Lexikon Der Oper

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Lexikon Der Oper Lexikon der Oper Komponisten - Werke - Interpreten - Sachbegriffe von Elisabeth Schmierer 1. Auflage Lexikon der Oper – Schmierer schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Thematische Gliederung: Musiktheorie, Musikästhetik, Kompositionslehre Laaber 2002 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 89007 524 2 BLUTHOCHZEIT 213 BLUTHOCHZEIT und beschwört in eindringlichem Klagegestus Lyrische Tragödie in 2 Akten (7 Bildern) von jenes Messer, durch das zwei Männer, schicksal- Wolfgang Fortner. UA: 8.6.1957, Städtische haft vorbestimmt, den Tod fanden. Oper, Köln. Libretto: Federico García Lorca Kommentar: Fortners Bluthochzeit steht eben- nach Bodas de sangre. Tragedia (1933); Über- so wie seine zweite Lorca-Oper In seinem Gar- setzung aus dem Spanischen von Enrique Beck. ten liebt Don Perlimplín Belisa (1962) in der Handlung: Der Bräutigem (Spr.) will in den neu- Tradition der modernen Literaturoper. Im Mit- erworbenen Weinberg, um Trauben zu schnei- telpunkt des mythisch-zeitlosen, symbolhaft den. Er bittet seine Mutter (dramat. S) um ein überhöhten Geschehens steht als zentrale Figur Messer, die erschrocken auffährt, denn die Vor- die Mutter, welche die schicksalshaften Mächte stellung eines Messers ruft böse Erinnerungen in der Lebensverstrickungen verkörpert, denen die ihr wach, fielen doch ihr Mann und ein Sohn nur scheinbar handelnden Subjekte unterworfen Messerstichen zum Opfer, Bluttaten der feindli- und ausgeliefert sind. Um den Charakter des chen Sippe Félix’. Um sie abzulenken, spricht Wortdramas in seiner Spannung zwischen lyri- der Sohn von seiner bevorstehenden Heirat. Die schen Partien und den Prosadialogen, die die Mutter ist von seltsamen Vorahnungen erfüllt, Handlung vorantreiben, zu wahren, reicht verspricht jedoch, am nächsten Tag im Ödland Fortners Interpretation von gesprochenen Dia- um die Hand der Braut anzuhalten. Voller logen über melodramatisch untermalte Partien Schrecken hört sie, daß die Braut früher mit bis hin zu lyrischen Kantilenen und zuweilen Leonardo Félix (Bar) verlobt war, der nun aber weitgespanntem Espressivo. Die Grundelemente mit deren Cousine verheiratet ist. Allerdings ist der Partitur werden gleich zu Beginn des ersten er mit ihr nicht glücklich. Seine Frau und ihre Bildes exponiert: eine von den Holzbläsern vor- Mutter, die das Kind in den Schlaf wiegen, be- getragene Zwölftonstruktur, eine in der Oboe helligen ihn mit mißtrauischen Fragen, auf die er angedeutete Volksliedmelodie, ein rhythmisches barsch reagiert. – Bräutigam und Mutter er- Modell in der Gitarre und ein polytonaler Ak- scheinen im Haus der Braut. Man wird sich kord in Flöten und Klarinetten sind die Keimzel- schnell einig. Der herbeigerufenen Braut werden len, auf denen der musikalische Verlauf basiert die Geschenke überreicht und die Hochzeit auf und die im Sinn des Schönbergschen Prinzip der die kommende Woche festgesetzt. Am Morgen entwickelnden Variation vielfältige Gestalt ge- des Hochzeitstages läßt die Braut sich nur wider- winnen und jedem der sieben Bilder einen spe- strebend den Brautkranz aufsetzen. Als erster zifischen Grundton verleihen. – Der Gefahr, die Gast erscheint Leonardo und wirft ihr vor, ihn in Lorcas Tragödie thematisierte Blutrache in damals wegen seines bescheidenen Besitzes abge- veristischer Manier auszukomponieren, tritt wiesen zu haben. Als die übrigen Gäste erschie- Fortner durch musikalische Zurücknahme ent- nen sind, drängt die Braut darauf, möglichst gegen. So wird der Tod der beiden Rivalen nur rasch zur Kirche zu fahren. Der Anblick der durch zwei von einem Schlagzeugwirbel beglei- feindlichen Sippe läßt bittere Gefühle in der tete Schreie angedeutet; das Liebesgeständnis Mutter aufsteigen. Als das getraute Paar aufge- der Braut an Leonardo erklingt in äußerstem fordert wird, den Bänderreigen zu tanzen, ist die Pianissimo. Von Zurücknahme zeugen auch die Braut verschwunden. Auch Leonardo ist nirgends folkloristischen Elemente der Partitur. Zwar aufzufinden. Der Bräutigam nimmt die Verfol- scheinen andalusische Volksweisen auf, doch gung in den nahen Wald auf. Ein Holzfäller mit sind sie der Fortnerschen Musiksprache, die bleichem Gesicht, Personifikation des Mondes, eher auf Distanzierung abzielt, amalgamiert und und eine Bettlerin, Repräsentantin des Todes, treten nur stilisiert in Erscheinung. – Bluthoch- weisen ihm den Weg. Man hört zwei Schreie: die zeit gehört inzwischen zu den Klassikern des beiden Rivalen haben sich gegenseitig erstochen. modern Musiktheaters. Nach seiner sehr erfolg- – Abschließend versammeln sich die Frauen. reichen Uraufführung anläßlich der Eröffnung Voller Zorn und Verzweiflung schlägt die Mutter des neuerbauten Kölner Opernhauses unter der des Bräutigams die eintretende Braut, welche von Leitung von Günter Wand wurde das Werk viel- ihr den Tod erfleht. Aber diese wendet sich ab fach gespielt. 214 BOCCACCIO Literatur: Florentinerin« verrät Pietro Boccaccios ältere W. Fortner, Bluthochzeit nach Frederico García Ansprüche auf Fiametta. Pietro verzichtet gern Lorca, in: Melos (1957), Heft 3, S. 71–73 • F. K. auf die Heirat, um weiterhin seiner Liebschaft Prieberg, García Lorca in der Neuen Musik, in: mit der Faßbindersfrau Isabella (S) nachgehen Melos 27 (1960), S. 331–335 • U. Stürzbecher, zu können. Werkstattgespräche mit Komponisten, München 1973, S. 101–111 • U. Dibelius, ›Wolfgang Fortner: Kommentar: Zu den immer wieder aufgegriffe- Wege – Werk – Wesen‹, Komponisten in der Paul nen Klischees der Suppé-Rezeption gehört es seit Sacher Stiftung, Basel 1986, S. 251–260 • B. Weber, dem von Nationalismen geprägten 19. Jahrhun- Wolfgang Fortner und seine Opernkompositionen, dert, in Boccaccio hätte der »italienische Teil Mainz 1995. von Suppés Blut« sein ideales und wahres Betä- MS tigungsfeld gefunden – eine bizarre Fehldeutung, hatte doch Suppé gar keine italienischen Vorfah- ren, auch wenn seine Familie zeitweise in Itali- BOCCACCIO en ansässig war. Gleichwohl besticht an dieser Komische Oper in 3 Akten von Franz von berühmtesten Operette Suppés vor allem das Suppé. UA: 1.2.1879, Carltheater, Wien. Libret- Florentiner Kolorit, die Buntheit des südlichen to: F. Zell und Richard Genée, nach der Komö- Treibens, hat die Schilderung der Atmosphäre die Boccace ou Le Décaméron (1853) von Jean rund um den Dichter Boccaccio mit ihren Strei- Bayard, A. de Leuven, Léon-Lévy Brunswick chen und amourösen Spielereien deutlichen und Victor-Arthur de Beauplan, nach Il Deca- Vorrang vor der Entfaltung einer zielgerichteten merone (1349–1353) von Giovanni Boccaccio. Handlung. Während im ersten Akt diese Atmo- Handlung: Der Novellendichter Giovanni sphäre in mehreren umfangreichen Ensemble- Boccaccio (Mez) wird in Florenz gleichermaßen und Chorszenen ausgebreitet wird, lehnt sich geliebt wie gehaßt: geliebt von den Frauen, die der zweite Akt recht eng an Episoden aus dem er in seinen Geschichten äußerst schmeichelhaft Siebten Tag des Decamerone an. Im dritten Akt zeichnet, geliebt auch von seinen Studenten- schließlich erfahren die Italianità und die Liebe freunden, die er im größten Schabernack unter- Boccaccios und Fiamettas ihren Höhepunkt in stützt, gehaßt hingegen von den Ehemännern, dem Duettino »Mia bella Fiorentina« (Nr. 18), die er als Dichter wie als Liebhaber immer wie- neben Fiamettas sentimentalem Walzer-Lied der düpiert hat. Dem Vorbild Boccaccios will »Hab’ ich nur deine Liebe« (Nr. 6) der ›Schlager‹ sich auch Pietro, der Prinz von Palermo (T), des Stücks; die Aufführung einer Commedia im anschließen; er möchte wie dieser Dichter wer- dritten Finale läßt die traditionsreiche italieni- den und wie dieser zuvor die entsprechenden sche Stegreifkunst aufleben. – Boccaccio zieht, Abenteuer mit Frauen erleben. Gemeinsam mit ebenso wie die in seinem Umfeld entstandenen dem Prinzen und dem Studenten Leonetto (T) großen Operetten Fatinitza (1876) und Donna hält Boccaccio den Faßbinder Lotteringhi (T) Juanita (1880) und zahlreiche der frühen Ope- und den Gewürzkrämer Lambertuccio (T) zum retten-Einakter Suppés, einen besonderen Reiz Narren, nicht zuletzt, um sich dessen Zieh- aus der Gestaltung der Hauptpartie als Hosen- tochter Fiametta (S) nähern zu können, mit der rolle, ein Fach, das in der Wiener Operetten- ihn eine heimliche Romanze verbindet. Fiametta szene des 19. Jahrhunderts glänzende Vertrete- jedoch ist, wie durch den Besuch eines Unbe- rinnen hatte. kannten enthüllt wird, die uneheliche Tochter des Herzogs und soll mit Pietro verheiratet wer- Literatur: den. Erst jetzt erfährt Fiametta, daß ihr Vereh- s. Artikel Suppé. rer der verrufene Boccaccio ist. Dieser kann ihre ML Zweifel hinsichtlich der Ernsthaftigkeit seiner Gefühle jedoch zerstreuen. Eine Aufführung der von Boccaccio improvisierten Commedia BOCKELMANN, RUDOLF »Narcissino, eines fremden Freiers mißlingende * 2.4.1892 Bodenteich bei Lüneburg, † 9.10. Brautwerbung um Colombina, eine liebliche 1958 Dresden. Baß-Bariton..
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