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Janine Jansen & Friends Freitag, 18.05.2012 · 20.00 Uhr So klingt nur Dortmund. JANINE JANSEN VIOLINE BORIS BROVTSYN VIOLINE AMIHAI GROSZ VIOLA MAXIM RYSANOV VIOLA TORLEIF THEDÉEN VIOLONCELLO JENS PETER MAINTZ VIOLONCELLO Abo: Solisten II – Höhepunkte der Kammermusik In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy- klingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E 4I5 Arnold Schönberg ARNOLD SCHÖNBERG (1874 – 1951) »Verklärte Nacht« op. 4 für Streichsextett (1899) – Pause ca. 20.35 Uhr – FRANZ SCHUBERt (1797 – 1828) Streichquintett C-Dur D 956 (1828) Allegro ma non troppo Adagio Scherzo. Presto – Trio. Andante sostenuto Allegretto – Ende ca. 22.00 Uhr – 6I7 PROGRAMM 8I9 KAMMERMUSIKALISCHE DICHTUNG 1917 für Streichorchester – eine Version, die er 1943 noch einmal revidierte. 1950 erinnerte er ARNOLD SCHÖNBERG »VERKLÄRTE NACHT« OP. 4 FÜR STREICHSEXTETT sich an sein Jugendwerk: »›Verklärte Nacht‹ ist Programmmusik, weil sie die Dichtung Richard Dehmels beschreibt und auszudrücken versucht. Mein Werk zeigt aber vielleicht doch einige Die Romantik entdeckte das Irrationale, das Unbegreifliche und damit dieN achtseiten des Lebens. Unterschiede von anderen Werken dieser Art. Erstens wurde es nicht für Orchester geschrieben, Die Nacht war ihre Tageszeit und wurde in vielen Werken idealisiert. Der Lyriker Richard Dehmel sondern für Kammermusik, und zweitens werden darin keine Handlung und kein Drama, sondern griff um die Jahrhundertwende derartige Motive auf, um sie umzudeuten und die Konventionen die dichterische Natur und menschliche Empfindungen dargestellt.E s scheint, dass meine Kom- des dichterisch Darstellbaren vor 1900 weit hinter sich zu lassen: So gerät in seinem 1896 er- position aufgrund dieser Haltung Qualitäten gewonnen hat, die auch befriedigen, wenn man nicht schienenen Gedicht »Verklärte Nacht« die Beschwörung des Mondlichts nicht zur romantischen weiß, was sie schildert, oder mit anderen Worten, sie bietet die Möglichkeit, als ›reine‹ Musik Kulisse, sondern wird Hintergrund realistischer menschlicher Probleme in Verbindung mit einer geschätzt zu werden.« neuen, von der Idee des alles überwindenden Eros geprägten, unbürgerlichen Geschlechtsmoral. Ein Liebespaar geht durch eine mondhelle Nacht. Die Frau gesteht, dass sie von einem ande- Arnold Schönberg begeisterte sich schon früh für Dehmels Lyrik. Neben einer Reihe von Lie- ren schwanger ist. Ihr Geliebter tröstet sie und versichert, er werde das Kind wie sein eigenes dern entstand 1899 während eines Ferienaufenthalts in Payerbach an der Rax die Tondichtung annehmen. Im Sinne dieses Programms beginnt die Musik im ruhig schreitenden Tempo. Als ima- »Verklärte Nacht«. Zunächst für Streichsextett konzipiert, erweiterte Schönberg die Komposition ginäre Stimme der Frau erhebt sich eine Bratschenmelodie. Der musikalische Verlauf zeichnet ihr Geständnis nach, wird wilder, zerrissener und scheint auf dem Höhepunkt verzweifelt in sich zusammenzubrechen. Die Musik des Beginns kehrt ins Angstvolle gewendet wieder. Doch mit der Antwort des Mannes verändert sich der Gestus, verströmt sich Wohlklang. Sanfte Stimmen schei- nen sich an Innigkeit überbieten zu wollen. Eine Coda greift verklärend auf den Anfang zurück. Wie Schönberg selbst betonte, lässt sich »Verklärte Nacht« aber auch als absolute Musik begreifen. Dabei fasziniert eine Verarbeitung von Themen, die Verfahrensweisen der beiden ihn %HLXQVVSLHOHQ6LH maßgeblich prägenden Komponisten miteinander vereint: Die Behandlung der Instrumente, Klang- charaktere und Thementypen erinnert an Richard Wagner, doch in der entwickelnden Variation GLHHUVWH*HLJH der Themen, der ungeraden Syntax und thematischen Durcharbeitung wird der Einfluss durch Jo- hannes Brahms spürbar. In dieser Verbindung gelingt es Schönberg auf eindringliche Weise, noch die äußerlichsten Effekte aus der dicht gearbeiteten musikalischen Substanz abzuleiten. VERKLÄRTE NACHT (Text: Richard Dehmel, 1863 – 1920) Ich hab mich schwer an mir vergangen. Zwei Menschen gehn durch kahlen, kalten Hain; Ich glaubte nicht mehr an ein Glück Der Mond läuft mit, sie schaun hinein. Und hatte doch ein schwer Verlangen Der Mond läuft über hohe Eichen, Nach Lebensinhalt, nach Mutterglück Deshalb beraten Sie die Chefs persönlich. Kein Wölkchen trübt das Himmelslicht, Und Pflicht; da hab ich mich erfrecht, In das die schwarzen Zacken reichen. Da ließ ich schaudernd mein Geschlecht Die Stimme eines Weibes spricht: Von einem fremden Mann umfangen, audalisDXGDOLV.RKOHU3XQJH 3DUWQHU:LUWVFKDIWVSUIHU6WHXHUE · Kohler Punge & Partner · WirtschaftsprüferHUDWHU5HFKWVDQZlOWH · Steuerberater · Rechtsanwälte Rheinlanddamm5KHLQODQGGDPP'RUWPXQG7HO 199 · 44139 Dortmund · Tel.: +49 (0)231.2255-500GRUWPXQG#DXGDOLVGHZZZDXGDOLVGH · www.audalis.de Und hab mich noch dafür gesegnet. »Ich trag ein Kind, und nit von Dir Nun hat das Leben sich gerächt: Ich geh in Sünde neben Dir. Nun bin ich Dir, oh Dir begegnet.« 323010 A i G i d li i dd 1 15 09 10 09 33 10 I 11 WERKE Franz Schubert Sie geht mit ungelenkem Schritt. Doch eine eig’ne Wärme flimmert Sie schaut empor; der Mond läuft mit. Von Dir in mich, von mir in Dich. Ihr dunkler Blick ertrinkt in Licht. Die wird das fremde Kind verklären, Die Stimme eines Mannes spricht: Du wirst es mir, von mir gebären; Du hast den Glanz in mich gebracht, »Das Kind, das Du empfangen hast, Du hast mich selbst zum Kind gemacht.« Sei Deiner Seele keine Last, Er fasst sie um die starken Hüften. Oh sieh, wie klar das Weltall schimmert! Ihr Atem küsst sich in den Lüften. Es ist ein Glanz um alles her, Zwei Menschen gehn durch Du treibst mit mir auf kaltem Meer, Hohe, helle Nacht. ICH STAND IN DUNKLEN TRÄUMEN FRANZ SCHUBERT STREICHQUINTETT C-DUR D 956 Mit »Verklärte Nacht« schrieb Schönberg ein Schlüsselwerk des spätromantischen Repertoires. Noch am Anfang seiner Karriere stehend, die ihn bald schon in ganz andere musikalische Regi- onen führen sollte, betrachtete er die Komposition als seine erste vollgültige Partitur. Zu seinen letzten Werken zählt dagegen Franz Schuberts kurz vor seinem Tod komponiertes Streichquin- tett C-Dur D 956. Anfang Oktober des Jahres 1828 bot Schubert es zusammen mit anderen Manuskripten einem Leipziger Verleger mit folgenden Worten an: »Ich habe unter anderem drei Sonaten fürs Pianoforte allein komponiert, mehrere Lieder von Heine gesetzt und endlich ein Quintett für 2 Violinen, 1 Viola und 2 Violoncelli verfertigt. Wenn Ihnen vielleicht etwas von die- sen Compositionen konveniert, so lassen Sie es wissen.« Nur wenige Wochen später, am 19. November 1828, verstarb Schubert im Alter von nur 31 Jahren in der Wohnung seines Bruders Ferdinand in der Wiener Kettenbrückengasse. Eine Aufführung seines Quintetts hatte er nicht mehr erlebt – und auch die Nachwelt musste auf das erste Erklingen dieser Musik, die erst 25 Jahre später einen Verleger fand, warten. Erst späteren Generationen blieb es also vorbehalten, den wirklichen Wert und die nie zuvor gehörten Dimensionen einer Komposition zu erforschen und zu verstehen, die längst nicht mehr eine einfache Kammermusik – eine Musik für die Kammer – war. Wie so viele andere Werke sol- cher Besetzung ist Schuberts Quintett nicht mehr für den Hausgebrauch gedacht, sondern viel- mehr für den Konzertsaal, wo es den aufmerksamen, sich ganz in die Musik und ihre Strukturen versenkenden Hörer fordert und an die Interpreten höchste Anforderungen stellt. Lässt man sich hörend oder interpretierend auf diese Musik ein, so begegnet einem Unvergleichliches – eine Art Zusammenfassung von Schuberts Schaffen mit seiner weiträumigen Architektonik, seinen eigenwilligen Modulationen, dem jähen Hervorbrechen tiefster Schrecken aus den schönsten 12 I 13 WERKE Idyllen und seiner Liebe zum Gesang, die ihm zu einem wesentlichen Thema seines Lebens und bildet dieses Allegretto nicht. Vielmehr handelt sich um einen tiefernsten Satz, der aber auch Komponierens wurde. In seinen über 600 Liedern verströmte er sich geradezu und sang immer zarte Innigkeit und eine geradezu orchestral scheinende Fülle kennt. wieder aufs Neue gegen seine Einsamkeit und Verlorenheit an. Seine Liedkunst ragt auch in die großen Dimensionen seines Instrumentalwerks hinein, beispielsweise in das Streichquartett »Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen«, d-moll D 810 »Der Tod und das Mädchen«, das »Forellenquintett« D 667 oder – wenn auch etwas schrieb der sonst doch eher rational denkende Theodor W. Adorno einmal und könnte damit auch weniger offensichtlich – in das C-Dur-Streichquintett: In seinem Lied »Der Atlas« sprach Schu- das C-Dur-Quintett gemeint haben. Entstanden ist eine Komposition von geradezu verstörender bert mit den Worten Heinrich Heines von der »ganzen Welt der Schmerzen«, die er tragen muss, Ambivalenz. Eine fast überirdische Schönheit und eine Welt glückseligen Traums fließen in einer und ließ die mit diesen Worten verknüpfte Thematik auch im Adagio, dem geheimen Zentrum musikalischen Landschaft, deren Boden gefährliche Abgründe offenbart, mit einer ungreifbaren des Quintetts, anklingen. Im zweiten langsamen Satz der Komposition – dem in das Scherzo Sehnsucht zu einer dunkel getönten musikalischen Realität zusammen. Sie kündet ebenso von eingelassenen Trio – kommt es zu einem weiteren Zitat aus dem ebenfalls auf einen Text von einer tiefen Heimatlosigkeit wie sie zu den kühnsten musikalischen Entwürfen ihrer Zeit gehört. Heine komponierten