Steffi unbedingt als Teamchefin, und dar- um fragen sie sie immer wieder – auch wenn sie längst nein gesagt hat. Vielleicht soll Markus Schur den Platz freihalten. Ich habe mich nie aufgedrängt, aber inzwi- schen habe ich die Faxen dicke. Drastisch gesagt: Verarschen kann ich mich allein. SPIEGEL: Wieso fällt es in Deutschland so schwer, ehemalige Weltklasseprofis wie Sie oder Michael Stich in die Verbandsarbeit einzubinden? Kohde-Kilsch: Weil der Verband Angst vor den ganz großen Namen hat. Der DTB denkt immer: „Becker, Becker – Graf, Graf“. Denen wurden über Kooperations- verträge oder Antrittsgelder Millionen hin- terhergeschmissen, doch nun startet Becker lieber eine Privatinitiative mit seinem Mer- cedes-Team. SPIEGEL: Und Stich mag nicht mehr. Kohde-Kilsch: Ist doch klar. Ich lasse mich auch nicht wie Dreck behandeln, nur weil Steffi in 5000 Jahren vielleicht doch noch einsteigen könnte. SPIEGEL: Graf und Kohde-Kilsch gemein- sam, das ist genauso unmöglich wie ein Team Becker/Stich? Kohde-Kilsch: Es wäre eine Supersache. Die Unstimmigkeiten zwischen uns liegen

DPA schließlich schon zwölf Jahre zurück. Ich Federation-Cup-Siegerinnen Kohde-Kilsch, Graf (1987): „Sie ist sehr menschenscheu“ habe versucht, mit Steffi zu reden, aber es ging nicht. Sie ist sehr menschenscheu. Steffi war immer auf sich fixiert; nur des- halb ist sie so gut geworden. SPIEGEL: Kann sie überhaupt eine Trainerin werden, die andere Spielerinnen verbes- sern will? „Schiß vor dem Hause Graf“ Kohde-Kilsch: Da bin ich mir nicht so sicher. SPIEGEL: Nach den Rücktritten von Becker Interview mit Claudia Kohde-Kilsch und Stich und der Verletzung von Graf wirkt es nicht so, als sei das deutsche Ten- über die Personalpolitik des Deutschen Tennis Bundes nis für die Zukunft vorbereitet. Kohde-Kilsch: Jetzt bricht alles zusammen. Kohde-Kilsch, 33, Bund geführt, und dabei wurde ein vor- Man hätte vor Jahren an die Zeit nach den beendete vor drei läufiges Konzept ausgearbeitet. Der DTB- großen Drei denken müssen, dann hätte Jahren nach meh- Präsident Claus Stauder hat mir bei einem der DTB die Sache jetzt im Griff. Aber es reren Operationen Empfang in Bonn gesagt: „Das ist toll, daß ist halt immer bequemer, sich auf den Lor- ihre Profikarriere. Sie sich für uns engagieren.“ Verblieben beeren auszuruhen. Die Saarbrückerin waren wir so, daß der Generalsekretär SPIEGEL: Künftige Stars wären planbar? war 1985 Nummer Günter Sanders mich in der Woche vor Kohde-Kilsch: Zum Teil ja. Natürlich hatten vier der Weltrang- Wimbledon anrufen würde – aber bis heu- wir eine echte Glückssträhne: Bei den Da- liste; sie wurde te habe ich nicht einmal eine Absage be- men kamen nacheinander , 1987 Wimbledon- kommen.Von der Berufung Markus Schurs ich, , , siegerin im Doppel habe ich per Videotext erfahren. und Anke Huber, und nun haben wir viel- und gewann mit SPIEGEL: Welche Vorzüge hat ein ehemali- leicht eine Zeitlang keine Top-Spielerin. Steffi Graf den Fe- ger Bundesligaspieler, der weder als Profi SPIEGEL: Aber?

S. BOLESCH / DAS FOTOARCHIV S. BOLESCH / DAS deration Cup. noch als Trainer je aufgefallen ist? Kohde-Kilsch: Aber es ist auch so, daß un- Kohde-Kilsch: Markus ist ein ganz netter ser System Fehler hat. Jedes Talent wird Kerl. Und er ist der ehemalige Trainings- erst einmal demotiviert, weil es hören muß: SPIEGEL: Frau Kohde-Kilsch, als sich die partner von Steffi Graf. „Du bist nicht wie Boris, du bist nicht wie deutsche Federation-Cup-Mannschaft in SPIEGEL: Glauben Sie, daß die Graf-Familie, Steffi.“ Und wenn dann doch jemand gut der vergangenen Woche für das Abstiegs- die zu Ihrem Stiefvater einst eine innige Ri- wird und ins Bundesleistungszentrum nach spiel gegen Kroatien präparierte, wurde sie valität pflegte, Ihre Berufung verhindert Hannover wechseln will, spielen die Lan- von einem gewissen Markus Schur trainiert hat? desverbände verrückt, weil sie eifersüchtig – warum nicht von Ihnen? Kohde-Kilsch: Ich kann es mir vorstellen, sind. Im Moment sind alle ganz hektisch. Kohde-Kilsch: Keine Ahnung. Der zurück- aber vielleicht haben sie beim DTB auch SPIEGEL: Das klingt nicht unbedingt pro- getretene Teamchef Klaus Hofsäss hatte einfach Schiß vor dem Hause Graf. Sie ha- fessionell. mich vorgeschlagen. Ich habe Gespräche ben Steffis Firma ja schon die Vermark- Kohde-Kilsch: Auf die nächste Nummer eins mit den Herren vom Deutschen Tennis tung des Fed Cup übertragen, sie wollen können wir wohl 50 Jahre warten. ™

110 der spiegel 29/1997