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August 2019 Ausgabe 104 POL RIS ISSN-0930-4916 (Print) Mitteilungen des Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck e.V. In dieser Ausgabe Außergewöhnlich frühe und sehr aktive NLC Season 2 Fototips für NLC´s 3 Das Sternbild Horologium (Pendeluhr) 5 Ich bin der Neue 14 Neumitglieder und Vereinsjubiläen 15 Astronomie der nächsten Generation? 16 Nachtleuchtende Wolken mit dem Smartphone 20 Abendvorträge 21 Impressum / Terminkalender 22 Leuchtende Nachtwolken, 21. Juni 2019, 23.29Uhr MESZ, 1 Canon EOS 80d, 11mm, 1/4s, F3,5, ISO 400, Ralf Biegel Außergewöhnlich frühe und sehr aktive NLC Season - Ralf Biegel Wer diese Tage das gute Wetter nutzt und einen Abendspaziergang unternimmt, sollte doch mal einen Blick Richtung Nordhorizont werfen. Dieses Jahr ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man dabei leuchtende Nachtwolken (englisch noctilucent Clouds, kurz NLC) zu sehen bekommt. Während es bei uns hier unten auf der Erdoberfläche angenehm warm ist, herrschen dagegen über uns frostige Temperaturen. In einer Höhe von 81km bis 85km befindet sich die Mesopause, eine Grenzschicht zwischen Bild unten: 15. Juni 2019, 0.01Uhr MESZ, Bild unten: 8. Juni 2019, 23.58Uhr MESZ, Mesosphäre und Thermosphäre, in ihr kühlt sich die Canon EOS 80d, 39mm, 1,6s, F3,5, ISO 400 Canon EOS 80d, 17mm, 2,5s, F4, ISO 400 Atmosphäre auf über minus 120C° ab. Kommt hier noch Feuchtigkeit hinzu, können sich feine Eiskristalle bilden. Die in den Sommermonaten nur kurz unter dem Horizont stehende Sonne beleuchtet in der Nacht noch die höheren Atmosphärenschichten und wir können dann die angestrahlten Eiskristalle als leuchtende Nachtwolken bewundern. Die beste Beobachtungszeit liegt zwischen 22.30Uhr und 4.00Uhr von Mitte Juni bis Mitte Juli, wenn die Sonne zwischen 6° und 16° unter dem Horizont steht. Dieses Jahr gab es aber einen ungewöhnlich frühen und starken Feuchtigkeitseinbruch in der Mesosphäre. Dadurch konnten bereits ab Ende Mai sehr ausgedehnte und helle Felder von leuchtenden Nachtwolken gesehen werden. Grosses Bild: 29. Mai 2019, 02.14Uhr MESZ, 2 Canon EOS 80d, 23mm, 8s, F4, ISO 400, Ralf Biegel Fototips für NLC´s - Ralf Biegel Wer nun die leuchtenden Nachtwolken auch die Entfernung eingestellt werden. einmal fotografieren möchte, sollte folgende Wer mit der Einstellung anhand der Sterne nicht Hinweise beachten: zurechtkommt, kann auch weit entfernt liegende Die verwendete Kamera sollte die Möglichkeit beleuchtete Gebäude benutzen. Bei Kameras neuerer haben, die Belichtungszeit und Blende sowie die Bauart funktioniert der Autofokus aber auch mit ISO-Werte manuell einstellen zu können. Sie sollte wenig Licht. mindestens über eine Selbstauslöser-Funktion und Für die Aufnahme sollte ein Standort mit freier Sicht ein Objektiv, das den Normalobjektivbereich und Richtung Nord, Nordost und Nordwest gewählt leichten Weitwinkelbereich abdeckt, verfügen. werden. Da die leuchtenden Nachtwolken sehr helle Bestens geeignet sind natürlich digitale System Nachtfotomotive sind, spielt die Lichtverschmutzung oder Spiegelreflexkameras mit lichtstarkem keine so große Rolle. Man kann sogar ein beleuchtetes Normal- oder Weitwinkelobjektiv. Vordergrundmotiv auswählen, das durch die im Um Verwackelungen bei längeren Belichtungs- Hintergrund leuchtenden Nachtwolken in Szene 24. Juni 2019, 02.52Uhr MESZ, 24mm, 1s, F4,5, ISO 800 zeiten zu vermeiden, sollte ein Stativ mit gesetzt wird. Dabei können auch Brennweiten im Fernauslöser verwendet werden. Es funktioniert leichten Telebereich verwendet werden. aber auch im Notfall mit einer feststehenden Wie erfahre ich nun, ob NLC zu sehen sind? Ich Kameraauflage und der Selbstauslöser-Funktion. persönlich schaue bei den Profis nach. Auf der 24. Juni 2019, 02.58Uhr MESZ, 24mm, 1s, F4,5, ISO 800 Nun zu den Kameraeinstellungen. Es sollte eine Internetseite des IAP Kühlungsborn kann man sich möglichst offene Blende eingestellt werden. die aktuellen Radarmessungen ansehen. Wenn das Blendenzahl 2,8 oder 4 sind gut geeignet. Da sich VHF-Radar OSWIN bis kurz vor Sonnenuntergang die Leuchtenden Nachtwolken auch bewegen, kräftige Echos im Bereich Mesosphäre anzeigt, ist die sollte eine Belichtungszeit von 10s nicht Wahrscheinlichkeit sehr hoch NLC zu sehen. Ist die überschritten werden. Wenn das Rauschverhalten Beobachtungszeit erreicht, schaue ich mir noch mal der Kamera es zulässt, kann auch ein höherer ISO- die aktuellen Bilder des NLC Kameranetzwerkes, Wert zwischen 800 und 1600 eingestellt werden. ebenfalls IAP Kühlungsborn, an und weiß, ob ich los Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen damit muss. Auch zu empfehlen ist die NLC Seite des AKM- gemacht eine volle Belichtungsstufe weniger zu Forums mit aktuellen Sichtungsmeldungen. belichten, als es die Kamera vorschlägt. Die Natürlich dürfen Ersatzakku, zweite Speicherkarte Autofokusfunktion und der Bildstabilisator sollten und warme Jacke nicht vergessen werden. abgestellt werden und nach Möglichkeit manuell Viel Spaß und Erfolg, Ralf Biegel Grosses Bild: 22. Juni2019, 0.09 Uhr MESZ, 3 Canon EOS 80d ,24 mm, 1,3s, F4,5, ISO 400 18. Juni 2019, 02.03Uhr MESZ, 4 Canon EOS 80d, 34mm, 4s, F3,5, ISO 400 Das Sternbild Horologium (Pendeluhr) Herkunft, Mythologie, Beobachtungshinweise zusammengestellt von E.-Günter Bröckels Unter den heute 88 international gültigen Sternbildern befinden sich neben Personen und Tieren auch einige wissenschaftliche Geräte, die im 18. Jahrhundert von dem französischen Astronomen Nikolai Louis de la Caille zu Ehren deren Erfinder als Sternbilder eingeführt wurden. Eins davon wurde 1762 von ihm benannt und ist einer Erfindung aus dem Jahre 1656 des niederländischen Physikers, Mathematikers und Astronomen Christiaan Huygens, das Horologium Oscillitorium oder die Pendeluhr, ein für die damalige Zeit höchst bedeutendes Zeitmessgerät, gewidmet. Die bis dahin gebräuchlichen Zeitmesser waren Gleichgewicht-Uhren. Die Pendeluhr jedoch ist eine Uhr, deren Taktgeber ein mechanisches Pendel, auch Perpendikel genannt, ist. Schon Galileo Galilei hatte in seinen letzten Lebensjahren um 1640 eine derartige Uhr erdacht; eine solche wurde aber erst Jahre später von seinem Sohn Vincenzo gebaut. Diese Uhr funktionierte aber nicht. Um dieselbe Zeit befasste sich auch Christiaan Huygens mit Theorie und Bauart der Pendeluhr. Die erste von Huygens 1656 konstruierte Pendeluhr mit Spindelhemmung, die heute im Rijksmuseum in Leiden aufbewahrt wird, baute der Meister Salomo Coster nach Huygens Plänen im Jahre 1657. Sie hatte eine Gangabweichung von etwa 15 s am Tag, ein Wert der bis dato als unerreichbar galt und der erst 100 Jahre später verbessert wurde. Christiaan Huygens' Pendeluhr wurde also erstmals durch einen Mechanismus mit einer "natürlichen" Schwingungsperiode des Pendels geregelt. Überschreitet das schwingende Pendel einen bestimmten Punkt, wird das Uhrwerk um eine vorgegebene Einheit weitergeschaltet. Meistens geschieht dies im Sekundentakt. Gleichzeitig erhält das Pendel den Anstoß weiter zu schwingen. Die harmonische, gleichmäßige Pendelbewegung ist somit entscheidend für die Genauigkeit der Pendeluhr, weshalb sowohl der Konstruktion des Pendels als auch der Auslösung der Aktion im Uhrwerk große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Reibung der Pendelaufhängung wurde bald durch Lager aus Edelsteinen, z.B. Achat, Rubin oder Smaragd, reduziert. Weiterhin wurde das Schlingern durch Pendelfedern gemindert und die gleichmäßigere Kraftübertragung auf das Pendel über eine in der Länge justierbare Pendelstange verbessert. Der Luftwiderstand wurde durch strömungsgünstige Pendellinsen gemindert. Störenden Umwelteinflüssen auf die Schwingungsdauer wie Temperatur, Luftdichte und - feuchtigkeit wurden im Laufe der Zeit durch speziellere Konstruktionen oder besondere Auswahl der Konstruktionsmaterialien Rechnung getragen. Die Justierung der Schwingungsdauer von Pendeluhren erfolgt zum Beispiel durch feinste Veränderungen der wirksamen Pendellänge. All dies erforderte allerdings eine sehr genaue vertikale als auch horizontale Justierung der Gehäuse und der darin untergebrachten Mechanik. Derartige Uhren waren für die Seefahrt leider nicht tauglich aber ein immenser Gewinn für die Astronomie. Mit ihrer Hilfe konnten zum Beispiel die Meridianzeiten und damit die Positionen von Sternen um ein Vielfaches verbessert werden. Abb. 01: Originalplan der Huygens´schen Pendeluhr 5 Im Folgenden möchte ich noch einige geschichtliche Daten zur Pendeluhr aufführen, die ich im Internet ermitteln konnte: 1657 lässt Christiaan Huygens eine Hemmung patentieren, die die Ganggenauigkeit auf zehn Sekunden pro Tag verbessert. In den 1680ern werden Haken- und Ankerhemmung erfunden und die Pendelaufhängung am Faden durch eine dünne Stahlfeder (Pendelfeder) ersetzt. Formeln für den Einfluss der Amplitude werden bekannt. 1726 entwickelte George Graham (Erfinder der Spiral-Unruh) ein Uhrenpendel mit Quecksilber- Ausdehnungsgefäß zur Kompensation des Temperatureinflusses, was die Ganggenauigkeit auf etwa eine Sekunde täglich verbessert. 1843 wird das elektromagnetisch angetriebene Pendel patentiert – eine etwa zehnfache Verbesserung und der erste Schritt zur Elektro-Uhr. 1870 erreichen Präzisionspendeluhren eine tägliche Ganggenauigkeit unter einer Zehntelsekunde und werden als Zeitnormal für astronomische Zeitdienste eingesetzt. 1921 entwickelt der englische Ingenieur William Hamilton Shortt (1881–1971) eine nach ihm benannte Präzisionspendeluhr, deren Besonderheit darin besteht, dass sie von atmosphärischen Störungen sowie Störungen durch Reibung weitgehend befreit ist. Das wurde durch eine Trennung in Haupt- und Nebenuhr erreicht.