Bauernunruhen Und Gegen Reformation Im Salzburgischen
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Mitt(h)eilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde Jahr/Year: 1910 Band/Volume: 50 Autor(en)/Author(s): Köchl Karl Artikel/Article: Bauernunruhen und Gegenreformation im salzburgischen Gebirge 1564/65. 107-156 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at BAUERNUNRUHEN UND GEGEN REFORMATION IM SALZBURGISCHEN GEBIRGE. 1564/65. Von KARL KÖCHL. I. ie Lehre Luthers hat im Erzstift Salzburg schon in den ersten Regierungsjahren des Erzbischofes Matthäus Lang <1519 bis 1540) Eingang und Anhang gefunden. Prediger und Prädi Dkanten durchzogen selbst die abgelegensten Alpentäler und nament lich die Bergwerksorte wurden die Stätten einer regen religiösen Be^ wegung. Der große Bauernkrieg des Jahres 1525, der im folgenden Jahre im Erzstift Salzburg eine blutige Wiederholung erfahren hatte, hat, obwohl nach Ursache und Beweggründen mehr eine soziale und wirtschaftliche Folgeerscheinung, durch die Lutherlehre mächtige An regung und Förderung erfahren. Durch ihn war erwiesen, daß die Lehren des Wittenberger Mönches in Salzburg fruchtbaren Boden gefunden hatten.1 Die durch die fürstliche Waffengewalt niedergeworfene Bauern erhebung wurde von der Herrenpartei als eine „aus der religiösen Bewegung entsprossene Saat" bezeichnet und mit erneuter Kraft wurde die Verfolgung und Bestrafung religiöser Neuerer fortgesetzt. Die Jahre nach dem Bauernkrieg brachten zahlreiche Hinrichtungen gefangener Ketzer. Unermüdlich durchzogen Kundschafter und Spione das ebene Land und das Gebirge, um nach jenen zu fahnden, die sich den erzbischöflichen Mandaten und Erlässen nicht fügen wollten. Aber selbst solche Gewaltmittel waren nicht imstande, die einmal entfachte Bewegung im Keime zu ersticken. 1 Vergl. Köchl K. Die Bauernkriege im Erzstift Salzburg in den Jahren 15Z5 und i5z6, Mitteil. d. Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, X LV II <1907). 107 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Zeigte sich auch die Masse der Bevölkerung, durch Drohungen in Angst und Schrecken gesetzt, unterwürfig und gehorsam, so fanden sich doch da und dort immer wieder willensstarke Männer, die für ihre Überzeugung selbst ihr Leben aufs Spiel zu setzen entschlossen waren und, zu Märtyrern ihres Glaubens geworden, die Zögernden mit sich rissen. So wurde 1528 der ehemalige Barfüßermönch Georg Scherer enthauptet, weil er in Radstadt lutherische Lehrsätze gepredigt hatte und im Gefängnis sein Bekenntnis nicht widerrufen wollte.1 Im selben Jahre erfolgte auch im benachbarten Innerösterreidh ein M an dat der Regierung wider „die verführerischen verdammten Lehren, Sekten und Opinionen".2 A udi eine geistliche Visitation wurde an geordnet, doch ließ die drohende Türkengefahr einen Vergleich und kirchlichen Frieden wünschenswert erscheinen. Erzbischof Matthäus, der bestrebt war, Verbesserungen zum Heile der Kirche durchzuführen, hoffte durch einen geordneten reli giösen Volksunterricht der Einheit des Glaubens am besten zu dienen. A u f der Kirchenversammlung des Jahres 1537 wurde deshalb die Verordnung erlassen: „damit man nicht in irgend in wesentlichen Stücken des Glaubens irren möge", sollten nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder, sobald sie zu reden anfangen, im Glaubens bekenntnis stets unterrichtet werden. Die Prediger aber sollen das Volk belehren, damit die Gebote und Gebräuche der Kirche und älteren Christen gehalten würden.3 Längs Nachfolger, Erzbischof Ernst <1540—1554), wollte in gleicher W eise durch zeitgemäße Reformen dem Abfall der Gläubi gen von der alten Kirche Vorbeugen. Die zu diesem Zwecke im Jahre 1549 in Salzburg abgehaltene Provinzialsynode scheiterte aber an den Gravamina, die die Geistlichkeit auch hier wieder gegen die weltliche Macht vorzubringen wußte.4 Die Verkünder der neuen Lehre fanden daher immer wieder Anhänger. Wiederholt wird in der folgenden Zeit über Gefangen nahme und Bestrafung von Ketzern berichtet. 1550 entdeckte man in Golling mehrere Wiedertäufer, die mit denen von Mähren in Verbindung standen. Erzbischof Ernst erbat sich damals vom päpst lichen Nuntius in Wien eigens die Erlaubnis, „dergleichen Schwär m er", wenn sie ihrem Irrtume entsagen, vom Verbrechen der 1 Zauner, Chronik von Salzburg, VI, 125. 3 Loserth, die Reformation und Gegenreformation in den innerösterr. Ländern. S. 56 ff. 3 Rumpler, Geschichte des Salzburgischen Schulwesens, S. 44 ff. 4 Loserth, S. 92 ff. 108 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at Ketzerei lossprechen zu dürfen.1 2 1551 wurden acht österreichische Priester, weil sie im Verdachte lutherischer Gesinnung standen, dem Erzbischof als ihrem Metropolitan zur Untersuchung und Bestrafung überliefert. 1554 wurden sie nach endlichem Widerruf ihrer Mei nungen in Freiheit gesetzt. Nur einer blieb hartnäckig und starb in Gefangenschaft.2 1553 wurden gegen 300 bayrische Bauern des Salzburger Kirchensprengels, die von der katholischen Kirche abge fallen waren und insbesonders das Abendmahl unter beiden Gestalten gefordert hatten, in Mühldorf zur Annahme der alten Glaubens artikel bewogen.3 Energischer als Erzbischof Ernst suchte dessen Nachfolger, Michael von Kuenburg <1554^1560), den Entschluß, die katholische Religion aufrecht zu erhalten und das Land von allen Sekten und Ketzereien zu reinigen, zur Durchführung zu bringen. Schon im ersten Jahre seiner Regierung veranstaltete er eine Generalvisitation der Gebirgsgaue durch den Domherrn Wilhelm von Trautmannsdorf, der im Juli und August den Pongau, Lungau und Pinzgau besuchte und über das Resultat seiner Bereisung dem Erz bischof genauen Bericht erstattete. Trautmannsdorf hat bei Durchs führung der ihm übertragenen Aufgabe nicht bloß den Glauben der Bevölkerung geprüft, sondern auch auf die Schulmeister sein be sonderes Augenmerk gerichtet, woraus man wohl schließen darf, daß diese in der Neuerungsbewegung gerne eine tätige Rolle zu spielen pflegten. So berichtet er: „Zu Kuchl und Golling haben sie kain Lateinischen, aber Teutsch schulmaister, daran aber der Pfarrer kainen mangl weiß. Zu Werfen ist kein Schulmaister. Der Schulmaister zu Radstadt, so erst Georgi verschinen angestanden, ist in negocio religionis in kainen Verdacht. Der Schulmaister in der Gasteun ist in kainen Verdacht, hat wenig und Jung knaben, die mit der grammatica zu tun haben,* doch lihst er Inen das neu Testament. Zu Daxnbach ist kain sundere Stiftung, auch weder Schul, noch Spital nit. In der Rauris ist der Schulmaister Catholicus, hat aber nit über drei knaben. Zu Zell in Pinzgau ist der Schulmaister auch Catholicus. Zu Saalfelden sind zween lateinisch schulmaister, lesen aber nicht ergerliches, haben auch wenig knaben."4 In vielen Orten des Gebirges traf der Visitator auf Wiedertäufer, auf Utraquisten, die bei der Kommunion auch den Kelch verlangten, auf Lutheraner und vielerlei Sekten. In Radstadt waren in diesem Jahre wenige 1 Zauner, V I, 283. 2 Zauner, V I, 293. 3 Zauner, VI, 298. 4 Rumpier, 49 ff. und Zauner, V I, 326 ff. 109 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at zur heiligen Kommunion gegangen, denn sie verlangten den Gebrauch des Kelches. Auch war daselbst ein Priester, der dem Volke das Abendmahl unter beiden Gestalten reichte. Ein Bauer soll es sogar gewagt haben, den in der Kirche predigenden Pfarrer offen einen Lügner zu heißen. Z u Tamsweg wollten die Untertanen nichts opfern, weil man ihnen den Kelch verweigerte. In der Gastein traten zwei Bauern als Lehrer auf und predigten in den Häusern. Einer derselben forderte sogar die Abstellung der erzbischöflichen Religionsmandate und versuchte die Bevölkerung zum Aufstand zu reizen. In den meisten Orten aber, so in W erfen, Radstadt, Sankt Veit, St. Johann, Gastein, Rauris und Taxenbach, war nach dem Berichte die Zahl derer, die den Kelch forderten, eine ansehnliche.1 Die Ansicht, daß auch der Laie das Abendmahl unter beiden Gestalten nehmen müsse, scheint unter der Bevölkerung überhaupt rasch Anhänger gefunden zu haben. Die erzbischöfliche Regierung scheint aber, anfangs wenigstens, die Forderung nach dem Kelche noch keineswegs als untrügliches Zeichen eines Abfalles vom Glauben aufgefaßt zu haben. Denn während einerseits über Vertreibung von Lutheranern aus Stadt und Land berichtet wird, hat Erzbischof Michael sieben bayrischen Priestern, die wegen Verbreitung lutherischer Lehrsätze vor sein Gericht gebracht wurden, nach W iderruf ihrer Ansichten doch gestattet, das Abendmahl unter beiden Gestalten auszuteilen, wenn sie dies ohne Ärgernis tun könnten und wenn sie diejenigen nicht verdammten, welche die Kommunion nur unter einer Gestalt empfangen. Solche Erlaubnis sollte freilich nur für den Einzelfall Geltung haben und keineswegs zur Regel werden. Um Neuerungen abzuwenden und die alten Satzungen, Gebote und Ordnung der katholischen Kirche aufrecht zu erhalten, ließ derselbe Erzbischof das schon in der Zeit des Erzbischofes Leonhard erschien nene Agendbüchlein oder Ritual (Libellus Agendorum circa Sacra^ menta, Benedictiones et Ceremonias, secundum antiquum usum Metropolitanae Ecclesiae Salisburgensis), durch deutsche Erläuterungen ergänzt, neu erscheinen. Gleichzeitig erfolgte ein Religionsmandat <23. Juli 1557),* welches den Untertanen gebot: „D as sich Niemand, was Standes und Würden der sei, Geistlich oder Weltlich einiche Neuerung in unserer alten Heiligen