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Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Mitt(h)eilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde

Jahr/Year: 1910

Band/Volume: 50

Autor(en)/Author(s): Köchl Karl

Artikel/Article: Bauernunruhen und Gegenreformation im salzburgischen Gebirge 1564/65. 107-156 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, ; download unter www.zobodat.at

BAUERNUNRUHEN UND GEGEN­ REFORMATION IM SALZBURGISCHEN GEBIRGE. 1564/65.

Von KARL KÖCHL.

I. ie Lehre Luthers hat im Erzstift Salzburg schon in den ersten Regierungsjahren des Erzbischofes Matthäus Lang <1519 bis 1540) Eingang und Anhang gefunden. Prediger und Prädi­ Dkanten durchzogen selbst die abgelegensten Alpentäler und nament­ lich die Bergwerksorte wurden die Stätten einer regen religiösen Be^ wegung. Der große Bauernkrieg des Jahres 1525, der im folgenden Jahre im Erzstift Salzburg eine blutige Wiederholung erfahren hatte, hat, obwohl nach Ursache und Beweggründen mehr eine soziale und wirtschaftliche Folgeerscheinung, durch die Lutherlehre mächtige An­ regung und Förderung erfahren. Durch ihn war erwiesen, daß die Lehren des Wittenberger Mönches in Salzburg fruchtbaren Boden gefunden hatten.1 Die durch die fürstliche Waffengewalt niedergeworfene Bauern­ erhebung wurde von der Herrenpartei als eine „aus der religiösen Bewegung entsprossene Saat" bezeichnet und mit erneuter Kraft wurde die Verfolgung und Bestrafung religiöser Neuerer fortgesetzt. Die Jahre nach dem Bauernkrieg brachten zahlreiche Hinrichtungen gefangener Ketzer. Unermüdlich durchzogen Kundschafter und Spione das ebene Land und das Gebirge, um nach jenen zu fahnden, die sich den erzbischöflichen Mandaten und Erlässen nicht fügen wollten. Aber selbst solche Gewaltmittel waren nicht imstande, die einmal entfachte Bewegung im Keime zu ersticken.

1 Vergl. Köchl K. Die Bauernkriege im Erzstift Salzburg in den Jahren 15Z5 und i5z6, Mitteil. d. Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, X LV II <1907).

107 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Zeigte sich auch die Masse der Bevölkerung, durch Drohungen in Angst und Schrecken gesetzt, unterwürfig und gehorsam, so fanden sich doch da und dort immer wieder willensstarke Männer, die für ihre Überzeugung selbst ihr Leben aufs Spiel zu setzen entschlossen waren und, zu Märtyrern ihres Glaubens geworden, die Zögernden mit sich rissen. So wurde 1528 der ehemalige Barfüßermönch Georg Scherer enthauptet, weil er in Radstadt lutherische Lehrsätze gepredigt hatte und im Gefängnis sein Bekenntnis nicht widerrufen wollte.1 Im selben Jahre erfolgte auch im benachbarten Innerösterreidh ein M an­ dat der Regierung wider „die verführerischen verdammten Lehren, Sekten und Opinionen".2 A udi eine geistliche Visitation wurde an­ geordnet, doch ließ die drohende Türkengefahr einen Vergleich und kirchlichen Frieden wünschenswert erscheinen. Erzbischof Matthäus, der bestrebt war, Verbesserungen zum Heile der Kirche durchzuführen, hoffte durch einen geordneten reli­ giösen Volksunterricht der Einheit des Glaubens am besten zu dienen. A u f der Kirchenversammlung des Jahres 1537 wurde deshalb die Verordnung erlassen: „damit man nicht in irgend in wesentlichen Stücken des Glaubens irren möge", sollten nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder, sobald sie zu reden anfangen, im Glaubens­ bekenntnis stets unterrichtet werden. Die Prediger aber sollen das Volk belehren, damit die Gebote und Gebräuche der Kirche und älteren Christen gehalten würden.3 Längs Nachfolger, Erzbischof Ernst <1540—1554), wollte in gleicher W eise durch zeitgemäße Reformen dem Abfall der Gläubi­ gen von der alten Kirche Vorbeugen. Die zu diesem Zwecke im Jahre 1549 in Salzburg abgehaltene Provinzialsynode scheiterte aber an den Gravamina, die die Geistlichkeit auch hier wieder gegen die weltliche Macht vorzubringen wußte.4 Die Verkünder der neuen Lehre fanden daher immer wieder Anhänger. Wiederholt wird in der folgenden Zeit über Gefangen­ nahme und Bestrafung von Ketzern berichtet. 1550 entdeckte man in Golling mehrere Wiedertäufer, die mit denen von Mähren in Verbindung standen. Erzbischof Ernst erbat sich damals vom päpst­ lichen Nuntius in Wien eigens die Erlaubnis, „dergleichen Schwär­ m er", wenn sie ihrem Irrtume entsagen, vom Verbrechen der

1 Zauner, Chronik von Salzburg, VI, 125. 3 Loserth, die Reformation und Gegenreformation in den innerösterr. Ländern. S. 56 ff. 3 Rumpler, Geschichte des Salzburgischen Schulwesens, S. 44 ff. 4 Loserth, S. 92 ff.

108 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Ketzerei lossprechen zu dürfen.1 2 1551 wurden acht österreichische Priester, weil sie im Verdachte lutherischer Gesinnung standen, dem Erzbischof als ihrem Metropolitan zur Untersuchung und Bestrafung überliefert. 1554 wurden sie nach endlichem Widerruf ihrer Mei­ nungen in Freiheit gesetzt. Nur einer blieb hartnäckig und starb in Gefangenschaft.2 1553 wurden gegen 300 bayrische Bauern des Salzburger Kirchensprengels, die von der katholischen Kirche abge­ fallen waren und insbesonders das Abendmahl unter beiden Gestalten gefordert hatten, in Mühldorf zur Annahme der alten Glaubens­ artikel bewogen.3 Energischer als Erzbischof Ernst suchte dessen Nachfolger, Michael von Kuenburg <1554^1560), den Entschluß, die katholische Religion aufrecht zu erhalten und das Land von allen Sekten und Ketzereien zu reinigen, zur Durchführung zu bringen. Schon im ersten Jahre seiner Regierung veranstaltete er eine Generalvisitation der Gebirgsgaue durch den Domherrn Wilhelm von Trautmannsdorf, der im Juli und August den Pongau, Lungau und Pinzgau besuchte und über das Resultat seiner Bereisung dem Erz­ bischof genauen Bericht erstattete. Trautmannsdorf hat bei Durchs führung der ihm übertragenen Aufgabe nicht bloß den Glauben der Bevölkerung geprüft, sondern auch auf die Schulmeister sein be­ sonderes Augenmerk gerichtet, woraus man wohl schließen darf, daß diese in der Neuerungsbewegung gerne eine tätige Rolle zu spielen pflegten. So berichtet er: „Zu Kuchl und Golling haben sie kain Lateinischen, aber Teutsch schulmaister, daran aber der Pfarrer kainen mangl weiß. Zu Werfen ist kein Schulmaister. Der Schulmaister zu Radstadt, so erst Georgi verschinen angestanden, ist in negocio religionis in kainen Verdacht. Der Schulmaister in der Gasteun ist in kainen Verdacht, hat wenig und Jung knaben, die mit der grammatica zu tun haben,* doch lihst er Inen das neu Testament. Zu Daxnbach ist kain sundere Stiftung, auch weder Schul, noch Spital nit. In der Rauris ist der Schulmaister Catholicus, hat aber nit über drei knaben. Zu Zell in Pinzgau ist der Schulmaister auch Catholicus. Zu Saalfelden sind zween lateinisch schulmaister, lesen aber nicht ergerliches, haben auch wenig knaben."4 In vielen Orten des Gebirges traf der Visitator auf Wiedertäufer, auf Utraquisten, die bei der Kommunion auch den Kelch verlangten, auf Lutheraner und vielerlei Sekten. In Radstadt waren in diesem Jahre wenige

1 Zauner, V I, 283. 2 Zauner, V I, 293. 3 Zauner, VI, 298. 4 Rumpier, 49 ff. und Zauner, V I, 326 ff.

109 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at zur heiligen Kommunion gegangen, denn sie verlangten den Gebrauch des Kelches. Auch war daselbst ein Priester, der dem Volke das Abendmahl unter beiden Gestalten reichte. Ein Bauer soll es sogar gewagt haben, den in der Kirche predigenden Pfarrer offen einen Lügner zu heißen. Z u Tamsweg wollten die Untertanen nichts opfern, weil man ihnen den Kelch verweigerte. In der Gastein traten zwei Bauern als Lehrer auf und predigten in den Häusern. Einer derselben forderte sogar die Abstellung der erzbischöflichen Religionsmandate und versuchte die Bevölkerung zum Aufstand zu reizen. In den meisten Orten aber, so in W erfen, Radstadt, Sankt Veit, St. Johann, Gastein, Rauris und Taxenbach, war nach dem Berichte die Zahl derer, die den Kelch forderten, eine ansehnliche.1 Die Ansicht, daß auch der Laie das Abendmahl unter beiden Gestalten nehmen müsse, scheint unter der Bevölkerung überhaupt rasch Anhänger gefunden zu haben. Die erzbischöfliche Regierung scheint aber, anfangs wenigstens, die Forderung nach dem Kelche noch keineswegs als untrügliches Zeichen eines Abfalles vom Glauben aufgefaßt zu haben. Denn während einerseits über Vertreibung von Lutheranern aus Stadt und Land berichtet wird, hat Erzbischof Michael sieben bayrischen Priestern, die wegen Verbreitung lutherischer Lehrsätze vor sein Gericht gebracht wurden, nach W iderruf ihrer Ansichten doch gestattet, das Abendmahl unter beiden Gestalten auszuteilen, wenn sie dies ohne Ärgernis tun könnten und wenn sie diejenigen nicht verdammten, welche die Kommunion nur unter einer Gestalt empfangen. Solche Erlaubnis sollte freilich nur für den Einzelfall Geltung haben und keineswegs zur Regel werden. Um Neuerungen abzuwenden und die alten Satzungen, Gebote und Ordnung der katholischen Kirche aufrecht zu erhalten, ließ derselbe Erzbischof das schon in der Zeit des Erzbischofes Leonhard erschien nene Agendbüchlein oder Ritual (Libellus Agendorum circa Sacra^ menta, Benedictiones et Ceremonias, secundum antiquum usum Metropolitanae Ecclesiae Salisburgensis), durch deutsche Erläuterungen ergänzt, neu erscheinen. Gleichzeitig erfolgte ein Religionsmandat <23. Juli 1557),* welches den Untertanen gebot: „D as sich Niemand, was Standes und Würden der sei, Geistlich oder Weltlich einiche Neuerung in unserer alten Heiligen Catholischen und Christlichen Religion ferrer unterstehe, auch die so sich derselben bisher anhängig gemacht hatten, darvon wieder ab und zu der Gemeinschaft der

1 Bertold Pürstinger nennt sie in seinem Kelchbiichlein „keligsauffer". — Die Bezeichnung Calixtiner und Utraquisten wurde für alle, die den Kelch forderten, gebraucht. Doch scheinen es wohl meist Lutheraner gewesen zu sein. ’ Gedruckt bei Zauner, V I, 339 ff.

HO © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at allgemeinen Heiligen Christlichen Kirchen keren, auch den alten Ceremonien, Ordnungen und Gebräudien der Heiligen Christlichen Kirchen stracks und unabgesondert beieiben sollen." Da aber audh das neue Religionsmandat wenig Wirkung zeigte und mehrere lutherisch gesinnte Untertanen freiwillig das Erzstift verließen, zeigte sich Erzbischof Michael in den letzten Jahren seiner Regierung den Protestanten gegenüber hartnäckiger und trat nun­ mehr auch der Forderung nach dem Kelche entschiedener entgegen. Als Herzog Albert von Bayern der Türkensteuer wegen im Jahre 1557 seinen Untertanen den Kelch gestatten wollte, ermahnte ihn der Erzbischof eindringlich, von der katholischen Kirche nicht abzulassen und kein böses Beispiel zu geben. Der Herzog fügte sich dem Wunsche des salzburgischen Kirchenfürsten und schloß noch im selben Jahre mit diesem, mit Freising, Regensburg, Passau und anderen Fürsten das Landsbergische Bündnis, in dem sich die Beteiligten für den Fall eines Angriffes gegenseitigen Beistand zusicherten. D a in den österreichischen und bayrischen Nachbarlanden der Gebrauch des Kelches verbreitet erschien1 und von Seite der Re^ gierungen kein Hindernis fand, so forderten 1560 auch die salz­ burgischen Untertanen, namentlich jene zu Gmünd in Kärnten, dieselbe Freiheit. Der Erzbischof hat aber auf ausdrücklichen Be­ fehl des päpstlichen Nuntius in W ien, an den er sich selbst in dieser Frage gewendet hatte, den Gebrauch des Kelches in seiner ganzen Diözese strenge verboten. „Allein die meisten Pfarrer setzten sich über dieses Verbot hinweg, teils aus Besorgnis, daß das Volk, wenn ihm der Gebrauch des Kelches versaget würde, von dem katholischen Glauben ganz abfallen möchte, teils aus Geiz, indem sie dem ge­ meinen Manne für Geld Alles zu Gefallen taten." Entgegen allen Bemühungen des Kirchenfürsten, bald durch scheinbare Nachgiebigkeit, bald durch energische Mandate die religiöse Bewegung zu ersticken, wurde die wiederholt erhobene Forderung immer wieder erneut, bis deren Nichtberücksichtigung zu einem Aufstandsversuch der kampfgewohnten Gebirgsbauern führte.

II. Über den Gebrauch des Laienkelches war im Erzstift bisher noch immer keine vollgiltige, bestimmte Entscheidung getroffen worden. Zwar war in wiederholten Mandaten und Erlässen das

1 Ferdinand I. gestattete <31. März 1556) den Kelch, doch dürfe damit keine Verachtung jener verbunden sein, die das Abendmahl in einer Gestalt nehmen. Vgl. Loserth, S. 105.

111 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Abendmahl unter beiden Gestalten verboten oder doch wenigstens als den kirchlichen Lehren widersprechend erklärt worden, andererseits aber hatten die Erzbischöfe in manchen Fällen den Gebrauch des Kelches unter bedingten Umständen zugelassen. Einer Erfüllung des immer lauter werdenden Wunsches der Bevölkerung wich die erzbischöfliche Regierung schließlich dadurch aus, daß sie sich zur Ent­ scheidung in dieser Frage als nicht kompetent erklärte. Im Jahre 1562 richteten sich daher die Hoffnungen beider Parteien auf das wiedereröffnete Trienter Konzil, von dem man mit Zuversicht eine Beschlußfassung in dieser wichtigen religiösen Frage erwartete, Ins* besondere da sowohl der Kaiser als auch der Bayernherzog, also zwei hervorragende katholische Fürsten, eine Entscheidung durch das Konzil anstrebten. Erzbischof Johann Jakob von Kuen <1560—1586) nahm am Konzil nicht persönlich teil, obwohl er nicht nur durch das allgemeine Aus­ schreiben, sondern noch durch besondere Zuschriften zur Teilnahme aufgefordert war. Seine Abwesenheit entschuldigte er in einem Schreiben (vorn 23. April 1562), das seine Bevollmächtigten über^ reichten, vornehmlich damit, daß in seinem Lande die Ketzerei täg­ lich wachse, so daß seine Gegenwart im Erzstift nötig sei, um dem Übel zuvorzukommen. Er werde „nicht durch eine einzige, sondern durch viel Schwierigkeiten, sonderlich aber durch die Ketzereien ver­ hindert und abgehalten, die sich in einem Teil unserer Erzbischöf­ lichen Lande so häufig eingeschlichen haben, daß es allerdings zu befürchten steht, es möchte dieser heimliche Unwille, der sich nun auf verschiedene Weisen in vieler verderbten Menschen Gemütern äußert, in unserer Abwesenheit völlig in eine offenbare W ut aus- schlagen, und in ein großes und schweres Feuer ausbrechen, wenn wir nicht durch unsere Gegenwart und durch ganz besondere Sorg^ falt und Beflissenheit diesem bevorstehenden, und schon einiger- massen in Bewegung gesetzten Übel zuvorkommen. Und daß diese Furcht nicht ungegründet sei, schließen wir aus einigen und zwar sehr deutlichen Kennzeichen, denn das Berg Volk, das unser Bot­ mäßigkeit unterworfen ist, und jene Bergleute, wilde, ungezähmte und unruhige Köpfe, machen uns viele Arbeit und Bekümmernis und man hätte allerdings Ursache, sich sehr für ihnen zu fürchten, wenn ihnen nicht durch unsere ganz besondere Wachsamkeit Einhalt geschehe".1

1 Siehe Joh. Georg Schelhorn: de Relig. Evangelic. in Provincia Salisbg. ortu etc., S. 210.

112 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Dieselbe Furcht vor einem Aufstand der unzufriedenen Untere tanen äußert sich auch in dem „Schreiben, welches durch die Salz­ burger Abgeordneten dem Konzil überreicht wurde und dessen In­ halt die Beschwerungen begreift, die man wegen des versagten Ge­ brauch des Kelches im heiligen Abendmahl zu führen hatte".1 Darin heißt es: Wegen der Kommunion unter beiden Gestalten seien viele Leute, sogar der Erzbischof selbst, in Gefahr gekommen und beun­ ruhigt worden, denn da dieser nicht zulassen wollte, daß das Abend­ mahl unter beiden Gestalten ausgeteilt werde, und nicht nur Gesetze und Befehle darwider erließ, sondern auch die Ungehorsamen ins Gefängnis zu werfen befahl, so seien darüber solche Unruhen erregt worden, daß die Aufrührer scharenweise in die Gebirgsgaue kamen und eine offenbare Empörung anzettelten. Und solches sei nicht einmal, sondern gar oftmals zu Johann Jakobs, als auch seiner Vor^ gänger Zeiten geschehen. Viele Untertanen seien bereits des Abend­ mahles wegen aus dem Erzstift ausgewandert. Wenn aber Priester, die das Sakrament mit beiden Gestalten reichen, entlassen werden, so rebellieren die Untertanen sogar, oder sie gehen, um das Sakra^ ment nach ihrer Art zu empfangen, außer die Diözese. Meist ge­ schehe dies dort, wo der Erzbischof bloß die geistliche Gewalt be­ sitzt, also in Österreich und Bayern. Wenn der Kelch versagt wird, nehmen schließlich die Untertanen sogar ketzerische und gottlose Leute als Pfarrer an, die ihnen dann die Sakramente nach ihren Willen spenden, von denen sie aber zudem noch auch zu anderen Ketzereien verführt werden, denen schwer vorzubeugen und abzu­ helfen ist. Da solcher Gestalt die Ketzerei von Tag zu Tag zu­ nimmt, bitte der Erzbischof das versammelte Konzil um Rat und Beistand. Wenn dieses wegfiele, wüßte er nicht, was daraus werden wolle." Die Kelchforderung, für die der Kaiser und der Herzog von Bayern eintraten, wurde auf dem Konzil zu einer der wichtigsten Fragen, die langer Beratungen bedurfte und manche Streitigkeit ver­ ursachte. Auch der Salzburger Erzbischof sollte sich nun entscheiden, zog es aber vor, dieselbe unbestimmte Haltung, die er in dieser Frage als Landesregent bisher gezeigt, auch durch seine Vertreter dem Konzil gegenüber einzunehmen. Um dem Wunsche des Kaisers und des Bayernfürsten zu genügen, wies er in dem vorerwähnten Schreiben, das der salzburgische Gesandte als schriftlichen Vortrag über die Kelchfrage vorlegte, vor allem auf die Stimmung der Be­ völkerung, auf die vorhandenen Anzeichen ernster Unruhen und auf die Möglichkeit eines großen Aufstandes hin. Um aber daraus

1 Ebendaselbst, S. 234 ff. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at nicht die Folgerung zuzulassen, daß er den Gebrauch des Kelches gutheiße, erinnert er ausdrücklich daran, daß er bisher dies nicht gestattet, vielmehr Mandate und Befehle dagegen erlassen, ja die Un^ gehorsamen sogar ins Gefängnis geworfen habe. Vom Konzil aber erbittet er schließlich nichts als Rat und Beistand, um der drohenden Gefahr einer Bauernerhebung zuvorkommen zu können. Die Zahl derer, die immer lauter den Kelch forderten, schien inzwischen immer größer zu werden. Ja der Erzbischof sah sich 1563 genötigt, ein Mandat zu erlassen, durch welches er seinen Untertanen verbietet „wegen Empfahung des hochwürdigen Sakraments in der R. K. Majestät Land, als zu Schleuming (Schladming), Obling <Öblarn>, an der Halstat und ander Ort mehr" zu gehen.1 2 Bald darauf erschienen am erzbischöflichen Hofe zu Salzburg die Ausschüsse der vier Gerichtsgemeinden Bischofshofen, St. Veit, St. Johann und Großarl mit dem Aufträge, den Erzbischof im Namen der Bürger, Handwerker und Bauern dieser Gerichte dringend zu bitten, daß zur Beruhigung ihrer Gewissen das Abendmahl unter beiden Gestalten endlich bewilligt würde. In der „Supplicatio der vier Gericht Bischofshof, St. Johans, St. Veit und Großarl, im Erzstift Salz­ burg, so den 19 Tag Martii des 63 Jahres, von wegen der Religion über­ geben" heißt es: diese Schrift sei bereits vor zwei Jahren verfaßt worden, doch erst jetzt habe man die Zeit der Übergabe der Bitt­ schrift für gekommen erachtet, da der Erzbischof das vorerwähnte Generalmandat wider den Empfang des Sakraments „in den Herr­ schaften Maximilians" erlassen hat. „Obwohl sich dazu nicht über zwei oder drei Nachbarsvolk zusammengetan, so seien zu Beicht und hl. Sakrament Empfang dieses Jahr doch zu Obling, ohne unser Wissen und Willen, aus etlich Gericht in die 200, 300 oder 400 Per­ sonen zusammengekommen." Nach einer ausführlichen Begründung des Rechtes, das Sakrament unter beiden Gestalten empfangen zu können, ist zum Schluffe noch die Bitte angefügt: der Erzbischof möge, da in des Kaisers Landen Prädikanten das Evangelium deutsch lesen und predigen, in deutscher Sprache die Kinder taufen und das Sakrament beider Gestalt reichen „on und außerhalb der lateinischen Meß, in Versammlung der Kirchen und im Fall der kranken in deren Häusern", im Erzstifte das Gleiche gestatten.“

1 Joh. Baptist. Gaspari: Ardiiepisc. Salisbg. res ete. in Lutheranismum gestae, S. C I : „Calicis enim cupiditate ingens multitudo, agmine facto, continenter ad finitima tendebat loca, ut res a turbis et seditione parum distaret. Coitiones itaque atque excursus edicto suo vetat archiepiscopus. 2 Die Bittschrift ist abgedruckt bei J. G. Hillingern, Beitrag zur Kirchen- Historie des Erzbistumes Salzburg, S. Z7. Unterfertigt sind: „Untertenigste Thoman

114 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Schon am folgenden Tage erhielten die Bittsteller die schriftliche Antwort ihres Fürsten:* 1 der Erzbischof wisse, daß nicht alle Untere tanen der vier Gerichte von der christlichen Kirchenordnung abweichen wollten, sondern vielmehr die meisten daselbst noch gut katholisch seien. Wegen des Empfanges des heiligen Abendmahles, „darum das meiste Geschrei und Laufen ist", habe er nicht sonderlich Be^ denken „ob solche empfahung des hochwürdigen Sakraments unter einer oder zweierlei Gestalt beschehen soll, dieweil in einer Gestalt ebensoviel, als in beiden und in beiden nicht mehr als in einer ist". Da er aber nicht geneigt sei, die alte bisher geübte Kirchenordnung zu ändern, mögen die Untertanen gehorsam sein und in Ruhe er­ warten, was das Konzil beschließe. 1564 entschloß sich endlich der Papst, dem Wunsche des Kaisers zu willfahren und den Laienkelch unter gewissen Bedingungen zu gestatten. Am 15. Juli 1564 erhielt auch der Salzburger Erzbischof durch den Kaiser ein päpstliches Breve vom 16. April d. J., womit die Erlaubnis erteilt wurde, den Laien nach vorausgegangener Beichte das Abendmahl auch unter beiden Gestalten zu reichen, doch müßten diejenigen, die den Kelch fordern, sonst mit der Kirche in Gemeinschaft stehen und ausdrücklich und offen bekennen, daß der wahre Leib Christi auch in einer Gestalt enthalten sei.2 Nachdem Johann Jakob in dieser Angelegenheit im August 1564 in Salzburg eine Beratung mit seinen Suffraganbischöfen abgehalten hatte, befahl er, daß die Gewährung des Laienkelches in allen Orten in Gegenwart des Pfarrers publiziert werde, „dermaßen, wer hin- füran die Communion unter beiderlei gestalten, auf vorhergehende und ordenliche beicht und empfangene absolution, seinem gewissen nach begehren würde, daß es demselben von seinem Pfarrer oder desselben Vicari oder Gesellpriester solte ordenlidher weiß geraicht, und nit abgeschlagen werden". Zudem gestattete er, daß die Priester „hinfüran bei der Kinder Tauff neben den Lateinischen Worten auch dijenig in teutscher Sprach aus dem verordneten Agendbüechel Ihrer f. G. Provinz, teutsdh vorlesen solten, das den Gefattersleuten und den Umbstehenden zu wissen vermöchten". Daß der Erzbischof zu dieser Nachgiebigkeit nicht zuletzt durch die immer drohender werdende Gefahr einer Unruhe unter den Ge- Huber im Gericht Bischofshof, Christoff Zeiflf burger zu S. Johans und Sigmund Schwaiger im Gericht daselbst, Hans Schernberger, Burger zu S. Veit und Sigmund auf der Hub, im Gericht daselbst, Paul Pramaur in Groß Arier Gericht, und Wolfgang Prem, samt allen iren mitverwanten diser handlung, Burgern, Hand* werkern und Bauers Leuten gemelter vier Gericht/' 1 Ebendaselbst S. 71. „Item johans Jakob, Erz Bischoffen zu Salzburg auf der 4 Gericht in der Probstei Werffen, Supplication, gegebene Antwort. Anno 1563/' 2 V gl. Raupach. Evang. Österreich, S. 64./ Knöpfler A . Die Kelchbewegung in Bayern unter Herzog Albrecht V ., S. 138. 115 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at birgsbauern veranlaßt wurde, erklärt er selbst in seiner Proposition zum Landtag im Jänner 65: „etliche unter S. f. G . Untertanen sind in etlichen gerichten des gepürgs befunden worden, die ohne alle ursach ein zeithero sich allerlei meitterei auch aufwiglung beflissen und gebraucht, also daß sie der andern mehr an sich gehengt und aufrürerischer weis wohl gewöhrt zusammen getan und Ihren hoch- gemuet getrieben, dermaßen daß sie auch Ihrer f. G . nachgesetzte Obrig^ keiten nit stillen, noch von ihrem aufrührischen wesen abwendig machen können, da sie hatten solche Rebellion also gesterkt, das die nachge­ setzte Obrigkeit hierin kein Straf fürnemen durfte, dann sie sich nit allain derselbigen Obrigkeiten für Ihr person gesetzt, sonder noch dazu ihr etliche, so die Obrigkeit als Verbrecher und mißhandler zu handen schon gebracht, dieselben wieder von Obrigkeit Handen genommen oder dermaßen der Obrigkeit beswört, daß sie dieselben Verbrecher, wolte sie anders ir Leben nit in Gefahr sehen, widerum ledig lassen müsse. Und dieweil nun s. f. G . angebracht, als sollte solche un­ gehorsam allain von wegen des hochwürdigen Sacraments über beiderlei Gestalten angefangen sein worden, so habe S. f. G . zu abstellung solchen unrates durch derselben statliche Comissarien, den^ selben artikl der Communion unter beiderlei gestalt, auf vorgangene ordenliche Concession zugleich der gehorsamen als der ungehorsamen, in gegenwurt der Priester eines jeden orts öffenlich publizieren lassen".1 Aber auch durch dies Zugeständnis vermochte der Erzbischof die Ruhe im Gebirgsland nicht mehr zu erhalten. Während Prediger und Prädikanten bemüht waren, die salz­ burgischen Untertanen ganz für die Lutherlehre zu gewinnen, suchten Unruhestifter und Unzufriedene, deren es im Erzstift immer genug gab, die Mißstimmung des Volkes gegen den Landesfürsten durch allerlei Gerüchte zu schüren, was ihnen in der Zeit allgemeiner Erregung, die durch die religiösen Streitfragen seit Dezennien erweckt worden war, und durch Wiederbelebung der Erinnerungen an den großen Bauernkrieg nicht allzu schwer wurde.

1 J. Bapt. Gaspari, S. C X IV schildert die Anfänge der Unruhen also: „Interea rusticana in Montibus plebs saepe tumultuari et praefecturas complures ad se trahere. Etenim quidam non contenti tutos se a poenis reddidisse, alios etiam a praefectis in vincula conjectos, vi et minis adhibitis, in libertatem asserebant. His perceptis Archiepiscopus, cum haec omnia ex denegato Calice provenire monitus esset, eum petentibus porrigi passus est,- praemissa tarnen apud Parochum eiusque Vicarium Exomologesi, criminumque venia ab eis impetrata. Erant et qui content derent, infantium Baptismum populari sermone peragendum. His quoque permisit Archiepiscopus, ut post adhibitam latinam formulam, quaedam praecipua Germa^ norum quoque sermone explicarentur."

116 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Die Gefahr einer ernstlichen Bauernerhebung wurde immer drohender und zwang die Regierung schließlich zu energischer Gegenaktion.

III. Daß die Lehre Luthers auch im Salzburger Erzstift trotz aller Gegenbemühungen der Erzbischöfe Fuß fassen und immer neue Anhänger gewinnen konnte, ist nur durch die unermüdliche Arbeit zahlreicher Prädikanten erklärlich, die ungeachtet aller Gefahren bis in die entlegensten Alpengegenden vordrangen und durch die Kraft der Rede das Volk zu gewinnen wußten. Die Kelchforderung, die dem einfachen Gebirgsbauer am leichtesten begreiflich gemacht werden konnte und die ja gleichzeitig ein sichtliches Kennzeichen des neuen Glaubens war, spielte dabei eine hervorragende Rolle,* durch sie gewannen die Neuerer den weitesten Anhang. Die unbestimmte Haltung aber, die der Erzbischof in dieser Frage einnahm, mußte den Prädikanten nur zugute kommen. Aus den Bekenntnissen jener Untertanen, die während der Unruhen gefangen wurden, und aus vielen Bittschriften Einzelner sowohl als auch ganzer Gemeinden ergibt sich, daß viele sich der Kelchforderung anschlossen ohne die Absicht, von der alten Kirche ganz abzufallen.1 So bekennen „Wolfgang Peeck am Gries, Thoman Schmidlinger in der Präutenau und Veit Dagsbacher zu wenkesbach all drei dachspacher gerichts für sich selbs auch an stat vier mitverwonten so vor dem herrn Perk- meister und herrn Panichner erschinen seind": sie seien vor etlichen Jahren durch Thoman Frosch, dann durch Valentin Villrößl, als den Seelsorgern, unterrichtet worden, daß das hochwürdige Sakrament „unter beiderlei Gestalt außer der Meß gereicht und von Christo dem Herrn also verordnet und eingesetzt worden". Trotzdem aber hätten sie nicht Folge geleistet, sondern wären gehorsam geblieben. Als aber Valentin Villrößl in die „Tienten" kam und sie erfuhren, daß er das Sakrament unter beiden Gestalten außer der Messe reiche und auch Konstantin Schlafhauser zu St. Veit dergleichen gepredigt habe, hätten auch sie sich bewegen lassen, zu diesen zu kommen, ihre Predig anzuhören und die geistliche Speise bei ihnen zu genießen. Weil sie aber damit wider des Erzbischofes Willen gehandelt, so bitten sie um Gnade, und dies um so mehr „als wir dem Edlen Virgil Diether zu Sdhedling E. F. G. Pfleger zu Dachsenbach als obersten Berg- und Waldmeister reumütig Bekenntnis getan und durch den jetzigen Pfarrer zu Dachsenbach gereizt und verursacht worden".

1 Salzburg. Land.^Archiv. Hofkriegsrat^Akten 1565. B.

117 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at In einem ähnlichen Schreiben der Dachsenbacher heißt es: W ir armen Bauersleute haben aus Unverstand und angereizt durch unbe­ rufene, verirrte Prädikanten, so neulich in der Dienten und zu St. Veit die Bauerschaft und andere von der wahren heiligen Religion abzubringen gesucht, das Sakrament unter beiden Gestalten genommen. Drei Untertanen desselben Gerichts erklären in einer eigenen „Sup^ plikation" ihre Reue, daß sie den abgewichenen Prädikanten gefolgt und das Sakrament anders, als es gestattet, empfangen haben. A ls aber die Kommunion unter beiden Gestalten gestattet worden, hätten sie in allen Dingen Gehorsam geschworen. „Barbara Wolfgangen Ober­ häuser s Schmids undern Rain Dachsenpacher gerichts eheliche haus^ frau" bittet für ihren M ann, der aus Furcht vor Strafe die Flucht ergriff, um Gnade: Ich soll Euch demütig melden sein großes Leid, daß er den unberufenen Prädikanten und ihren Weisungen gefolgt. Niemals sei sein W ille nach Aufruhr gestanden. A ls der Kelch gestattet wurde, habe er auf keinen Prädikanten mehr gehört. Sind immerhin die einen in W ahrheit, die anderen aber aus Furcht vor der Macht des Landesherrn von der alten Kirche nicht entschlossen abgefallen, so war aber unzweifelhaft die Zahl derer, die sich den Neuerern anschloß, und noch mehr die Zahl derjenigen, die zur neuen Lehre hinneigte, sehr groß und im steten Steigen begriffen. Die Prädikanten und Prediger ließen auch kein Mittel unversucht, das ihrer Sache dienen konnte. Die Predigt, die sich nicht nur von der Kanzel der Kirche oder auf den Straßen und am freiem Felde an die M assen, sondern auch in der Bauernstube an den Einzelnen oder an den engen Kreis bekannter Gesinnungsgenossen wandte, wurde auch noch durch das geschriebene W ort, durch Bücher und Flugschriften, die von Ort zu Ort, von Haus zu Haus verbreitet wurden, unterstützt. So zählt ein „Verm erk" folgende Schriften und Druckwerke auf, die von den erzbischöflichen Kommissären auf ihrer Visitationsreise in der Dienten gefunden wurden: „1/2/3: Ein Erklerung etlicher Articl durch Philip Melanchton. M er ein Büchl dabei von dem graulichen Laster der Trunken­ heit, durch Bastian Kranken. Item D. Martini Luthers drei Sermon zu Goern getan im 24 Jar. 4. Der Teutsch Psalter. 5. Die Propheten all teutsch durch D. Martin Luther. 6. Martini Lodingers zwo Trostschriften samt gedachts D. Martin Luthers Missive an den Lodinger von wegen Empfahung beeder Gestalt des Sakraments. 7. Ein Lied vom Abgot ...... 8. Von dem rechten Am t eines getreuen Seelsorgers.

118 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at g. Lied, wie die Predicanten zu Augspurg geurlabt sein. 10. Zw ei geistliche Lieder, das eine von dem Englischen Gruß und das ander kommt her zu mir. 11. Lied von der Weltlauf. 12. Lied vom Opfer und Leiden Christi. 13/14. Passion Cristi gesangsweise. 15. Herzog Ernst Christlich verendert. 16. Ein Lied von Martin Eckart. 17. Etliche gemaine Künstl und Arzneien. 18. Ein Teil des Buchs von dem Boaliten D. Martin Luther. 19. Ein Colloquium genannt Lucidarius. 20. V il schöner Spruch Georgi Rosarii. 21. Teutsch Psalm büchl gesangs weis. 22/23. D. Martin Luthers Enchiridion. Deutsch Joanis Agricolae 156 gemeine Fragstück. 24. Ein gemein teutsch Evangeli büchl. 25. Betbüchl für die jungen Kinder und einfeltigen Christen sine nomine authoris. Ein alts Evangeli Büchl und etliche zerissen Lieder." Panichner, der Landrichter zu Zell, berichtet unterm 4. Februar 1565 dem Erzbischof, daß von seinen Untertanen nur einige sich von der alten Lehre abgewandt hätten, diese aber seien meist durch Schriften und Bücher dazu verleitet worden: So ein Bauer zu „Kirchen (!) Hansen Scheuher Unter Sali Son, auch Hans genant, welcher lesen kann und des Spangenwergers Postill hat. Der Scheuher refferiert sich auch auf sein Büchl den Spangenwerger, worin er vom Sakrament beider Gestalt gelesen, will aber niemand vorgelesen haben". Die Zahl derer, die des Lesens kundig war, war ja gewiß keine allzugroße und darum blieb auch die Wirkung der Predigt eine ungleich größere. Die Prädikanten scheinen aber auch Laien, Männer vom Pflug und Dreschflegel, nicht ungern, ja vielmehr in bewußter Absicht als Verkünder und Lehrer des göttlichen W ortes herangezogen zu haben. Gerade der einfache Laie, der Bauer, der in der A rt und W eise des Volkes sprach und seinem Publikum in drastischer Form die neuen Ideen darzustellen verstand, konnte am wirksamsten auf- treten. Und dies um so mehr, als der demokratische Zug der Zeit den Bauer in der alten Ansicht bestärkte, daß der Mann aus dem Volke ehrlicher und klüger wäre als der Pfaffe und der Gelehrte. Solche Prediger aber haben besonders durch ihre scharfe Polemik wider die Regierung und wider die alte Kirche, als auch durch V er­ breitung der unsinnigsten Gerüchte, die bei dem in lächerlichen Aber-

119 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at glauben befangenen Volke nur zu leicht Glauben fanden, die Auf^ regung des Landvolkes gesteigert. Ein Kundschafterbericht <14. Februar 1565) aus St. Veit meldet, daß daselbst nicht „zehn Angesessen der alten Religion gehorsame Untertanen" wären und daß Altenhauser, ein Bauer am Sonnberg zu S. Veit im Pongau, sich unterstanden habe, ein Kind zu taufen. Derselbe habe auch „in Verachtung des Friedhofes etliche tote Per­ sonen in seine Felder oder Grund begraben lassen und sei über^ haupt ein großer Aufwiegler". Virgil Diether, Pfleger zu Taxenbach, berichtet <15. Jänner 1565): „D er Schmied am Gries in Daxenbach habe in seinem Hause dem Gesinde das Evangelium und die Epistel vorgelesen. Viele Unter­ tanen verlassen vor der Wandlung die Kirche." In der Dienten wird ein „Bader, des Schlahindes Sohn, ein hinkender böser Bub" als Agitator und Unruhestifter bezeichnet.1 A u s einem anderen Kundschafterbericht geht hervor, daß auch in Klein A rl in vielen Häusern Prädikanten wohnten,- einer derselben sei ein Holz­ knecht. In W agrein habe ein Schuster alle Sonntage in seinem Haus gepredigt. Auch ließen sich die Aufrührer hören, sie wollten sich der Obrigkeit widersetzen, wozu sie 1000 Schützenhacken hätten, „die der Schmied zu S. Veit im W idmais, Sigmund und Thaner seit etlichen Jahren gemacht haben sollen". In einem erzbischöflichen Befehle <20. Jänner 1565), der die Gefangennahme des Baders aus der Dienten und eines „Müllner aus der Urslau, die böse aufrührisch Reden aus­ gegossen ", anbefiehlt, heißt es: „D er Bader soll den erzbischöflichen Knechten zu Dienten, die gegen Radstadt zogen, gesagt haben, sie werden N ot leiden müssen, denn Gott werde mit den Ungehorsamen sein. Sie aber werden erhenkt werden und kein Bein von ihnen durch den Arlwald mehr kommen. Und wir

1 „Bericht des Panichner vom 22. Jänner/' HofkriegsrauAkten.

120 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at legenen Gebirgsgaue wandten oder wenigstens, das Land unsicher machend, stets zu Raub und Beutemachen geneigt, auf ihrer Reise durch das Erzstift: zogen. So berichten die erzbischöflichen Kommissäre aus Werfen <30. Jänner) über zwei „gartende Knechte, die bös aufrührisch reden getrieben" und durch den Lueg gegen Salzburg gezogen seien. Der W ald- und Bergmeister Virgil Diether meldet <27. Jänner 1565), daß nach Lend 150 Landsknechte gekommen seien, in der Absicht, nach Gastein weiterzuziehen. „Auf solches die Knappen und Sack^ zieher keinen Lust zu der Arbeit oder an den Berg zu gehen haben. Daraus dann meinen gnädigen herrn nit ain klaine Verhinderung am Kammergut beschieht". Es sei darum nötig Fürsorge zu treffen, daß Knappen und Sackzieher nicht aufrührig würden. In St. Johann ver^ breiteten Landsknechte das Gerücht, daß der Erzbischof im Etschland „zwei Fendi Knechte anwerben und nach Radstadt legen werde".1 In der Fusch verbreitete sich die Schreckensnachricht, daß im Sommer der Markgraf Jung Schärtl und die Graubündner das Gebirgsland überziehen werden. Solche Nachrichten waren dazu angetan, Schrecken und Angst unter den Furchtsamen, Empörung und Erbitterung bei den Entschlossenen und Kampflustigen hervorzurufen. So hat auch die Nachricht, daß der Erzbischof „die Gerichte überziehen werde" unter den Bewohnern der Dienten die Furcht erweckt, es würde zu einer Wiederholung der schrecklichen Ereignisse des großen Kriegs)ahres <1525) kommen, während die St. Veiter ihren Richter mit dem Erwürgen drohten, falls er es wage, zu ihnen zu kommen. Die erzbischöflichen Kommissäre zu Werfen berichten am 4. Februar 1565 dem Erzbischof, daß dortselbst „11 gartende Knecht" angeblich von Graz angekommen seien. Vielleicht seien sie sogar von weiter her, der Obrist wisse nicht, ob er sie aufnehmen solle. „Sollen wir sie mit einer Ritterzerung in e. f. g. namen abfertigen und aufladen, daß sie durch den Lueg Jren weg nemen, so ist zu besorgen, sie mödhten sich entweder zu den Ungehorsamen schlagen oder in den Gerichten vor und im Gebirg gartten und allerlei böß reden, wie dann durch etliche in der großen A rl zuvor auch beschehen und über unser beschehen nachschreiben nit haben betreten mögen werden." Auch im entlegeneren Pinzgau hielten sich viele Landsknechte auf, die „auf der Gart umlaufen, mit Fürgebung, sie haben Wartgeld". Mit großer Sorge beobachtete die Regierung auch das Verhalten der Bergwerksleute, die ja durch ihre Organisation, durch den gegen^

1 Bericht Lamparters an den Propst zu Werfen, d. St. Johann, 7. Jänner 1565. Hofkriegsrat-Akten.

121 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at seitigen Verkehr und durdh den Umstand, daß „das gewaltige Salz^ führen viel Vorteil zu geheimer Kundschaft gäbe", besonders gefährlich erschienen. A n die Bergrichter von Ramingstein und Mauterndorf erging darum der Befehl

1 Derselbe wurde im Februar 1565 aber von Salzburg wieder abberufen. 2 Berichte der Innsbrucker Regierung (anfangs Jänner 1565) über den in Schwaz gefangenen Kitzbüheler Boten, der aufrührerische Reden, aber aus Unver^ stand angelernt von einem Landsknecht getan haben soll und deshalb gefangen wurde. — Hofkriegsrat^ Akten.

122 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 6. „In der Rauris wäre er nur einmal gewesen, dieweil er Botschaft gangen, war jetz in disem Jahr umb des heiligen Frohn^ leichnamstag dis 65 Jahrs zwei Jahr, W ar die Ursadh gewesen, der Herr Lang als Inhaber der Herrschaft Kitzbühel hat einen Painstecher gehabt, der hat ime hinein in die Rauris nach seiner Hausfrauen, die dazumal Beschließerin beim Herrn Zoten gewest, geschickt. In der wäre er das erstemal ungefähr um Pfingsten des 63. Jahr gewest. A ls die Frau Längen hinein in das Wildbad zogen, sei er durch den Herrn Langen, mit Wildpret hinein geschickt worden, darnach wäre er niemals hinein zogen, als das negstmal als Ihne Hans Steinperger Kirchbergerischer Verweser am St. Thomas Abend negsthin im 64. Jahr da er doch beim W irt zu Yetendorf übernacht gelegen, mit Schreiben hinein zum Herrn Zoten und Hansen N efen, der Herrn Katzpecken Verweser daselbst geschickt. A ber der Bergwerks Gesellschaft noch indert kainen Knappen kain Brief geantwort, noch von Ihnen empfangen. Allein des Herrn Katzpecken Pucher Huetman hat er auch ein Brief zugestellt und die Knappen wären daselb am Berg gewesen." 7. „Sonst habe er niemand kaine Brief, noch mündlich Potschaft überantwurt oder ausgericht, sei ihne auch durch niemand nicht, außer des, der ihne geschickt, befohlen, noch zu verrichten aufgelegt, seine meiste gang und raisen wären die merer wail von Kitzpühel gen Innsprugg gewest und ungeveer vor 4 Jahren hatt er dem Herrn Langen von an ein schwarz Pferd hinaus gen Wellenburg geführt. 8. Er hett von niemand andern keine Brief in der Gastein noch Befehl oder mündlichen Bescheid empfangen, allein von Herrn Zoten, Nefen und Krinner, die hetten ihn abgefertigt, die er widerum an ihr gehörig Ort am Kirchberg geantwurt. Hette ihm aber sonst niemand nichts schriftliches oder Mündliches zu verrichten befohlen. Er wäre auch nit länger als vom Pfintztag unz auf den Sambstag morgen in der Gastein bliben. Demnach wäre er abgefertigt und widerum dannen sein Straß zogen." 9. V on denselben Personen sei ihm kein vertrautes Anzeigen gemacht und ihm nichts geheimzuhalten auferlegt worden. 10. Auch hette ihm niemand eine Belohnung versprochen. 11. „Über die von den Salzburgischen Untertanen vorgehabte Unruhe, wer mit und bei gewest, wo und welcher Enden das ge­ schehen, was einer oder der ander dazu geredet und gesagt habe, wisse er nichts. Allein hette er als er in der Gastein bei dem Brauns-Mändl W irt angeherbergt, von Fuhrleuten und Säumern, deren er aber gar kein nit kennt, vergebenlichen gehört, daß etlich

123 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Bauern um Werfen und daselb um, das hochwirdig Sakrament beider Gestalt nehmen und haben wollen, und etwas unordentlich damit umgehen, sonst hett er nichts Unziemlichs oder Ungebührliches von niemand mehr gehört oder verstanden, hette ihm auch wenig acht geben oder darnach gefragt, er hab auch der Leut daselbst kein Erkanntnus." 12. Was Willens, Vorhabens und Gemüts die Salzburgischen Untertanen seien, wisse er nicht und habe auch nicht darnach gefragt. 13. Ebenso wisse er nicht, was sie für Praktiken führen und wer aller mit in Bündnis und Gesellschaft sei. 14. E r kenne keinen derselben und wisse nicht, wie sie heißen und wo sie ansässig wären. E r kenne dieser Orten überhaupt niemand. 15. Er wisse in und außer Landes niemand, der den Salzburgern Beistand leisten würde. V on den Gewerkschaften habe er weder Briefe zum tragen noch mündliche Botschaft erhalten. 16. „ E r wäre an dem Mittag abends vor St. Thomastag des verschienen 64. Jahr als ihn der Hans Steinperger hinein in die Gastein geschickt, gen der Nacht zwischen Liechten zum W irt bei Jettendorf (Uttendorf) im Pinzgau ungefähr ein Meil unter Stuhlfelden kommen, Herberg begert und gleichwol anzaigt, er zog aus der Gastein, das wäre aber darum er das gered um des willen geschehen: daß ihn der W irt, wo er gewißt, daß er von Kitzpühel zug, derselben Zeit der Infektion halben nit beherbergt hette. A lso hett er bei ihm an^ geherbergt und ihm der W irt Unterkommen lassen, hat der W irt daselbst, des Namen er nit wisse, angefangen, allerlei mit ihm zu reden, von dem neuen Geschrei, so jetzt um Salzburg, W erfen und daselb um wäre. E s sei ihm aber, was er alles gesagt, fast abgefallen, dann er ihn seither wenig acht geben, hab er gleichwol daselbst in der Täfern beim W irt etlich Brief aus seinem Pülgl herausgetan, und wider eingericht, neben Vermeidung er müsse von statt gehen, den W irt gebeten, daß er ihn um Mitnacht wecken lassen wolte, welches aber nit beschehen, sondern er wäre selbst erwacht und bald nach Mitternacht sein W eg auf die Gastein zugenommen, er hat gleichwol dem W irt zu nachts anzeigt, er wolt am herwider ziehen bei ihm zukehren, es hett aber die Gelegenheit nit geben. 17. Da er an den W eg in die Gastein gewest und vom Kirchberg und Kitzpühel aus durch den Jochberg für den Turn wol hinab gegen Mitersil körnen, hett er einen Lands- oder Gartknecht, der nit wol bekleidet, einer mitlmäßigen Person, hat auf dem Haupt einen hohen gespitzten Hut, was Färb und wie die Person an ihr selbst gestalt, sei ihm fast entfallen, aber das hab er noch in W issen, daß er ein abgeschlissenes kurz blaues Mäntelchen, ein schwarz parcheten zer=

124 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at schnitten Joppen, ein rot zerhackts gesäß und weiße Strumpf angehebt, erwuschen, und ein W eil mit ihm gangen, wie er aber hieße, weiß er nit. W ären sie unter andern zu Red worden: daß der Lands­ knecht gesagt, er zug von Munichen und erfreit sich eines frischen kriegs und man nehme zu Salzburg Knecht an und er wär auch gedacht, dahin zu ziehen, es wurd ein freier krieg werden, wenn er recht anging, wurd schon unter und über gehen und nit gut zu leschen sein, denn es hingen die Bergwerk all aneinander hett auch sonst vil Eder thaiding driben, und nachent bei Stuhlfelden wäre er von ihm gangen, het sein zuletzt ein Unlust gehabt, und als er an vorgenannte Herberg bei Jedtendorf, körnen, hat derselbig W irt unter andern auch angefangen und gesagt, um Salzburg und Werfen, wäre es etwas unruebig, siech ihm schier gleich, als woft es sich geen ainen krieg schicken. Darauf hat er Bot, gleichwol aus Torheit und un­ bedachten Gemüet, auf die Reden so er von diesem Landsknecht gehört und ihm damals zu gefallen gesagt, es wurd nicht Guts draus, wann man ein krieg im Pinzgau anfing, die Bergwerk hiengen fest aneinander, wurden einander zuziehen, Sdhwaz, Ratenberg und Kitzbühel wurden denen in der Gastein und Rauris zu hilf kommen, das wäre ihm also leider aus dises Landsknecht Anzeigen und des W irts Reden unbedechtlich, als einem Armen unweisen Mann wider­ fahren, hets nit ausgerait oder bedacht, das einiger Nachteil oder Gefahr daraus folgen oder entstehen soll. Sei ihm nun herzlich leid und klage Gott im Himmel, dann er sunst sein Leben lang kein bös Stück begangen, sonder seine Sachen treulich und erbarlich verricht, das müg man sich sonderlich zu Kitzbühel, allda er lange Jahr und Zeit gewohnt, wol erkundigen. 18. E r hett von einem alten W eib zu Kitzbühel gehört, wie sie aber heiß, weiß er nit, die wäre jetzt in der Rauris, trüge zu­ weilen Stauchen und Kräuter hin und wider, möcht er gleichwol dem W irt auch angezeigt haben, er hett gehört, man hett in der Gastein und Rauris Brief an die Kirchtür angeschlagen. 19. Solche Reden, die er wie vor gesagt, sonst nur gehört, seien ihm von niemand befohlen worden. 20. Weiter wisse er nichts. Er habe auch zu Schwaz, Ratenberg oder Kitzbühel gar nicht ungleidhs, wenig oder viel, gehört." Dieses Bekenntnis wird noch ergänzt durch die Aussage des Georg Kogler, des Wirtes am Anger zu Jettendorf, der angibt, daß der besagte Bote erzählt hätte: „wenn ein Aufstand geschehen sollte, so wolten die Bergwerk in der Gastein, Rauris und Schwaz auf sein und zu hilf kommen. Man hett auch einen Brief an der Kirchtür angeschlagen, aber nit anzeigt, was der Brief aufweist, und

125 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at es möcht sich in einem Jahr etwas zutragen, das man jetzt nit weiß und alsbald man ihnen nur ansage, wolten sie fluchs da sein und zu hilf kommen". IV. Die Mißstimmung der erregten Bevölkerung wider die erz­ bischöfliche Regierung nahm immer bedenklichere Formen an und äußerte sich gegen Ende des Jahres 1564 da und dort in offenbaren Widersetzlichkeiten gegen geistliche und weltliche Obrigkeiten. Selbst die vom Erzbischof gewährten religiösen Zugeständnisse waren nicht imstande, die Unzufriedenen wieder auf friedliche W ege zu führen. Als der eigentliche Schauplatz der gesamten Bewegung erscheinen die Gebiete von Kuchl, Golling, Abtenau, Bischofshofen, Wagrein, Radstadt, St. Johann, St. Veit, Goldegg, Großarl, Dienten und Zell. In der Hoffnung, durch persönliches Unterhandeln die U n ­ gehorsamen besänftigen zu können, die Getreuen aber um so fester an sich zu fesseln, begab sich Johann Jakob ins Gebirge und bestätigte hier in eigener Person die gewährten religiösen Freiheiten „mit dem anzeigen, daß ihm weiter zu gehen nit gebühren wollte, noch auch konnte oder möchte". Allein auch dieser Versuch, den Frieden zu erhalten, scheiterte. Im ganzen Gebirgslande war allenthalben das schreckenerregende Gerücht verbreitet, daß es wieder zu einem Bauern­ krieg kommen werde, sobald „die Stauden wieder rauch und grün würden". „U nd wiewol sich der merer tail Irer f. G . gehorsamen Untertanen mit solher f. G . bewilligung wol erledigen lassen und dieselb auch mit unterteniger gehorsam zu dank angenommen, so sind doch ihr etlich, auf Ihr f. G . genedigs erfordern nit erschienen, zu denen sich auch noch etlich angehangen, die ungeacht obgehörter Zulassung nit allein nit content gewesen, sonder Ihrer f. G . noch darüber disen despect, hochmuet und spot erzeigt, daß über derselben ungehorsamen ausbleiben sich Ihr in die anderthalb hundert, verbotner sträflicher weiß zusammen gerottet und einen vermainten priester, mit Namen Constantin Schlaffhauser nit über ein mail wegs von seiner f. D. dazumalen gehabten Hoflager,1 mit Püchsen, Spießen und Hellenparten bei hellem Tag geführt, in der Ordnung alleweg drei und drei mit eingetailten und abgewechselten glüdern, in mainung Ihne Constantin wider S. F . G . und meniglich zu schützen und zu retten, also da die Obrigkeit solhes bei Ihnen abstellen wollte, daß sie alsdann die waffen gebrauchen und Ihr Vorhaben mit der faust hinaustrucken wollten, ungeacht daß solcher vermainte priester hievor zum öftermalen

1 Aus einem Bericht des Erzbischofes an die Kommissäre in Werfen (Hof­ kriegsrat^ Akten) ergibt sich, daß sich derselbe damals in Bischofshofen aufhielt.

126 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at aus Ihrer f. G . Fürstentum ausgeschafft und demselben geschaff auch zu geleben sich erboten hat und sei von solhen ungehorsamen rebellen unter andern aufrührischen Worten auch das gerödt worden, da sich jemands unterstehen würde, Ihnen den Constantin zu nehmen, daß sie alsdann alle Pfaffenknecht sambt richtern und schörgen von stundan angreifen wolten. So waren auch unter disen aufrührischen, die da unverhohlen sagen dürften: Sie hetten kain obrigkait dann allain das W ort Vaters. Und als ihnen jüngstlich an einem Ort die Schlüssel zu der kirchen auf ihr begern durch die gehorsamen versagt worden, hetten sie Ihren vermainten und ausgeschaften priester unter ain Lauben geordnet, von dem daselb ein großer anzal, wie man sagt, in die fünffachen hundert personen, die Predigt gehört, darin E r sonderlich sein verfürisch und aufrürisdh Schuß, mit lästerung und höchster Schmähung der Obrigkeit überflüssig ausgebrait hette. Gleicher gestalt hetten die rebellen auch an einem andern ort gehandelt, allda sie durch die Kirchfenster eingestiegen die einsteils zerschlagen, die kirchen inwendig eröffnet und dem Constantin platz gemacht."1 Dieser Konstantin Schlafhauser scheint nicht nur einer der an­ gesehensten und beliebtesten Prädikanten, der sich allenthalben im Gebirge, namentlich im Pongau, großen Anhang erworben hatte, sondern auch die Seele der ganzen Bewegung gewesen zu sein. Heinrich Graf, Verweser in Radstadt, gab deshalb, als sich im Dezember 1564 die Nachricht verbreitete, daß Schlafhauser dorthin käme, den Befehl, den Prädikanten nirgends aufzunehmen.2 In

1 Proposition z. Jänner-Ldtg. 1565. J. B. Gaspari, S. C X V schildert in ähnlicher W eise: „Impetum vero multitudinis praesentia sua sistere volens ipse

127 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at St. Veit versammelten sich eines Tages etwa 300 Personen vor Florian Ratzenbergers Haus, weil sie gehört hatten, Schlafhauser käme dahin, um zu „predigen und zu speisen". Den größten Wirkungskreis scheint derselbe im Pongau gewonnen zu haben. In St. V eit und Dienten hielt er wiederholt Predigten12 und konnte sich dabei einer ansehnlichen Zuhörerschaft erfreuen, während die Werfner in einer Supplikation den Erzbischof versichern, sie hätten der aufrührerischen Opinion Constantini und seines Anhanges niemals Glauben geschenkt.7 Lamparter, der Verwalter in St. Johann, berichtet dem Erzbischof, daß Schlafhauser noch zwei fremde Prädikanten erwarte und daß er und sein Anhang das aufrührerische Gerücht verbreiten, es werde ihnen ein Volk zu Hilfe ziehen.3 Auch Valentin Villrößl, der sich ebenfalls hauptsächlich in Dienten auf hielt, wiederholt aber auch das Raurisertal durchzog, erscheint als einer der einflußreichsten Prädikanten und Führer des Volkes.4 * V o r allem trachteten die Unruhestifter, sich der Bergwerksleute zu versichern und sie zur Anteilnahme an einer gewaltsamen E r ­ hebung zu gewinnen. Doch darin sollten sie nicht viel Glück haben, obwohl sie sich „durch vil Schickung hin und wider, sonderlich aber zu den Perchwerchs Gesellschaften beider Täler, Gastein und Rauris, bemühet, dieselben auch Ihrer Partt zemachen, damit sie also wider Ihrer f. G . als deren von Gott gesetzter Obrigkeit desto sterkeren ruggen haben und die Oberhand gewinnen möchten". In den letzten Monaten des Jahres 1564 kam es schon an vielen Orten zu offener Auflehnung wider die erzbischöflichen Amtsleute, aus deren Berichten es immer klarer wurde, daß sich für das Frühjahr eine Aufstandsbewegung vorbereite und zum Teile sogar schon im Ausbruch begriffen sei. So hatten sich in den Gebirgsgauen viele Untertanen „rebellischer weis so weit zusammengetan und an etlichen

1 Bericht aus Dienten an die Kommissäre in Werfen, d. 5. Jänner 1565. Bericht Lamparters, d. St. Johann, 9. Jänner 1565. Christoph Pramhart, Kaplan zu Wagrein, schreibt dem Erzbischof <10. Jänner): Die Pfarrleute seien gegen ihn, da er sich an die erzbischöfliche Befehle halte. Der Schlafhauser und der Lauenthaler und dergleichen wären ihnen wohl nach ihrer Meinung die rechten Pfarrer. „W eil ich ihr Lied! nicht sing, sinnen sie auf allerlei Mittel, mich weg zu bekommen/7 2 „Gemeiniglich der Untertanen im Werfner Gericht untertenig Supplicieren. 31. Jänner 1565." 3 Bericht Lamparters, d. St. Johann, 7. Jänner 1565. 4 In einem Bericht des Hans Pregl an den Erzbischof

128 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at orten zusammen geschworen, daß sie beisammen laib, gut und bluet aufsetzen, dergleichen des Gloggenstreich und der Kreidschuß gebrauchen wollten und was einen aus ihrer aufrührischen Rott anging, das es dem andern nit weniger gelten sollte,* wie sie denn auch solhes neuerlicher Zeit an unterschidlichen Orten mit den Kreidenschüssen und dem Gloggenstreich, so sie ergehen lassen, bei hellem Tag versucht und zu Werk gezogen,* und als aber die Gehorsamen zusammen^ geloffen, in Mainung als wäre etwo ein Prunst auskommen, dieselb zu retten und allda die Aufrührischen gefunden, die sie auch darumben mit Worten gestraft, hetten sie denselben nit allein böse verächtliche reden zugefügt, sonder sie darüber betrot, daß sie auch Ihres thuens und willens sein müssen, und das Wolfsgejaid wurde bald angehen,* wie dann auch zu etlichen malen von Ihnen den Rebellen, diese ver^ messene und aufrührische wort gerödt worden: da man sie wolt angreifen, daß sie alsdann ihr Vorhaben zum ersten an ihren negsten gehorsamen Nachbarn anfangen und bei denselben ihren Vorteil be­ kommen wollten, und was dergleichen aufrührisches mehr durch sie gebraucht und noch täglich beschehe, daß man nit alles wissen konnte".1 Die Drohung der Aufrüher, man möge es nicht wagen, ihren Unternehmungen entgegenzutreten und damit gegen den Willen Hunderter vorzugehen, da sie sonst wider ihre eigenen Nachbarn mit Feuer und Schwert hausen und Dörfer und Häuser überfallen und niederbrennen würden, hatte aber nicht den gewünschten Erfolg.2 Die Zahl der Empörungslustigen wurde keineswegs vergrößert. Es fehlte eine alle Gaue umfassende Organisation, so sehr auch die Anführer und Agitatoren bemüht waren, allerorts neue Anhänger

1 Siehe Proposition zum Jänner Landtag 1565. 2 J. B. Gaspari, S. C X V I „Rebus suis firmandis metalli fossores in periculi societatem advocant. Conveniunt inde saepius magno numero, pluribusque locis vitamse posituros, fortunarumque jacturam pro libértate tuenda facturos esse con^ jurant. Signum campani aeris sonitu, aliisque modis dandum constituunt. Nec cogitatis eventus defuit. Nam die quadam, signo edito, ingens agrestium numerus advolavit. Forte fortuna plures quoque eorum, qui a seditione abhorrebant, eodem confluxerant, incendium aliquod subortum esse rati. Ubi id, quod res erat, sensere, acriter conjuratos corripiunt,* ut in Officio persistant hortantur. Risu hae voces a rebelíibus exceptae sunt, turn et minae, nisi in ceterorum sententiam concederent, intentae. Addebant, siquis vi in foedera^ tos agere cogitet, perfecturos quae jam pridem constituía sibi sint, atque initium, non sine commodo et utilitate sua a proximis facturos. Haec eo pertinebant, ut ferro atque igne grassaturos se esse significarent ,- vicos et casas direpturos atque incensuros, si quis inceptis resistere conaretur. Utrique igitur inde digrediuntur,* caedem illi et incendia spirantes, tristia hi et acerba multa circumferentes animo."

129 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at zu gewinnen. E s blieb bei den Zusammenrottungen und Auflehnungs^ versuchen einiger Gemeinden. Den meisten schien es ratsamer, den ungleichen Kam pf mit der Regierung nicht noch einmal zu wagen. D a die Gehorsamen aber schließlich doch die Rache der Rebellen zu fürchten hatten, wandten sie sich an die Obrigkeiten oder an den Erzbischof selbst um Schutz und Hilfe. „Deshalben dann sein f. G . und derselben nachgesetzte Obrigkeiten an etlichen Orten durch Ihr viel der gehorsamen untertenigst klag und flehweis ersucht, nachdem sie sich vor den Ungehorsamen nit sicher wissen, sonder bei Ihnen als ihren nechsten nachbarn nichts anders als stündlich des überfallens auch verhönung an laib und guet, mit sambt verlierung weib und kind zu gewarten hetten, daß S. f. G . ob Ihnen hierinnen schütz und schirm tragen und sie vor solchen rebellen, auch nachteil und schaden und äußersten verderben verhüten wollten." Gedrängt einerseits durch die immer häufiger werdenden Nach­ richten über die Kühnheit der Rebellen, andrerseits durch die Klagen und Bitten der treu gebliebenen Untertanen, sah sich die erzbischöfliche Regierung zum Eingreifen genötigt.1 D a eine friedliche Schlichtung von vornherein keine Wirkung mehr versprach, entschloß man sich zu einer kriegerischen Aktion, um durch Waffengewalt die religiösen Streitfragen zu beseitigen und die Unzufriedenheit der Gebirgsbauern verstummen zu machen. Um einen Aktionsplan zu entwerfen und die Mittel zur Durchführung des Kriegszuges zu erlangen, wurde im Jänner 1565 ein Landtag einberufen, „dieweil" — wie es in der Landtagsproposition heißt — „dann solhe der rebellen und un^ gehorsamen Untertanen hochsträfliche empörung wider Gottes Gesetz und Gebot, wider alles Völkerrecht und gewohnheit, auch wider die gemeinen geschriben recht und des heiligen römischen Reiches Con­ stitutionen und Satzungen, des hochverpeenten Landfriedens und desselben Executions Ordnung, auch wider den Kraiß und die jüngst zu Wormbs durch die deputirte Ständ des heiligen Reiches be^ schlossenen Abschiden, auch aller erbar- und billichheit zuwider, und dieses thuen nichts anders, denn ein rebellische empörung und wider- setzung wider Ihr f. G. als derselben von Gott fürgesetzten Obrigkeit, welche dahin angesehen, daß untrist zu obrist zu stürzen, auch die gehorsamen zu vergewaltigen und zu ihren vorteil seiner f. G . nit

1 Gaspari, S. C X V II „Pavore cuneta repleta cum essent, atque boni nihil usquam tutum esse a seditiosorum insidiis arbitrarentur, flebilibus querelis Archiepis^ copum adeunt, opem adversus rebelles implorant, adjurantque, ut caíamitatem atque perniciem a vita, fortunis, liberisque nulla interjecta mora averteret. Urebat illum hiñe perfidorum audacia, ilíinc bonorum periculum. Delectum itaque haberi jubet, suasque copias augeri."

130 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at zu verschonen/ So hette S. f. G. aus Zulassung aller rechten, zu erhaltung Ihrer f. G. schuldigen gehorsamb, auch reputation und autoritet auch zu Trost, schütz und rettung derselben gehorsamen land und leut, wie dan S. f. G. deshalben von Ihr etlichen angelangt, dise weeg der natürlichen defension an die Hand gedrungener weise ganz wider derselben willen und mainung, nemen und sich umb ein gute anzal knecht bewerben müssen, wie dann solch volk ainstails schon bei der Hand, das übrige aber S. f. G. täglich gewertig wären, damit S. f. G. die Gutherzigen und Gehorsamen bei Trost, auch schütz und beschirmung vor den ungehorsamen rebellen hochverbotner sträflicher aufruhr und empörung befriden möchte".

V. Der Landtag, der am 2. Jänner 1565 zusammentrat, sollte als eine außerordentliche Tagung gelten und sich einzig und allein mit der Rebellion im Gebirge beschäftigen. Der Erzbischof verkündete darum auch den versammelten Ständen, er hätte zwar „der Artikel wohl mehr fürzubringen, daran der ersamen Landschaft auch nit wenig gelegen,- aber diweil diser Rebellion halben periculum in mora und wan man nit zeitlich darzu thut, das Feuer von Tag zu Tag noch ferrer brunnen würde, so hette er dieselben Artikel diesmalen aus der Not auf einen künftigen Landtag, den er mit aller erster Gelegenheit gewißlich führnehmen wolle, einstellen müssen, dabei sich S. f. G. ersame Landschaft wol versehen soll, daß S. f. G. denselben in die Lenge im Wenigisten nit zu verziehen, sondern sovil immer möglich zu befördern gedacht seie". Auch wurden zu diesem Landtage nicht nur die Vertreter der drei Stände, sondern ausnahmsweise auch die Ausschüsse jener Gebirgsgemeinden berufen, die im Bereiche der Aufstandsbewegung lagen. Ausdrücklich wurde aber den letzteren betont, daß sie aus dieser besonderen Berufung in Hinkunft kein Recht ableiten dürften. „Und obwol auch S. f. G. genedig Wissen hab, daß dieselben Gericht in den Landtagen kein Stimm haben und auch auf die Land­ tage zu erscheinen nit beschriben wurden, es wäre denn, daß sonder^ bare Ursachen vorhanden, so hette doch S. f. G. der Gericht und Ausschuß diesmal umsovil weniger umgehen mögen, dieweil die meisten Teil der Aufwigler und Rebellischen bei ihnen auf dem Land hausten und also sie der Gefahr am nächsten gesessen wären,- es sollte aber solch Ihr der gericht erforderung und erscheinung, den drei Ständen Ihrer f. G. gehorsamen Landschaft an ihrem alten Herkommen da^ durch gar nichts benommen, noch entzogen sein." © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Im „Fürtrag zum Jänner Landtag" schildert der Erzbischof die Ursachen und den bisherigen Verlauf der Bewegung und erbittet sich von den versammelten Ständen Rat und Beistand, damit er nicht zu streng, sondern gerecht entscheiden könne.1 „Dan S. f. G. hette gnediglich wol zu erwegen, wo S. f. G. solche Rebellion also fort grassiren lassen sollte, daß zuletzt die Gehorsamen wider ihren Willen, allein aus Furcht der Beschädigung, von den Rebellen an Leib und Leben, auch verheren und verdorben, weib und kind, sich zu ihnen schlagen müßten,« welches alles S. f. G. Ihrer ersamen Landschaft vil lieber eher fürbracht haben, da Ihr f. G. nit jeder Zeit der Hoffnung gewest, es würde solche rebellion sich vor lengst gestillt und nit so weit eingerissen haben,« darzu so hette auch S. f. G. Ihrer ersamen Landschaft, so lang es immer möglich gewest, zu verschonen, gnedigen willen und mainung getragen. Dieweil aber nun solche Rebellion und Widersässigkeit auch Meutterei, Practicieren, zusammen schwören, Verbündnus machen, Kreidenschuß thun, den Glockenstreich geben, und mit gewehrter Hand und mit allem so darzu gehört, sich sehen ließen und noch darzu Ihrer f. G. und derselben nachgesetzte Obrigkeiten den Trutz bieten, und auch despect und hochmut zaigen, so weit leider gelangt,« so hatte S. f. G. lenger nit umgehen mögen, solhes ihrer ersamen Landschaft zu entdecken, des genedigen Versehens, es werde niemand aus der ver- ordneten Ihrer f. G. ersamen Landschaft sein, die nit ob solher erzaigter Ungehorsam und Rebellion ain sonderes Mißfallen hetten und mit ihrer f. G. diesorts Mitleid trugen, vil weniger, daß sie solche sträfliche Rebellion gutheißen würden, dan allen Ständen und Untertanen Ihrer f. G. gehorsamen Landschaft, solche Rebellion

1 Gaspari, a. a. O. „Deinde coactis Provinciae Ordinibus, ne quidquam acerbius statuere videretur, rebellium crimina in Comitiis enumerat/ consilium, fideles operas, et auxilium suorum implorat."

132 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at des geliebten Friedens zu seiner f. G . als Ihrer gehorsamen Land^ schaff von Gott Vorgesetzten ordentlichen Obrigkeit in disem Handl, wie sonst auch, daran dan S. f. G . keinen Zweifel oder Mißtrauen hette, mit Rat und auch der Tat wirklich sezen, die Rebellen und Ungehorsamen zu wolverdienter Straf zu bringen und mehreren Unrat zu fürkommen helfen. W ie nun und was Gestalt aber solches sein sollte und beschehen möchte, darin sei S. f. G . ainer ersamen Landschaft und der Erforderten vom Ausschuß der Gerichte Tätliches Bedenken förderlich (dieweil der Verzug hoch nachtailig ist) gewertig." Am 3. Jänner, also am zweiten Tage der Verhandlungen, er^ folgte die schriftliche Antwort der Landschaft auf des Erzbischofes Fürtrag: Die drei Stände und die Ausschüsse der Gerichte danken darin ihrem Fürsten, daß er bereit sei, die Gehorsamen wider die Ungehorsamen und Rebellen zu schützen, und bieten dazu ihren Rat und Beistand an. Ferner billigen sie es, daß sich der Erzbischof mit Österreich und Bayern wegen der Rebellion verständigt und ein Kriegsvolk („bis in 2 Fendi Knecht") zur Besetzung der Stadt Rad­ stadt und des Schlosses W erfen aufgenommen habe. D a dies aber Geld erfordere, so gewähren sie aus dem Steuervorrat 12.000 fl. und versprechen auch noch weitere Hilfe, falls der Aufstand länger dauern sollte. Endlich danken sie dem Landesfürsten für seine Bereitwilligkeit, bald wieder einen Landtag zu berufen, und fügen daran die Bitte, daß auf dem künftigen Landtag eine Land- und Polizeiordnung als auch die Freiheiten des Adels und der Ritterschaft, darauf sie schon lange vertröstet würden, gewährt werden mögen. Unterm 4. Jänner erfolgte wieder eine Gegenschrift des E rz­ bischofes,1 darin derselbe dem versammelten Landtag den Dank aus­ spricht und mit Genugtuung zur Kenntnis nimmt, daß die Landschaft „zur Erhaltung der wahren Religion und der Concession der Communion unter beiden Gestalten halben und zur Erhaltung der Gehorsamen Hilfe und Beistand" versprochen hat. E r verspricht dagegen, mit seinen vornehmsten Räten und mit dem Ausschuß, den der Landtag mit Vollmacht „hinter sich lassen wird", alle Mittel und Wege zur Unterdrückung und Abstellung der Rebellion zu er^ wägen. Auch werde er die „Continuation und den Verstand wegen der Rebellion mit dem Kaiser, mit den Erzherzogen Ferdinand und Karl als auch mit Herzog Albrecht von Bayern fortsetzen". Die von der Landschaft gewährten 12.000 fl. seien aber zu wenig, da, abgesehen von den Ausgaben für Proviant und Munition, schon „in die 5000 fl." ausgegeben wären. Zudem seien noch mehr Kriegs­

1 „Replicn auf seiner f. g. Landschaft gegeben Antw ort, d. 4. Jänner 1565: Landtags-Akten.

133 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at knechte erforderlich, die Hauptleute aber wollen sich „mit ihren geworbenen Knechten nicht unter dreien Monaten und einen halben Abzug Sold bestellen lassen". D a sich zudem „in der sächsischen Landsart eine statliche Reiterei zusamen schlagen und etliche gehorsame Fürsten und Stende, zweifelsohne die allein, die noch etwas zu ver­ lieren haben, zu verheeren und zu verderben gedacht, davon eines guten teils S. f. G. fürnembste Landleut Wissen haben, des etwo auch Iren f. G . oder doch zum wenigsten derselben negst benadh- barten Fürsten treffen möcht", so müsse zum Schutze des Erzstiftes das Kriegsvolk wohl noch lange erhalten werden. Dazu aber sei wieder erforderlich, daß der Landtag 20.000 fl. augenblicklich und außerdem noch 20.000 fl. für die Zukunft gewähre. Am 5. Jänner wurde von den Ständen der Ausschuß erwählt, der gemeinsam mit der erzbischöflichen Regierung die W ege finden sollte, um die er­ forderlichen Geldmittel aufzutreiben. „Nach Erwägung der groß Wichtigkeiten der Sachen auch auf weiteren genügsamen Bericht, so hochgedachter unser g. Herr und Landesfürst und eine gehorsame Ihrer f. G . Landschaft, ain Tail den andern mit Schriften und Gegenschriften erinnert haben, verrer unter­ redet und sich miteinander genediglich und untertenig vergleicht" wurde der Landtag am 8. Jänner beendet und folgender Rezeß er­ lassen: „Nemlich fürs Erste so hat ein ers. Landschaft zum höchsten zu Herzen gefaßt, die erzelten S. f. G . Beschwerungen gegen etliche rebellische Untertanen im Gebirg und was Ihren f. G. für Ungehorsam, Hochmut und Verachtung zu Abbruch Ihrer f. G. erl. Obrigkeit und Autorität, ein Zeit her durch solche ungehorsame Rebellen erzaigt worden ist, und tragen deshalb mit ihren f. G . ein gehorsam getreues Mitleid. Und dieweil solches nit weniger ein gehorsame Landschaft auch betrifft, und Ihr f. G . sich gnediglich und väterlich erboten hat, die Ungehorsamen solcher Rebellion halben zu strafen, auch W eg und Mittel fürzunehmen, damit künftig in der Geistlichkeit und Welt­ lichkeit gut Gehorsam erhalten und die Gehorsamen vor den Unge­ horsamen geschützt und geschirmt und frid und rue im Land erhalten werde, darin S. f. G . einer gehors. Landschaft hilf zu setzen und Beistand gnediglich begert hat. So bedankt sich ein Landschaft und die Ausschuß von den Gerichten solches gnedigs und väterlichs er­ bieten in aller Gehorsam und seien entgegen nit allein die 3 Stände, sondern auch die Ausschüß von den Landgerichten und den Urbar­ ämtern miteinander vereintlichen entschlossen, wie sie sich hiemit auch gegen Ihrer f. G. declariren und bewilligen, daß sie zur billigen und schuldigen Straf der Ungehorsamen S. f. G . als ihren g. Herrn gn. Landfürsten zu Erhaltung unsrer wahren christlichen Religion sambt

134 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at S. f. G. gn. Concession der Communion unter beiderlei Gestalt und ander anhengigen Artikeln, wie die denen in den Gerichten fürgehalten worden sein, darzu auch nit weniger in der Weltlichkeit zu Erhaltung schuldiger Gehorsam, Ihren untertenigen Beistand und Hilf tun und ihr laib und gut zu ihren f. G . setzen wollen und haben auch ferrer zu wirklicher erzaigung solcher irer Gehorsam sich dahin bedacht und wollen Iren f. G . zu Unterhaltung der bestehen Knecht und ander notwendige Ausgaben zur Abstellung solcher Rebellion aus den alten Steuer Resten untertenig anjezo dareichen zwanzig Tausend Gulden. Und im Fall, wo sich die Zufäll von wegen der Rebellion im Stift oder außerhalb, noch beschwerlicher als bisher zutragen und die Kosten 20.000 fl. nit langen würden, daß alsdann hochgedachten unsern gn. fürst und herr im Fall der N ot mit Rat einer ersamen Landschaft nachgesetzter Ausschuß die ander 20.000 fl. und ein mehrers, wo es in der E il unerfordert einer Land­ schaft oder eines mehrern Zusatzes von den Landleuten neben den Ausschuß, von nötten sein würde, alsbald aufbringen und Ihren f. G. zu Händen folgen sollen. Solches widerum von künftiger einer Land^ schaft Steueramt dem Interesse zu bezahlen,- doch seien die Stende einer ers. Landschaft untertenig bittend und ganz tröstlicher Zuver­ sicht, hochgedachter unser g. Herr werde auf berürte künftige A u s­ gaben und Unkosten, auch Ihr gn. Hilf dazuthun, wie dann durch S. f. G . beschehen und sich diselb noch hinfür zu tun und also zu einer Landschaft, nach irem Vermögen, zu setzen und sie gnedig zu schützen und zu schirmen, erboten hat. Zum Andern so hat auch ein ers. Landschaft untertenig gern verstanden und lassen Ihnen auch solches ganz gehorsam gefallen, daß hochgedachter unser gn. Herr mit der R. kais. Majestät unsern allergn. Herrn auch mit beiden fürstl. Durchlauchten Erzh. Ferdinand und Erzh. Karl von Österreich, auch nit weniger mit unsern g. Fürsten und Herrn Herz. Albrecht in Bayern, zur Abstellung ob- gemelter Rebellion und Empörung in fürträglicher Handlung und gutem Verstand ist, mit unterteniger Bitt, daß also S. f. G. darin Iren hohen Verstand nach, das best und nutzest weiter bedenken und solche correspondenz in guten wesen erhalten wolle. Zum Dritten so setzt auch ein ers. Landschaft S. f. G . in Gehorsam haimb mit irer f. G . hochverständigen Räten und ainer Landschaft vollmechtigen Ausschuß, so diselb hinter Ihr lassen wirdet, die W eg und Mittel zu bedenken und an die Hand zu nehmen, damit nit allein die gefährlich Rebellion jetzt bald gestilt, sondern künftiger Gehorsam, Frid und Rue im Stift bestendig erhalten werde, darzu dan sonderlich von nöten ist, daß S. f. G . nachgesetzte Obrig^

135 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at keiten in Irer Verwaltung baß gestärkt auch den Gerichtsuntertanen, die seien angesessen oder ledig, mit allem Ernst aufgeladen werde, daß sie die Untertanen zu Zeiten, im Fall der N o t, einer oder mehr durch S. G. Pfleger, Richter, Amtleut und Ire Verwalter zu Hand­ habung der Ungehorsamen, dieselben zu Gefängnis bringen, an­ sprechen und ermanen wurden, das dieselben ohne alle Weigerung und Widersetzen, Iren fürgesetzten Obrigkeiten an jedem O rt, mit getreuen Beistand zu setzen und Hilf erzeigen und an ihnen nichts erwinden lassen und sonderlich, daß sie auch keinen Ungehorsamen, dem also nachgetracht wurde, bei ihren Häusern noch sonst mit Fü r­ schieben Übertragen, auch weder heimlich noch öffentlich mit Untere schleif geben sollten, bei schwerer Straf an Leib und Gut, die gegen solchen Ungehorsamen durch S. G . fürgenommen werden soll. Und ist auch einer gehors. Landschaft untertenig Bitt, daß S. G . aufs baldigst in der obgemelten und andern Artikln, die zur Erhaltung der Gehorsam S. f. G . und einer Landshaft vollmechtiger Ausschuß für not und gut ansehen werden, durch ernstliche Mandat nottürftige Fürsehung tun wolle, darin sich dan die Stände einer Landshaft Ihren f. G . allen Gehorsam zu leisten, au h ihr treu Hilf und Be^ fürderung zu erzaigen, hiemit in Gehorsam erbieten. Zum Vierten und Lesten bedankt sih auh ein g. Landschaft untertenig der gnedigen protestation, die S. f. G. von wegen Er- forderung der A usshuß aus den Landgerihten in irem fürtrag getan und sein die 3 Stände einer Landshaft au h gleihmäßig protestierend, daß solhe Erforderung, diweil die nit aus Gerehtigkeit beshehen ist, einer Landshaft an irem alten Herkommen und Frei­ heiten unvergrifflih und ohne N ah teil sein solle. Also bedankt sih auh ein ersame Landshaft nit weniger des gnedigen Erbietens, von wegen Haltung eines künftigen Landtages, darin ferrer Ihrer f. G . und einer Landshaft obliegende Sahen, der Landsordnung und Polizei, auh der Stände sondern Freiheiten, ab­ gehandelt werden mög, darin sih die Stände bei Iren f. G . in künftigem Landtag auf vorbeshehene Vertröstung aller Gnaden ver­ sehen tun. Und nahdem au h in den alten Abshieden etliher vor­ gehaltener Landtäg, etlih Artikel als von wegen Aufnehmung der alten Steuer Raitung und ausstend au h des Gebeus halben bei der Stadt, Ratshlagung beshehen, aber noh in das Werk nit gebraht worden sein, so bitt ein Landshaft, daß Ihr f. G. mit samt dem volmehtigen Ausshuß, solhe Artikl auh für die Hand nehme und verordnen wolle, die Notdurft darin zu handeln. Und zu Vollziehung solhes alles hat eine ehrsame Landschaft von allen Ständen hernah­ bestimmten Ihren A usshuß erkiesen. N em lih vom Stand der Prelaten

136 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at die hoch und ehrwürdigen Herrn, h. Cristofen Bischöfen zu Chiemsee, Herrn Wilhelm Trautmansdorff Domdechant im Namen eines hodhw. Domkapitels oder wem Ihr G. aus ihnen jeder Zeit dazu verordnen werden. Herr gnedigster Abt zu St. Peter, und Herr Balthasar Brobbst zu Heglwörth. Und vom Stande der Ritterschaft und Adel: Die wolgebornen, gestrengen edlen und vesten: Jacob von Thurn zu Neubaiern und Au, Erbschenk des Erzstift Salzburg, fl. bair. Rat und Pfleger zu Khling. Herr Sigmund von Lamberg Freiherr zu Ortenegen und Ortenstein fl. Salzb. Rat und Pfleger zu Titmoning. Herr Adam von und zu Törring und Stain, Ritter. Cristof Perner zu Rif fl. Salzb. Rat. Wolf Adam von und zu Haunsperg. Virgil Diether zu Schedling f. Salzb. Rat auch obrister Berg- und Waldmeister. Hans Panichner zu Gartenau und Wolkenstorff, Pfleger zu Golling und Alexander Griming zum Niderrain fl. Rat und pfleger auf Salzburg. Und dan vom Stand der Städte und Märkte, nemlich von der Stadt Salzburg die fürsichtigen, ersamen und weisen Georg Unter­ hölzer und Ludwig Alten der älter. Und von wegen der andern Städt Virgil Pinggizer Bürgermeister zu Hallein. Und in Namen der Märkt Hansen Schrot Markrichter zu Neumark, desgleichen seien die abgestorben S. f. G . und einer Landschaft gemeine Steuer^ einnemer in diesem Landtag wider ersetzt und fürgenommen, nem­ lich vom Stand der Ritterschaft Jacob von Thurn und von wegen der Städt und Märkt Georg Unterhölzer bürger zu Salzburg. Neben dem haben auch die Stände einer Landschaft denen vom Ausschuß so auf Erforderung in gemeiner Landschaft Sachen gen Salzburg ab und zu rücken müssen, bewilligt, einen jeden auf Roß und Mann auf einen Tag und Nacht Zill 48 Kreuzer für die Unter­ haltung und auch nit weniger die abgemelten Zureisenden und die so zu Salzburg mit Wohnung seien, nach Gelegenheit ihrer Be^ mühung in einer Landschaft Sachen zu Ausgang jedes Jahres, mit einer ziemlichen Verehrung zu bedenken. Und haben also die Stände einer Landschaft demselben ihren Ausschuß vollmechtigen Gewalt und Befehl, ohne alles ferrer hinter sich bringen, geben und thuen daß auch hiemit wissentlich in Kraft dieses Rezeß und A b ­ schieds, also daß sie mit und neben hochgedachten unsern g. Herrn und Landfürsten alle und jede hievor erzelte Ihrer f. G. und der­ selben Landschaft jetzt fürgenommen Artikel und sonst in allen für^ fallenden Sachen Gefährlichkeiten und Notdurften s. f. G. und ein Landschaft betreffend, das beste ratschlagen handeln und beschließen, auch fürder in das W erk bringen und exequieren verhelfen, bis durch S. f. G . wider ein ganze Landschaft beschrieben und erfordert wirdet.

137 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Und ob sich auch zutrüg, daß einer oder mehr des Ausschuß mitler Zeit und ehe auf den nächsten Landtag wider ein Ausschuß erkiest wirdet, also in währenden Gewalt mit Tod abgehen oder sonst Krankheit oder andrer ehehafft halben nit entgegen sein möcht, so sollen nit weniger die andern alle Notdurft zu handeln, Macht haben. Und was also ein Ausschuß hierin handeln wird, das alles sollen und wollen die Stände einer gemeinen Landschaft also an­ genommen, fest und stet haben und halten, als hetten sie es sament- lich oder sonder selbst gehandelt getan und gelassen. W ie sie dann solches hiemit bei ihren W ürden Ehren und guten Treuen, also ge^ redt, und versprochen, treulich ohne gevärde zu sich empfangen, und der Enden die Stände der Landschaft zu ihren Händen genommen haben, mit S. f. G . und des Erzstifts Salzburg fürgedruckten Sekret verfertigt. So haben die Stände der Landschaft mit Fleiß erbeten, nemlich die von Prelaten die hoch und ehrwürdig Herren H. Wolfgang Brobbst und Erzpriester zu Berchtesgaden, und Herrn Jodoken Abt zu Mansee und dann die von der Ritterschaft und Adels die edlen und festen Hans W olf hart Überräker zum Sighartstein, Pfleger zu Alten und Liechtentann,- Jacob G raf zu Schernberg, Cristofen von Karner zu Truembach und Caspar Panichner zu W olkenstorf Brobbst in der Fusch und Landrichter zu Zell im Pinzgau. Von Städten und Märkten N . ridhter und bürgermeister der Stadt Salzburg und N . richter und bürgermeister der Stadt Hallein daß die ihre ange^ borene und Stadt Insigel von gemeiner Landschaft wegen auch hie- für druckt haben. Beschehen und geben zu Salzburg nach den heiligen 3 Königen Tag den 8. Jänner nach Christi Geburt im 1565 Jar." Durch diesen Landtagsabschied waren also dem Erzbischof Macht und Mittel in die Hand gegeben, die religiöse Bewegung unter den Untertanen durch ein Aufgebot militärischer Kräfte zu unterdrücken.

VI. Wenn auch am Landtag „zum pesten gespürt und befunden worden, daß der Rädelführer nit so gar viel sein sollen und ver- hoffentlich sich der Rebellen wenige annemen werden", so schien es doch ratsam einer Aufstandsbewegung dadurch vorzubeugen, daß durch einen „Überzug", das heißt durch Einquartierung von Kriegsknechten, die Gebirgsgemeinden in Gehorsam erhalten, die Rädelsführer aber in Gefangenschaft gebracht werden sollten. Amtleute und Pfleger waren ja nicht imstande, die Aufrührer zum Gehorsam zu bringen. Gefangene wurden ihnen wieder entrissen und an manchen Orten

138 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at wurden die Amtleute des Erzbischofes sogar bedroht, zum wenigsten aber ihre Befehle nicht beachtet. Wiederholt wandten sich daher Pfleger und Richter an den Erzbischof um Hilfe und ermahnten ihn, er möge „au f einen W eg gedadht sein, dadurch die Gehorsamen ehe und die Stauden rauch, erhalten werden, des dann große Zeit". Ehe der Frühling den Aufständischen zu Hilfe käme, müsse die Be­ wegung im Keime erstickt sein. So hielt denn Johann Jakob gleich nach Beendigung des Land­ tages, der die erforderlichen Mittel gewährt hatte, einen Kriegsrat, dessen Beschlüsse dem Ausschuß des Landtages zur Begutachtung vorgelegt wurden

139 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Zum achten, So will s. f. G . für derselben Leib ein Gwardi alhie, in die fünfzig oder sechzig stark halten, die tapfer, wohlbewehrt und wohl erfahren Knecht sein. Und deren Hauptmann soll sein Herr Gregor von Khienburg und sein Leutenambt Augustin von Thonauwürth, die dann beid hieher sollen erfordert werden. Zum neunten, So soll der Herr Obrist in dem Markt zu Werfen fünfhundert Knecht haben, außerhalb der, so unter dem Haubtmann Hörtten zu W erfen auf dem Schloß liegen. Zum zehnten, So soll Ihrer f. G . Statt Radstadt mit 300 Knechten besetzt werden, doch steen dise beiden Artikl nach Gelegenheit des Werks bei Ihrer f. G. verordneten Commissarien und des Herrn Obristen ratsamen Bedenken, was für Anzahl an diesen beiden Orten sein soll. Zum eilften, So ist s. f. G . auch bedacht, gen Dächsenbach in die 50 oder 60 Knecht zu legen, die von hie aus iren W eg über den Hirschpühlel nehmen sollen, doch werden dieselben der Orten nit ehe geschickt, bis s. f. g. von den Pflegern, Liechtenberg auch Dächsenpach und dem Landrichter zu Zell deshalben ferrer schreiben haben. Zum zwelften, wie die ungehorsamen Rebellen zu verdienter Straf zu bringen, und dadurch die Gehorsamen in Frid und Ruhe zu erhalten, dieweil diser Artikl an guter Kundschaft hangen thut, so ist s. f. G . W ill und Meinung, daß die Herrn Comissari und der Herr Obrist, in Bestellung solcher Kundschaft kein Geld sparen und nach Gelegenheit solcher Kundschaft, alsdann dasjenig handeln sollen, das sich zur Straf der Ungehorsamen und zu Schutz und Scherm auch Trost der Gehorsamen underthanen

140 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at lieber W ill und Meinung, daß der Herr Obrist, desgleichen auch die Haubtleut in fürfallenden wichtigen Sachen, ohne Vorwissen und ausdrücklich Gutheißen obbemelter Irer f. G. verordneten Comissarien nichts fürnemen, noch handeln, und dieweil dies Wesen allein von wegen etlicher Ungehorsamen angesehen, so soll die Sachen der- maßen angericht werden, daß s. f. G. gehorsame Untertanen des­ selben nit entgelten, sonder nur gesichert werden. Und hierüber ist s. f. G. gnedigs Begern, die Herrn des Ausschuß, die wellen sich jetzt erzählter Artikl halben, ob sie darin Mengel oder Bedenken haben, auch davon oder darzu zu thun, ver^ meinten, vernehmen lassen."1 A u s dieser Schrift, die am 11. Jänner 1565 dem von der Land- Schaft erwählten Ausschuß vorgelegt und von diesem auch gebilligt wurde, ist ersichtlich, daß man zur Unterdrückung der ganzen Be­ wegung im Gebirge nicht einen Kriegszug im wahren Sinne des Wortes für nötig hielt. Die Fähnlein sollten „umwunden bleiben und nicht fliegen". Die angeworbenen Kriegsknechte sollten nur einerseits als Besatzungen den Gehorsamen Schutz bieten, andrer^ seits aber die erzbischöflichen Kommissäre bei der Ergreifung der Rädelsführer unterstützen oder als Kundschafter dienen. Da die Namen der meisten Rebellen, Rädelsführer und Prädi­ kanten dem Hof bereits bekannt waren und Verzeichnisse darüber angelegt worden waren, so bestand die eigentliche Aufgabe der erz- bischöflichen Kommissäre und ihrer militärischen Hilfsmacht darin, den Aufenthalt der Ungehorsamen durch Kundschafter oder auf anderem Wege zu ermitteln und die Rebellen in Gewahrsam zu bringen. Mit einer organisierten Gegenaktion der Aufrührer, die etwa Kämpfe und Gefechte erfordern würde, schien man nicht zu rechnen. Die erzbischöfliche Regierung war überzeugt, daß mit der Unschädlich^ machung der Rädelsführer die ganze Bewegung im Keim erstickt würde. Aber auch die Strafe des bloßen „Überzuges" trug genug Schrecknisse an sich. Die Gerichtsgemeinden hatten durch die Einquar^ tierung und durch Kriegssteuern zu leiden, die Untertanen aber wurden durch die rohen, beutegierigen Kriegsknechte arg bedrückt.

1 Der Schrift ist noch folgende Nota beigefügt: „W as allein die Artikl an^ trifft, die müssen dreimal abgeschrieben werden, die ein soll sein bei den Herrn Commissarien zu Werfen, die ander bei den Commissarien zu Radstadt und sollen in Befehl eingeschlossen überschickt werden, die dritt Schrift aber soll der Obrist haben. Aber was das Verzeichnis der ungehorsamen betrifft, die soll bei den Commissarien zu Werfen sein und der Obrist soll auch darum ein Wissen haben/'

141 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Die Bürger und das Landvolk der Gerichte St. Johann, Sankt Veit und Goldeck wandten sich deshalb mit der Bitte an den E rz­ bischof, er möge die „Mißhandler väterlich strafen, die Unschuldigen aber vor dem durchziehen und Herbergen des Kriegsvolkes, davor die schwangeren W eiber und elenden Kinder aus Schrecken zum Himmel schreien, daß es ein Erbarmen ist", verschonen. Auch die Bürger und Inwohner des Marktes und Landgerichtes Golling bitten, da sie „mit betrübten Herzen hören", daß der Erzbischof mit dem Kriegsvolk, das zu Radstadt und W erfen liegt, auch Golling strafen wolle, um Schonung vor der schrecklichen Strafe des „Überzugs und des Plünderns". Der Erzbischof ließ sich aber in dem einmal gefaßten Ent­ schlüsse nicht mehr beirren und ordnete die Neuanwerbung von Soldknechten an. Um die Aufstellung der Fähnlein möglichst rasch durchführen zu können — sollte ja doch die ganze Aktion vor dem Frühlingsanfang beendet sein — suchte man im Erzstifte selbst und in den nächsten Nachbargebieten Kriegsknechte zu gewinnen. So gestattet Erzherzog Ferdinand, der von Johann Jakob ein „eigen­ händiges Schreiben über die unruhigen Läuf und ungehorsame Re­ bellion Irer Untertanen" in Salzburg erhalten, daß zwei salzburgische Hauptleute in Oberösterreich unbehindert Knechte anwerben dürften, nur sollten die letzteren auf ihrem Zuge ins Erzstift die Untertanen des Erzherzogs nirgends bedrängen.1 Die Nachricht über die von der salzburgischen Regierung ge­ troffenen Kriegsrüstungen verbreitete sich rasch von Gau zu Gau und rief bei den einen W ut und Erbitterung, bei den anderen aber Furcht und Schrecken wach. So berichtet Lamparter an den Propst zu W erfen

1 Schreiben des Erzherzogs Ferdinand an Erzbischof Johann Jakob, d. Prag,. 14. Jänner 1565. L.=R.=Archiv, Salzburg.

142 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Stützung seines Vorhabens gewendet. Erzherzog Ferdinand teilt in dem vorerwähnten Schreiben dem Erzbischof mit: er habe den Bericht „wegen der Rebellen Rädelführer, die in Tirol, sonderlich in den Bergwerken sich aufhalten", empfangen und deshalb Mandate erlassen, damit die Rebellen nirgends aufgenommen, sondern viel­ mehr gefangen und ausgeliefert würden. Auch die Regierung der oberösterreichischen Lande teilt in Beantwortung eines erzbischöflichen Schreibens mit, daß Mandate betreffend die „Aufsehung auf etliche aufrührerische und rebellische Untertanen nach Ischl, Lauffen und Hallstadt" geschickt worden seien. Auch seien im Namen des Kaisers daselbst die Salzamtleute und andere Obrigkeiten angewiesen worden, „damit solche aufrührische Personen bei Irer K. M. Untertanen nindert ausgehalten, beherbergt oder ainicherlei Fürschub gegeben w erde".1 Noch ehe der „Ü berzug" stattfand, hatten schon die Amtleute — freilich mit recht geringem Erfolge — versucht, den Aufständischen entgegenzutreten und die Rädelsführer gefangen zu nehmen. Ihre Macht schien aber hiezu nicht hinreichend, selbst dann nicht, als aus mehreren Gerichten des flachen Landes Gerichtsdiener zur Unter­ stützung der Richter und Pfleger in die Gebirgsgaue beordert wurden.2 Hans Krumpacher, der Richter zu „Taxenbach", versuchte Z u ­ sammenrottungen dadurch vorzubeugen, daß er in „Empach, Eschenau, Bruck und St. Georgen" die Stricke der Glocken aufziehen, die Türme versperren ließ und zudem den Mesner befahl, niemand zu den Glocken zu lassen.3 Die vom Landtag beschlossenen Rüstungen und dieNeuanwerbung von Landsknechten waren inzwischen rasch vollendet. Christoph Kuenburg undBurkardKölderer, die als Kommissäre in Radstadt weilten, berichten schon am u. Jänner dem Erzbischof, daß „bis in hundert Knecht" angekommen wären, „die man aber, um allerlei Unruhe und M ut­ willen zu verhüten, nit in die Stadt einlassen, sondern auf Altenmarkt beschiden. D a aber daselbs nur ein Wirtshaus und ohne das die Knecht daselb nit unterhalten werden mögen, hat man ein sonder Haus daselb fürgenommen, darin man Fleisch, Brot und Bier ver­ ordnet. Und ist fürgenommen, daß man allweg auf 10 Knecht ein Tag gibt 15 Pfund Pfleisch, für 15 Kreuzer Brot und auf 10 Knecht

1 Schreiben der oberösterr. Regierung an Erzbischof Johann Jakob, d. , 29. Jänner *565. (Hofkriegsrats-Akten 1565.) 2 Schreiben an die Pfleger zu Piain und Stauffeneck. Jänner 1565. (Hofkriegs­ rats-Akten.) 3 Brief des Richters von Taxenbach an den von St. Johann und St. Veit, d. 5. Jänner 1565. (Ebendaselbst.)

H3 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 5 Viertl Bier. A udi ist Schmalz und Mehl verordnet, damit sie am Freitag etwas anders auch kochen mögen". Einen Tag später meldet auch der W ald- und Bergmeister Diether nach Salzburg, daß „in die dreißig wohl gerüst Tirolisch Hackenschützen" durch Saalfelden gegen Radstadt gezogen seien. Die Ausrüstung der Söldlinge scheint aber nicht allzu trefflich gewesen zu sein. Ein Verzeichnis der in Radstadt liegenden 52 Knechte besagt, daß dreizehn einen eigenen „Hachen" hätten, siebzehn seien mit „Schweinspießen" bewehrt, die anderen aber erhielten ihre Wehr zu Werfen. Einem Knecht aber sei erst jüngst der Hacken zersprungen. Oberst Karl Kuen zu Belasy kam am 17. Jänner mit seinem Kriegsvolk zu Werfen an, wo unter dieses „etlich 40 Nürnberger Pulverflaschen" verteilt wurden. Beim Kriegsrat, den der Oberst hier mit seinen Hauptleuten und mit den erzbischöflichen Kommissären abhielt, kam man überein, den Angriff auf die Häuser der Rebellen womöglich zur Nachtzeit zu unternehmen. Kundschafter und „streifende Personen", die die Verstecke und Aufenthaltsorte der Prädikanten und Rebellenhäupter ausfindig machen sollten, hatten die Kriegsaktion inzwischen eingeleitet und vorbereitet. Über eine solche Streifung berichten Erasmus von Kuenburg und Siegmund Hofinger, Kommissäre zu Werfen: „der Hans Steiner und seiner Söhne halben, haben mir Gilgen Steigei, Seiler von Werfen und Augustin Michl von Laufen bede e. f. G. zugeschworene Lands^ knecht und der Heuser auch Landsart erfahrene, mit Rat des Haupte mann Hörtten und Leitnantens an negsten Sonntag morgen von hie aus zu gedachts Steiners Haus mit guter Instruktion abgefertigt. Die sein ungefähr zwischen 7 und 8 Uhr vor mittag daselb hinkommen. Haben nach vielen ansuchen und prakticiren zu letzt soviel ausgericht, ob ihnen die Behausung schon nicht geöffnet, sondern zu den Fenstern in der Rauch und Kuchlstuben Brot, Käse und Most um Bezahlung heraus­ geben worden, das sie dennoch ihn Steiner auch seine drei Söhne in der Stuben auch zu den Fenstern herauslugen gesehen und kennt haben, des kein Zweifl gemelter Steiner und seine Söhne sich anheim doch mit guter Gewarsam erhalten tun. E s hat ime gemelter Sailer gleichwol fürgenommen, sich krank zu steifen, das er het etlich Tag und besserer Erkundigung willen beim Steiner bleiben mögen. E r hat es aber nit erhalten können, so und wie er und sein Gesell abweg gangen ist zu Hand ein Büchsenschuß niemand weiß auf was List, geschehen. Doch ist ihnen kein Gefahr oder Widerwärtigs von jemand begegnet. Und damit gedachte zwee Knechte sich hinfür in solchen und merern ge­

144 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at brauchen wollen lassen sein Inen 4 Taler durch uns in E . f. G . Namen verehrt." Virgil Diether gelang es auf einer Streifung, den Rädelsführer „Dionis Glatz auf der March, so den Priester Valentin von der Thuenten in die Rauris hin und wieder beleiten behelfen" und den „Bartime Püchler zu Oberkirchen, so dem Richter den Sigmund Fleisch nemen helfen", gefangen zu nehmen.1 In anderen Kundschafterberichten wird mitgeteilt, daß Schlaf hauser in der Dienten außerhalb der Kirche gepredigt und gespeist habe. A us Sorge, aufgehoben zu werden, wolle er fortziehen, doch habe er ein kleines Kind und viele Bücher, so daß er nicht leicht fort könne. Auch soll er mit Ecker, Steiner, Einhauf W ölfl und Greßl Christan in einer Freitag^Nacht in der Dienten zusammengekommen sein. Z u St. Veit seien Steicher, Hausstetter und andere Anhänger Schlafhausers gesehen worden. Andere Rädelsführer daselbst, wie Hans Klingler, Egger und Stainer, sind entflohen. Der Prädikant aber werde durch Veit Reichart undWalher im Mülbach beherbergt. Von den Taxenbachern berichten die Kundschafter, daß sie nichts als das Sakrament beider Gestalt wollten. Auch in Zell sei alles ruhig. Hier sei man sogar wegen der neuen, vom Landtag bewilligten Steuer gegen die Ungehorsamen, die diese Steuer verursacht hätten. Aus Radstadt endlich wird gemeldet, daß aufrührerische Holz^ knechte bei der Musterung der Landsknechte von Ferne zugesehen hätten. Oberst Kuen war bei Ausführung seiner Aufgabe vollends an den Willen des Erzbischofes gebunden. Nichts sollte er ohne ausdrück­ lichen Befehl und ohne vorherigen Bericht an seinen Fürsten unter­ nehmen. Wenn die ganze Operation dennoch rasch vor sich ging, so darf man wohl schon daraus schließen, daß man es nicht einmal mit dem Versuch eines Widerstandes von Seite der Bauern zu tun hatte. Und in der Tat blieb der „Überzug" nur eine Strafexpidition gegen einzelne. Die Meldung, daß die Untertanen von St. V eit und Bischofs­ hofen ein Bündnis geschlossen, die Klamm besetzt hätten und zur Nachtzeit einen Überfall wagen wollten, erwies sich als ein leeres Gerücht. A m 22. Jänner gab der Erzbischof den Befehl, daß der Ausfall auf die Häuser der Rebellen zur Nachtzeit durchgeführt werden solle.

1 Bericht des V. Diether aus Taxenbach: „Bartime Püchler habe einst, als der Richter den Sigmund Fleisch von seinen Predigen, so er bei seinem Bruder Georg Fleisch in der Au gehalten, aufhob, Widerstand getan/' © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Die Fähnlein dürften hiebei nicht fliegen, sondern nur umwunden mit­ getragen werden,- es sei denn, daß sich die Ungehorsamen zur Gegen^ wehr stellen würden. Während des Überfalles, der nur die Gefangen^ nähme der Haupträdelsführer bezweckte, sollten aber zu Werfen und Radstadt je 100 Knechte Zurückbleiben. Nachdem das Kriegsvolk zu Radstadt und Werfen von den Hauptleuten Andre von Kalter und Hörtt gemustert und bezahlt worden war, wollte man den geplanten „Überfall" nicht mehr länger verschieben. Hauptmann Andre Silva ließ zur Besetzung Radstadts 50 Knechte und 1 Befehlsmann zurück, und zog mit dem übrigen Kriegsvolk am 23. Jänner nach Hüttau, um von hier aus zur Nachtzeit den Marsch über den Puechberg nach Bischofshofen fortzusetzen, wo er sich mit den Fähnlein des Obristen vereinen sollte. Schon während dieses Zuges sollte Silva die „verdächtigen Häuser überfallen und argwohnige Personen" gefangen nehmen. Der Oberst war ebenfalls von Werfen nach Bischofshofen gezogen, um die Rädelsführer „durch Überfall oder es sei, daß die Nachbarschaft dieselben herausgebe, zu fangen". A u f Schloß W erfen war aber des Hauptmann Hörtten Leutnant, Heinrich Schwarz, mit mehr als 70 Knechten zurück^ geblieben, die täglich den Lueg durchstreifen sollten, damit „nichts Widerwertiges geschehe". Von Bischofshofen aus unternahm der Oberst, den Karl Rorwolf als erzbischöflicher Kommissär und ein Schreiber begleiteten, mit den Hauptleuten Rösler und Silva einen Zug nach St. Johann und St. Veit,- während Hauptmann Hörtt mit einer Anzahl Schützen durch das „Buenfelt und Mühlpach" gegen St. Veit vorrücken sollte. Für jeden Ort erhielten die Hauptleute ein Verzeichnis der Ungehorsamen zu^ gestellt, so daß sie nur die vom Erzbischof bezeichneten Rebellen in Gewahrsam zu bringen hatten und nichts ohne ausdrücklichen Befehl unternehmen konnten. Offenbar wollte der Landesfürst damit er­ reichen, daß wirklich nur die von ihm als Rebellen bezeichneten Per­ sonen das Strafgericht ereilen sollte, während die anderen Untertanen unter dem gefürchteten „Überzug", nicht allzu viel Leid erdulden sollten.1 Schon am 25. Jänner war der Oberst mit zwei Fähnlein und mit Gefangenen nach Werfen zurückgekehrt. Auch Andre Silva hatte ^nach Aufhebung etlicher Personen in Bischofshofen" den Rückmarsch nach Radstadt wieder angetreten.

1 „Bericht ^er Kommissäre und des Brobst zu Werfen, d. 24. Jänner 1565", und „Bericht der Kommissäre, d. Werfen, 25. Jänner 1565."

146 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Die meisten Rädelsführer der Rebellen — so berichtet Kuen von Belasy nach seinem Zug an den Erzbischof — „sind aus St. Veit, Schwarzach, Mühlbach und Puchberg entflohen und haben ihre Häuser ziemlich geraubt". Unter den fünf Gefangenen, die man nach Werfen brachte, sei „Stoff Clingler ein halsstarriger Mensch, so daß mit ihm streng auch zuletzt mit etlich wenig angehengten Gewichten gehandelt" werden mußte. Seine Vettern und Hans Klingler seien sowohl an der vorigen als auch an der jetzigen Empörung beteiligt gewesen. Hans Klingler aber ist nach Steiermark zu seinen Brüdern entflohen. W olf Fatterhofer, Bäcker an der Schwarzach, soll sich bei Michl Rottenhofer in der Abtenau und Schlafhauser bei Georg Grueblechner ob St. Veit heimlich aufhalten. Hundert oder mehr Knechte seien deshalb durch den Mühlbach in die Dienten geschickt, um den Schlafhauser, Jörgen Grueblechner, Peter Klinglmaier und Blasius Hausstetter gefangen zu nehmen. A m Rückzug sollen sie auch den Holausen in der Dienten, Veit R eiher und seinen Sohn, Florian Ratzenperger, W olf Pecken an der Schwarzach als auch die Kainhofer und Klamprer aufheben. In W erfen selbst wurde Philipp Trilweger festgenommen, während des flüchtigen Egger halben an den Herrn von Admont und an Fränkinger, Landpfleger zu Wolkenstein, geschrieben worden sei. Den „Überzug" in die Dienten leitete Hans Pregl, der darüber dem Erzbischof berichtet , der sih Lorenz Diesperger shreibt, und der Bierwirt an der Sag Valtin Fiehstaller, bei dem der Prädikant au h aus und eingangen und verborgen gelegen, die sein den vordem Tag, den 23. Jänner mit iren Wehren entwichen". E r wolle aber gute Kundschaft tun und „dem Meßner in der Dienten, den Müllner der Christan Eisenknoll heißt und dem Kaltshmid nahsetzen".

147 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Eisenknoller wurde auch bald hernach festgenommen und mit den vielen anderen Gefangenen aus Dienten auf Hohensalzburg gebracht. In den letzten Jännertagen war also der eigentliche „Ü berzug" unternommen worden und damit schien auch dieser Kriegszug wider die Rebellen beendet, denn schon am 6. Februar konnte an Herzog Albrecht von Bayern, als den Nachbar fürsten, berichtet werden, daß der Ausfall auf die Ungehorsamen geschehen und einige gefangen worden seien. „Die Fürnehmsten sind aber entgangen oder vorher entflohen. M it Ausländern war allem Anschein nach kein Bündnis. Auch die Rauriser und Gasteiner schlossen sich ihnen nicht an und da also die meisten gehorsam blieben, ist ihnen das Herz entfallen und supplizieren nun etlich Gericht um Gnade." In das Gebirge wurden aber nunmehr Kommissionen entsendet, damit sich in jedem Gerichte die Ungehorsamen stellen und in acht Tagen alle Kriegs­ wehren von den Bauern abgelegt würden.

VII.

Auch nach dem Überfall des Kriegsvolkes auf die „Rebellen­ nester" trachteten die Amtsleute noch immer, die noch verborgenen Ungehorsamen aufzufinden und gefangen zu nehmen. Die meisten der Gefangenen wurden zum ersten Verhör vor die erzbischöfliche Kommission zu Werfen gestellt, die durch Boten mit dem Erzbischof in ständigem Verkehr stand und von diesem fast für jeden Einzelfall genaue Weisungen erhielt. So befiehlt Johann Jakob unterm 30. Jänner, diejenigen Gefangenen vom Gericht Werfen und St. Veit, „so in irer Aussag so gar generaliter gangen" gegen einen „Peenfall" zu entlassen. „A b er dieweil dennoch keiner unter denselben der nit etwas vermecht hette, so sollet ir inen billich merern Peenfall, als beschehen, auferlegt haben." Künftig sollen überhaupt als Peenfall wenigstens 50 bis 200 Dukaten gefordert werden. Gleichzeitig befiehlt er, den M arx Prandstetter und den Peter Kreitzperger „bei Bedrohung der Streng ja auch gar gebunden" nochmals zu verhören, weil sie über die ganze Empörung viel wissen müssen. V o r allem möge man aber Sorge tragen, daß endlich der Stegwalder gefangen werde. Schon drei Tage später wird nach Salzburg berichtet, daß derselbe gefunden und in Eisen geschlagen worden sei. Aber nicht nur die Kommissäre in Werfen und Radstadt, sondern auch Pfleger und Landrichter erhielten von Salzburg aus

148 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at ununterbrochen Befehle und Weisungen über Gefangennahme und Behandlung der Rebellen.1 In das Verzeichnis der Ungehorsamen und dadurch in Gefangen­ schaft gerieten aber auch manche durch bloße Angeberei. Andere wieder nahm man gefangen, um von ihnen Kenntnis über den Aufenthaltsort der Rädelsführer zu erlangen. So berichten die Kommissäre aus Werfen über einen Gefangenen, namens Augustin Platner: er sei ein „einfältiger doch ziemlich beredter und derber Kopf, welcher auf ein Frag zu Zeiten ungereimbt antwort, ob es nun aus Mangel des Gehörs, des Verstands oder dicklicher böser W eis geschah, das können wir nicht gründlich wissen, doch ist er ain hertter Arbeiter, ein Katholicus und wie der Richter anzeigt in diesem Carthumbl weder mit noch ohne W öhr nindert gesehen worden". Ebenso sei die Raunerin vom Puchberg, obwohl sie alt und schwach ist, in der Stille nach W erfen gebracht worden, denn man hoffe, daß sie über den Hans Steiner Genaueres wisse, da derselbe eine versperrte Truhe und zwei Kühe zu ihr gebracht habe. Die Aussagen der Gefangenen wurden von den Kommissären aufgeschrieben und samt einem Verzeichnis, „deren, so auf Widern Stellung und einen bestimmten Peenfall ausgelassen sein worden," dem Erzbischof übersendet. Anfangs Februar lagen in Werfen noch 13 Personen in Ge­ fangenschaft. 2

1 Befehle an den Pfleger zu Taxenbach

149 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Noch mehr Personen auszuheben, wie der Erzbischof befohlen hatte, schien den Kommissären bedenklich, da es an Gefängnissen mangelte, darin die Gefangenen „unterschidlich enthalten werden möchten" und „dann soll solches mit etlichen Rotten auch an untere schidlichen Orten des Gerichts beschehen, so gibt es abermals ein groß Geschrei und macht die Gehorsamen etwas unruhig, welche sonsten in Werk sein, an e. f. G. zu supplicieren und etwo einen andern leidenlichen W eg, dadurch die Ungehorsamen ohne Nachteil der Frommen zu Fenknus sollen gebracht werden, anzuzeigen". Ebenso­ wenig schien es ihnen am Platze, alle Gerichtsleute in Werfen zu versammeln, um die „recht schuldigen" auszuheben. Würde man aber bloß einen fangen, so wären die anderen damit gewarnt. Bei den Kirchen und Häusern soll jedoch durch geheime Kundschafter in Erfahrung gebracht werden, „welche Ungehorsamen noch anheimb und welche geflohen seien". Die meisten eigentlichen Führer der ganzen Bewegung und die Prädikanten — unter ihnen auch Schlafhauser — scheinen sich aber noch rechtzeitig durch Flucht gerettet zu haben. Ihr Hab und Gut fiel freilich dem Erzbischof zu eigen. Florian Ratzenperger z. B. war mit einigen anderen „über Spital nach Steier" entkommen. Da sich überhaupt viele Flüchtlinge ins österreichische Gebiet gewendet zu haben schienen, erließ der Erzherzog an die Landeshauptleute von Kärnten, Steier und Oberösterreich den Befehl, flüchtige Salz­ burger Rebellen gefangen zu nehmen und dem Erzbischof zu über­ antworten. Mit der Gefangennahme und Flucht der Rädelsführer war der Versuch einer religiösen Bewegung abermals unterdrückt und behindert. Jeder, der irgendwie im Verdacht der Ketzerei stand, wandte sich mit einer Bittschrift an den Erzbischof, um dessen Gnade zu erflehen. Dieser aber, um sich für alle Zukunft der katholischen Gesinnung und der Treue der Bevölkerung gegenüber dem Landesherrn zu ver^ gewissem, ernannte im Februar neuerdings Kommissäre, die das Unruhegebiet bereisen und die Untertanen der Gerichte Werfen, Abtenau, Lend, St. Johann, Golling, Kuchl, Wagrein, Radstadt, Taxenbach und St. Veit auf Glauben und Untertanentreue prüfen sollten. Gleichzeitig sollten in allen Märkten und Landgerichten des Gebirges jene Artikel, welche vom Jännerlandtag wider die Aufrührer beraten und beschlossen worden waren, neuerdings verkündet werden/ nämlich: l. Alle Ungehorsamen sollen „bei Strafe an Leib und Gut" den Befehlen der Obrigkeiten Folge leisten.

150 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 2. „Alle Kriegswehren, als Püchse, Helmpartten, Langspieß, Schlachtschwerter u. dgl.", die sie etwa versteckt haben, sind innerhalb acht Tagen abzuliefern. In jedem Haus dürfe nur ein Tierspieß und eine Armbrust vorhanden sein, „doch das sie dieselben öffentlich noch haimblich nit tragen, noch gebrauchen, denn allein in einem A u f bot und auf der Obrigkeit Erforderung". 3. Die Ungehorsamen dürfen „weder ihre Güter noch Gerechtig^ keiten in keinerlei W eg verkümmern". Für Gehorsame und Ungehorsame gelten weiters folgende A rtikel: 1. Alle Untertanen haben in geistlichen und weltlichen Dingen dem Erzbischof zu gehorchen. 2. Das Sakrament in beiden Gestalten zu empfangen, ist nur bei der heiligen Messe und nach vollzogener Beichte und erfolgter Vergebung der Sünden gestattet. Kindertaufe und andere Sakramente sollen in lateinischer und deutscher Sprache gemäß dem W ortlaut des Agend^Büchleins vom Jahre 1557 verrichtet werden. 3. Ferner sollen alle Untertanen den Kirchenbesuch nicht unter­ lassen, in der Kirche aber nicht selbst deutsche Lieder zu singen an­ fangen, sondern nur dem Pfarrer nachsingen. Fleischkost an Fast­ tagen ist bei schwerer Strafe verboten. 4. Den Pfarrern, Vikaren, Kaplänen und Gesellpriestern sollen ihre Rechte wie von altersher gegeben und das Opfer an gewöhn­ lichen Opfertagen nicht entzogen werden. 5. In und außer Land sei es verboten, zu „praktizieren oder heimlich versandt machen". 6. Ungehorsame soll man nicht unterstützen, noch beherbergen und „hierin kein Bluets Freundschaft noch anders sehen, sondern der Obrigkeit anzeigen". 7. Gegen Ungehorsame soll jedermann den Amtsleuten Hilfe und Beistand leisten. 8. Alle „Pücher, Gemäl, Gesang und Reim, sie seien gedruckt oder geschrieben" sind auszuliefern. „W as daraus verführerisch Schand Gemäl Gesang und Reim" soll die Obrigkeit dem Erzbischof übersenden. W as als ungerecht erkannt, dürfen Untertanen weder kaufen, noch geschenkt annehmen, noch gebrauchen. 9. „Zusammengäng und Winkelpredigten halten und alles vor^ lesen in Häusern, bei Mannen und W eibern, außer aus erlaubten Büchern", ist verboten. 10. In Städten und Märkten dürfen nur von der Obrigkeit anerkannte deutsche Schulmeister Schule halten, in den Gerichten sollen die deutschen Schulen durchaus abgestellt werden. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 11. Niemand soll ohne erzbischöfliche Erlaubnis in Städten oder Märkten das Bürgerrecht erhalten. 12. „D ie Obrigkeit verletzlich anzugreifen, antasten, schmähen oder belästigen" ist verboten. Gegen Bedrückungen durch dieselbe sind Beschwerden gestattet. 13. Wirte und andere Personen sollen niemanden über Nacht beherbergen, „sie wissen denn um solche Personen zu versprechen". Verdächtige sind anzuzeigen. 14. Die Amtspersonen haben alles aufzuwenden, um A u L wiegier, „sie seien fremd oder Inwohner", gefangen zu nehmen. 15. An gebotenen Feiertagen soll unter dem Gottesdienste weder öffentlich noch heimlich Branntwein geschenkt werden. Diesen Artikeln soll nicht nur jeder Untertane für sich nach- kommen, sondern „auch bei Weibern, Kindern, Eheehalten und Dienstboten darob sein". Härter als die Strafen der in Gefangenschaft Geratenen, ob­ wohl einzelne ihr ganzes Hab und Gut einbüßen mußten, war die drückende Steuerlast, die durch die Kriegsaktion dem Lande auf­ erlegt wurde.1 Die Ausrüstung und Besoldung der Kriegsknechte erheischte allein mehr als 40.000 Gulden. Zudem waren W erfen und Rad­ stadt neu befestigt worden und auf der Feste Werfen wollte der Erzbischof auch fürderhin eine „beharrliche Besatzung halten, dieweil dise Befestigung ein Schlüssel von dem Gebirg, heraus zu dem ganzen Land und auch ein Vormauer der Hauptstadt und dem Schloß Salzburg allhie wäre, welche die Correspondenz gegeneinander zu jeder Zeit halten sollen,- darüber aber auch jährlich in die vier oder fünf Tausend Gulden laufen und aufgewendt werden müssen". Um die Mittel zur Deckung dieser besonderen Auslagen auf­ zubringen, sah sich der Erzbischof genötigt, sich wieder an die Stände um Steuerbewilligung zu wenden. Für den 18. Juli 1565 war deshalb wieder ein Landtag ein­ berufen worden. Am Mittwoch vor Magdalena versammelten sich die drei Stände der Landschaft um 8 Uhr früh in der neuen, großen Ratsstube gegen den Asthof, worauf der Kanzler Sebastian Hof- linger zu Imblsheim, beider Rechten Doktor, Hof-Urbar und Land­ richter zu Glan und Pfleger zu Neuhaus, die Ursache der Berufung

1 V gl. „Mein Hansen Geitzkoflers fürstl. Salzburg Silberhandls Verwalter Ausgaben, so auf das Kriegswesen, welches ein Zeit lang von wegen der linge^ horsamen Untertanen im Gebirg, gehalten worden, auch auf Zerungen Potenlon und anderem in Zeit solcher unruhig Leuf beschehen. 156 4—65". Landes^Archiv, Salzburg.

*52 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at der Stände erläuterte und den schriftlichen Fürtrag des Landesfürsten zur Verlesung brachte. Hierauf wurde ein während des Landtages handelnder Ausschuß erwählt1 und der Beschluß gefaßt, daß die Landschaft auch nachher „einen neuen Ausschuß mit vollmächtiger Gewalt hinter sich lasse, der mit und neben S. f. G. in fürfallen­ den Sachen handeln soll". In sechs Artikeln faßte die Landtags-Proposition die Forderungen und Wünsche des Erzbischofes zusammen. Erstens sollte die Land^ schaff die schon vom Jännerlandtag in Aussicht gestellten 20.000 fl. erlegen. Zweitens sollte sie beraten, wie die Kosten der Besatzung in W erfen gedeckt werden könnten,- „ob dasselb mit einem neuen Ungeld auf den W ein zu schlagen oder sonst durch ander bequeme und ersprießliche Mittel zu errichten." Drittens sollten die 88.951 fl. gezahlt werden, die das Landsbergische Bündnis erfordert hatte. Viertens sollte ein „statlicher Vorrat an G eld" geschaffen werden, aus dem dann auch dem Kaiser die Türkenhilfe geleistet werden könnte. Zum fünften fordert der Erzbischof die Durchführung einer Eidsteuer, die schon im Jahre 1538 zur Abzahlung jener Schulden, die dem Erzstift durch den Bauernkrieg erwachsen waren, bewilligt worden war. Im letzten Artikel endlich heißt es: „Nachdem der jüngst Landtags Abschied mit sich bringt, daß S. f. G . gegen den ungehorsamen Rebellen mit gebührender Straf verfaren soll und das eine ersame Landschaft in dem zu irem f. G . mit Rat und Tat, auch Leib und Gut setzen will, so hat S. f. G . von allen Rebellen, so fänglich ankommen, ir jedwedes Aussag und Bekenntnis, anfänglich nach langen Beschreiben und folgends in einen kurzen Auszug bringen lassen, der dann auch bei der Hand, daraus eines jeden Rebellen Verbrechen zu vernehmen." Der Landtag aber möge dem Erzbischof treulich raten „wessen sich S. f. G . gegen jeden aus den Verbrechern verhalten lassen soll. Und dises Begehrens hat S. f. G . um so viel mehr Ursach, damit dieselb nit in Verdacht gezogen werde, als wollte

1 „ Ausschuß während des Landtages: Prelatenstand: 1. Christof Bischof zu Chiemsee, 2. Christof, Domprobst und Erzpriester zu Salzburg, 3. Wilhelm von Trautmannsdorf, Domdechant und Offizial in Salzburg, 4. Benedikt, A b t zu Sankt Peter. — Ritterschaft und A del: 1. Jakob von Thurn zu Neubairn und A u , Erb^ schenk des Erzstiftes, fürstl. Rat und Pfleger zu Liechtenberg, 2. Georg von Tör^ ring, 3. W o lf Adam von Haunsberg. 4. Hans Wolfhard Überraker, 5. Erasmus von Kuenburg. 6. Christof Perner, 7. Virgil Diether, 8. Eustachius Gold. — Städte und Märkte: Stadt Salzburg: Georg Unterhölzer, in seinem Abwesen W o lf Schütz zinger. — Andere Städte: Wolfgang Kagermeier, Bürger zu Hallein. — Märkte: Hans Schrot, Richter zu Neumarkt/'

153 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at sie in eigner Sachen etwo mehr, als sie der Gebühr nach befugt, fürnehmen".1 Die Stände kamen bei ihren Beratungen überein, folgende Rat­ schläge „zu Erhaltung von Fried und Ruhe im Stift" dem Erzbischof zu unterbreiten: 1. Zur Hintanhaltung neuer Empörungen soll die Geistlichkeit die erzbischöfliche Konzession betreffend das Sakrament bei­ der Gestalt genau beachten. Dafür aber soll den Pfarrern und Gesellpriestern „ir pfarrliche Recht samblung und Com - petenz wie von alter gereicht und dieselb nit abbrochen werden, wie jetzo an viel Orten beschiecht, bei der Straf eines Gerichtswandls, welcher sich darin ungehorsam er­ zeigen würde". 2. D a die Erhaltung der Ruhe auch viel von den Bergwerks- Gesellschaften abhänge, soll jeder Knappe, Holzknecht oder andere Bergwerksarbeiter unter Eid gezwungen sein, den Obrigkeiten Gehorsam zu leisten. W er die Gesetze der Religion nicht achtet, soll überhaupt nicht aufgenommen werden. 3. Alle Amtsleute mögen Gerichtsdiener zu ihrer Hilfe erhalten. Dem Viertlmeister, Rott- oder Riegenmeister und den Gerichts­ leuten aller Gerichte sei aufzutragen, der Obrigkeit auf deren Ruf jede Hilfe zu gewähren. 4. Alle jene, die an der Rebellion teilgenommen, sollten ihre Büchsen und W ehr der Gerichtsobrigkeit abliefern. Das Waffentragen aber sollte „in den gemeinen Gerichten" bei Strafe verboten sein. 5. Allen Untertanen möge befohlen worden, alle „heimlichen Conventicl und Zusammengang bei schwerer Straf zu meiden". 6. Verführerische Bücher sind der Obrigkeit abzuliefern. 7. Endlich sollten „Schulmeister auf dem Geu so sich der teut- schen Schulen gebrauchen, genzlich verboten und nicht geduld werden".

1 A u f den Fürtrag des Erzbischofes verfaßte der Ausschuß des Landtages eine schriftliche Antwort, die dann der Landschaft verlesen und von dieser bewilligt wurde. (Ausschuß^Antwort, dato 21. Juli.) Darauf hat der Erzbischof wieder repliziert

*54 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Ferner bewilligte der Landtag dem Erzbischof alle Forderungen und faßte den Beschluß, daß eine „zwifache Aidsteuer, von dem Gulden in den Märkten und auf dem Land 12 Pfennige und in den Stetten 8 Pfennige" erhoben werden sollte. Bestrafung und Begnadi­ gung der Rebellen stellte der Landtag ganz dem Ermessen des Erz^ bischofs und seiner Räte anheim, nur wurde die Bitte angefügt, „daß s. f. G. in ansehung der Verbrecher überstandner langwieriger Ge­ fängnis und das villeicht etlidh aus Einfalt in die Ungehorsam möchten gewachsen sein, mit fürstlicher Milde und Barmherzigkeit dieselben bedenken w olle".1 Der nach Beendigung des Landtages zurückbleibende, ständige Ausschuß schritt dann vor allem an die Durchführung der Steuer­ eintreibung. A m 3. August wurden die Steueranleger aller vier Bezirke vor den Ausschuß in die goldene Stuben am H of mit ihren Schreibern berufen, um die „Instruktion, darin die Steuerumbreiter einen lautern Beschaid haben sollen" zu empfangen. Dieser zufolge sind der Gotteshäuser, Pfarrer, Kapläne, Spitäler, Bruderschaften und Zünfte jährliche Einkünfte steuerfrei,* wohl aber sollen ihre Hintersassen und andere Bauersleute besteuert werden. Edle und Unedle, die nicht in der Landschaft sind, aber in der Stadt Salzburg wohnen, sollen samt ihren „Eehalten" und deren Vermögen durch die Generalsteuereinnehmer zu St. Peter in Salzburg erfordert und von ihren Gülten, Zinsen und liegendem Geld auf den fünften Teil besteuert werden. Die „Leibgedinger und veranleiten Freistifter" sollen nach Gelegenheit ihres Alters und nach Größe ihrer Güter belegt werden. Auch ihr „anderes Vermögen und fahrend Hab oder ob sie auf andern Gütern Erbgerechtigkeiten hätten" seien sie zu versteuern schuldig. „Ausländer Prälaten und vom A d el, die nit Landleut im Stift sind, sollen von ihren Gülten, es sei Getreide, Pfennig Gült oder anders, den 5 Pfennig geben,* also auch die Bürger und Bauern, die außer Lands sitzen und Gülten und Zins im Stift haben. So sollen die Steueranleger in ihren Gezirken einen jeden derselben Holden und Hintersassen albeg die Dienst, so sie ihren Herrn jährlich reichen, es sei Traid, Pfennig gült oder anders, den 5. Teil in ires Holden Steuerzetl hinzuschreiben und ihnen aufladen, daß sie solchen 5. Teil der Gült, auch wie die andern ir Steuer auf die zwo Fristen bezalen und iren Grundherrn am Dienst autheben." Durch Anwendung der ihm zu Gebote stehenden Machtmittel hat also Erzbischof Johann Jakob die Gegner geworfen und die

1 „Landtags^Abschied", d. Montag nach Magdalena den 23. Juli 1565.

155 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Gegenreformation durchgeführt. D a er aber auch wohl wußte, daß nicht so sehr durch Waffengewalt als vielmehr durch Beherrschung und Beeinflussung des Volksgeistes der religiöse Glaube der Unter­ tanen bevormundet werden könne, so erließ er auf einer Synode des Jahres 1569 eine Schulordnung, die den religliösen Volksunterricht nach den Vorschriften des Trienter Konzils regelt und die Schul­ meister unter strenge Aufsicht stellt. Bei jeder Visitation sollen dieselben über ihr Glaubensbekenntnis Rechenschaft ablegen.1 A ber trotz alledem blieb der Sieg der alten Kirche kein dauernder.

1 Contitutiones et Decreta, concinnata in provinciali Synodo Salisburgensi edita Anno Dnmini M D L X V IIII. Dillingae, Excudebat Sebaldus M ayer M D L X X IIII Constitutio 59, S. 297 bis 307.

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