thomas binder Kämpfen. thomas binder thomas Leiden. Lieben. Geschichte über spannende Geschichten zu veranschau- Leben im Schwarzwald lichen – mit dieser Intention lässt sich das Leben der Menschen im Schwarzwald über die Jahrhunderte bei- von den Kelten spielhaft nachzeichnen. Im Mittelpunkt stehen dabei bis ins 20. Jahrhundert nicht bekannte Herrscher und die große Politik; vielmehr schildern die 16 Miniaturen dieses Buches das Schicksal einfacher Leute: worüber sie sich freuten, was sie ängstigte, woran sie glaubten oder was sie stark machte. Die Figuren sind historisch belegt, ihre nacherzählten Lebensgeschichten angereichert mit vielen Hintergrund- informationen. Ein Stück Regionalgeschichte – spannend umgesetzt anhand von Kategorien menschlichen Erlebens wie Liebe und Hoffnung, Vertrauen und Glaube. v Kämpfen. Leiden. Lieben. Kämpfen. Leben im Schwarzwald von den Kelten bis ins 20. Jahrhundert bis ins 20. den Kelten von im Schwarzwald Leben ISBN 978-3-87800-133-1

9 783878 001331 > thomas binder

Kämpfen. Leiden. Lieben.

Leben im Schwarzwald von den Kelten bis ins 20. Jahrhundert Thomas Binder

Thomas Binder, Dr. iur., Jahrgang 1971, lebt seit 30 Jahren in im Breisgau. Von Landschaft und Kultur des Schwarzwalds fasziniert, ist er seit 2018 zertifizierter „Gästeführer im Naturpark Südschwarzwald“ und bietet in seiner Heimatstadt Führungen an. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, die Geschichte des Schwarzwalds und seiner Bewohner anschaulich und lebendig zu vermitteln. Inhalt

7 Vorwort 119 zaubern

9 ankommen Vom Glauben an die Magie, der im Schwarzwald nie ganz verschwand Von den ersten Siedlern, die im Schwarzwald heimisch wurden 129 widerstehen 19 leiden Wie Schwarzwälder sich in dunkelster Zeit dem Terror entgegenstellten Als Krankheiten Furcht und Schrecken im Schwarzwald verbreiteten 139 schaffen 31 zusammenhalten Wie stark Traditionen den Arbeitsalltag im Schwarzwald bestimmten Wie sich Schwarzwälder gemeinsam gegen die Obrigkeit wehrten 151 gehorchen 41 beten Von Strafen, Vorschriften und dem alltäglichen Zwang im Schwarzwald Vom Leben in Schwarzwälder Klöstern 1 63 aufwachsen 51 hoffen Warum Kindheit und Jugend im Schwarzwald Als Armut und Not im Schwarzwald zu Hause waren nicht immer sorglos waren 63 lieben 175 kämpfen Warum es das Gefühl der Zuneigung im Von Kriegen und bitteren Erfahrungen vieler Schwarzwald nicht immer leicht hatte Schwarzwälder Generationen 73 fürchten Wie man im Schwarzwald ins Visier der Hexenjäger 185 Anhang geraten konnte 187 Anmerkungen 191 Quellenverzeichnis 85 willkommen heißen 202 Bildnachweis Als der Tourismus im Schwarzwald das Laufen lernte 95 essen und trinken Wie die Schwarzwälder tafelten und becherten 109 wohlfühlen Wenn die Schwarzwälder sich des Lebens freuten Lebendige Geschichte – Tipps

Spuren der Pest im Schwarzwald An die verheerenden Auswirkungen der Pest erinnern im Schwarz­ wald Pestaltäre, Heiligenfiguren und Pestkreuze. Schutz­heiliger gegen die Pest ist der heilige Sebastian, dessen Spuren sich an zahlreichen Orten wiederfinden. Sehenswert sind: • die 1604 errichtete Sebastianskapelle in St. Blasien-Menzen­ schwand (Vorderdorf), • die baulichen Erinnerungen an den heiligen Sebastian in zusammenhalten , wo er Stadtpatron ist: u. a. wird des Mär­tyrers in der Mühlenkapelle, am Hochaltar der katholi­ schen Stadtkirche oder mit dem Sebastiansbrunnen gedacht, WIE SICH SCHWARZWÄLDER • die Seltenbachbrücke in Waldshut, die in die Fußgängerzone der Stadt führt: Dort beschützen die Figuren des heiligen GEMEINSAM GEGEN DIE OBRIGKEIT Sebastian und des heiligen Rochus – eines anderen Pest­ WEHRTEN heiligen – die Besucher und Einwohner Waldshuts.

St. Magdalenenkapelle, Staufen Das den Aussätzigen vorbehaltene Gutleuthaus in Staufen wur­ de schon im 14. Jahrhundert erwähnt. Zum außerhalb der Stadt gelegenen Haus gehört eine Kapelle, die notwendig war, weil die an Lepra Verstorbenen nicht auf dem städtischen Friedhof, sondern auf einem eigenen Friedhof beim Gutleuthaus beerdigt wurden. Die Kapelle kann nach Anmeldung besichtigt werden. Informationen bei der Touristen-Information und unter www.stadtbild-staufen.de

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ES IST DER 16. AUGUST 1757. Auf dem Freiburger Münster­ platz herrscht das alltägliche geschäftige Treiben. Markt­ frauen bieten ihre Waren an. Einkäufer feilschen um die besten Preise. Tagelöhner suchen Arbeit. Bettler hoffen auf Almosen. Gegen elf Uhr erregt lautes Geschrei die Auf­ merksamkeit des Marktvolkes. Köpfe recken sich. Keiner will etwas verpassen. Eine Frau ist auf den Münsterplatz gerannt, umringt von einer Menschentraube. Außer Atem und mit rotem Kopf, verkündet sie dramatische Neuigkei­ ten: Ihr Mann sei eben verhaftet und in den Gefängnisturm eingesperrt worden. Empört raunen die Zuhörer einander Hier befreiten zu. Aber die Frau will nicht nur Nachrichten verbreiten. Sie Freiburger Frauen will sich wehren, gemeinsam mit den Freiburgern. Alle am 16. August 1757 zwei Wilderer: sollen helfen, um ihren Mann freizubekommen. Treff­ die Freiburger punkt ist der Franziskanerplatz am Rathaus. Kaum hat die Turmstraße mit Frau ihre Botschaft verkündet, rennt sie schon weiter. Blick auf das Ganz Freiburg soll von dem Unrecht erfahren, das ihrem Münster. Foto von 1952. Mann geschehen ist. Die Frau heißt Brigitta Jehlin, und ihre Strategie ist ­erfolgreich. Es dauert nicht lange, da versammeln sich Hunderte von Freiburgern auf dem Franziskanerplatz. Vor füllt den Straftatbestand der Wilderei. Weil sich das Ereig­ allem Frauen sind es, die ihrer Wut Luft machen, die Fäus­ nis außerhalb von Freiburg abgespielt hat, müssen sich die te Richtung Rathaus recken. Der Freiburger Magistrats­ beiden vor dem markgräflichen Oberamt in schreiber wird später von „etlichen hundert ausgehausten verantworten. Emmendingen gehört zur Markgrafschaft und liederlichen Bürgern“4 berichten. Eine beträchtliche -Durlach, nicht zu Vorderösterreich wie die Stadt Zahl, wenn man bedenkt, dass Freiburg zu diesem Zeit­ Freiburg. In Emmendingen zu erscheinen, dazu haben punkt deutlich weniger als 10 000 Einwohner hat. ­Jehle und Imbery aber keine Lust, zumal sie schon einmal Anlass der Empörung ist die Festnahme des Peter Jehle, wegen des gleichen Vorwurfs vor Gericht standen. Die Ehemann der Brigitta Jehlin, und seines Arbeitskollegen Markgrafschaft will, dass die vorderösterreichische Re­ Martin Imbery. Beide sind in die Fänge der Justiz geraten, gierung die beiden Straftäter ausliefert. Tatsächlich ist weil sie einen Hasen im Unterholz verfolgt haben. Das er­ Vorderösterreich mehr an gut nachbarschaftlichen Bezie­

32 33 zusammenhalten hungen zum Markgrafen von Baden interessiert als am sei so groß gewesen, dass man nicht gewusst habe, wer, wie Schutz der einheimischen Wilderer und lässt die zwei Wil­ oder wann. Jetzt sind sie nicht mehr aufzuhalten. Brigitta derer festnehmen. Jehlin führt den Zug an. Wer zögert, dem hält sie entgegen, Das wiederum erzürnt Brigitta Jehlin und viele andere dass der gnädige Bürgermeister höchstselbst gesagt habe, Freiburger Frauen. Was maßt sich die österreichische dass bei ihm keine Gnade sei, sondern bei Gott. Jetzt wolle ­Regierung an, Freiburger Bürger an fremde Mächte auszu­ sie hingehen und den Turm aufschlagen. liefern, zudem noch aus dem katholischen Freiburg in die Die Menge folgt ihr zum Gefängnisturm. Von dem to­ lutherische Markgrafschaft? Emotional aufgeheizt wird senden Lärm werden die Turmwachen alarmiert. Als sie auf der Konflikt durch den Umstand, dass sowohl Brigitta die Straße schauen, trauen sie ihren Augen nicht. Ein Hau­ ­Jehlin als auch Berlin Imbery, die Frau des zweiten Wilde­ fen zu allem entschlossener Frauen schlägt rhythmisch auf rers, hochschwanger sind. Jehlin hat schon vier Kinder zu Topfdeckel ein und fordert wütend die Freilassung der ge­ Hause. Wie soll sie die satt bekommen, wenn ihr Mann im fangenen Wilderer. So etwas ist den Wächtern noch nicht Gefängnis sitzt? passiert, dafür sind sie nicht ausgebildet! Sie drohen, auf Die Freiburger zögern keine Sekunde. Sie solidarisie­ die Menge zu schießen, wenn sie sich nicht auflöst. Steine ren sich mit Jehlin und Imbery. An vorderster Front empö­ fliegen. Ein Blutvergießen scheint unvermeidlich. ren sich die Frauen über das rücksichtslose Vorgehen der Dann wendet sich die Situation. Möglicherweise halten Behörden. Die Menge bildet Abordnungen zum Bürger­ die Soldaten die Lage für nicht mehr kontrollierbar. Viel­ meister und zum Pfarrer, die sich für die Freilassung der leicht hegen sie auch geheime Sympathien für das Anlie­ beiden Männer einsetzen sollen. Bürgermeister Kreysser gen der Menge. Jedenfalls entschließen sich die bewaffne­ erinnert sich später an die Worte, mit denen er die Frauen ten Turmwächter zum Rückzug. Sie verbarrikadieren sich zu besänftigen versucht: „Mich erfreut sehr, dass ich so auf der obersten Ebene des Gefangenenturms. So haben viele Nachbarinnen und Frauen auf einmal bei mir sehe; es die Aufrührerinnen freie Hand und schreiten zur Tat. Das seie mir aber leid, dass ich ihrem Verlangen, welches ich eicherne Tor des Gefängnisturms hält ihren Axthieben zu­ mir wohl einzubilden deute, zu willfahren nicht vermö­ nächst stand. Als ein Balken als Rammbock eingesetzt wird, gend seie (...) Solches stehe nicht in meiner Gewalt.“5 Ob gibt es kein Halten mehr. Das Tor bricht auf, und die Frau­ er von den aufgebrachten Frauen verstanden wird, ist nicht en dringen in den Gefangenenturm ein. Sie stürmen in die überliefert. Jedenfalls trägt seine Rede nicht zur Beruhi­ Gefängniszellen, finden die festgesetzten Wilderer. Peter gung der Lage bei. Jehle und Martin Imbery werden unter dem Jubel der Mas­ Inzwischen ist es Abend. Strömender Regen setzt ein. se aus dem Turm getragen. Johlend machen die Freiburge­ Die Frauen wollen aber nicht nach Hause. Im Gegenteil. rinnen die Nacht zum Tag. Triumphierend ziehen sie durch Kampfeslust funkelt in ihren Augen. Aufgeben ist keine die Straßen. Kein Soldat stellt sich ihnen in den Weg. Sie Alternative. Wenn ihnen niemand helfen will, dann müs­ haben die uneinsichtige Obrigkeit in die Knie gezwungen. sen sie sich selbst helfen. Sie rüsten sich mit Topfdeckeln Die Ereignisse des „Freiburger Weiberkriegs“ sind im und Ofentüren aus und ziehen lärmend und singend durch Schwarzwald nicht die einzigen Gefangenenbefreiungen die Stadt. Eine Augenzeugin berichtet später, der Haufen gewesen. In dringen im Jahr 1726 mehrere

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sind es die Frauen, die sich mit vereinten Kräften wehren. Drei- bis vierhundert von ihnen ziehen mit Äxten, Eisen­ gabeln, Säbeln und Pistolen bewaffnet zum Obertor und befreien die Inhaftierten. Anders als in Freiburg geht die Aktion still und leise vonstatten. Eine besonders starke Aufrührerin – so wird berichtet – soll einen der Gefange­ nen auf die Schultern genommen und die Treppe des Tors heruntergetragen haben. Aber nicht nur die Schwarzwälderinnen, auch die Schwarzwälder wissen die Kraft der Solidarität gezielt ein­ zusetzen. Das muss Oberamtmann Föhrenbach am 24. Feb­ ruar 1813 erfahren. An diesem Tag steht er im Gasthaus „Rebstock“ in Waldshut vor einer Versammlung junger Männer aus dem Südschwarzwald. Seine Aufgabe ist mehr als delikat: Er soll im Auftrag des badischen Großherzog­ tums dafür sorgen, dass alle männlichen Angehörigen ei­ Der Kampf um das Schwabentor in Freiburg im Jahr 1848 auf einem Diorama in der Zinnfigurenklause. nes Jahrgangs zur Armee eingezogen werden. Baden ist als Rheinbund-Staat mit Frankreich verbunden, und Napoleon hat nach seiner Niederlage bei Moskau 1812 großen Bedarf an neuen Truppen. Das Problem dabei: Die Bevölkerung ist ­Dutzend aufgebrachter Frauen unter dem Ruf „Ihr tau­ kriegsmüde, die Bereitschaft, an der Seite Frankreichs in send Sakrament, gebt uns unsere Männer!“6 in das Rathaus den Krieg zu ziehen, gering. ein. Ihr Ziel: Zwei aus Sicht der Frauen zu Unrecht inhaf­ Oberamtmann Föhrenbach hat die Wehrpflichtigen tierte Pforzheimer sollen befreit werden. Es kommt zum nach Waldshut geladen. Aber schon im Vorfeld hat er kein Handgemenge. Der Bürgermeister packt die Rädelsführe­ gutes Gefühl. Als dann die jungen Männer beisammensit­ rin Anna Maria Lacoste am Hals, seine Beamten gehen mit zen, herrscht „düstere Spannung“8, berichtet Föhrenbach Tritten und Schlägen auf die Frauen los. Ohne Erfolg. Im später. Sein Empfang im Gasthaus verheißt nichts Gutes: Tumult gelingt den Verhafteten, darunter auch dem Mann Die Männer begrüßen Föhrenbach mit lautem Fußgetram­ von Lacoste, die Flucht. Später muss die Anführerin pel. Föhrenbach bittet um Ruhe. Keiner hört ihm zu. Statt­ ­Lacoste ihr Verhalten vor Gericht verantworten. Doch sie dessen wird es noch lauter. Die jungen Männer beschimp­ hat eine gute Rechtfertigung für den von ihr verursachten fen den Repräsentanten des Großherzogtums. Sie wollen Aufruhr: „Ich habe einen teuren Eid geleistet, meinen sich nichts befehlen lassen, schon gar nicht den Dienst an Mann in Lieb und Leid nicht zu verlassen.“7 der Waffe. Als es dem Oberamtmann endlich gelingt, sich In Oberkirch werden im März 1777 wie in Freiburg verständlich zu machen, wird seine Ansprache immer wie­ Männer wegen illegaler Jagd gefangen gesetzt. Wieder der durch spöttisches Zischen unterbrochen.

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Föhrenbach ist wütend, seine Autorität wird untergraben. Von 53 Soldaten aus Waldshut kommen nur 17 in Karls­ Er will sich vor den jungen Burschen nicht geschlagen ge­ ruhe an. ben. Schließlich muss er sich auch vor seinen vorgesetzten Der badische Staat erhöht nochmals den Druck. Auch Behörden des Großherzogtums rechtfertigen. Mit leeren Brüder oder Väter der widerspenstigen Soldaten sollen Händen kann er von der Rekrutierung nicht zurückkehren. eingezogen werden. Aber in den Dörfern des südlichen So riskiert Föhrenbach den Konflikt: Im Chaos der außer Schwarzwalds will niemand nachgeben. Jetzt schaltet sich Kontrolle geratenen Versammlung ordnet er die Verhaf­ der Großherzog persönlich ein. Er äußert sich enttäuscht tung des Wortführers der aufrührerischen Männer an. über die Ungezogenheit seiner Landeskinder und wieder­ Jetzt eskaliert die Lage. Der Lärm nimmt weiter zu. Die holt nochmals die Drohungen. Mit geringem Erfolg. Gera­ Versammelten bewaffnen sich mit Knüppeln und Stuhl­ de einmal 14 Rekruten melden sich zum Dienstantritt. Der beinen, bedrohen die anwesenden Soldaten des Großher­ badische Staat ist ratlos. Soll er den Widerstand mit mili­ zogtums. In der Unübersichtlichkeit eines Handgemenges tärischer Gewalt brechen? Ein Exempel statuieren? wird der Gefangene befreit. Jetzt wendet sich der Ober­ Die Angst vor einer weiteren Eskalation ist schließlich amtmann Hilfe suchend an die Ortsvorgesetzten, welche zu groß. Die badische Regierung entscheidet sich dagegen, die Rekruten begleiten. Sie sollen für Ruhe und Ordnung die Rekrutierung mit Gewalt durchzusetzen. Zwar gibt es sorgen. Aber auch die lokalen Beamten können Föhren­ hier und dort einige Verhaftungen. Auf die Einziehung von bach nicht helfen. Einige verschwinden still und heimlich Vätern und Brüdern verzichtet der Großherzog jedoch. Die aus dem Saal, um sich nicht mit der aufgebrachten Dorf­ Rekrutierung wird schließlich abgebrochen. Der Wider­ jugend anzulegen. Nun sieht Föhrenbach ein, dass er heute stand hat sich gelohnt. Napoleon muss auf die Gefolgschaft nichts mehr erreicht. Er verlässt das Gasthaus unverrich­ aus Südbaden verzichten. teter Dinge, aber nicht einmal das gelingt ohne Gewalt. Der Konflikt aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts weist Sein Rückzug durch die Reihen der wütenden Männer in die Zukunft. Dass es heute zu den selbstverständlichen wird für ihn zum Spießrutenlauf. Bürgerrechten gehört, den Kriegsdienst zu verweigern, ist Einen derartigen Affront kann sich der junge badische nicht zuletzt dem Mut von Männern wie denen aus Walds­ Staat nicht bieten lassen. Jetzt werden stärkere Geschütze hut zu verdanken, die den Rekrutierungsbefehlen nicht aufgefahren und offizielle Verfügungen in den wider­ mehr folgen wollten. Sie haben den Mächtigen gezeigt, spenstigen Dörfern bekannt gemacht: Wer sich der Rekru­ dass sie nicht länger bereit sind, Haus, Hof und Familie für tierung entziehe, müsse mit Gefängnis rechnen. Die Eltern ferne Kriege zu verlassen und ihr Leben für die Macht­ der Verweigerer sollen mit ihrem Vermögen haftbar kämpfe fremder Monarchen aufs Spiel zu setzen. ­gemacht werden. Und nötigenfalls werde man auch die Armee einsetzen, um den Widerstand zu brechen. Der ­Erfolg der Drohungen bleibt gering. Schon zwei Monate v später gibt es weitere Probleme. Als die rekrutierten Sol­ daten Richtung ziehen sollen, finden sich viele Wehrpflichtige nicht ein. Andere desertieren unterwegs.

38 39 Lebendige Geschichte – Tipps

Storchenturm-Museum, Zell am Harmersbach Wie wenig erträglich einst das Leben in Gefängnissen war, kann anschaulich in Zell am Harmersbach erfahren werden. Der 25 m hohe Storchenturm, der im 14. Jahrhundert erbaut wurde, ­diente einst als Kerker. Im Storchenturm-Museum ist das Verlies zu be­ sichtigen, in dem Verbrecher eingesperrt wurden. Auch Folter­ instrumente werden ausgestellt. Nähere Informationen auf www.storchenturm-museum.de beten Zinnfigurenklause, Freiburg Viele historische Gefechte, bei denen Schwarzwälder gemeinsam VOM LEBEN IN SCHWARZWÄLDER gegen die Willkür der Obrigkeit kämpften, werden in der Zinn­ figurenklause im Schwabentor in Freiburg wieder lebendig. KLÖSTERN 9 000 bemalte Zinnfiguren in liebevoll gestalteten Dio­ramen veranschaulichen u. a. die Auseinandersetzungen des Bauern­ kriegs in Stühlingen und im oder den Verteidigungs­ kampf der badischen Revolutionäre in Freiburg. Nähere Informationen auf www.zinnfigurenklause-freiburg.de

40 41 thomas binder Kämpfen. thomas binder thomas Leiden. Lieben. Geschichte über spannende Geschichten zu veranschau- Leben im Schwarzwald lichen – mit dieser Intention lässt sich das Leben der Menschen im Schwarzwald über die Jahrhunderte bei- von den Kelten spielhaft nachzeichnen. Im Mittelpunkt stehen dabei bis ins 20. Jahrhundert nicht bekannte Herrscher und die große Politik; vielmehr schildern die 16 Miniaturen dieses Buches das Schicksal einfacher Leute: worüber sie sich freuten, was sie ängstigte, woran sie glaubten oder was sie stark machte. Die Figuren sind historisch belegt, ihre nacherzählten Lebensgeschichten angereichert mit vielen Hintergrund- informationen. Ein Stück Regionalgeschichte – spannend umgesetzt anhand von Kategorien menschlichen Erlebens wie Liebe und Hoffnung, Vertrauen und Glaube. v Kämpfen. Leiden. Lieben. Kämpfen. Leben im Schwarzwald von den Kelten bis ins 20. Jahrhundert bis ins 20. den Kelten von im Schwarzwald Leben ISBN 978-3-87800-133-1

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