nicht aber die antike profane Li- ten schließlich doch ihren Weg in die Wol- von ihm geleitete anhaltinische Landesbü- teratur. In der karolingischen Zeit beginnt fenbütteler Bibliothek, und hier sind sie cherei in Dessau nicht mehr existent. Er man wieder das literarische Erbe der römi- geblieben. Gut hundertfünfzig Jahre später fand bald eine feste Anstellung an der Uni- schen Antike höher einzuschätzen. Dafür war Jerome, der Bruder Napoleons, Herr in versitätsbibliothek in Kiel. Aber dort hielt gibt es aber in der überlieferten Bibliothek den hiesigen Landen. Die französischen Bi- es ihn nicht lange, und eines Tages im Jahr aus Weißenburg keine Spuren. Hier über- bliothekare interessierten sich im Rahmen 1948 machte er sich auf den Weg nach wiegen unter den Autoren der 100 Hand- der Requisitionen für die Bibliothèque im- Wolfenbüttel und, er hat es oft geschildert, schriften die Namen von Kirchenvätern périale in Paris im Februar und April 1807 fand die Haupttür der Herzog August Bi- wie Augustinus, Beda Venerabilis, Gregor für so manches Buch in der Bibliothek, bliothek verschlossen. Über einen Neben- der Große, Hieronymus, Hrabanus Mau- doch nur einzelne Weißenburger wurden eingang gelangte er dann in das Haus. Der rus oder Isidor von Sevilla. Im 15. Jahr- der Entführung nach Paris für wert befun- damalige Direktor Wilhelm Herse hat ihn hundert hatte sich die Zeit gewandelt, und den. Sie fanden offensichtlich kein Gefal- sogleich freundlich empfangen, und, wie die Brüder im Weißenburger Kloster inter- len an Kirchenvätern, sondern an 8 gram- es Butzmann einmal in seiner überaus be- essierten sich nun viel weniger für die an- matischen, liturgischen und juristischen scheidenen Weise formuliert hat, ganz all- gesammelte Weisheit der Kirchenväter. Für Texten. Warum haben sie nicht die ganze mählich aus einer fragwürdigen Gestalt ei- die in den Klosterbibliotheken nach Tex- kostbare und altehrwürdige Sammlung ab- ne staatlich gebilligte Existenz gemacht. ten stöbernden Humanisten etwa zählten transportiert? Wir wissen es nicht. Das Un- Was hatte Butzmann veranlaßt, eine auch nicht gerade Kirchenväter, sondern verständnis für die Bedeutung der gesam- feste Stelle in Kiel auszuschlagen und am Cicero oder Tacitus. Um so erstaunlicher ten Weißenburger Bibliothek als einer hi- 1. Oktober 1948 an der Herzog August Bi- ist es, daß die Sammlung dennoch zusam- storisch bedeutsamen Einheit hält bis in die bliothek die Stelle eines wissenschaftlichen menblieb, auch wenn sie im 16. Jahrhun- erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts an. Hilfsarbeiters anzunehmen? Es war die be- dert dem Weißenburger Kloster entfrem- So heißt es etwa im Handbuch der Biblio- deutende Wolfenbütteler Sammlung mit- det wurde. Glücklicherweise fiel sie nicht thekswissenschaften von 1940, die Wei- telalterlicher Handschriften. Nach einer den am Pergament interessierten Orgelbau- ßenburger Bibliothek enthalte nichts Be- Phase der Sondierung, stand 1951 der Ent- ern und Buchbindern in die Hände, wie es sonderes, fast nur eologie. Erst seit die schluß fest, diesen Büchern durch intensi- ja vielen frühmittelalterlichen Handschrif- Weißenburgenses des 9. Jahrhunderts von ve Beschreibung bis dahin unbekannte Ge- ten erging, die oft in der eigenen Kloster- Hans Butzmann in den 50er Jahren des vo- heimnisse zu entlocken. Er wandte sich der buchbinderei zu Vorsatzblättern in neuen rigen Jahrhunderts in einem modernen Ka- Neuerschließung der Weißenburger Hand- Kodizes oder als Lagenverstärkungen, zu talog neu beschrieben worden waren, wer- schriften zu, die ihn über zehn Jahre be- kleinen Streifen zerschnitten, verarbeitet den sie, wie Bernhard Bischoff 1972 for- schäftigen sollte. Butzmanns Arbeit an die- wurden. Als im 17. Jahrhundert die Gele- mulierte, als ein ganz seltenes Beispiel eines sen Kodizes gipfelte in der Veröffentlichung genheit bestand, die Sammlung zu erwer- beinahe geschlossen erhaltenen lokalen ka- eines Kataloges, der zu seiner Aufnahme als ben, und sie auch Herzog August dem Jün- rolingischen Bestandes geschätzt und ge- korrespondierendes Mitglied in die Göttin- geren in Wolfenbüttel angeboten wurde, würdigt als das geistige Kapital, von dem ger Akademie der Wissenschaften führte. zeigte er, obwohl an theologischen Werken ein lebendiges karolingisches Kloster zehr- In diesem Katalog hatte er die eigenen For- in der Regel überaus interessiert, wider Er- te. Es ist aber nicht so, daß die Weißenbur- schungen und die der Gelehrten früherer warten keine Kaufbereitschaft. Dieses Ver- ger Handschriften gar keine Wertschätzung Jahrhunderte zur Text- und Schriftbestim- halten läßt sich allerdings aus seinen Erwer- gefunden hätten, vielmehr haben einzelne 12 13

Dort heißt es etwa: Fater unser thu in himi- lom bist. Giuuihit si namo thin. Und die Er- klärung beginnt dann: Gotes namo ist sim- bles giuuihit d. h. ist immer geheiligt., in simbles steckt noch das lateinische semper. Mit der Veröffentlichung dieser Texte ge- sellte sich von Eckhart zu der noch sehr kleinen Zahl von Gelehrten, die im ausge- henden 16. Jahrhundert damit begonnen hatten, einen Weg zu den althochdeut- schen Quellen zu bahnen. Erkenntnislei- tend war für ihn weniger die Geschichte der Sprache und die diplomatisch getreue Wiedergabe der Texte selbst als die Etymo- logie. Jedoch diese hoffte er für seine Ge- schichtswissenschaft zu nutzen. Gleichsam ungewollt hatte er also den Sprachwissen- schaftlern Material verschafft. Diese haben dann 100 Jahre später relativ undankbar auf seine noch unvollkommenen Lesungen der alten Texte reagiert. Sehr unglücklich seien die Lesungen von Eckharts, beklagt der Germanist Heinrich Hoffmann von Fallersleben, nachdem er Wolfenbüttel im Sommer 1826 besucht und den Text in der Handschrift noch einmal in Augenschein genommen und neu herausgegeben hatte. Welche Motive haben nun die Mönche ge- leitet, die diese Worte in der Volkssprache den lateinischen Texten einfügten? Was war der Sitz im Leben? Versetzen wir uns zurück in das Reich Karls des Großen, das er wäh- rend eines langen Lebens über die Maßen erweitert hatte. Um die neue Herrschaft zu festigen, sollte im ganzen Reich das Chri- stentum als einigendes religiöses Band ver- breitet werden. Dazu bedurfte es gut ausge- bildeter Priester, damit diese gottesdienst- liche wie theologische Texte lesen und verstehen und die wesentlichen Teile des Katechismus unterrichten konnten. Wie aber war den lateinschwachen Geistlichen auf die Sprünge zu helfen? Eben auch über Übersetzungen in die Muttersprache, also ins Althochdeutsche. So heißt es etwa in ei- ner karolingischen Quelle: Qui vero aliter non potuerit vel in sua lingua hoc discat.1 “Wer es aber anders nicht kann, der mag dieses in der Muttersprache lernen.” Und, wenn nötig, eben auch das Vaterunser mit Abb. 1: Sammlung liturgischer und katechetischer Texte, darunter der sog. Weissenburger Katechis- seiner Erläuterung. mus, Pergament, 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts, Cod. Guelf. 91 Weiss., fol. 149v Die zweite Entdeckung. Knapp 50 Jah- re später um 1750 bemerkt ein häufig gese- Stücke eine bedeutende Spur in der Ge- aus der Weißenburger Handschrift 91 ei- hener Leser in der Bibliotheca Augusta, der schichte der Forschung hinterlassen. Drei ne Gruppe katechetischer und liturgischer damalige Pastor primarius der Kirche Bea- Entdeckungen im 18. Jahrhundert nahmen Stücke, nun aber nicht in der gewohnten tae Mariae Virginis in Wolfenbüttel, Franz ihren Ausgang von diesen Quellen. lateinischen, sondern in althochdeutscher, Anton Knittel, bei seinen intensiven histo- Die erste Entdeckung. Im Jahr 1713 ver- genauer rheinfränkischer Sprache. rischen und germanistischen Studien weite- öffentlicht der spätere Assistent des Univer- Das althochdeutsche Vaterunser, dem re althochdeutsche Sprachdenkmäler. Un- salgelehrten und Wolfenbütteler Bibliothe- sich unter schrittweiser Wiederholung der kars Gottfried Wilhelm Leibniz, der Pro- einzelnen Gebetsteile eine althochdeutsche fessor der Geschichte an der Universität Erklärung der Anrede wie der sieben Bit- Helmstedt Johann Georg von Eckhart, ten anschließt, ist hier abgebildet (Abb. 1). 1 A. 813, MGH Conc. Aevi Karol. I 272). 14 15 ter der Einbandmakulatur eines Bandes testen Gelehrten, den Fulda je hervorge- drei Abschnitte geteilt, die die drei damals fand er mehrere Pergamentblätter mit ei- bracht hat, Hrabanus Maurus, war er nach bekannten Kontinente darstellen: die obe- nem Teil des Evangelienbuches Otfrids von 847 wieder in Weißenburg. Viele Weißen- re Kreishälfte ist Asien, die beiden unteren Weißenburg. Damit ist der Name genannt, burger Handschriften, darunter 9 von ihm Kreisviertel links Europa und rechts Afri- der über 250 Jahre die Erforschung der selbst geschriebene, lassen uns seine Tätig- ka. Der T-Schaft trennt als Mittelmeer Afri- Weißenburger Handschriften immer wie- keit als Schreiber, Grammatiklehrer, Bi- ka und Europa, der T-Balken als Begren- der anregen sollte. So etwa in den dreißi- bliothekar und Bibelausleger rekonstruie- zungslinie nach Asien reicht vom Don (ta- ger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Bi- ren. So trug er in einer von ihm und einem nai fluvius) bis zum Nil (nilus fluvius). Die bliothekar Hermann Herbst, noch weitere weiteren Schreiber abgeschriebenen Gram- Ausrichtung der Karte nach Osten ist auf Fragmente aus dem Evangelienbuch zu su- matik des antiken Grammatikers Priscian christlichen Einfluß zurückzuführen. Aus chen. Herbst wußte, daß, wenn überhaupt, mehrere tausend lateinische und 150 alt- dieser Richtung erwartete man im Mittel- diese in einem Band zu finden sein müß- hochdeutsche Glossen ein, um das Ver- alter die Wiederkehr des Erlösers. ten, der im 15. Jahrhundert im Sültekloster ständnis für die lateinische Sprache bei sei- Nun aber zurück zur Bibelauslegung zu Hildesheim seinen Einband bekommen nen Klosterbrüdern zu vertiefen. Otfrids. Bei seiner Bibelauslegung diente hatte. Nach planmäßigem Suchen fand er Bald begann er nach dem Vorbild sei- ein Kommentar des Hrabanus als Richt- die Fragmente tatsächlich in den Falzen ei- nes Fuldaer Lehrers Hrabanus die ganze schnur. Diese Handschrift hatte Butzmann ner Wolfenbütteler Handschrift, deren Ein- Bibel zu kommentieren. Dabei dürfte er bei seiner Arbeit in den fünfziger Jah- band eben aus dem Sültekloster in Hildes- bei Sachfragen immer wieder auf die En- ren unter den Weißenburger Handschrif- heim stammt. zyklopädie des Isidor von Sevilla zurückge- ten als Autograph des berühmten Gelehr- Diese Falze zusammengesetzt erge- griffen haben, die noch heute im Buchbe- ten ausgemacht und die Vermutung ausge- ben die hier abgebildete Pergamentseite stand des Klosters gleich zweifach auftritt. sprochen, daß Otfrid das Buch bei seiner (Abb. 2). Otfrid hat sein Evangelienbuch Das eine Exemplar zeigt eine Weltkarte. Sie Rückkehr aus Fulda im Reisegepäck mit am Ende eines langen Klosterlebens abge- gibt die im Mittelalter herrschenden geo- sich geführt habe. Sie zeigte beispielhaft, faßt. Er lebte von 800 bis 870. Schon mit graphischen Vorstellungen sehr gut wie- wie Hrabanus in Fulda Commentaria per sieben Jahren kam er ins Kloster. Nach ei- der. Die Erde ist als Scheibe dargestellt, lemmata anfertigte. ner Lehrzeit in Fulda bei dem berühm- das Kreisinnere ist durch ein großes T in Zu einem Stichwort aus der heiligen Schrift wurden die vom Kommentator ge- eigneten Texte aus älteren Kommentaren wie Glieder einer Kette aneinandergereiht. Abb. 2: Otfried von Weissenburg: Althochdeutsches Evangelienbuch, Pergament, Mainz (?) Anfang des 10. Jahrhunderts. Cod. Guelf. 131.1 Extrav., fol. 6v Man spricht daher auch von Katenenkom- mentaren. (Catena lateinisch Kette.) Gele- gentlich griff der Autor, wie hier am unte- ren Rand der Seite zu sehen (Abb. 3), selbst ein und ergänzte bzw. korrigierte den Text. Interessant ist übrigens, daß der Haupttext in einer für damalige Begriffe altertümli- chen angelsächsischen Minuskel, während der Korrekturtext von Hrabanus in der Re- formschrift Karls des Großen, der karolin- gischen Minuskel geschrieben ist. Otfrid hat Text und Kommentar zunächst noch relativ unübersichtlich dargeboten, indem er den Kommentar zwischen die Zeilen und an den Rand schrieb. Diese Interlinear- und Randglossen wurden durch rote Ver- weiszeichen mit dem Bibeltext verknüpft. Auf der linken Spalte hat ein Buchmaler zwei Tiere gezeichnet, dem linken fügt er die lateinische Bezeichnung für Krebs Can- cer hinzu. Es soll Vers 17 im 2. Kapitel des 2. Timotheusbriefs verdeutlichen (Abb. 4): et sermo eorum ut cancer serpit ( ... und ih- re Rede kriecht wie der Krebs). Später ge- staltete er die Kommentarseiten neu und übersichtlich, indem er die Texte auf drei Spalten verteilte. In der Mitte findet sich in einer schönen Unzialis der Bibeltext, am Rand in einer sehr viel kleineren karolingi- schen Minuskel die Kommentartexte, wie- derum durch Verweiszeichen mit dem Bi- beltext verknüpft. Außerdem sehen wir die Siglen der Au- toren, gelegentlich finden sich nachgetra- 14 15

gene Glossen, ein Zeichen dafür, daß hier Otfrid selbst am Werke war. Methodisch hat Otfrid damit das Kommentierungsver- fahren Hrabans vervollkommnet. Über al- le diese Zusammenhänge haben wir jüngst einen erhellenden Vortrag der Wolfenbüt- teler Stipendiatin Cinzia Grifoni aus Udi- ne in Italien gehört. Für wen hat er nun diese Kommenta- re geliefert? Im Grunde für die Novizen und Klosterbrüder, denen die Grundlagen der geistlichen und monastischen Bildung zu vermitteln waren. Bei Lateinschwachen mußte er sich oft auch des Althochdeut- schen bedienen, daher die gelegentlich zu beobachtenden althochdeutschen Glossen. Sein pädagogischer Eros läßt ihn schließ- Abb. 3: Hrabanus Maurus in Ezechielem 1 – 6, Pergament, Fulda. Mitte des 9. Jahrhunderts. lich zum ersten deutschen Dichter werden, Cod. Guelf. 92 Weiss., fol. 83r und damit komme ich auf den Fund Knit- tels zurück. Mit dem epischen “Leben Jesu” Abb. 4: Paulusbriefe mit lateinischen und althochdeutschen Glossen, Pergament, Weissenburg, Mit- hat Otfrid zwischen 863 und 871 ein Epos te des 9. Jahrhunderts, Cod. Guelf. 47 Weiss., fol. 66v verfaßt und das Leben Jesu in leicht faßli- che Form für seine Klosterbrüder gebracht und damit zugleich den Franken in ihrer ei- genen Sprache eine Dichtung beschert, die den Vergleich mit Dichtern wie Vergil, Lu- kan oder Ovid aufnehmen sollte. Er ent- wickelte darin eine völlig neue Metrik, in- dem er erstmals an Stelle des germanischen Stabreims den Endreim setzt. Diese Frag- mente gewinnen als seltene Textquelle ih- ren hohen Rang in der Überlieferung. Die dritte Entdeckung. Noch einmal setzen wir im 18. Jahrhundert an und wie- der ist es das Wirken Franz Anton Knittels, das uns beschäftigen soll. Knittel war bei seinen Bibliotheksbesuchen noch an einer anderen Stelle der Weißenburger Hand- schriften fündig geworden. In der Hand- schrift Cod. Guelf. 64 Weißenburgensis entdeckte er Seiten, die zweimal beschrie- ben worden waren (Abb. 5). Es gab also ei- ne scriptio inferior und eine scriptio supe- rior, eine darunterliegende ältere und ei- ne darüberliegende jüngere Schrift auf den entsprechenden Seiten. Die untere Schrift Abb. 5: Isidor von Sevilla: Etymologiae. Pergament, Bobbio, Ende des 5. und 1. Hälfte des 8. Jahr- hunderts, Cod. Guelf. 64 Weiss., fol. 255v war noch gut zu entziffern. Sie bewies, daß Teile des Kodex erstmals im 6. Jahrhun- dert beschrieben worden waren. Es fan- den sich Texte aus Galen, aus dem griechi- schen Neuen Testament, aus dem Alten Te- stament und 40 Verse aus dem Briefe des Paulus an die Römer in einer zweispra- chigen gotisch-lateinischen Ausgabe. Die- se Entdeckung war natürlich für die Erfor- schung der gotischen Sprache von großer Bedeutung, aber auch für die Erforschung mehrfach beschriebener Pergamente, der sogenannten Palimpsestforschung. Ja man kann mit Fug und Recht behaupten, daß Knittel als erster den Wert derartiger Co- dices rescripti als Träger verloren gegange- ner Texte erkannt hatte. In gewisser Weise 16 17 lag übrigens die Entdeckung gotischer Tex- in ihrer Gleichmäßigkeit an gedruckte Tex- te in einer alten Bibliothek in der Mitte des te. Wie anstrengend das stundenlange Ab- 18. Jahrhunderts in der Luft. Das Interes- schreiben jedoch war, bezeugen die mittel- se an der gotischen Sprache war schon im alterlichen Hexameter: 16. Jahrhundert erwacht. Die Goten wa- Scribere qui nescit nullum putat esse laborem/ ren als die Vorfahren der Deutschen ent- tres digiti scribunt totum corpusque laborat. deckt und ihre Sprache als ein Mittel, mehr (Wer nicht zu schreiben versteht, glaubt nicht, über diese Vorfahren kennenzulernen. Das daß es eine Mühe ist: drei Finger schreiben, führte zu der merkwürdigen Situation, daß aber der ganze Körper arbeitet.) man zunächst nicht in der Lage war, einen dokumentarischen Beweis für die Sprache Auch in diesem Kodex mit dem Lukasevan- selbst zu führen. Um so ersehnter war die gelium und einem Kommentar ist der Au- Entdeckung der Ulfilasbibel, des sogenann- tor, also der Evangelist Lukas als Schreiber ten Codex argenteus in der Klosterbiblio- dargestellt (Abb. 7). Er ist damit beschäf- thek Werden an der Ruhr im 16. Jahrhun- tigt, seinen Federkiel, den er in der rechten dert. Spätestens im Jahr 1669 war sie in der Hand hält, mit einem Messer zuzuschnei- schwedischen Landesuniversität zu Uppsa- den. Ein Rätsel des Abts von Jarrow, einem la. Gelegentlich sind Wolfenbütteler Besu- angelsächsischen Kloster aus dem 7. Jahr- cher der Meinung, sie sei nach Wolfenbüt- hundert, belegt die zentrale Bedeutung der tel gelangt. Eine Flut von Editionen folgte, Feder für den mittelalterlichen Schreiber: in die sich auch die Textausgabe der Ulfilas- Einfacher Art bin ich, und ziehe von nirgend- fragmente von Knittel 1762 einreihte. Er- her Weisheit, wähnt sei noch die Ausgabe eines der ganz Doch jeglicher Weisheit ziehet für immer die großen Sprachwissenschaftler des 19. Jahr- Fußspur mir nach. hunderts, Hans Conon von der Gabelentz, Heute bewohn’ ich die Erde wie vormals in dessen sprachwissenschaftliche Interessen Abb. 7: Lukasevangelium mit Glossen, Perga- hohen Himmel ich zog. auch auf das Gotische ausgriffen und zu ei- ment, Weissenburg?, 11. Jahrhundert, Cod. Gu- elf. 70 Weiss. Und schein ich auch weiß, so laß ich doch hin- ner Ausgabe der gotischen Bibel führten. ter mir schwarz meine Spur. Der Wert des Wolfenbütteler Kodex wur- de damals schon so hoch eingeschätzt, daß Äneasversepos des Heinrich von Veldeke, Aurelius Augustinus (354 – 430) ist unter er, wie damals unüblich, an von der Ga- der als Wegbereiter der höfischen Dichtung den lateinischen Kirchenvätern von größter belentz nicht ausgeliehen wurde, sondern im Hochmittelalter gilt. Bedeutung für die mittelalterliche eolo- er sich selbst nach Wolfenbüttel bemühen Blicken wir zurück und fassen zusam- gie und Bibelauslegung. Entsprechend häu- mußte. Das war gut so. Denn sein Besuch men, so können wir sagen, im 17. und fig ist sein Name unter den Weißenburger in Wolfenbüttel brachte noch einen wei- 18. Jahrhundert beeindruckten die Wei- Kodizes zu finden. Die vorliegende Hand- teren Fund: Vermutlich bei der Betrach- ßenburger Handschriften durch spekta- schrift enthält seine Traktate zum Johan- tung der alten Einbände im Augusteerbe- kuläre Einzelfunde. Erst im 20. Jahrhun- stand beachtete er vor allem die Bücher, dert entpuppt sich der Gesamtbestand der Abb. 8: Predigtsammlung, sog. Weissenburger die in mittelalterliche Pergamentblätter 100 Handschriften aus Weißenburg als ein Augustin, Kalbspergament, Luxeuil, Anfang eingebunden waren. Auf einem dieser Ein- bewußt errichteter Bücherkosmos, eine des 8. Jahrhunderts, Cod. Guelf. 99 Weiss., bandblätter fanden sich 103 Verse aus dem von Otfrid überlegt angelegte Gelehrtenbi- fol. 40v bliothek, in der es um Texte und nicht um Abb. 6: Buch Jesaias mit Kommentar, Perga- Bilder ging. Entsprechend haben wir bis- ment, Südwestdeutschland, Mitte des 12. Jahr- her nur Textseiten abgebildet gesehen. Es hunderts, Cod. Guelf. 58 Weiss. lohnt sich aber auch, den nur auf den er- sten Blick unspektakulären Bilderschmuck in Augenschein zu nehmen. Deshalb hier noch einige Beispiele. Dieser Handschrift mit dem Buch des Propheten Jesaia und einem Kommentar ist das Autorenbild des Propheten voran- gestellt (Abb. 6). Er wird wie ein zeitgenös- sischer Schreiber dargestellt. Wie er arbei- teten die Mönche an Pulten mit geneigter Arbeitsfläche. Der Ellenbogen wurde nicht abgestützt, lediglich der kleine Finger ruhte auf der Platte. Durch diese Schreibhaltung war es möglich, ein sehr strenges und we- nig individuelles Schriftbild zu erreichen. Daher weisen die Schriften verschiedener mittelalterlicher Schreiber einen viel gerin- geren individuellen Duktus als unsere heu- tigen Handschriften auf und erinnern uns 16 17

sondern in Luxeuil geschrieben. Luxeuil so ein zu Anfang eines Werkes, eines Kapi- stellte im Mittelalter eines der wichtigsten tels oder Abschnittes stehender vergrößer- kulturellen Zentren dar. Von dem irischen ter und häufig auch verzierter Buchstabe. Mönch Columban 590 n. Chr. gegründet, Eingeführt wurden Initialen im 6. Jahr- gewann es bald die Unterstützung der me- hundert zur besseren Übersichtlichkeit rowingischen Aristokratie. Insbesondere der Texte, wobei bald auch ihre ästhetische die Schriftkultur blühte auf. Es wurde ein Wirkung Beachtung fand. Die hier vorlie- spezieller Schriftstil entwickelt, der als Vor- gende Initiale Q beeindruckt durch die or- läufer der karolingischen Minuskel gilt und namentale Gestaltung. Vor allem die sich als Luxeuil-Typ bezeichnet wird. Die vor- zapfenartig durchdringenden Vogelköpfe liegende Handschrift ist nur aufgrund der jeweils an den Eckpunkten des Buchsta- speziellen Schriftart lokalisierbar. Auch die bens sind überaus bewegt. Sie bilden mit zur Auszeichnung verwendete Kapitalis er- dem Balkenstück und seinen Flechtband- scheint in etwas abgewandelter Form. feldern einen wohlgeformten Körper, der Die Initiale G auf Folio 40v (Abb. 8) vom Einfluß irischer und angelsächsischer ist aus einem rechts geöffneten Doppel- Buchmalerei zeugt, man spricht von einem kreis mit Blattkompositionen und einem insularen Einfluß. schräg nach unten gerichteten Vogel gebil- Um ein besonders schönes Schriftbild zu det. Buchstaben, aus Gegenständen der Na- erreichen, hat der Schreiber die sog. Kapita- tur geformt, sind sehr dekorativ, aber nicht lis quadrata gewählt, eine von den Römern immer leicht zu entziffern. Sie verfehlen die entwickelte Großbuchstabenschrift, bei der Aufgabe der Initiale, die Lesbarkeit des Tex- alle Buchstaben einen annähernd quadrati- tes zu erhöhen, aber wer wollte darauf ver- schen Raum ausfüllen. zichten? Ich komme zum Schluß. Die Bedeu- Das Werk De civitate Dei (Über den tung der Handschriften habe ich versucht Gottesstaat) Augustins ist eines der Grund- zu skizzieren. Eine ebenso spannende wie bücher christlicher Geschichtsdeutung merkwürdige Geschichte knüpft sich an ih- und Staatslehre. Augustin stellt hier dem ir- ren Weg von Weißenburg nach Wolfenbüt- dischen und zugleich teuflischen Staat ci( - tel, den ich wenigstens hier angedeutet ha- vitas terrena, civitas diaboli) den Staat Got- be. Nur Herzog Anton Ulrich muß noch tes, die civitas Dei, gegenüber. Der Vermerk einmal erwähnt werden, der der abenteuer- Codex monasterii sancti Petri in Wissenburg lichen Reise der Bibliothek durch Deutsch- ordinis sancti Benedicti (Kodex des Klo- land im 16. und 17. Jahrhundert mit ih- sters des heiligen Petrus in Weißenburg rem Erwerb für die Wolfenbütteler herzog- des Ordens des heiligen Benedikt) auf Fo- liche Bibliothek ein Ende machte. Damit lio 2r unten weist den Kodex als Eigentum erwies sich Herzog Anton Ulrich als wür- der Weißenburger Klosterbibliothek aus diger Nachfolger seines Vaters in der Förde- (Abb. 10). Ähnliche Einträge finden sich rung der Bibliothek. Er hatte nicht nur der auf der ersten Seite der meisten ausgestell- wunderbaren Bibliothek ein eigenes Ge- ten Kodizes. bäude bauen lassen, die bis 1887 erhaltene Abb. 9: Augustin: In Johannis Evangelium Trac- Zum Abschluß der Textanfang des Lu- Rotunde, ihre Vermehrung durch die Ein- tatus 1 – 23, Pergament, Anfang des 9. Jahrhun- kasevangeliums aus einem Evangeliar. richtung eines Jahresetats gesichert, son- derts, Cod. Guelf. 10 Weiss., fol. 3r Evangeliare enthalten für den Meßdienst dern durch den Kauf der 104 Weißenbur- die vier Evangelien in einem Buch. Als ger Handschriften die Sammlung mittelal- nesevangelium. In der linken Spalte jeder Träger der göttlichen Botschaft wurde das terlicher Kodizes bedeutend vermehrt und Seite wird der Text des Johannesevangeli- Evangeliar verehrt, daher besonders sorg- dem Lande Braunschweig ein geistiges Ka- ums wiedergegeben, die rechte Spalte ent- fältig geschrieben, reich verziert und illu- pital erworben, das bis zum heutigen Tage hält den Kommentar Augustins (Abb. 9). miniert. Auf dieser Seite (Folio 98r) ist ein Forscher nach Wolfenbüttel zieht und im- Die ersten Worte In principio erat verbum et im Vergleich zur übrigen Schrift deutlich mer wieder neue Einblicke und Erkennt- verbum erat apud Deum et Deus erat verbum vergrößertes Q zu sehen, eine Initiale, al- nissen möglich macht. (Im Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort) Abb. 10: Augustin: Über den Gottesstaat, Pergament, Weissenburg, 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts, sind durch Kapitalis hervorgehoben. Auf Cod. Guelf. 16 Weiss. der Spitze der Initiale I, deren Schaft von insular beeinflußtem Flechtwerk ausgefüllt ist, sitzt ein Adler, Symbol des Evangelisten Johannes. Über dem Adler streckt sich die Hand Gottes herab. In den Klauen hält der Adler ein Buch, in dem noch einmal der Be- ginn des Johannesevangeliums In principio erat zu entziffern ist. Dieser Kodex enthält vor allem Predig- ten Augustins. Er ist nicht in Weißenburg, 18 19

Nils Burwitz. Auf dem Hochseil/Walking the Tightrope Helwig Schmidt-Glintzer

Das Bild des Seiltänzers, einer Erinnerung schritt, war Nils Burwitz längst abgereist. Exemplaren, nummeriert und vom Künst- Victor Klemperers entlehnt, wählt der An anderem Ort setzte er seine Begleitung ler signiert, heute Abend vorgestellt. Wie Künstler Nils Burwitz als Chiffre für die der Zeitläufte fort, mit Humor und satiri- besser könnte die Verbundenheit mit Les- Haltung zur Bewahrung vor dem Absturz. scher Spitze, immer aber auch mit einem sings Geist dokumentiert werden, jenem Die Lebensreise dieses Künstlers ging über gewinnenden Lachen. Distanzierung und Geist, dessen Toleranzgebot zu recht im- mehrere Wendekreise, aus der Geburts- zugleich Festhalten der Zeit durch Zeich- mer wieder beschworen wird. stadt im heutigen Polen 1945 als fünähri- nen und Aufschreiben gaben ihm vielleicht Und es ist mir ein Bedürfnis, an die- ger die Flucht nach Westdeutschland, dann die Chance zum offenen Blick und einer ser Stelle zu bekräftigen, dass wir zwar von mit der Familie 1958 Emigration nach Süd- freundlichen Haltung zur Welt. So wird ein den Idealen der Aufklärung noch weit ent- afrika in das Land der Apartheid, wo er sich Bild gegeben, subjektiv und gerade deswe- fernt sind – und dies vielleicht auch blei- in jungen Jahren in verschiedenen Genres gen kontrollierend, kritisierend und Anstö- ben werden –, aber es gibt auch viele An- der Kunst engagierte, unter anderem auf ße gebend. zeichen der Hoffnung. Ich denke da nur der Bühne, und wo in den 60er Jahren Im Lessinghaus der Herzog August Bi- an den Aussöhnungsprozess in Südafrika, bereits seine Kunst politisch wurde. Bald bliothek, der Wirkungsstätte Lessings in wo Täter und Opfer aufeinander zugehen wieder die Reorientierung nach Deutsch- seinen letzten und wohl produktivsten Le- und um Verständigung ringen, entschlos- land, nach Europa, nach London, wohin er bensjahren von 1770 bis 1781, wo er, der sen, den Kreislauf der Gewalt zu durchbre- aus Johannesburg immer wieder aufbrach, Zensur trotzend, die Bühne wieder zu sei- chen. dann nach Spanien, genauer nach Mallor- ner “Kanzel” machte, etwa mit Nathan der Wir kennen sie alle, die Geschichte, das ca, wo die Familie seit 1976 in Valldemos- Weise, im Haus dieses Aufklärers und Kri- Märchen, im Nathan, im dritten Aufzug, sa ansässig ist und wo neue Beziehungen tikers zeigen wir eine Auswahl aus dem 7. Auftritt: entstanden. Hierdurch wurde das 1992 Schaffen von Nils Burwitz der letzten zwan- Vor grauen Jahren lebt’ ein Mann im Osten, begonnene und 1999 abgeschlossene Pro- zig Jahre. Die Werke sind Zeugnisse dafür, Der einen Ring von unschätzbarem Wert’ jekt “Der Unsichtbare Miró. Zwanzig Visi- wie der Künstler immer wieder einen neuen Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein onen eines Hellsehers” angeregt, ein wahr- Ort betritt, ohne seinen Standpunkt zu ver- Opal, der hundert schöne Farben spielte, haft europäisches Projekt, in dem 20 Texte lassen, der Künstler, dem einmal gewonne- Und hatte die geheime Kraft, vor Gott von Schriftstellern, Dichtern und Freunden ne Anerkennung nicht alles war, sondern Und Menschen angenehm zu machen, wer von Joan Miró neben 20 graphischen Ar- der weiter schritt, Irritierungen und An- In dieser Zuversicht ihn trug. [...] beiten von Nils Burwitz stehen. Mit diesem fechtungen ausgesetzt und sich aussetzend, Und dann die Ermahnung des Richters an Werk kam Nils Burwitz über die Frankfur- standfest, absturzgefährdet und doch im die streitenden Söhne, wer den echten Ring ter Buchmesse in die Herzog August Bi- Gleichgewicht – auf dem Seil eben, dessen vom Vater erhalten habe: bliothek Wolfenbüttel. Über Joan Miró, Ende wir nicht kennen. der in der Sammlung unserer Malerbücher Ich danke allen, die an dieser Ausstel- Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring prominent vertreten ist, und von dem wir lung mitgewirkt haben, den Beiträgern Besitzt die Wunderkraft beliebt zu machen; jüngst im Museum für Angewandte Kunst und Herstellern dieses vorliegenden Kata- Vor Gott und Menschen angenehm. Das muß in Frankfurt am Main zentrale Werke wie logs und vor allem Nils Burwitz selbst, der Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden Doch das nicht können! – [...] Ubu Roi zeigen konnten, haben wir die Be- mit dieser Ausstellung einen Schritt in eine ziehung angeknüpft. neue Umgebung unternimmt, nämlich die Und etwas später: Aus dieser Begegnung nun ist eine des großen deutschen Dichters von europä- Geht nur! – Mein Rat ist aber der: ihr nehmt Übersicht, eine Rückschau der künstleri- ischem Rang, Gotthold Ephraim Lessing. Die Sache völlig wie sie liegt. schen Tätigkeit von Nils Burwitz im Les- Ich danke Edward Lucie-Smith, Lon- Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem singhaus geworden, die der Künstler selbst don, dass er es eingerichtet hat, zur Eröff- Vater: als “erste ernsthafte Rückkehr” in sein Ge- nung hierher zu kommen, um zum e- So glaube jeder sicher seinen Ring burtsland, seine “erste Heimat” betrachtet. ma der Ausstellung Walking the Tightrope Den echten. [...] Vielleicht bedarf es bei solcher Rückkehr in zu sprechen. Nicht zuletzt danke ich Herrn besonderem Maße der Balancierstange, zu- Oswald Schönberg und den Restauratoren, Und dann: mal in einer Zeit, in der das Zusammenrü- namentlich Heinrich Grau, sowie den Mit- Es eifre jeder seiner unbestochnen cken der Völker und Staaten auf der Erde arbeitern der Zentralen Dienste unter Tors- Von Vorurteilen freien Liebe nach! eher zu Ungleichgewicht als zu Ausgleich ten Gottsmann für die Vorbereitungen zu Es strebe von euch jeder um die Wette, zu führen scheint mit all den zu befürch- dieser Ausstellung. Die Kraft des Steins in seinem Ring’ an Tag tenden Katastrophen. Besonders froh und dankbar bin ich, Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut, Als Südafrika, wo sich Nils Burwitz jah- dass die Bleiglasdecke “Die Ringparabel” Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun, Mit innigster Ergebenheit in Gott, relang mit dem Regime und seinen men- hier im Lessinghaus installiert werden Zu Hülf’! Und wenn sich dann der Steine Kräfte schenverachtenden Praktiken auseinander- konnte, gefördert von Hans-Dieter Rieder, Bei eueren Kindes-Kindeskindern äußern: gesetzt hatte und wo ihm dann das Arbeiten Poko-Institut, Münster, ausgeführt in den So lad’ ich über tausend tausend Jahre, doch zu schwierig geworden war, obwohl Glasstudios Derix, Taunusstein. – Das e- Sie wiederum vor diesen Stuhl. da wird er hohe Anerkennung gefunden hatte, den ma der Ringparabel wird auch als lithogra- Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen, Weg von der Apartheid zur Demokratie be- phische Edition in einer Auflage von 222 Als ich; und sprechen. [...] 18 19

Der Zusammenhang mit seinen Texten ge- gen die übermäßige Bibelgläubigkeit aus dem gleichen Jahr (1779) unter der Über- schrift Bibliolatrie ist hier ebenso offen- kundig (Werkausgabe Band 10, S. 165 ff.) wie er von seinem Großvater väterlicher- seits her, der Kamenzer Bürgermeister ge- wesen war und seine Dissertation über die Duldung von Religionsgemeinschaften ver- fasst hatte, in der Tradition des Toleranzge- dankens stand. Und die theologische Aus- einandersetzung prägte seine Wolfenbütte- ler Zeit, wenn Lessing etwa in der Schrift Beweis des Geistes und der Kraft von 1777 (Werke 8, S. 439 – 445) betonte, dass Nachrichten von Wundern keine Wunder seien (S. 440), und dass er selbst in einer Zeit lebt, “in der es keine Wunder mehr gibt.” – Es bleibt also die Ermahnung, wie sie der Richter den Brüdern gibt. Soweit so gut! Aber was heißt das für uns? Es heißt, dass der Aufgang der Moder- ne, repräsentiert auch in den Wissenschaf- ten und Künsten, einen besonderen Wen- depunkt an jenem Gleichnis nimmt, wel- ches die Offenbarung nicht mehr kennt, sondern allenfalls das “Wer redlich stre- bend sich bemüht”. Eine für die Kunst un- befriedigende Lösung. Wenn nun das Gehen auf dem Hoch- seil kein Ziel hat, also kein Ende findet, nirgends? – allenfalls in “tausend tausend Jahren”? Dann ist solche Praxis ein Teil des Lebens und der Praxis und der Geschichte und kennt kein Ende, keine Offenbarung oder Erlösung. Und dennoch liegt im Ba- lanceakt ein Geheimnis, das Nils Burwitz unter Verwendung eines Textes von Victor Klemperer so umschreibt: »Ich hab so oft an eine Altberliner Anek- dote gedacht ... “Vater”, fragte also ein Junge im Zirkus, Walking the Tightrope “was macht denn der Mann auf dem Seil mit der Stange?” – “Dummer Junge, das Edward Lucie Smith ist eine Balancierstange, an der hält er sich fest.” – “Au, Vater, wenn er sie aber fal- Where the talk is concerned, I think one fatal. And he or she can only do this by fix- len läßt?” – “Dummer Junge, er hält ihr might just say: ing attention on a single fixed point – the ja fest!” ‘Walking the Tightrope’ presents the ca- goal to be attained. ... Mein Tagebuch war in den 30er Jahren reer of Nils Burwitz with special emphasis e difference between real tightrope immer wieder meine Balancierstange, ohne on the graphic work. It looks at Burwitz’s walkers and true artists is, of course, that die ich hundertmal abgestürzt wäre ...«1. celebrated political images, prompted by the artist hopes never to get there. e game his first-hand experience of Apartheid as a is only worth it if the destination continu- In der Ausstellung wurde die Bleiglasdecke young artist in South Africa, and also looks ally recedes. is is particularly true of the “Die Ringparabel” installiert, gefördert von at the work made since he moved to Vall- career and personality of Nils Burwitz. Bur- Hans-Dieter Rieder, Poko-Institut, Mün- demossa in 1976. witz has never pursued a safe or conven- ster, ausgeführt in den Glasstudios Derix, tional course of action, either personally or Taunusstein. artistically. e restlessly experimental na- Walking the Tightrope ture of his art, and most particularly of his In a certain sense, all artistic existences are graphic work, which is the subject of this 1 Auszug aus der Einführung zu Victor Klem- a form of tightrope walking. e creative exhibition, is reflected in the story of his perers Buch “LTI” (lingua tercii imperii), individual has to keep his – or her – bal- life – most obviously in the earlier part of das 1946 veröffentlicht wurde, dann 1975 ance in what is in effect a perpetually ad- it. His work intertwines universal themes im Reclam Verlag Leipzig erschien. verse situation, where any mis-step may be with personal ones. 20 21

Burwitz was born in Swinemünde, Po- on his consciousness. In 1948, ten years be- as a drama in nine scenes. Each successive merania, on what was then the eastern bor- fore he arrived there, racial discrimination print in the series takes the spectator a stage der of Germany, in 1940. Today, the place had been institutionalised in the country by further in a dramatic narrative about the where he was born is no longer German but the first of the apartheid laws. ese laws real meaning of apartheid. Polish. During the war years, it was one of touched on every aspect of local life, in- It is sometimes now said that protest art Germany’s chief submarine bases. In 1943, cluding a prohibition of marriage between in South Africa really only started in the it was almost obliterated by a massive air- whites and nonwhites. In 1950, the Popula- 1980s, when, at least for those who were raid. In 1945 his family fled to the West, tion Registration Act classified all South Af- prescient, the inevitable end of apartheid and in 1958, thirteen restless years lat- ricans into three groups – white, non-white was becoming clear. Burwitz’s career makes er, Burwitz went to South Africa. He was and coloured, and in 1953 a Public Safety it obvious that this was not in fact the case. then 17. He studied Fine Art at Wits Uni- Act and a Criminal Law Amendment act His original protest pieces date from the versity, and at 23, held his first solo exhibi- were passed, which empowered the govern- end of the 1960s – just at the time when it tion, which caused a sensation in his adopt- ment to declare stringent states of emergen- was hardest for anyone, artist or writer, to ed country. What impressed people most cy, and increased the penalties for any kind raise his or her voice on the subject. was the tremendous power and sweep of his of protest. One problem with political art is, of draughtsmanship, which had obvious affin- In 1960, there was a major protest, course, that it tends to become dated when ities with the work of the great generation when a large group of blacks in Sharpe- the immediate occasion has passed, though of Expressionist painters who flourished in ville refused to carry the passes required by there are some exceptions to this rule. Dresden before . law. From this time onwards, the struggle Goya’s ‘Disasters of War’ series and Picas- Burwitz’s early work is not purely Ex- against apartheid intensified – an intensi- so’s ‘Guernica’ are two examples that come pressionist, however, it also has a Surrealist fication marked by increasingly draconian to mind. Another example, in some ways quality. is is visible in one of his earliest reprisals on the part of the Afrikaner gov- even more telling, is Jacques-Louis David’s major achievements as a graphic artist, the ernment. In 1962, Nelson Mandela was ar- ‘Marat Assassinated’, now in the Musée des ‘Locust Variations’ portfolio of 1966, based rested and sentenced to five years in jail. In Beaux-Arts in Brussels. It is telling not least on a set of 9 original pencil drawings. is 1963, after another trial, he was sentenced because the political premise – that Marat set of lithographs expresses both his love of to life imprisonment. was a good and worthy man – is in this case African nature, but also his sense of nature’s Events of this sort could not pass a man somewhat dubious. It nevertheless remains cruelty and his perception of the extreme of Burwitz’s temperament by. He gradual- one of the most celebrated and influential quality of African life. ly evolved a new form of protest art, more of all political paintings. ese works tend His marriage to Marina Schwezova in fully represented in his graphic work than to survive for two reasons. One is, quite 1965 marked the beginning of an excep- in his paintings. Interestingly enough these obviously, an exceptional degree of artistic tionally close and happy relationship, and prints represented a complete shift of tech- skill, and great originality in the use of silk- Marina’s pregnancy, and the birth of their nique – into silkscreen, which he employed screen and of photographic processes. e elder son Vadim, directed his attention to with consummate skill, and into the use of other is real depth of feeling. Works like another range of subject-matter – the mys- photographic imagery. e prints focussed the ‘Tidal Zone’ series are filled with iro- teries of the human organism. ere are on the absurdities of apartheid – especially ny, and a degree of black humour. ey are some exceptionally beautiful and touch- on its niggling pedantry concerning racial also inspired by real outrage – outrage at ing notebook drawings from this time that matters – as much as they did on its cru- pettiness, as well as at cruelty. Yet there is deal with a theme which has seldom been elty. Often Burwitz used an intricate layer- another aspect to them as well. e 1960s tackled in Western art – the processes of ing process to make his point. is is a con- and 1970s, partly under the influence of human birth. ese were made when Bur- spicuous feature of the ‘Tidal Zone’ series, American Pop Art, saw a huge expansion witz was in London on an 18-month schol- a set of nine prints made with Advanced in the use of silk-screen for artistic purpos- arship awarded for travel in Europe. ese Graphics in London, but at a time when es. Nevertheless, relatively few artists were drawings have a freshness and spontaneity Burwitz was still resident in South Africa. able to penetrate its true nature as a proc- which indicate that Burwitz is that very rare During his years in South Africa, Bur- ess, and use it in an original way, produc- thing – a completely natural draughtsman, witz was very much involved with the the- ing images that could find expression in no someone to whom the processes of drawing atre, and the ‘Tidal Zone’ series can be read other way. Andy Warhol was one of these. are as natural as breathing. Draughtsmen of this quality are, as the history of art demon- Namibia: Kopf oder Zahl I und II, 84 x 71 cm, 1979 strates, much rarer than artists who are sim- ply good painters. e brilliance of Burwitz’s draughtsman- ship is also demonstrated in the portraits of friends – fellow artists, writers and musi- cians, which Burwitz has made throughout his career. In these portraits, drawn and painted, he resembles, not the Dresden- based artists of Die Brücke, but the great Austrian Secessionist . Burwitz could not, however, remain ab- sorbed in purely private themes. During his period in South Africa, there were other as- pects of local life that increasingly impinged 20 21

Burwitz’s time in Mallorca has been marked by an increasing identification with the Mallorcan community and with Span- ish and Mallorcan culture. He has, for ex- ample, made a small portfolio of prints de- voted to the largely disastrous few months spent in Valldemossa by the French novelist George Sand and her then lover, the com- poser Frédéric Chopin during the winter of 1839 – 40. e text is by Robert Graves, the great British poet who lived for many years in neighbouring Deya. For Burwitz, Graves and the Catalan-born master Joan Miró are Mallorca’s two great hero fig- ures. His friendship with the Miró family has been a lodestar of his life on the island. ere is also a portfolio devoted to the ‘In- Trompe-l’oeil/Turning Point I und II, 84 x 71 cm, 1981 visible Miró’, with twenty prints illustrating Burwitz, going in a very different direction, ise dissidents and encourage black political texts provided by twenty of Miró’s friends. was another. solidarity. One leading figure who seemed One of the most impressive products of By the mid 1970s, Burwitz’s situation to encourage the practice was Nelson Man- these years has, however, been an ongoing was extremely ambiguous. He was now a dela’s wife, Winnie. Here the print is once series of watercolour drawings entitled ‘Ter- celebrated figure in South African culture. again very ingenious technically, since it is races for Marina’. ese, all in the same for- In 1975 he was invited to teach at Wits Uni- printed on two layers of paper, with part of mat, are based on the form of the terraces versity, where he himself had been trained, the centre torn away and scorched to reveal at Valldemossa, and are provided with long and which was one of the few moderately a melting symbol below the lifesize frot- inscriptions in a choice of four languag- liberal institutions in the country. His sec- tage of a Firestone tire, – with the inscrip- es – German, English, Spanish and Mal- ond son, and third child, was born that year tion IN SUID AFRIKA VERVAARDIG, lorcan – all commonly spoken in the Bur- in Johannesburg. At the same time, he was MADE IN SOUTH AFRICA. witz household. e images illustrate his increasingly aware that his position was in- ere is also a small series of prints – love for the town itself, and for surround- creasingly untenable, both politically and very large images on folded paper – which ing nature. ey also offer a commentary personally. show the confronted profiles of the Man- on larger events. One drawing, for exam- In 1976, he made the decision to move delas, husband and wife, and comment on ple, was inspired by the events of 11th Sep- again – this time to the idyllic mountain vil- their deteriorating relationship after Man- tember 2001, and is one of the very few vi- lage of Valldemossa, on the Spanish island dela was set free at long last. e image, a able works of art that I know of that have of Mallorca. e move did not stifle the po- nose-kiss, based on the couple’s wedding been inspired by that terrible event. litical concerns that were now so much part photograph, was originally painted on a I love these drawings, not simply for of his artistic personality. He continued to bed sheet during a visit to the Settler’s Inn at their seamless combination of words and make brilliantly original screen prints, of- Grahamstown, South Africa, before Man- images, which reminds me in some curi- ten with political themes. e double-sided dela’s release from prison in February 1990. ous way, though there is no resemblance of print ‘Namibia: Heads or Tails? I’, still for What Burwitz did with it subsequently il- style, of the great English poet-painter Wil- many people Burwitzt’s signature image, lustrates his artistic subtlety, and his abili- liam Blake, but because they are completely was not made until 1979. e idea is both ty to imply things without stating them. It unpretentious. ey are the product of a extremely simple and extremely effective – also demonstrates his ability to absorb un- man using his gift – or in this case gifts in the print is double-sided, and shows the welcome facts – a gift not given to most art- the plural might be more appropriate, since two sides of the same warning sign – one ists who meddle in politics. both words and images are involved, to get tells the spectator he is entering a prohibit- Some prints show Burwitz looking at on terms with the world that surrounds ed area. e other is blank, like a desolate the situation in Europe, and in particular him, to absorb it and make something of desert landscape. And both sides are riddled at the division of Germany. e double- it. with bullet holes. sided print ‘Trompe l’Oeil/Turning Point’ Meanwhile, Burwitz, with incredible Other prints make uneasy comments on (1981) shows a figure standing in front of energy, is continually involving himself how matters were going in South Africa. An the Brandenburg Gate in Berlin. On one in new enterprises. He has now become a example is ‘Ignis Fatuus’, which dates from side, he faces us, like a tourist having his major artistic figure in the field of stained 1987.is refers to the black township cus- picture taken. On the other side, his back is glass – a field which his admired mentor tom of ‘necklacing’ – a particularly horri- to us, and we see him, much diminished, in Miró ventured into once or twice, but on- ble method of killing a suspected informer, a traffic mirror, with the words ‘Im Wende- ly rather tentatively. Stained glass is essen- or sometimes a suspected witch, by wiring bereich’ – ‘Turning Point Zone’ on a sign tially about a passion for light, and skill in the victim’s hands behind his back, putting beneath it. A reflection in the mirror, in the the control of light. One can see why that a gasoline-soaked tire around his neck, and form of a large X, seems to bar his progress. might appeal to a man of his temperament. then igniting it. In the run-up to the collapse At the time when the print was made, the Illuminating things – places, persons, hu- of the apartheid regime, this punishment gate stood in no man’s land on the eastern man psychology and political and social was increasingly used by members of the side of the wall, visible but inaccessible to situations – has, after all, been the theme ANC [African National Congress] to terror- the inhabitants of West Berlin. of his whole life as a maker of art. 22 23

Leuchtender Pfad in Wolfenbüttel Andreas Horlitz: Palimpsest Helwig Schmidt-Glintzer

Was ein Palimpsest ist, kann man an vie- Vom 21. September 2002 bis zum – Fa. CONSTRUCT, München, für die len Orten erleben, wo radiert und über- 22. Februar 2003 wird hier in der Halle Herstellung der Leuchteinsätze und die schrieben wurde. In der Etymologiae des des Zeughauses am Schlossplatz in Wolfen- Montage in der Herzog August Biblio- Isidor von Sevilla, die derzeit in der Augu- büttel eine Reihe von Tischvitrinen gezeigt, thek. steerhalle zu besichtigen ist, finden wir aus wobei Leuchtkästen, Diatransparente und dem Ende des 5. Jahrhunderts als ein Pa- teilverspiegelte Gläser in einem Leuchten- Besonders danke ich Herrn Dr. Stephan limpsest eine gothische Bibelübersetzung den Pfad zu komplexen Bildobjekten ver- Trescher aus Münster, der sich bereit erklärt des Bischofs Ulfila (um 311 – 382/3), die dichtet werden. Dabei kommen neben den hat, in diese Ausstellung und in das Werk der Braunschweiger Abt Franz Anton Knit- alten Texten aus der Bibliothek Bilder aus von Andreas Horlitz einzuführen. tel im Jahre 1755 endeckte. Ja, eigentlich der genetischen Forschung, der Chronobi- Gerne hätte ich auch Herrn Rothenber- ist die Bedeutung dieser Codices rescrip- ologie, der Hirnforschung hinzu. ger und Frau Gudrun Wojke vom Verlag ti seit dieser Zeit erst so recht deutlich ge- Ich danke an dieser Stelle allen, die für moderne Kunst Nürnberg begrüßt, die worden. zur Realisierung dieser Ausstellung bei- das geplante Werkbuch zu Andreas Horlitz Im weiteren Sinne gilt die Charakteri- getragen haben. Da ist zunächst Andreas herausgeben wollen. Sie sind leider verhin- stik für das Palimpsest auch für unser Ge- Horlitz selbst zu nennen, dann Dr. Ma- dert und grüßen aus Nürnberg. dächtnis, das durch “Überschreiben” funk- nuel Lichtwitz, Herr Oswald Schönberg, Im Gegensatz zum Kunstprojekt Pa- tioniert. Erinnerung trägt die Signatur des die Zentralen Dienste unter Herrn Tors- limpsest sind Palimpseste keine Kunst- Lesbarmachens von fast Vergessenem. Dar- ten Gottsmann, Herrn Heinrich Grau aus werke, sondern aus der Notwendigkeit, auf in einer Bibliothek hinzuweisen, liegt unserer Restaurierwerkstatt und andere aus aus Materialmangel oder wegen Kostbar- nahe, und die Nähe der Arbeiten von An- der Herzog August Bibliothek, insbesonde- keit des Materials entstandene Überschrei- dreas Horlitz zur Bibliothek sind ebenfalls re Dr. Dietrich Parlitz, der die Computer- bungen. Und ebenso sind auch die Über- unübersehbar. Nur hat der Künstler Hor- installation betreut. schreibungen in unseren Hirnen, die Syn- litz nicht nur Texte überschrieben, sondern Zu danken habe ich auch den Firmen, apsenverbindungen nichts als der übliche einerseits neue Medien einbezogen: die Fo- welche die Ausstellung gefördert haben, hirnphysiologsiche Apparatismus des Men- tographie, Glasätzungen, und er hat in der den Sponsoren also: schen. Daher auch ähneln ja Palimpseste Herstellung der Konfiguration nicht nur in gewisser Weise unserem Gedächtnis und – Fa. ACROM, München, für Fotolabor, den Griffel, sondern auch den Computer den Vergessensfunktionen. Daran ist nichts Erstellung der Cibachrome-Transparente mit der Zerlegung von allem und jedem Neues. und die gesamte digitale Bildbearbeitung; in binäre Codes eingesetzt. Horlitz schöpft Neu aber ist, jedenfalls für mich, daß wir aus dem multimedialen Alltag und schiebt – GLASMALEREI PETERS Paderborn uns in einer Phase der Kunst und in einer Materialien aus Archiven und Zeugnisse al- und Berlin für die Fertigung der – nach Phase der Zivilisationsveränderung befin- ter Schriftkultur über die Diatransparente. Motiven – teilverspiegelten Gläser. den, in der dem Bild inzwischen mehr Be- deutung und in gewisser Weise auch mehr Ausstellung in der Halle des Zeughauses vom 21. September 2002 bis 22. Februar 2003. Foto: An- Realität zukommt als dem realen Gegen- dreas Horlitz stand. Ja, es geht so weit, dass wir auf dem Bildschirm die Genomsequenzen beeinflus- sen und so Menschen konditionieren und klonen können, so dass sich das Verhältnis von Körper und Abbild, von Realität und Schein umgekehrt zu haben scheint. Hans Belting hat im Sommer diesen Jahres in seiner Felix Burda Memorial Lec- ture unter der Überschrift “Echte Bilder und falsche Körper” diesen Zusammen- hang thematisiert. Die Digitaltechnik hat jedes Bild in einer Weise manipulierbar ge- macht, und letztlich alles, was wir abbilden können, wird in der Abbildung zu neu- er Realität, während die reale Vorlage nur noch Träger des Scheins ist. Hans Belting hat hier den Gegensatz von Natur und Kultur beschworen und darauf hingewiesen, dass schon in der traditionel- len Kunstreflexion der Körper des Künstlers ambivalent bleibt, ist er Objekt oder ist er 22 23

oder in den Seminarraum gehen, an die Fälschungsanfälligkeit, an das dauernde Überschriebenwerden von Aufzeichnun- gen erinnern, im positiven wie im angster- regenden Sinne. Fälschung und Schöpfung stehen nahe beeinander und sind nicht aus sich selbst heraus zu definieren. Etwas ist Fälschung oder Neuschöpfung immer nur vor dem Hintergrund von Intentionalität und Erwartung. Kunst ist weder das eine noch das an- dere, ist weder Fälschung noch Neuschöp- fung, ist auch nicht Abbild und auch nicht Realität, sondern ist nichts als die Erkun- dung der Möglichkeit. Einen solchen Erkun- dungspfad hat uns Andreas Horlitz gebaut, durch die Achse des Zeughauses der Herzog August Bibliothek. Dafür danken wir ihm und wünschen diesem Pfad, diesem Leuch- tenden Pfad in Wolfenbüttel viel Ausstrah- lung. Detail. Foto: Andreas Horlitz

Subjekt? Wichtig ist neuerdings aber nun das dazugehörige Unbehagen ein – das dies Das Medium im die Veränderung im Material selber, die doch auch ein Akt der Fälschung sei oder durch die digitale Fotographie ermöglicht zumindest doch ein Akt des Verlustes. Medium im Medium wird. Und auf der Ebene der Anthropolo- Mit den Verlusten können wir uns viel- gie und der medizinischen Wissenschaf- leicht abfinden, wenn wir sie nur registrie- ten scheint sich das Bild vom Menschen ren! Denn wir wissen alle von den Verlus- Zum Abschluß der Ausstellung “Andreas immer mehr seinen eigenen Vorstellungs- ten kognitiver Zustände, – der Blick unse- Horlitz · Palimpsest”, die bis 22. Februar welten anzugleichen, so dass es scheint, die rer Kindheit beispielsweise ist uns schnell 2003 in der Zeughaushalle zu sehen ist, hält Doppelhelix Erbgut werde die Chancen des verstellt und nie wieder zu erlangen. Professor Klaus Honnef, Bonn, am Freitag, Menschen drastisch entscheiden. Aber die Fälschungen machen uns wirk- den 21. Februar 2003, um 17 Uhr in der Die Kunst aber ist weder Wirklichkeit lich zu schaffen. Altes Pergament und neue Halle des Zeughauses einen Vortrag über noch Abbild derselben. Sie ist etwas Drit- Tinte, wie auf der Vinland-Karte, die an- “Andreas Horlitz: Das Medium im Medi- tes. Man nenne es Utopie oder Illusion geblich während eines Konzils in Basel um im Medium”. oder Gegenentwurf oder Überzeichnung zwischen 1431 und 1449 gezeichnet wor- Vieles spricht dafür, dass die ese des oder sonstwie. Jedenfalls sind die turns, die den sein soll. Weil sie zu jener Zeit die frü- kanadischen Medienforschers Herbert neuen Wendungen im Selbstbild des Men- her bereits von den Wikingern angesteu- Marshall McLuhan zutrifft, Gegenstand schen aufgrund seiner neuen Handlungs- erte Insel Vinland an der Stelle des heuti- des jeweils neuen Mediums sei das jeweils und Wirkungsmöglichkeiten, noch unbe- gen Neufundland verzeichnet, wäre sie vor alte. Im Fernsehen steckt der Film, im Film wertet, und die Kunst mit ihren kommuni- Kolumbus zu datieren. Das Pergament ist die Fotografie, in der Fotografie der Buch- kativen Fähigkeiten mag neue Perspektiven alt, nach neuesten wissenschaftlichen Me- druck... Andreas Horlitz, Künstler und aus- und Diskurse eröffnen. thoden datiert auf das Jahr 1434 (+/-11). gebildeter Fotograf, macht in seinem Werk Wenn wir die graphische Darstellung Doch die Tinte datiert, wie die Zeitschrift sichtbar, was McLuhan behauptet hat, aber der Doppelhelix betrachten, fragen wir, Analytical Chemistry berichtet, aus der Zeit nicht in chronologischer Folge, sondern als wie der diesjährige Internationale Jahres- nach 1923. Dies legt den Schluß nahe, daß Phänomen des Gleichzeitigen. So erwei- kongress des Wissenschaftszentrum Nord- die Vinland-Karte, deren Wert auf mehr als sen sich seine Bild-Illustrationen beinahe rhein-Westfalen in Hagen, ausgerichtet zwanzig Millionen Doller geschätzt wird, zwangsläufig als Palimpseste, als Überlage- vom Kulturwissenschaftlichen Institut Es- nicht viel älter als fünfzig Jahre ist.1 Stünde rungen von Schichten. sen, ob der Mensch nicht ein Auslaufmo- da auf dem Pergament doch mehr aus dem dell sei, An Outdated Model?, wie der Titel 15. Jahrhundert, hätten wir doch wenigs- dieses Kongresses fragt. Wir fragen zugleich tens ein Palimpsest! nach Phantasien über den Neuen Men- Die Ausstellung Andreas Horlitz: Palim- schen. – Epochenwende: Ein Mensch nach psest wird nun in den folgenden Wochen unserem Bilde, ein korrigierter Mensch? und Monaten diejenigen, die in den Le- Das Ausradieren und Überschreiben von sesaal und in die Freihandbibliothek, zu Texten ist zugleich die Signatur von Kor- den Terminals und den Auskunftsplätzen rektur, von Verbesserung und entspricht damit dem bisherigen Konzept von Fort- schritt, Verbesserung und Entwicklung. – 1 Siehe Bericht in FAZ, Feuilleton, vom 1. Au- Und zugleich wissen wir – und es stellt sich gust 2002, Nr. 176, S. 34. 24 25

Das Buch als Bild: Picasso ‘illustriert’ Zur Eröffnung Helwig Schmidt-Glintzer Die Ausstellung zeigt buchillustrative Ar- spanischen Lesedrama “La Celestina” bele- beiten Pablo Picassos (1881 – 1973) und gen, in dessen Mittelpunkt eine alte Kupp- vereint die umfangreichen Bestände der lerin steht. In einem Bericht zur Picasso Ausstellung in Herzog August Bibliothek mit Werken aus der “National Gallery of Art” im Sommer dem Graphikmuseum Mün- 1997 in Washington lesen wir: ster. Die Präsentation bietet einen reprä- AUSSTELLUNGSORTE “zu fast jedem Zeitpunkt ist irgendwo auf sentativen Querschnitt durch rund vierzig der Welt eine Picasso-Schau zu sehen, die Jahre seines Schaffens. Picasso war zeitle- Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom Publikum überrannt wird.” – Nun bens eng mit einer Vielzahl von Schriftstel- Kornspeicher, Schloßplatz handelt es sich bei der heute zu eröffnen- lern befreundet. Bereits der junge Künst- 38304 Wolfenbüttel den Ausstellung hoffentlich um eine, die ler suchte nach seiner Niederlassung in Pa- 14. September bis 24. November 2002 vom Publikum überrannt wird, aber sie ris im Jahre 1904 den Kontakt zu Literaten Informationszentrum ist sicher – im Gegensatz zu vielen Picas- wie , Max Jacob, Schloßplatz 2 so-Ausstellungen – etwas besonderes in ih- Paul Eluard und Jean Cocteau. Der Kreis Tel.: 05331 / 808214 rer Art, weil sie eben jenen Teil des Werkes dieser Dichter um Picasso wurde auch als Kornspeicher: 05331 / 808350 dieses Künstlers zeigt, der sich in Büchern “Picasso-Bande” bezeichnet. Mit den mei- Fax: 05331 / 808248 und daher weniger leicht in Kunstausstel- sten verband ihn eine lebenslange Freund- e-mail: [email protected] lungen findet. schaft. Internet: //www.hab.de Zu dieser Ausstellung: Das Buch als Vor dem Hintergrund dieser engen Ver- Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 – 17 Uhr Bild – Picasso ‘illustriert’ kann ich leider bindungen zu einer Vielzahl von Literaten nicht Herrn Dr. Markus Müller, Leiter des Kunstsammlung der entstanden zahlreiche Graphiken Picassos Graphikmuseums Pablo Picasso Münster, Georg-August-Universität Göttingen als Buchbeigaben oder regelrechte Illustra- begrüßen, der wegen einer unaufschieb- tionen. Insbesondere in den dreißiger Jah- Auditorium, Weender Landstr. 2 baren Angelegenheit verhindert ist. Um so ren schuf Picasso zahlreiche buchillustrati- 37073 Göttingen mehr freue ich mich, Herrn Prof. Dr. Car- ve Werke wie beispielsweise die Radierun- 12. Januar bis 23. Februar 2003 sten-Peter Warncke, Göttingen, begrüßen gen für das “Unbekannte Meisterwerk” Tel.: 0551 /395093 zu können. Beide, Herr Warncke und Herr von Honoré de Balzac oder die Illustratio- Fax: 0551 / 392069 Müller, repräsentieren zugleich diejenigen nen für die Lysistrata-Komödie des Aristo- e-mail: [email protected] Einrichtungen, wo diese Ausstellung auch phanes. In den seltensten Fällen jedoch il- Internet: //www.uni-goettingen.de noch gezeigt werden wird. lustrierte Picasso einen vorgegebenen Text. Öffnungszeiten: Di. bis So. 11 – 17 Uhr Mit besonderer Dankbarkeit begrü- Vielmehr bilden seine Graphiken eine Art ße ich Frau Dr. Sabine Schormann, Ge- “Begleitmusik” (Horodisch) zu den Tex- Graphikmuseum Pablo Picasso Münster schäftsführerin der Niedersächsischen ten. Königsstraße 5 Sparkassenstiftung und zugleich die Stif- Picasso war selbst auch schriftstellerisch 48143 Münster tung NORD/LB · Öffentliche vertretend, tätig, wie seine “Poèmes et lithographies”- 7. März bis 23. Mai 2003 ohne deren Förderung das Projekt nicht Folge belegt, für die er surrealistische, bild- Tel.: 0251 / 414470 möglich gewesen wäre. reiche Gedichte und entsprechende Litho- Fax: 0251 / 4144777 Dichtende Maler, vor allem aber malen- graphien schuf. Picasso selbst hat diesbe- e-mail: [email protected] de Dichter hat es eigentlich immer schon züglich einmal ausgeführt: “Im Grunde Internet: //www.graphikmuseum-picasso- gegeben, wenn auch die Nachwelt zumeist genommen bin ich ein Dichter, der auf die muenster.de nur eine Seite solcher Mehrfachbegabun- schiefe Bahn gekommen ist!” Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 – 18 Uhr gen zur Kenntnis zu nehmen pflegte. Auch Das Medium Buch übte auch auf den Pablo Picasso dichtete und steht damit in späten Picasso eine ungebrochene Faszina- Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: einer langen Tradition. Doch die heute zu tion aus, wie seine Illustrationen zu dem Das Buch als Bild: Picasso ‘illustriert’. eröffnende Ausstellung zeigt jenen Teil des Jean Cocteau, Picasso de 1916 à 1961, Paris 1962, s. neue Veröffentlichungen S. 70 bildnerischen Werkes dieses Künstlers, der in Büchern neben Texte anderer gestellt wurde. Bei näherer Betrachtung wird bald klar, dass Picasso nicht einfach die Texte il- lustrierte, sondern ihnen etwas eigenes ent- gegensetzte. Diese Komplementarität geht dann gelegentlich so weit, daß sich die Ver- hältnisse verkehren und es zu einer Subor- dination des Textes unter die Form der Bil- der kommt. Die Texte werden zur Illustra- tion der Bilder. Daher ist die Ausstellung auch unter den Titel “Das Buch als Bild” gestellt worden. Unübersehbar steht Picasso mit sei- ner Attitüde gegenüber den Texten in der 24 25

den Künstler, der mit seinem Schaffen wie wohl kein anderer für das 20. Jahrhundert steht, in einem neuen Licht erscheinen und erweitert die Einsicht in die geistig-künstle- rischen Prozesse jener vergangenen Zeit, die wir als “Moderne” zu bezeichnen uns ange- wöhnt haben, in der Texte ohne Zweifel viel präsenter waren als heute und Werke wie Ovids Metamorphosen lange vor den Bil- dern wirkten und im Bewusstsein lebten, auch wenn Picasso für seine Kunst dann den Vorrang beanspruchte. Auch wenn die 39 der in der Herzog August Bibliothek befindlichen buchillu- strativen Werke Picassos in der mit dem et- was unscharfen Begriff des “Malerbuchs” bezeichneten Sammlung des Hauses auf- bewahrt werden, so bilden sie doch ei- nen besonderen Bestand, dessen Eigenart hier nun näher ins Blickfeld gerückt wird. Wie wichtig Picasso der Umgang mit Tex- ten war, wird auch daran deutlich, dass sein Werkverzeichnis 156 von ihm illustrierter Bücher aufzählt. Besonders dankbar bin ich, dass es durch die Zusammenarbeit mit dem Graphik Museum Picasso Mün- ster und seinem Leiter Markus Müller ge- lungen ist, die Bücher Picassos der Herzog August Bibliothek in einen Kontext mit an- deren seiner Werke und zusätzlichen erläu- ternden Exponaten zu stellen. Bei der Vor- bereitung der Ausstellung war eine früher Picasso bei der Arbeit an Platte 3 der Tauromaquia, 1957. Foto: David Douglas Duncan von Frau Dr. Viola Düwert vorgenommene Verzeichnung der Werke Picassos hilfreich. Ohne die Sachkenntnis aber von Carsten- Peter Warncke, Valérie-Anne Sircoulomb- Müller und Markus Müller hätte das gan- ze ema nicht ausgeschritten werden und die Ausstellung nicht zustande kommen können. Herrn Oswald Schönberg danke ich für den Katalog und die ganze Ausstel- lungsvorbereitung, Tina Tecklenborg und Frau Almut Corbach aus der Restaurier- werkstatt sowie den Zentralen Diensten für die Präsentation der Werke. Besonde- rer Dank gilt der Stiftung Nord-LB · Öf- fentliche und der Niedersächsischen Spar- kassenstiftung, ohne deren großzügige fi- nanzielle Unterstützung diese Ausstellung nicht hätte verwirklicht werden können. Besonders danke ich dem Leihgeber eines Druckstocks Picassos, Herrn Emmanuel von Baeyer, London. Natürlich steht diese Ausstellung in ei- ner langen Reihe von Ausstellungen aus dem Bestand der Maler- und Künstlerbü- frühen Phase einer Entwicklung, in de- sich verkehrt zu haben scheinen, so wird cher der Herzog August Bibliothek, zuletzt ren Fortsetzung wir uns heute noch befin- der Text, der lange im Mittelpunkt gestan- die Ausstellung zu Tériade im letzten Jahr, den und in der dem Bild offensichtlich ei- den hat und als Vehikel der Wahrheit galt, aber auch durch kleinere Ausstellungen der ne neue Rolle zukommt. Das Bild ist ja vom verfügbar, während sich das Bild absolut Arbeiten von Ken Campbell oder der so Abbild zum Eigentlichen geworden, und so setzt. Das hat Folgen. Die spezifische Dia- überaus inspirierenden Papierarbeiten von wie das Verhältnis und die Interaktion von lektik von Text und Bild in den von Picas- John Gérard. Bild und Körper, von Ikonik und Somatik, so illustrierten Büchern lässt diesen bilden- 26 27

“Dort, wo die Grenzen enden...” – Künstlerbücher von Helga Schröder in der Herzog August Bibliothek

Die Herzog August Bibliothek zeigte vom völkere die Nacht mit Sternen, mit Wor- nung mit außereuropäischen Kulturen so- 18. Januar bis 2. März 2003 im Maler- ten, mit dem Atem eines fernen Wassers, wie die besonderen Qualitäten ganz unter- buchkabinett der Bibliotheca Augusta ei- das mich erwartet, wo die Frühe beginnt” – schiedlicher Papiere und Techniken bestim- ne Ausstellung mit Farbradierungen und dies Wort von Octavio Paz verweist auf die men das Werk der Künstlerin. Künstlerbüchern von Helga Schröder. große Spannweite und den hohen An- Zur Eröffnung der Ausstellung am Frei- Nach Studien- und Arbeitsaufenthalten im spruch von Werk und Kunst Helga Schrö- tag, den 17. Januar 2003, um 17 Uhr in Mittelmeerraum, Japan und Australien lebt ders. Schrift und Papier, uralte Zeugnis- der Augusteerhalle der Bibliotheca Augu- die 1933 geborene Künstlerin in . se menschlicher Kultur, stehen im Mittel- sta sprach der in Braunschweig lebende “Dort, wo die Grenzen enden, die We- punkt der Arbeiten von Helga Schröder. Schriftsteller und Lyriker Georg Oswald ge sich verwischen. Wo das Schweigen an- Die eigene Handschrift, die Suche nach Cott. fängt. Dort dringe ich langsam vor und be- Zeugnissen alter Hochkulturen, die Begeg-

Die poetische Anmut von Helga Schröders Malerbüchern Georg Oswald Cott

Bücher sind beseelte Wesen. unersetzliche Buchkunstwerke. Auch Helga auf diesem Gebiet, bei beidem: Schöpfung Sie atmen, haben ein Gesicht, sprechen Schröder denkt und arbeitet in dieser Tradi- und Bearbeitung, verfeinert noch durch uns an, bewahren Vergangenes, erschlie- tion. Bei ihr paart sich die Liebe zur Dich- spezielles Wissen, das Sie erwarb bei Ar- ßen Unbekanntes, sie zaubern neue Wel- tung mit der Liebe zum Buch, zum Buch als beitsaufenthalten im traditionellen Papier- ten. Solange es Bücher gibt, hat ihre Ma- sinnlich wahrnehmbares Objekt. Für sie als macherdorf Echizin – Imadate in Japan. gie die Menschen gefesselt, ihnen Flügel Künstlerin bedeutet das: es werden geistige Papier ist für Helga Schröder nicht ir- wachsen lassen. Kräfte freigesetzt und mit ihnen künstleri- gend ein Gebrauchsartikel wie jenes Mas- Ginge das Buch verloren – eine Frage, sche Prozesse. Als Wünschelrutengängerin senprodukt aus den Fabriken, einge- die sich angesichts elektronischer Daten- zu den Quellen der Poesie findet sie An- schweißt in Großgebinden: uniform, oh- flut nicht nur theoretisch stellt – ginge das regungen in den Märchen der Aborigines ne Eigenleben, gleichermaßen verwendbar Buch verloren, womöglich abgestürzt, ver- ebenso wie in den Liedern Heinrich Hei- für den Computer-Drucker, zum Kopieren schollen in den Schwarzen Löchern virtu- nes, den Kassandra-Texten Christa Wolfs oder zum Beschriften mit dem Kugelschrei- eller Netze, geschähe, was in der belebten oder den Gedichten von Ingeborg Bach- ber. Sie nutzt für ihre Malerbücher den äs- Natur vor sich geht: dort, wo die Brennes- mann. thetischen Reiz des Urpapiers und dessen sel ausgerottet wird, sterben mit ihr sieben Nach einem grundlegenden Studium Wandlungsfähigkeit. Ein Rohstoff, der ge- Schmetterlingsarten. an der Staatlichen Akademie der Künste in faltet, geknautscht, gerissen, geklebt, gehef- Bibliotheken wissen das, sie sind die Le- Berlin hat Helga Schröder in ihrem Künst- tet oder verformt werden kann, der äthe- bensorte der Bücher. lerinnenleben ihr Wissen auf den Gebieten risch ist, transparent oder auch dicht, dabei Das Malerbuchkabinett der Herzog der Lithographie, der Radierung und der immer unverwechselbar Papier bleibt! Das August Bibliothek ist ein solcher Ort, Malerei ständig erweitert und ihre Technik gilt für die handgeschöpften und gegosse- ein Schatzhaus des schönen Buches. Wo- präzisiert. Studien und Arbeitsaufenthalte nen Papiere, das gilt für die Japan-, China- bei das Attribut “schön” nicht als Gold- in Ägypten, Japan, Australien sowie den und Seidenpapiere und ebenso für den Pa- rand oder Schweinslederdeckel zu verste- Stätten der Megalithenzeit und des Klas- pyrus. Viele der hier versammelten Werke, hen ist, als Luxus-Prachtausgabe bibliophil sischen Altertums brachten Helga Schrö- die im Schuber, in der Kassette, als Tafeln, geschminkter Folianten. Die hier versam- der in Berührung mit fremden Kulturen als Leporello, in aufklappbaren Hüllen da- melten Bücher sind einmalig, unverwech- und schufen bei ihr Weltoffenheit für an- her kommen, viele dieser Werke entstanden selbar – eben Unikate. Ihre Größe wächst deres Denken. So entfaltete sich ihre Kunst an fernen Orten – oft dort, wo die Dich- aus dem Vermögen des Malerbuches, ein aus der Begabung, die nur geweckt werden ter lebten oder verbannt waren. Die Ma- neues Fenster zur Literatur zu öffnen: durch mußte – vergleichbar einer blühenden Ka- lerbücher sind mit jenen Stätten verbun- die Symbiose zwischen Malerei und Dich- stanie, in deren Knospen, bevor sie sich in den: wie das Buch “eben” nach Albert tung wird eine zusätzliche Imagination ge- der Sonne entrollen, als Mikrobauplan be- Champdors “Das Ägyptische Totenbuch” schaffen – bisher Verborgenes wird sicht- reits alles vorhanden ist, was Blatt und Blü- mit Zeichnungen und Collagen der Ma- bar. te ausmacht. lerin auf Papyrus – einem besonderen Pa- Viele Maler, von Chagall über Braque 1981 begann Helga Schröder handge- pyrus: unbearbeitete, originale Blätter aus bis zu den Heutigen, sind dieser Faszina- schöpftes Papier herzustellen bei Eduardo Ägypten. Oder das Buch “Das Labyrinth tion gefolgt und schufen mit ihren Mitteln Paolozzi. Inzwischen ist sie eine Meisterin der Einsamkeit” nach Octavio Paz mit 26 27

lich in einem Leuchten von Rot, Blau und erdfarbenem Braun mit dieser Poesie ver- schmolzen ist. Meisterhaft handhabt Helga Schröder den Umgang mit Materialien, sei es Acryl, Öl, Aquarell, Farbstift oder Kreide, seien es die Technik der Frottage oder das Über- malen mit der Bildersprache ihrer Hand- schrift. Und im Spektrum der von ihr ge- wählten Farben lockt immer wieder ein be- törendes Blau. Ein Blau, von dem Gottfried Benn in dem hier gezeigten Leporello sagt: “... Nicht umsonst sage ich blau: Es ist das Südwort schlechthin ...”. Ebenso das Blau im Malerbuch “Tsu- gumi” nach Banana Yoshimoto. Tsugu- mi, eine japanische Vogelart, von der es heißt: quirlig und frech, quicklebendig – obendrein zäh und voller Lebenskraft. Dieses Blau begleitet stimmig Yoshimotos Dichtung. Ein Blau, das ohne Pathos aus- kommt, dessen Ton jedoch tänzerisch hei- Helga Schröder, Dort, wo die Grenzen enden, Buch LXI, Fuerteventura 1994 ter stimmt. Das eine oder andere Rätsel der Schrö- dem einmaligen Buchumschlag aus hand- ne illustrierenden Motive. Das sind originä- derschen Malerbücher kann womöglich ge- geschöpftem Pflanzenpapier. re Bilder, die im Zusammenspiel mit dem löst werden vom Betrachter, indem er – ei- Überhaupt das Pflanzenpapier: Was da Text der Dichtung eine zusätzliche Imagi- nem Archäologen gleich – Schicht für wächst, blüht und Früchte trägt an den nation erzeugen. Schicht freilegt und auf diese Weise Tech- Entstehungsorten der Bücher, regt Helga Unter der Nummer 22 der hier gezeig- nik, Material und Farben begreift. Schröder an, wird von ihr einbezogen in die ten Malerbücher findet sich der Titel “Die Der magische Zauber dieser Bücher aber Schöpfung des Papiers: Disteln, Schmielen- Niemandsrose” nach . Zwölf bleibt Geheimnis. gras, Weidenröschensamen oder Reis. Und Blätter mit handgeschöpftem Pflanzenpa- so entsteht ein Pflanzenpapier von sinnli- pier-Einband werden in einer Schutzhülle Helga Schröder, Kyoto II, 100 x 46 cm, 1995/96 chem Reiz, in dessen Adergeflechten und gehütet. Sternförmig aufgeschlagen tritt das erhabenen Oberflächen Körner und Fasern erste Blatt hervor mit dem Gedichtanfang, bewahrt werden, Geschichten erzählen wie der da lautet: Libellenflügel im Bernstein. Das besondere Augenmerk der Künst- “Soviel Gestirne, die man uns hinhält, Ich war, lerin für Papier wächst wohl auch aus dem als ich dich ansah – wann? – Bewußtsein, daß in der elektronischen Welt draußen bei das Buch verstümmelt wird durch die Tren- den anderen Welten ...” nung von Text und Papier. Ein Phänomen, das exemplarisch steht für einen allgemei- Paul Celan sagte in seiner Rede anläßlich nen Verlust von Bezügen und Vertrautem der Verleihung des Georg-Büchner-Prei- in einer zunehmend verwaisten Welt. ses: “... Das Gedicht ist einsam. Es ist ein- Helga Schröder hält dagegen: sam und unterwegs. Das Gedicht will zu ei- Behutsam, sensibel nähert sie sich mit nem Andern, es braucht dieses Andere, es ihren Mitteln auf vielfältige Weise der braucht ein Gegenüber. Es sucht es auf, es Dichtung: Im Malerbuch “Die Fähre” spricht sich ihm zu ...”. nach Ingeborg Bachmann stehen die Texte Helga Schröder folgt den Worten des noch in gedruckter Schrift auf einer Seite Dichters, tritt mit ihrer Malerei ein in ei- für sich – ohne Malerei – einzig beschränkt nen Dialog mit Celans Versen: kraft poeti- auf zwei, drei, vier Zeilen, die dadurch op- scher Anmut malt sie Schriftzeichen und tisch das Symbol der Fähre verkörpern. Ver- Figuren, Symbole und Chiffren, Mäander stärkt durch das Querformat der Blätter so- und Labyrinthe. Es ist nicht die Strenge ei- wie die Anordnung der Zeilen entsteht ein ner euklidischen Geometrie. Es sind Erre- Rhythmus, der sich zubewegt auf die ge- gungskurven, die dem Bewußtsein auf die genüberliegenden Seiten, denen der Male- Sprünge helfen, die dem Betrachter Raum rei: Flächen mit den Farben des Meeres – lassen für eigene Assoziationen. Zugleich ein Grau, Grün, Blau bis Violett – und das geschieht ein Mischungsprozeß von Zeich- lebt mittels Radierung und Zeichnung auf nung, Collage und Farbradierung, der eine Bütten. Da wächst eine Formensprache aus Zeichenwelt erzeugt, die sich auf kongeni- Welle, Gischt und Brandung. Das sind kei- ale Weise Celans Lyrik nähert und schließ- 28 29

Was wird aus dem Wort durch den Ton? – Radio und Hörer: Hineinhören in die Zeit1 Anke Leenings

Wenn man die moderne Zeitgeschich- liche in entsprechender Weise. Worte wur- zu vernehmen, wie in den Bibliotheken ih- te betrachtet, ihre Erforschung bewertet den in den Äther gesprochen und gesun- re Werke entfernt, ins Feuer oder in die Pa- und mit anderen historischen Disziplinen gen – aber sie waren doch nicht Schall und piermühlen geworfen wurden. Bezeich- vergleicht, fällt zweierlei auf: Erstens eine Rauch. Die Vielfalt der Gesellschaft und nend war auch, dass Stefan Zweig im Jah- außerordentliche Fixierung auf das Prinzip Kultur der 1920er Jahre entfaltete sich in re 1933 zwar sein Gedicht “Hymnus an die der Schriftlichkeit als Garantie der Aus- der breiten Vielfalt von Programmen, auch Reise” in deutscher Sprache, jedoch schon sagefähigkeit historischer Zeugnisse, eine schon mit Werbung, aber ohne das heu- nicht mehr über den deutschen Sender, Überbewertung einer Quellengattung, wie tige Schielen auf Marktanteile und Quo- sondern über die Schweizerische Rund- sie sonst in der Geschichtsschreibung nicht ten. Wie sagte doch Bertolt Brecht im Jah- spruchgesellschaft zu den Hörern bringen oder kaum stattgefunden hat. Und das, ob- re 1927 über das Radio: “Die Resultate des konnte; nicht nur im Nachhinein ein Sym- wohl wir uns in einer Situation befinden, Radios sind beschämend, seine Möglich- bol für Abschied und Wegfahrt, was Lite- in der jeder und jede von uns ein Déjà-vu- keiten unbegrenzt. Also ist das Radio ei- ratur und Kultur, Freiheit und Demokratie Erlebnis hat, wenn es um Töne und Bilder ne gute Sache.” Und ebenso unnachahm- widerfuhr. vergangener Zeiten geht und wenn man vor lich ist die Beschreibung, die Albert Ein- Ab dem 30. Januar 1933 hallten in allem bedenkt, dass das 20. Jahrhundert stein als Festredner zur Funkausstellung am Deutschland die Straßen und Plätze von insbesondere ein Jahrhundert der akusti- 22. August 1930 von diesem damals noch markigen Worten und vom Klappern der schen und visuellen Vermittlung, der elek- recht neuen, lebendigen Medium gab. Stiefel wider, wurde insbesondere in den tronischen Massenkommunikation war. Der Rundfunk berichtete frei, beispiels- ersten Jahren des nationalsozialistischen Wie sehr die Ereignisse und Entwick- weise von der Verleihung des Nobelpreises Regimes über den Rundfunk gebrüllt und lungen des letzten Jahrhunderts von nicht- an omas Mann am 10. Dezember 1929; gegrölt, sogar stumpf gedröhnt. In den physischer Kommunikation geprägt wa- im Jahre 1932 (am 11. April) war Bertolt nächsten 12 Jahren drangen nur bestimm- ren, als die Worte zwar in den Äther, aber Brechts “Heilige Johanna der Schlacht- te Inhalte an die Ohren und in die Köpfe, eben nicht in den Wind gesprochen wurden, höfe” mit Fritz Kortner in der Hauptrol- gaben Authentizität vor und bauten gezielt und dies nicht erst seit der Einführung des le und Helene Weigel, Ernst Busch, Peter neue Wirklichkeiten durch Manipulation Rundfunks in Deutschland im Oktober Lorre u. a. ebenso im Rundfunk zu hören und Desinformation auf, die Phantasie 1923, wird an vielen Beispielen aus völ- wie noch 1932 Walter Benjamins Kinder- durch das im Volksempfänger zu hörende lig unterschiedlichen Zeiten deutlich. Der hörspiel “Radau um Kasperl” (am 9. Sep- Unerhörte stimulierend: der Volksempfän- Hörfunk, später auch das Fernsehen, die tember). Paul Hindemiths Oper “Mathis ger hatte die Volksgemeinschaft ebenso historische Überlieferung des Rundfunks der Maler” wurde 1933 im Rundfunk ge- ideologisch zu bilden wie die Volksgenos- und die Überlieferung der Zeitgeschichte sendet, noch – bereits 1934 jedoch mit sen und der Volkswagen. im Rundfunk ist als Reflex politisch-histo- Sendeverbot belegt. Bald aber waren diese Zweifel ließ das Regime an solchen Zie- rischer und kulturgeschichtlicher Entwick- Stimmen, waren die Autoren, nicht mehr len von Anfang an gar nicht aufkommen. lungen anzusehen: Mit den Beständen in den Archiven der Landesrundfunkanstal- Inserat des Telefuncken-Konzerns 1933 (Katalog Rundfunk im Aufbruch. Handbuch des deut- ten und des Deutschen Rundfunkarchivs, zur Ausstellung, S. 31) schen Rundfunks 1934 (Katalog zur Ausstel- einer Stiftung und Gemeinschaftseinrich- lung, S. 31) tung der ARD, lässt sich dies anschaulich dokumentieren. So möchte ich Sie heute, zur Eröffnung einer Ausstellung, die sich erstmals experimentell der Dokumentati- on deutsch-deutscher Nachkriegsgeschich- te an Hand von Rundfunkzeitzeugen zu- wendet, zu einer Zeitreise besonderer Art einladen: hören wir hinein die die Vergan- genheit. Die ersten Sendungen des Radios wur- den in Deutschland ab dem 29. Oktober 1923 vom Berliner Vox-Haus aus über zu- nächst abenteuerlich anmutende Anten- nenanlagen und Empfangsmöglichkeiten ausgestrahlt; die technische Bezeichnung “Detektor” veranschaulicht das Eigentüm-

1 Der Vortrag war mit erläuternden Tonbei- spielen unterlegt. 28 29

und politischen Anspielungen, insbesonde- re auf Winston (“Winnie”) Churchill. Was den Deutschen vorenthalten war, produ- zierte nun entgegen dem allgemeinen Jazz- verbot mitten in Berlin Charlie‘s Orchestra, nämlich jazzige Titel: “Goodie, Goodie”. Charlie and his Orchestra, so der Name der Band, spielte mitten in Berlin Musikti- tel ein, die den deutschen Hörern von der Melodie und dem Originaltext vorenthal- ten wurden, den ausländischen Hörern je- doch vertraut waren, es im Hinblick auf den Text allerdings keinesfalls waren. Und dies, obwohl Eugen Hadamowsky, der Reichs- sendeleiter, schon am 8. März 1933 den Jazz als sog. “Negermusik” aus dem Pro- gramm verbannt hatte. Es ist schon mehr als nur bemerkenswert, dass sich die Nazis des Jazz, der sonst ja verboten war, bedien- ten, um ihn für die Auslandspropaganda zu nutzen. Natürlich war auch dies ein Reflex auf die Gegenseite, die von den Sendeanla- gen der BBC aus nicht nur ab 1942 omas Manns “Reden an die deutschen Hörer”, sondern auch Satiresendungen über Hitler, die “Sendungen des Gefreiten Hirnschal”, Ausstellung im Kornspeicher der Herzog August Bibliothek vom 31. Januar bis 30. April 2003 und die Nazis ausstrahlte. Den Deutschen wurden dabei eigentlich die Ohren zuge- Schon bei der Einführung des ersten Par- Programm, das als raffinierte Unterhaltung halten, weil der Empfang ausländischer teigenossen in ein Intendantenamt, Hein- getarnt war, Leichtigkeit bei der Schwere Sender unter Strafe stand. In Deutschland rich Glasmeier in Köln am 24. April 1933, der tatsächlichen Situation inszenierte und selbst stand der Rundfunk deutlich im Zei- erklärte Joseph Goebbels sein unmissver- das in den Kriegsjahren ebenso wie eine bei- chen des Krieges, Informationen waren im ständliches Ziel: “zu hämmern und zu spiellose Filmproduktion vom Eigentlichen wesentlichen zu Desinformationen gewor- meißeln und zu feilen, bis die Menschen ablenken und zum Durchhalten anhalten den, wenn die Sprecher am Radio pathe- uns verfallen sind!”. sollte. Ja, Hitler selbst hatte 1941 angeord- tisch von gar nicht erfolgten Siegen an der So verflüchtigte sich bald der lebendi- net, für den deutschen Auslandsrundfunk Front XY berichteten oder wenn, wie am ge Geist der frühen Zeit. Die Gleichschal- nach England nicht mehr schwere deut- Heiligabend des Jahres 1942, Ehefrauen tung bedeutete nicht nur die Ausrichtung sche Marschmusik, sondern englische Mu- und Kinder einer Weihnachtsringsendung des Rundfunks auf den “deutschen Geist”, siktitel zu senden, freilich mit neuen Texten mit (vermeintlichen) Übertragungen von wie der Reichssendeleiter Hadamovsky diversen Kampfplätzen der Wehrmacht an 1933 meinte. Sie bedeutete vor allem die verschiedenen Ecken der Welt lauschten. Metamorphose zu Zensur, Verfolgung und Deutsche Hörer! 55 Radiosendungen nach Eine globale Inszenierung, die in Wirk- Vernichtung auf breiter Linie. Die Liste des Deutschland von omas Mann. Stockholm lichkeit in den Studios in der Masurenallee 1945 (Katalog zur Ausstellung S. 41) schädlichen und unerwünschten Schrift- in Berlin zusammengestellt wurde. Nicht tums von 1935 wurde nicht nur ein In- Fiktion, sondern Betrug wurde in der emo- dex für Bücher, sondern ebenso für Rund- tionalen Stimmung des Heiligen Abends funk, eater, Film, auch für die Unterhal- erzeugt, wurde mit Hilfe von künstlichen tung. Bald verboten die Nazis die Auftritte Hall- und Geräuscheffekten Ferne vorge- der Comedian Harmonists im Jahre 1935 – täuscht, wo die Betrüger in der Nähe sa- und ahmten sie gleichzeitig zynisch mit den ßen, technisch gesehen damals durchaus ei- Drei Rulands nach, einem Gesangstrio, das ne Meisterleistung. im November 1938 den Stil der Ersteren zu Nicht nur die Zerstörungen in den eige- Hassliedern um die Pogromnacht verzerrte, nen Städten führten aber bald vor Augen, aber schon 1939 selbst in Ungnade fiel. was den Ohren lange verborgen wurde: das So dumpf die Übertragungen vom Tag Ende des Krieges. Bemerkenswert, wie trot- der Kunst 1938 in München, von Partei- zig-pathetisch der Reichssender Flensburg tagen und anderen Veranstaltungen sein den letzten OKW-Bericht am 9. Mai 1945 mochten – mit Beginn des Krieges und in verlas, übrigens nicht unähnlich der Weise, dessen Verlauf veränderte der Rundfunk in der 50 Jahre später ein plötzlich unsiche- die Tonart gleich in mehrfachem Sinne: rer SED-Staat sein Ende einräumte und in an die Stelle dumpfer Marschmusik oder die Mikrophone stammelte. Wortbeiträge, die es nach wie vor – aber Wie aber erfuhr man vom Zeitgesche- nicht mehr so oft – gab, trat zunehmend ein hen, um es ins eigene Leben einordnen zu 30 31

diente. Kindheit und Jugend stellten sich in Entbehrung und Kargheit, nicht selten ohne elterliche Beziehung und häufig auf dem Schwarzmarkt dar, auf dem es vieles zu veräußern und weniges zu verdienen gab. In welchen Lebensumständen sich der Wiederaufbau vollzog, vor allem dass Wie- deraufbau erst einmal Beseitigung der Trümmer bedeutete – darüber wurde in zahlreichen Rundfunksendungen berichtet. Die Aufarbeitung der politischen Trümmer, nämlich der historischen Verantwortungs- last für die 12-jährige Terrorherrschaft, ließ sich dagegen nicht so ertragreich an: in Nürnberg wurde zwar mit den Mitteln des Strafrechtes in den Kriegsverbrecher- prozessen die erforderliche historisch-poli- tische Aufarbeitung betrieben und darüber auch intensiv im Rundfunk berichtet, aber dass sich zunehmend ein Verdrängungspro- General Lucius D. Clay bei der Festansprache zur Übergabe von Radio Frankfurt in deutsche Hän- zess breit machte, wo das Vergessen eigent- de, 28. Januar 1949 (Katalog zur Ausstellung S. 71) lich nicht sein durfte, war unverkennbar: in Rundfunksendungen debattierten die Köp- fe der Zeit über die Frage von Schuld und können? Sich über die Zeitumstände zu in- wie sollten die Menschen denn erreicht Sühne, von Kollektivschuld, und den diver- formieren, auch Mut zu fassen und Rich- werden angesichts zerstörter Verkehrswege sen Diskussionen über Wiedergutmachung tungen zu erkennen, war nicht leicht: Ei- und nicht mehr vorhandener Infrastruktur und Erziehung zu Freiheit und Demokratie ner immerhin hat Mut zu machen ver- von Presse und Verlagswesen? Schnell war hörten Tausende von Radiohörern, meist sucht, omas Mann am 11. Mai 1945 in begonnen worden, neben anderen Symbo- gemeinsam, vor dem Apparat zu. der BBC von London aus. len der NS-Zeit, auch die Volksempfänger So, wie sich im Alltag ab 1948 mit der Es gehört zu den Besonderheiten der zu zerstören, bis man erkannte, dass die Währungsreform zugleich Aufwärtstenden- Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts, gleichen Apparate, die zwölf Jahre gleich- zen zeigten und andererseits die Blockade dass diese vom deutschsprachigen Pro- geschaltet waren, jetzt eigentlich zur Ver- der Sowjets Berlin im gleichen Jahr bedroh- gramm der BBC ausgestrahlten Sendungen mittlung neuer Inhalte nur “umgeschaltet” te, so bereiteten sich die Deutschen-West hätten verloren gehen können, wären sie zu werden brauchten. und die Deutschen-Ost auf ihre jeweilige nicht in einer Kooperation zwischen BBC Zu welchen Zielen aber die Deutschen Staatenbildung vor. Dabei schenkte man und Deutschem Rundfunkarchiv im Jah- zu erziehen waren und wie dies bei ihnen schon damals und nicht erst nach der Wie- re 1999 zur Komplettierung der umfang- ankam, macht die schlichte wie eindring- dervereinigung der Frage der Hauptstadt reichen historischen Bestände des Deut- liche Ansprache des Landrates des Land- im Westen besondere Aufmerksamkeit. Es schen Rundfunkarchivs in dessen Frank- kreises Osterholz bei Bremen vom Jahre ist bekanntermaßen nicht gekommen, wie furter Sammlungen integriert worden. 1946 deutlich. Die Hoffnung dieses Land- es Walter Korb, der damalige Frankfurter In der unmittelbaren Nachkriegszeit rates auf eine Wiedervereinigung in einem Oberbürgermeister, schon in Vorfreude existierten zunächst noch keine Zeitun- – sozialistischen – Deutschland war eine auf Tonband gesprochen hatte. Zur Aus- gen, und es fanden Veranstaltungen statt, Zielvorstellung, die gedanklich politischen strahlung gelangte diese beim Hessischen die geleitet waren von Menschen, die zwar Programmen der Parteien nahe stand und Rundfunk überlieferte Rede gottlob nicht. Deutsch sprachen, aber doch die Uniform gleichzeitig fern war von der Form von So- Statt dessen wurde Bonn die (provisorische) der Alliierten trugen, die das Land hatten zialismus, die lange Zeit den Deckman- Hauptstadt der Bundesrepublik Deutsch- verlassen müssen und die nun wiederkehr- tel für die SED-Diktatur im östlichen Teil land, und Berlin diejenige der Deutschen ten, aber in welches Land? Wohl kaum in Deutschlands abgab. Demokratischen Republik, zeitgleich aus- das Land, das sie verlassen hatten, eher in Soziale Bindung in der Entwurzelung, erwählt zur Gründung der zwei deutschen ein Gebiet, das ihnen topographisch be- die Suche nach Gemeinschaft und – ganz Staaten. kannt und doch – und irgendwie – fremd konkret, nach Kindern, Müttern, Vätern – In diesen Jahren wurden Teilung und war. Emigranten begaben sich in Regionen, all dies waren emen des Rundfunks in Trennung manifest: im Jahre 1949 waren die jetzt nach dem Verlauf von Flüssen und der Nachkriegszeit, aber auch eine spezielle gleich zwei Goethe-Feiern zu veranstal- Autobahnen in Besatzungszonen eingeteilt Art der “Hilfestellung”, die vielfach gefragt ten, in Frankfurt am Main und Weimar, worden waren und dabei nicht nur eine und benötigt war. Beispielhaft hierfür sind und es ist interessant, dem Preisträger o- territoriale, sondern auch ideologische Ba- im wahrsten Sinne des Wortes “alltägliche” mas Mann nicht nur bei seinen Reden in sis für die Politikentwicklung der nachfol- Tondokumente, wie eine kleine Reportage Frankfurt und Weimar zuzuhören, sondern genden Zeit bedeuteten. Die Entwürfe und aus dem Bremer Hauptbahnhof vom Jah- ihm auf dieser Reise, die ja einen beson- Muster für die Gestaltung von Demokratie re 1946, oder eine Sendung, die sehr häu- deren Grenzgang bedeutete, zu folgen: Im und Freiheit waren verschieden, “re-educa- fig in den verschiedenen Rundfunkanstal- Frankfurter Hauptbahnhof, begleitet von tion” war das Stichwort, etwas, das ohne- ten im täglichen Programm zu hören war Lokomotivgeräuschen, äußert sich o- hin nicht einfach zu definieren war. Und: und dem Suchen und (Wieder-)Finden mas Mann am 3. August 1949 im Inter- 30 31

während die – kürzere – Ost-Fassung am Berliner DRA-Standort wiedergefunden wurde, war die längere Fassung schon im- mer in den Frankfurter Sammlungen des Deutschen Rundfunkarchivs vorhanden. Die Erklärung für die unterschiedliche Länge liegt im Reagieren auf die Zeit- läufe: Stalin war gestorben, und die sich anschließende Entstalinisierung im Osten bedeutete nicht nur einen politischen Ein- schnitt, sondern schlicht und einfach auch technische Schnitte, und zwar auf den Archivbändern: das Tilgen der gröbsten Lobhudeleien. Dennoch nahm Anfang der 50er Jah- re das Leben in den sich bildenden bei- den deutschen Staaten nach und nach an Normalität zu: Die Warengesellschaft mit Marktwirtschaft und Wettbewerb im We- sten trat in Kontrast zur Bedarfsdeckungs- gesellschaft des Ostens, dem Westen wur- de das Fremde, bis dahin über vielfältige Kommunikation bekannt, fast vertraut, Wo uns der Schuh drückt – Ernst Reuter auf Sendung (Katalog zur Ausstellung S. 146) und es war keineswegs “nur” Sprachübung, wenn eine Mutter ihrem Töchterchen in ei- nem Werbespot des Jahres 1952 die Vor- view mit Gottfried Hoster, einem Repor- stets, mit beinahe kindlichem Gemüte, zu- züge französischen Weinbrands erläuterte: ter des Hessischen Rundfunks, ein eher zu- nächst gebannt auf die Rundung und Voll- 36 Sekunden Worte, aber gleichzeitig Ton fälliges Gespräch und dennoch keineswegs endung des magischen Auges am Radio- und im Grunde auch Bild der (damaligen) belanglos. Sechs Jahre später, im Schiller- apparat: grünlich und künstlich, Kinder, Gesellschaft. jahr 1955, hatte der gleiche Zeitgenosse Mutter, Vater, Großeltern, sie alle hörten Das Fremde wurde im Westen nach und neuerlich diesen Grenzgang vorzunehmen manches, was ihnen bekannt vorkam und nach entfremdet, als Männer aus Sizilien, und wurde, wie die Resonanz auf omas doch irgendwie anders klang, wie z. B. das Katalanien und vom Peloponnes nach Ber- Manns doppelte Preisträgerschaft und die Lied aus dem Ostberliner Funkhaus in der lin, Dortmund oder München und in an- Veranstaltungen in Stuttgart und Weimar Nalepastraße im Jahre 1952. Die Sängerin dere Städte kamen, nicht der Sprache ih- zeigt, wieder ein Grenzgänger besonderer war nicht Cornelia Froboess, deren Rufna- res neuen Gastlandes mächtig und doch Art: Subjekt des eigenen Handelns und me viele Jahre “Conny” wurde, sondern Gi- an dessen wirtschaftlichem Aufbau maß- doch Objekt der jeweiligen Bemühungen na Pressgott, einer bekannten ostdeutschen geblich beteiligt. Die Deutschen hörten um Vereinnahmung. Schlagersängerin. Gebannt folgten die Hö- am Radiogerät Worte und Inhalte im Ton, Radio und Hörer – Hineinhören in die rer am 17. Juni 1953 auch der Reportage Canzone und Sirtaki in Programmen für Zeit der 50er Jahre bedeutet auch, die sich des RIAS-Reportes Jürgen Graf vom Pots- die Gastarbeiter, die ihrerseits sowohl et- verändernde Rundfunklandschaft kennen damer Platz und vernahmen aus dem Ost- was über ihre Heimatländer erfuhren und zu lernen. Im Jahre 1950 schlossen sich Berliner Rundfunksender eine Reporta- als auch über ihr Gastland, das für sie zu- die damals 6 Landesrundfunkanstalten zur ge über ein Volksfest am Prenzlauer Berg: nehmend eine zweite Heimat bedeutete. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-recht- Verharmlosung zur Beruhigung der Gemü- Die Deutschen (West) fuhren in überla- lichen Rundfunkanstalten, der ARD, zu- ter, Inszenierung staatlicher Normalität – denen VW-Käfern an den Gardasee und sammen, der von Anfang an der “Rund- das alles kam einem irgendwie bekannt vor die Adria, wie die Deutschen (Ost) in den funk im amerikanischen Sektor”, kurz: der und war schon einmal da gewesen. Wartburgs nach Bulgarien reisten. Sie rei- RIAS, angegliedert war und der in den 50er Eine hohe Fistelstimme klang bald im- sten in die Fremde, während andere, die aus Jahren der Saarländische Rundfunk (1955) mer öfter über das Radio und drang – der Ferne, genauer aus dem Exil zurück- und der Sender Freies Berlin (1953) beitra- später mit Spitzbart als visuellem Erken- gekehrt waren, zuweilen das Land auch ten. Letzterer war gleichsam eine Neugrün- nungszeichen – auch in das Bewußtsein wieder verließen: nicht selten aus Enttäu- dung im “Haus des Rundfunks” an der Ma- der Deutschen in Ost und West: Kaum je- schung über den Verlauf von Politik und surenallee gegenüber dem Funkturm, von mand erinnert sich an das, was Walter Ul- Geschichte – und eben in der Einschät- wo der Berliner Rundfunk, mittlerweile so- bricht, zumal in zum Teil mehrstündigen zung, nach Deutschland als in die Fremde wjetisch geprägt, aus dem britischen Sektor Parteitagsreden, sagte, wohl aber, wie er zurückgekehrt zu sein. in den sowjetischen Sektor nach Köpenick sprach: Worte wurden zu Ton in unserem Was war, was ist das Fremde, vor allem ausgewandert war. Von jetzt an funkte es Gedächtnis und unserer historischen Über- wer sind Fremde? Mehr als 50 Jahre nach wahrlich zwischen Ost und West, hielt der lieferung. dem Ende des 2. Weltkriegs stellt sich die- “Kalte Krieg” Einzug in den Äther: bevor Es war im Schicksalsjahr 1953, als der se Frage erneut und nicht minder aktuell, die Fernsehtruhen die Wohnzimmer innen- SED-Sekretär die Umbenennung von Ei- auch und gerade in diesen Tagen, und eben architektonisch prägten, versammelte man senhüttenstadt in Stalinstadt vornahm in nicht nur wegen der gegenwärtigen politi- sich zum gemeinsamen Hören und wartete einer Rede, von der es zwei Fassungen gibt: schen Diskussionen. 32 33

430 Jahre Litauische Postille: die Wolfenbütteler Postille (1573) Jolanta Gelumbeckaite

Die Ausstellung, die den hier aufbewahrten Herzog Albrecht unterstützte die Vor- litauischen Büchern und ihrer Geschichten bereitung und den Druck von Schriften gewidmet ist, wird heute, am 9. März, er- in litauischer und anderen Volkssprachen. öffnet. Dies ist ein trefflicher Zufall, denn Die Bedeutung Preußens für die litauische heute vor genau 994 Jahren fand Litauen Kultur ist nicht zu überschätzen. Dort ent- seine erste Erwähnung in einer schriftlichen standen die ersten litauischen Bücher und Quelle (wenn auch keine sehr rühmliche). handschriftlichen Texte. Sie waren für die In den lateinischen Quedlinburgischen An- Verbreitung der evangelischen Lehre nöti- nalen findet sich für den 9. März des Jahres ge Schriften, beginnend mit dem Katechis- 1009 folgender Eintrag: An dem Tag wur- mus im Jahre 1547 bis zur Übersetzung der de der Heilige Bruno von Querfurt wäh- gesamten Bibel im Jahre 1590. rend seiner Mission in Preußen, mit 18 Ge- In Preußen wurde die erste litauische färten an der Grenze Litauens von Heiden Predigtensammlung, anders Postille, Aus- enthauptet. legung der Evangelien durch das ganze Jahr Von allen europäischen Ländern wurde 1573 verfasst. Diese aus fast 300 Folio- Litauen als letztes christianisiert. Die Taufe blättern bestehende Handschrift ist zu- und Krönung des ersten litauischen Königs gleich der erste längere zusammenhängen- Mindaugas im Jahre 1253 brachte den ers- de Text auf Litauisch. Die Litauische Pos- ten Christianisierungsversuch mit sich, der tille ist eine Übersetzung von Predigten der knapp 10 Jahre (bis 1263) andauerte. Li- zehn berühmtesten eologen des 16. Jahr- tauen kehrte bald zum Heidentum zurück. hunderts: Martin Luther, Niels Hemming- Erst 150 Jahre später wurde die Christiani- sen, Daniel Greser, Philipp Melanchthon, sierung Litauens abgeschlossen. Der litau- Johannes Brenz, Antonius Corvinus und ische Großfürst Jogaila ließ sich 1385 zum andere. Das einmalige Sprachdenkmal, Titelblatt der Litauischen Postille 1573 (Cod. König des christlichen Polen krönen. Vo- Guelf. 11.2 Aug. 2°): “Auslegung der Evangelien das dieses Jahr 430 Jahre alt wird, hatte das raussetzung für diese Personalunion war durch das ganze Jahr, stückweise ausgewählt aus Glück, im Jahre 1648 die Bibliothek von die Allianz Polens und Litauens gegen den mehreren Postillen... Erster Teil”. Michael Sap- Herzog August dem Jüngeren von Braun- Deutschen Orden. Im Jahre 1410 besieg- pun Bartensteinensis war vermutlich einer der schweig-Lüneburg zu ergänzen. Hier lag te die vereinigte Armee Polen-Litauens den Besitzer der Handschrift die heutzutage als Wolfenbütteler Postille Orden bei Tannenberg/Grünwald und kurz bekannte Handschrift in Sicherheit, ge- danach nahmen auch die niederlitauischen schützt vor allen Kriegswirren, die in den Gebiete das Christentum an. Die Taufe ge- großes litauisches Gebiet lag im Nord- letzten Jahrhunderten vieles vernichtet ha- schah freiwillig. Litauen trat mit der Tra- osten des protestantischen Herzogtums ben. Die litauische Predigtensammlung ist dition einer religiösen Toleranz in die eu- Preußen (das seit 1525 existierte). Dieser das Herzstück aller Lithuanica der Herzog ropäische Geschichte ein. In der zweiten litauische Teil nennt sich bis heute Klein- August Bibliothek. Sie und ihre Quellen Hälfte des 16. Jahrhunderts, als die Pari- litauen. Unter der Regierung Herzog Alb- sind der Schwerpunkt der Ausstellung. ser Bartholomäusnacht von 1572 den Gip- rechts von Preußen (1490 – 1568) wurde Nach der Eintragung in Herzog Augusts fel der Intoleranz markierte, galt im katho- die Hauptstadt Königsberg zu einer Stät- Bücherradkatalog lag die Postille wieder lan- lischen Großfürstentum Litauen das bereits te des Buchdrucks in deutscher, polnischer, ge Zeit unbeachtet in der Bibliothek. Ti- 1563 erlassene Privileg über die Gleichstel- litauischer, altpreußischer (prußischer) und tus Völkel, der in Wolfenbüttel litauische lung der drei christlichen Konfessionen – lettischer Sprache. Albrecht gab Litauern, Bücher suchte, stellte 1880 fest: “In litau- der Katholiken, der Russisch-Orthodoxen Preußen und Polen – neben der deutschen ischer Sprache verfasste Schriften enthält und der Protestanten (Lutheraner und Re- die drei größten Bevölkerungsgruppen des die Wolfenbütteler Bibliothek nicht”. Erst formierte). Nach der 1569 mit dem Kö- Herzogtums – das Privileg, am Königsber- mit dem Handschriftenkatalog Otto von nigreich Polen geschlossenen parlamenta- ger Gymnasium (1541) und an der Kö- Heinemanns (1890) kam die Postille ans rischen Union wurde die religiöse Toleranz nigsberger Universität (1544) zu studie- Tageslicht. Am Ende des 19. Jahrhunderts im gesamten Staat anerkannt und ging ren, damit das Land durch die Ausbildung wurde sie sogar zwei Mal nach Königsberg 1588 in den Gesetzeskodex – das Dritte volkssprachiger Lehrer und eologen zum geschickt, und zwar beide Male mit einer Litauische Statut – ein. Als Gelehrten- und Protestantismus konvertiert werden konn- Versicherung in Höhe von 600 Mark. Die- Kirchensprache galt im katholischen Groß- te. Als Lehrkörper gewann Albrecht zwei sen Reisen und dem späteren Schicksal der fürstentum Litauen Latein. Das 1570 ge- hochgebildete Litauer, namentlich den ers- Handschrift ist ein weiterer Teil der Aus- gründete Jesuitenkollegium in Vilnius wur- ten Rektor des Gymnasiums und den ersten stellung gewidmet. de 1579 zur östlichst gelegenen Universität Gräcist der Universität Abraham Culven- Ein anderer Aspekt der Ausstellung Europas. sis (ca. 1509 – 1545) und den ersten e- zeigt verwandte Erwerbungen der Biblio- Der litauischsprachige Raum war im ologieprofessor Stanislaus Rapagelanus (ca. thek, die ein Ergebnis von Herzog Au- 16. Jahrhundert politisch zweigeteilt. Ein 1485 – 1545). gusts reger Kommunikation mit dem Kur- 32 33

fürsten von Brandenburg-Preußen Fried- rich Wilhelm (regierte 1640 – 1688) und mit dem Helmstedter Professor Hermann Conring (1606 – 1681) waren. Dies sind die erste litauische Grammatik Grammati- ca Litvanica (1653) des Tilsiter eolo- gen Daniel Klein und ihre deutsche Zu- sammenfassung, das Compendium Litva- nico-Germanicum (1654). Daran schließen sich die erste auf Latein geschriebene Ge- schichte Litauens (von Albertus Wiiuk- Koialowicz; 1650) und ein besonders sel- tener Druck, die polnische sog. Brest-Bi- bel (1563) an. Die polnische Bibel war von Conring irrtümlich als litauisch bezeich- net worden. Nur die Korrespondenz zwi- schen Herzog August und dem Geheimrat des Brandenburgischen Kurfürsten, Raban von Canstein (1617 – 1680), identifizier- te sie als polnisch. Den Erwerb der litaui- schen Bibel hat August nicht mehr erlebt. Das Neue Testament und der Psalter, deren Übersetzung 1727 – 1728 (unter der Ägi- de des Königsberger eologieprofessors Johann Jacob Quandt, 1686 – 1772) he- rausgegeben wurde, ergänzten die Bestän- de der Bibliothek erst im Jahr 1764, als die leidenschaftliche Bibelsammlerin Herzogin Elisabeth Sophie Marie von Braunschweig- Lüneburg (1683 – 1767) ihre Bibelsamm- lung der Bibliothek übergab. Die Herzog August Bibliothek besitzt ei- ne als Unikum überlieferte Edition des li- tauischen Gesang- und Gebetbuches von Daniel Klein (Naujos Giesmju Knygos [...] Taipajeg Maldu Knygeles) von 1666. Heu- te sind nur drei Exemplare dieses Buches bekannt (in Wolfenbüttel, Marburg/Lahn und Torun). Das Wolfenbütteler Exemplar hat aber ein unikales Titelblatt und wur- de als separate Geschenkausgabe vorberei- tet. Ein weiteres Exemplar befand sich in Berlin und ging im Zweiten Weltkrieg ver- loren. Weiter werden in der Ausstellung bis- her unbeachtete handschriftliche und ge- druckte Zeugnisse der litauischen Sprache und Kultur gezeigt. Dies sind z. B. zwei Seite 1r der Litauischen Postille von 1573. Anfang der ersten Predigt zum Advent, die aus der latei- Dokumente, die von der religiösen Debat- nischen Postille (Erstausgabe 1561) des dänischen eologen Niels Hemmingsen (Predigt “Domini- te zeugen, die am 14. Juni 1585 in Vilni- ca prima Adventus, Matth. 21”) übersetzt wurde. us geführt wurde. An dem Tag versammel- Die Postille stellt einen der längsten zusammenhängenden litauischen Texte des 16. Jahrhunderts ten sich die eologen des Augsburgischen dar (295 Blätter in folio) und ist somit ein Sprachdenkmal von unschätzbarem Wert. Die Postille be- steht aus zwei Teilen: 29 Predigten von Advent bis Ostern und 43 von Ostern bis Advent. Die Pre- Bekenntnisses und die Anhänger der Leh- digtensammlung ist eine Übersetzung von mehr als zehn Autoren (hinter 33 Predigten stehen Auto- re des Schweizers Ulrich Zwingli, um ein rennamen als Quellenangaben). Die Predigten wurden aus dem Lateinischen übersetzt. Kompromiss zwischen den beiden protes- Die Edition und Kommentierung der Postille soll das Werk treu transkribieren und es als litera- tantischen Lehren zu finden. risches, sprachgeschichtliches und kulturhistorisches Dokument erschliessen Es ist zu hoffen, dass die weitere Erfor- schung der Bestände der Herzog August Bi- bliothek noch mehr solche Überraschun- gen bieten wird. 34 35

Verborgen im Buch, verborgen im Körper. Haut zwischen 1500 und 1800

Ausstellung in der Bibliotheca Augusta der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 5. Oktober 2003 bis 11. Januar 2004

In der Frühen Neuzeit wird der Körper der Körper und die Haut in ihrer materi- gangenheit ist. Die ausgewählten Aspekte zum Buch: Der Körper wird lesbar. Es gilt, ellen Zusammensetzung zum Experimen- sind: die präparierte (Tier)Haut, Tierhaut ihn aufzuschlagen, analog zum Aufblättern tierfeld naturwissenschaftlicher Untersu- als Grundlage von Handschriften, Haut des Buches Schicht für Schicht die Verhül- chung. Nicht zufällig etabliert sich seit und Tastsinn, der Zusammenhang zwi- lung des Innern abzutragen und das bis 1500 die Anatomie als Leitwissenschaft schen Körperhaut, Buchkörper und Ana- dahin Verborgene aufzudecken. Die wis- der Medizin und übernimmt zugleich eine tomie, Haut und Krankheit sowie Haut als senschaftliche Neugier bricht mit einem wichtige soziale Funktion. Heilmittel. Tabu: der Unversehrtheit des menschli- Ausgehend von dieser für die Frühe Die neuzeitliche Anatomie führt zu ei- chen Körpers als der von Gott geschaffe- Neuzeit zentralen Wende entfaltet die nem Dilemma: Die integre Haut gilt als nen Kreatur. Ausstellung “Verborgen im Buch, ver- wesentliche Bestimmung der Schönheit des Die Frühe Neuzeit markiert eine Zäsur. borgen im Körper. Haut zwischen 1500 Körpers, ja als Ausdruck für die Schönheit Begründet liegt die Zäsur in der Wende und 1800” in der Herzog August Biblio- der Seele. Zerstückelung, Zerlegung und seit der Frühen Neuzeit zur Empirie, zum thek Wolfenbüttel verschiedene Aspekte Analyse der Bestandteile des Körpers durch Einzelnen, zum Experiment, zur Materie. der Haut zwischen 1500 und 1800. Diese Anatomie ist mit einem Schönheitsdiskurs, Durch diese Wende etabliert sich ein neuer geben einen Einblick in die Geschichtlich- der sich auf Ganzheit, Integrität und Un- Wissenschaftsbegriff, der auf die Anschau- keit der Haut. Zugleich wird deutlich, dass versehrtheit der Haut stützt, an sich sach- ung sich gründende Methoden bevorzugt. trotz der Wende seit 1500 die Zäsur ‘Frühe lich unvereinbar; in der Praxis wird er aber Im Zuge dieser Wende zur Empirie wird Neuzeit’ kein radikaler Schnitt mit der Ver- sehr wohl miteinander verbunden. Die emen ‘Schönheit der Haut’, ‘Krankheit Joseph Guichard du Verney, Myologie complette, Paris 1745/46, Tafel 14 “Anatomischer Engel” (s. der Haut’, ‘Heilung der Haut’ und ‘Hei- neue Veröffentlichungen S. 70) lung durch Haut’ haben ihren gemeinsa- men Bezugspunkt in der Frage nach dem Begriff und Wesen von Gesundheit und der Ursache von Krankheit.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschie- nen: Verborgen im Buch, verborgen im Kör- per. Haut zwischen 1500 und 1800. Hrsg. von Ulrike Zeuch. 2003, 188 S., 128 Abb. (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek Nr. 82). Die broschierte Aus- stellungsausgabe kostet 15,– €, den Ver- trieb über den Buchhandel besorgt der Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, in Kom- mission (ISBN 3-447-04829-8, Hardco- ver, 39,– €).

Veranstaltungen zur Ausstellung: Mordechay Lewy, Gesandter der Bot- schaft des Staates Israel, hält am 8. Janu- ar 2004, 20.00 Uhr, in der Augusteerhal- le einen Vortrag zu: “Jerusalem unter der Haut. Zur Geschichte der Jerusalemer Pil- ger-Tätowierung”.

Führungen durch die Ausstellung: Samstag, 18. Oktober 2003, 15 Uhr, Bibliotheca Augusta Sonntag, 9. November 2003, 15 Uhr, Bibliotheca Augusta Sonntag, 30. November 2003, 15 Uhr, Bibliotheca Augusta Samstag, 13. Dezember 2003, 15 Uhr, Bibliotheca Augusta 34 35

Die Herzog August Bibliothek erhält das Archiv der Galerie Schmücking Helwig-Schmidt-Glintzer

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kunstfreunde, sehr verehrte, liebe Frau Schmücking!

Ganz herzlich und freudig begrüße ich Sie heute an diesem Sonntagvormittag in der Augusteerhalle der Herzog August Biblio- thek. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, der Übergabe dieses großherzigen Ge- schenks von Frau Schmücking an die Her- zog August Bibliothek beizuwohnen. Nun werden Sie mich fragen, warum das Geschenk an die Herzog August Bibliothek geht. Die Antwort darauf ist leicht und kompliziert zugleich. Zunächst einmal – und vielleicht wäre dies Antwort genug – weise ich darauf hin, dass die uns gegen- wärtig umgebende Ausstellung mit Arbei- Henny und Rolf Schmücking, 1965 von dem Maler Hans Hartung fotografiert (aus: Vier Jahrzehnte ten Felix Martin Furtwänglers, die vor zwei Galerie Schmücking in Braunschweig. Hrsg. von Gerd Spies. Braunschweig 2001, S. 9 Tagen, am 12. April 2002, eröffnet wurde, unabhängig und lange vor der Geschenki- Nun will ich die Gelegenheit des heuti- nen und zusammentragen, was dann oft dee entstanden ist; und als es dann zu der gen Vormittags aber nicht verstreichen las- zur wirklichen Bereicherung öffentlicher Geschenkidee kam, stellte sich heraus, dass sen, um auf zweierlei hinzuweisen, auf die Sammlungen wird. Die Sammler entpup- einer der Künstler, die eng mit der Galerie Bedeutung von Sammlern und auf die Be- pen sich nachträglich nämlich oft als die Schmücking verbunden sind, kein anderer deutung von Galerien. Um ihre Geduld gewissermaßen ehrenamtlich tätigen Mit- als Felix Martin Furtwängler ist. Sie sehen und den Zeitrahmen nun nicht allzu sehr arbeiter der Erwerbungsabteilung. es an den Plakaten, die neben mir stehen. zu strapazieren will ich mich auf sammeln- Ich will sie also allesamt ermuntern: Auch die Arbeiten Gerd Winners und un- de Galerien oder Galeristen beschränken. lassen Sie ihrem Sammlerinstinkt die Zü- sere große Ausstellung im Kornspeicher im Dabei will ich nicht verhehlen, wie wich- gel schießen, kaufen Sie Kunst, kaufen Sie Frühjahr 2001 zeugen von solcher Doppel- tig der Sammler (die Sammlerin) für uns Bücher – es könnte sich erweisen, dass ge- bindung zwischen den Künstlern und der ist, denn oft sind sie es, die mit unbestech- rade Ihre Sammlung das ist, wonach sich Herzog August Bibliothek einerseits und lichem, nämlich eigenem, starken und im- öffentliche Einrichtungen wie die Herzog der Galerie Schmücking andererseits. mer auch auf die finanzielle Seite gerich- August Bibliothek später einmal die Fin- So konnten wir Sie einladen mit den teten Blick die Spreu vom Weizen tren- ger lecken werden! Eine Abnahmegaran- Sätzen: Die Braunschweiger Galerie tie kann ich jedoch nicht geben. – Sie kön- Schmücking, zeitweilig mit zusätzlichen HAP Grieshaber nen aber auch – ganz sorgenfrei – die Her- Zweigstellen in Basel, Dortmund und auf zog August Bibliothek, ihren Freundeskreis Sylt, hat sich in rund vier Jahrzehnten mit oder eine ihrer Stiftungen mit Ihrer Groß- großem Engagement um die zeitgenössi- herzigkeit bedenken – und für diesbezügli- sche Kunst bemüht. Viele Künstler, deren chen Rat stehe ich Ihnen immer gerne zur Namen heute ein Begriff sind, kamen we- Verfügung. gen dieser Galerie nach Braunschweig. – Ich wollte aber über sammelnde Galeri- Nun übergibt Frau Henny Schmücking all en sprechen, um nicht nur über die Galerie die “Galerie-Editionen” – Grafiken, Map- Schmücking zu sprechen, wozu nach mir penwerke und Werkverzeichnisse – sowie Herr Dr. Spies noch etwas sagen wird. Zu- die “gewidmete Kunst”, die das sehr per- nächst will ich von einer Galerie sprechen, sönliche Verhältnis der Künstler zu ihr und der Galerie Rosengart in Luzern, die dar- ihrem Mann dokumentiert, als Geschenk aus hervorgegangen ist, dass der berühm- der Herzog August Bibliothek in Wolfen- te Kunsthändler Justin annhauser sei- büttel. Hier findet diese großzügige Gabe ne Galerien in Berlin und München 1937 einen sinnvollen Anschluss an die lange be- schloss, um aus Hitlerdeutschland nach stehende Sammlung der Malerbücher und New York zu fliehen, und seine Luzerner ihre Präsentation in wechselnden Ausstel- Filiale seinem Cousin Siegfried Rosen- lungen zur Kunst des 20. Jahrhunderts. – gart überließ. Dort am Vierwaldstätter See Soviel also dazu. musste man sich einstellen, wollte man ein 36 37

Kunstwerk erwerben. Zögerte – und jetzt komme ich zum ema – ein Kunde vor einem Picasso zu lange, versuchte er etwa am Fixpreis eines Léger zu handeln, erklär- te der noble Kunsthändler sein geschmäh- tes Kind für “unverkäuflich”, und das Bild wanderte hinauf in die Privaträume. Um es kurz zu machen: die Tochter Siegfried Ro- sengart, Angela Rosengart, hat der Stadt Luzern schließlich ihre Sammlung und ein Museum gestiftet, das seit Februar 2002 öf- fentlich zu besichtigen ist1. Ein anderer Fall ist die Fondation Bey- eler in Riehen bei Basel mit dem wunder- baren Museumsbau von Renzo Piano mit jener Sammlung des Kunsthändlers Ernst Beyeler, der von seiner Sammlung sagt:

“Die Sammlung ist ohne feste Absicht und oh- ne Plan entstanden. Sie ergab sich zunächst aus der Bestückung unseres Hauses mit Bildern und dann durch unsere Tätigkeit, die ermöglichte, Bilder für uns auszuwählen, die wir nicht zie- Roland Dörfler, “Reihe”, 1999 Aquarell / Collage, 46 x 61 cm (aus: Vier Jahrzehnte Galerie hen lassen wollten oder die sich nicht verkau- Schmücking, S. 195) fen ließen.”2

Aber man muss nicht in die Schweiz bli- cken, sondern kann auch nach Deutsch- bleibt. Alles dies, was hier unter dem Na- sie auf sich genommen hat, diese Transak- land schauen, etwa auf das Galeristenpaar men “Archiv Galerie Schmücking” zusam- tion vorzubereiten und insbesondere das Etta und Otto Stangl3, das mit seiner “Mo- mengefasst ist, kommt nun in die Herzog vollständige Werkverzeichnis zu erstellen. dernen Galerie Otto Stangl” nach dem August Bibliothek, findet hier seinen Ort Ihnen, der ganzen Festversammlung, 2. Weltkrieg in München der lange Zeit in den Sondersammlungen im Umkreis der danke ich dafür, dass Sie diesem Schen- verfemten Kunst der Moderne zu neuem vor fünfzig Jahren begonnenen Malerbuch- kungsakt durch Ihre Anwesenheit beson- Ansehen verhalf. Solchen Galerien gesell- sammlung – und bleibt dadurch im Her- deren Glanz verleihen, bei dem zuvörderst te sich die Galerie Schmücking in Braun- zogtum Braunschweig-Wolfenbüttel als ein der großherzigen Spenderin selbst zu dan- schweig hinzu. Stück Geschichte dieser Region, als eine ih- ken ist. Mit allen anderen Galerien teilten die rer glänzenden Facetten. Dankbar bin ich Herrn Dr. Spies, dass Schmückings das Los aller Galeriearbeit, Ich bin froh, dass wir in dieser Region er sich bereit erklärt hat, heute zu uns über die immer mühselig ist, wenn sie sich noch auch das Geistige, und dazu gehört die das Archiv: Galerie Schmücking zu spre- nicht etablierter Kunst verschreibt, die aber Kunst, vermehren können. In den letzten chen, von dem große Teile vor gut einem Erfüllung bedeuten kann durch den engen Jahren wurden in unseren Landen ja we- Jahr in Braunschweig in seinem Haus, Kontakt zu den Künstlern. Und die mit niger Tempel und Kathedralen und auch dem Städtischen Museum, gezeigt worden dem Archiv nun in die Herzog August Bi- keine Schlösser und Musentempel gebaut, sind. bliothek gelangende “Gewidmete Kunst” sondern Orte des Konsums, viele Lagerhäu- ist ein Ausdruck dieser engen Beziehungen ser ohne Seele, damit die Menschen dort- zwischen den Künstlern und Schmückings, hin ihr Geld für oftmals fragwürdige Sur- die zumeist Freundschaft, immer aber Soli- rogate des Lebens bringen. darität zwischen Galerist und Künstler be- Dagegen ist die Kunst elitär. Doch darf deutet. dies nicht dazu führen, dass die Kunst und Ungewiss fast immer ist, was aus den das Geistige überhaupt sich elitär gibt und Belegstücken wird, aus dem, was den Ga- unzugänglich wird. Es lebt unser politisches leristen persönlich zugeeignet wurde, aber System von der Teilhabe, und daher ist es auch, was aus der Arbeit in der Galerie ver- so wichtig, dass wir alle etwas dazu beitra- gen, dass Kunst und Kultur den angemes- senen öffentlichen Raum bekommen, der den Zugang dazu auch für alle gewährleis- 1 Siehe Stefan Tolksdorf “Sind so schöne Au- tet. gen”, in: Feuilleton der Süddeutschen Zei- Mir bleibt heute zu danken, Herrn tung Nr. 78 (2002), S. 15. Dr. Spies für Vermittlung und Begleitung, 2 Fondation Beyeler : Fondation Beyeler. Mit einem Vorwort von Ernst Bey- Herrn Norbert Gross und Herrn Dr. Ste- eler ... München–New York: Prestel 1997, fan Soltek vom Klingspor-Museum Offen- S. 7. bach für Begleitung des Schenkungsaktes, 3 Siehe FAZ Nr. 52 vom 2. März 2002, und nicht zuletzt Frau Gisela Meier von der S. 57. Galerie Schmücking für all die Mühen, die 36 37

Die Gelehrtenrepublik im Zeitalter von Leibniz und Lessing: Kultur und Kommunikation des Wissens

53. Wolfenbütteler Symposion, 22. bis 25. Oktober 2002

Ulrich Johannes Schneider

Die Wolfenbütteler Tagung zur Gelehrten- gegenüber der Wissenschaft werden konn- republik im 18. Jahrhundert wurde in Ver- ten, wies Reimund S (Greifswald) in bindung mit dem Collège de orga- seiner Einlassung auf eine orthodox-lu- nisiert und setzte eine Problematisierung therisch geprägte universitäre Debatte zu der Gelehrtenrepublik fort, die im Jahre Anfang des 18. Jahrhunderts um die Mög- 2001 mit einer Konferenz in Paris begon- lichkeit (auch im Sinne der Zulässigkeit) nen wurde (über die “République des Lett- von menschlicher Innovation nach. Sdzuj res” bis zum 17. Jahrhundert), damals or- problematisierte die Blumenberg-ese ganisiert von Professor Marc F. von der Identifikation der Neuzeit mit der Fumaroli war leider verhindert, die Wol- Neugier und verwies auf eine reiche Tradi- fenbütteler Tagung zu eröffnen; in einem in tion akademischer Kritik am Konzept der Wolfenbüttel verlesenen Text betonte er die “Neuerung” und an der Figur des “Neue- Aktualität der Idee, welche die Gelehrten- rers”. Im Kontext deutscher Universitätsge- republik in Europa seit dem 15. Jahrhun- lehrter mußte die Möglichkeit von Experi- dert repräsentierte. Der Gedanke geistiger ment und empirischer Erfahrung moralisch Einheit gegen die politische und konfessio- in den Bereich der “adiaphora” verwiesen nelle Zersplitterung Europas in der Frühen werden, um tolerierbar zu sein. Peter Paul Rubens, Justus Lipsius und seine Neuzeit sei auch zu Beginn des 21. Jahr- Hartmut H (Berlin) zeigte in ei- Schüler. Um 1611/1612. Florenz, Palazzo Pitti hunderts eine notwendige Aufgabe der Bil- nem der wenigen Beiträge zur Entwick- dung und der Erziehung. lung der Naturwissenschaft, wie sehr me- taphysische Annahmen die Diskussion der zeitschriften hin, welche die Buchankäufe Physik bestimmten, etwa in der Uminter- unterstützten und begleiteten. Die Göttin- Die Gelehrtenrepublik zwischen pretation des Leibnizschen Begriffs der “ac- gischen Gelehrten Anzeigen verpflichteten Wissenschaft und Religion tion” durch Maupertuis, samt der daraus die gelehrte Diskussion in Deutschland für die Analyse der Lichtbrechung folgen- auf unbedingte Aktualität; ihr Herausge- Die Wolfenbütteler Tagung widmete sich den Konsequenzen. Ursula G ber Christian Gottlob Heyne war zugleich dezidiert weniger der Idee als vielmehr der (Berlin) nahm ebenfalls Maupertuis ins Vi- Bibliothekar in Göttingen. Den Blick auf Praxis der Gelehrtenrepublik und unter- sier, nicht allerdings als eoretiker, son- das Rezensionswesen weitete Ute S- suchte ihre Formen bzw. Grenzen zwischen dern als machtbewussten Akademie-Prä-  (Mainz) mit Rücksicht auf die gesamte Universität, Akademie und höfischem Le- sidenten, der mit Zensur und politischen Buchproduktion, die zu beherrschen aller- ben. In seinem Eröffnungsvortrag skiz- Intrigen eine Differenz in der Sache (mit dings unmöglich war, weil sich spätestens zierte Ulrich Johannes S (Wol- Samuel König) auszufechten verstand. Die ab 1765 der Buchmarkt immer stärker dif- fenbüttel) verschiedene Denkstile in der Akademie, üblicherweise als freies Territo- ferenzierte (was man auch den Messkatalo- kommunikativen Welt des Geistes: Leib- rium der Gelehrten angesehen, erwies sich gen ablesen kann). Daraus aber ergab sich niz als irenisch-diplomatischer Denker der als ein Ort disziplinierter Diskursivität, ge- gerade umgekehrt die Bedeutung des kriti- Perspektivenvereinigung pflegte in Brie- gen den man sich nur in ausgewählten Zeit- schen Urteils, welches die Verwissenschaft- fen und Schriften einen Ton der “Harmo- schriften an “ausländischen” Druckorten lichung der Gelehrtenrepublik im 18. Jahr- nie”, von dem Lessing als polemisch-kriti- behaupten konnte. Die Debatte, die auch hundert vorantrieb. Auf der anderen Seite scher Anwalt eines öffentlichen Meinungs- mit Unterstützung des preußischen Königs entstand auf dem Gebiet der Zeitschrif- austrags (auch in religiösen Dingen) sich unterdrückt werden sollte, fand gleichwohl ten mit den Moralischen Wochenschrif- deutlich absetzen lässt. Einige der insge- statt: eine neue Öffentlichkeit wurde ins ten ein offiziöser Meinungsmarkt abseits samt 65 Entwürfe, die Leibniz für noch zu Werk gesetzt. der schulischen und universitären Wis- gründende Akademien hinterlassen hat, re- sensvermittlungsinstitutionen, wie Martin konstruierte Hans P (Berlin) und zeig- G (Göttingen) zeigte. Er wies so et- te, dass bei Leibniz die “scientia generalis” Buchmarkt, Universität und Urteilskultur was wie eine “soziale Vertextung” des Wis- mit religiösen bzw. kirchenpolitischen An- sens nach, das in seiner ganzen Breite (Bei- nahmen verbunden war. Die “Einmütigkeit Anne S (Paris) rekonstruierte den ra- spiel: der Enzyklopädismus) nun einem Ur- der Gottesfürchtigen” stand durchaus nicht schen Aufbau der Göttinger Universitätsbi- teil unterworfen wurde, das zugleich von zufällig im Vordergrund einer Bestimmung bliothek (gegründet 1737) zur führenden den Zeitschriftenautoren autoritativ vor- der Gelehrtenrepublik als welt- und sa- wissenschaftlichen Einrichtung des deut- geprägt war. chenüberspannendes Gespräch. Dass aus schen 18. Jahrhunderts und wies insbe- Im Ausgang von Christian omasi- religiösen Vorannahmen auch Vorbehalte sondere auf die Funktion der Rezensions- us verfolgte Frank G (Gießen) die 38 39

Abwertung der memoria zu Gunsten des ju- kenntnis in moralischer Absicht parallel Wissenschaften. Euler war über 40 Jah- dicium; er nannte es eine “Pragmatisierung lief. Gegen die gängige Abwertung der lite- re hinweg das Zentrum der Kommunika- der Gelehrsamkeit”, nicht mehr das Wis- rarischen Phantasie kann mit Argumenten tion zwischen Petersburg, Moskau, Berlin sen schlechthin, sondern die wahre Über- von Pierre Daniel Huet und Christian o- und Paris; er etablierte in offizieller wie in zeugung ins Zentrum der intellektuellen masius der Roman als Verkleidung moral- privater Funktion ein Netzwerk, welches Auseinandersetzung zu stellen. Die Un- philosophischer Erkenntnis gelesen und in die Gelehrtenrepublik interdisziplinär und terscheidung von Schul- und Weltweisheit seiner praktischen Wirksamkeit anerkannt interkulturell stabil halten konnte. Solche sollte nicht als Abwertung des akademi- werden. Die roman-rechtfertigenden Ar- Netzwerke waren gelegentlich nicht nur schen Umgangs gewertet werden, sondern gumente etablieren neben der Tugendlehre bildungsgeschichtlich, sondern unmittel- muss als Funktionalisierung wissenschaftli- auch eine Klugheitslehre im 18. Jahrhun- bar sozialhistorisch gestützt bzw. wurden als cher Argumente im engeren Sinne verstan- dert. Dass die literarische Form eine scharfe solche durch die Emigrationsbewegungen den werden, eingebettet in eine offene bzw. Grenze war, wenn es um die Zugehörigkeit erzeugt. Am Beispiel der Predigerfamilie öffentliche Kultur der Urteilsfindung. Das zur Gelehrtenrepublik ging, machte Edo- der Beausobres thematisierte Jean-Loup S- hat Hanspeter M (Engi) eindrucksvoll ardo T (Turin) klar. Er konnte  (Brüssel) Assimilations- und Akkom- belegt, indem er das Programm von Chri- mit Johann Conrad von Hatzfeld die tra- modationsleistungen der hugenottischen stian omasius untersuchte, durch Aus- gische Geschichte eines Aspiranten erzäh- Prediger am preußischen Hof. Die Tole- gestaltung der traditionellen Disputation len, welcher in die Gelehrtenrepublik kei- ranzidee wurde im Reflex der konfessionel- die freie Diskussion in die Universität ein- nen Einlass erhielt, weil er mit seinen religi- len Meinungen im 18. Jahrhundert nicht zuführen. omasius stärkte die Rolle des onskritischen Schriften im Freidenker-Stil zufällig betont. Netzwerke waren auch die Opponenten und versuchte, den Übungs- die Grenzen der Höflichkeit verletzte und Bibliotheken. Françoise B (Paris) charakter der akademischen esenvertei- damit die Kommunikabilität seiner esen schilderte die Bibliothek des französischen digung zu Gunsten einer echten Ausein- dauerhaft gefährdete. Die radikale Aufklä- Königs als einen intellektuellen Wegwei- andersetzung um Sachfragen herabzumin- rung, die jüngst von Jonathan Israel und ser aus der europäischen Begrenzung der dern: öffentlich zu diskutieren hieß für ihn, Martin Mulsow aufgearbeitet worden ist, Gelehrtenrepublik im Sammelschwer- moralische Verantwortung für das Gesagte konnte sich nicht dauerhaft in die Gelehr- punkt “Orientalismus”. Dass die Gelehr- zu übernehmen. Dass die Urteilskultur des tenrepublik integrieren, da diese weder in tenrepublik nicht allein gelehrtes Wissen frühen 18. Jahrhunderts auch die Quellen- Deutschland noch in Frankreich ihre Nähe zum Inhalt hatte, sondern im 18. Jahrhun- kritik motivierte und eine Verwissenschaft- zu den Zentren der Macht aufs Spiel set- dert wesentlich eine Kultur der Erziehung lichung der historischen Kenntnis beför- zen konnte. und Bildung einschloss, betonte Nicholas derte, konnte Helmut Z (Wol- P (Edinburgh). Er gab ein breit fenbüttel) zeigen. Er wählte Christoph entwickeltes Bild der schottischen Gelehr- August Heumann als Beispiel für die De- Die Gelehrtenrepublik als kommunikatives tenrepublik vor der Mitte des 18. Jahrhun- potenzierung des christlichen Weltbildes Netzwerk derts, innerhalb und am Rande der Univer- und seiner historischen Annahmen be- sitäten. Die Aufnahme in die Gesellschaft züglich des Ursprungs gelehrten Wissens. Die ese, dass die gelehrte Welt kommu- der Gelehrten war notwendig an einen Pro- Die Philosophiegeschichte tritt in die neue nikativ institutionalisiert sei, bildete den zess der Erziehung und Bildung gebunden, Funktion einer kulturhistorischen Unter- Ausgangspunkt von Hans Erich B der einerseits eine internationale Dimensi- suchung über die gesellschaftlichen Bedin- (Göttingen) Ausführungen, in denen er als on hatte (die schottischen Universitäten ko- gungen von gelehrter Existenz ein. Beispiel die gelehrte Reise mit all ihren Ri- pierten holländische Universitätsverfassun- tualen (Empfehlungsschreiben, Besucher- gen und Lehrpläne), andererseits in Clubs buch etc.) als eine lebenspraktische Stütze und Gelehrtengesellschaften regionale Mi- Zwischen Literatur und Wissenschaft der gelehrten Existenz wählte. Wissen war lieus ausbildete, aus denen im Falle Schott- in das Rezipieren und Tradieren investiert: lands mit David Hume, omas Reid und Rainer Maria K (Frankfurt) führ- die festetablierten Akademien bilden in die- Adam Smith eine ganze Schule sozialen te in die Schwierigkeit ein, das juristische ser Hinsicht nur Zentren der Verdichtung und ökonomischen Denkens hervorging. Wissen einerseits als Ausbildung des Ge- einer Kommunikationsstruktur, welche das Die Wolfenbütteler Tagung zur Gelehr- setzeswissen im Prozess der Aufklärung zu eigentliche Rückgrat der Gelehrtenrepu- tenrepublik fand in angeregter Atmosphäre lokalisieren, andererseits das Wissen um blik ausmacht. Jeroom V (Brüs- statt und hat bei allen Beteiligten zur Über- die juristisch problematischen Fälle in ih- sel) belegte am Leben und an den Schriften zeugung geführt, die vorgetragenen Überle- rem individuellen Charakter als Geschich- von Charles Joseph de Ligne die konstitu- gungen und Fallstudien auszuarbeiten und ten zu würdigen. Zwischen Literatur und tive Rolle der Reisen für die Entstehung li- so zu gruppieren, dass sie in einem Band Wissenschaft wird erst im 19. Jahrhundert terarisch zirkulierbaren Wissens. Eine Ver- publiziert werden können. eindeutig getrennt; der “Pitaval” als (prin- schränkung von Hofkultur und gelehrter zipiell unmögliche) “Enzyklopädie der Fäl- Welt wirkt noch im 18. Jahrhundert nach, le” zeigt, dass Wissen noch nicht eindeu- weshalb man die Grenzen des gebildeten tig einer nur professionellen Öffentlich- Milieus nicht allzu streng um die Akade- keit angehörte. Auch Merio S mien und Universitäten ziehen darf. Kon- (Pisa) ging der Trennlinie zwischen Litera- kret auf das gelehrte Milieu konzentriert, tur und historischer Wahrheit anhand der untersuchte Michel K (Mont- gängigen Definition der Historia Literaria pellier) die osteuropäischen Verbindungen nach, innerhalb derer die empirische Be- der deutschen Gelehrtenkultur anhand des rücksichtigung von fiktionalen Erzählun- Briefwechsels von Johann Albrecht Euler, gen einer Rehabilitierung der Geschichts- Sekretär an der Petersburger Akademie der 38 39

Athanasius Kircher (1602 – 1680). Jesuit und Universalgelehrter

Symposion und Ausstellung in Fulda

Berthold Jäger*

Vom 6. bis 9. März 2003 fand im Stadt- beleuchtete die Kontakte Kirchers zu Fulda schaft und war zugleich darin geübt, sie zu schloß zu Fulda ein von der Bibliothek während seiner “Rom-Jahre” 1633 – 1680, umgehen. des Bischöflichen Priesterseminars Fulda die meist von der “Heimat” ausgingen und Zum Abschluß des ersten Tages stellte in Zusammenarbeit mit der Herzog Au- von Kircher nur dann selbst initiiert wur- omas S (Wolfenbüttel) “Athana- gust Bibliothek Wolfenbüttel (Abteilung den, wenn er sich im Zusammenhang mit sius Kircher im Spiegel der Briefe an August Forschungsförderung und wissenschaftli- seinen Publikationsvorhaben finanzielle den Jüngeren, Herzog zu Braunschweig che Veranstaltungen) und in Abstimmung Unterstützung versprach. Kurz skizzierte und Lüneburg, in der Herzog August Bi- mit der Gesellschaft für mittelrheinische Jäger auch Kirchers “Nachleben” in Fulda, bliothek” vor und informierte über die Kirchengeschichte und dem Fuldaer Ge- das sich im 18. Jahrhundert in der Über- Internet-Publikation von 21 lateinischen schichtsverein veranstaltetes wissenschaft- setzung von Kirchers 1684 im Druck er- Briefen Kirchers an den Herzog, die die liches Symposion statt. Mit 25 Referenten schienener Autobiographie ins Deutsche von Michael John Gorman und Nick Wil- und mehr als hundert Gästen war es der und im 19. Jahrhundert in verschiede- ding besorgte Internet-Präsentation der im weltweit wohl größte Kircher-Kongreß der nen, zum Teil nur handschriftlich über- Archiv der Pontificia Università Gregoria- letzten Jahre. Das Symposion versuchte, die lieferten Biographien niederschlug, wäh- na in Rom erhaltenen Briefe an Athanasius Bandbreite des Kircherschen Denkens the- rend im 20. Jahrhundert vor allem Gregor Kircher1 ergänzt. Die Wolfenbütteler Edi- matisch weitgehend abzudecken und durch Richters Arbeiten über die Beziehungen tion bildet nicht nur die Briefe ab, sondern die Wiedergabe neuer Forschungsergebnis- Kirchers zu seiner Heimatstadt Geisa ei- bietet auch eine vollständige Transkription se die Kircher-Forschung zu stimulieren – genständige Forschungsergebnisse zeitig- und eine Übersetzung ins Deutsche, zusätz- letzteres soll sich auch in einem geplanten ten. lich englischsprachige Regesten und Kom- Tagungsband niederschlagen. Die genannte, in einem Zug nieder- mentare2. Das Symposion wurde am Nachmittag geschriebene und daher eine einheitliche des 6. März 2003 von Oberbürgermeister Sichtweise vermittelnde Autobiographie Dr. Alois R (Fulda) eröffnet; er hob in Kirchers unterzog Barbara M * Der Autor dankt Dr. Harald Gropp, Angela seinem Grußwort die Bedeutung der Fulda- (Bern) einer genauen Überprüfung im Hin- Mayer-Deutsch, Prof. Dr. Friedrich Niewöh- er Schulzeit (1612 – 1618) für die geistige blick auf “apologetische Tendenzen”. Sie ar- ner, P. Prof. Dr. Otto Schärpf S. J., Prof. Dr. Entwicklung von Athanasius Kircher her- beitete eine Fülle von Topoi heraus, mit de- Gerhard F. Strasser, Prof. Dr. Hans-Joachim vor. Weitere Grußworte sprachen Prof. Dr. nen Kircher seine Talente als gottgegeben Vollrath und Prof. Dr. Siegfried Zielinski für Hinweise und Ergänzungen. Friedrich N von der Herzog Au- darstellte und angebliche oder tatsächliche 1 e Correspondence of Athanasius Kircher. Rettungen und Weichenstellungen in sei- gust Bibliothek Wolfenbüttel in Vertretung e World of a Seventeenth Century Jes- des verhinderten Direktors Prof. Dr. Hel- nem Leben auf die Vorsehung Gottes und uit. An International Research Project, by wig S-G, der die Rolle der die Fürsorge der Gottesmutter zurückführ- Michael John G and Nick W- beiden veranstaltenden Bibliotheken bei te – ohne Kirchers tiefe religiöse Empfin- . URL: http://193.206.220.68/kircher/ der Vorbereitung und Durchführung des dungen in Frage zu stellen. index.html; bzw. http://www.imss.firenze.it/ Symposions beleuchtete, Weihbischof Jo- Martha B (North Easton, MA) multi/kircher/index.html. Siehe auch: http: hannes K (Fulda), Vizepräsident der griff in ihrem Vortrag “Self-Presentation //www-sul.stanford.edu/depts/hasrg/hdis/ Gesellschaft für mittelrheinische Kirchen- in Kircher’s Published Books” Mahlmanns kircher.html. Vgl. Nick W, Kircher’s geschichte, der die tiefe christliche Über- philologischen Untersuchungsansatz auf Correspondence, in: e Great Art of Know- zeugung Kirchers in den Mittelpunkt seiner und demonstrierte anhand von Kirchers ing: e Baroque Encyclopedia of Athanasi- us Kircher, ed. by Daniel Stolzenberg, pub- Ausführungen stellte, und Oberbürgermei- Vorworten und persönlichen Bemerkun- lished on the Occasion of the Exhibition at ster i. R. Dr. Wolfgang H (Ful- gen in seinen Büchern die über fünf Jahr- Stanford University Libraries, Stanford, Fie- da), der im Zusammenhang mit dem Ta- zehnte durchgehaltenen Anstrengungen, sole (Firenze) 2001, S. 141 – 146. gungsort Fulda das “Lob der Provinz” the- ein schmeichelndes Bild von sich selbst zu 2 Athanasius Kircher an Herzog August den matisierte. kreieren. Sie konnte zeigen, daß Kircher – Jüngeren. Lateinische Briefe der Jahre 1650 – Nach einleitenden Bemerkungen von bewußt wie auch unbewußt – sein Selbst- 1666 aus den Sammlungen der Herzog Au- Friedrich N (Wolfenbüttel), bildnis verschob, änderte und wohlüberlegt gust Bibliothek, Transkription und Überset- in denen das Spektrum der Kircherschen abstimmte und sich von einem ängstlichen zung omas S. Die englischsprachi- Forschungsinteressen vorgestellt und sei- und zögerlichen, wenn auch ehrgeizigen gen Regesten und Kommentare sind einer ne Rolle für die Wissenschaftsgeschichte jungen Gelehrten zu einem arroganten, Veröffentlichung von John Fletcher ent- nommen: John [Edward] F, Atha- einzelner Fächer skizziert wurde, eröffne- selbstsicheren und selbstzufriedenen Mann nasius Kircher and Duke August of Bruns- mittleren Alters entwickelte, dessen Ego al- te Berthold J (Fulda) den Reigen der wick-Lüneburg. A Chronicle of Friendship, Vorträge mit Ausführungen zum ema lein durch seine religiöse Erziehung und in: Athanasius Kircher und seine Beziehun- “Athanasius Kircher und Fulda”. Er ging sein religiöses Engagement im Zaum ge- gen zum gelehrten Europa seiner Zeit, hrsg. auf Kirchers Familie, seine Kindheit und halten wurde. Er rieb sich an den dogma- von John [Edward] Fletcher, Wiesbaden Jugendjahre in Geisa und Fulda ein und tischen Zwängen seiner religiösen Gemein- 1988 (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barock- 40 41

Am 7. März wurde zunächst das Refe- suiten auf gehorsame, mathematisch gebil- schen Medien und ihrer Modellierer (u. a. rat von Rita H (München) verlesen. dete Missionare auf dem gesamten Globus Giambattista della Porta, Robert Fludd, Unter dem Titel “Gott finden in allen Din- zurückgreifen könnten. Mit seinem Projekt Marin Mersenne) ein. Er hob das spannen- gen – die Gesellschaft Jesu und die natur- demonstrierte Kircher seinen global ausge- de Aufeinandertreffen technischer, natur- wissenschaftlichen Leistungen im 16. und richteten Unternehmungsgeist und ein un- wissenschaftlicher und magischer Konzep- 17. Jahrhundert” gab sie einen Überblick, gebremstes Vertrauen in die Kraft seines te für mediale Apparaturen bei Kircher her- der die Einordnung von Kirchers For- Ordens; der Versuch, das größte Navigati- vor und fokussierte seinen Vortrag auf die schungsanstrengungen in den Kontext der onsproblem des 17. Jahrhunderts zu lösen, Maschinen zur Erzeugung spezieller Effek- Leistungen seiner Ordensbrüder ermög- wurde aber nicht nur dadurch, sondern vor te. In den Konzepten zur Allegorientrom- lichte. Dabei ging sie neben Kircher be- allem durch die Grenzen der Instrumenta- mel oder zur populären Laterna magica sonders auf Christoph Scheiner, Johann tion und der Unterweisung charakteri- wären die Technik für die Herstellung der Baptist Cysat und Christoph Clavius so- siert. Effekte und die sie wahrnehmenden Sub- wie auf Galileo Galilei und Pierre Teilhard Harald S (München/Berlin), der jekte sorgfältig räumlich getrennt, ein Phä- de Chardin ein, und sie beschrieb “Jesuiten Kirchers astronomische Vorstellungen in nomen, das dann 300 Jahre später in den auf dem Mond”, d. h. jene (insgesamt 32) einer Dissertation behandelt, wies in sei- Filmproduktionen Hollywoods perfektio- Persönlichkeiten der Gesellschaft Jesu, die nem Vortrag “Kosmologische Weltbilder in niert wurde. Zielinski pries Kirchers Sen- für bestimmte Ortsbezeichnungen auf dem Kirchers Itinerarium Exstaticum” nach, daß sibilität für das “utopische Potential”, das Mond eine Rolle spielen. Kircher am geozentrischen Weltbild des Ty- er in den Welten aus Zeichen und Tech- Michael John G (Stanford) be- cho Brahe festhielt, seinen Lesern aber zu- nik enthalten sah, die möglicherweise reale schäftigte sich in seinem Vortrag “Athanasi- gleich einen gigantischen Weltraum mit Konflikte und Kriege überbrücken helfen us Kircher’s Magnetic Geography” mit dem unermeßlich vielen Sternensystemen vor- könnten, und würdigte Kirchers besonde- von Kircher 1641 in dem Buch über Ma- stellte, der jede Geozentrik sprengte. Da- res Verständnis von Fortschritt: Fortschritt gnetismus – Magnes, sive de Arte Magnetica mit näherte sich Kircher dem heliozentri- sei für diesen nicht mit Effizienzsteigerung – vorgelegten ambitionierten Plan zur Lö- schen System des Nikolaus Kopernikus an, verknüpft gewesen, sondern mit Varian- sung des Problems der Längengradbestim- ohne dieses konkret zu übernehmen. Kir- tenreichtum. Auf sein eigenes Verständnis mung mittels der Berechnung magneti- chers Beschreibung einer Reise durch den der Medienarchäologie als “An-Archäolo- scher Schwankungen oder der Deklinati- Weltraum in Dialogform, erstmals 1656 gie” und seine im Hinblick auf medienge- on der Kompaßnadel vom astronomischen veröffentlicht, stieß wegen seiner Abwei- schichtlich bedeutsame Erfindungen kon- Norden. Kirchers Plan, der eine früher von chungen vom tychonischen Weltbild or- struierte neue Weltkarte konnte Zielinski Giambattista della Porta vertretene Tech- densintern auf großen Widerstand und aus Zeitgründen nur kurz eingehen. nik aufgriff, setzte auf die Möglichkeit, Je- war mit Denunziationen verbunden; eine Auch Angela M-D (Berlin), suitenmissionare in den verschiedensten von Kirchers Schüler Kaspar Schott besorg- Doktorandin der Kunstgeschichte, betonte Ordensprovinzen zu ermutigen, genaue te Neuauflage des Werkes mußte deshalb in ihrem Beitrag “Kirchers Museum als Ort Messungen magnetischer Abweichungen 1660 in Würzburg erscheinen (unter dem der ‘permanenten Konversion’” das Medi- vorzunehmen; er war aber letztlich zum Titel Iter extaticum [!] coeleste, Neuedition enbewußtsein des Jesuiten und seine aku- Scheitern verurteilt – behindert nicht al- 1671 in unveränderter Fassung, aber mit stischen und optischen “Kunstgriffe”, mit lein durch die Schwierigkeit, genaue Mes- der Schreibweise “exstaticum”). denen er die Gäste seines Museums beein- sungen sicherzustellen, sondern auch durch Dietrich U (Fulda), der in sei- druckte. Frau Mayer-Deutsch sah im Pro- die Entdeckung säkularer magnetischer Ab- ner Dissertation das Hauptwerk von Kir- gramm des Museums eine an den “Ex- weichungen durch englische Mathemati- chers zeitweiligem Assistenten und “Mu- erzitien” der Jesuiten orientierte Wahr- ker. Gorman wertete Kirchers Versuch, die sterschüler” Kaspar Schott untersucht nehmungserfahrung propagiert, die als Geographie mit Hilfe einer konzertierten hat, beschrieb in seinem Referat “Atha- Instrument zur Verkündigung diente. Das Aktion seiner jesuitischen Mitbrüder zu re- nasius Kircher und Kaspar Schotts Magia Museum sollte eine “permanente Konver- formieren, als Ausdruck seines Bestrebens, universalis” anhand zahlreicher Abbildun- sion” in Gang setzen, eine Konversion we- das jesuitische Korrespondenten-Netzwerk gen aus Werken der beiden die Abhängig- niger zum selbstbewußten katholischen als weltumspannendes Beobachtungsin- keit Schotts von Kircher, aber auch die ei- Glauben der Gegenreformation als viel- strument zu nutzen; bei der Ankündigung genständigen Leistungen des Jüngeren. Da- mehr zum universalwissenschaftlich aus- seines Projekts habe Kircher nachdrücklich bei wurde, wie in vielen anderen Beiträgen gerichteten Weltbild, wie Kircher es in sei- betont, daß allein der Jesuitenorden die auch, deutlich, daß Kirchers Universalis- nen Schriften vorführte. Unter diesem As- Möglichkeit zur Verbesserung der geogra- mus im 17. Jahrhundert eine Ausnahmeer- pekt sollten sich seine Publikationstätigkeit phischen Kenntnisse habe, weil nur die Je- scheinung war; ebenso wie Johann Hein- und seine Museumspädagogik ergänzen. rich Alsted oder Daniel Georg Morhof Der Generalinspektor der staatli- kämpfte Kircher gegen den wissenschaftli- chen Archive Italiens, Eugenio L S chen Trend, der auf Spezialisierung zielte. (Rom), der für die römische Kircher-Aus- forschung, 17), S. 99 – 138. URL: http.// Möglicherweise hing Kirchers Rastlosigkeit stellung 2001 den Versuch unternommen diglib.hab.de/mss/edition/kircher/2003. mit der Erkenntnis zusammen, “ein Letzter hatte, das Museum Kircherianum zu rekon- 3 So die Formulierung von Alexander K seiner Art zu sein”3. struieren, sah in diesem Museum die Ver- in seinem Bericht über das Symposion: Sei Als Kommunikations- und Medienwis- wirklichung der Lebensaufgabe des Jesui- frei für das Gegenteil. Fulda erinnert an senschaftler mit dem Schwerpunkt “Ar- tenpaters, den “vom Schicksal präsentier- den Universalgelehrten Athanasius Kircher, in: Süddeutsche Zeitung, 12. März 2003, chäologie der Medien” ordnete Siegfried ten Goldenen Schlüssel” zur Durchsetzung S. 13. Z (Köln) in seinem Vortrag “Licht seiner Weltsicht. Die Museumsgestaltung 4 Letztere Formulierung von K (wie und Schatten – Konsonanz und Dissonanz” stellte “eine unglaubliche Herausforderung Anm. 3). Kircher in die Frühgeschichte der techni- zur Vereinheitlichung” dar: die Zusam- 40 41

menführung der verschiedenen Felder sei- aus Indien (Dhrupad-Gesang) und Äthio- nasius Kircher: Licht, Wetter, Welt, Musik. ner Forschungen “unter demselben Dach, pien (Harfe) Gemeinsamkeiten auf. Auch Und er kommt gleichfalls mit falschen Be- in einem speziell dekorierten Kontext, im letztere gründen auf der “Kunst der Erin- gründungen zu richtigen Ergebnissen, was Zentrum der berühmtesten Universität des nerung”, der “ars combinatoria” und “ars am Wissensstand der damaligen Zeit liegt Jesuitenordens” – alles unter den Vorzei- memoria”, für die in Europa Namen wie und die Kritik an Kircher relativiert. Zur chen des Glaubens, der es Kircher ermög- Ramon Lull, Giordano Bruno, Athanasi- Verdeutlichung wählte P. Schärpf ein Pro- lichte, “das Chaos vor ihm und in ihm zu us Kircher und Gottfried Wilhelm Leibniz blem aus, das Athanasius Kircher in seiner bändigen”4. Das Museum war nach Lo Sar- stehen, und die in Indien eine noch viel län- Ars lucis et umbrae behandelt: die Brechung do “zugleich eine phantastische Möglich- gere Tradition hat. Das System der unzäh- des Lichtes beim Übergang in ein anderes keit zur Propaganda, wirkungsvoller als al- ligen rhythmischen und melodischen Per- Medium z. B. von Luft in Wasser. Descar- le Bücher”. Lo Sardo beleuchtete sodann mutationen und Kombinationen ist nach tes wie Kircher lagen mit ihren Erklärungs- die Grundsatzentscheidungen und eini- Pannke ein über Jahrtausende hinweg ent- versuchen schief; erst ein Jahrhundert spä- ge Schwierigkeiten bei der Rekonstrukti- wickelter Ausdruck indischen Denkens, der ter brachte der Jesuit Rudjer Josip (Roger on des Museums. Ersteres betraf die Hin- für das Entwerfen von Computerprogram- Joseph) Boskovic (1711 – 1787) ausgehend führung der Menschen zur labyrinthischen men genauso unabdingbar sei wie für das von Newton die Lichtbrechung einem Ver- Welt Kirchers und den Nachbau der Gale- Ausüben indischer Musik. ständnis näher und knüpfte daran modern rie in vereinfachter Ausführung sowie die Am Abend des 7. März kam es im Rah- anmutende Ideen: eine atomare eorie des Aufstellung der Objekte an den gleichen men einer öffentlichen Veranstaltung zur Festkörpers, die erst im 20. Jahrhundert bei Positionen wie auf dem Kupferstich De Se- Teilaufführung der vom Studio Akustische den Atom- und Kernphysikern Widerhall pis von 1678, letzteres die Zusammenfüh- Kunst/WDR Köln produzierten Komposi- fand, und den Vorschlag, die Aberration rung der infolge der Zerschlagungen des tion “Itinerarium Kircherianum” von Peter des Lichtes mittels eines mit Wasser gefüll- Museums 1773 und 1870 auf verschiede- P im Surround-Sound. Der Kom- ten Fernrohrs zu messen. Beim Wandel des ne Museen und Sammlungen verstreuten ponist und Musiker Pannke ist den Spu- jesuitischen Welt- und Wissenschaftsver- Sammlungsgegenstände und den Nachbau ren Kirchers gefolgt und hat die akustisch ständnisses spielte die Aufhebung der Ge- diverser technischer Objekte. bemerkenswerten Orte, an denen sich Kir- sellschaft Jesu 1773 und ihre Wiederein- Der Musikwissenschaftler Sebastian chers Leben abspielte, mit Hilfe zeitgenös- führung 1814 eine besondere Rolle – die K (Berlin) beschrieb in seinem Bei- sischer Musiker wieder zum Klingen ge- Veränderungen in der Welt waren, ebenso trag “Concordia discors – Kirchers Klang- bracht: die Katakomben der Santa Cecilia, wie die Neuorientierung innerhalb der Kir- lehre zwischen Heuristik und theologischer das “Ohr des Dionysos” von Syrakus und che, für die Jesuiten prägende Erfahrungen. Vision” die theoretischen und die theolo- die Wallfahrtskapelle von La Mentorella in Das kristallisierte sich besonders in der Ge- gischen Grundlagen des Kircherschen Mu- den Prenestiner Bergen südlich von Rom, stalt des Evolutionsforschers Pierre Teilhard sikverständnisses. Musik war für den Jesui- in der Kirchers Herz beigesetzt ist. Einge- de Chardin (1881 – 1955). Dieser ging tengelehrten eine der Mathematik zugehö- bettet in akustische Notizen der Recherche, trotz der von ihm gewonnen, der Lehrmei- rige Wissenschaft, die nicht primär durch die der Autor für diese Komposition mach- nung der Kirche nicht entsprechenden Er- ästhetische Kategorien oder durch Kunst- te, und in elektronische Bearbeitungen ori- kenntnisse nicht auf Kollisionskurs, son- fertigkeit definiert werden konnte; sie war ginaler Klänge entstand so ein Porträt des dern blieb seiner Einstellung als Jesuit in nicht nur “Kunst”, sondern als “Gottesga- barocken Universalgelehrten, das zwischen der Kirche treu. Aber er schrieb seine Bü- be” vor allem ein Weg zum Verständnis Vergangenheit und Gegenwart oszilliert cher, auch ohne sie drucken zu dürfen, im Gottes. Die durch die Musik freigesetzten und dem Hörer einige Lebensstationen Bewußtsein, daß sie die Wahrheit weiter- affektiven Kräfte unterstreichen die Wür- Kirchers auf eindrucksvolle Weise nahe- führen würden. Auf dem Hintergrund der de und die Ebenbildlichkeit des Menschen bringt. Exerzitienerfahrungen wußte er sich wie mit Gott; Musik ist ein Spiegel der von Der Physiker und Jesuitenpater Otto Descartes von Gott zu seinen Forschungen Gott in vollkommener Harmonie geschaf- S (München/Braunschweig) hielt angetrieben, gleich ob diese von anderen fenen Schöpfung, der Mensch ein Teil der anschließend den Festvortrag zum ema angenommen würden oder nicht – es war Weltharmonie. Gleichwohl ist die von Gott “Jesuitisches Welt- und Wissenschaftsver- seine Aufgabe, das Seine zum Wissensfort- ausgehende und zu ihm hinführende Musik ständnis im Wandel der Zeiten”. Das ty- schritt beizutragen. Im dritten Teil des Vor- auf den Menschen gerichtet und somit an- pisch Jesuitische ist Schärpf zufolge nur trags beschrieb Schärpf dann futuristische thropologisch begründet. Auch ist sie, wie zugänglich anhand der den Jesuitenorden Konsequenzen dieser Evolutionsauffas- jede Wissenschaft, einer zwingenden Sy- prägenden Exerzitienerfahrung; das Welt- sung, das Zusammenwachsen der Mensch- stematik unterworfen. Die Beachtung der und Wissenschaftsverständnis ist dann die heit zu einer überbiologischen Einheit, die Grundlagen und der Regeln der Musikwis- geschichtliche Ausfaltung dieser Erfahrung das eigentliche Ziel der Schöpfung sei: die senschaft führt zu klar strukturierten Kom- in der Begegnung mit den Problemen der Inkarnation, d. h. Gott alles in allem. positionen; deren Produktionsprozeß kann jeweiligen Zeit. P. Schärpf versuchte das je- Am 8. März beschäftigte sich zunächst mechanisiert werden. Auch ist Musik zu suitische Gottesbild mittels des als Ratio- der Philosoph omas L (Mün- therapeutischen Zwecken einsetzbar. nalisten bekannten Jesuitenschülers René ster) mit “anthropologische(n) Aspekte(n) Der Musiker und Komponist Peter Descartes (1596 – 1650) und seines on- im Werk von Athanasius Kircher”. Kir- P (Berlin) stellte “Athanasius Kir- tologischen Gottesbeweises zugänglich zu chers Reflexionen zur Stellung des Men- cher als Musikethnologe(n) avant la lettre” machen, könne man doch bei dem nicht schen bewegten sich fast vollständig im vor. Pannke ging dabei nicht nur auf Kir- als Mystiker – mit anderen unzugänglichen Rahmen kosmologischer Überlegungen chers musiktheoretische Vorstellungen und Erfahrungen – verdächtigen Descartes die und deren theologischem Hintergrund; seine Überlieferungen von frühen Musik- Exerzitienerfahrung als Leitlinie seines gan- sie basierten auf der vorchristlichen An- formen ein, sondern zeigte anhand von ak- zen Werkes durchscheinen sehen. Descartes nahme vom Menschen als dem markan- tuellen Aufnahmen traditioneller Musik behandelt die gleichen emen wie Atha- testen Kristallisationspunkt aller produk- 42 43 tiven Anstrengungen und von der Ord- graphia nova et universalis (manuscript, in- leihen. Kircher hingegen schrieb Hermes nung der Natur auf die Bedürfnisse und struments, print)” auf die Vorgeschichte Trismegistus eine besondere Bedeutung die Intelligenz des Menschen hin sowie auf von Kirchers Polygraphie ein. Wilding un- für die Hieroglyphen zu, die für ihn auch der im frühmodernen Europa unter dem ternahm es, Kirchers polygraphische Pro- geheime Symbole zur Darstellung der Ge- Einfluß von Cusanus und Marsilio Ficino dukte von den 1640er Jahren bis zu sei- heimnisse der Religion und der Naturge- noch gesteigerten Vorstellung von der We- nem Tod – Verschlüsselungsmaschinen, setze die Hieroglyphen des Alten Ägyp- sensverwandtheit des Menschen mit Gott, Lehrmaschinen, Rechenmaschinen, un- ten waren. Sowohl die Inhalte überlieferter von der ontologischen Position des Men- veröffentlichte Manuskripte und gedruck- ägyptischer Texte als auch die großen Be- schen in der Weltmitte und der “mensch- te Bücher – zu rekontextualisieren und de- wegungen der Erde und der Planeten, die lichen Seele als Zentrum der Verknüpfung ren Entwicklung zu beschreiben. Dabei Kircher und Bruno mit einem ungeheuren von Zeit und Ewigkeit, Materie und Geist standen weniger die Texte im Vordergrund Zeitmaßstab beobachteten, um ihrer physi- im Entwurf des Menschen als einer Ein- als vielmehr die materiellen Objekte oder kalischen Unermeßlichkeit gerecht zu wer- heit von Körper und Geist”, vom Nutzen Technologien, deren fortwährende Pro- den, führten beide dazu, den Moment der der Welt für den Menschen und von der duktion, Verbreitung und Aufnahme ih- Schöpfung auf einen weit vor das Buch Ge- Welt als Ausdruck göttlicher Ordnungslei- ren Inhalt bestimmten. Daß Kirchers Ver- nesis zurückreichenden Zeitpunkt zu ver- stung. Kircher stützt nach Leinkauf “sei- suche, Kommunikation neu zu durchden- schieben. Insgesamt symbolisierte Ägypten ne Anthropologie kosmologisch und seine ken, letztlich fehlschlugen, bedeutet nach in seiner besonderen Beziehung zu dem Kosmologie anthropologisch, beides letzt- Wilding nicht, daß man auf eine Betrach- sich ausbreitenden Gebiet der Naturphilo- lich fundiert in einem theologischen, meta- tung der Kommunikationsnetzwerke in ih- sophie sowohl für Bruno als auch für Kir- physisch argumentierenden Kontext”. Das rem Entstehungszusammenhang verzich- cher etwas Beständigeres und Dauerhafte- Universum als Ganzes findet sein Zentrum ten kann. res. im Menschen, der Mensch wiederum sein Ingrid D. R (American Aca- Der Mathematikhistoriker Harald Zentrum in Gott als einem absoluten “ter- demy Rom/New York) verglich in ihrem G (Heidelberg) beschäftigte sich in minus desideratus”. Die Welt ist nach Lein- Beitrag “Athanasius Kircher und Giorda- seinem Beitrag “Athanasius Kircher, Profes- kauf in Kirchers Wahrnehmung die “zweite no Bruno. Vom Alten Ägypten zum un- sor für Mathematik und orientalische Spra- Haut des Menschen” – und damit die Her- endlichen Universum” zwei Zeitgenossen chen, und sein Aufenthalt in Malta” mit ausforderung, sich wissenschaftlich mit ihr Galileo Galileis, die beide von der Existenz dem Mathematiker und Orientalisten Kir- zu befassen. des unendlichen Universums fasziniert wa- cher. Kirchers Interesse an Kombinatorik Gerhard F. S (University Park, ren, mit der gleichen Begeisterung aber und Kryptologie traf sich mit dem Studi- PA), zeichnete in seinem Vortrag “Atha- über die überlegene Zivilisation und die um und der Analyse semitischer Sprachen, nasius Kircher als Apologet und Interpret geheimnisvolle Weisheit der Alten Ägyp- die im Vergleich zu anderen Sprachen der kryptographischer und linguistischer Ent- ter schrieben. Zwei wichtige Entwicklun- Welt besonders “logisch konstruiert” sind. würfe des Johannes Trithemius” die Ein- gen trennen Bruno von Kircher. Giorda- Neben einer allgemeinen Beschreibung von flüsse des Sponheimer Abtes auf Kircher no Bruno starb 1600, neun Jahre vor der Kirchers Malta-Besuch 1637/38 berichtete nach, unterstrich aber auch Kirchers Ei- Erfindung des Teleskops. Seine kosmologi- Gropp über ein arabisches Manuskript von genständigkeit. Kirchers Bemühungen um schen Spekulationen beruhten auf konzen- Bin Wahschih, das Kircher möglicherwei- eine Universalsprache, niedergelegt in sei- triertem Denken und nicht auf empirischer se in diesen Monaten auf Malta gefunden nem handschriftlichen Projekt der Reduzie- Evidenz. Für Athanasius Kircher hingegen und mit nach Rom genommen hat. Wohl rung aller Sprachen auf eine einzige (1659) hatte sich die Welt der Naturphilosophie ei- unbestritten ist die Tatsache, daß Kircher und in seiner Polygraphia nova et universa- ne Generation später vollständig verändert; solche Manuskripte auf Malta gesehen hat. lis (1663), lassen sich von seinen kryptolo- Instrument und Beobachtung hatten sich Ob unter diesen sich auch das später (1806) gischen Überlegungen nicht trennen; sein als wesentliche Elemente des Strebens nach von Joseph Hammer publizierte und ins Sprachenschema ließ sich auch zu stegano- Erkenntnis durchgesetzt. Die zweite große Englische übersetzte Buch über alte Alpha- graphischen, zu Geheimhaltungszwecken Kluft zwischen Giordano Bruno und Atha- bete befindet, ist noch nicht geklärt. Einer- verwenden! Für letztere verquickte Kir- nasius Kircher bezieht sich auf das Studium seits kommt der Inhalt dieses Buches von cher sein System der universellen Verstän- der alten Ägypter und auf die Datierung des Bin Wahschih den Interessen Kirchers sehr digung mit den auf Trithemius zurückge- Alters der dem ägyptischen Weisen Hermes entgegen; ein direkter Bezug in Kirchers henden und von ihm weiterentwickelten Trismegistus zugeschriebenen, als Schlüssel Werk ist allerdings bis jetzt nicht bekannt. Vorstellungen von geheimer Kommuni- zum alten Ägypten und dessen Weisheit be- Der emeritierte Mathematik-Didaktiker kation und konstruierte eine “Cista” oder trachteten Bücher, die 1614 von dem pro- Hans-Joachim V (Würzburg) stell- “Arca Steganographica”. Um einen hohen testantischen Gelehrten Isaac Casaubon als te in seinem Vortrag “Athanasius Kirchers Sicherheitsgrad zu gewährleisten, wählte spätantike Pastichen identifiziert wurden. Ideen zur Didaktik der Mathematik” auf ei- Kircher die doppelte Chiffrierung; sein Sy- Mit besonderer Beharrlichkeit schenk- ne bisher unbekannte Weise den “Pädago- stem blieb aber leichter verständlich als das te Kircher den hermetischen Büchern bei gen” Kircher vor. Kircher habe sich, wie jahrhundertelang umstrittene des “Dritten seinen eigenen ägyptologischen Studien je- Vollrath anhand der Interpretation eines Buches” der Steganographia des Trithemius, doch weiterhin Glauben. Bruno sah seine Briefes des Gelehrten an Gottfried Aloysi- welches erst in den letzten Jahren von zwei Aufgabe darin, die antike Prägung der Phi- us Kinner, den Erzieher des damals zwölf- Forschern (unabhängig voneinander) ent- losophie zu erneuern, deren Wesen über jährigen Erzherzogs Karl Joseph von Habs- schlüsselt werden konnte. die Jahrhunderte durch Aberglauben ent- burg, aus dem Jahre 1661 darlegte, in vor- Nick W (Cambridge/GB), wie stellt worden war. Dabei benutzte er Ägyp- bildlicher Weise in die Welt von Kindern Michael John Gorman ein intimer Ken- ten als Symbol, um seiner neuen Philoso- und Jugendlichen eingefühlt; mit seinen ner des Kircherschen Briefwechsels, ging phie eine noch ältere Abstammung als die Lehrmaschinen – Karl Joseph erhielt ein in seinem Vortrag “Publishing the Poly- der griechisch-römischen Tradition zu ver- “Organum mathematicum”, einen Holz- 42 43

schrein mit Materialien zum Mathematik- frühmodernen Europa. Nach Stolzenberg für nachfolgende Generationen. Auf dem unterricht – sei er ganz konkret auf die Be- adaptierte Kircher arabische Legenden, Gebiet der koptischen Schrift und Spra- dürfnisse wissensbedürftiger Heranwach- die Hermes Trismegistus mit den Pyrami- che, die auch zur Ägyptologie gehören, gilt sender eingegangen. Und er habe den den in Ägypten und der Wiederbelebung Kircher ohnehin als Pionier. Die Ägyptolo- wichtigsten erzieherischen Grundsatz be- vordiluvianischen Wissens verbanden, um gie solle Kircher daher ernst nehmen und folgt, nämlich Schüler “ernst zu nehmen”. seine Auffassung von Hermes als dem Er- nicht belächeln. Sie solle Kirchers Schriften Der Romanist Dietrich B finder der Obelisken künstlich zu stützen. lesen und seine Forschungsansätze zu ver- (Jena/Wolfenbüttel) untersuchte anhand Obwohl Kircher für die Authentizität des stehen suchen. Und sie solle Kircher als ei- des literarischen Oeuvres von Sor Juana Corpus Hermeticum gegenüber Kritikern nen der frühen Wegbereiter des Faches an- de la Cruz (1651 – 1695) deren Rückgriff wie Casaubon eintrat, waren die Herme- erkennen. auf Schriften von Athanasius Kircher. Die tica für die Kenntnis der altägyptischen Im letzten Vortrag beschäftigte sich der mexikanische Nonne, die vielleicht bedeu- Weisheit ohne Bedeutung für ihn. Die ein- Direktor des Fuldaer Vonderau Museums tendste Literatin ihres Heimatlandes, er- zig wirklichen Quellen für diese Weisheit Gregor S mit dem “Bild des Atha- warb sich – angetrieben von einem unge- waren nach Kircher die Hieroglyphen-In- nasius Kircher bei den Fuldaer Jesuiten im heuren Wissensdrang – wissenschaftliche schriften, die Trismegistus und seine ersten 18. Jahrhundert”. Stasch untersuchte das Kenntnisse durch Beobachtung von Natur- Nachfolger in die ältesten Obelisken gemei- von dem fuldischen Hofmaler Emanuel phänomenen, durch Gespräche mit lokalen ßelt hatten. Problematisch ist für Stolzen- Wohlhaupter angefertigte Bildnis Kirchers, Gelehrten, durch Briefwechsel mit europä- berg Kirchers Ablehnung oder Mißachtung das sich heute in der Bibliothek des Bischöf- ischen Wissenschaftlern und durch Lesen kritischer philologischer Standards zur Ein- lichen Priesterseminars Fulda befindet. Bei aller für sie erreichbaren wissenschaftlichen schätzung von Texten und die Beharrung der Gestaltung des Porträts orientierte sich Texte; sie nannte die größte Bibliothek im auf Beweisen, die auf die Übereinstimmung der Maler an der Vorlage von Cornelis Blo- damaligen Neu-Spanien ihr eigen und ver- von Autoritäten und die Fortdauer von Tra- maert aus dem Jahre 1655, die im 17. und wandelte ihre Zelle in einen Raum intel- ditionen gründen. 18. Jahrhundert in zahlreichen Varianten lektuellen Wachstums. Ihre Beschäftigun- Horst B (Würzburg), einer der als Kupferstich verbreitet war. Wohlhaup- gen mit Astronomie (sie besaß ein eigenes Organisatoren der Würzburger und Fulda- ter zeigt den “reifen” Kircher als Kirchen- Teleskop und hatte vermutlich Vorbehalte er Kircher-Ausstellung “Magie des Wis- mann und Gelehrten: mit Birett und blau- gegen die eorie von der Erde als Zen- sens”, sprach zum ema “Was verdankt er Mozzetta an einem Tisch sitzend, zwei trum des Universums), Geometrie, Arith- die Ägyptologie Athanasius Kircher?”. Er Säulen und den römischen Petersdom und metik, Physik, Musik, Geschichte und Phi- verdeutlichte, wie ungerecht sich die Ägyp- eine Christuserscheinung im Hintergrund, losophie fanden Eingang in ihre Schriften. tologen, deren Wissenschaftsgeschichte mit fünf von ihm verfaßten Bücher auf einem Verbindungen zu Athanasius Kircher erga- dem Jahr 1822, dem Jahr der Entzifferung Bücherbord im Vordergrund sowie einem ben sich vor allem über dessen Iter extati- der Hieroglyphen durch Jean-François Modell des Weltalls, einem Zirkel und ei- cum [!] coeleste, der deutliche Spuren in Sor Champollion, beginnt, gegenüber allen nem Manuskript mit Hieroglyphen auf sei- Juanas Primero Sueño hinterließ, und über frühen Forschern verhalten haben, weil sie nem Schreibtisch. Das Ölgemälde dürfte Kirchers Darstellung des Hermetismus. diese daran maßen, ob sie die Hieroglyphen um 1730 entstanden sein, möglicherweise Daneben griff Sor Juana auch in ihren my- lesen konnten oder nicht. Auch Kircher im Zusammenhang mit der Eröffnung der stischen Betrachtungen auf Ausführungen mußte sich den Vorwurf gefallen lassen, Fuldaer Universiät 1734. Schon kurz nach des Jesuitengelehrten zurück, wie ihr über- die Eigenschaften der ägyptischen Schrift seiner Fertigstellung wurde es beschnitten haupt die meisten seiner Werke präsent wa- nicht geahnt zu haben, die erst 170 Jahre (im Bereich der römischen Kirche und der ren. nach dem Erscheinen seines Buches Oedi- Christuserscheinung) und in einen ver- Daniel S (Stanford, CA) pus Aegytiacus mit Hilfe des bilinguen Tex- schnörkelten Rahmen eingepaßt, um wohl ging in seinem Vortrag “Arabs, Obelisks, tes auf dem Stein von Rosette entdeckt im Eingangsbereich der Bibliothek oder des and the Corpus Hermeticum” auf die Rol- werden konnten und die ohne einen sol- Museums im Jesuitenkolleg aufgehängt zu le ein, die Hermes Trismegistus und die chen Schlüssel bis heute nicht verstanden werden. Idee der Hermetischen Weisheit im Werk würden. Beinlich konstatierte sogar, daß Die Tagung wurde beschlossen durch ei- von Athanasius Kircher spielen, speziell im ein bedeutender Ägyptologe wie Johan- nen Besuch der von der Universität Würz- Studium der Hieroglyphen, und knüpf- nes Dümichen “die Originaltexte Kirchers burg übernommenen, in Fulda mit eige- te damit teilweise an die Ausführungen nicht verstanden, ja vielleicht nicht einmal nen Exponaten angereicherten Ausstellung von Ingrid D. Rowland an. Kirchers Her- gelesen hat” und durch “Veränderung in “Magie des Wissens. Athanasius Kircher mes gehört zum Zweig antiken Wissens, der Reihenfolge der für Kircher entschei- 1602–1680. Universalgelehrter, Sammler, der biblische und heidnische Erzählungen denden Schlüsselworte” diesem unmetho- Visionär” (die im städtischen Vonderau- miteinander verband. Kircher unterschied disches Vorgehen und Phantasterei unter- Museum vom 18. Januar bis zum 16. März zwischen zwei Figuren, die als Hermes be- stellt hat. Doch war Kircher nach Beinlich 2003 zu sehen war)5 sowie durch einen Be- kannt waren: der erste, der Enoch der Bi- “der erste, der Ägypten als lösbares philolo- such in Kirchers Geburtsstadt Geisa. bel, lebte vor der Sintflut und ist den Ara- gisches Problem verstanden und definiert bern als Idris geläufig. Der zweite Hermes – hat”. Mit der Vermutung, daß das Kopti- Trismegistus – spielte in Kirchers Werk als sche und das pharaonische Ägyptisch die Wiederbeleber der Weisheit der vordiluvia- gleiche Sprache seien, ebnete Kircher den nischen Patriarchen im nachdiluvianischen Weg zum Verständnis der altägyptischen 5 Vgl. Friedrich N, Abstieg in den Ägypten und als Erfinder der Hieroglyphen Sprache, auch wenn seine Übersetzungen Krater des Vesuv. Das Genie, das alles ver- und der Obelisken die bedeutendere Rol- prinzipiell falsch waren. In seinen Büchern knüpfen wollte: Athanasius Kircher in einer le. Diese Sichtweise unterschied sich signi- sammelte und bewahrte er Informationen Ausstellung in Fulda, in: Frankfurter Allge- fikant von den üblichen Vorstellungen im und Gegenstände der ägyptischen Kultur meine Zeitung, 29. Januar 2003, S. N 3. 44 45

Was ist Literatur? Historische und systematische Perspektiven

Arbeitsgespräch vom 11. bis 12. März 2002 in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel

Stefan Büttner

Die Literaturwissenschaft lebt mit einem Aristoteles, an der sich die meisten Litera- äußeres Tun von einem inneren Entschluß andauernden Paradox. Einerseits scheint turkonzepte der Neuzeit – in Zustimmung, (dieses bestimmten Menschen) initiiert ihr in theoretischer Hinsicht der Gegen- Ablehnung oder Transformation – abarbei- werde; Kontingenzen, wie sie die Geschich- stand abhanden gekommen zu sein; denn ten. Eine richtungsweisende Funktion ha- te (und die Geschichtsschreibung) durch- nach der Abkehr vom Verständnis der Li- be dabei Robortello inne. Er bestimme den ziehen, sollten hingegen aus der Dichtung teratur als Mimesis der äußeren Wirklich- Gegenstand der Nachahmung einerseits ausgeklammert werden. Mimesis ist diesem keit werden als Kriterien von Literatur et- sehr weit als alles Vorstellbare, das primär Verständnis nach nicht Nachahmung der wa deren Fiktionalität oder die Weise der aus der Empirie zu schöpfen sei (hier rückt empirischen Natur, sondern zielt auf die Sprachverwendung genannt, d. h. eher for- der Begriff der descriptio, etwa auch bei Ursachen von Handeln und Handlungs- male, jedenfalls nicht hinreichende Krite- Scaliger und Opitz, in den Vordergrund). erfolg und entbehrt somit nicht einer ethi- rien. Oder es wird eine Abgrenzung lite- Andererseits sollten die handelnden Men- schen Dimension. Dabei bestand in der rarischer von nichtliterarischen Schriften schen Darstellungen von Idealen im Sinne Diskussion Einigkeit darüber, daß für die als binäre Opposition prinzipiell abgelehnt abstrakter Normen (man vergleiche damit Poetik primär die Handlung und erst se- und beides im Begriff des Textes als kom- noch Gottscheds Bestimmung der Tragö- kundär der Charakter Gegenstand der plexem Gewebe von Bedeutungen, die sich die als eines sinnlich eingekleideten mo- Darstellung ist und daß Aristoteles weder in unendlichem Spiel immer neu konstitu- ralischen Lehrsatzes) oder einer inhaltlich eine Charakter- bzw. Typen-Tragödie noch ieren, verschmolzen. unbestimmten Variable sein (“der Mensch eine moralische Dichtung anstrebt, wie sie Andererseits fahren die Literaturwis- an sich”). Das bewirke eine starke Eingren- die Renaissance-Poetiken favorisieren. senschaften in der täglichen Praxis mit der zung und Entindividualisierung des Ge- Man kann demnach nicht von einer traditionellen Interpretation von Literatur genstandes von Literatur. Robortellos Poe- bruchlosen Traditionslinie der Mimesis- fort. Eine Präzisierung, zumindest Annähe- tik-Interpretation enthalte somit Aporien, theorie (als Nachahmung des in der Na- rung oder Umkreisung dessen, was eigent- denen sich die dichtungstheoretischen Po- tur Gegebenen) sprechen, die, je nach Be- lich der Gegenstand dieser Wissenschaften sitionen der Folgezeit bis zum Ende des rechnung, spätestens im 18. Jahrhundert ist, erweist sich daher als wünschenswert, 18. Jahrhunderts nicht hätten entziehen vom Verständnis des Künstlers als schöpfe- wenn nicht gar als erforderlich, um ihr Spe- können. rischem Subjekt abgelöst worden sei. Statt zifikum von dem anderer Wissenschaften Zum Verständnis des Aristotelischen dieser großen Wende von antiker oder in abzugrenzen. Textes selbst gab es auf der Tagung un- antiker Tradition stehender zu moderner Um der Lösung dieses vieldiskutierten terschiedliche Auffassungen. Andreas Ka- Literaturtheorie scheint es vielmehr eine Problems näher zu kommen, fand am 11. blitz (Köln) deutete die Poetik als eorie Vielzahl mikroskopischer Akzentverschie- und 12. März 2002 in der Bibliotheca Au- eines autonomen Kunstwerkes. Aristoteles bungen ab dem Spätmittelalter zu sein, die gusta in Wolfenbüttel unter der Leitung fordert, der Dichter solle eine einheitliche diesem Wandel Vorschub leisten oder ihn von Jörg Schönert (Hamburg) und Ulrike Handlung mit einer konsequenten Anord- partiell schon antizipieren. Zeuch (Wolfenbüttel) ein Arbeitsgespräch nung von Anfang, Mitte und Ende darstel- Maria Moog-Grünewald (Tübingen) zu dem ema “Was ist Literatur? Histori- len, und spricht ihm daher zu, Allgemei- wies darauf hin, daß Platon die Idee als sche und systematische Perspektiven” statt, neres als die Geschichtsschreibung mitzu- einen intelligiblen Sachgehalt ansetzt, der an dem Vertreter der Literaturwissenschaf- teilen (Kap. 7 – 9). Nach Kablitz spricht nicht nur Bedingung der empirischen Welt, ten, der Philosophie und der eologie teil- Aristoteles damit von einer Ereignisket- sondern auch Vorbild des guten künstleri- nahmen. Die Vorträge spannten, historisch te, der zwar eine logische Binnenorgani- schen Schaffens ist. Die Kunstkritik im betrachtet, einen Bogen von der antiken sation zukommt, für deren Zustandekom- 10. Buch der Politeia – hier wird schlech- Dichtungstheorie, vor allem Platon und men aber der handelnde Charakter keine te Kunst als bloßer Spiegel der Wirklich- Aristoteles, über mittelalterlichen Minne- entscheidende Rolle spielt. Das Allgemei- keit getadelt – sei somit weder eine Beur- gesang und die Literaturtheorie der Renais- ne der Dichtung meine ein komparativ All- teilung der Kunst noch eine Bestimmung sance bis hin zur Textwahrnehmung gegen gemeines, das sich an den Gegebenheiten ihres primären Gegenstandes. Schon Ci- Ende des 18. Jahrhunderts. Als themati- der Wirklichkeit orientiere. Brigitte Kappl cero verstehe hingegen die Idee als per- sche Schwerpunkte kristallisierten sich her- (Marburg) betonte hingegen Aristoteles’ fekte Vorstellung im Geist des Künstlers aus: Die Frage nach dem Gegenstand der Aussage, das Allgemeine der Dichtung be- (und damit als weltimmanenten Gegen- Dichtung in der antiken Poetik, die zuneh- stehe darin, daß ein Charakter mit einem stand) und präludiere damit Entwicklun- mende Betonung der Leistung der (subjek- ganz bestimmten Habitus in einer gegebe- gen der Renaissance: Wenn Pietro Bembo tiven) Vorstellung in den modernen Litera- nen Situation ein dem Charakter entspre- meint, man müsse, um ein guter Redner turtheorien und das Spiel der Dichter mit chendes Handlungsziel suche und bis zum zu werden, dem besten Redner nacheifern, einem eher hedonistischen Selbstverständ- Gelingen oder Scheitern verfolge (Kap. 6 so liefert zuletzt die gegebene Wirklichkeit nis. und 9). Das werde durch den prägnanten das Vorbild für das Reden. Genauso ste- Wie der Vortrag von Ulrike Zeuch zei- Handlungsbegriff der Ethiken gestützt, der he es mit denjenigen Renaissance-Poeti- gen konnte, ist es vor allem die Poetik des von Handlung nur dann spreche, wenn ein ken, die den Allgemeinbegriff der Aristote- 44 45

plizit damit ebenfalls die Gültigkeit sinnli- eint), aber noch nicht vom Verstand zer- cher Erkenntnis vorausgesetzt), so verschob gliedert ist (perceptio clara et confusa), be- sich das Gewicht mit der Zeit mehr und stimmt, darauf aufbauend, Baumgarten mehr auf die Seite der Anschauung bzw. zum spezifischen Bereich der Kunst und der Vorstellungskraft (imaginatio), der ei- Literatur; Kant nimmt diesen wirkmäch- ne vermittelnde, im Sinnlichen tätige Rol- tigen Gedanken mit den ästhetischen Ide- le zugeschrieben wurde. Die folgenden Ta- en der reflektierenden Urteilskraft auf. Die gungsbeiträge können als Beispiele für diese Differenz der literarischen Vorstellungen komplexen Übergangsprozesse verstanden zu normalen Gegenstandswahrnehmun- werden. gen wird bei Baumgarten nun, wie Gott- Auf einen möglichen Keim solcher Ak- fried Gabriel (Jena) erläuterte, ähnlich wie zentuierungen in den Poetiken des Tre- und z. B. schon bei Robortello, in ihrer Fiktivi- Quattrocento wies Rainer Stillers (Kon- tät gesehen. In diesem Sinne brauche Lite- stanz) am Beispiel Boccaccios hin. Zwar ratur zwar kein Gegebenes und keine Dinge stehe Boccaccio mit seinen theologischen an sich, bleibe aber indirekt an die empiri- Rechtfertigungen der Dichtung noch ganz sche Welt rückgebunden, um die Möglich- in spätantik-neuplatonischer Allegorese- keit der fingierten Welten abzusichern. Ver- Tradition, er beanspruche aber auch, daß schiedene Konzepte der Textwahrnehmung Dichtung, unabhängig von der Darstellung von Galilei bis Goethe stellte Lutz Danne- theologischer Wahrheiten, durch ihre Bild- berg (Hamburg) am Paradigma der Metho- haftigkeit eine ganz spezifische menschliche den von Analysis und Synthesis vor. Man Ausdrucksform sei. Vor allem in längeren habe erhofft, aus den autoritativen Texten Gedichten (z. B. Teseida, L’Amorosa Visione) (Bibel, Aristoteles) über die Analyse in ihre biete er in ausführlichen Beschreibungen Elemente und die Rekombination der Tei- Giovanni Boccaccio: Amorosa Visione. Vinecia: von Wandmalereien (teilweise des bisheri- le neue, bislang verdeckte Erkenntnisse ent- De Ferrari 1558. HAB: 51.11 Eth. (1) gen Geschehens) Ansätze einer Reflexion falten zu können. Als Analogie hierfür kön- auf dichterische Bildhaftigkeit innerhalb ne die in Vesalius’ De humani corporis fabri- lischen Poetik, unter dem Einfluß der rheto- der dichterischen Bildhaftigkeit selbst. ca dargestellte Anatomie des menschlichen rischen Decorum-Lehre und der Ars poetica Wesentlich stärkeren Nachdruck auf das Organismus gelten, bei der es Vesalius nicht des Horaz, zu einem abstrakten Verhaltens- Schöpferische des Dichters legt Torqua- um eine Zerstückelung, sondern um eine muster umdeuteten (z. B. Castelvetro, Ro- to Tasso, dessen Auffassungen in den Dis- Beschreibung der Funktionalität der ein- bortello). Ziel und Gegenstand der Darstel- corsi dell’arte poetica Katharina Münchberg zelnen Teile für sich und ihrer Aufgabe im lung werde nun ein typengerechtes Agie- (Tübingen) in die Nähe von Giordano Bru- Körperganzen gehe. ren (der Zornige, der Geizige usw.), das so nos Konzept der Welt als inkarnierten Got- Einen ganz anderen Aspekt von Körper- oft zum Zweck der moralischen Erbauung tes gerückt wissen wollte: Der Dichter eine lichkeit, der eher die Wirkung des Dich- zu idealem Handeln zugespitzt werde (der das Viele zu einem Ganzen so, wie der gött- ters auf sich selbst und das Publikum be- Tapfere, der Fromme usw.). Den Maßstab liche Schöpfer die Harmonie des Kosmos trifft, stellte Peter Strohschneider (Dres- für die Typologie liefere auch hier die Em- aus disparaten Teilen herstelle. Hier ist ver- den) in seiner Betrachtung von Steinmars pirie, die im einen Fall gemittelt und im an- mutlich das stoische Philosophem des welt- Lied vom Singen in den Vordergrund: Im deren zum Ideal abstrahiert werde (Kablitz, immanenten Gottes verquickt mit Plotins ersten Teil des Liedes dominiert die Ab- Kappl). Vorstellung vom Künstler, der seine Werke senz des Körperlichen in der Maien-Welt; Erst diese starke Normierung der Kunst aus den selben rationalen Quellen schafft die Geliebte will sich dem Sänger trotz all wurde zum Impetus, den Regeln und der wie die Natur (Enn. 5,8). Wieder stärker seiner kunstvollen Bemühungen nicht hin- Darstellung derart abstrakter Gegenstände folgt, nach dem Urteil von Friedrich Ueh- geben. Er dient sich folglich dem Herbst gegenüber die Rolle der Anschauung und lein (Erlangen), Shaftesbury der genuin an mit dem Versprechen, durch seinen Ge- die subjektive schöpferische Leistung stär- platonischen Tradition. In den Soliloquies sang wahre Meisterleistungen im Essen und ker zu betonen. Dabei dürfte eine erheb- unterstreiche Shaftesbury die Wichtig- Trinken zu provozieren, ganz Schlund zu liche Rolle spielen, daß sich ab dem Spät- keit des Selbstgespräches für den Glücks- werden. Steinmars Lied bleibt, so Stroh- mittelalter, etwa bei Duns Scotus, eine Er- erwerb, aber auch für das Dichten, da der schneider, als Lied nur ein Phantasma der kenntnistheorie durchzusetzen beginnt, die Mensch in beiden Fällen in Übersteigung körperlichen Präsenz und wird nicht die- der Sinnlichkeit eine rezeptive, unüber- seiner selbst Einsicht in die Möglichkeiten se Präsenz selbst; es weise jedoch auf ein formte Erfassung in ihrem ganzen Reich- des Menschen überhaupt gewinnen solle. mögliches dichterisches Selbstverständnis tum zuspricht – was eine enorme Aufwer- Aufgabe des Schriftstellers sei es, aus dieser hin, das ganz durch den sinnlichen Genuß tung dieser Vermögen bedeutet – und dem Erkenntnis, die ein Finden und kein Erfin- motiviert ist. Verstand das Geschäft des bewußten Glie- den sei, wiederum neue, komplexe Charak- Sinnlicher Genuß müsse beim Lesen derns, Ordnens und Rekonstruierens dieses tere und deren Handeln zu gestalten. von Romanen immer mit moralischer Be- Gegebenen beläßt. Der Verstand geht dabei Etwa zur selben Zeit greifen Leibniz lehrung einhergehen, doziert der Kanoni- zwar methodisch vor, kann aber nur nach- und Wolff mit dem System der nach dem kus und noch strenger der Pfarrer im Li- vollziehen und nichts Inhaltliches hinzufü- Grad der Evidenz geordneten Perzeptionen teraturgespräch von Cervantes’ Don Qui- gen. Wurde in den Literaturtheorien der den spätmittelalterlichen Gedanken vom jote. Der Kanonikus gibt Don Quijote Renaissance zunächst noch die Tätigkeit Reichtum der Sinne wieder auf. Diejeni- gegenüber aber zu, daß die Ritterromane des die Wirklichkeit ordnenden und ab- ge Vorstellung, die schon ein Etwas dar- ihn durchaus ergötzen, solange die Vor- strahierenden Verstandes betont (und im- stellt (also die sinnliche Mannigfaltigkeit stellungskraft gegenüber dem Verstand die 46 47

Oberhand behält, der auf die Einhaltung darzustellen, wenn Shaftesbury die Fähig- zeigen, daß die einzelnen Handlungen zwar der Regeln (der schon genannten Poeti- keit der Selbstbesinnung mit der Begabung auf je einzelne Ziele, aber zuletzt strategisch ken des Cinquecento) drängt. Don Quijo- zum Dichten zusammenrückt, wenn Don doch auf das Glück ausgerichtet sind; das te, so Joachim Küpper (Berlin), weist den Quijote und Steinmar als literarische Figu- Streben nach dem Glück sei, demgemäß, Vorwurf, die Ritterromane seien zu phan- ren höhere oder niedere Lüste anstreben, ein unhintergehbares Axiom menschlicher tastisch, energisch zurück. Wenn Quijote so zeigt sich die Wichtigkeit des Glücksbe- Ethik. von der Erzählung über den Ritter, der für griffes für die Konstitution von Literatur. Die Tagungsbeiträge und die Diskus- seinen Sprung in einen brodelnden Pech- Auf diesen Glücksbegriff konzentrierte sich sionen machten deutlich, daß es einerseits See mit der schönsten Prinzessin belohnt der Vortrag von Rochus Leonhardt (Ro- utopisch erscheint, aus den disparaten Li- wird, schwärmt, so entwerfe Cervantes da- stock): Nach der Abwendung vom Glück teraturkonzepten einer über 2000jährigen mit zum ersten Mal das Bild einer Litera- als Handlungsziel bei Luther und, syste- Tradition eine transhistorische Position ge- tur, deren Ziel in der imaginierten Erfül- matisch ausformuliert, bei Kant zugunsten winnen zu wollen, daß es aber anderer- lung der unerfüllbaren Wünsche des Lesers der Tätigkeit des reinen Willens, der sich seits sehr wohl lohnt, die Prozesse zu ver- bestehe. Am unglücklichen Schicksal Don an der Vernunft selbst orientieren soll, sei folgen, die zu den verschiedenen Konzep- Quijotes und am Roman selbst könne man der Glücksbegriff in der Ethik gleichwohl ten geführt haben. So können die eorien erkennen, daß dieses Konzept nicht Cer- bedeutsam geblieben, allerdings entweder auf ihre innere Plausibilität geprüft und ein vantes’ Ideal sei; im Grunde würden beide auf ein bloßes Wohlgefühl reduziert (“Hap- methodisch besser gesichertes Arsenal von Konzepte mit einer gewissen Skepsis vor- pyologie”) oder dergestalt pluralisiert, daß Interpretationsansätzen angelegt werden. gestellt (Kablitz). Nur mit größter Vorsicht eine konsensuale Ordnung der verschiede- Die Beiträge des Arbeitsgespräches wer- könne man den Vorschlag machen, der nen Handlungsziele nicht mehr erreichbar den in der Reihe “Neues Forum für Allge- Roman sei als Vermittlungsversuch beider sei. Leonhardt schlug vor, in dieser apore- meine und Vergleichende Literaturwissen- Konzepte zu verstehen (Küpper, Uehlein). tischen Situation das beatitudo-Verständnis schaft” erscheinen. Wenn Aristoteles’ Poetik fordert, eine von omas von Aquin wieder verstärkt in Handlung bis zum Gelingen oder Scheitern den Blick zu nehmen. omas versuche zu

Der Kommentar in der frühen Neuzeit

Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel vom 5. bis 7. Mai 2002

Ralph Häfner (Berlin)

Formen und Funktionen des “Kommen- Frage, inwiefern der Kommentar eine – hi- kalypse vor dem Hintergrund ihrer seit tars” unterliegen in der frühen Neuzeit ei- storisch, genetisch oder strukturell begrün- dem vor-nicaenischen Chiliasmus zu be- ner bemerkenswerten Versatilität. Die Ge- dete – hermeneutische Dimension besitze, obachtenden Kommentierung insbeson- schichte seines Begriffs ist dementspre- machte deutlich, daß generalisierende und dere seit dem Kommentar des Joachim chend von der Antike her durch einen systematisierende Oberbegriffe wie Herme- von Fiore eine lebhafte Aufnahme gefun- reich differenzierten Bedeutungsumfang neutik, Intertextualität oder selbstreferen- den hatte. In der Konfrontation zweier re- bedingt. Caesars Kommentarien haben in- tielles System, die selbst wieder in hohem formierter (Antoine du Pinet; Nicolas Col- haltlich und formal wenig gemein mit je- Grade erklärungsbedürftig sind, nicht un- ladon) und zweier katholischer Kommen- nen “Attischen Nächten”, die ihr Autor Au- befragt auf konkrete Erscheinungsweisen tare (Jean de Gagny; Pierre Bulenger), die lus Gellius um die Mitte des zweiten nach- des frühneuzeitlichen Kommentars appli- zwischen 1539 und 1600 erschienen waren, christlichen Jahrhunderts als Kommentare ziert werden können. Dissimulative Stra- wurde deutlich, daß eine mögliche Instru- bezeichnet hat. Es lag in der Intention des tegien im hermetischen Kommentar des mentalisierung der Apokalypse im konfes- Arbeitsgesprächs über den “Kommentar in 16. Jahrhunderts, komplexe Bild-Text-Re- sionellen Dissenz der Zeit ganz wesentlich der frühen Neuzeit”, das vom 5. – 7. Mai lationen, didaktische Strukturierungen von von den hermeneutischen Voraussetzun- 2002 in der Herzog August Bibliothek in lectio, commentarius und quaestio sowie die gen abhängig war, wie sie von der spirituel- Wolfenbüttel unter der Leitung von Ralph durch den Buchdruck erzeugte Plurali- len Überlieferung der Apokalypse-Deutung Häfner (Berlin) und Markus Völkel (Ro- sierung der literarischen Vermittlung be- bereitgestellt worden waren. Die Kommen- stock) stattfand, etwas von jener Variati- schreiben einige der Faktoren, die den dis- tierung der Apokalypse ist daher auch vor onsbreite zur Anschauung zu bringen, von parilen Charakter des frühneuzeitlichen dem Hintergrund der Kommentare des der die Traditionsgeschichte des Kommen- Kommentars bedingt haben. Victorinus von Poetovio, Haimo von Au- tars vom 16. bis ins frühe 18. Jahrhundert Irena Backus (Genf) zeigte in ihrem xerre und Rupert von Deutz zu sehen, die hinein bestimmt worden ist. Beitrag über “Structure and Content of im 16. Jahrhundert wieder zugänglich wa- In seinem einführenden Referat stellte French Protestant and Catholic Com- ren. Die Funktion der calvinistischen Kom- Markus Völkel einige der in den vergange- mentaries on the Book of Revelation of mentare, die nur im Blick auf Apk. 13 ei- nen Jahrzehnten erarbeiteten Forschungs- St. John, 1539 – 1600”, daß die Johan- ne dezidiert anti-päpstliche Polemik entfal- ansätze zur Diskussion. Insbesondere die nes dem Evangelisten zugeschriebene Apo- ten, erfüllte sich zudem in dem pastoralen 46 47

Auftrag einer Tröstung der Gläubigen. Die chen können. Der Kommentar einer 1666 Berufung auf Autorität, der Status der In- erschienenen Ausgabe des Gellius mach- spiration und die spirituelle Grundierung te sichtbar, daß die Herausgeber Antoni- gingen hier wie dort eine höchst komplexe us ysius und Jacob Oiselius ihre Aufga- Symbiose ein. be des Kommentierens nicht allein auf die Sicco Lehmann-Brauns (Berlin) ver- Herstellung eines kritischen Textes und ei- deutlichte in seinem Beitrag über “Gott- nes vom Text her beglaubigten Sprach- und fried Arnold als spiritueller Kommentator”, Sachaufschlusses begrenzt sahen. Nicht nur daß der “Geist der Wahrheit”, der aus dem sprach- und rechtswissenschaftliche Exkur- Kommentar im Umkreis pietistischer So- se, sondern vor allem auch die umfangrei- phien-Mystik sprach, nicht an historisch- chen Darlegungen Oisels zu Gellius’ Erör- kritische Verfahren des Textaufschlusses ge- terung der judiciarischen (chaldäischen) bunden war. Da sich die göttliche Weisheit Astrologie gaben Einblick in die Funktion im Wort der Heiligen Schrift offenbart hat, eines Kommentars, der als Diskussionsfo- ist die Kommentierung dieses Wortes nie- rum für Fragen von hoher zeitgeschichtli- mals bloß verstehender Aufschluß dunk- cher Brisanz diente. Im Zuge einer weitrei- ler Sachverhalte, sondern vielmehr Rück- chenden Bedeutungsverschiebung kam die führung der menschlichen Weisheit durch Form von Gellius’ Kommentar nun aller- das geistliche Wort in den Grund der gött- dings weniger in hochspezialisierten text- lichen Weisheit selbst. Arnolds Überset- kritischen Kommentaren wie Henri Esti- zung und Kommentierung des Hohenlie- Henricus Khunrath: Amphitheatrum sapientiae ennes Noctes Parisinae (1585), als vielmehr des hatten demnach zum Ziel, die Spur des aeternae solius verae: Christiano-kabalisticvm, in Werke wie Albertis Della famiglia, Ca- Heiligen Geistes im menschlichen Gemüt divino-magicum, nec physico-chymicvm, ter- stiglionis Libro del cortegiano oder Stefano als spirituelle Form frommer Lebenspraxis triunum, catholicon / instructore Henrico Khvn- Guazzos La civil conversatione zur Darstel- aufzunehmen. Entsprechend vielfältig sind rath. Magdaebvrgi: Braun 1609. HAB: 438 lung. die literarischen Formen des Kommen- eol. 2° Ann Blair (Harvard) untersuchte in ih- tierens. Sie reichen von Beglaubigungen rem Vortrag “e Commentary as Refer- durch frühchristliche und mittelalterliche ne ganz unerhörte schöpfungstheologische ence Genre” das diffuse Feld von Sam- Gewährsleute über die appellative Kraft der und eschatologische Dimension, weil Chri- melwerken unterschiedlichster Art, deren Dichtung bis hin zum freien Epigramm. stus selbst die Kontrafaktur des “philoso- innere Struktur von Sammlungen von Sen- In “Marsilio Ficinos Platon-Kommen- phischen Steins” im “hylealischen Chaos” tenzen und loci communes über lectiones an- tierung” erkannte omas Leinkauf (Mün- vor dem eigentlichen Schöpfungswerk ist. tiquae und kollektive Kommentare bis hin ster) eine bemerkenswerte Koinzidenz von Insbesondere Gen. I,1 und der Prolog des zu Wörterbüchern reichen können. Das Übersetzung und Deutung. Hatte Ficino in Johannes-Evangeliums sind in ihrer genau- Beispiel von Étienne Dolets Commentarii seinem Kommentar zu Platons Menon be- en Bedeutung demnach erst vor dem Hin- linguae latinae (1536 – 1538) zeigte ein- tont, die Aufgabe des Kommentators sei es, tergrund der paracelsischen Drei-Prinzi- drucksvoll, daß verschiedene Definitionen das Einzelne zu erörtern (“singula discute- pien-Lehre verstehbar. Der ‘Geist Gottes, des Kommentars – als “memoriae promp- re”), so faßte er dieses Verfahren der Erör- der über den Wassern schwebt’, beschreibt tuarium”, im Sinne von “capita” und “sum- terung doch ganz im Sinne neuplatonischer nach Khunrath nichts anderes als einen mae rerum” und als Exposition eines Autors Platon-Kommentierung auf. Leinkauf un- durch Schwefel, Salz und Quecksilber in – in der frühen Neuzeit gleichberechtigt ne- terschied vier Aspekte: “Implementierung”: Gang gesetzten Kristallisationsprozeß, der beneinander standen. Bücher von der Art Unter dem Leitbegriff der Paideia stellt Fi- das Gebilde des “philosophischen Steins” in wie Niccolò Perottis Cornucopiae, Caelius cino die platonischen Dialoge in einen seiner eschatologischen Bedeutung greifbar Rhodiginus’ Lectiones antiquae oder Adri- umfassenderen Zusammenhang. “Fokus- werden läßt. en Turnèbes Adversaria wurden kaum je- sierung”: Ficino greift Problembereiche Die Lebensepoche des Paracelsisten mals im ganzen durchlesen. Indem man heraus, deren Ausfaltung nicht mehr durch Khunrath läuft parallel zur Entwicklung ei- über mannigfaltige Indices Zugang zu be- die Schriften Platons gedeckt sind. “Vernet- ner Philologie und eines aus ihr abgeleite- stimmten Sachproblemen fand, erzeugte zung”: Ficino verweist auf andere Platon- ten Verfahrens des Aufschlusses von Texten die “vermischte Ordnung” ein Vergnügen, Texte sowie auf seine eigenen Kommentare. und der in ihnen enthaltenen Sachverhalte, das die Lektüre mindestens ebenso anleite- “Digression”: Indem sich Ficino ganz vom die sich selbst als “kritisch” verstanden hat. te wie die Aussicht auf Belehrung. Ausgangstext löst, gelingt ihm die Freile- Dieses kritische Verfahren der Kommentie- Luc Deitz (Luxembourg) griff in sei- gung des theologischen Kerns des platoni- rung schloß indes noch immer höchst un- nem Beitrag über “Curzio Inghirami und schen Denkens im Blick auf die Lebens- terschiedliche Formen des Textaufschlusses seine Ethruscarum antiquitatum fragmenta und Denkform einer “philosophia christia- ein, wie Ralph Häfner (Berlin) in seinem (1637)” einen der großartigsten Fälle in der na”. Beitrag über “Paideia und Humanitas. Der Geschichte der literarischen Fälschung auf. In welchem Umfang hermeneuti- Kommentar des Aulus Gellius und seine Inghirami, der vorgebliche Funde etruski- sche Voraussetzungen das Kommentieren Kommentierung in der Mitte des 17. Jahr- scher Altertümer in seinem Werk abbildete von Texten bestimmen, zeigte Wilhelm hunderts” zeigte. Ausgehend von einem ge- und deren Inschriften sachlich aufschloß, Schmidt-Biggemann (Berlin) in seinem nuinen Verständnis des Kommentars, wie es ging methodisch auf die Fälschungen des Beitrag über “Kommentar und Kabbala bei Gellius selbst im Prooemium der Attischen Annius von Viterbo zurück und entwickel- Heinrich Khunrath”. Die Suche nach dem Nächte entfaltet hat, erläuterte er die soziale te ein historiographisches Verfahren, durch “Stein der Weisen” erhält in Khunraths Am- Funktion, die ein Werk buntesten Inhalts das Anekdoten, moralphilosophische Sen- phitheatrum sapientiae aeternae (1609) ei- in der frühen Neuzeit attraktiv hatte ma- tenzen, astrologische Bemerkungen und 48 49

Beobachtungen unterschiedlichster Art durch ein universalgeschichtliches Gerüst umfangen wurden. Die Polemik gegen In- ghiramis Werk, dessen Kommentare sich auf Texte von nicht vorhandenen Realien stützten, gaben Anlaß zu einer fruchtbaren Methodendiskussion, an der sich vor allem Leone Allacci beteiligte. Mehrere Jahrzehn- te vor Mabillon und Papebroch wurden so die Grundlagen von Paläographie und Di- plomatik gelegt. Zu welch eigenartigen Ergebnissen die kritische Textphilologie im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts zu gelangen imstan- de war, erläuterte Helmut Krasser (Gießen) in seinem Beitrag “Kommentar und Bio- graphie: Der Horaz-Kommentar des Abbé Sanadon” anhand der Edition des Horaz (1728) durch den jesuitischen Gelehrten. Horace, Les Poësies, hrsg. von Noël Etienne Sanadon, Paris: Huart 1728. HAB: Lh 4o 76 Die Zusammensetzung von Einzeltexten zu ganz neuen Textcorpora, die Umstellung ganzer Versteile, großzügige Antithesen so- vico Dolce (1560) gab andererseits wichti- tung, Autor und Stil bestimmte imitatio. wie der Versuch einer chronologischen ge Impulse für die Entwicklung des Petrar- Obwohl in hohem Grade fiktional, wird Ordnung der horazischen Dichtungen be- kismus. Geschichte mit einer faktischen, sie be- schreiben einige Merkmale eines Kommen- Im Gegensatz zu den petrarkistischen glaubigenden Referenz ausgestattet. Neue tars, der durch den Nachweis syllogistischer Tendenzen der Zeit kam in jenen Jahrzehn- Zeugnisse eröffnen der Historie eine “futu- Strukturen sowie durch knappe erläutern- ten eine Form der literarischen Auseinan- ristische Differenz”, die eine innere semio- de Sachanmerkungen kompletiert wird. In dersetzung zur Entfaltung, die Martin Mul- tische Drift erkennen läßt. Die Kommen- einem durch den historischen Pyrrhonis- sow (München) mit dem Titel “Subversive tierung antiker Historiker ist sowohl von mus eines Jean Hardouin geprägten Zeit- Kommentierung. Burleske Kommentar- einem Sach- als auch einem Stilinteresse alter gewinnt die rekonstruktive Leistung parodien, Gegenkommentare und Liber- geleitet, auch wenn selbst in Tacitus-Aus- des Philologen ihren besonderen Wert. Der tinismus in der frühen Neuzeit” beleg- gaben die stilistische Anlehnung an Cice- anglikanische Priester Jean Masson, der zu te. Ausgehend von dem Anti-Petrarkisten ro und Livius dominiert. Die Kommentie- Beginn des 18. Jahrhunderts mit Arbeiten Francesco Berni richtete er seinen Blick auf rung neuzeitlicher Historiker wie Sleidan, zu Horaz, Ovid und Plinius d. J. hervor- die Parodiestruktur von Kommentaren zwi- Commines oder Guiccardini zeichnet sich getreten war, ging insbesondere dem Ver- schen 1520 und 1715, die durch Einbezie- demgegenüber durch eine stärkere mora- hältnis von Texten und ihrem historischen hung niederer und populärer emen zu lisch-pragmatische Aufarbeitung des Stof- Zeugniswert nach, ein Anliegen, dem auch einem erstaunlichen Experimentierfeld für fes aus. Die historische prudenza des Lesers Sanadon mit entsprechenden Überlegun- intellektuelle Innovationen geworden sind. zu fördern, ist das ausgesprochene Ziel der gen über die gedankliche Konstruktion Werke wie Bernis Lob des Kartenspiels Edition von Guiccardinis Historia d’Italia horazischer Gedichte verpflichtet war. oder Annibale Caros Commento [...] sopra durch Tommaso Proccacchi (1583). Florian Neumann (München) unter- la prima ficata del Padre Siceo (1538) ge- Der Ertrag der Tagung ist beträchtlich. suchte in seinem Beitrag “Petrarca-Kom- rieten zu einer geradezu karnevalesken Par- In der Konzentration auf ein Strukturpro- mentare der frühen Neuzeit” und stellte odie bekannter Kommentierungsverfah- blem frühneuzeitlicher Gelehrtenkultur den hohen Grad an Fiktionalität heraus, ren, indem sie sozial problematische Sach- wurde zudem deutlich, daß das interdiszi- von dem Petrarcas Selbststilisierung be- verhalte mit der Berufung auf die Autorität plinäre Gespräch längst zu einer fruchtba- stimmt worden ist. Seit dem späten 15. und altehrwürdiger Gewährsleute gewisserma- ren Durchbildung von Disziplinen geführt zumal im 16. Jahrhundert wurde Petrarcas ßen sanktionierten. Auf dem weiten Pro- hat, die sich scheinbar durch die Wahrung Canzoniere intensiv kommentiert. Derarti- bierfeld des libertinage érudit gab émis- von Sachbeständen legitimieren. Die Funk- ge Kommentare setzten sich aus Textpara- eul de Saint-Hyacinthe (1716) die gelehrte tionsweisen, denen die Objekte der “intel- phrase, Analyse der rhetorischen Stilmit- Form von kumulativem Kommentar und lectual history” unterliegen, beschreiben tel, Darstellung der eruditio sowie Nach- Mehrfachindices der Lächerlichkeit preis Strukturfelder kultureller Räume, denen weis von Elementen aus der klassischen und stellte die Möglichkeiten poly-‘histo- nur eine transdisziplinäre Form der Auffas- Literatur zusammen. Deutlicher noch als rischer’ Erkenntnis damit selbst in Frage. sung gerecht zu werden verspricht. Dieser die textphilologisch mustergültige Petrar- Markus Völkel (Rostock) bestimmte in Anspruch auf eine am überlieferten Mate- ca-Edition Pietro Bembos verdeutlicht die seinem Beitrag über “Kommentierte Hi- rial stets überprüfbare Rekonstruktion hi- oft nachgedruckte Ausgabe von Alessandro storiker im 16. und 17. Jahrhundert: Ein storischer Zustände, dem die Vorlagen der Vellutello (1525) das nun verstärkt anti- Überblick” die Historie in ihrer grund- beteiligten Historiker und Literaturwissen- quarisch akzentuierte Bemühen des Kom- sätzlichen Kommentargestalt und machte schaftler, eologie- und Philosophiehisto- mentators, der Petrarcas Liebe zu Donna an ihr einen doppelten imitativen Aspekt riker geschuldet sind, fand in der angeneh- Laura durch die Autopsie der Wörter zu aus: In Beziehung auf die res beschreibt die men Atmosphäre konstruktiver Diskussio- rekonstruieren versuchte. Der rhetorisch- Historie eine moralische imitatio, in Rück- nen lebhaften Ausdruck. Eine Publikation stilistische Aufschluß des Textes bei Lodo- sicht auf die verba ist sie eine nach Gat- der Tagungsakten ist in Planung. 48 49

Rudolf Vierhaus zu Ehren Etienne François

der Forschung im Sinne der Überwindung Epochenschwelle 1800? der Grenzen zwischen den Epochen und den Disziplinen. Kolloquium zu Ehren von Das ist Ihre Wirksamkeit und Wirkung Rudolf Vierhaus am Max-Planck-Institut für Geschichte, in 9. November 2002 der Max-Planck-Gesellschaft, im Wissen- schaftsrat, in der Universität, in der Aka- Programm demie, in Wolfenbüttel, am Georg-Eckert- Institut für Schulbuchforschung, in zahlrei- Begrüßung chen Kommissionen und Institutionen des In- und Auslands: wie kaum ein anderer ha- Reinhard Blänkner (Frankfurt, Oder): ben Sie zur Erneuerung und Öffnung der Das lange 18. Jahrhundert in Deutschland Forschung in Deutschland beigetragen. (1770 – 1840) Das ist Ihr Stil – im weitesten Sinne des Conrad Wiedemann (Berlin): Der stottern- Wortes: die klare, präzise, elegante und im- de Jupiter-Diskurs. Versuch über die Kultur- mer anregende Sprache: Sie sind, lieber blüte um 1800 Herr Vierhaus, ein Meister des “Essays”, eine hier in Deutschland unter Wissen- Eckhart Hellmuth (München): Das lange schaftlern zu seltene Erscheinung; aber dar- 18. Jahrhundert in England (1688 – 1832) über hinaus ist es auch Ihr Stil im Umgang Keith Tribe (Keele): Locating Adam Smith: mit den Menschen, insbesondere mit den die ältere Ökonomik und die Entstehung der Studenten und den jungen Wissenschaft- Lieber Herr Vierhaus, liebe Freunde, mei- politischen Ökonomie lern: das Vertrauen, das Zuhören, das Er- ne Damen und Herren, muntern, das offene Gespräch, die einma- Schlusswort lige Fähigkeit, das Spektrum der Fragen zu Der Anlaß, der uns alle hier zusammen- erweitern und neue Gesichtspunkte zu er- geführt hat, ist ein Anlaß der Freude und öffnen, schließlich Ihre anspruchsvolle und der Dankbarkeit. Freude darüber, daß wir vertrauensvolle Liberalität. mit Ihnen, lieber Herr Vierhaus, hier Ihren Das ist weiterhin Ihre Internationali- 80. Geburtstag feiern können. Ganz herz- sigen Bibliothek auch so eng verbunde- tät und Ihr Engagement für den europä- lichen Glückwunsch dazu! Dankbarkeit für nen Robert Mandrou – die Ansiedlung der ischen, internationalen und transkulturel- all das, was Sie uns im Laufe der Jahre ge- “Mission Historique” in Göttingen, Ihnen len Dialog – nach England, nach Frank- bracht und geschenkt haben, für die Anre- verdanke ich die sechs entscheidenden Jah- reich, nach Amerika, nach Israel, nach gungen, Förderungen, Impulse, aber auch re, die ich dort verbringen durfte und die Ost-Mittel-Europa (wobei ich ganz beson- für das gelebte und überzeugende Beispiel, meinen späteren Lebensweg so nachhaltig ders an Ihre Tätigkeit im deutsch-tschechi- das Sie uns gegeben haben und weiterhin geprägt haben, Ihnen möchte ich schließ- schen Dialog denke). Ihr Engagement hat geben. Freude und Dankbarkeit darüber, lich dafür danken, daß Sie 1986 zum Ab- seinen Ursprung in den Erfahrungen der daß wir diesen schönen Tag hier, in Ihrem schluß meiner Göttinger Jahre an einem schrecklichen Jahre der NS-Diktatur und geliebten Wolfenbüttel, begehen dürfen, in besonders heißen Junitag zu meiner Ha- des Zweiten Weltkriegs – Erfahrungen, die einer Atmosphäre, die für Sie so typisch ist: bilitationskommission in Straßburg gehör- auch für Sie persönlich mit Leid verbunden die des kreativen Gesprächs und des geisti- ten. wurden –, es ist getragen durch ein starkes gen Austauschs, im Geiste der Aufklärung Was ich, was wir bei Ihnen im Laufe der aber nie aufdringliches Bewußtsein für die und des Weltbürgertums, im Sinne der vergangenen Jahrzehnte entdeckt und ge- Verantwortung, die auf den zukommt, der Verbindung zwischen wissenschaftlicher lernt haben, was ich, was wir bei Ihnen be- sich dem Erbe der Aufklärung und der Arbeit und öffentlichem Engagement, fast wundern, was uns alle hier versammelt, das jüngsten deutschen Geschichte stellt und hätte ich gesagt – wie man im 18. Jahrhun- Beispiel, das Sie für uns alle sind, das möch- der den Sinn seines Lebens in dem Bemü- dert sagte – im “patriotischen Sinne”. te ich folgendermaßen zusammenfassen: hen sieht, um auf Ihre eigenen Worte zu- Als Reinhard Blänkner mich bat, die- Das ist zuerst auf der einen Seite das rückzugreifen, “to come to terms with the se kurzen Worte zu sagen, fügte er hin- breite Spektrum Ihrer Forschungen und past”. zu, er hätte an mich für diese Aufgabe ge- Interessen – von der Sozial- und Kultur- Sie sind schließlich ein Historiker, der dacht, weil ich nicht zu Ihren “unmittel- geschichte der Aufklärung, der Wissen- bei allem Engagement für die Geschichts- baren Schülern” gehöre. Vielleicht – und schaftsgeschichte, der deutschen Geschich- wissenschaft nie vergißt, daß sie nur ei- dennoch: wenn ich nicht das große Glück te im europäischen Kontext, bis hin zur Ge- nen Zugang unter anderen zum Verständ- gehabt hätte, Ihnen vor 23 Jahren zu begeg- schichtstheorie und Historiographie – und nis von Vergangenheit und Gegenwart nen, wäre ich heute nicht hier. Denn Ihnen auf der anderen Seite die ausgeprägte Auf- darstellt – und daß neben der Geschichts- verdanken wir – zusammen mit dem lei- merksamkeit und Offenheit für die neuen wissenschaft die Philosophie, die Literatur, der zu früh verstorbenen und mit der hie- Richtungen, Fragestellungen und Ansätze die Künste und insbesondere die Musik an- 50 51 dere gleichberechtigte und in vielen Hin- digung des zentralen Platzes, der Wilhelm haus, wie die Brüder Humboldt, ein echter sichten bessere Wege der Erkenntnis sind. und Alexander von Humboldt im deut- Intellektueller im besten und vollem Sinne Unter den letzten Texten von Ihnen, schen und europäischen Gedächtnis zu- des Wortes, wie ihn unsere Zeit braucht. lieber Herr Vierhaus, die ich intensiv ge- kommt. Wenn Sie mir dieses Geständnis Und dafür möchten wir Ihnen vom lesen habe, gehört der schöne Aufsatz über erlauben: ich konnte nicht umhin, deren Herzen danken und Ihnen alles Gute für die Brüder Humboldt, den Sie für unsere Parallelbiographie im Spiegel Ihrer eige- die kommenden Jahre und da wir im Bibel- “deutschen Erinnerungsorte” geschrieben nen Biographie zu lesen. Denn für mich, saal der Bibliothek versammelt sind, auch haben – eine besonders gelungene Wür- für uns alle hier sind Sie, lieber Herr Vier- Gottes Segen wünschen.

Marga und Kurt Møllgaard-Stiftung im Stifterverband fördert Baltisches Gastseminar in der Herzog August Bibliothek Jill Bepler

Im Rahmen eines Sonderprogramms der Vom 19. bis 24. November 2002 fand teler Bibliothek aus litauischer Sicht gehö- Marga und Kurt Møllgaard-Stiftung im das erste baltische Gastseminar statt. Die ren einige in der Herzog August Bibliothek Stifterverband, das für drei Jahre bewilligt Teilnehmer und Teilnehmerinnen kamen überlieferte Drucke in litauischer und latei- wurde, hat die Herzog August Bibliothek von der Universität Vilnius in Litauen. nischer Sprache, die zu den ältesten und sel- die Möglichkeit, Studenten aus baltischen Unter der Leitung von Professor Dr. Eu- tensten Druckzeugnissen Litauens gehören. Ländern zusammen mit einem Dozenten genija Ulčinaitė, Leiterin des Institutes Wichtig für die Teilnehmer war die Benut- zu einem Gastseminar nach Wolfenbüttel für Klassische Philologie, und ihrer Assi- zung der im Zeughaus aufgestellten neue- einzuladen. An drei Tagen können die Gä- stentin Frau Dr. Eglė Patiejūnienė haben sten Sekundärliteratur, die in ihrer Heimat ste mit den Altbeständen der Bibliothek ein acht Doktoranden und Studenten ein Se- nicht zugänglich ist. Ein gemeinsamer Aus- ema ihrer Wahl gemeinsam bearbeiten minar zum ema “Barockrhetorik vom flug nach Quedlinburg am 23. November und die Bibliothek auch für ihre individuel- 16. – 18. Jahrhundert in Litauen” durch- rundete den Besuch in Wolfenbüttel ab. len Forschungsprojekte benutzen. Ein Rah- geführt, bei dem sie sich hauptsächlich mit menprogramm der Bibliothek mit Führun- zahlreichen lateinischen Rhetorikhandbü- gen und Gesprächen schließt einen Ausflug chern der auch in Vilnius tätigen Jesuiten in die nähere Umgebung mit ein. befassten. Zu den Schätzen der Wolfenbüt-

Das Baltikum im sprachgeschichtlichen Kontext der europäischen Reformation

Arbeitsgespräch an der Herzog August Bibliothek vom 21. bis 23. Mai 2003 geleitet von Jolanta Gelumbeckaitė (Wolfenbüttel) und Jost Gippert (Frankfurt am Main) Tagungsbericht

Jolanta Gelumbeckaitė

Das internationale wissenschaftliche Ar- tille (1573), der ersten Predigtsammlung in Neuen Testaments in der ersten litaui- beitsgespräch Das Baltikum im Kontext der litauischer Sprache, erstens in den Kontext schen Übersetzung von Johannes Bret- europäischen Reformation wurde im Rah- des litauischen Schrifttums des 16. Jahr- ke (1536 – 1602) vor. Bretke als Überset- men des von der Fritz yssen Stiftung hunderts und zweitens in die Erforschung zer der gesamten Bibel ins Litauische (das (Köln) geförderten Projekts Edition und der Reformation und ihrer (auch langfristi- achtbändige Manuskript wird im Gehei- Kommentierung der Litauischen Postille von gen) Wirkungen in Mittel- und Osteuropa men Staatsarchiv Preußischer Kulturbe- 1573 (Projektbetreuer: Professor Dr. Jost integriert. Linguistische, sprach- und litera- sitz in Berlin aufbewahrt) hat das NT im Gippert, Projektbearbeiterin: Dr. Jolanta turgeschichtliche emen sowie Fragen der Zeitraum 1579 – 80 teilweise mit überra- Gelumbeckaitė) organisiert. Sie fand par- computergestützten philologischen For- schend großer Geschwindigkeit übersetzt. allel zu der Ausstellung Dokumente der li- schung wurden vorgestellt, erläutert und Range präsentierte einige Belege dafür, dass tauischen Reformation (März – Juni 2003) intensiv diskutiert. Bretkes Übersetzung des NT zum Teil eine statt, welche die Herzog August Bibliothek Abschrift sein könnte und stellte die Frage im Zusammenhang mit dem Editionspro- nach möglichen Prototexten der litauischen jekt veranstaltete. Tagung, Projekt und Aus- Textologische und etymologische Fragen Übersetzung vor 1579 vor. Er legte dar, dass stellung ergänzten einander thematisch und die lateinische Vulgata nicht nur die Pri- inhaltlich. Durch diese Verbindung wurde Jochen D. Range (Greifswald) stellte märquelle für die Übersetzung des Lukas- die Handschrift der sog. Wolfenbütteler Pos- die Erforschung der Textgeschichte des evangeliums, sondern möglicherweise auch 50 51

für den Rest des NT war. Das Verhältnis auf das potentielle Übertragen des grama- tum Preußen) des 16. – 18. Jahrhunderts. zwischen der “lateinischen” und “deut- tischen Substantivgenus und der entspre- Besonders erläuterte sie das Verhältnis zwi- schen” Schicht im Grundtext der Überset- chenden Substantivendungen. Eifrige Dis- schen der katholischen und der protestan- zung kann eine Antwort über die Prototex- kussionen erweckte seine ese, dass die tischen Tradition anhand lateinischer, pol- te geben. Probleme eines zeitlich nahe an altpreußischen Wörter für “Herbst” (assa- nischer und litauischer Texte. Die Rhetorik Bretkes Bibel(übersetzung) stehenden Tex- nis) und “See” (assaran) als Polonismen zu kanonischer Texte (Bibel, Katechismus und tes besprach Jolanta Gelumbeckaitė (Wol- betrachten sein könnten. Kirchengesang) beeinflusste teilweise origi- fenbüttel). Sie präsentierte die Handschrift nal verfasste und teilweise übersetzte Texte der ersten litauischen Predigtsammlung, wie Predigten, die ihrerseits auf die weltli- die sog. Wolfenbütteler Postille von 1573 Computergestützte Forschung che Literatur einwirkten. (aufbewahrt in der Herzog August Biblio- Das Wolfenbütteler Arbeitsgespräch ist thek) zunächst kodikologisch als Manus- Wolf Dieter Syring (Greifswald) stellte das ergebnisreich verlaufen. Alle Teilnehmer kript, dann kirchengeschichtlich als evan- Programm „Quest2“ vor, das die computer- der Tagung waren einig, dass die Ergebnis- gelische Predigtsammlung, und schließlich gestützte Philologie ermöglicht. Mit die- se der Tagung als Sonderband des in Zu- textologisch und philologisch als Abschrift sem Programm wird zur Zeit die litauische sammenarbeit des Instituts für Litauische eines anonymen Primärtextes (oder meh- Bibelübersetzung Bretkes bearbeitet. Ei- Sprache (Vilnius) und des Harrassowitz rerer Texte), der im Zeitraum 1561 – 1573 ner der textologisch kompliziertesten Tex- Verlags (Wiesbaden) publizierten philolo- in zahlreichen Zwischenstufen als Überset- te (mehrere Redaktionsstufen Bretkes und gischen Jahrbuches Archivum Lithuanicum zung von mehr als zehn lutherischen la- Eintragungen weiterer Korrektoren) gilt als veröffentlicht werden sollen. teinischen und deutschen Postillen, deren musterhaft, um das Programm zu optimie- Kompilation und Überarbeitung entstan- ren, die Systeme der Kodierung zu verbes- den ist. U. a. enthält die litauische Pos- sern und die Strategien zur Erstellung von tille zahlreiche kürzere und längere Zita- Wortformenkonkordanzen zu präzisieren. te aus dem Neuen Testament, die zweifel- Jost Gippert (Frankfurt) stellte die Inter- los aus dem Lateinischen übersetzt worden net Datenbank TITUS (esaurus Indo- sind. Man bemerkt allerdings keine direk- germanischer Text- und Sprachmateriali- ten lexikalische, morphologische oder syn- en) vor, die bisher die größte Sammlung taktische Übereinstimmungen mit der Bi- von Quellentexten und sekundären Mate- belübersetzung Bretkes. Gertrud Bense rialien ist. Der interkommunikative Cha- (Halle/Saale) skizzierte textgeschichtli- rakter der Kodierungs- und Suchsysteme che Fragen der litauischen Versionen der verhilft zum Vergleich nicht nur einzelner “Preußischen Litanei” und verglich sie mit Formen und Texte, sondern auch gesamter möglichen Quellen. Diese Verse wurden Form- und Textkomplexe. Gippert erläu- aufgrund ihrer Erwähnung von Herzog Al- terte verschiedene Möglichkeiten der Text- brecht von Hohenzollern und seiner ersten forschung anhand der in den TITUS ein- Gemahlin Dorothea von Dänemark als ein gegliederten baltischen (altpreußischen, li- Zeugniss zur genaueren Datierung des ers- tauischen und lettischen) Texte. ten gedruckten litauischen Buches (Anfang des Jahres 1547) gewürdigt. Textgeschicht- liche Untersuchungen zu unterschiedli- Grammatik und Rhetorik chen editorischen Interferenzen im Manu- skript des Katechismus von Johann Hein- Giedrius Subačius (Vilnius, Chicago) kon- rich Lysius stellte Pietro U. Dini (Pisa) vor. zentrierte sich auf die Fragen der Standar- Die Litauische Postille von 1573, Einband, Als Gabriel Engelis die Handschrift des li- disierung und Kodifizierung europäischer siehe S. 32 f. tauischen Katechismus von Johann Hein- Sprachen in der Frühen Neuzeit und in rich Lysius 1722 zum Druck vorbereitete, der Aufklärung. Ausgangspunkt für eine fügte er zweierlei Änderungen ein: Einige orthographische, phonetische und mor- Textabschnitte redigierte er nur leicht, wäh- phologische Vereinheitlichung der Sprache rend er andere ganz neu selbst schrieb. Eine sind vor allem Wörterbücher und Gram- vergleichende Analyse besonders des Credo matiken. Die ersten litauischen Grammati- mit den entsprechenden deutschen, letti- ken (1653, 1654) wurden von Jurgis Pake- schen und altpreußischen Texten demonst- rys (Vilnius) im Hinblick auf den Einfluss rierte, wie sorgfältig dieser kanonische Text der hebräischen Grammatik analysiert. Er übersetzt wurde. Weiter präzisierte Ralf Pe- problematisierte die Rolle der hebräischen ter Ritter (Krakau) die Probleme der Über- Grammatik in der Frühen Neuzeit im All- setzung des lutherischen Katechismus ins gemeinen und spezifizierte deren Einfluss Altpreußische anhand einer typologischen auf die Terminologie und Klassifizierung Untersuchung altpreußischer, litauischer, des Verbs in den litauischen Grammati- lettischer und estnischer Texte. Der Ein- ken. Eugenija Ulčinaitė (Vilnius) gab einen fluss der deutschen Sprache auf die Über- Überblick über die Entwicklung der Rheto- setzungen ins Altpreußische wurde von riktheorie und rhetorischer Praxis im Groß- Wojciech Smoczyński (Krakau) interpre- fürstentum Litauen und in Kleinlitauen (li- tiert. Er konzentrierte sich hauptsächlich tauischspachiges Territorium in Herzog- 52 53

Zensur im Alten Reich des 18. Jahrhunderts

Tagung der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts vom 3. bis 5. Oktober 2002 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

York-Gothart Mix

Die gemeinsam mit Wilhelm Haefs (Hal- Die Vorträge der zweiten Sektion wid- le) organisierte Jahrestagung der Deut- meten sich der Bürokratisierung und Insti- schen Gesellschaft für die Erforschung des tutionalisierung, aber auch der Wirkungs- 18. Jahrhunderts (DGEJ) verfolgte die In- losigkeit der Zensur. Ernst Fischer (Mainz) tention, die Bedeutung des emas und konkretisierte zum Verlagsbuchhandel und offenkundige Forschungsdefizite in das Zensur die ökonomischen Aspekte des Gedächtnis zu rufen, auf älteren eo- emas, Karin Angelike (Hückelhoven) rieansätzen (J. Habermas, P. Bourdieu, beschrieb in Presse, ›nouvelles à la main‹, M. Foucault, U. Otto) basierende Erklä- geheime Korrespondenz die ungewöhnliche rungsmuster auf ihre Plausibilität hin zu Bedeutung gewerbsmäßig verbreiteter ver- befragen, neue Quellen (Akten der Zen- traulicher Nachrichten. Am Beispiel der surkollegien, Verlagsarchivalien u. a.) zu er- eaterzensur führte Peter Höyng (Knox- schließen und zur Diskussion zu stellen, die ville) vor, daß der auf F. K. Hägelin zurück- zeitgenössische Zensurtheorie (G. W. Leib- gehende Grundsatz, die Zensur dürfe nicht niz, D. v. Swieten, C. G. Svarez, J. v. Son- »in steinernen Gesetzestafeln erstarren«, nenfels, I. Kant, J. G. Schlosser, F. K. v. Hä- sondern müsse »zeitliche und örtliche Um- gelin) im Kontext des Aufklärungsdiskurses stände« berücksichtigen, in besonderem zu konkretisieren, strukturelle, territoriale, Aktenband zur Stuttgarter Untergrundliteratur Maße für die Bühnenpraxis galt. Wenn die konfessionelle und interkulturelle Paralle- (1790 – 1799). Stuttgart, Hauptstaatsarchiv, literarische Informationskontrolle vor dem len der Zensurpraxis zu analysieren und Aktendeckel A 202 Bü 2449 Hintergrund der historischen Erfahrungen weitere Untersuchungen anzuregen. des 19. Jahrhunderts als wirkungsvoller In- Die Tagung verknüpfte ereignis- und in- tegrationsversuch unter negativem Vorzei- stitutionengeschichtliche, phänomenologi- soren immer wieder angeführten Kriterien chen zu werten ist, so sollte nicht überse- sche und theoriegeleitete Forschungsansät- Gotteslästerung, Landesverrat, Verleum- hen werden, so Martin Papenheim (Düs- ze, wobei sich der Blick durch einzelne Re- dung und Sittenlosigkeit verdeckten, daß seldorf) in seinem Vortrag Inquisition und ferate und Diskussionsbeiträge auch auf die Informationskontrolle politischer Op- Zensur, daß der Einfluß und die Wirkung gesamteuropäische Zusammenhänge rich- portunität ungeordnet und im Zweifels- katholischer Kirchenzensur im 18. Jahr- tete. Die Transdisziplinarität des Tagungs- fall flexibler war als die langfristig fixier- hundert begrenzt blieb. themas erlaubte es, Problemstellungen der te Zensurgesetzgebung. Daneben existier- Vor 1789 stellte sich die Zensur unge- Kirchen- und Rechtsgeschichte, der syste- ten, so Hans-Edwin Friedrich (München) achtet ihrer unterschiedlichen Institutio- matischen und historischen Soziologie, in seinem Vortrag Informelle Zensur und nalisierung, Praxis und Wirksamkeit auch Pädagogik, Literatur-, Kunst- und Musik- Wieland-Rezeption, nicht kodifizierte Vari- als ein differenziertes, komplexes System geschichte, Philosophie, Psychologie, Pu- anten, die sich mit der Literaturkritik be- staatlicher Steuerung dar, das permanent blizistik und Buchwissenschaft im Fokus rührten. Um die Funktion der Zensur jen- eine Diskussion über die Möglichkeiten einer zentralen Frage des 18. Jahrhunderts seits weltanschaulicher Stereotype auszulo- und Grenzen aufgeklärter Öffentlichkeit zusammenzuführen und hinsichtlich ihrer ten und den tatsächlich wirksamen, nicht provozierte. Diesen Grundsatzfragen wid- Verflechtungen zu analysieren. Ungeachtet den legislativ propagierten Normenhori- meten sich in der dritten Sektion Simone der Komplexität der Aspekte erwiesen sich zont zu rekonstruieren, erweist es sich als Zurbuchen (Potsdam und Zürich) zur Tole- vier Gesichtspunkte als bestimmend, die unerläßlich, so Hartmut Reinhardt (Trier) ranz und Zensur in den staatsphilosophischen als Fragen nach der Phänomenologie, Pra- in seinem Beitrag Die Weimarer Klassik und Debatten sowie Clemens Schwaiger (Bene- xis, eorie und Funktion der Zensur auch die Zensur, Streichungen in Manuskripten, diktbeuern) zu Denkverbote und Denkfaul- für die vier von Peter-André Alt (Würz- die Korrespondenz zwischen Zensor und heit in der Sicht der deutschen Aufklärer am burg), Bodo Plachta (Amsterdam), Lothar Autor sowie zwischen vorgesetzter Behör- Beispiel von C. Wolff und I. Kant. Klaus Kreimendahl (Mannheim) und Wolfram de und Zensor zu analysieren. Hans-Jür- Bohnen (Aalborg) untersuchte in seinem Siemann (München) geleiteten Sektionen gen Lüsebrink (Saarbrücken) führte in sei- Beitrag zur Mündigkeit und Toleranz im erkenntnisleitend waren. nem Vortrag Zensur, Exil und Autoridenti- Werk G. E. Lessings die Debatten mit F. Ni- Die Diskussion der Beiträge zur Phäno- tät am Beispiel von D. Diderot und G. T. colai und die Selbstbeschränkung des Wol- menologie der Zensur machte deutlich, daß Raynal alternative Modelle im Umgang fenbütteler Aufklärers. Im Wissen um die nicht nur von einer sozialen, territorialen mit der Zensur vor, Elena Agazzi (Berga- Bedeutung der Medien und im Zuge der und temporären Diversität auszugehen ist, mo) beleuchtete in ihrem Referat Literari- theoretischen Auseinandersetzung um die sondern auch der Normenhorizont nicht sche Kritik und Zensur die Praxis wechselsei- Macht öffentlichen Raisonnements kam als kohärentes, statisches Wertesystem an- tiger Ächtung seitens der Spätaufklärer und der Informationskontrolle, so Jürgen Wil- gesehen werden kann. Die von den Zen- Frühromantiker. ke (Mainz) in seinem Referat Pressezensur 52 53

im Alten Reich, eine bis dato nicht gekann- sümee Zensur im alten Reich des 18. Jahr- die Aktualität des emas und problemati- te Aufmerksamkeit zu. hunderts Probleme und Prämissen zukünf- sierte kommune Bewertungsstereotype. Im Abschließend widmeten sich in ei- tiger Forschung analysierte und Desiderata Graduiertenforum der DGEJ referierten Su- ner vierten Sektion Fritz Nagel (Basel) skizzierte. Der Abendvortrag von Wolf- sanne Lachenicht (Heidelberg) und Katja der Funktion, Organisation und Praxis der ram Siemann (München) am Vortag mit Mellmann (München) über ihre Arbeits- Zensur in Basel und Zürich und Wolfgang dem Titel Zensur im Übergang zur Moder- vorhaben. Die Publikation der Beiträge ist Wüst (Erlangen) der Funktion der Zensur ne. Das ›lange 19. Jahrhundert‹ präzisier- in der DGEJ-Reihe Das achtzehnte Jahrhun- in den oberdeutschen Stadtrepubliken, be- te die Unterschiede zur Zensurpraxis des dert. Supplementa im Wallstein-Verlag Göt- vor Wilhelm Haefs (Halle) in seinem Re- 19. und 20. Jahrhunderts, demonstrierte tingen vorgesehen.

Passion, Affekt und Leidenschaft in der Frühen Neuzeit Kongreß in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 2. bis 5. April 2003

11. Jahrestreffen des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Barockforschung

Johann Anselm Steiger

Tagungsbericht wissenschaftlern Gelegenheit zur Präsen- den letzten Jahren zusehends gewachsene tation ihrer Forschungen. Zudem war die Interaktion zwischen Germanistik, Histo- War die Frühe Neuzeit ein leidenschaft- Musikwissenschaft prominent repräsen- rischer eologie, Musikwissenschaft und liches Zeitalter? Diese und andere Leit- tiert. Außerdem wurde die vergleichsweise historischer Kulturwissenschaft auf dem fragen bestimmten einen internationalen junge historisch-theologische Erforschung Gebiet der Frühen Neuzeit, trug zu de- Kongreß, der vom 2. bis 5. April 2003 in der nachreformatorischen Epoche in den ren Intensivierung bei und eröffnete dar- der Herzog August Bibliothek Wolfenbüt- Kontext der interdisziplinären Frühe-Neu- über hinaus vielfältige Perspektiven künfti- tel stattfand (ema: ‘Passion, Affekt und zeit-Forschung eingebunden. ger transdisziplinärer Forschung. Leidenschaft in der Frühen Neuzeit’). Die Ein weiterer Akzent lag auf der erstma- Flankierend hierzu wurden die Stimulie- wissenschaftliche Vorbereitung sowie die ligen Vorstellung bislang unzugänglichen rung der Affekte und die Rolle der Leiden- Leitung des Kongresses lagen in den Hän- Quellenmaterials. Hierzu gehörte u. a. die schaften in den Medien ‘Bild’, (schulische den von Prof. Dr. Johann Anselm Steiger erstmalige Wiederaufführung der Johan- sowie höfische) Bühnenkunst, Ballett und (Hamburg) in Verbindung mit Prof. Dr. nes-Passion (1748) des Rudolstädter Hof- Oper zur Sprache gebracht. In den Blick ge- Barbara Mahlmann (Bern), Prof. Dr. Guil- kapellmeisters Georg Gebel d. J. im Rah- nommen wurde dabei der europaweite Ho- laume van Gemert (Nijmegen) und Prof. men eines öffentlichen Konzertes. rizont (nicht zuletzt der italienische und Dr. Carsten-Peter Warncke (Göttingen). Einen der Schwerpunkte bildete die Be- französische) und dessen interkulturelle Gefördert wurde die Veranstaltung von handlung der Passion Jesu Christi in der Ausstrahlung. Besondere Aufmerksamkeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft geistlichen Dichtung, in Predigtrhetorik wurde der höfischen Festkultur zuteil. Ziel (DFG), dem Land Niedersachsen und ei- (rhetorica sacra), Frömmigkeit, Liedgut, war es, bisherige Impulse der Forschung zu ner Reihe von weiteren Geldgebern. Emblematik und der musikalischen Pas- bündeln und auf folgende Fragehorizonte Die im dreijährigen Turnus veranstal- sionstradition. Analysiert wurden Gemein- zuzuspitzen: Sind in der Frühen Neuzeit teten Wolfenbütteler Barockkongresse bil- samkeiten und Spezifika der Erregung der Indizien für eine Positivierung und Kul- den vielbeachtete Podien für das die Fä- Affekte des christlichen Glaubens (affectus tivierung der Affekte zu beobachten, oder chergrenzen überschreitende Gespräch fidei: compassio/Trauer, Hoffnung/Freude überwiegen Techniken der Sublimierung zwischen den historischen Teildisziplinen. usw.) innerhalb der zeitüblichen Multi- der als unkontrolliert bewerteten Affekte? Auf dem diesjährigen Kongreß wurde in medialität – also mit Hilfe verschiedener Welche Stile bzw. rhetorischen Strategien ca. 60 Referaten und Vorträgen untersucht, Sprachformen, rhetorischer und poetischer hängen mit welchen Stimmungen zusam- wie in der Frühen Neuzeit in unterschiedli- Strategien sowie musikalischer und emble- men? Auf welche Weise werden Stillagen chen Medien Affekte zur Darstellung kom- matischer Methoden. In bezug auf die mu- gemischt, um Stimmungen und Affekte zu men und welche Strategien der Erweckung sikalische Passionstradition wurde insbe- wecken? Welche emen werden mit wel- von Leidenschaften zu beobachten sind. sondere deren affektgesättigte und – evo- chen Affekten verbunden? Wie verhalten Berücksichtigung fand hierbei eine Viel- zierende rhetorische Bedeutung im Sinne sich Stoff, ideeller Gehalt und künstleri- zahl von Quellengattungen und Medien: der ‘Musiksprache des Glaubens’ themati- sche Ausführung? Wie wurden die Physio- Neben Bühne, Ballett, Oper, Bild und siert. Auch wurde der Tatsache nachgegan- logie der Leidenschaften sowie die Interak- Festkultur die musikalische Passionstradi- gen, daß die Musik es vermag, die Unaus- tion zwischen Sinnen und Gehirn in der tion (nicht zuletzt Johann Sebastian Bach) sprechbarkeit (ineffabilitas) des Heilshan- frühneuzeitlichen Sinnesphysiologie und sowie Lyrik, Meditations- und Predigtlite- delns Gottes in Erinnerung zu halten und Wahrnehmungstheorie beschrieben? Wel- ratur. Der Kongreß setzte neue Akzente: gleichzeitig zu überwinden. Der Kongreß che anthropologischen, philosophischen Noch stärker als bisher gab er Nachwuchs- insgesamt konnte zurückgreifen auf die in und medizinischen Prämissen liegen den 54 55 frühneuzeitlichen Stil-, Kunst- und Musik- eologiegeschichte, insbesondere im 16. bis Sektion III: Passion, Affekt und Leiden- theorien zugrunde? 18. Jahrhundert schaft in eater, Oper, Ballett und Festkul- Vier Hauptvorträge haben in die e- Fritz Krafft (Marburg): Heilen durch Lei- tur – Leitung: Silke Leopold (Heidelberg) matik eingeführt: Carsten-Peter Warncke den: Der heilende Heiland und seine Arz- und Helen Watanabe-O’Kelly (Oxford): (Göttingen): Starke Frauen – starke Gefüh- neien. Herkunft und Geschichte des Sinnbil- Cecilia Campa (Pescara, I): “Musica flexa- le. Zur Darstellung weiblicher Leidenschaft des ‘Christus als Apotheker’ in der protestan- nima” und andere Utopien. Philosophie der in der bildenden Kunst des Barock, Renate tischen und katholischen Volkskunst. Leidenschaften und Musiktypen im 17. Jahr- Steiger (Heidelberg): Affektdarstellung und Isabella van Elferen (Utrecht, NL): Mysti- hundert Allegorese in Johann Sebastian Bachs Passio- sche Liebe in Text und Musik der barocken Rosmarie Zeller (Basel): Tragödientheorie, nen, Claudia Benthien (Berlin): Schwei- Passionsbetrachtung Tragödienpraxis und Leidenschaften gen als Pathosformel in der Frühen Neuzeit Barbara Becker-Cantarino (Columbus, und Ralf Georg Bogner (Rostock): Beweg- Sektion II: Passion, Affekt und Leiden- USA): Gewalt und Leidenschaft: Zu Sixtus liche Beredsamkeit, passionierende Poesie. schaft in der musikalischen Passionstradi- Bircks und Martin Opitz’ Judith Zur rhetorischen Stimulierung der Affekte in tion des Barock – Leitung: Don O. Frank- Philine Lautenschläger (Heidelberg): Lei- der lutherischen Literarisierung der Leidens- lin (Pittsburgh) und Renate Steiger (Hei- denschaften in Sprechtragödie und Oper: Ra- geschichte Jesu. In vier Sektionen, die jeweils delberg): cines ‘Phèdre’ und ihre Vertonungen von zwei Wissenschaftlern aus verschiede- Lothar Steiger (Heidelberg): “Meine Seele Jan W. H. Konst (Berlin): Darstellung und nen Fachrichtungen geleitet wurden, sind ist betrübt bis an den Tod.” Gethsemane als Funktion der Leidenschaften in Vondels Je- folgende Referate gehalten worden: geometrischer Ort der Gewißheit bei Martin phta (1659) Luther und seinen Nachfolgern in der Frühen Heidrun Fuehrer (Lund, S): Liebe und Sektion I: Passion, Affekt und Leiden- Neuzeit .Teil 1: Affectus fidei versus intellec- Leidenschaften in Momenten großer Ent- schaft in eologie, Predigt, Rhetorik, tus philosophiae scheidung. Das Affektmodell Jakob Baldes Frömmigkeit und geistlicher Dichtung – Ernst Koch (Jena): Passion und Affekt in der (1604 – 1656) in seiner Tragödie ‘Jephti- Leitung: Guillaume van Gemert (Nijm- lutherischen Erbauungsliteratur des 17. Jahr- as’ (1654) wegen) und Johann Anselm Steiger (Ham- hunderts Marie-erese Mourey (Paris, F): Affektdis- burg): Martin Petzoldt (Leipzig): J. S. Bach in der kurse in den deutschen Tanzlehrbüchern der Hartmut Laufhütte (Passau): Christi Pas- sächsischen Passionstradition Frühen Neuzeit sion bei Sigmund von Birken und Cathari- Friedhelm Krummacher (Kiel): Affekt Sara Smart (Exeter, GB): Die Kultivierung na Regina von Greiffenberg durch Struktur: Über Solosätze aus Bachs der Affekte im deutschen Hofballett Vanessa Lohse (Hamburg): Poetische Pas- Matthäus-Passion. Helga Meise (Aix-en-Provence.): Ballett sionstheologie. Beobachtungen zu Catharina Mel Unger (Berea, Ohio): “Ich elender und Affekt. Die Liebe als Streitobjekt im hö- Regina von Greiffenbergs ‘Betrachtungen des Mensch”: Bach on the Soul’s Torment fischen Ballett des deutschsprachigen Raums Leidens Christi’ Manfred Fechner (Dresden): Die 1748 auf- 1649 – 1700 Lothar Steiger (Heidelberg): “Meine Seele geführte Passion von Georg Gebel d. J. Christiane Caemmerer (Berlin): ‘Ich hasse ist betrübt bis an den Tod.” Gethsemane als Michael Marissen (Swarthmore College, nicht deine Liebe, aber ich liebe nicht dei- geometrischer Ort der Gewißheit bei Martin USA): Blood, people and crowds in Mat- ne unordentliche Passion’. Liebe als Affekt im Luther und seinen Nachfolgern in der Frühen thew’s Gospel, Luther’s New Testament and deutschen höfischen Schäferspiel Neuzeit Teil 2: Affectus inenarrabiles: Unsäg- Bach’s St. Matthew Passion Ulrike Wels (Berlin): “... daß man die Affec- liche Affekte Johann Anselm Steiger (Hamburg): “Om- ten auch durch saubere Künste moviren kön- Inge Mager (Hamburg): Warum hat Luther nis Israel salvus fiet”. Zur Interpretation von ne ...”. Passion und Affekt im protestantischen kein Passionslied geschrieben? Römer 11 bei Luther und in der lutherischen Schultheater – Gottfried Hoffmanns Drama Cornelia Niekus Moore (Berkeley,USA): Orthodoxie im Spannungsfeld von Bußpre- ‘Eviana’ (1696) Die Passion Christi in der lutherischen Lei- digt und Antijudaismus Irmgard Scheitler (Würzburg): Musik und chenpredigt der Frühen Neuzeit Mark Bangert (Chicago, USA): e Mean- Affekt im Schauspiel der Frühen Neuzeit Barbara Mahlmann (Bern, CH): Nicolas ing of the Great ree Days as Context for the Alan Maddox (Sydney, Australien): Sing- Caussins Affekttheorie Passions of Bach ing to the Ear and to the Heart: performance Sven Grosse (Erlangen) Passion, Affekt und Mary J. Greer (New York, USA): Passion practice and the rhetorical tradition in ear- Leidenschaft in ‚Pentagonum Christianum‘ and Faith: A Shared Musical Language ly and mid eighteenth-century Italian vo- Johann Hülsemanns von 1636 Don O. Franklin (Pittsburgh, USA): C.P.E. cal music Ralf Georg Czapla (Tübingen): Bildapolo- Bach’s St. Matthew Passion 1789 as Parody gie und Bildmeditation. Die Ölberg-Dich- and Pasticcio Sektion IV: Passion, Affekt und Leiden- tung des Jesuiten Johann Armbruster Hermann Jung (Mannheim): Traditionen schaft an der äußeren Grenze der Kultur Nicola Kaminski (Tübingen): “Der große und Wandlungen. Zu Georg Philipp Tele- und in der inneren Erfahrung – Leitung: Pan ist todt!” – Ein kryptoprotestantisches manns Vertonungen der Leidensgeschich- Ulrich Heinen und Johan Verberckmoes: Passions-Spiel. te Christi Dirk Niefanger (Göttingen): Affekt und Ka- Ferdinand van Ingen (Amsterdam, NL): Jason B. Grant (Pittsburgh, USA): e Rise tastrophengedächtnis bei Andreas Gryphius Leiden, Folter, Marter und die literarische of Lyricism and the Decline of Biblical Nar- Birgit Praxl (Konstanz): Die ‘Wollebens- Passionsfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit ration in Georg Philipp Telemann’s ‘Lukas- kunst’ des Wolfenbütteler Gelehrten Justus Ge- Anja Lobenstein-Reichmann (Trier): Pas- passion 1764’ org Schottelius. Das Streben nach irdischem sion, Affekt und Leidenschaft im Frühneu- Wohlergehen als legitimes Ziel einer frühneu- hochdeutschen zeitlichen Sitten- und Affektenlehre Matthias Richter (Leipzig): Schlafes Bruder. Nils Büttner (Dortmund): Bilder von Spuren einer Metapher in der Geistes- und “Grimmigen Menschenfresser Leuthen” – zur 54 55

Die Teilnehmer des 11. Jahrestreffens des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Barockforschung

affektiven Intention und Wirkung zur Schau Stephanie Wodianka (Gießen): Körper und der Leiterinnen und Leiter der vier Sektio- gestellter Grausamkeiten bei Fremden Affekt in der ‘anatomischen Meditation’ nen zufolge erbrachte die Tagung eine Viel- Zrinka Blazevic, M.A. (Zagreb, Kroat): Bettina Bannasch (Gießen): Affektkontrolle zahl von Beiträgen, die wichtige grundle- ‘Plorantis Croatiae saeculo duo’: discursive und Augenschein gende bzw. weiterführende ematiken adaptations and performative functions of Andreas ielemann (Rom): Affekte lesen – und Quellensegmente (nicht selten erst- the baroque ‘stabat mater’ topos Affekte erleben. Grundbegriffe zu Darstellung mals) erschlossen. Der Ertragssicherung Cordula van Wyhe (Cambridge, GB): und Übertragung von Affekten in der Malerei des im Rahmen dieser wissenschaftlichen e impact of the French exiles on the Cult des 17. Jahrhunderts Veranstaltung Geleisteten wird die Publi- of Courtly Love at the Brussels Court in the Joseph Imorde (Münster): “Wenn ich wei- kation der Kongreßakten dienen. Die Ar- 1630s nen soll, so zeig du mir dein Auge tränenvoll”. beiten an diesem Projekt haben bereits be- Andreas Herz (Wolfenbüttel): “...ma fata- Zur Wirkung der Empfindungen in der Frü- gonnen und sollen um willen der Bekannt- le destinèe...”, Krisen- und Leidenserfahrun- hen Neuzeit machung vielfältiger innovativer Impulse gen Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg Marianne Koos (Basel): Kunst und Be- bezüglich künftiger Forschung so rasch wie in seinen Tagebüchern und anderen Zeit- und rührung. Köperlichkeit versus Imagination möglich zu Ende geführt werden. Lebensdokumenten in Caravaggios Gemälde des ‘Ungläubigen Michael Stolberg (München): “Zorn, Wein omas’ und Weiber verderben unsere Leiber”. Affekt und Krankheit in der Frühen Neuzeit Die Ergebnisse des Kongresses werden Gerhard Strasser (Pennsylvania, USA): wie bei den vorangegangenen Veranstal- ‘Niemals nüchter [!] und niemals voll tut in tungen in der Reihe ‘Wolfenbütteler Arbei- Sterbens-Läufften wohl’. Der Stellenwert der ten zur Barockforschung’ veröffentlicht. Pest-Prophylaxe nach 1348 Der Kongreß ist nach Wahrnehmung Stefanie Stockhorst (Augsburg): Das früh- von deren Veranstaltern bei den aktiv Betei- neuzeitliche ‘theatrum anatomicum’ als Ort ligten wie beim Publikum auf ein überaus der Affektenschulung positives Echo gestoßen. Der Einschätzung 56 57

Barbara Becker-Cantarino als Vorsitzende des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Barockforschung verabschiedet Jill Bepler

Bei einem Empfang im Rahmen des Wol- fenbütteler Barockkongresses wurde Frau Professor Becker-Cantarino, die seit 1994 als Vorsitzende des Komitees des Wolfen- bütteler Arbeitskreises für Barockforschung amtierte, verabschiedet. Im Namen des Ko- mitees und des Fachbeirates würdigte Frau Professor Helen Watanabe-O’Kelly die Leistungen von Frau Becker-Cantarino für die Barockforschung, vor allem ihre Stu- dien auf dem Gebiet der Geschlechterfor- schung. Für die Bibliothek bedankte sich Herr Professor Schmidt-Glintzer in einer kurzen Ansprache: “Im Februar 1994 wur- de Frau Becker-Cantarino von ihren Kolle- ginnen und Kollegen zur Vorsitzenden des Komitees gewählt. Mit ihrem Vorgänger Winfried Barner teilt sie ein langjähriges wissenschaftliches und persönliches Enga- gement für die Belange der Herzog August Bibliothek. Sie begleitet unsere Arbeit mit kritischen Anregungen nicht nur im Ko- mitee des Arbeitskreises sondern auch als sachkundige Gutachterin für die Stipen- dienprogramme. Indem Frau Becker-Can- tarino die Bestände der Herzog August Bi- bliothek immer wieder zum Mittelpunkt ihrer eigenen Forschungsarbeiten macht, lenkt sie Aufmerksamkeit auf die Samm- lungen und ihre zentrale Bedeutung für gen, um, im Lessing Haus wohnend und Dr. Karin Friedrich (London), Professor die Erforschung der Frühen Neuzeit. Ihre hoffentlich von dessen Geist beflügelt, in Dr. Guillaume van Gemert (Nijmegen), eigenen Publikationen brauchen hier nicht Ruhe an den verschiedenen Publikations- Professor Dr. Ulrich Heinen (Wuppertal), vorgestellt zu werden, von ihren Arbeiten vorhaben, die sie zur Zeit beschäftigen, Professor Dr. Hartmut Laufhütte (Passau), zur Emblematik, zu Dichtern und Dichte- zu arbeiten. Ihnen, verehrte Frau Becker- Professor Dr. omas Leinkauf (Münster), rinnen des Barock – etwa zu Martin Opitz Cantarino, herzlichen Dank für Ihr Enga- Professor Dr. Barbara Mahlmann (Bern), oder zu Anna Owena Hoyers – oder zu ih- gement, Ihren Rat, und Ihre Kritik, die uns Professor Dr. Helwig Schmidt-Glintzer rem bahnbrechenden Werk über das Ver- noch lange erhalten bleiben mag.” (Wolfenbüttel), Dr. Patrice Veit (Paris), hältnis zwischen Frau und Literatur in der In einer Komiteesitzung wurde eben- Professor Dr. Helen Watanabe O’Kelly Frühen Neuzeit, ‘Der lange Weg zur Mün- falls Herr Professor Carsten Peter Warncke (Oxford). Ständiger Gast: Professor Dr. digkeit’. Auch wenn ihre neuesten Arbei- (Göttingen) aus dem Komitee verabschie- Klaus Conermann (Pittsburgh/PA). ten in der Epoche des 18. Jahrhunderts und det. Herr Professor Schmidt-Glintzer der Romantik angesiedelt sind, verläßt sie dankte Herrn Professor Warncke für sein den Kernbereich des deutschen Barock of- großes Engagement für die Belange der fensichtlich ungern ganz und arbeitet wei- Bibliothek. Seine vielfältigen Beziehun- terhin an der Erschließung weiblicher Tex- gen zur Bibliothek wurden zuletzt in der te für ein breites Publikum, zum Beispiel überaus erfolgreichen Picasso-Ausstellung indem sie gerade eine kommentierte engli- zum Ausdruck gebracht. Die Mitglieder sche Übersetzung der Lebensbeschreibung bestimmten Herrn Professor Johann von Johanna Eleonora Petersen herausgibt. Anselm Steiger (Hamburg) zum neuen Ich freue mich, daß Frau Becker-Cantarino Vorsitzenden. Neue Mitglieder wurden sich nicht nur wiederum aktiv mit einem zur Berufung durch den Direktor vorge- Referat am Barock-Kongress beteiligt hat, schlagen. Das Komitee besteht jetzt aus sondern auch daß es ihr möglich gewesen folgenden Personen: Professor Dr. Anselm ist, als Gast des Direktors die letzten drei Steiger (Hamburg) – Vorsitzender –, Monate hier in Wolfenbüttel zu verbrin- Professor Dr. Ute Daniel (Braunschweig), 56 57

Wissenschaftliche Kooperation der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Herzog August Bibliothek

Am 24. April konnte der stellvertretende Direktor der Herzog August Bibliothek, Dr. Werner Arnold, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in den Räu- men der Bibliothek begrüßen. Der dies- jährige Betriebsausflug hatte die geschätz- ten Kolleginnen und Kollegen aus der obersächsischen Metropole in das einsti- ge niedersächsische Residenzstädtchen der Welfen geführt. Hintergrund des Besuchs ist die noch junge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen. Mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaf- ten zu Leipzig und der Herzog August Bibliothek haben sich zwei außeruniver- sitäre Forschungseinrichtungen zu einem in der Frühneuzeitforschung bedeuten- den Kooperationsprojekt verbunden: Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts: Fruchtbringende Gesellschaft. Kritische Ausgabe der Briefe, Beilagen und Akade- Am 24.4.2002 führte der diesjährige Betriebsausflug die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derSäch - sischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig nach Wolfenbüttel. Hier standen Besichtigungen der miearbeiten (Reihe I), Dokumente und historischen Innenstadt, der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis, des Schloßmuseums und der mu- Darstellungen (Reihe II). Begründet von sealen Räume der Herzog August Bibliothek auf dem Programm. Martin Bircher und Klaus Conermann. Im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wis- senschaften zu Leipzig, in Kooperation mit der Herzog August Bibliothek Wolfenbüt- denz erhalten – verstreut über Archive, Bi- historischen Ausgangspunkt zurückge- tel herausgegeben von Klaus Conermann. bliotheken und Sammlungen in ganz Eu- kehrt, deckt sich doch das Einzugsgebiet Seit Januar 2001 fördert die Sächsische ropa, mit dem Jahr 1637 aber auch eigens der Sächsischen Akademie mit den histo- Akademie das seit 1988 an der Herzog Au- in sog. Gesellschafts-‘Erzschreinen’ (Archi- rischen Kernländern der “deutschen Aka- gust Bibliothek ansässige und ehedem von ven) gesammelt –, die Auskunft gibt über demie des 17. Jahrhunderts”: Anhalt, ü- der Deutschen Forschungsgemeinschaft die vielfältigen Ziele und Zwecke, Projek- ringen, das wettinische Sachsen. (DFG) getragene, nunmehr mit einer wei- te und Leistungen der Gesellschaft. Die in Die Arbeitsstelle (Dr. Gabriele Ball, Dr. An- teren Laufzeit bis 2015 gesicherte For- Anliegen der Fruchtbringenden Gesell- dreas Herz) ist zu erreichen unter: Sächsi- schungs- und Editionsprojekt zur “Frucht- schaft gewechselten Briefe in einer kriti- sche Akademie der Wissenschaften zu Leip- bringenden Gesellschaft”. Diese von 1617 schen Edition vorzulegen, ist die Aufga- zig, Arbeitsstelle “Fruchtbringende Gesell- bis 1680 bestehende und mit 890 Mitglie- be der Projekt-Arbeitsstelle, die mit dem schaft”, c/o Herzog August Bibliothek, dern (von Reichsfürsten bis zum gelehr- Briefband der Jahrgänge 1630 – 1636 den Postfach 13 64, 38299 Wolfenbüttel. Tel.: ten Bürgertum) bedeutendste deutsche So- insgesamt siebten Band der Edition dem- 05331/808-245. e-mail: [email protected] und zietät der Barockepoche, die aufgrund ih- nächst im Druck vorlegen wird. Professor [email protected] res ausgreifenden Sprach-, Literatur- und Dr. Klaus Conermann (Wolfenbüttel) steht Kulturprogramms mit guten Gründen dem Projekt als Projektleiter vor und zeich- Die Adresse der Sächsischen Akademie der als “Deutsche Akademie des 17. Jahrhun- net als wissenschaftlicher Herausgeber für Wissenschaften zu Leipzig: Karl-Tauchnitz- derts” angesprochen werden kann, hat als den philologisch-wissenschaftlichen Zu- Str. 1, 04107 Leipzig. Tel.: 0341/ 7115313 Zeugen ihrer Wirksamkeit nicht nur ei- schnitt der Edition verantwortlich. Eine (Sekretariat). Im Net: www.saw-leipzig.de nen immensen Fundus an handschriftlich von der Sächsischen Akademie eingerich- und gedruckt überlieferten Literaturwer- tete vorhabenbezogene Kommission un- ken, Übersetzungen, gelehrten Arbeiten ter Vorsitz des Direktors der Herzog Au- und gesellschaftsinternen Dokumenten, gust Bibliothek, Herrn Prof. Dr. Helwig wie den z. T. reich mit Impresenstichen Schmidt-Glintzer, begleitet das Projekt in geschmückten Gesellschaftsbüchern, Mit- kritischer Unterstützung als wissenschaftli- gliederlisten, Missiven, Gutachten, Frucht- ches Beratungsgremium. bringer-Porträts, Gesellschaftsmedaillen Mit der Förderung durch die Sächsi- und -pfennigen, hinterlassen. Es hat sich sche Akademie der Wissenschaften zu Leip- auch eine dichte Gesellschaftskorrespon- zig ist das Projekt gewissermaßen an seinen 58 59

Stipendien und Gäste des Jahres 2002

Stipendiaten der Herzog Dr. Nils Langer (Bristol): e Representa- Dr. Vladimir Somov (St. Petersburg): Gott- August Bibliothek tion and Status of Standard German in Ear- fried Engelbert Anders (1795 – 1866). Der ly Foreign Language Grammars. Bibliothekar und Musikologe und seine Bi- Dr. Susan Lewis (Victoria): Culture and the bliothek im Sankt Petersburgischen Kon- Insgesamt wurden 52 Wissenschaftler und Creation of a Capital: Music in Copenha- servatorium. Wissenschaftlerinnen aus 15 Ländern ge- gen during the Reign of Christian IV. Dr. Helena Nikolaewna Surta (Minsk): fördert: Dr. Margarita Logutova (St. Petersburg): Aspekte der Sozialgeschichte: Randgrup- Modern Devotion and its books. pen in der mittelalterlichen Gesellschaft Dr. Rainer Bayreuther (Nürnberg): Johann Prof. Dr. Mieczyslaw Markowski (Krakau): Deutschlands im Zeitraum vom 13. bis Matthesons Affekttheorie und ihre philo- Repertorium der lateinischen Kommentare zum 16. Jahrhundert. sophischen Grundlagen bei Christian o- zu den Werken des Aristoteles vor 1550. Dr. Leslaw Spychala (Breslau): Handschrif- masius. Prof. Dr. Christia Mercer (New York): ‘Di- tensammlungen der Universitätsbibliothek Dr. Sandor Bene (Budapest): Models of the vine Madness’: Metaphysics, Method and Wrocław mit besonderer Berücksichtigung Political Public Sprehe and Types of Politi- Mind in Seventeenth-Century German der Provenienzen. cal Discourse in Early Modern Hungary. Philosophy. Dr. Chenxi Tang (Chicago): Writing World Dr. Claudia Benthien (Berlin): Barockes Prof. Dr. John Moore (Northhampton): History: e Emergence of Modern Glo- Schweigen. Rhetorik und Performenz des e Anatomy of the Festival in Eighteenth- bal Consciousness in the Late Eighteenth Sprachlosen im 17. Jahrhundert. Century Rome. Century. Dr. Olga Bleskina (St. Petersburg): Gott- Dr. Marie-érèse Mourey (Paris): Tanz im Udo iel (Canberra): Selbstbewußtsein fried Engelberg Anders (1795 – 1866). barocken Deutschland: Beredsamkeit des und persönliche Identität in der Philoso- Der Bibliothekar und Musikologe und sei- Körpers und Sozialdisziplinierung. phie des 18. Jahrhunderts. ne Bibliothek im St. Petersburgischen Kon- Dr. Milan Pelc (Zagreb): Illustrierte Flug- Dr. Jaan Undusk (Tallin): Der sprachphi- servatorium. blätter in der Sammlung Valvasors in losophische Diskurs des 18. Jahrhundert Dr. Rostislav Danilevski (St. Petersburg): Zagreb. und seine Spiegelungen im deutschbalti- G. E. Lessing und Russland. Dr. Marjorie Plummer (Augsburg): e schen Raum. Dr. Boguslaw Dybas (Torun): Reisen als Conscience of the Priest: Popular and Of- Dr. Evgeny Zaitsev (Moskau): e School Informationsquelle. Über die Bedeutung ficial Reactions to Clerical Marriage in of Chartres and the 12th Century Ren- der Studienreisen für die Entwicklung der Southern Germany, 1519 – 45. aissance. frühneuzeitlichen Festungsbaukunst. Dr. Sina Rauschenbach (Saarbrücken): Stu- Prof. Dr. Gad Freudenthal (Chatenay-Ma- dien zur ‘Republik der Hebraer’ in der Frü- Kooperation Herzog August Bibliothek – labry): e Synthesis between Modern Sci- hen Neuzeit. Akademie der Wissenschaften Budapest ence in Mid-Eighteenth-Century Berlin Dr. Volker Remmert (Mainz): Genese von Haskala. Wissenschaft und Öffentlichkeit in der Dr. Maria Hartmann (Budapest/Berlin): Dr. Mariacarla Gadebusch-Bondio (Berlin): Frühen Neuzeit: das Beispiel der mathe- Leibniz und der ungarische Poet und Ge- Medizinästhetik im 16. Jahrhundert. matischen Wissenschaften. neral Löricz Orczy. Prof. Dr. Mitchell L. Hammond (Mil- Dr. Mikhail Reoutine (Moskau): Anthologie Prof. Dr. László Havas (Debrecen): Neola- ledgeville): Inventing the Patient: Medi- deutscher Mystikertexte des 13. – 14. Jahr- teinische Forschungen. cine, Charity and Civic Life in Early Mod- hunderts und “Literarischer Stil von Mei- Dr. Gábor Kecskeméti (Budapest): Rhetori- ern Germany. ster Eckhart”. sche Forschungen. Dr. Anke Holdenried (Epsom): Daniel Cla- Prof. Dr. Andris Rubenis (Riga): Kulturge- sen (1623 – 1678) und die Sibyllenkontro- schichte Europas im 19. Jahrhundert. “Po- verse. Zum Verhältnis von Prophetie, Kon- litik, Rechte und Ethik in der zweiten Hälf- Einladungen des Direktors fession und Gelehrsamkeit im Barock. te des 18. Jahrhunderts in Europa”. Dr. Michaela Horáková (Brünn): Deut- Dr. Antonella Sannino (Lecce): Philosophie Prof. Dr. Jörg Jochen Berns (Marburg): sche Barockliteratur in den böhmischen und Naturwissenschaft zwischen dem spä- Mnemonik in Mittelalter und Früher Ländern. ten Mittelalter und der Frühen Neuzeit in Neuzeit. Dr. Howard Hotson (Aberdeen): e Res- Deutschland. Mons. Dr. Franco Buzzi (Mailand): Der urrection of Millenarianism in Post-Refor- Prof. Dr. Gerhild Scholz Williams (St. Lou- Begriff “jus naturale” im Selbstverständnis mation Europe, Britain and America. is): Making a living writing: Der Leip- der eologie in der Frühen Neuzeit. Dr. Dieter Hüning (Marburg): Die Rechts- ziger Zeitzeuge Johannes Praetorius Dr. Helmut Claus (Gotha): Melanchthon- stellung der Atheisten. Aspekte der Säku- (1630 – 1680). Bibliographie. larisierung des Strafrechts in der neuzeitli- Prof. Dr. Michael J. Seidler (Bowling Prof. William Courtenay (Madison): Fran- chen Naturrechtslehre. Green): Samuel Pufendorf’s “Dissertatio- ciscan theology and the Medicant Studia in Dr. Serguei Iskioul (St. Petersburg): Fried- nes academicae selectiores (1675)”. A Crit- the Fourteenth Century. e Conclusiones rich der Große. Eine Biographie. ical Edition. of Johannes de Fonte. 58 59

Prof. Dr. Michael Crawford (London): e Stipendiaten der Dr. Günther Findel- Cinzia Grifoni (Florenz): Eine kritische Epigraphical Manuscripts of the Renais- Stiftung (Doktorandenprogramm) Ausgabe des Matthäus-Kommentar von sance. Otfrid Weissenburg. PD Dr. Günter Frank (Bretten): Die zwei- Gerhard Bode (St. Louis): Die kateche- Piotr Korduba (Posen): Das Danziger Patri- te Welle der Wiederaneignung des Corpus tischen Schriften Johann Conrad Diete- zierhaus der Neuzeit. Aristolicum in der Frühen Neuzeit. richs. Maria Barbara Lange (Bristol): Transmit- Prof. Dr. Robert Jütte (Stuttgart): Früh- Sylva Dobalová (Prag): Imitation, Stil ting the Concept of ‘Bad German’ in the neuzeitliche medizinische Wunderge- und Bedeutung in Böhmischen Gärten 17th century-evidence of a Standard lan- schichten. (1580 – 1650). guage in Contemporary Business German. Prof. Dr. Georg Knauer (Haverford): La- Sabine Engel (Berlin): Christus und die Makito Masaki (St. Louis): Eine Untersu- teinische Homerübersetzungen in der Re- Ehebrecherin. Das “venezianische Lieb- chung der Beziehungen zwischen Geist- naissance. lingssujet des 16. Jahrhunderts”. lichen und Kirchenvolk in Deutschland Prof. Dr. Minna Skafte Jensen (Odense): Ildar Garipzanov (Bronx): Die Semiotik während ausgewählter Übergangsphasen Monografie über Zacharias Lund. der Autorität in der karolingischen Welt in der Geschichte der evangelischen Kir- Prof. Dr. Emil Skala (Prag): Sprachge- (751 – 877): Die königlichen Bilder, Titu- chentümer. schichtliche Studien. laturen und Monogramm. Klara Vanek (Köln): Ars critica und die Ge- Prof. Dr. Johann Anselm Steiger (Heidel- Béla Hegedüs (Budapest): Die Interpreta- nese von Wissen in der Frühen Neuzeit. berg): Johann Gerhard: Postilla (1613) – tion des Werkes Valóságos MagyarABC Erarbeitung einer kritischen Edition mit (Das wesentliche ungarische ABC) – e- Kommentar und Nachwort. saurus Hungaricus –von György Kalmár. Prof. Dr. Ilana Zinguer (Haifa): Renais- Claudia Heidemann (Heidelberg): Die ho- Stipendiaten der Fritz Wiedemann- sance-Studien. miletische Rhetorik der lutherischen Or- Stiftung (Stifterverband) thodoxie. Sylvia Heudecker (Göttingen): Modell lite- Annette Meyer (Köln): ‘Die Wissenschaft Drittmittelförderung eingeworben von raturkritischen Schreibens. Formen der Li- vom Menschen’. Zum Verhältnis von Ge- der Herzog August Bibliothek teraturkritik im ausgehenden 17. und in schichte und Anthropologie in der Spätauf- der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. klärung. Stipendiaten der Andrew W. Mellon- Beate Leweling (Freiburg): Sprachkritik als Stiftung (Mittel- und Osteuropa- Faktor des Sprachgebrauchswandels. Ein Programm) Beitrag zur Sprachgeschichte des 18. Jahr- hunderts. Stipendiaten anderer Institutionen Sandor Bene (Budapest): Models of the Po- Midori Nakayama (Berlin): Die Böhme- litical Public Sphere and Types of Political Rezeption bei Jan Luyken und dessen gei- DAAD Discourse in Early Modern Hungary. stesgeschichtliche Umwelt in Bezug auf die Dr. Andras Balogh (Budapest): Deutsch- Adam Fijalkowski (Warschau): Medieval deutschen und niederländischen Böhmi- ungarische Beziehungen im Mittelalter. Dominican Authors in the Herzog August sten im 17. Jahrhundert. Dr. Mihály Imre (Debrecen): Rhetorik des Bibliothek in Wolfenbüttel Manuscripts Alice Perrin (Bordeaux): Deutsch-franzö- 16. – 17. Jahrhunderts. Collection. sische Beziehungen im 16. und 17. Jahr- Dr. Eva Kowalska (Bratislava): Werke unga- Dr. Ildiko Kristof-Szönyi (Szeged): e Uses hundert. rischer Exulanten in der Frühen Neuzeit. of Verbal and Non-Verbal Communication Peggy Piesche (Paderborn): Chancen und Dr. Frank Muller (Strasburg): Forschungen in Early Modern Legal Practice. Grenzen der Willensfreiheit. Reisen als Le- über Hans Vriedeman de Vries. Tomas Nejeschleba (Olomouc): e 16th bensentwurf in den späten Romanen Chri- Janette Tilley (Toronto): Dialogue Tech- Century Wittenberger Physicians’ thought stoph Martin Wielands. nique in North German Sacred Music of on Sympathy and Antipathy. Pärtel Piirimäe (Cambridge): e legitima- the 17th Century. Dr. Aleksandra Patalas (Krakau): Marco tion of war in 17th century Europe. Dr. Sheila Watts (Cambridge): Lexicogra- Scacchi’s Music in the Light of German Bethany Wiggin (Minneapolis): Fiktion, phie im 17. Jahrhundert. Sources. Frankreich und andere Laster: Auseinan- Prof. Dr. Aaron E. Wright (Urbana): Ge- Dr. Hanna Wegrzynek (Warschau): e dersetzungen mit dem deutschen Roman brauch- und Rezeption gedruckter deut- Role of Prejudice, Bias and Belief in Defin- des späten 17. und des frühen 18. Jahr- scher Predigtsammlungen im Zeitalter ing Christian-Jewish Relations. hunderts. Geilers von Kaysersberg.

DFG NORD/LB Wolfenbüttel – Warburg- PD Dr. Johannes Arndt (Münster): Herr- Stipendium Stipendiaten der Rolf und Ursula schaftskontrolle durch Öffentlichkeit. Schneider-Stiftung Die publizistische Darstellung politischer Benedek Láng (Budapest): Classificatory Konflikte im Heiligen Römischen Reich Strategies in Celestial Sciences in Late Me- Amund Bordahl (Bergen): Rhetorical theo- (1648 – 1750). dieval East-Central European Sources. ry in Denmark-Norway ca. 1550 – 1700. A Study of the Latin Textbook Literature. HUMBOLDTSTIFTUNG Isabella van Elferen (Utrecht): ema- Dr. Gábor Boros (Budapest): Epikureismus tik, Ästhetik und Stilistik der Liebe in im 17. Jahrhundert. Musik und Dichtung des Luthertums, Dr. Scott Dixon (Belfast): Religious Identity 1600 – 1750. in Reformation Germany, 1517 – 1617. 60 61

MARION DÖNHOFFSTIFTUNG Dr. Erzsebet Csuri (Szeged): Die Drucker- Claudia Heidemann (Heidelberg): Die ho- Dr. Olga Fejtova (Prag): Rezeption der Re- zeichen von Gimel Bergen. miletische Rhetorik der lutherischen Or- ligions- und Erbauungsliteratur im bürger- Daniel Cyranka (Halle): Reinkarnation thodoxie. lichen Milieu im 17. Jahrhundert. und Geschichte. Untersuchungen zu Les- Prof. Dr. Simo Heininen (Helsinki): Eras- Dr. Wlodzimierz Zientara (Torun): Kom- sings Reinkarnationshypothese(n). mus von Rotterdam und Michael Agri- munikation in den europäischen Städten Prof. Dr. Christian D. von Dehsen (Keno- cola. der Frühen Neuzeit. sha): Matthew 16 and 18 in discussions Dr. Gizella Hoffmann (Szeged): Hungarica of ecclesiastical authority in the Reforma- in den Handschriftenbeständen der Herzog tion period. August Bibliothek. KATHOLISCHER AKADEMISCHER Prof. Dr. Irene Dingel (Mainz): Kirchen- Hartwig Holtz (Bassum): Johann Heinrich AUSLÄNDERDIENST geschichte. von unen und sein Umkreis. Dr. Csilla Gábor (Cluj-Napoca): Ungari- Judit Ecsedy-Wagner (Dresden/Budapest): Prof. Dr. Gregory Johnston (Toronto): Per- sche Erbauungsliteratur des 17. Jahrhun- Verbrechen und Strafe. Georg Philipp formance Practices in 17th Century Ger- derts in ihrem europäischen Kontext. Harsdörffers Schauplätze und ihre fran- man Music. zösischen Quellen im kriminalitätshisto- Prof. Dr. Susan Karant-Nunn (Tucson): IMPRS rischen Kontext. Quellenstudien zur Reformation. Regina Götz (Göttingen): Griechische Pa- Uta Egenhoff (Bad Zwischenahn): Eberhard Dr. Marion Kintzinger (München): Dis- tristik in Humanismus und Reformations- Werner Happels ‘Relationes Curiosae’ im kurse im Wirtshaus. zeit am Beispiel der deutschen Rezeption Kontext belehrend-unterhaltener Literatur. Prof. Dr. Martin Kintzinger (München): des Basilius Magnus. Eine Studie zur Mediengeschichte. Völkerrecht im Mittelalter. Dr. Silke Falkner (Saskatoon): Convention Dr. Elfriede R. Knauer (Haverford): Unter- and Contradiction: Traces of Gender and suchungen zu den Turnier-und Kostümbü- Gender Paradigms in Catharina Regina von chern in den Beständen der Herzog August Gäste der Herzog August Bibliothek Greiffenberg’s Oeuvre. Bibliothek. Jane Finucane (Dublin): Publizistik des Prof. Robert A. Kolb (Saint Louis): Rezep- Yoshinori Abe (Heidelberg): Linguistische Dreißigjährigen Krieges. tion von Luthers De servo arbitrio. Studien zur deutschen Sprache in der Frü- Dr. Peter Foley (Tucson): Glaube, Vernunft Milton Kooistra (Toronto): e Humanist hen Neuzeit. und Gefühl in der Philosophie des 18. Jahr- Wolfgang Capito. Prof. Dr. Judith Aikin (Iowa): Geistliche hunderts. Dr. Michel Kowalewicz (Montpellier): Lieder als Autobiographie und Kulturge- Markus Friedrich (München): Landes- Wolfenbütteler Pergamentdruck, Zeug- schichte: Die Lieder Aemilie Julianes von kundliche eatra in der Frühen Neu- nis eines aktiven Kulturtransfers der Frü- Schwarzburg-Rudolstadt (1637 – 1706) zeit. hen Neuzeit. und Ludaemilie Elisabeths von Schwarz- Dr. Peter Fuhring (Paris): Architektur- und Ursula Kundert (Halle): Vermittlung von burg-Rudolstadt (1640 – 1672). Ornamentstiche von Jacques Androuet du Verhaltensnormen in Texten des 17. Jahr- Natalia Andreeva (St. Petersburg): Die Cerceau. hunderts. Deutschbalten und Regierungspolitik Ruß- Dr. Reinhard Flogaus (Berlin): Evangeli- Frauke Kurbacher (Münster): Selbstver- lands (Anfang des 20. Jahrhunderts). scher Glaube in der Sprache des Evange- ständnis und Weltbezug. Urteilskraft in Gerhard Bode (St. Louis): Die kateche- liums. anthropologischer Perspektive. tischen Schriften Johann Conrad Diete- Prof. Dr. Martin van Gelderen (Sussex): Dr. Karsten Mackensen (Berlin): Medial richs. Hugo Grotius und die Indianer. bedingte Transformationsprozesse in der Dr. Susan R. Boettcher (Austin): Die luthe- Dr. Christoph Glaser (München): Phar- Darstellung von Musiktheorie in der Frü- rische Predigt 1546 – 1582. maziegeschichte des 17. und 18. Jahrhun- hen Neuzeit. Galaxis Borja (Mainz): Die jesuitische Be- derts. Dr. Giles Mandelbrote (London): Booksell- richterstattung über die Neue Welt: Zur Prof. Dr. Francis Goyet (Grenoble): Euro- ers’ and auction catalogues of the 16th and Verbreitungsgeschichte von Amerika- pean Rhetoric textbooks from the 16th to 17th centuries. nachrichten im Alten Deutschen Reich the 18th Century. Prof. Outi Merisalo (Jyväskylä): Die klas- (1713 – 1792). Prof. Dr. Anthony Grafton (Princeton): Tri- sischen Verfasser in den Bibliotheken Dr. Philippe Büttgen (Paris): Abendmahls- themius und die kryptographischen eo- Finnlands vom 16. bis zum 18. Jahrhun- und Philosophenstreit: Daniel Hofmann rien der Frühen Neuzeit. dert. und Rudolf Goclenius (1590 – 1600) / Prof. Lowell C. Green (Buffalo): Konkor- Jörn Münkner (Berlin): Einblattdrucke der Philosophie und Erbauung im deutsch- dienformeln. Frühen Neuzeit. sprachigen Raum, 1720 – 1810. Daniel Green (Durham): Astronomische Dr. Lothar Mundt (Berlin): Bibliographi- Dr. Gudrun Busch (Mönchengladbach): Jo- Bücher in der Herzog August Bibliothek. sche Ermittlungen im Zusammenhang mit hann Friedrich Reichardt, Heinrich Campe Alexandra Grigat (Hamburg): Die ‘Porca- der Edition sämtlicher Trauerspiele von und die Französische Revolution. ria’ (1453) des Horatius Romanus. Über- Daniel Casper von Lohenstein im Rahmen Axelle Chassagnette (Berlin): Geographie setzung und Kommentar. der Lohenstein-Gesamtausgabe. der Renaissance. Prof. Dr. Stephen Grover (New York): New- Dr. Frank Muller (Strasbourg): Forschun- Robert Christman (Green Bay): Der Erb- tonian natural theology 1687 – 1823. gen über religiöse Bilder des Hans Vrede- sündestreit in der Grafschaft Mansfeld Dr. Frank Grunert (Gießen): Die “Histo- man de Vries in Wolfenbüttel und Dan- (1571 – 1608). ria litteraria” des 17. und 18. Jahrhun- zig. Dr. Kathleen Crowther-Heyck (Swarth- derts. Prof. Dr. David Myers (New York): Kinds- more): Naturgeschichte und Naturgefühl Dr. Mary Jane Haemig (St. Paul): Advent mord in Braunschweig im 17. Jahrhun- im 16. Jahrhundert. und Weihnachten im 16. Jahrhundert. dert. 60 61

Aneta Niesobska-Gluch (Fulda): Marian Pablo Schneider (Berlin): Herrschaftsreprä- Dr. Ulman Weiß (Erfurt): Schriften zum Szyrocki und die Barockforschung. sentation und Perspektivkonstruktionen religiösen Dissidentismus im ausgehenden Prof. Dr. Cornelia Niekus Moore (San Fran- unter Ludwig XIV. 16. und frühen 17. Jahrhundert. cisco): Die Biographie in der Leichenpre- Prof. Dr. Luise Schorn-Schütte (Frankfurt): Prof. Dr. Timothy Wengert (Philadelphia): digt der Frühen Neuzeit. Politica Christiana. Philipp Melanchthon und das evangelische Dr. Szabolcs Olah (Debrecen): Untersu- Professor Dr. Alexander Schwarz (Lau- Bischofsamt. chung des Wechsels der Textfunktionen sanne): Bausteine zu einer Geschichte der Andrea Wurm (Saarbrücken): Französisch- (movere, docere) in deutschsprachigen Laienlinguistik in Deutschland. deutsche Kochbuchübersetzungen des 17. protestantischen Predigten zwischen 1560 Prof. Dr. Jean-Loup Seban (Brüssel): Hu- und 18. Jahrhunderts. und 1580. genotten, eologen und Philosophen im Prof. Dr. Wieslaw Wydra (Posen): Wolfen- Prof. Dr. Oliver Olson (Minneapolis): Fla- 18. Jahrhundert in Preussen. bütteler Pergamentdruck. Zeugnis eines ak- cius Illyricus – Eine Biographie. Prof. Dr. Dougals Shantz (Calgary): Pietis- tiven Kulturtransfers der Frühen Neuzeit. Prof. Dr. Janusz A. Ostrowski (Krakau): Mi- mus und Gemeinschaft. Dr. Mehdi Zamanian (Shiraz): Studien zur rabilia Urbis Romae. Dr. Katya Skow-Obenaus (Charleston): deutschen Literatur. Dr. Barbara Pätzold (Berlin): Deutschspra- Ordnungsprinzipien in spätmittelalterli- Dr. Jens Zimmermann (Langley): Interpre- chige Ehelehren vom 15. bis 17. Jahrhun- chen Sammelwerken. tation in Puritan and Pietist literary and po- dert. Prof. Dr. Joachim Sliwa (Krakau): Andreas litical culture. Prof. Dr. Luther Peterson (Oswego): Philip- Gryphius und die ägyptischen Mumien in pists and Confessionalisation. Breslau. Dr. Marjorie Plummer (Augsburg): e Maria Snyder (St. Louis): Topography and Conscience of the Priest: Popular and Of- social memory in the 16th century Ger- ficial Reactions to Clerical Marriage in many. Southern Germany, 1519 – 1545. Dr. Vladimir Somov (St. Petersburg): Gott- Stipendiaten und Gäste Roberto Poma (Paris): Die magnetische fried Engelbert Anders (1795 – 1866). Der 1. Halbjahr 2003 Medizin im 16. und 17. Jahrhundert. Bibliothekar und Musikologe und seine Bi- Dr. Marcus Popplow (Cottbus): Die Öko- bliothek im St. Petersburgischen Konserva- nomisierung der Natur im 18. Jahrhun- torium. dert – eine umwelthistorische Zäsur? Dr. Hermann Stauffer (Osnabrück): Bir- Stipendiaten der Herzog Muzafar A. Qazilbash (Amherst): Eine kri- ken-Forschung. August Bibliothek tische Edition des Wolfenbütteler Evange- Dr. Gerhard F. Strasser (Penn State): Stu- listars (13. Jahrhundert). dien zu Athanasius Kircher. Dr. Manuela Anton (Bukarest): German Claire Ravez (Göttingen): Vernehmung der Prof. Hiroyuki Takada (Kyoto): G. W. Leib- Pietism and Reform-Catholicism in eight- Jesuiten durch die protestantische Publizi- nizens Konzept zur Sprachkultivierung. eenth-Century Romanian Textbooks from stik am Anfang des 18. Jahrhunderts anläß- Katsumi Takimoto (Osaka): Deutsche Transylvania, Banat and the Danubian lich des Tumults von Torun. Sprachgeschichte vom 17. bis 18. Jahr- Principalities. Joke T. C. Renting-Kuijpers (Apeldoorn) hundert. Prof. Dr. Paul Richard Blum (Baltimore): Anne-Dirk Renting (Apeldoorn): Die Prof. Dr. Lynn Tatlock (St. Louis): Justine Konfessionelle Interferenzen in der Aufklä- Zutphener Librije – ein Sammlungskata- Siegemund’s Hebammenbuch. rungsphilosophie. Religionsphilosophische log. Dr. Salvatore Tedesco (Bagheria): Studien Voraussetzungen in der Renaissance. Prof. Dr. omas Ricklin (Neuchatel): Die zur Ästhetik im 18. Jahrhundert. Dr. Christopher Boyd Brown (St. Louis): Konstruktion des Mittelalters als Epoche Prof. Dr. Anne ayer (Lancaster): Unter- Laienfrömmigkeit und Luthertum im Spie- der Philosophiegeschichte bei Georg Horn suchungen zu den lateinischen Editionen gel der Joachimsthaler Reformation und ih- und Jacob Brucker. (1542 – 1544) der Predigten des Bernar- rer Nachwirkung. PD Dr. Brigitte Robak (Kassel): US-Ameri- dino Ochino. PD Dr. Heiko Droste (Hamburg): Patro- kanische Pressepolitik und Re-education in Dr. Udo iel (Canberra): Selbstbewusst- nage als Kulturreform in der ständischen Deutschland 1945 – 1948. sein und persönliche Identität in der Phi- Gesellschaft. Francine Roy (Qutrement, Québec): In- losophie des 18. Jahrhunderts. Dr. Anke Holdenried (Epsom): Daniel Cla- fluence de l’irénisme sur le retour du style Dr. Neil omas (Durham): Das Erbe sen (1623 – 1678) und die Sibyllenkontro- gothique en archtecture vers 1600. Le cas Wolfram von Eschenbach in der nachhö- verse. Zum Verhältnis von Prophetie, Kon- de la Marienkirche à Wolfenbüttel. fischen Epik. fession und Gelehrsamkeit im Barock. A. Ruban (St. Petersburg): Quellenstudien Dr. Anita Traninger (Wien): Sprezzatu- Prof. Dr. Alessa Johns (Göttingen): Enlight- zur klassischen Philologie. ra als rhetorisches Konzept in der Frühen enment women’s cosmopolitanism. Beate Ruland (Hagen): Historiae and histo- Neuzeit. Dr. Indrek Jürjo (Tallinn): Die Ideen der ria bei G. Hornius. Dr. Hans Rudolf Velten (Berlin): Mittelal- Pädagogik und der Erziehung in der balti- Anna Rykounova (Moskau): Mittelalter-Re- terliche und frühneuzeitliche Narren. schen Aufklärungsbewegung. zeption bei Goethe. Dr. Noemi Viskolcz (Szeged): Editionsge- PD Dr. Katrin Keller (Wien): Patronage Prof. Dr. David Warren Sabean (Los Ange- schichte der Foliopostilla Johann Arndts und Klientel am Wiener Hof in der ersten les): Geschichte des Inzestdiskurses in Eu- 1642. Hälfte des 17. Jahrhunderts. ropa und Amerika seit der Renaissance. Hanna Vorholt (Göttingen): Illustrierte Dr. Nils Langer (Bristol): e Representa- Dr. Wolfgang Schmitt (Berlin): Deut- Handschriften des “Liber Floridus”. tion and Status of Standard German in Ear- sche Herodot-Rezeption um die Mitte des Matthias Weiß (Frankfurt): Die Politica ly Foreign Language Grammars. 16. Jahrhunderts am Beispiel des Georg Christiana als Beitrag zum Staatsverständ- Dr. Markus Meumann (Berlin): Verglei- Lauterbeck. nis des alten Reiches. chende Studien zu Rechtswahrung und 62 63

Widerspruch gegenüber Kriegsfolgen und Dr. Ernst-Peter Wieckenberg (München): 17. Jahrhunderts unter besonderer Berück- militärischen Lasten im 17. Jahrhundert. “Hamburger Köpfe”. Biographie des sichtigung von Flugblättern im deutschen Prof. Dr. John E. Moore (Northampton): Hamburger Hauptpastors Johann Mel- Sprachgebiet. e Anatomy of the Festival in Eighteenth- chior Goeze. Julie Hotchin (Canberra): Women’s mo- Century Rome. nasticism and its reform in Lower Saxony, Prof. Dudu Musway (Kikwit-Bundun- c. 1100 – 1470. du): Schwarzafrika bei lateinischen Auto- Stipendiaten der Andrew W. Mellon- Maria Marten (Hamburg): Die Pflanzen- ren: Mythen und Realität oder Ideen und Stiftung allegorie im deutschsprachigen protestan- Wirklichkeit. tischen Predigtschrifttum der Frühen Neu- Prof. Dr. Hilmar Pabel (Vancouver): Edit- Prof. Dr. Krassimira Daskalova (Sofia): zeit. ing Saint Jerome in the Renaissance: Eras- Rezeption of Authors from the German Brian McInnis (Bochum): Moralische Er- mus in Context. “Kulturraum” among the Bulgarians dur- zählung und Anthropologie in Zeitschrif- Radmila Pavlickova (Olomouc): Zeremo- ing the National Revival (1750 – 1878). ten der Aufklärung, 1750 – 1810. nie bei der Handlung ständischer Institu- Dr. Adam Fijalkowski (Warschau): Medie- omas Wallnig (Wien): Zu Herkunft und tionen als Spiegel der Gesellschaft: Ölmüt- val Dominican Authors in the Herzog Au- Werdegang von Bernhard Pez OSB vor zer Bischof und Stände der Markgrafschaft gust Bibliothek in Wolfenbüttel Manu- 1709. Soziale und intellektuelle Dynamik Mähren in der Frühen Neuzeit. scripts Collection. im Spannungsfeld von kirchlichem Bil- Dr. Marjorie Plummer (Augsburg): e dungswesen und frühneuzeitlicher Gelehr- Conscience of the Priest: Popular and Of- tenrepublik. ficial Reactions to Clerical Marriage in Stipendiaten der Zeit-Stiftung Southern Germany, 1519 – 45. Dr. Michael J. Seidler (Bowling Green): Dr. Martin Cable (London): e Council NORD/LB Wolfenbüttel – Warburg- Samuel Pufendorf’s “Dissertationes aca- of Constance’s Schism settlement and the Stipendium demicae selectiores” (1675). A Critical “Land- und Religionsfrieden” of the 14th Edition. to 16th centuries. Fabio Forner (Offanengo): Studies on Al- Dr. Ad Stijnman (Oudewater): e Graph- berto Pia’s Tres et viginti libri and the let- ic Qualities of Print Series in Intaglio Tech- ters of Enea Silvio Piccolomini. niques between 1540 and 1600. Stipendiaten der Dr. Günther Findel- Dr. Volkhard Wels (Berlin): Wissenschafts- Stiftung (Doktorandenprogramm) theoretische Grundlagen der Poetik in der Frühen Neuzeit. Stefan Bauer (London): e Diffusion of Stipendiaten der Kurt und Marga Dr. Matthias Wolfes (Berlin): Der lebendi- Platina’s Lives of the Popes in Northern Eu- Möllgard-Stiftung (Stifterverband) ge Gott. Studien zum Gottesbegriff in der rope during the Reformation and Counter- neuzeitlichen eologie und Philosophie. Reformation. Dr. Mara Grudule (Riga): Gotthard Fried- Sylva Dobalová (Prag): Imitation, Stil rich und Alexander Johann Stender in und Bedeutung in Böhmischen Gärten Helmstedt. (1580 – 1650). Kooperation Herzog August Bibliothek – Ildar Garipzanov (Fordham, New York): Akademie der Wissenschaften Budapest Die Semiotik der Autorität in der karolin- Stipendiaten der Fritz Wiedemann- gischen Welt (751 – 877): Die königlichen Prof. Dr. László Havas (Debrecen): Neola- Stiftung (Stifterverband) Bilder, Titulaturen und Monogramme. teinische Forschungen. Erik Margraf (Augsburg): Geschichte der Annette Meyer (Köln): Die Wissenschaft frühneuzeitlichen Hochzeitspredigt, Tex- vom Menschen. Zum Verhältnis von Ge- tuelle Organisation, rituelle Funktion, dis- schichte und Anthropologie in der Spätauf- Einladungen des Direktors kursive Praxis. klärung. Midori Nakayama (Berlin): Die Böhme- Prof. Jochen Becker (Utrecht): Spottele- Rezeption bei Jan Luyken und dessen gei- mente in Einzügen. Europäische Feste und stesgeschichtliche Umwelt in Bezug auf die Einzüge. deutschen und niederländischen Böhmi- Stipendiaten anderer Institutionen Prof. Dr. Barbara Becker-Cantarino (Co- sten im 17. Jahrhundert. lumbus): Johanna Eleonora Petersen Peggy Piesche (Paderborn): Chancen und HUMBOLDTSTIFTUNG (1644 – 1724). Grenzen der Willensfreiheit. Reisen als Le- Prof. Dr. Vilmos Agel (Szeged): Drucke des Prof. Dr. William Courtenay (Madison): bensentwurf in den späten Romanen Chri- 17. Jahrhunderts. Franciscan theology in the fourteenth cen- stoph Martin Wielands. tury. Edwin Tait (Durham): Martin Bucers EVANGELISCHE KIRCHE Prof. Dr. Ian Hunter (Brisbane): Christi- Evangelienkommentar. DEUTSCHLANDS an omasius. Dr. Mary Jane Haemig (St. Paul): Advent Prof. Dr. Dr. Johannes Schilling (Kiel): Stu- und Weihnachten im 16. Jahrhundert. dien zu Luthers Briefes. Stipendiaten der Rolf und Ursula Prof. Dr. David Sabean (Los Angeles): Schneider-Stiftung DAAD Kinship structures in early modern Europe Prof. Dr. Simo Heininen (Helsinki): Eras- and incest discourse in Europe and Amer- Kristina Bake (Halle): Geschlechterrollen mus von Rotterdam und Michael Agri- ica since 1600. und Ehekonzepte in der Grafik des 16. und cola. 62 63

Stipendiaten im Juni 2003

Prof. Dr. Ingrid Maier (Uppsala): Russi- Prof. Dr. Johannes Arndt (Münster): Herr- Harsdörffers Schauplätze und ihre fran- sche handgeschriebene “Zeitungen” des schaftskontrolle durch Öffentlichkeit. zösischen Quellen im kriminalitätshisto- 17. Jahrhunderts und ihre westeuropä- Die publizistische Darstellung politischer rischen Kontext. ischen Vorlagen. Konflikte im Heiligen Römischen Reich Uta Egenhoff(Bad Zwischenahn): Eberhard (1648 – 1750). Werner Happels ‘Relationes Curiosae’ im GERDAHENKELSTIFTUNG Dr. Jeffrey Ashcroft (St. Andrews): Der Kontext belehrend-unterhaltener Literatur. Dr. Ulrike Paul (Berlin): Stereotypen-Pro- schriftliche Nachlass Albrecht Dürers: Eine Studie zur Mediengeschichte. jekt. neue englische Übersetzung und Kom- Isabella van Elferen (Bad Zwischenahn): Dr. Henadz Sahanovich (Minsk): Das mentar und Humanistische Philologie für ematik, Ästhetik und Stilistik der Liebe Großfürstentum Litauen und Heiliges Rö- den “gemeinen Mann” – zur Problematik in Musik und Dichtung des Luthertums, misches Reich im 16. und 17. Jahrhundert: der Vorreden zu Bibel-Übersetzungen der 1600 – 1750. die politische Adelskultur im Vergleich. Reformationszeit. Angela Fischel M.A. (Berlin): Naturhistori- Dr. Claudia Benthien (Berlin): Barockes sche Bilder im 16. Jahrhundert. MISSION HISTORIQUE Schweigen. Rhetorik und Performenz des Dr. Reinhard Flogaus (Berlin): Evangeli- FRANCAISE EN ALLEMAGNE Sprachlosen im 17. Jahrhundert. scher Glaube in der Sprache des Evange- Alice Perrin (Tours): Deutsch-französische Dr. Susan Boettcher (Austin): Lutherische liums. Beziehungen im 16. und 17. Jahrhundert. Predigt, Luther-memoria, Cyriakus Span- Dr. Annegret Friedrich (Trier): Visuelle In- genberg als Geschichtsschreiber. szenierungen von Frauenfreundschaften im ANNETTE KADE FELLOWSHIP IN Dr. Philippe Büttgen (Paris): Abendmahls- 18. Jahrhundert. MEDIEVAL HISTORY  NEWBERRY und Philosophenstreit: Daniel Hofmann Prof. Dr. Martin van Gelderen (Sussex): LIBRARY AMERICAN FRIENDS OF und Rudolf Goclenius (1590 – 1600). Hugo Grotius und die Indianer. THE HAB TRAVEL GRANT Dr. Gudrun Busch (Mönchengladbach): Jo- Dr. Christoph Glaser (München): Phar- Michael Raley (Chicago): e emergence hann Friedrich Reichardt in seinen Bezie- maziegeschichte des 17. und 18. Jahrhun- and evolution of theories of natural rights hungen zu Joachim Heinrich Campe, Karl derts. in the late Middle Ages. Wilhelm Ramler und Johann Wilhelm Prof. Katherine Goodman (Providence): Ludwig Gleim. Luise Gottsched. Dr. Anna Carrdus (Bristol): Women’s writ- Prof.Dr. Anthony Grafton (Princeton): In- Gäste der Herzog August Bibliothek ing in early modern period. tellectual history in the early modern pe- Robert Christman (Arizona): Der Erb- riod. Simone De Angelis (Bern): Genese und sündestreit in der Grafschaft Mansfeld Dr. Maria Hartmann Kakucska (Berlin): Entwicklung der Anthropologie im 16. (1571 – 1608). Joannes Ludovicus Vives und sein Einfluss und 17. Jahrhundert. Prof. Dr. Marcelo Dascal (Leipzig/Tel im 16. – 18. Jahrhundert. Daniel Arlaud (Paris): Die Kriegsverwun- Aviv): Leibniz der Dialektiker. Dr. Gizella Hoffmann (Szeged): Ungaria in dungen der Soldaten im Heiligen Römi- Judit Ecsedy-Wagner (Budapest/Dresden): den Handschriften-Beständen der Herzog schen Reich, 1450 – 1750. Verbrechen und Strafe. Georg Philipp August Bibliothek – eine Übersicht. 64 65

Dr. Dirk Jäckel (Bochum): Europabegriff in Dr. Barbara Pätzold (Berlin): Deutschspra- Prof. Dr. Katya Skow-Obenaus (Charles- der Vormoderne. chige Ehelehren vom 15. bis 17. Jahrhun- ton): Ordnungsprinzipien in spätmittelal- Elsa Kammerer (Paris): Humanistische Lite- dert. terlichen Sammelwerken. ratur und religiöses Gedankengut in Lyon Anne Pérennec (Lyon): Kirchliche Betreu- Dr. Jeffrey Chipps Smith (Austin): Jesuit in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts: ung der Soldaten im Heiligen Römischen Print Culture in Germany, 1580 – 1648. Beziehungen und Einflüsse von Italien und Reich im 17. Jahrhundert. Reto Speck (Sussex): Konzeptualisierung Deutschland. Dr. Marjorie Plummer (Augsburg): e von Universalgeschichte in der deutschen Dr. Britta-Juliane Kruse (Berlin): Witwen – Conscience of the Priest: Popular and Of- Geschichtsschreibung des 18. Jahrhun- Lebensregeln und Alltag (1400 – 1700). ficial Reactions to Clerical Marriage in derts. Cindy Lammens (Ghent): e history of Southern Germany, 1519 – 45. Quentin D. Stewart (St. Louis): e “con- science in the Low Countries during the Gerhild Pothmann-Brebeck (Düsseldorf): sensus patrum” in the theology of Martin 16th Century. Schwangerschaft und Geburtsvorbereitung Chemnitz and Johann Gerhard. Jan Lazardzig (Berlin): Experimentalkultur zu Beginn der Frühen Neuzeit. Prof. Dr. Gerhard Strasser (Penn State): Stu- im 17. Jahrhundert. Dr. Anna Richards (Oxford): Medizintexte dien zu Athanasius Kircher. Prof. Jean-Luc Le Cam (Brest): Quellenedi- aus dem 18. Jahrhundert. Katsumi Takimoto (Osaka): Deutsche tion, Leichenpredigten als Quellen der Er- Prof. Margaret Clunies Ross (Sydney): Islän- Sprachgeschichte vom 17. bis 18. Jahr- ziehungsgeschichte. dische Handschriftenquellen in der Herzog hundert. Dr. Anna Linton (Oxford): Iphigenie und August Bibliothek. Birgit Tautz (Brunswick): Literatur, Kultur Jeftas Tochter in der deutschen Literatur. Annemarie Schmidt-Cords (Lagos): Karto- und Philosophie der Fremdheitswahrneh- Prof. Dr. Cornelia Niekus Moore (Berkeley): graphie und Kosmologie des Mittelalters mung im 18. Jahrhundert. e Funeral Biographies as Literature. und der Frühen Neuzeit. Prof. Dr. Salvatore Tedesco (Palermo): Stu- Dr. Sabine Mödersheim (Madison): Emble- Prof. Dr. Gerhild Scholz Williams (St. Lou- dien zur Ästhetik im 18. Jahrhundert. matik und Mnemonik. is): Bild und Text im eatrum Europa- Dr. Udo iel (Canberra): Selbstbewußt- Dr. Marie-érèse Mourey (Bois Colom- eum. sein und persönliche Identität in der Phi- bes): Tanz im barocken Deutschland. Dr. Ludger Schwarte (Berlin): Experimen- losophie des 18. Jahrhunderts. Midori Nakayama (Berlin): Die Böhme- talkultur im 17. Jahrhundert. Dr. Hans Rudolf Velten (Berlin): Narren Rezeption bei Jan Luyken und dessen gei- Christian Seebald (Köln): Mittelalter-Re- und Narrenfigurationen im Spätmittelal- stesgeschichtliche Umwelt in Bezug auf die zeption in der Barockoper um 1700. ter und in der frühen Neuzeit. deutschen und niederländischen Böhmi- Prof. Dr. Nacy Siraisi (Brooklyn): Medi- Ulrike Wels (Berlin): Protestantisches sten im 17. Jahrhundert. cine and Antiquarianism in the 16th cen- Schultheater an der Wende vom 17. zum Dr. Szabocs Oláh (Debrecen): Denk- und tury. 18. Jahrhundert. Schreibmodelle in der ars concionandi Claudius Sittig (Göttingen): Kulturel- Dr. Bethany Wiggin (Philadelphia): e von Nicolaus Hemmingius und Simon le Konkurrenzen zwischen Fürstenhöfen Politics of Coffee Consumption: Coffee- Paulus. um 1600. house Culture around 1700.

Neue Veröffentlichungen

Wolfenbütteler Forschungen Confessional Division and the Republic of Letters: the Case of Pierre-Daniel Huet Wolfenbüttel Forschungen, hrsg. v. der Her- (1630 – 1721). – Peter N. Miller: Mak- zog August Bibliothek. Bd. 1 ff. Wiesba- ing the Paris Polyglot Bible: Humanism den: Harrossowitz Verlag in Kommission and Orientalism in the Early Seventeenth 1977 ff. Century. – Françoise Waquet: Ludovi- co Antonio Muratori. Le “pio letterato” à Bd. 96 Die europäische Gelehrtenrepu- l’epreuve des faits. – Anne Goldgar: Sing- blik im Zeitalter des Konfessionalismus. ing in a Strange Land: e Republic of Let- e European Republic of Letters in the ters and the Mentalité of Exile. – Markus Age of Confessionalism. Hrsg. von Herbert Völkel: Das Verhältnis von religio patriae, Jaumann. 2001. 223 S. (3-447-04516-7), confessio und eruditio bei Marx Welser. – geb. € 64,– Constantin Fasolt: Hermann Conring and Inhalt: Herbert Jaumann: Vorwort. – Her- the Republic of Letters. – Merio Scattola: bert Jaumann: Respublica litteraria / Re- Gelehrte Philologie vs. eologie: Johan- public of Letters. Concept and Perspektives nes Caselius im Streit mit den Helmsted- of Research. – Anthony Grafton: Where ter eologen. – Ralph Häfner: “Denn wie was Salomon’s House? Eccelesiastical His- das buch ist, muß der leser seyn” – Allegore- tory and the Intellectual Origins of Ba- se und Mythopoiesis in den Hohen und hel- con’s New Atlantis. – April G. Shelford: len Sinnbildern Jonae des Helmstedter Ge- 64 65

Editionsgeschichte, Werkstruktur, Sprach- kultur. – Els Ruijsendaal: Mehrsprachige Gesprächsbüchlein und Fremdsprachen- grammatiken: Vom Niederländischen zum Italienischen und das Französische in der Mitte. – Werner Hüllen: ree Properties of Early European Language Teaching and Learning. – Personenregister.

Bd. 99 Niederländische Lyrik und ihre deutsche Rezeption in der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Lothar Jordan. 2003. 272 S., 40 Abb. (3-447-04705-4), geb. € 69,– Inhalt: Lothar Jordan: Einleitung. – I. SPRACHGESCHICHTE. Luc de Grauwe: “also wel ... overlantsche als ne- derlantsche tale ende sprake”. Zur späten Bifurkation Deutsch und Niederländisch im Sprachbewußtsein des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. – II. LITERATUR GESCHICHTE. Johan Oostermann: “In Oostland wil ik varen”. Antwerpener Lie- lehrten Hermann von der Hardt. – Gregor deren und der Krise des Sich-Selbst-Iden- der und ihre Überlieferung in Handschrif- Vogt-Spira: Die Poetik des M. H. Vida und tischen: La Cisma de Inglaterra von Cal- ten und Alben des 16. Jahrhunderts aus ihre Rezeption in konfessioneller Perspek- derón de la Barca. – V. ALTERITÄT IM Geldern, Overijssel und dem Rheinland. – tive. – Personenregister. SOZIALEN RAUM: SELBSTINSZE Stefan Kiedroń: Deutsch-niederländische NIERUNG UND SELBSTGABE. Ur- ‘poetische’ Beziehungen im 17. Jahrhun- Bd. 97 Imaginationen des Anderen im 16. sula Jung: Weibliche Autorschaft im spa- dert: der Fall Schlesien. – Jan Konst: “Ga- und 17. Jahrhundert. Hrsg. von Ina Scha- nischen Barock: Selbstinszenierung als das lathe gehab dich wol!” Roemer Visschers bert und Michaela Boenke. 2002. 288 S., Andere bei María de Zayas und Feliciana Sinnepoppen (1614) und die Frauenzim- 16 Abb. (3-447-04631-7), geb. € 69,– Enríquez de Guzmán. – Sabine Schülting: mer Gesprächspiele (1641 – 1649) von Ge- Inhalt: Ina Habermann und Ina Scha- Wa(h)re Liebe. Geldgeschäfte und Liebes- org Philipp Harsdörffer. – Cornelia Niekus bert: Einleitung. – I. TRANSGRESSI gaben in der Frühen Neuzeit. – Personen- Moore: Gelegenheitspoesie von Frauen in VE ERKENNTNISWELTEN. Victoria register. den Niederlanden und Deutschland im von Flemming: Das Andere der Vernunft? 17. und 18. Jahrhundert. – Lothar Jor- Giovanpietro Bellori und die Ambivalenz Bd. 98 Heilige und profane Sprachen. Ho- dan: Deutsche und niederländische Natur- des Phantasiebegriffs in der italienischen ly and profane Languages. Die Anfänge des lyrik des 18. Jahrhunderts: Poetologische Kunsttheorie der frühen Neuzeit. – Mi- Fremdsprachenunterrichts im westlichen Aspekte ihrer Differenz und Rezeption. – chaela Boenke: Der Teufel der Philoso- Europa. e Beginnings of Foreign Lan- III. ÜBERSETZUNGSGESCHICHTE. phen. – György E. Szönyi: e Language guage Teaching in Western Europe. Hrsg. Ton Naaijkens: “Undern wîben ûf gestan- of the Other: John Dee’s Experiments with von Werner Hüllen und Friederike Klip- den”. Ansätze zur Frühgeschichte der Lyrik- Angelic Conversations. – II. IMAGINA pel. 2002. 224 S., 5 Abb. (3-447-04632- übersetzungen aus dem Niederländischen TION DES ANDEREN. DAS WUN 5), geb. € 64,– ins Deutsche. – Ferdinand van Ingen: DERBARE, DÄMONISCHE UND Inhalt: Werner Hüllen/Friederike Klippel: Philipp von Zesen als Übersetzer von Jacob GROTESKE. Günter Butzer: Mirabilia Vorwort. – Werner Hüllen/Friederike Klip- Cats (1671). – Maria A. Schenkeveld-van und Phantasmata: Die poetische Imagina- pel: Preface. – Gabriele Hille-Coates: Von der Dussen / Dorthe Schipperheyn: Johann tion des Anderen. – Gerhild Scholz Wil- den “heiligen Sprachen” im lateinischen Peter Titz als Übersetzungstheoretiker und liams: Confronting the Early modern Oth- Mittelalter und Renaissance-Humanis- Cats-Übersetzer. – Guillaume van Gemert: er: Johannes Praetorius (1630 – 1680) on mus. – Vivian Law: Gedächtnis und Gram- Deutsche Übersetzungen von Gedich- Wonders and Violence. – III. DAS FREM matikschreibung im Mittelalter. – Helmut ten Joost van den Vondels (1587 – 1679) DE ICH: WAHNSINN UND DOME Gneuss: Ælfrics Grammatik und Glossar: im 19. und 20. Jahrhundert. – Personen- STIZIERUNG. Ina Schabert: Wombscapes: Sprachwissenschaft um die Jahrtausend- register. Abjektion in King Lear und Paradise Lost. – wende in England. – W. Keith Percival: Bettina Bannasch und Günter Butzer: Das Greek Pedagogy in the Renaissance. – Lou- Bd. 100 Politische Begriffe und histori- Verschwinden des Anderen im Ich: Affekt- is G. Kelly: Humanist Latin Teaching and sches Umfeld in der Politica methodice dige- regulierung und Gedächtnisprägung in the Roman Orator. – Hans-J. Niederehe: sta des Johannes Althusius. Hrsg. von Emi- Meditation und Emblematik. – IV. DAS Die «Gramática de la lengua castellana» lio Bonfatti, Giuseppe Duso und Merio FREMDE NICHTICH: KULTUREL (1492) von Antonio de Nebrija. – Mech- Scattola. 2002. 380 S. (3-447-04706-2), LE GRENZZIEHUNGEN. Bernhard tild Bierbach: Wörterbücher und der Un- geb. € 84,– Klein: Randfiguren. Othello, Oroonoko terricht des Französischen als Fremdsprache Inhalt: Warum lesen wir noch Althusi- und die kartographische Repräsentation im 16. Jahrhundert. – Peter W. Waentig: us? Vorwort. – Giuseppe Duso: Herr- Afrikas. – Janett Reinstädler: Von der Apo- Die venezianische Ausgabe der Colloquia et schaft als gubernatio in der politischen theose des Eigenen, der Abspaltung des An- Dictionariolum Octo Linguarum von 1656: Lehre des Johannes Althusius. – Pieran- 66 67

gung. – Signa und Imagines unterschiedli- cher Weltsichten. Anna-Dorothee von den Brincken: Herausragende Plätze der anti- ken Geschichte im Bild der mittelalterli- chen Ökumene-Karte (9. bis beginnendes 14. Jahrhundert). – Paul D. A. Harvey: e biblical content of medieval maps of the Holy Land. – Ivan Kupčík: Das Janus- gesicht der Portolankarten. Die ungelösten Fragen zur Ikonographie der Portolankar- ten. – Herbert Eisenstein: “Mappae Arabi- cae” – Das Weltbild des mittelalterlichen Is- lam im Spiegel seiner Karten. – Neue Welt- bilder mit tradierten Weltdeutungen? Ulrich Knefelkamp: Der Behaim-Globus – Ge- schichtsbild und Geschichtsdeutung. – Jo- hannes Werner Kreuer: Die kartographi- sche Wende von Schedel zu Martellus (De- scriptio und Karte). – Marcel Watelet: Les deux éditions de la carte murale de l’Europe (1554, 1572) de Gérard Mercator: sources pour l’histoire socio-économique et politi- gelo Schiera: Giovanni Altusio fra Stato que du XVIe siècle européen. – Geschichts- se (1786): Die erste archäologische Karte e Costituzione. – Horst Dreitzel: Althusi- kartographisches. Gyula Pápay: Die Anfän- von Avenches. – Catherine Hofmann: Le us in der Geschichte des Föderalismus. – ge der Geschichtskartographie. – Franz Voyage pittoresque de la Grèce du comte de Martin van Gelderen: Der moderne Staat Wawrik: Historische und kulturhistori- Choiseul-Gouffier (1782 – 1822). La car- und seine Alternativen: Althusius, Arnisae- sche Informationen in den Werken öster- te au service de la découverte archéologi- us und Grotius. – Dieter Wyduckel: Althu- reichischer Kartographen des 16. Jahrhun- que. – Justus Cobet: Die Troas als histori- sius und die Monarchomachen. – Michael derts, mit besonderer Berücksichtigung sche Landschaft. – Welterfassung im Dienste Behnen: Herrschaft und Religion in den des Wolfgang Lazius. – Walter Goffart: herrschaftlicher Instrumentalisierung. Rainer Lehren des Lipsius und Althusius. – Wolf- e Plot of Gatterer’s “Charten zur Ge- Vollmar: Die Vielschichtigkeit von Karten gang E. J. Weber: Potestas consilio & auxilio schichte der Völkerwanderung”. – Johan- als kulturhistorische Produkte. – Joach- juvandi. Bemerkungen zur Beratungs- und nes Dörflinger: Das geschichtskartogra- im Neumann: Deutschlandkarten bis zum Rätetheorie bei Johannes Althusius. – Me- phische Werk von Johann Matthias Hase Ende des Heiligen Römischen Reiches rio Scattola: Von der maiestas zur symbiosis. (Hasius) – Paradigmenwechsel in der Hi- Deutscher Nation – Geschichtsdeutung Der Weg des Johannes Althusius zur eige- storischen Kartographie (?). – Armin Wolf: aus Karten und humanistischen Landesbe- nen politischen Lehre in den drei Auflagen Zum Deutschland-Bild in Geschichtsatlan- schreibungen sowie aus reichsweiten Syn- seiner Politica methodice digesta. – Howard ten des 19. Jahrhunderts. – Versunkene Wel- thesen früher Landesaufnahmen. – Klaus Hotson: e conservative face of contrac- ten. Kai Brodersen: Die Tabula Peutingeria- Lindner: Landesaufnahmen deutscher Ter- tual theory: the monarchomach servants of na. Gehalt und Gestalt einer “alten Karte” ritorien. Beispiele der Militärkartographie the count of Nassau-Dillenburg. – Robert und ihrer antiken Vorlagen. – Heinz Ernst und ihr historischer Quellenwert. – Heinz von Friedeburg: Widerstandsrecht, Not- Herzig: Plan de la ville d’Avenghe en Suis- Musall: Spuren der barockzeitlichen Kul- wehr und die Repräsentation des Gemein- turlandschaft Südwestdeutschlands in J. V. wesens in der Politica des Althusius (1614) Moreaus “Carte topographique de l'ancien- und in der schottischen Althusius-Rezep- ne Souabe ...” (1818 – 21). – Nils Büttner: tion, 1638 – 1669. – Emilio Bonfatti: Die Chorographie: Zwischen Kriegskunst und Rezeption von Johannes Althusius’ Civi- Propaganda. – Register. lis Conversationis Libri Duo durch Bartho- lomäus Keckermann und Johann Heinrich Bd. 102 Zwischen Aufklärung, Policey Alsted. – Martin Peters: Johannes Althu- und Verwaltung. Zur Genese des Medizi- sius (1557/63 – 1638) aus der Sicht Otto nalwesens (1750 – 1850). Hrsg. von Betti- (v.) Gierkes (1841 – 1921). – omas O. na Wahrig und Werner Sohn. 2003. 212 S. Hueglin: Subsidiarität in der Europäischen (3-447-04822-0), geb. € 59,– Union zwischen Althusius und katholischer Inhalt: Werner Sohn und Bettina Wahrig: Soziallehre. – Personenregister. Vorwort. – Werner Sohn und Bettina Wah- rig: Einleitung. – Die Medicinische Policey Bd. 101 Geschichtsdeutung auf alten Kar- als Interdiskurs zwischen Policey, Aufklärung ten. Archäologie und Geschichte. Hrsg. von und Medizin. Sibylla Flügge: “Reformation Dagmar Unverhau. 2003. 496 S., 140 Abb. oder erneuerte Ordnung die Gesundheit (3-447-04813-1), geb. € 119,– betreffend” – Die Bedeutung des Policey- Inhalt: Dagmar Unverhau: Geschichts- rechts für die Entwicklung des Medizinal- deutung (Archäologie und Geschichte) wesens zu Beginn der Frühen Neuzeit. – auf alten Karten – Bericht über die Ta- Bettina Wahrig: “Alle Aerzte sollten also zu 66 67

redlichen Männern gemacht werden.” Der Zeitschriftendiskurs zur medicinischen Po- licey 1770 – 1810. – Werner Sohn: Von der Policey zur Verwaltung: Transforma- tionen des Wissens und Veränderungen der Bevölkerungspolitik um 1800. – o- mas Broman: Zwischen Staat und Kon- sumgesellschaft: Aufklärung und die Ent- wicklung des deutschen Medizinalwesens im 18. Jahrhundert. – Herausbildung me- dizinischer Kompetenz, Kontrolle heilen- der Personen und Ausschluss nichtautorisier- ter Heilender. Jutta Nowosadtko: Ratio- nale Heilbehandlung oder abergläubische Pfuscherei? Die medizinische Kompetenz von Scharfrichtern und ihre Ausgrenzung aus heilenden Tätigkeiten im 18. Jahrhun- dert. – Christine Loytved: Einmischung wider Willen und gezielte Übernahme: Geschichte der Lübecker Hebammenaus- bildung im 18. und Anfang des 19. Jahr- hunderts. – Gabriele Beisswanger: Der Arzneimittelmarkt um 1800: Arzneimit- tel zwischen Gesundheits-, Berufs- und Gewerbepolitik. – Fürsorge und Selbst-Für- Wolfenbütteler Mittelalter-Studien chischer Volksliteratur als Vorlesestoff für sorge. Iris Ritzmann: Der Faktor Nachfra- Hörer. – Abgekürzt zitierte Literatur. – Re- ge bei der Ausformung des modernen Me- Wolfenbütteler Mittelalter-Studien. Heraus- gister. 1. Handschriften. 2. Frühdrucke. dizinalwesens – Überlegungen am Beispiel gegeben von der Herzog August Biblio- 3. Personen, Sachen, Werke. der Kinderheilkunde. – Eberhard Wolff: thek, Bd. 1 ff. Wiesbaden: Harrassowitz Medikalisierung von unten? Das Beispiel Verlag in Kommission 1990 ff. Bd. 17 Automaten in Kunst und Litera- der jüdischen Krankenbesuchsgesellschaf- tur des Mittelalters und der Frühen Neu- ten. – Mary Lindemann: Wie ist es eigent- Bd. 16 Die Gleichzeitigkeit von Hand- zeit. Hrsg. von Klaus Grubmüller und lich gewesen? Krankheit und Gesundheit schrift und Buchdruck. Hrsg. von Gerd Markus Stock. 2003. 272 S., 93 Abb. um 1800. – Personenregister. Dicke und Klaus Grubmüller. 2003. (3-447-04768-2), € 59,– 299 S., 46 Abb. (3-447-04767-4), geb. Inhalt: Klaus Grubmüller und Markus € 59,– Stock: Vorbemerkung. – Rita Amedick: Inhalt: Vorbemerkung. – Wolfgang Au- Wasserspiele, Uhren und Automaten mit gustyn: Zur Gleichzeitigkeit von Hand- Figuren in der Antike. – Constantin Ca- schrift und Buchdruck in Deutschland navas: Automaten in Byzanz. Der ron Verhör des Münchener Scharfrichters Hans – Versuch einer Skizze aus kunsthistori- von Magnaura. – Peter Bachmann: Auto- Stadler 1609 (s. neue Veröffentlichungen, Kata- scher Sicht. – Ulrike Heinrichs-Schrei- maten in der arabischen Literatur. – Udo log “Haut”, S. 168) ber: Sehen als Anwendung von Wissen. Friedrich: Contra naturam. Mittelalterli- Aussage und Wirkung der Bilder in Ste- che Automatisierung im Spannungsfeld phan Fridolins Schatzbehalter und bei Al- politischer, theologischer und technologi- brecht Dürer. – Peter Ochsenbein: Hand- scher Naturkonzepte. – Ulrich Ernst: Zau- schrift und Druck in der Gebetbuchlite- ber – Technik – Imagination. Zur Darstel- ratur zwischen 1470 und 1520. – Holger lung von Automaten in der Erzählliteratur Flachmann: Handschrift und Buchdruck des Mittelalters. – Helmut Flachenecker: bei Martin Luther. – Felix Heinzer: Hand- Automaten und lebende Bilder in der hö- schrift und Druck im Œuvre der Grafen fischen Kultur des Spätmittelalters. – Jörg Wilhelm Werner und Froben Christoph Jochen Berns: Sakralautomaten. Automati- von Zimmern. – Ursula Rautenberg: Me- sierungstendenzen in der mittelalterlichen dienkonkurrenz und Medienmischung – und frühneuzeitlichen Frömmigkeitskul- Zur Gleichzeitigkeit von Handschrift und tur. – Peter Frieß und Reinhard Steiner: Druck im ersten Viertel des 16. Jahrhun- Frömmigkeits-Maschinen in der frühen derts in Köln. – Ortrun Riha: Vom mittel- Neuzeit. – Birgit Franke: Automaten in alterlichen “Hausbuch” zur frühneuzeitli- höfischen Lustgärten in der Frühen Neu- chen “Hausväterliteratur”: Medizinische zeit. – Register. Texte in Handschrift und Buchdruck. – Martin Staehelin: Musikhandschrift und Musikdruck in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. – Hans Eideneier: Spä- te Handschriften und frühe Drucke grie- 68 69

Wolfenbütteler Abhandlungen zur prehensive History of the Church. – Sour Renaissanceforschung Work. – Facing Disunity. – PART FOUR. JENA. Preventing a Political Solution. – Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissan- BIBLIOGRAPHY. – Index. ceforschung. In Zusammenarbeit mit dem Wolfenbütteler Arbeitskreis für Renaissan- Bd. 21 Res et verba in der Renaissance. ceforschung hrsg. von der Herzog August Hrsg. von Eckhard Kessler und Ian Mac- Bibliothek, Bd. 4 ff. Wiesbaden: Harrasso- lean. 2002, 398 S. (3-447-04654-6), geb. witz Verlag in Kommission 1983 ff. € 84,– Inhalt: Ian Maclean: Introduction. – Mi- chael J. B. Allen: In principio: Marsilio Fi- cino on the Life of Text. – Dominik Per- ler: Diskussionen über mentale Sprache im 16. Jahrhundert. – Eckhard Keßler: Die verborgene Gegenwart und Funktion des Nominalismus in der Renaissance-Philoso- phie: das Problem der Universalien. – An- na De Pace: Copernicus against a Rhetori- cal Approach to the Beauty of the Universe. e Influence of thePhaedo on the De revo- lutionibus. – Heikki Mikkeli: Art and Na- ture in the Renaissance Commentaries and Textbooks on Aristotle’s Physics. – Ullrich Langer: e Ring of Gyges in Plato, Cic- Linguistic Categories in the Renaissance. – ero, and Lorenzo Valla: e Moral Force Cees Leijenhorst: “Insignificant Speech”: of Fictional Examples. – Ian Maclean: Le- omas Hobbes and Late Aristotelianism gal fictions and fictional entities in Renais- on Words, Concepts and ings. – Markus sance jurisprudence. – Marie-Luce Demo- Friedrich: “War Rudolf Agricola Nomina- net: Les êtres de raison, ou les modes d’être list?” Zur Bedeutung der Philosophie Ock- de la littérature. – Massimo Luigi Bian- hams für den Sprachhumanismus. – Perso- chi: Signs, Signaturae and Natursprache nenregister. in Paracelsus and Böhme. – Nancy G. Si- raisi: Disease and symptom as problemat- ic concepts in Renaissance medicine. – Jan Wolfenbütteler Arbeiten zur Rohls: Schrift, Wort und Sache in der frü- Barockforschung hen protestantischen eologie. – Char- les Lohr: Possibility and Reality in Suárez’s Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung. Disputationes metaphysicae. – Brian Vik- In Zusammenarbeit mit dem Wolfen- kers: “Words and ings” – or “Words, bütteler Arbeitskreis für Barockforschung Concepts, and ings”? Rhetorical and hrsg. von der Herzog August Bibliothek, Bd. 11 ff. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag in Kommission 1983 ff.

Bd. 37 Judith P. Aikin: A Language for German Opera. e Development of Forms and Formulas for Recitative and Aria in Seventeenth-Century German Libretti. 2002. 349 S., 37 Abb. (3-447-04653-8), geb. € 79,– Inhalt: Preface. – Abbreviations. – Intro- Bd. 20 Oliver K. Olson: Matthias Flaci- ductory Remarks on Word-Music Rela- us and the Survival of Luther’s Reform. tions: “Mein selbst ander ich”. – CHAP 2002. 428 S., 80 Abb. (3-447-04404-7), TER I. Forms for Early German Opera in geb. € 99,– Dresden: Heinrich Schütz, Martin Opitz Inhalt: Abbreviations. – Introduction. – and Augustus Buchner. – CHAPTER II. PART ONE. VENICE. A Childhood Two Directions for the Early German in the Sun. – A Renaissance Trade. – e Opera Libretto: Georg Philipp Harsdörf- Way North. – PART TWO. WITTEN fer and Simon Dach. – CHAPTER III. BERG. e Pope Strikes. – e Emper- German-Language Opera in Dresden, or Strikes. – e Saxon Solution. – PART 1650 – 1680. – CHAPTER IV. e Turn- THREE. MAGDEBURG. God’s Chan- ing Point: Caspar Ziegler’s Von den Madriga- cery. – Siege. – A Second Beginning. – A len (1653) and Initial Signs of its Impact in Catalog of Witnesses. – e First Com- Dresen and Wolfenbüttel. – CHAPTER V. 68 69

Bd. 35 Anja Wolkenhauer: “Zu schwer (1503). – Matthias Schürer (1509). – Jo- für Apoll”. Die Antike in humanistischen hann Froben (1515). – Andreas Cratan- Druckerzeichen des 16. Jahrhunderts. der (1519). – Valentin Curio (1521). – 2002. 451 S., 91 Abb. (3-447-04717-8), Johann Soter (1521). – Johann Knobloch geb. € 99,– (1521). – omas Wolff (1521). – Johann Inhalt: Teil I Einführung, Einzelanalysen, Setzer (1523). – Simpert Ruff (1523). – Übersichten. – Vorwort. – 1. Einleitung. Wolfgang Köpfel (1523). – Johann Fa- Grenzziehungen. Forschungsgeschich- ber Emmeus (1529). – Johann Herwagen te und Forschungsstand. Leitfragen und (1531). – Johann Gymnich d. Ä. (1532). – Aufbau der Arbeit. – 2. Die Situation um Johann Walder (1534). – Jacob Frölich 1500: Aldus, Erasmus und die unbekann- (1535). – Peter Jordan (1535). – Plat- ten anderen. – 3. Signet und Emblem: Ei- ter, Winter, Lasius (1536). – Crato Myli- ne Geschichte wechselseitiger Anregun- us: Ceres (1536). – Crato Mylius: Simson gen. – 4. Der zeitgenössische Umgang (1537). – Wendelin Rihel (1537). – Eucha- mit Signets. – 5. Die Motti im Signet. – rius Cervicornus (1537). – Philipp Ulhart e Final Pieces of the Puzzle: Festspiele in 6. Der Bildteil der Signets. – Teil II Ka- d. Ä. (1537). – Johann Oporinus (1543). – Rudolstadt (1665 – 1667) and “Die häl- talog humanistischer Druckerzeichen in Heinrich Wagner Mameranus (1550). – lische Oper” (1660 – 1679). – CHAP chronologischer Reihenfolge. – Zur Be- Nicolaus Episcopius d. J. (1553). – David TER VI. ree Operas at the reshold of nutzung des Katalogs. – Katalog: Bapti- Zöpfel (1557). – Peter Schmid (1558). – Maturity: Rosander und Rosimene (1679), sta de Farfengo (1489). – Johannes Bis- Literatur- und Abkürzungsverzeichnis. – Floretto (1683), and Die Drey Töchter Ce- solus und Benedictus Mangius (1499). – Register. crops (1679). – CONCLUSION. Opera as Aldus Manutius (1502). – Johann Schott Poetic Genre and Source of Poetic Forms: “das galanteste Stück der Poesie”. – BIBLI OGRAPHIES.  INDICES. Chronolog- ical Index of German-Language Musical- Dramatic Works. – Index of Names of Per- sons Mentioned. – Index of Places.

Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens

Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens. In Zusammenarbeit mit dem Wolfenbütteler Arbeitskreis für Bi- bliotheks-, Buch- und Mediengeschichte hrsg. von der Herzog August Bibliothek, Bd. 9 ff. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag in Kommission 1983 ff. 70 71

Ausstellungskataloge Vom Bergen und vom Borgen. – Joach- der Herzog August Bibliothek im Kruse: Sirenen. Farbige Legenden der Zeichen. – Silvia Serena Tschopp: Venus e Ausstellungskataloge der Herzog August Bi- Mars. – Lothar Lang: Sätze zu Furtwäng- bliothek. Nr. 1 ff. – Wolfenbüttel: Herzog ler. – Eva Hanebutt-Benz: Schmerzwan- August Bibliothek. 1972 ff. derung. – Anhang. – Mitarbeit und bi- bliophile Arbeiten in anderen Verlagen Nr. 79 Felix Martin Furtwängler. Poeta (Auswahl). – Katalog der Arbeiten. – Au- wohin? – manchmal, wenn Text und Bild torenverzeichnis. – Biographie. – Ausstel- eins werden. 2002. 237 S., 248 Abb. Aus- lungen (Auswahl). – Bibliographie. – Öf- stellungspreis € 24,80; Buchhandelspreis fentliche Sammlungen (Auswahl). – Nicht € 39,80 (3-447-04542-6). Widmung. – Index Nominum. Inhalt: Helwig Schmidt-Glintzer: Vor- wort. – Bernhard Schäfer: Grußwort. – Werner Arnold: Einführung. – Eduard Is- phording: Georg Heym. – Helgard Sauer: Zeitschriftenobjekt. – Christian Scheff- ler: Metanoia 1986. – Rainer Behrends: Schnitt in Zeit, oder Arbeit im papierenen Steinbruch. – Axel Janeck: Einer vergange- Niederdeutsche Bibeldrucke vor Luther. – nen Welt andere Bilder. – Helmut Märkt: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Neuorientierung im Niemandsland, oder Luthers in niederdeutsche Sprache. – Her- die Bilder, die die Welt nicht sehen soll- zog August d. J. und die Revision der Lu- te. – Erik Stephan: Handbuch für kleine therübersetzung im 17. Jahrhundert. – Li- Milizionäre. – Gerhard Fichtner: Mitrei- teratur. – Register. send ins Weltenlos. – Hannelore Schnei- derheinze: P S T. – Bernd Mayer: Der an- Nr. 82 Verborgen im Buch, verborgen im dere Hausbuchmeister. – Stefan Soltek: In Körper. Haut zwischen 1500 und 1800. In Wortlaut und stillen Bildern. – Doris Fou- Verbindung mit Claudia Benthien, Daniela quet-Plümacher: omas Ring: 1914. Ge- Bohde, Almuth Corbach, Mariacarla Gade- dicht. – Olaf ormann: Diesem Buch ent- busch, Helmar Härtel, Robert Jütte, Ulri- strömt ein heiterer Rausch. – Maximilian ke Landfester und Bettina Wahrig hrsg. von Barck: Eine Eminente Eruption oder Spra- Ulrike Zeuch. 2003, 187 S., 141 Abb. Aus- chen / von Augen in Einsamkeit. – Joach- Nr. 80 Das Buch als Bild: Picasso ‘illu- stellungspreis € 15,– (Broschur); Buchhan- im Migl: La Comedia secondo l’antica striert’. In Verbindung mit Markus Mül- delsausgabe geb. € 39,– (3-447-04829-8). Vulgata. – Helmut Mayer: zum Mess ler, Valérie-Anne Sircoulomb-Müller und Inhalt: Helwig Schmidt-Glintzer: Vor- Schnitt Muster Buch. – Irmelin Demisch: Carsten-Peter Warncke hrsg. von Helwig wort. – Ulrike Zeuch: Einleitung. – Almuth B R G L. – omas Matuszak: Inszenier- Schmidt-Glintzer und Markus Müller. Corbach: Von der Haut zur Codexform – te Landschaften: ahnungsvoll, mehrdeu- 2002. 116 S., 132 Abb. Ausstellungspreis Metamorphose eines Organs. – Helmar tig. – Curt Grützmacher: In den Bildob- € 15,– (Broschur); Buchhandelspreis geb. Härtel: Färben, Beschreiben, Bemalen, Be- jekten ... – Andreas Werner: Buch? Ob- € 35,80 (3-447-04647-3). drucken und Entziffern von Pergament. – jekt? Typensammlung? – Wolfgang Srb: Inhalt: Helwig Schmidt-Glintzer: Vor- Ulrike Zeuch: Haut – Vermittler zwischen wort. – Markus Müller: Vorwort. – Car- Innen und Außen. – Claudia Benthien sten-Peter Warncke: Das Buch als Bild – und Mariacarla Gadebusch: Körper und Picasso, die Literatur und die Literaten. – Markus Müller: Am Anfang war das Bild – Picassos Buchillustrationen im Kontext seines künstlerischen Gesamtwerks. – Valé- rie-Anne Sircoulomb-Müller: Picasso und Das unbekannte Meisterwerk ... auf der Su- che nach dem Absoluten. – Katalog bear- beitet von Valérie-Anne Sircoulomb-Mül- ler.

Nr. 81 Christian Heitzmann: “Ganze Bü- cher von Geschichten”. Bibeln aus Nieder- sachsen. 2003. 144 S., 108 Abb. Ausstel- lungspreis € 15,– (Broschur), Buchhan- delspreis geb. € 30,– (3-447-04736-4). Inhalt: Friedrich Weber: Grußwort des Landesbischofs. – Helwig Schmidt-Glint- zer: Vorwort. – Die Bibel in Niedersach- sen. – Mittelalterliche Handschriften. – 70 71

Buch. – Daniela Bohde: Abgeschunden, Wolfenbütteler Arbeitskreis für gegerbt und beschriftet – die menschliche Renaissanceforschung Haut als mahnendes Schaustück in der nie- derländischen Anatomietradition. – Betti- Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen. na Wahrig: Kranke Haut – kranker Körper: Im Auftrag des Wolfenbütteler Arbeits- Das Beispiel Lepra. – Robert Jütte: Haut als kreises für Renaissanceforschung hrsg. v. Heilmittel. – Ulrike Landfester: Beschrie- Bodo Guthmüller. Wiesbaden: Harrasso- bene Haut: Eine kleine Kulturgeschichte witz Verlag. der Tätowierung. – Personenregister. Jg. 26, Heft 1 (2002) Inhalt: Beiträge. Joachim Leeker, Margue- Die deutsche Akademie des rite de Navarres Novelle von der tugend- 17. Jahrhunderts. haften Françoise (Heptaméron, 42) im Spie- Fruchtbringende Gesellschaft gel der Tradition. – Jürgen Leonhardt, Ei- ne Leipziger Vorlesung über Ciceros De Die deutsche Akademie des 17. Jahrhun- legibus aus dem Jahre 1514. – Zur Renais- derts. Fruchtbringende Gesellschaft. Reihe I: sanceforschung. Referate zu wissenschaft- Kritische Ausgabe der Briefe, Beilagen und lichen Neuerscheinungen. Frauen der ita- Akademiearbeiten. Abteilung A: Köthen; lienischen Renaissance, hg. v. D. Hoe- Abteilung B: Weimar; Abteilung C: Hal- kannt, spiegeln die besonders durch Fürst ges; Frauen der italienischen Renaissance, le. – Reihe II: Dokumente und Darstel- Ludwig, Tobias Hübner und Diederich von hg. v. I. Osols-Wehden (G. Beck-Bus- lungen. – Abteilung A: Köthen; Abtei- dem Werder bzw. Martin Opitz und Au- se). – W. A. Euler, “Pia philosophia” et lung B: Weimar; Abteilung C: Halle. Be- gustus Buchner repräsentierte Verbindung “docta religio” (P. R. Blum). – W. Wild- gründet von Martin Bircher und Klaus von höfischer Dichtung und bürgerlicher gen, Das kosmische Gedächtnis (P. R. Conermann. – Im Auftrag der Sächsischen Literatur und Gelehrsamkeit wider. Durch Blum). – G. La Face Bianconi / A. Ros- Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, die Abbildung von (eingehend erläuterten) si, Le rime di Serafino Aquilano in musi- in Kooperation mit der Herzog August Bi- Medaillen, Porträts, Impresen, Titelblät- ca (M. Calella). – A. Fara et alii, Leonar- bliothek Wolfenbüttel herausgegeben von tern und Schrift- und Druckproben bietet do a Piombino e l’idea della città moderna Klaus Conermann. der Band ein reiches Anschauungsmaterial. (G. D. Folliero-Metz). – I. Keck, Die No- Wort-, Sach- und Personenregister erschlie- riberga illustrata des Helius Eobanus Hes- Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und ßen alle Dokumente. sus (G. Huber-Rebenich). – P. Valkema Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von An- Blouw, Typographia Batava 1541 – 1600, halt-Köthen 1617 – 1650. Bd. 1 + 2; G. Glorieux / B. op de Beeck, Dritter Band 1630 – 1636 Belgica typographica 1541 – 1600, Bd. 3 Unter Mitarbeit von Gabriele Ball und An- (H.-J. Lope). – D. Fallows, A Catalogue of dreas Herz Polyphonic Songs (1415 – 1480) (L. Lüt- herausgegeben von Klaus Conermann teken). – Exil, Fremdheit und Ausgren- (Reihe I: Abt. A: Köthen, Bd. 3) zung, hg. v. A. Bihrer u. a. (L. Mundt). – Tübingen: In Kommission Max Niemeyer A. Comi, Vom Glanz und Elend des Men- Verlag. 755 Seiten. Ln. € 118,–. Zahlreiche schen (A. Neuschäfer). – Antiquarische Abb. ISBN 3-484-17607-5 Gelehrsamkeit und bildende Kunst, hg. v. G. Schweikhart; Autobiographie und In den Jahren 1630 bis 1636 büßten trotz Selbstportrait in der Renaissance, hg. v. der Zuspitzung des Dreißigjährigen Krie- G. Schweikhart (M. Pauen). – Bibliothe- ges die sprachlichen, literarischen, gelehr- ca Palatina. Druckschriften, hg. v. E. Mitt- ten und kulturpatriotischen Diskussionen ler (R. Seidel). – Renaissancekultur und der ersten Akademie deutscher Sprache antike Mythologie, hg. v. B. Guthmül- nichts an ihrer Qualität und Innovations- ler u. W. Kühlmann (R. Stillers). – Deut- kraft ein. Die Berücksichtigung von Agen- sche Landesgeschichtsschreibung im Zei- tenkorrespondenzen, historischen Berich- chen des Humanismus, hg. v. F. Brend- ten, Mandaten, Prozeßdokumenten und Das Gesellschaftsbuch der Fruchtbringenden le u. a. (G. Walther). – Aby Warburg, von konfessionspolitischen Briefen erlaub- Gesellschaft von 1629/30. Schmuckeinband Die Erneuerung der heidnischen Antike te es, den “Sitz im Leben” darzustellen, den (Vorderdeckel) des einstigen persönlichen Ex- (D. Wuttke). – Aby Warburg, e Renew- emplars von Martin Opitz die Lektüre, Übersetzungsarbeit, Sprachre- al of the Pagan Antiquitiy (D. Wuttke). – form und neuartige Kunstdichtung der Kongreßbericht. S. Saygin, Die Jahresta- Mitglieder einnahm. Ergänzend treten gung der Renaissance Society of America, auch Impresen, Briefe, Gedichte und Er- Chicago 29. – 31. März 2001. – Nachrich- örterungen der beiden eng mit der Frucht- ten und Hinweise auf Veranstaltungen. bringenden Gesellschaft verknüpften Da- menorden Tugendliche Gesellschaft und Jg. 26, Heft 2 (2002) Académie des Loyales hinzu. Die detail- Inhalt: Beitrag. Oskar Roth, Montaigne liert kommentierten 62 Briefe und 35 Bei- und La Rochefoucauld: humanistische lagen des Bandes, fast allesamt bisher unbe- Selbsterforschung und moralistische Kritik 72 73

fer, ‘Michelangelo riformato’: Pellegrino Ti- neuzeitforschung an der Georg-August- baldi in Bologna (A. Tönnesmann). – Die Universität Göttingen. – Hinweise und lateinischen mittelalterlichen Handschrif- Veranstaltungen. ten der Universitätsbibliothek München, beschrieben v. M. Reuter (F. J. Worst- brock). – Kongreßbericht. Gerrit Walther, “Diffusion des Humanismus”. Das Zweite Wolfenbütteler Arbeitskreis für Internationale “Humanismus”-Symposion Barockforschung der Gerda Henkel Stiftung in Berlin. Wolfenbütteler Barock-Nachrichten. In Zu- Jg. 27, Heft 1 (2003) sammenarbeit mit dem Wolfenbütteler Ar- Inhalt: Beiträge. Anja-Silvia Göing, Die beitskreis für Barockforschung hrsg. v. der “freundschaftliche Rede” als Unterrichts- Herzog August Bibliothek. Redaktion: Jill form im Erziehungsdenken der italieni- Bepler. Bibliographie: Ingrid Nutz. Wies- schen Renaissance. – Oskar Roth, Mon- baden: Harrassowitz Verlag. taigne und La Rochefoucauld: humanisti- sche Selbsterforschung und moralistische Jg. 29, Heft 1 (2002) Kritik (Teil 2). – Zur Renaissancefor- Inhalt: Beiträge. Cornelia Niekus Moore: schung. Referate zu wissenschaftlichen Das erzählte Leben in der lutherischen Neuerscheinungen. G. Schweikhart, Die Leichenpredigt, Anfang und Entwicklung Kunst der Renaissance, hg. v. U. Rehm u. im 16. Jahrhundert. – Judith P. Aikin: A. Tönnesmann (K. Bergdolt). – B. Kel- Der Weg zur Mündigkeit in einem Frau- (Teil 1). – Zur Renaissanceforschung. Refe- ler-Dall’Asta, Heilsplan und Gedächtnis. enleben aus dem 17. Jahrhundert. Gene- rate zu wissenschaftlichen Neuerscheinun- Zur Mnemologie des 16. Jh. in Italien sis und Publikationsgeschichte der geist- gen. Giordano Bruno, Poemi Filosofici lati- (K. Bergdolt). – “Mentis amore ligati”. La- lichen Lieder der Gräfin Aemilie Juliane ni, hg. v. E. Canone (A. Bönker-Vallon). – teinische Freundschaftsdichtung und Dich- von Schwarzburg-Rudolstadt. – Rezensio- Helisaeus Röslin, De Opere Dei Creationis, terfreundschaft in Mittelalter und Neuzeit, nen. Dieter Merzbacher: Neueste Stiern- hg. v. M. A. Granada (A. Bönker-Vallon). – hg. v. B. Körkel u. a. (R. G. Bogner). – Pie- hielm-Forschung und ein Wolfenbütteler A. Daskarolis, Die Wiedergeburt des So- tro Pomponazzi, Trattato sull’immortalità Manuskript. – omas Schauerte: Miller, phokles aus dem Geist des Humanismus dell’anima, hg. v. V. Perrone Compagni Peter N., Peiresc’s Europe. Learning and Vir- (B. Czapla). – Francesco Barbaro, Epistola- (R. Brandt). – A. Fremmer, Venezianische tue in the Seventeenth Century, Yale Uni- rio II, hg. v. C. Griggio (M. D’Angelo). – Buchkultur. Bücher, Buchhändler und Le- versity Press, New Haven-London 2000, Lorenzo de’ Medici, Rime spirituali. La ser in der Frührenaissance (I. Fees). – Mar- und Borggrefe, Heiner, omas Fusenig Rappresentazione di San Giovanni e Paulo, silii Ficini Opera. Réimpression (der Ausga- und Birgit Kümmel (Hrsg.), Ut pictura po- hg. v. B. Toscani (B. Guthmüller). – Gio- be von 1576), hg. v. S. Toussaint (. Gilb- liteia oder der gemalte Fürstenstaat. Moritz vanni Bonsignori, Ovidio Metamorpho- hard). – Dionysos. Origines et Résurgences, der Gelehrte und das Bildprogramm in Esch- seos Vulgare, hg. v. E. Ardissino (B. Guth- hg. v. I. Zinguer (R. Junkerjürgen). – J.-M. wege (Studien zur Kultur der Renaissance müller). – P. N. Miller, Peiresc’s Europe. Heinzmann, Die Buhllieder des Hans Bd. 1), Marburg 2000. – Bibliographie zur Learning and Virtue in the Seventeenth Sachs (H. Kästner). – M. Acocella, L’Asino Barockliteratur. Century (I. Herklotz). – T. Haye, Huma- d’oro nel Rinascimento (F. Küenzlen). – nismus in Schleswig-Holstein (W. Kühl- Marguerite de Navarre, Les comédies bi- mann). – G. Mathieu-Castellani, La rhéto- bliques, hg. v. B. Marczuk (J. Leeker). – rique des passions (B. Kuhn). – Y. Roberts, R. Stieglecker, Die Renaissance eines Hei- Jean-Antoine de Baïf and the Valois Court ligen. Sebastian Brant und Onuphrius (J. Leeker). – S. Kunkler, Zwischen Huma- eremita (L. Mundt). – Iacopo Amman- nismus und Reformation. Der Humanist nati Piccolomini, Lettere (1444 – 1479) Joachim Camerarius (L. Mundt). – Kon- hg. v. P. Cherubini (Ch. Ohnesorge). – versionen im Mittelalter und in der Früh- M. Praloran, Tempo e azione nell’ «Or- neuzeit, hg. v. F. Niewöhner u. F. Räd- lando Furioso» (P. Pacchioni-Becker). – le (M. Ohst). – V. Wels, Triviale Künste Johannes Sommer, De clade Moldavica (P. Pacchioni-Becker). – Francesco Petrar- elegiae XV, hg., übers., kommentiert u. ca, Epistolae familiares XXIV, übers. u. eingel. v. L. Poelchau (R. Seidel). – For- kommentiert v. F. Neumann; Julius Cae- schungsprojekt. Berndt Hamm u. Rein- sar Scaliger, Poetices libri septem, Bd. IV, hold Friedrich (Erlangen-Nürnberg), Der Buch 5, hg. u. übers. v. G. Vogt-Spira Briefwechsel des Straßburger Reformators (M. Rener). – A. Freiträger, Johannes Cin- Martin Bucer (1491 – 1551). Edition an cinnius von Lippstadt (ca. 1485 – 1555) der Universität Erlangen-Nürnberg. – In- (R. Seidel). – Hugo Grotius, e Antiqui- stitutionen zur Erforschung der Renais- ty of the Batavian Republic, hg. u. übers. v. sance in Deutschland. Klaus Reichert, Das J. Waszink (R. Seidel). – K. Garber, Imper- Zentrum zur Erforschung der Frühen Neu- iled Heritage: Tradition, History, and Uto- zeit an der Johann Wolfgang Goethe Uni- pia in Early Modern , versität Frankfurt. – Klaus Grubmüller, hg. v. M. Reinhart (R. Seidel). – M. Kie- Das Zentrum für Mittelalter- und Früh- 72 73

Jg. 29, Heft 2 (2002) nars Bamberg, des Historischen Museums der zen wissenschaftlicher Zugänge. – Heinz Inhalt: Beiträge. Petra Feuerstein-Herz: Stadt Bamberg und auswärtiger Sammlun- Bonfadelli: Online-Kommunikation. Die “Martinus Opitius Dat, Dicat, Dedi- gen sowie von Privatbesitz. Nach Vorarbei- Relevanz der Wissenskluft-Perspektive. – cat”. Provenienz- und Widmungsbän- ten von Wolfgang Seitz (Augsburg) bearbei- Ursula Georgy: Der Wert von Informa- de der Sammlung Deutscher Drucke tet und herausgegeben von der Staatsbiblio- tion – esen zum ema. – Rezensionen. 1601 – 1700. – Dietrich Hakelberg: “In thek Bamberg durch Bernhard Schemmel, Mittelalterliche Handschriften im Stadt- den Kasten, in dem die altdeutschen Ge- mit Lichtbildern von Alfons Steber. – Bi- archiv Hildesheim. Bearbeitet von Irene dichte”. Nationalliteratur 1550 – 1750 bliographie zur Barockliteratur. Stahl, eingeleitet von Helmar Härtel (Wolf- in der Bibliothek Josephs von Laßberg. – gang Irtenkauf ). – Verzeichnis der im deut- Aus der Herzog August Bibliothek. Dieter schen Sprachbereich erschienenen Drucke Merzbacher: Kaempfer-Ausstellung im Wolfenbütteler Arbeitskreis des XVI. Jahrhunderts – VD 16 – (Wolf- Zeughaus der Herzog August Bibliothek. für Bibliotheks-, Buch- und gang Schmitz). 7. September 2001 bis 31. Januar 2002. – Mediengeschichte Rezensionen. Klaus-Peter Möller: Engelbert Kaempfer: Kritische Ausgabe in Einzelbän- Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte. den. Hrsg. von Detlef Haberland, Wolf- In Zusammenarbeit mit den Wolfenbütte- gang Michel u. Elisabeth Gössmann. Bd. 1 ler Arbeitskreisen für Bibliotheks-, Buch- Heutiges Japan. Hrsg. von Wolfgang Michel und Mediengeschichte hrsg. von der Her- und Barend J. Terwiel. Bd. 1/2 viii, 828 S. zog August Bibliothek. Redaktion: omas Bd. 2 Briefe 1683 – 1715. Hrsg. von Detlef Stäcker und Erdmann Weyrauch. Wiesba- Haberland. – Detlef Haberland: East meets den: Harrassowitz Verlag. West. Original Records of Western Traders, Travellers, Missionaries and Diplomats to Jg. 27, Heft 1 (2002) 1852. Part 2: Papers of Engelbert Kaemp- Inhalt: Beiträge zur Buch- und Biblio- fer (1651 – 1716) and related sources from theksgeschichte. Martin Tielke: Der Em- the British Library. – Marie-érèse Mou- der Buchdruck des 16. Jahrhunderts. – rey: Vera Jung, Körperlust und Disziplin. Franz Obermeier: Hans Stadens Wahr- Studien zur Fest- und Tanzkultur im 16. hafftige Historia 1557 und die Literatur und 17. Jahrhundert. – Helmut Zedelmai- der Zeit. – Katalin Gönczi und omas er: Ulrich Seelbach, Ludus lectoris. Studien Henne: Der Beitrag von Leipziger Ver- zum idealen Leser Johann Fischarts. – Wer- legern und ihren Büchern zum Beginn ner Telesko: Die Graphischen esen- und der modernen Rechtswissenschaft in Un- Promotionsblätter in Bamberg. Bestandskata- garn. – Jürgen Storost: Laveaux und sein log der Staatsbibliothek Bamberg, des Histori- Eusèbe. Eine Zensurgeschichte aus dem fri- schen Vereins Bamberg in der Staatsbibliothek derizianischen Preußen. – Gundula Bove- Bamberg, des Erzbischöflichen Priestersemi- land: “Der Kurtzweilige Bruder Blau-Man- tel” von Johann Beer – ein überraschendes Deutsche Gesellschaft für die Fundstück. – Nachruf auf Irmgard Bez- Erforschung des 18. Jahrhunderts. zel. – Rezensionen. Renate Pieper: Die Vermittlung einer Neuen Welt: Amerika Studien zum achtzehnten Jahrhundert. Hrsg. im Nachrichtennetz des habsburgischen von der Deutschen Gesellschaft für die Er- Imperiums 1493 – 1598, Mainz 2000: Ver- forschung des achtzehnten Jahrhunderts. lag Philipp Zabern. – XI, 354 S., Ill., graph. Bd. 4 ff. Hamburg: Felix Meiner Verlag Darst. (Franz Obermeier). – Von Almanach 1983 ff. bis Zeitung: ein Handbuch der Medien in Deutschland 1700 – 1800 / hrsg. von Bd. 26 Maximilian Bergengruen: Schöne Ernst Fischer ... – München: Beck, 1999. – Seelen, groteske Körper. Jean Pauls ästhetische 448 S. (Willi Höfig). Dynamisierung der Anthropologie. 2003. 262 S. (3-7873-1648-5), geb. 28,– €. Jg. 27, Heft 2 (2002) Inhalt: Beiträge zur Buch- und Bibliotheks- geschichte. Winfried Gödert und Uwe Jo- chum: Mit Information zum Wissen – Wolfenbütteler Durch Wissen zur Information. Einfüh- Bibliotheks-Informationen rung. – Uwe Jochum: Information oder Wissen und Gedächtnis. – Wolfgang Ernst: Herausgegeben von der Datum und Information: Begriffsverwir- Herzog August Bibliothek rungen. – Peter Jaenecke: Wissensbaustei- Postfach 13 64, 38299 Wolfenbüttel ne. – Winfried Gödert: Der konstruktivi- Telefon: (05331) 808-0 stische Ansatz für Kommunikation und Redaktion: Oswald Schönberg Informationsverarbeitung. – Hans-Dieter Druck: braunschweig-druck GmbH, Kübler: Nachrichtenrezeption, Informa- Braunschweig tionsnutzung, Wissenserwerb. Diskrepan- ISSN 0931-4032 74 75

Inhalt: Vorwort. – Einleitung. – Erstes Ka- von Christine Keitsch: Der Fall Struensee. rin für Bildung und Forschung (Der Vor- pitel. Geburt und Jugendjahre des doppel- – Bengt Algot Sørensen: Friederike Brun in stand der DGEJ). – Beiträge. – Ute Daniel: ten Menschen (Satiren und frühe Aufsät- den Bonstettiana. – Eduard Wätjen über How bourgeois was the public sphere of the ze). – Zweites Kapitel. Schöne Seelen und Jörg Deuter: Die Genesis des Klassizismus Eighteenth Century? or: Why it is impor- ihr Leben im grotesken Weltkörper (Un- in Nordwestdeutschland. Der dänische tant to historicize Strukturwandel der Öf- sichtbare Loge, Hesperus, Siebenkäs). – Drit- Einfluß auf die Entwicklung des Klassizis- fentlichkeit. – Martin L. Davies: Wissen- tes Kapitel. Träume der Philosophie – Träu- mus in den deutschen Landesteilen Schles- schaft und Ambivalenz: Zur Rezeption der me der Literatur (Briefwechsel und kleine- wig-Holstein und Oldenburg in den Jahren Aufklärung in Großbritannien. – Joach- re poetische Schriften). – Viertes Kapitel. 1760 bis 1790 (1997). – Wolf Wucherpfen- im Rees, Winfried Siebers, Hilmar Tilgner: Illusion, Kunst und Staatskunst oder die nig über Dänisch-deutsche Doppelgänger. Reisen im Erfahrungsraum Europa. For- Rhetorik des Wahnsinns (Titan, Vorschu- Transnationale und bikulturelle Literatur schungsperspektiven zur Reisetätigkeit le). – Epilog. – Zitierweisen. – Siglen. – zwischen Barock und Moderne. Hg. Hein- politisch-sozialer Eliten des Alten Reichs Literaturverzeichnis. – Sachregister. – Per- rich Detering, Anne Bitt Gerecke, Johan (1750 – 1800). – Tilmann von Stockhau- sonenregister. de Mylius. – Olaf Hamann, Christine Pe- sen: Kunstauktionen im 18. Jahrhundert. trick, Richard Gerecke, Else Maria Wischer- Ein Überblick über das »Verzeichnis der mann, Kornelia Küchmeister, Karl-Heinz Jü- verkauften Gemälde im deutschsprachigen Deutsche Gesellschaft für die gelt, Wolfgang Peter Wichmann, Reimer Witt: Raum vor 1800«. – Aus der Forschung. – Erforschung des 18. Jahrhunderts Archiv- und Bibliotheksinformationen zum Anne Fleig: Vom Ausschluß zur Aneig- ema deutsch-dänischer Kulturtransfer. – nung. Neue Positionen in der Geschlech- Das achtzehnte Jahrhundert. Zeitschrift der Roland Krebs: Was ist Sturm und Drang? terforschung zur Aufklärung. – Armin Em- Deutschen Gesellschaft für die Erforschung Periodisierungsgeschichtliche Überlegun- mel: Die Auslegung von Texten rationaler des 18. Jahrhunderts. Göttingen: Wallstein gen aus Anlaß zweier Neuerscheinungen. Autoren – Publikationen der neunziger Jah- Verlag. – Ulrich Johannes Schneider über Vorle- re zur Hermeneutik des 18. Jahrhunderts. – sungsverzeichnisse der Universität Königs- Anne Lagny: Zwischen Aktualisierung und Jg. 25, Heft 2 (2001) berg (1720 – 1804). Hg. Michael Ober- Historizität – drei neue Bücher zu Lessing. Inhalt: Aus der Arbeit der Deutschen Ge- hausen, Riccardo Pozzo (1999). – Cer- – Jan Cölln: Zwei neue Bücher zum Werk sellschaft. Zu diesem Heft (Carsten Zelle). stin Bauer-Funke über das Dictionnaire Christoph Martin Wielands. – Kai Torsten – Das Europa der Aufklärung und die au- européen des Lumières. Dir. Michel De- Kanz: Zum Fortschritt der Samuel-o- ßereuropäische koloniale Welt. Tagungsbe- lon (1997). – Burkhard Dohm über István mas-Soemmerring-Werksausgabe. – Horst richt (Hans-Jürgen Lüsebrink). – Offener Bitskey: Konfessionen und literarische Gat- Walter Blanke: Schriften zum sog. Zwei- Brief an die Ministerin für Wissenschaft, tungen in der frühen Neuzeit in Ungarn. ten Teufelsstreit der Jahre 1772 ff. – Hin- Forschung und Kultur des Landes Bran- Beiträge zur mitteleuropäischen verglei- weis auf eine wenig bekannte Reprintreihe denburg. – Deutsch-dänischer Kulturtrans- chenden Kulturgeschichte (1999). – Dirk aufklärerischer Quellen. – Christoph Frank: fer im 18. Jahrhundert. Zusammengestellt Fleischer über Christiane Schulz: Spätauf- »Niemand in der Welt wünschet mehr als von York-Gothart Mix. York-Gothart Mix: klärung und Protestantismus. Heinrich ich, daß die Menschen friedsam mit ein- Patria ubique – überall ist Vaterland. Einlei- Gottlieb Tzschirner (1778 – 1828): Stu- ander leben möchten; sie seyen von wel- tende Bemerkungen zum ema deutsch- dien zu Leben und Werk (1999). – Rai- cher Nation sie immer wollen«. Künstler- dänischer Kulturtransfer. – Jürgen Over- ner Friedrich über Jürgen von Stackel- brief und Kulturtransfer (mit zwei unver- hoff, Franklin Kopitzsch: Der Deutsch-dä- berg: Jean-Jacques Rousseau. Der Weg öffentlichten Wille-Briefen im Anhang). nische Kulturaustausch im Bildungswesen zurück zur Natur (1999). – Oliver Hoch- – Herbert Jaumann über Jan Cölln: Phi- (1746 – 1800). – omas Bredsdorff: Pietis- adel über e Sciences in Enlightened Eu- lologie und Roman. Zu Wielands erzähle- mus, Literatur und deutsch-dänischer Kul- rope. Hg. William Clark, Jan Golinski, Si- rischer Rekonstruktion griechischer Anti- turtransfer. Die Herrnhuter und die Auf- mon Schaffer (1999). – Andreas Urs Som- ke im »Aristipp« (1998). – Ulrich Johannes klärung. – Dirk Hempel: Deutsche Adels- mer über Friedrich Christoph Oetinger: Schneider über Ulrich Brieler: Die Uner- briefwechsel im dänischen Gesamtstaat als Biblisches und emblematisches Wörter- bittlichkeit der Historizität. Foucault als kulturwissenschaftliche Quelle. Proble- buch. Hg. Gerhard Schäfer u. a. (1999). – Historiker (1998). – Sylvaine Hänsel über me und Perspektiven ihrer Erforschung. – Katja Weckesser über Aufklärungsforschung Ordnung, Politik und Geselligkeit der Ge- Alexander Ritter: Integrationsanspruch und in Deutschland. Hg. Holger Dainat, Wil- schlechter im 18. Jahrhundert. Hg. Ulrike Differenz. Dichotome Strukturen der lite- helm Voßkampf (1999). – Matthias Wolfes Weckel, Claudia Opitz, Brigitte Tolkemitt, rarischen Adels- und Bürgerkultur im ge- über Ulrich Löffler: Lissabons Fall – Eu- Olivia Hochstrasser (1998). – Kurt Kloocke samtstaatlichen Schleswig-Holstein des ropas Schrecken. Die Deutung des Erd- über La Recherche dix-huitièmiste. Objets, 18. Jahrhunderts und im Forschungsgang. bebens von Lissabon im deutschsprachi- méthodes et institutions (1945 – 1995) / – Per Øhrgaard: Die Nachfolge Schillers? gen Protestantismus des 18. Jahrhunderts Eighteenth-Century Research. Objects, Über Oehlenschlägers Correggio und Goe- (1999). – Clemens Knobloch über Bio-bi- methods and institutions (1945 – 1995) the. – Jörg Deuter: ›Die Ruhe des Nordens‹, bliographisches Handbuch zur Sprachwis- (1998). – Ulrich Dierse über Preisfragen als die Karolinische Emigration und die Gene- senschaft des 18. Jahrhunderts. Hg. Her- Institution der Wissenschaftsgeschichte im Eu- sis des Klassizismus. Architektur und bil- bert E. Brekle. Bde. 3 – 6 (1994 – 1998). ropa der Aufklärung Jahrgang 1 (2000). – dende Kunst in ihren Wechselbeziehungen – Eingegangene Bücher. Eingegangene Bücher. zwischen Skandinavien und Deutschland. – Heinrich W. Schwab: Kopenhagen als ›Mu- Jg. 26, Heft 1 (2002) Jg. 26, Heft 2 (2002) sikstadt‹ im Spiegel zeitgenössischer Berich- Inhalt: Aus der Arbeit der Deutschen Ge- Inhalt: Aus der Arbeit der Deutschen Ge- te um 1800. – Klaus Bohnen: Johann Fried- sellschaft. – Zu diesem Heft (Carsten Zel- sellschaft. – Zu diesem Heft (Carsten Zel- rich Struensee und die Folgen. Aus Anlaß le). – Offener Brief an die Bundesministe- le). – Zensur im Alten Reich des 18. Jahr- 74 75

hunderts. Tagungsbericht (York-Gothart zepte aufgeklärter Lebensführung. Litera- adel: Zwischen literarischer Geselligkeit Mix). – Geschichte und Geschichtsschrei- rische Kultur im frühmodernen Deutsch- und wissenschaftlicher Spezialisierungsten- bung in Deutschland und Italien im land (2000). – Anne Conrad über Gottes ist denz – zwei neue Bücher zu Johann Hein- 18. Jahrhundert. Tagungsbericht (Heinz der Orient! Gottes ist der Occident! Goe- rich Merck. – Ursula Goldenbaum über oma). – Deutsch-schweizerischer Kul- the und die Religionen der Welt (2000). – Nützliche Künste. Kultur- und Sozialge- turtransfer im 18. Jahrhundert. Zusam- omas Finkenauer über Carl Gottlieb Sva- schichte der Technik im 18. Jahrhundert. mengestellt von York-Gothart Mix, Mar- rez: Die Kronprinzenvorlesungen 1791/ Hg. Ulrich Troitzsch (1999). – Wolfgang kus Zenker und Simone Zurbuchen. – 1792. Erster Teil: Staatsrecht. Zweiter Teil: Burgdorf über Andreas Riem: Apologie für York-Gothart Mix, Markus Zenker und Das positive preußische Recht. Hg. Peter die unterdrückte Judenschaft in Deutsch- Simone Zurbuchen: »Da Sprach, Organ und Krause (2000). – Hans-Jürgen Lüsebrink land. Mit einer Einleitung zu Leben und Clima verschieden sind bey dem Schweit- über Margaret C. Jacob: e Enlighten- Werk des Autors von Walter Grab. Hg. Ge- zer und bey dem Teutschen ...«. Einleitende ment. A Brief History with Documents org Bürger (1998). – Peter Goßens über I Bemerkungen zum ema deutsch-schwei- (2001). – eodor Verweyen über Literatur mille volti di Suleika. Orientalismo ed eso- zerischer Kulturtransfer im 18. Jahrhun- und Kultur des Rokoko. Hg. Matthias Lu- tismo nella cultura europea tra ’700 e ’800. dert. – Simone Zurbuchen: Staatstheorie serke, Reiner Marx, Reiner Wild (2001). – A cura di Elena Agazzi (1999). – Manfred zwischen eidgenössischer Republik und Hans-Jürgen Schings über Heinz Schlaffer: Tietz über Federico II de Prusia y los Espa- preussischer Monarchie. – Markus Zen- Die kurze Geschichte der deutschen Litera- ñoles. Hg. Hans-Joachim Lope (2000). – ker: Individualität und Soziabilität. Zu Jo- tur (2002). – Eingegangene Bücher. Shmuel Feiner über Isaak Euchel: Vom Nut- hann Georg Zimmermanns Werk über die zen der Aufklärung. Schriften zur Haska- Einsamkeit im zeitgenössischen deutsch- Jg. 27, Heft 1 (2003) lah. Mit den hebräischen Originaltexten. schweizerischen Kontext. – York-Gothart Inhalt: Aus der Arbeit der Deutschen Ge- Hg. Andreas Kennecke (2001). – Einge- Mix: »Ahme man dieses nach!« Interkultu- sellschaft. – Zu diesem Heft (Carsten Zel- gangene Bücher. ralität und Interdiskursivität in populären le). – Das Reich und seine Territorial- Kalendern. Der Hinkende Bote und der staaten. Aspekte des Mit-, Neben- und Rheinländische Hausfreund. – Martin Stu- Gegeneinander. Tagungsbericht (Harm ber: Binnenverkehr in der europäischen Klueting). – Das 18. Jahrhundert im Ki- Gelehrtenrepublik. Zum wissenschaftli- no. – Linda Simonis, Annette Simonis: Der Veranstaltungen chen Austausch zwischen ›Deutschland‹ Opernheld im Kamera-Auge. Über Gérard und der ›Schweiz‹ im Korrespondenznetz Corbiaus Farinelli. – Hans Edwin Friedrich: September bis Dezember 2003 Albrecht von Hallers. – Yvonne Boerlin- »Es lebe unser Fritze!«. Die Instrumentali- Brodbeck: Welches Deutschland? Welche sierung Friedrichs II. im Preußenfilm der 1.–5.9.: Schülerseminar. Gymnasium im Schweiz? Die Beziehungen zwischen der dreißiger und vierziger Jahre. – Kathari- Schloß, Wolfenbüttel (Einführung der Schweiz und Deutschland in der Kunst des na Sykora: Nero im Reifrock oder Venus 11. Klassen). 18. Jahrhunderts. – Aus der Forschung. – im Pelz. Katharina II. im anglo-amerika- 2.9.: Führung durch das Zeughaus. 17 Uhr. Dominique Bourel über Hannah Arendt: nischen Film des Jahres 1934. – Anne Lag- 2.9.: Abendführung durch die Bibliotheca Rahel Varnhagen: the Life of a Jewess. ny: Die Dissonanz im Tableau. Die Verfil- Augusta. 20 Uhr. First Complete edition. Ed. Liliane Weiss- mung des Diderot-Romans La Religieuse 10.9.: Veranstaltung der Lessing-Akade- berg (1997). – Matthias Wolfes über Ange- durch den französischen Regisseur Jacques mie e.V. Dichterlesung mit Christian Leh- la Nüsseler: Dogmatik fürs Volk. Wilhelm Rivette (1967). – Katherine Arens: Jefferson nert. Lessinghaus. 19.30 Uhr. Abraham Teller als populärer Aufklärungs- in Paris. Imperious History, Un-Domesti- 11.–13.9.: Arbeitsgespräch. Erforschung theologe (1999). – Sonja Asal über Didier cated. – Kirsten von Hagen: Von der gefähr- und Digitalisierung vom Emblembüchern. Masseau: Les ennemis des philosophes. lichen Liebschaft des Films mit der Litera- Leitung: Professor Dr. Mara R. Wade, L’antiphilosophie au temps des Lumiè- tur des 18. Jahrhunderts: Vier Filmemacher Urbana/IL, Dr. omas Stäcker, Wolfen- res (2000). – Dirk Fleischer über Konrad und ihre Adaptationen des Briefromans Les büttel. Bibelsaal. Hammann: Universitätsgottesdienst und Liaisons dangereuses (1782) von Choderlos 15.–17.9.: Schülerseminar. Gymnasium im Aufklärungspredigt. Die Göttinger Uni- de Laclos. – Claudia Albert: »Folge Deiner Schloß, Wolfenbüttel. versitätskirche im 18. Jahrhundert und Lust« – Libertinage und Gewalt in Sade- 18.9.: Projektvorstellung. Peter Albrecht ihr Ort in der Geschichte des Universi- Verfilmungen von 1952 bis 2001. – Mag- (Braunschweig), Holger Böning (Deutsche tätsgottesdienstes im deutschen Protestan- dalene Heuser, Julia Klöppel, Daniel Bene- Presseforschung, Bremen): Deutsche Presse tismus (2000). – Rainer Friedrich über Po- dict: Georg Forster und das Treffen in Tra- bis 1815. Die Region Braunschweig-Wol- litical Ideas in Eighteenth-Century Ireland. vers. Literarischer und filmischer Zugriff fenbüttel, Hildesheim und Goslar. Saal im Ed. Sean J. Connolly (2000). – Peter Höyng auf einen Stoff aus der Zeit der Französi- Anna-Vorwerk-Haus. über Klaus L. Berghahn: Grenzen der Tole- schen Revolution. – Christian von Tschilsch- 20.9.: Veranstaltung. Kulturnacht Wolfen- ranz. Juden und Christen im Zeitalter der ke: Die Ambivalenz der Zivilisation. Fran- büttel. Abendführung in der Bibliotheca Aufklärung (2000). – Jürgen Konert über çois Truffauts Film L’enfant sauvage (1969) Augusta. 18 Uhr. Renate Wilson: Pious Traders in Medi- und Jean Itards Dokumentarberichte über 20.9.: Veranstaltung. Kulturnacht Wolfen- cine. A German Pharmaceutical Network den ›Wilden von Aveyron‹ (1801/1806). – büttel. Jazz und Blues in der Ausstellung in Eighteenth-Century North America Hans-Jürgen Lüsebrink: Geschichtsaufar- “Graphik jenseits der Illustration”. Stef (2000). – Hans-Uwe Lammel über Johan- beitung als dokumentarische Fiktion. Der Lummer Band mit Stefanie Lummer (Ge- na Geyer-Kordesch: Georg Ernst Stahl. Pie- Film Le Sort de l’Amérique (Canada 1996) sang), Wolfgang Kaldenhoff (Gitarre), An- tismus, Medizin und Aufklärung in Preu- von Jacques Godbout. – Aus der For- dreas Becker (Saxophon), Henning Kilian ßen im 18. Jahrhundert (2000). – Ernst schung. – Christoph Schulte: Die Haskala (Bass), Eckhard König (Schlagzeug). Korn- Stöckmann über Wolfram Mauser: Kon- in der neuesten Forschung. – Oliver Hoch- speicher. 20 Uhr, 21 Uhr, 22 Uhr. 76

22.9.: Komiteesitzung des Wolfenbütteler 17.10.: Ausstellungseröffnung. Wolfgang repräsentation in der frühen Neuzeit”. Arbeitskreises für Renaissanceforschung. Buchta – Palimpsest. “Unwegsame Ge- Sprachen des Körpers. Professor Dr. Ge- Leitung: Professor Dr. Bodo Guthmüller, biete”. Bibliotheca Augusta, Augusteerhal- org Braungart, Regensburg. Lessinghaus. Marburg. Seminarraum im Leibnizhaus. le. 17 Uhr. 20 Uhr. 22.9.: Öffentlicher Vortrag im Rahmen 18.10.–30.11.: Ausstellung. Wolfgang 14.–15.11.: Sitzung des Mediävistischen des Arbeitsgesprächs über “Zukunftsvor- Buchta – Palimpsest. “Unwegsame Ge- Arbeitskreises der Herzog August Biblio- hersagen in der Renaissance”. Professor biete”. Bibliotheca Augusta, Malerbuch- thek. Leitung: Professor Dr. Nikolaus Hen- Dr. Walther Ludwig, Hamburg. Lessing- saal. kel, Hamburg. Bibelsaal. haus. 20 Uhr. 23.10. Projektvorstellung. Repertorium 15.11.: Konzert des Michael Praetori- 22.–24.9.: Arbeitsgespräch. Zukunftsvor- reichischer Amtskalender und Amtshand- us Collegiums. Béla Bartók: Streichquar- hersagen in der Renaissance. Leitung: Pro- bücher. Volker Bauer. Anna-Vorwerk- tett Nr. 5. Joseph Haydn: Streichquartett fessor Dr. Klaus Bergdolt, Köln, Professor Haus. op. 42. Franz Schubert: Streichquartett Dr. Walther Ludwig, Hamburg. Bibelsaal. 26.10.: Arbeitsgespräch des Instituts für d-Moll “Der Tod und das Mädchen” Ru- 22.–26.9.: Schülerseminar. Lessinggymna- Literaturwissenschaft an der Ungarischen bin Quartett. Augusteerhalle. 20 Uhr. sium Hoyerswerda. Akademie der Wissenschaften, des Wol- 17.–19.11.: Schülerseminar. N.N. 23.9.: Konzert im Rahmen des Arbeitsge- fenbütteler Arbeitskreises für Renaissance- 20.11.: Werkstattbericht. Die Wege der sprächs “Zukunftsvorhersagen in der Re- forschug und des Instituts für Germanistik Bücher – Besitzeinträge in Büchern des naissance”. “My Lady Hunsdon’s Puffe”. an der Universität Debrecen. Ideologie der 17. Jahrhunderts. Petra Feuerstein-Herz. Tänzerische und kontemplative Lauten- Formen. Leitung: Dr. Jozsef Jankovics, Bu- (Neuerwerbungen der Sammlung Deut- musik der Renaissance. Werke von John dapest, Dr. Istvan Bitskey, Debrecen. Haus scher Drucke 1601–1700) Saal im Anna- Dowland und Zeitgenossen. Lutz Kirch- der Ungarischen Akademie der Wissen- Vorwerk-Haus. hof. Augusteerhalle. 20 Uhr. schaften Debrecen. 22.11.: Autorenlesung. Christa Wolf. Au- 27.9.: Kammerkonzert des Michael Prae- 28.10.: Führung in der Werkstatt für gusteerhalle. 20 Uhr. torius Collegiums. Kammermusik für Vio- Buchrestaurierung im Leibnizhaus. Kon- 26.–28.11.: Tagung des interdisziplinä- loncello und Klavier. Ludwig van Beetho- servierung und Restaurierung von mittel- ren Arbeitskreises für philosophische Re- ven: Cellosonate a-Dur op. 69, Dmit- alterlichen Handschriften, Drucken und flexion. Philosophisches Seminar an der rij Schostakowitsch: Cellosonate d-Moll graphischen Blättern aus den Beständen Westfälischen Wilhelms-Universität Mün- op. 40 u.a. Sebanstian Klinger (Violoncel- der Herzog August Bibliothek. 20 Uhr. ster in Zusammenarbeit mit dem Kultur- lo), Jacob Leuscher (Klavier). Augusteerhal- 31.10.: Konzert der Dauer-Gedächtnis- wissenschaftlichen Institut Essen. Wert und le. 20 Uhr. Stiftung. Romantische Musik. Nikolai Jae- Anspruch als Liminale von Reflexion. Prak- 5.10.: Ausstellungseröffnung. “Verborgen im ger (Flöte) und Kayoko Takae (Klavier). tische Perspektiven für europäisches Bil- Buch, verborgen im Körper. Haut in der frü- Augusteerhalle. 20 Uhr. dungsverständnis. Leitung: Frauke A. Kur- hen Neuzeit”. Augusteerhalle. 11.30 Uhr. 3.–5.11.: Schülerseminar. Werner von Sie- bacher-Schönborn, Christian Suhm, Karin 5.10.–25.1.2004: Ausstellung. “Verbor- mens Gymnasium, Bad Harzburg. Wendt, Münster. gen um Buch, verborgen im Körper. Haut 4.11.: Führung durch das Zeughaus. 29.11.: Kammerkonzert der Gesellschaft in der frühen Neuzeit”. Augusteerhalle, 17 Uhr. der Freunde der Herzog August Biblio- Schatzkammer und Kabinett. 4.11.: Führung durch die Bibliotheca Au- thek e.V. Streichquintette u.a. von Johan- 6.–7.10.: Arbeitsgespräch der Herzog Au- gusta. 20 Uhr. nes Brahms und Anton Bruckner, Alexan- gust Bibliothek und des Herzog Anton Ul- 6.–7.11.: Arbeitsgespräch. Sintflut: Erinne- der von Zemlinsky (unvollendetes Streich- rich-Museums Braunschweig. Rubens und rung und Vergessen des Ursprungs. Früh- quartett). Studierende der Hochschule für die barocken Leidenschaften. Leitung: Pro- neuzeitliche Orientalistik als Gedächt- Musik und eater Hannover. Augusteer- fessor Dr. Ulrich Heinen, Köln, Professor nisgeschichte. Leitung: Professor Dr. Jan halle. 17 Uhr. Dr. Jochen Luckhardt, Braunschweig, Pro- Assmann, Heidelberg, Privatdozent Dr. 1.–3.12.: Schülerseminar. Lehramtskandi- fessor Dr. Barbara Welzel, Dortmund. Bi- Martin Mulsow, München. Bibelsaal. daten aus Konin, Polen. belsaal. 6.11.: Öffentlicher Vortrag im Rahmen des 2.12.: Führung durch das Zeughaus. 6.10.: Öffentlicher Vortrag im Rahmen des Arbeitsgesprächs über “Sintflut: Erinne- 17 Uhr. Arbeitsgesprächs über “Rubens und die ba- rung und Vergessen des Ursprungs. Früh- 2.12.: Führung durch die Bibliotheca Au- rocken Leidenschaften”. Barocke Leiden- neuzeitliche Orientalistik als Gedächtnis- gusta. 20 Uhr. schaften. Professor Dr. Barbara Welzel, geschichte”. Lessinghaus. 20 Uhr. 4.–5.12.: Wolfenbütteler Symposion. Der Dortmund. Lessinghaus. 20 Uhr. 11.11.: Führung durch die Digitalisie- Doppelgänger – Le Double. Leitung: Pro- 6.–10.10.: Schülerseminar. Marie-Curie- rungs- und Fotowerkstatt in der Bibliothe- fessor Dr. Victor Stoichita, Fribourg. Bi- Gymnasium, Neuss. ca Augusta. Erläuterung der technischen belsaal. 7.10.: Führung durch das Zeughaus. 17 Uhr. Verfahren von analoger und digitaler Fo- 4.12.: Öffentlicher Vortrag im Rahmen 7.10.: Führung durch die Bibliotheca Au- tografie, Mikroverfilmung und Reproduk- des 55. Wolfenbütteler Symposions “Der gusta. 20 Uhr. tion von Drucken, Handschriften, Land- Doppelgänger – Le Double”. Professor 9.–11.10. Arbeitsgespräch. “Nous ne fai- karten u.a. 18 Uhr. Dr. omas Macho, Berlin. Augusteerhal- sons que nous entregloser” (Montaige, Es- 13.–14.11.: Arbeitsgespräch. Körperreprä- le. 20 Uhr. sais III, XIII). Leitung: Dr. Dominique sentationen in der frühen Neuzeit. Lei- 8.–10.12.: Lehramtskandidaten aus Ko- de Courcelles, Lyon, Professor Dr. Kurt tung: apl. Professor Dr. Markus Fauser, nin, Polen. Flasch, Mainz. Bibelsaal. Osnabrück, Professor Dr. Dirk Niefanger, 18.12.: Ausstellungsprojekt. Ausstellung 13.–14.10.: Arbeitsgespräch. Die Natur- Braunschweig. Bibelsaal. zu Herzog Augusts Büchersammlung und rechtslehre des Hugo Grotius. Leitung: Dr. 13.11.: Öffentlicher Vortrag im Rahmen ihrem Wachstum. Maria von Katte, U. J. Dieter Hüning, Marburg. Bibelsaal. eines Arbeitsgesprächs über “Körper- Schneider. Saal im Anna-Vorwerk-Haus.