Ohnmacht Und Chance ÖSTERREICHISCHE GESCHICHTSFORSCHUNG Leonhard Von Harrach (1514 –1590) Und Die Erbländische Machtelite
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MITTEILUNGEN Michael Haberer E IÖG DES INSTITUTS FÜR 56 Ohnmacht und Chance ÖSTERREICHISCHE GESCHICHTSFORSCHUNG Leonhard von Harrach (1514 –1590) und die erbländische Machtelite Ergänzungsband 56 Ohnmacht und Chance und Ohnmacht Haberer Haberer 2011 Oldenbourg Böhlau Böhlau Wien Oldenbourg München ISBN 978-3-205-78680-1 ISBN 978-3-486-58935-1 Ohnmacht und Chance Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 56 2011 Böhlau Verlag Wien Oldenbourg Verlag München Michael Haberer Ohnmacht und Chance Leonhard von Harrach (1514–1590) und die erbländische Machtelite 2011 Böhlau Verlag Wien Oldenbourg Verlag München Gedruckt mit der Unterstützung durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http ://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78680-1 (Böhlau Verlag) ISBN 978-3-486-58935-1 (Oldenbourg) Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Über setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Daten ver arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2011 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG, Wien, Köln, Weimar http ://www.boehlau.at http ://www.boehlau.de Umschlagabbildung: Leonhard IV. von Harrach (1514–1590), bärtiges Brustbild, Gussmedaille von Antonio Abondio um 1570 (Silber: 15,47 gr., 38 mm): Vs.: LEONHARDVS AB HARROCH BARO IN RORAV ET PYRCHEN(stein): S(acrae): C(aesareae): M(aiestatis) INT(imus): CON(siliarius): ET CVB(icularius). Wien, Kunsthistorisches Museum, Münzkabinett, Inv. Nr. 13912 bß (galvanoplastische Nachbildung) (Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Kunsthistorischen Museums) Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Gesamherstellung : Wissenschaftlicher Bücherdienst, 50668 Köln Inhalt 1. Einleitung .................................. 7 1.1 Ohnmacht ................................. 7 1.2 Handlungsspielraum ............................ 9 1.3 Rudolf II. und seine Ratgeber: historiografische Präsenz .......... 17 1.4 Rudolf II. und der „Staat“ .......................... 27 1.5 Rudolf II. und die katholische Konfessionalisierung ............ 31 2. Karriere und Politik .............................. 39 2.1 Vom Edelknaben zum Obersthofmeister des Kaisers ............ 39 2.2 Ratgeber in Prag und Wien: Harrachs Zeit unter Rudolf II. ........ 54 2.2.1 Rudolf II. und seine Ratgeber ....................... 54 2.2.2 Der Geheime Rat bis ins Jahr 1582 .................... 58 2.2.3 Eigenarten der rudolfinischen Regierung ................. 66 2.2.4 Johann Trautson .............................. 70 2.2.5 Neue Räte ................................. 75 2.2.6 Der Geheime Rat in Wien ........................ 78 3. Hof und Land ................................. 83 3.1 Interessierte und Landleute ......................... 83 3.2 Hofmann als Berufung ........................... 86 3.3 Der Landmann ............................... 97 3.3.1 Der vertraute Feind ............................ 97 3.3.2 Verfassungsgeschichtlicher Kontext .................... 98 3.3.3 Der gute Landmann im Dienst des Kaisers ................ 100 3.3.4 Duales Profil ................................ 108 3.4 Duales Familienprogramm .......................... 113 4. Erbländische Machtelite ........................... 119 4.1 Freunde und Verwandte ........................... 119 4.2 Aufstieg und Staatsbildung ......................... 124 4.3 Bindung an das Land ............................ 129 4.4 Staatsunternehmer ............................. 132 4.4.1 Funktionsträger als Investor ........................ 134 4.4.2 Vetterliche Hilfe .............................. 146 6 Inhalt 4.5 Erfolgsmodell und konfessionelle Krise ................... 149 4.5.1 Erfolgsmodell ............................... 149 4.5.2 Krise der Machtelite ............................ 150 4.5.3 Krisenmanagement ............................ 164 5. Der Katholik ................................. 173 5.1 Das Goldene Vlies ............................. 173 5.1.1 Ohnmacht und Chance .......................... 173 5.1.2 Der Weg zur Ordenspromotion ...................... 177 5.2 Via media .................................. 184 5.3 Wertewandel und Belohnung ........................ 196 6. Katholische Konfessionalisierung ....................... 203 6.1 Katholische Agenda ............................. 203 6.1.1 Strategiesuche ............................... 203 6.1.2 Katholische Disziplinierung ........................ 207 6.1.3 Hoffnungsträger Melchior Khlesl ..................... 210 6.1.4 Religionsreformation ........................... 215 6.2 Pragmatik und Widerstand ......................... 222 6.2.1 Untridentinische Reform ......................... 222 6.2.2 Katholischer Gegenwind ......................... 229 6.2.2.1 Ecclesia militans ............................. 229 6.2.2.2 Höfische Kritik ............................. 236 6.2.2.3 Widerstand im Geheimen Rat ..................... 240 6.2.2.4 Ende der Religionsreformation ..................... 243 7. Resümee ................................... 247 8. Quellen und Literatur ............................ 259 8.1 Archivalien ................................. 259 8.2 Gedruckte Quellen ............................. 259 8.3 Literatur ................................... 263 Abbildungsverzeichnis .............................. 293 Siglenverzeichnis ................................ 295 Abkürzungsverzeichnis ............................. 296 Personenregister ................................. 297 Ortsregister ................................... 303 1. Einleitung 1.1 Ohnmacht Anfang Juni des Jahres 1579 empfand Leonhard von Harrach, hochrangiger Ratge- ber der Habsburger, vor allem Ratlosigkeit. Kaiser Rudolf II. wollte ihn zum Landtag in Wien delegieren, damit er dort den Statthalter Erzherzog Ernst berate und schlichtend in die Verhandlungen mit den protestantischen Ständen eingreife. Doch der Geheime Rat Harrach scheute den öffentlichen Auftritt in der konfliktgeladenen Atmosphäre. Deshalb zerbrach er sich auf seinem Schloss in Bruck an der Leitha den Kopf über einen Bittbrief an den Kaiser, ihm diese Tortur zu ersparen. Bedenken, sich in der angespann- ten Lage für die Konfessionspolitik seines katholischen Herrschers zu exponieren, hatte er schon früher angemeldet: So wellen Eur Mt. fuer das erst allergnedigist bedengkhen, in was stand das religionwesen in Eur Mt. landen steet. Do nun ich oder ander Eurer Mt. ge- haim rätt zu dem raten, was on ein selbs recht unnd gegen Gott verantwurtlich ist, so geben die exempl zuerkennen, was hiraus fuer weiterung unnd sorgliche gevar ervolgten, gesezt aber es gee on unrue ab, so waiss ich doch gar wol, wess ich und meine nachkhumen uns bei den interessierten undter und neben denen wier hausen muessen, zuversehen haben1. Der Auslöser für Harrachs Furcht vor Unruhen oder den Ressentiments der „Interes- sierten“ war die Machtprobe des Kaisers und der Stände, die einen öffentlichen protes- tantischen Gottesdienst im Landhaus in Wien erzwingen wollten2. Im Jahr zuvor hatte der Kaiser diesem ein Ende bereitet. Es folgte eine mehrere Monate dauernde heftige Auseinandersetzung um das uneingeschränkte Religionsexerzitium in Wien, wobei sich der protestantische Adel nicht scheute, mit den Niederländischen Exempeln zu drohen. Sie spielten damit auf den Aufstand der Protestanten in den Niederlanden gegen das ka- tholische Spanien an, wo etwa zeitgleich der „Höhepunkt des revolutionären Prozesses“ erreicht worden war3. Der Kampf um das ständisch-protestantische Status- und Prestigesymbol Landhaus- ministerium – Sitz der Religionsdeputierten, des Landschaftspredigers und einer Land- schaftsschule4 – war im Wesentlichen eine Auseinandersetzung um den landesherrlichen Konfessionszwang über Wien und damit über die landesherrlichen Städte und Märkte im Land unter der Enns (Niederösterreich). Die führenden Kräfte im protestantischen Adel, dem Rudolfs Vater Maximilian II. eine gewisse Glaubensfreiheit bis auf weiteres eingeräumt hatte, wollten nicht nur ihren Gottesdienst im Landhaus restituiert sehen, 1 AVA, GHFA Kart. 706 fol. 62v, Harrach an Rudolf II., Konzept undatiert, Spätjahr 1578. 2 Der Streit um das „Landhausministerium“ bis zu dessen Ende ist detailreich nachzulesen in Bibl, Ein- führung 43–97. 3 Schilling, Aufstand 179f. 4 Vgl. Heiss, Konfession 40f. 8 Einleitung sondern diesen auch für die Bevölkerung offen halten. Die Bürger, um deren Glau- bensfreiheit gestritten wurde, hatten zwar zum Siegeszug der Reformation in Österreich beigetragen und machten mit spektakulären Aktionen wie dem Kniefall der 5.000 Wie- ner von sich reden5. Aber das Recht oder gar die Macht, über den offiziellen eigenen Glauben mitzuentscheiden, besaßen sie nicht. So sehr der Streit im religiösen Gewissen wurzelte, so sehr handelte es sich um eine hoch politische Angelegenheit. Denn im pro- testantischen Adel, der im Siegeszug der Reformation schnell die Führung übernommen hatte6, war die Glaubensfreiheit zu einem ständischen Herrschaftsprivileg avanciert, oder in den Worten des oberösterreichischen Ständeführers Georg Erasmus Tschern- embl zu Beginn des 17. Jahrhunderts: religio und libertas hangen aneinander7. Die Gelegenheit für