Landschaftsentwicklung in Bayern
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Lernort Geologie Landschaftsentwicklung in Bayern 1 Von der Gebirgsbildung zur Einebnung 171 2 Schichtstufenland 176 3 Karstlandschaft 178 4 Gletscher 182 E Sachinformation Landschaftsentwicklung in Bayern Landschaftsentwicklung in Bayern E1 | a) Geologische Großein- Das Verständnis der dynamischen Prozesse in der Erde hat auch unser Verständnis für die heiten in Bayern und Landschaftsformung an der Erdoberfläche erweitert. Zwischen endogenen (gesteuert durch b) eine Interpretation der strukturellen Situa- Kräfte aus dem Erdinneren) und exogenen (gesteuert durch Kräfte an der Erdoberfläche) geo- tion im Untergrund. logischen Prozessen gibt es Rückkoppelungen, die insbesondere in den Phasen der g Ge- birgsbildung (g Orogenese) zum Tragen kommen und durch die sogenannte g Tektonik be- schrieben werden. Wir wissen heute, dass die Kräfte der Plattenkollision nicht nur in der direkten Kollisionszone aktiv sind, sondern weit in das Vorland der Ge- birge hinausreichen und dort Hebungen, Senkungen und Störungen initiieren und aktivieren können, die Hunderte von Kilometern von den Plattenrän- dern entfernt sind. Diese Störungen sind wiederum Vorzeichnungen für Verwitterung und Erosion und bestimmen damit die Landschaftsmorpho- logie mit. In der tektonisch ruhigen Phase nach einer Gebirgsbildung sind es dann die exogenen Prozesse, die in Abhängigkeit von den klima- tischen Bedingungen die Landschaft formen. In Bayern gibt es vielfältige Landschaftsformen, vom jun- gen Hochgebirge der Alpen im Süden zum alten Varis- zischen Rumpfgebirge (Böhmische Masse) in Ostbay- ern (k E1). Der Abtrag des Variszischen Gebirges sammelte sich in riesigen Sedimentbecken, mächtige klastische und karbonatische Sedimente (u Modul B „Mi- nerale und Gesteine“) wurden hier im Perm und Mesozoi- kum abgelagert (Germanisches Trias-Becken). Durch die Hebung und den Abtrag der Alpen entstanden grobklastische und feinklas- tische Ablagerungen im nördlichen Vorland des Hochgebirges (Vor- alpine Molasse-Senke). Erosion durch Wasser und Eis schufen ein Relief und prägten diese Land- schaft. In diesem Modul wird Einblick in wichtige Prozesse gegeben, die die Landschaft in Bayern formten, dabei wird zwischen der dynamischen Phase während einer Gebirgsbil- dung und der ruhigen Phase nach der Gebirgsbildung unterschieden. 170 Lernort Geologie Landschaftsentwicklung in Bayern Sachinformation E 1 Von der Gebirgsbildung zur Einebnung Wie die vereinfachte geologische Karte von Bayern zeigt (k E1a), wird der größte Teil der Fläche des Landes von g Deckgebirge aus Sedimentgestein eingenommen, die einem sogenannten g Grundgebirge aufliegen. Bei- spielsweise ist dieses Grundgebirge im Ge- biet des Bayerischen Waldes und der Ober- pfalz direkt an der Oberfläche zu finden und so weiß man, wie es aussieht und zusam- mengesetzt ist. Diese Gebiete gehören zur g Böhmischen Masse, dem größten Grund- gebirgsaufschluss in Mitteleuropa. Da das Grundgebirge hier aus kristallinen Gesteinen besteht, in denen die Kristalle mit dem blo- zonen. Die Orogen der Alpen und des Hima- ßen Auge sichtbar sind, spricht man auch laya sind eindrucksvolle Beispiele für diese E2 | Eine Schemazeichnung von kristallinem Grundgebirge oder auch nur Prozesse. Die Hebungsvorgänge während der zum Querschnitt durch ein Orogen am Beispiel abgekürzt vom Kristallin. Das Kristallin in Ost- Gebirgsbildung können generell auf zwei Ur- der Alpen mit Darstel- bayern bildet zusammen mit dem Schwarz- sachen zurückgeführt werden (k E2): lung der beiden Berei- wald, den Vogesen und dem Zentralmassiv • isostatische Hebung im zentralen, meta- che der Hebung im zen- tralen und externen in Frankreich den südlichen Gürtel des Va- morphen (heißen) Bereich des Gebirges, Bereich des Gebirges. riszischen Gebirges, das sogenannte Molda- • Überschiebungen und Krustenstapelung nubikum. Es besteht aus hochmetamorphen in den externen, schwach- bis nichtmeta- Gneisen und Amphiboliten, die in der Zeit vor morphen Einheiten des Gebirges. etwa 380 – 320 Mio. Jahren entstanden, sowie vielen Graniten und Ganggesteinen, Bei der Kollision der Platten sind horizontale die während oder kurz nach der Variszischen Kräfte wirksam, die eine Einengung der Kruste Gebirgsbildung in der Zeit von etwa 330 – bewirken. Im zentralen, heißen Teil des Oro- 290 Mio. Jahren in diese metamorphen Ge- gens reagieren die Gesteine durch Faltung, steine eingedrungen sind. Man weiß heute, Schieferung und Gneisbildung (u Modul B dass die Gesteine damals bis zu 20 km tief „Minerale und Gesteine“) auf diese einengen- in der Kruste lagen und sich das Variszische den Kräfte. Hier führt die Metamorphose zu Gebirge als Hochgebirge, den Alpen vergleich- einer Umkristallisation des Gesteinsgefüges. bar, darüber türmte. Welche Mechanismen Das Gestein ist unter den hohen Temperatu- steuern die Hebung und den Abtrag eines ren plastisch, also formbar wie Knetgummi, neugebildeten Gebirges? Wie schnell steigt und durch die einengenden Kräfte verdickt ein Gebirge auf? Ist es ein kontinuierlicher sich die Kruste, es entsteht eine sogenannte oder episodischer Prozess? Im Folgenden Krustenwurzel. Während eine normale kon- werden die wichtigsten Grundlagen darge- tinentale Kruste eine Mächtigkeit von etwa stellt und es wird das Zusammenspiel exo- 20 – 30 km hat, kann hier eine Mächtigkeit gener und endogener Kräfte bei der Relief- von 60 – 80 km aufgebaut werden. bildung beleuchtet. Die Heraushebung der Gesteine wird durch Hebungsvorgänge während der Krusten- die sogenannte isostatische Ausgleichsbe- kollision - ein Gebirge entsteht wegung verursacht, die durch die unter- schiedliche Dichte der verdickten Kruste Bei der Kollision von kontinentalen Platten (leicht) gegenüber dem Mantel (schwer) ent- kommt es in ihrem direkten Kontaktbereich steht. Die Kruste ist vergleichbar mit einem zu einer Deformation mit Bildung von Ge- Korken, der auf dem Wasser schwimmt, birgsgürteln und Heraushebung von Tiefen- dabei liegt aber der größte Teil unter Wasser. gesteinen. Gebirge mit Höhen von mehreren Je größer der Korken, desto tiefer liegt der tausend Metern markieren diese Kollisions- Korken im Wasser (Schwimmgleichgewicht). Lernort Geologie 171 E Sachinformation Landschaftsentwicklung in Bayern Dieses schon von Archimedes erkannte Prin- zip des Auftriebes bestimmt auch geologi- sche Prozesse und wird hier als Isostasie be- Kruste Kollision und Hebung kontinentale Kruste zeichnet. Vergleichbar kann man sich das Mantel isostatische Gleichgewicht der Erdkruste (der lithosphärischer Mantel Korken) auf dem schwereren Erdmantel (das Hebung Erosion Asthenosphäre Abriss Wasser) vorstellen. Läge unter jedem Punkt Subduktion der Erdoberfläche gleichviel Masse, dann Kruste wäre die Erdoberfläche eben. Durch die Ge- heißer Strom Mantel birgsbildung wird die Kruste verdickt und je stärker die Verdickung, desto tiefer reicht die E5 | Schnelle Hebung eines Orogens durch den Ab- Basis der Kruste in den Erdmantel hinein. riss der subduzierten Platte (slab break-off). E3 | Isostatisch gesteuerte Die verdickte Kruste (ca. 70 km im Fall der Hebung nach der Ge- Alpen und des Himalaya) zusammen mit dem Der Effekt einer isostatischen Ausgleichsbe- birgsbildung: Oben: Verdickte Kruste starren oberen Teil des Mantels (u Modul C wegung durch Abtrag an der Erdoberfläche im Endstadium der Ge- „Plattentektonik“, k C2: lithosphärischer ist auch durch die Hebung des Skandinavi- birgsbildung Mantel) wird in die weichere (plastische) schen Schildes nach der Eiszeit gut belegt Unten: Aus Erosion und Abtrag an der Oberflä- g Asthenosphäre gedrückt. Durch die Ero- (k E4): Durch die Auflast eines viele Kilome- che resultiert eine He- sion des Gebirges an der Erdoberfläche wird ter dicken Eispanzers während der quartären bung der Kruste. ein Ungleichgewicht geschaffen und das Ge- Kaltzeiten drückte sich die Lithosphäre in den birge steigt weiter auf (k E3). Dieser Zusam- Bereich der unterliegenden plastischen As- menhang zeigt auch, dass das Klima eine thenosphäre hinein. Seit dem Abschmelzen wichtige Rolle bei der Hebung und Erosion des Eises hat sich der zentrale Teil Skandina- von Gebirgen spielt. Wird durch viel Nieder- viens um bis zu 300 m gehoben. schlag viel erodiert und abgetragen, steigt das Gebirge schneller, man hat also einen Durch die immer genauere Altersbestimmung sich selbst verstärkenden Prozess. Die He- von geologischen Ereignissen hat man fest- bungsgeschwindigkeit eines Gebirges ist va- gestellt, dass die Hebungsgeschwindigkeit riabel, für die Alpen nimmt man Phasen der in vielen Gebirgen schneller ist, als sie durch E4 | Kumulative Hebung des Heraushebung von mehr als 5 mm/Jahr an. die isostatische Ausgleichsbewegung erklärt Skandinavischen Schil- des nach der Eiszeit Heute heben sich die Alpen immer noch, wenn werden kann. Man nimmt heute an, dass es (Angaben in m). auch nur gering mit weniger als 1 mm/Jahr. bei der Plattenkollision mit Schließung eines Ozeans und Subduktion einer ozeanischen Platte zu einem Abriss der abtauchenden Platte kommt und diese langsam in den Man- tel absinkt (k E5). Durch den Abriss entfällt die Zugkraft der abtauchenden Platte und dadurch wird ein „Zurückschnellen“ der ver- bleibenden Platte erzeugt, was zu einer schnellen Hebung der darüber liegenden Kruste führt. Ein heißer Strom aus der As- thenosphäre liefert zusätzliche Hitze und es kommt zu Aufschmelzungen und Aufstieg von Magmen, die die gesamte Kruste erwärmen und damit spezifisch leichter machen. Man nimmt heute an, dass dieser Mechanis- mus bei der Heraushebung des Bayerischen Waldes nach der Variszischen Kollision eine