Hector Berlioz: "Béatrice Et Bénédict"
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
SWR2 Oper Hector Berlioz: „Béatrice et Bénédict“ Sendung: Sonntag, 21. Februar 2021, 20.03 Uhr Redaktion: Bernd Künzig SWR2 können Sie auch im SWR2 Webradio unter www.SWR2.de und auf Mobilgeräten in der SWR2 App oder als Podcast hören: Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Die SWR2 App für Android und iOS Hören Sie das SWR2 Programm, wann und wo Sie wollen. Jederzeit live oder zeitversetzt, online oder offline. Alle Sendung stehen mindestens sieben Tage lang zum Nachhören bereit. Nutzen Sie die neuen Funktionen der SWR2 App: abonnieren, offline hören, stöbern, meistgehört, Themenbereiche, Empfehlungen, Entdeckungen … Kostenlos herunterladen: www.swr2.de/app 2 Heute im dritten Teil unserer fünfteiligen Reihe mit Vertonungen von Stoffen William Shakespeares für das Musiktheater Hector Berlioz Oper „Béatrice et Bénédict“. Die 1862 uraufgeführte komische Oper war Berlioz letzter Beitrag für das Musiktheater. Sie ging auch nicht in Frankreich erstmals über die Bühne, sondern zur Eröffnung des neuen Theaters in der Kurmetropole Baden-Baden. Es ist ein Auftrag des Baden-Badener Spielbankdirektors Edouard Bénazet. Er hat die Einnahmen des Casinos zur Mitte des 19. Jahrhunderts enorm gesteigert und leistet sich nicht nur die prunkvolle Ausstattung der Säle, sondern auch ein neues Theater im Neo-Rokoko-Stil. Da die französische Kultur bei den internationalen Gästen eine wichtige Rolle in der internationalen Kurstadt am Rande des Schwarzwalds spielt, erscheint eine französische Oper heiteren Charakters durchaus angemessen zur Theatereröffnung. Berlioz vorangegangene beide Opern waren eher großformatige Angelegenheiten, die nicht zuletzt auf die Große Oper und eine Aufführung an der Pariser Opéra zielten. Dazu sollte es allerdings zu Berlioz Lebzeiten nicht kommen. Beide Stücke, die Künstlerkomödie „Benvenuto Cellini“ und „Les Troyens“ nach Vergils antikem Aeneas-Epos und der Episoden um den trojanischen Krieg und die Königin Dido in Karthago, sollten zu Lebzeiten des Komponisten nie in der von ihm komponierten Gestalt aufgeführt werden. So gebührt Baden- Baden in der Tat die Ehre, ein Musiktheaterwerk des Komponisten auch in der von ihm vorgesehenen Form einer sogenannten Opéra comique auf die Bühne zu bringen. Und dies meint nun die Mischform aus Musiknummern und gesprochenen Dialogen. Einer der literarischen Hausgötter Berlioz‘ ist seit seiner Jugend William Shakespeare. 1830 verliebt sich der Komponist in die Darstellerin Harriet Smithson, als er sie in einer Aufführung von Shakespeares „Hamlet“ erlebt. Sie heiraten. Als Berlioz mehr als dreißig Jahre später seine Shakespeare-Oper komponiert, sind die beiden allerdings längst geschieden. Bereits 1839 komponiert er eine erste Auseinandersetzung mit Shakespeare. Allerdings für ein imaginäres Theater im Konzertsaal. Denn „Roméo et Juliette“ ist keine Oper, sondern eine dramatische Sinfonie mit Solisten, Chor und Orchester, von Anfang also für eine konzertante Aufführung konzipiert. Für seine gewaltige Oper „Les Troyens“, die er 1858 abschließt, steht ihm Shakespeare dramaturgisch Pate, musikalisch versucht er sich an seinem Vorbild Christoph Willibald Gluck und seiner Erneuerung der griechischen Tragödie zu orientieren. Zuletzt dann also die Erfüllung am Shakespearschen Original für die Opernbühne. „Béatrice et Bénédict“ geht dabei auf Shakespeares um 1599 entstandene Komödie „Viel Lärm um nichts“ zurück. Berlioz hat den Plan zur Vertonung allerdings schon länger. Bereits 1833 hat er die Idee, das Stück als italienische Opera buffa zu vertonen. 1853 verfasst er dann das Libretto nun bereits als Opéra comique. Der Auftrag Bénazets zieht die Komposition dann nach sich. Shakespeares meisterhafte Komödie besteht eigentlich aus zwei Parallelhandlungen. In der einen geht es um das Zusammenfinden des verliebten Paares Hero und Claudio. Hero ist die Tochter des sizilianischen Fürsten Leonato, der in Gesellschaft seines Bruders Antonio und dessen Tochter Béatrice zusammenlebt. Das Glück von Hero und Leonatos Adjudanten Claudio wird nur durch die Intrige des spanischen Edelmanns Don John oder Don Juan gestört. Dem verliebten Paar hat Shakespeare nun das rabiate Gegenteil gegenübergestellt: die zänkischen, voll bissiger Sprüche übereinander herfallenden Beatrice und Claudios Kriegskamerad und Freund Bénédict. Natürlich geht es nach dem Motto „was sich liebt, das neckt sich“, und so kommt es am Ende der Komödie zu einer Doppelhochzeit der beiden Paare. Berlioz hat sich in seiner Bearbeitung nun ganz auf das Paar Béatrice und Bénédict konzentriert. Ganz wie es sich für eine Opéra comique gehört lässt er das romantische Paar Hero und Claudio im Hintergrund. Don John wird ganz eliminiert. Im ersten Akt ist man gerade nach einem Feldzug gegen die Mauren siegreich zurückgekehrt. Da Claudio sich rühmlich hervorgetan hat, soll er mit der Hand von Leonatos Tochter Hero belohnt werden. Da beide sich ohnehin schon lieben, ist in diesem arkadischen Idyll alles in Ordnung. Heros Freundin Béatrice dagegen tut sich schwer. Eigentlich ist sie in Bénédict verliebt, redet sich 2 3 aber beständig ein, dass er nicht für sie tauge. Nicht zuletzt, weil dieser Bénédict nicht weniger als sie selbst eine Beißzange ist und sich ungemein viel auf sein Junggesellendasein einbildet. Sollte er jemals heiraten, dann – so verkündet er den Freunden – soll man an seinem Haus ein Schild anbringen mit der Inschrift „Hier sieht man Bénédict, den Ehemann“, ausgestellt wie ein fossiles Museumsstück. Natürlich finden die Freunde das alles lächerlich und beschließen, die beiden zusammen zu bringen. Indes probt der Kapellmeister Somarone seine Festkantate zur Hochzeit. Ein Komponist vom Format Berlioz‘, dessen Fähigkeiten von seinen Musikern natürlich nicht erkannt werden. Aus der feierlichen Hochzeitsfuge machen sie zunächst ein plärrendes Chorstück, dem jede Subtilität abgeht. Also noch einmal geprobt. Béatrice und Bénédict lauschen abwechselnd der Probe, während die Freunde nun Gerüchte streuen, beide hätten Bekenntnisse ihrer Liebe geäußert. Jetzt sind beide äußerst irritiert, während Héro und ihre Freundin Ursule in einer idyllischen Mondnacht die Liebe besingen. Die Mitwirkenden im ersten Akt von Hector Berlioz „Béatrice und Bénédict“ sind: Don Pedro, General der sizilianischen Armee: Vincent Le Texier Claudio, sein Adjutant: Gilles Cachemaille Bénédict, sizilianischer Offizier, Freund Claudios: Jean-Luc Viala Léonato, Gouverneur von Messina: Philippe Magnant Héro, seine Tochter: Sylvia McNair Béatrice, Nichte des Leonato: Susan Graham Ursule, Héros Ehrendame: Catherine Robbin Somarone, Kapellmeister: Gabriel Bacquier Wir hören den Choeurs de l’Opéra de Lyon und das Orchestre de l’Opéra de Lyon. Der Dirigent ist John Nelson. Musik Hector Berlioz: „Béatrice et Bénédict“, 1. Akt (69:08) Im SWR2 Opernabend heute in unserer Reihe „Shakespeare singt“ Hector Berlioz komische Oper „Béatrice et Bénédict“ frei nach William Shakespeares Komödie „Viel Lärm um nichts“. Berlioz‘ Karriere als Komponist für das Musiktheater ist nicht unproblematisch. Weniger weil seine Beiträge nicht gelungen wären, sondern weil die Rezeptionsbedingungen ihm den großen Erfolg auf der Opernbühne verweigern. Seine beiden großen Werke „Benvenuto Cellini“ und „Die Trojaner“ erlebt Berlioz nicht in der Form aufgeführt, wie er sie komponiert hat. Und es dauert bis zu den textkritischen Ausgaben der neuen Berlioz-Ausgabe im 20. Jahrhundert, bis diese großen Werke überhaupt in der korrekten Form gespielt werden. Erfolgreicher ist er mit seinem „imaginären“ Theater, also jenen dramatischen Musiken wie der Symphonie „Roméo et Juliette“ und der dramatischen Legende „Fausts Verdammnis“, die beide eigentlich für den Konzertsaal bestimmt sind, aber im 20. Jahrhundert wiederholt Bühnenrealisationen erfahren. Am glücklichsten ist Berlioz mit seinem Baden-Badener Auftrag „Béatrice et Bénédict“. Das Stück geht in der Tat in der von ihm vorgesehene Form über die Bühne. Ein Problem stellt dann wiederum die französische Rezeption dar. Denn die Oper ist von der Form her betrachtet mit den gesprochenen, spritzigen Dialogen eine ganz typische Opéra comique und natürlich denkt der Komponist an eine Aufführung am gleichnamigen Haus in Paris. Es dauert bis nach Berlioz‘ Tod. Erst 1890 nimmt sich die Opéra comique dieser für sie maßgeschneiderten Oper an. Und dann auch noch mit neu textierten Dialogen. Auch im deutschsprachigen Raum sieht es zunächst nicht gut aus. 1888 ersetzt der Dirigent Felix Mottl für eine Aufführung in Karlsruhe die Dialoge durch wenig passende Rezitative. Und selbst die Opéra comique bringt die Oper noch 1966 in dieser widersinnigen Form auf die 3 4 Bühne. Und es bleibt dabei: eines der vielleicht gelungensten Werke dieses innovativen wie revolutionären Komponisten bleibt ein Geheimtipp. Vielleicht ändern wir das hier. Jedenfalls gibt sich auch hier Berlioz durchaus innovativ. In der Tat erneuert er das Genre der Opéra comique mit diesem Werk in seiner Mischung aus spritzig-komischem Konversationston