Maren Harnack Rückkehr der Wohnmaschinen

Architekturen | Band 10

Maren Harnack (Dr.-Ing.) studierte Architektur, Stadtplanung und Sozialwis- senschaften in Stuttgart, Delft und . Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HafenCity Universtät in Hamburg und ist seit 2011 Pro- fessorin für Städtebau an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Daneben ist sie freie Stadtplanerin, freie Architektin, wirkte an zahlreichen Forschungspro- jekten mit und publiziert regelmäßig in den Fachmedien. Maren Harnack Rückkehr der Wohnmaschinen Sozialer Wohnungsbau und Gentrifizierung in London

Die vorliegende Arbeit wurde im Herbst 2010 von der HafenCity Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Gutachter waren Prof. Dr. sc. techn. ETH Michael Koch und Prof. Dr. phil. Martina Löw. Die mündliche Prüfung fand am 21. Oktober 2010 statt.

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© 2012 transcript Verlag, Bielefeld

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Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Martin Kohler Lektorat: Gabriele Roy, Ingar Milnes, Bernd Harnack Satz: Maren Harnack Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1921-8

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected] Inhalt

Vorwort: Neue Stadt Teile | 7 von Michael Koch

Danksagung | 9

1 Beobachtungen, Meinungen und Vorurteile | 11 Wohnmaschinen, sozialer Wohnungsbau und Gentrifizierung | 11 Gibt es eine Renaissance? |14

2 Wohnen in London | 17 Stadtproduktion in London | 17 Die Dominanz der Projektentwickler | 17 Die Kommunalverwaltung zwischen Markt und Staat | 23 Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus | 25 Stadterneuerung im Zeichen der Privatisierung |46 Die Lage bleibt angespannt: Sozialer Wohnungsbau heute | 48 Der Wohnungsmangel bleibt bestehen | 52 Der Londoner Wohnungsmarkt heute | 53 Mieten oder kaufen? | 53 Die Geschichte des Wohnungsmangels | 55

3 Forschungen und Konzepte zum städtischen Wandel | 61 Abstrakte Kräfte. Kapital, System, Gleichgewicht | 62 Individuelle Optimierungsstrategien: Alltagsorganisation und Lebensqualität | 68 Andere Rationalitäten: Jenseits von Common Sense | 74

4 Quellen und Methode | 83 Objektebene und Subjektebene | 85 Die Fallstudien | 85 Was ist Qualität? | 87 Objektbetrachtung | 92 Subjektbetrachtung | 93 5 Objektbetrachtung: „Biografien“ ausgewählter Gebäude | 99 : Lasdun’s listed Landmark Building | 99 : From Tower of Terror to Power Tower | 113 : Bloomsbury’s new High Street | 138 : Lost in Transformation | 159

6 Subjektbetrachtung: Erfahrungen der Bewohner | 173 Angebote auf dem freien Markt für Wohneigentum | 173 Alltagerleben | 181 Auf der Jagd nach dem guten Deal | 182 Das Eigenleben der Dinge | 187 Informierte Konsumenten | 195 Distinktionsmuster: Der moderne Connaisseur | 195 Erlebnisorientierung: Die Stadt als Turnschuh | 198 Auf der Suche nach Authentizität: Das urbane Schäferidyll | 201

7 Lernen von London | 209 Forschungsfragen revisited | 209 Systematisch-Abstrakte Ebene: Gentrifizierung, Politik und andere Rahmenbedingungen | 210 Individuelle Optimierungsstrategien und Alltagsorganisation: Wer lebt wie? | 212 Jenseits von Common Sense: Bedeutung und Stil | 214 Die Zukunft der Wohnmaschinen | 217

8 Literatur | 219 Vorwort: Neue Stadt Teile

Die Relevanz der Arbeit lässt sich schon an ihrem Titel erahnen. Ihr Thema liegt quer zum Mainstream der heutigen Städtebaudebatte: Die Rückkehr der sogenannten Wohnmaschine und die neue Liebe zur großen städte- baulichen Form. Dieses Phänomen ist zwar längst augenfällig, wird jedoch im Fachdiskurs häufig ignoriert, weil es nicht in die leider dominierende formalistische städtebauliche Theoriebildung passt. Ein weiterer Fokus der Arbeit ist die mit dem Bedeutungswandel der Wohnmaschine verbundene Gentrifizierung von Stadtteilen, die hier an- hand von Beispielen des sozialen Wohnungsbaus in London untersucht wird. Gentrifizierung ist eines der brisanten aktuellen Stadtplanungsthe- men bei der Transformation und Weiterentwicklung von bestehenden Stadtteilen: entweder wird abgestritten, dass es sie gibt und behauptet, dass Aufwertung ohne Verdrängung stattfindet, oder aber erscheint als be- drohliches Vertreibungsszenario oder gar als Vertreibungsstrategie. Gen- trifizierung als steuerbarer Um- und Aufwertungsprozess, darüber gibt es außer Hoffnungen wenige wirkliche Recherchen. Die Wohnmaschine ist eigentlich ein Topos der Zwischenkriegsmoder- ne, erfährt jedoch nach dem zweiten Weltkrieg als städtebauliche Typolo- gie eine neuerliche paradigmatische Bedeutung für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufbruch und den Anspruch, endlich die der Zeit adäquate „Neue Stadt“ zu bauen. Der Bautyp der Wohnmaschine wurde häufig, aber keineswegs ausschließlich im sozialen Wohnungsbau ver- wirklicht. In manchen Ländern folgten nach ersten euphorischen Beurtei- lungen Phasen der Stigmatisierung wegen auftretender sozialer Probleme in diesen Bauten. Die Ursachen dafür lagen in falscher Belegungspolitik und den sozialen Lebensbedingungen der Bewohnerschaft, und weniger im Bautyp. Gleichwohl halten sich die Vorurteile hartnäckig. 8 VORWORT

Mit der neuen Akzeptanz ehemals stigmatisierter Wohnmaschinen kann diese Bautypologie nun vielleicht ihren verdienten Platz in der Städtebau- geschichte einnehmen. Maren Harnack vermag diesen Prozess der „Wie- dererfindung“ der Wohnmaschine anhand der genauen Untersuchung von vier Londoner Beispielen sehr anschaulich zu machen. Sie diskutiert diese Beispiele im Kontext von Aufwertungsprozessen und zeigt, dass Gentrifizierung unter bestimmten Voraussetzungen kein Schicksal sein muss, sondern Aufwertung durch neue soziale Nachbarschaften durchaus sozialverträglich sein kann. Maren Harnack zeigt auch sehr schön, wie die „verklärte“ Aneignung von Zeugen vergangener städtebaugeschichtli- cher Epochen nach den Altstädten und Mietskasernenstadtteilen des 19. Jahrhunderts, über die Ikonen der Zwischenkriegsmoderne nun die Nach- kriegsmoderne erreicht hat. Die Rückkehr der Wohnmaschine bedeutet keine generelle Abwendung vom Leitbild der traditionellen europäischen Stadt. Vielmehr erhält die scheinbar mit eindeutigen Bildern und städtebaulichen Regeln verknüpfte Vorstellung von der europäischen Stadt mit ihr ein neues Element. Und das einheitliche und manchmal auch etwas einfältige Bild von Stadt wan- delt sich mit derartigen Erkenntnissen, wie sie die vorliegende Arbeit be- reit hält, in ein mehrdimensionales und collagehaftes Bild, das der Realität und Dynamik von Stadt eher entspricht. Die Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zu dem was man wirkungsge- schichtliche Untersuchungen der Produktion von Stadt nennen könnte. Solche Untersuchungen sind notwendig, um im Fachdiskurs der Stadt gestaltenden Disziplinen von den Behauptungen über Ursachen und Wirkungen menschlichen Verhaltens in gebauter Umwelt wegzukom- men und zu wirklicher urbanistischer Ursachenforschung zu kommen.

Michael Koch Danksagung

Elain Harwood hat mir viele sehr wichtige Kontakte vermittelt. Lee Boland, Stuart Tappin, Robert Beiley und David Foreman waren Türöffner zu den vielen Interviewpartnern, ohne die ich diese Arbeit nicht hätte machen können und denen an dieser Stelle Dank gebührt: Andrew, Ania, Ben, Betty, Chris, David, Derek, Donna, Eileen, Frank, Gil, Izatu, Josie, Karl, Len, Linda, Martin, Melvin, Nina, Oludare, Pat, Richard, Sandra, Sheraz, Susannah und Tom. Thomas Hafner, Rolf Lindner, Gabriele Sturm und Ju- lian Wékel danke ich für wichtige Anregungen, Christian Holl dafür, dass er das Manuskript mehrmals und in verschiedenen Stadien gelesen und kommentiert hat und darüberhinaus nicht nur ein kompetenter, sondern auch ein überaus geduldiger Gesprächspartner war. Mit Matthew Gandy und Dominic Church habe ich die Arbeit immer wieder diskutiert, von Gabriele Roy und Michael Janoschka haben die Rohfassung korrigiert. Ganz besonders möchte ich mich bei Martina Löw bedanken, die die- se Arbeit von Anfang an begeleitet und unterstützt hat, und bei Micha- el Koch, der ein ausdauernder und motivierender Sparringspartner war.

Maren Harnack

1 Beobachtungen, Meinungen und Vorurteile

1.1 WOHNMASCHINEN, SOZIALER WOHNUNGSBAU UND GENTRIFIZIERUNG

In diesem Buch geht es um den öffentlich geförderten Nachkriegswohnungs- bau in London. Seit einigen Jahren scheint sich in der Londoner Öffentlich- keit die Meinung durchzusetzen, dass diese oftmals nach Prinzipien des modernen Städtebaus errichteten Häuser oder Wohnanlagen wieder „cool“ seien.1 Ähnliches lässt sich in Deutschland beobachten.2 Wiewohl diese Meinung oft geäußert wird, handelt es sich um ein Phänomen, das bisher

1 | Siehe z.B. Jonathan Glanceys Artikel „Noble Folly“ (Guardian, 12. August 2002) in dem er die Ansicht vertritt, das im Londoner Os- ten für Familien der Sozialwohnungsklientel zwar ungeeignet sein mag, für junge, trend- und designorientierte Städter aber gut funktionieren könnte: „With a bit of cash and imagination, a much disliked housing estate could be turned into one of the most fashionable London addresses for people brought up on a diet of modern design and architecture.“ Siehe auch die Anleitung „Spot an ex-council bargain“ unter http://uk.propertyfinder.com/2/pf/da/tiscali/guides/chooseAndBuy/ex- CouncilBargain.do (16. Januar 2008): „the perception of council flats and houses has changed. A new generation of buyers has discovered ex-council properties (or at least, some of them) to be solidly maintained, located in or near fashiona- ble areas“. Hier werden unter anderem auch 5 „hippe“ soziale Wohnungsbauten aufgezählt: Park Hill in sowie die Londoner Wohnanlagen Trellick Tower, Boundary Estate, Spa Green und Golden Lane. 2 | Beispielsweise Plattenbauten in Berlin-Mitte, das Projekt „Heimat-Moderne“ in Leipzig, Frank Roost in der TAZ vom 29. August 2000 12 RÜCKKEHR DER WOHNMASCHINEN

weder belegt noch erklärt ist. Neben der Aufgabe, diese Meinung zu verifizie- ren, ist dann zu erklären, wie und warum es zu dieser Aufwertung kommt. Obwohl sich diese Aufwertungsprozesse auch in anderen Städten und Ländern vermuten lassen, wird hier exemplarisch nur London betrachtet. Dies hat mehrere Gründe:

Ň In London ist die Kommune selbst (in ihren verschiedenen Verfas- sungsformen als und später als Greater Lon- don Council) mit ihrer Bauabteilung bzw. sind die einzelnen Boroughs (und ihre Borough Architects) nach dem Krieg als Bauherren sehr aktiv gewesen. Durch diese Kombination von Bauleitplanung und Gebäu- deplanung in einer Organisation wurde die Entstehung sehr großer Siedlungs- und Gebäudeeinheiten in relativ kurzer Zeit begünstigt, die zur Zeit ihrer Entstehung Vorbildcharakter hatten. Ň Begründer und Vertreter der als Brutalismus bekannten Architektur stammen aus England und waren in London aktiv, insbesondere Peter und Alison Smithson und Ernö Goldfinger. Ihre Bauten fallen durch ein zeichenhaftes Erscheinungsbild auf, das diese Häuser einprägsam macht und ein Auslöser für den Wandel hin zu einer positiven Wahr- nehmung dieser Wohnhäuser gewesen sein könnte. Ň Der inzwischen weitgehend liberalisierte Wohnungs- und Immobilien- markt erlaubt Trends viel schneller sichtbar zu werden als es in stärker regulierten Märkten wie dem deutschen der Fall sein kann. Im Ver- gleich zum Wohnungsmarkt in deutschen Städten wirkt der Londoner Immobilienmarkt wie ein Treibhaus, in dem Preise schneller steigen können und die Bevölkerung sich schneller austauschen kann. Ň Die Regierungsübernahme durch Margaret Thatcher im Jahr 1979 markiert einen grundlegenden und sehr frühen Wechsel hin zu einer neoliberalen Wohnungspolitik, der sich mittlerweile im Markt erken- nen lassen müsste.

Begriffe Der Terminus „Gentrification“ wurde im Zusammenhang mit der Aufwer- tung von städtischen Quartieren erstmals von der Soziologin Ruth Glass verwendet, und zwar in ihrem 1964 erschienen Aufsatz „London: Aspects of change“,3 in dem sie den verstärkten Zuzug von Mittelklassefamilien in den

3 | Glass 1964, S. xviii BEOBACHTUNGEN, MEINUNGEN UND VORURTEILE 13

Londoner Stadtteil beschreibt. Die heute gebräuchliche Definition beschreibt Gentrizierung, als den „Austausch einer statusniedrigeren Be- völkerung durch eine statushöhere Bevölkerung in einem Wohngebiet.“4 „Wohnmaschinen“ sind Wohnhäuser, die eine große Anzahl von Wohneinheiten (hier mindestens 70) in einem Baukörper vereinen und zudem den Prinzipien des modernen Wohnungsbaus im Sinne der CIAM oder des Team X verpflichtet sind.5 Diese können Teil eines „Estates“, also einer Siedlung sein, die entweder aus mehreren derartigen Gebäuden be- steht, oder aber verschiedene Bauformen vereint, darunter auch Reihen- häuser und kleinere Geschosswohnungsbauten. Entscheidend ist, dass die ausgewählten Projekte in ihrem Planungsansatz aus der Zeit stammen bevor die Rückbesinnung auf die europäische Tradition der Stadt zum do- minierenden Leitbild der Stadtplanung wurde. In Großbritannien gab und gibt es verschiedene Anbieter von öffent- lich gefördertem oder gemeinnützigem Wohnungsbau. Im Abschnitt zwei

4 | Friedrichs 1996, S. 14 5 | Reyner Banham diskutiert die verschiedenen Aspekte von städtischen Groß- strukturen in der Einleitung zu seinem Buch „Megastructures: Urban Futures of the Recent Past“ und zitiert unter anderem Definitionen von Kenzo Tanges Schüler Fumi- hiko Maki und von Ralph Wilcoxon. Maki definiert Megastrukturen als „a large frame in which all the functions of a city or part of a city are housed. It has been made possible by present day technology. In a sense it is a man-made feature of the land- scape. It is like the great hill on which Italian towns were built…“ (zitiert nach: Ban- ham 1976, S. 8). Wilcoxons Definition geht weiter, in dem er Megastrukturen nicht nur als sehr groß beschreibt, sondern auch als „a structure which is frequently 1 constructed of modular units; 2 capable of great or even ‚unlimited‘ extension 3 a structural framework into which smaller structural units (for example rooms, houses, or small buildings of other sorts) can be built – or even ‚plugged-in‘ or ‚clipped-on‘ after having been prefabricated elsewhere“ 4 a structural framework expected to have a useful life much longer than that of the smaller units which it might support. (zitiert nach: Banham 1976, S. 8). Banham erläutert aber auch, dass kein gebau- tes Beispiel alle diese Elemente enthält, nicht einmal das prototypische Stadtzen- trum von Cumbernauld (ebd., S. 10). Das gilt erst recht für die hier untersuchten Beispiele des sozialen Wohnungsbaus, die vor allem Makis erstes Kriterium erfül- len, nämlich dass sie Teile städtischer Funktionen enthalten. 14 RÜCKKEHR DER WOHNMASCHINEN

werden diese verschiedenen Anbieter und Förderwege in Grundzügen er- läutert. Der besseren Lesbarkeit halber werden alle diese Wohnungsange- bote unter dem Begriff „sozialer Wohnungsbau“ zusammengefasst, weil er weder die Besitzverhältnisse noch die Art der Förderung impliziert und die verschiedenen Formen von kommunalem und gemeinnützigem Woh- nungsbau am ehesten umfasst.

1.2 GIBT ES EINE RENAISSANCE?

Wenn in London bisher schon Wohnmaschinen aufgewertet wurden, erge- ben sich daraus drei weiterreichende Forschungsfragen:

1. Warum erleben die Wohnmaschinen aus dem sozialen Wohnungsbau in Lon- don zu bestimmenden Fällen eine Renaissance und werden aufgewertet? In der englischen und speziell der Londoner Tagespresse wird häufig der Eindruck erweckt, dass die Gentrifizierung ehemaliger sozialer Woh- nungsbauten ein weit verbreitetes Phänomen ist. Ebenso häufig werden Wohnungseigentümer – hier als Gentrifizierer verstanden – zitiert, die sich lobend über ihre Wohnung und das Wohnhaus äußern.6 Diese Hinweise legen nahe, dass die Wohnmaschinen, die bis in die 1970er Jahre hinein entstanden, sich tatsächlich weiterentwickelt haben und nicht mehr aus- schließlich als Monstrositäten wahrgenommen werden.7 Eine über diese journalistische Würdigung von Einzelfällen hinausgehende Betrachtung der jüngsten Entwicklung von Wohnmaschinen fehlt bisher völlig. Das Beispiel Keeling House zeigt, dass geförderter Massenwohnungs- bau der Nachkriegszeit im gehobenen Segment des freien Wohnungsmark- tes grundsätzlich konkurrenzfähig ist und nicht nur aufgewertet, sondern auch im Sinne der Definition Friedrichs8 gentrifiziert werden kann. Damit stellt sich die Frage, inwieweit auch andere, als gentrifiziert wahrgenom-

6 | Vgl. beispielsweise Caroll, Rory: „How did this become the height of fashion?“ (Guardian G2, 11. März 1999) oder Bueno, Julia: „Movin on up“ (The Independent on Sunday, 25. Juli 1999) 7 | Martin Richardson beschreibt Trellick Tower beispielsweise als „Koloss“, der die Häuser der Umgebung „erdrückt“ (Architects’ Journal, 10. Januar 1973, S. 91). 8 | Keeling House wurde von einem Investor erfolgreich privatisiert. Die vorheri- gen Sozialmieter mussten und konnte nicht in das sanierte Haus zurückkehren.