Spektrum Shake-Speare
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Spektrum Shake-speare Spektrum Shake-speare Stratosverlag Die Schreibweise «Shake-speare» mit einem Bindestrich findet sich ab 1598 auf den Titelseiten der ersten nicht mehr anonym gedruckten Shakespeare-Dramen. Ebenfalls findet sie sich in der ersten Hamlet-Ausgabe, bei King Lear und in der Erstausgabe der Sonette; insgesamt 17 Mal. Der Bindestrich ist ein Hinweis auf einen «sprechenden Na- men»: Shake-speare war ein Pseudonym. Abbildung Umschlagseite: Zierwerk aus der ersten Folio-Ausgabe von 1623. Umschlagrückseite: Fast identisches Zierwerk aus Hekatompathia von Thomas Wat- son, 1582, mit Heraldik der Grafen von Oxford. Das Werk ist Edward de Vere, dem 17. Grafen von Oxford, gewidmet, siehe auch «Streiflichter: Shake-speare – eine Heraus- forderung», S. 87. Herausgeber: Neue Shake-speare Gesellschaft e. V., Hamburg www.shake-speare-today.de – [email protected] Redaktion: Elke Brackmann, Robert Detobel, Hanno Wember © 2012 by Neue Shake-speare Gesellschaft, D–22587 Hamburg Alle Rechte vorbehalten Satz: Höpcke, Hamburg Druck und Bindung: Freiburger Graphische Betriebe Stratosverlag, D–70565 Stuttgart ISBN: 978-3-943731-02-6 4 Inhalt Editorial . 7 Im Brennpunkt Von der Banalität der Barden . 9 Nachrichten Sigrid Löffler zum 70. Geburtstag . 13 Berichte Anonymus von Roland Emmerich . 15 Preisausschreiben der DSG . 18 Thema Dunkle Seiten der Elisabethanischen Zeit, Teil 1 Robert Detobel 23 Glossar . 68 Streiflichter «Shakespeare war nicht in Italien» Kurt Kreiler . 74 Shake-speare – eine Herausforderung Siegfried Seifert . 79 Forschung Der Auferstehungsmythos in der Dichtung, Teil 1 Earl Showerman . 87 Schule und Unterricht Zugang zu den Sonetten in der Schule Elke Brackmann, Robert Detobel . 113 5 Inhalt Hintergrund Verwandlungen – ‹Der Sommernachtstraum› Oliver Binder . 140 Der wahre Schein und das falsche Sein: ‹Hamlet› Richard Weihe . 149 Fundsache Literaten hinter Masken . 160 Neue Bücher The Man who was Never SHAKESPEARE . 165 I Come To Bury Shakspeare . 169 Autoren . 173 Die letzte Seite . 176 6 Editorial Es ist gleichsam das goldene Zeitalter der Autorschaft; man sieht sich in jene Jahrhunderte versetzt, in denen die Presse noch nicht die Welt mit soviel unnützen Schriften überschwemmt hatte … Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre, 3. Buch, 12. Kapitel Wir können keineswegs sicher sein, dass Shakespeare seine Autorschaft als in einer goldenen Zeit erlebt hat. Das elisabethanische Zeitalter wird gerne als Blütezeit der Kultur verklärt, die dunklen Seiten, zu denen religiöse Ver- folgung, Folter und Hinrichtungen gehörten und keineswegs Ausnahmen waren, werden meist verschwiegen oder sind unbekannt. In seinem Aufsatz zu diesem Schwerpunktthema gibt Robert Detobel wichtige Einsichten in die historische Wirklichkeit und stellt den Bezug zum Werke Shakespeares dar, das ohne sachgerechte Kenntnis des zeitlichen Hintergrunds kaum in seiner Bedeutung ganz erschlossen werden kann. Der Aufsatz behandelt die Ideologie der absoluten Monarchie und einige ihrer konkreten Auswirkun- gen auf die Innen- und Außenpolitik der Tudors. Es wird dann die Entwick- lung der Reformation skizziert, die keineswegs so geradlinig mit unausweich- licher Konsequenz verlief, wie es bis heute, auch in der Mehrzahl der Lehr- bücher, vorgestellt wird. Im Band 2013 wird dann in Teil 2 auf die dramatische religiöse Verfolgung zuerst der Protestanten und danach der Katholiken ein- gegangen und auch nach der Haltung dazu in Shakespeares Werk gefragt. Es ist aber auch fraglich, ob ein Dichter ein goldenes Zeitalter erleben konnte, wenn er gezwungen war, seine Autorschaft hinter einem Pseudonym zu verbergen. Und das war bei Shake-speare bzw. Shakespeare der Fall. Auf diesen Namen als einem Pseudonym hatte Gerhard Söhn schon vor fast 40 Jahren hingewiesen. Auszüge aus seinem Buch sind auch heute noch lesens- wert. Neueste Veröffentlichungen, die das Thema aktuell behandeln und neue Einsichten ermöglichen, werden hier mit den Büchern von A. J. Poin- ton und Steven McClaren vorgestellt. Die fortdauernde Weigerung der institutionalisierten Shakespeare-For- schung, der Deutschen Shakespeare Gesellschaft im Besonderen, sich auf eine ernsthafte, wissenschaftliche Rezeption solcher Veröffentlichungen und 7 Editoral auf eine Diskussion über die unausweichlichen Folgen einzulassen, wird im- mer unhaltbarer. Die Neue Shake-speare Gesellschaft legt mit Spektrum Shakespeare einen weiteren Beitrag zur Shakespeare-Forschung vor. Die Frage der Autorschaft wird dabei nicht ausgeklammert, im Gegenteil: durch sie wird das Verständnis des Werkes wesentlich erweitert. An den For- schungsergebnissen über Shakespeares Griechischkenntnisse von Earl Showerman zu Mythologie und Dichtung wird dies beispielhaft deutlich. Kurt Kreiler weist auf die Irrtümer hin, an denen die Stratfordische Lehre und ihre Vertreter beim Thema «Shakespeare und Italien» eisern festhalten wollen und die dem Verständnis der «Italienischen Dramen» im Wege ste- hen. Die Aufsätze von Richard Weihe und Oliver Binder zeigen mit den The- men «Maske» und «Verwandlungen» einen weiteren Horizont auf. In Schule und Unterricht wird gezeigt, wie sehr das Thema geeignet ist, in der Schule behandelt zu werden. Für Lehrer und Schüler wird zusätzlich di- daktisch vorbereitetes Material zur Verfügung gestellt. Es ist eine begrün- dete Befürchtung, dass «Shakespeare» als Inhalt in der Schule zu verschwin- den droht. Hier sind Ansätze, dieser Tendenz entgegenzutreten. Die Neue Shake-speare Gesellschaft war die Herausgeberin der Bände 2010 und 2011 des «Neuen Shake-speare Journal», das bereits seit 1997 regel- mäßig erschienen ist. Nun haben die Herausgeber gewechselt, das «Journal» wird auch weiterhin erscheinen. Als Jahrbuch soll Spektrum Shakespeare regelmäßig die oxfordische Shakespeare-Forschung im deutschsprachigen Raum bereichern. Die Redaktion 8 Im Brennpunkt Von der Banalität zur Banalisierung des Barden Samuel Schoenbaum (1927 –1996) galt in den 1970er Jahren als der Doyen der Shakespeareforschung. Seine bekanntesten Bücher sind Shakespeare’s Lives (1970; 1991 neu aufgelegt) und William Shakespeare: A Documentary Life (1974). In der 1991er Ausgabe des ersteren Werkes schreibt er auf Seite 568: «Perhaps we should despair of ever bridging the vertiginous expanse between the sublimity of the subject and the mundane inconsequence of the documentary life.» («Vielleicht sollten wir die Hoffnung aufgeben, jemals die schwindelerregende Kluft zwischen dem sublimen Werk und der profanen Banalität des dokumentierten Lebens überbrücken zu können.») Samuel Schoenbaum sah in dieser schwindelerregenden Kluft zwar kei- nen Grund, an der traditionellen Zuweisung zu zweifeln, konnte dennoch einen Seufzer der Sehnsucht nicht abwehren. Professor Andreas Höfele, bis vor kurzem Präsident der Deutschen Shakespeare Gesellschaft (DSG), sieht weder Grund zum Zweifeln noch zur Sehnsucht. In einer kleinen Schrift an- lässlich des Erscheinens von Stephen Greenblatts Fantasiebiographie Will in der Welt («Shakespeare und die Verlockungen der Biographie», München 2006) schreibt er, das Problem bestehe nicht darin, dass wir zu wenig über Shakespeares Leben wüssten, denn wir wüssten recht viel, sondern das Pro- blem bestehe darin, dass wir noch mehr wissen wollten. Was ist dieses Mehr, das wir wissen möchten? Die Antwort ist simpel: Es ist etwas, was die Kluft zwischen dem sublimen Werk und der profanen Ba- nalität des dokumentierten Lebens überbrücken helfen würde oder zumin- dest weniger schwindelerregend werden ließe. In einer Rezension (FAZ vom 2. Dezember 2008) der deutschen Überset- zung von Bill Brysons Kurzbiographie Shakespeare – The World as a Stage (London 2007) urteilte die der DSG nahestehende Rezensentin Margot Fet- zer, es sei keine gute Idee Brysons gewesen, eine Biographie Shakespeares zu schreiben, da über sein Leben kaum etwas bekannt sei. Die Rezensentin hat Brysons Buch womöglich nicht genau gelesen. Nicht dass Bryson uns viel zu erzählen hätte, im Gegenteil: Er gibt unverblümt zu, dass seine Biographie so 9 Im Brennpunkt dünn geraten ist, weil es nicht viel zu erzählen gibt. Nicht weniger offenherzig nennt er sein Motiv. Nicht weil die Welt eine neue Shakespeare-Biographie gebraucht hätte, habe er sie geschrieben, sondern weil der Verlag HarperCol- lins in seiner Reihe «Eminent Lives» mit Kurzbiographien Mohammeds, Alexanders des Großen usw. auch Shakespeare zu sehen wünschte. Interessanter als die Biographie selbst waren Brysons sehr verheißungs- voll klingende Vorankündigungen im Web. Er wolle herausfinden, was Shakespeare bewegt habe («what made him tick») und dem Renaissance- Shakespeare Konturen verleihen, denn, so Bryson, mehr Renaissance als in Shakespeare könne man nirgendwo finden. Gar nichts ist daraus geworden. Von Renaissance ist in dem Buch nur einmal die Rede, in Form eines allge- meinen Zitats einer anderen Autorin über den Charakter der Freundschaft in der Renaissance. Und was «made him tick»? Noch weniger erfahren wir darüber. Oder sollte es vielleicht der quantenmechanische Spin oder Drall gewesen sein? Bryson: «Im Übrigen ist er (Shakespeare) so was wie das lite- rarische Äquivalent eines Elektrons – für immer da und nicht da.» (S. 9) Als 1994 Walter Kliers Buch Das Shakespeare-Komplott erschien, wurde es von Andreas Höfele besprochen (FAZ vom 22. Februar 1994). Ein Prob- lem vermochte er auch damals nicht zu sichten. Er war gelassen wie eh und je und ortete das Problem darin, dass Zweifler sich einfach nicht vorstellen könnten, wie ein literarischer Riese gleichzeitig ein «Krämer» sein könnte.