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Uli Bauer, Felix Biermann, Olaf Brauer, Thomas Kersting und Hartmut Lettow

Spätslawische Gräber mit Schwertbeigabe von Wusterhausen an der Dosse Ein Vorbericht

Einleitung Allgemein wird die Siedlungsregion an der Die Kleinstadt Wusterhausen (Lkr. Ostprignitz- Dosse (Abb. 2) und den Kyritzer Seen mit dem Ruppin) liegt am mittleren Dosselauf im Grenz- Gebiet der Dossanen identifziert (vgl. Plate 1989; bereich von und Ruppiner Land. Von 1998). Diese werden als „Doxani“ im 11. Jh. bei März bis Juli 2006 wurden in den Straßen bei der Adam von Bremen erwähnt. Ein ähnlich bezeich- spätmittelalterlichen Pfarrkirche St. Peter und netes Territorium tritt außerdem bereits in der Paul Leitungssysteme angelegt und der Straßen- Stiftungsurkunde für das Bistum aufbau erneuert. Dies wurde baubegleitend ar- (946/48) als „Dassia“ und in der im 12. Jh. ver- chäologisch betreut (Abb. 1; vgl. Brauer 2007). Die fälschten Urkunde für Havelberg als „Desseri“ in Arbeiten unter Leitung von O. Brauer, an denen Erscheinung (Brüske 1955, 193-196; Herrmann auch U. Bauer und H. Lettow beteiligt waren, 1968, 30). Darunter könnte ein Stammesgebiet im führten zu neuen Erkenntnissen über die Sied- Sinne von „Dossanenland“, ein am Fluss orien- lungsgeschichte im Bereich der Stadt und er- tierter Landschaftsname – als „Dossegau“ – oder brachten insbesondere spektakuläre Grabbefun- aber eine Stammes- und zugleich Regionsbe- de, und zwar zwei spätslawische Gräber mit zeichnung zu verstehen sein. Nach den Havelber- Schwertbeigabe. ger Diözesanurkunden des 12. Jhs. lagen auch Wittstock und Putlitz – die „Wizoca civitas“, also Siedlungs- und Geschichtsraum „große Burg“, sowie die „Pochlustim civitas“ mit 2 Das Areal um Wusterhausen gehörte in slawi- ihren jeweiligen Burgwarden – in „Desseri“. Für scher Zeit zu einer dicht belegten Siedlungsland- eine Gleichsetzung der Siedlungslandschaft an schaft an den Rändern des Unteren Rhinluchs, der Dosse mit „Desseri“ bzw. „Dassia“ sprechen der Kyritzer und Ruppiner Platte, in der v. a. eine die Abfolge der Gebietserwähnungen in den Ha- größere Anzahl von Burgwällen auffällt. Diese velberger und Brandenburger Bistumsurkunden ballen sich am Mittellauf der Dosse und an der sowie sein offensichtlich mit der Flussbezeich- Nord-Süd-verlaufenden Kyritzer Seenrinne im nung verwandter Name (Herrmann 1968, 30). Ob Bereich von Neustadt/Dosse, Plänitz, Kyritz und sich „Desseri“ im Norden bis zur Müritz erstreck- Wusterhausen. Weiter dosseaufwärts dünnen die te, ist ungewiss. Dass jedenfalls ein Machtzent- Fundplätze aus, um bei Wittstock noch eine klei- rum des „Desseri“-Territoriums im Raum Kyritz- nere Konzentration zu bilden; ostwärts liegen Wusterhausen lag, können die Schwertgräber von weitere Siedlungsballungen bei Wildberg und jenen Orten untermauern. Neuruppin, die mit der schon im 10. Jh. erwähn- Das mittelalterliche Zentrum des 1232 erstmals ten Region „Zamzizi“ verbunden werden (Herr- als „wstrehusen“ schriftlich erwähnten Ortes mann 1968, 30 f.). Südlich und westlich behinder- Wusterhausen befindet sich auf der Kuppe einer te die weite Niederung des Rhin-Luchs eine Be- siedlung in allen ur- und frühgeschichtlichen Tornow-Sechzehneichen östlich Kyritz (Plate/Plate 1983) und Perioden. 1 in der Vorburgsiedlung von Wildberg (Grebe 1970). 2 Brüske 1955, 194 Anm. 344; Herrmann 1960, 201; 1968, 30; F. 1 In den meisten Fällen handelt es sich lediglich um Oberflä- Ruchhöft (2008, 39 Anm. 232) erwägt allerdings, die Nachrich- chenfundplätze; Ausgrabungen fanden nur auf wenigen ten über Wittstock und Putlitz könnten „Teil der Fälschung“ Fundplätzen statt, z. B. in der spätslawischen Siedlung von sein. 328 BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337

Abb. 1. Wusterhausen. Luftbild des Areals um die Kirche St. Peter und Paul mit den prospektierten Bauflächen (blau), der Ausdehnung des Gräberfeldes (rot) und der Lage der beiden Schwertgräber (lila) (Luftbild Stadt Wuster- hausen, Bearbeitung: TOPO-Archäologie).

Talsandinsel in der Dosseniederung. Die 1291 Im Areal der spätmittelalterlichen Altstadt gab „civitas“ genannte Stadt, deren Name auf sla- es ebenfalls eine ausgedehnte slawenzeitliche wisch +ostrog´ ь, „mit Palisaden befestigter Platz“, Besiedlung. Hier wurden bei nahezu allen Bauar- zurückgehen soll (Herrmann 1960, 69), wurde beiten frühgeschichtliche Überreste entdeckt, wohl schon in der ersten Hälfte des 13. Jhs. privi- vereinzelt auch slawische Körpergräber (Plate legiert (Enders 1970, 299 f.; Plate 1979, 265; Hein- 1979, 253 ff.; 1992, 97 ff.). Die Siedlungsbefunde rich 1995, 398 f.). Sie entstand im Anschluss an lassen auf eine im Schwerpunkt früh- bis mittel- einen großen spätslawischen Burgwall, der einen slawische Besiedlung im nördlichen Bereich der Übergang über die Dosseniederung sicherte und Talsandinsel und eine vorwiegend mittel- bis zugleich ein wichtiges Herrschaftszentrum im spätslawische Siedlungstätigkeit im Südosten südlichen Stammesgebiet der Dossanen war. Die schließen. Dabei handelte es sich wohl um subur- Bedeutung des Wusterhausener Kleinraums biale Bereiche der von J. Herrmann (1960, 54 f., 69, schon in slawischer Zeit wird nicht nur durch 73) als „spätslawische stadtähnliche Siedlung“ diese Wehranlage, sondern auch durch eine wei- tere, unfern gelegene Befestigung – wahrschein- lich ein kleinerer, mittelslawischer Ringwall – und 73/71-74. Es ist nicht ganz klar, ob es sich bei dem kleinen und dem großen Burgwall um zwei zeitlich folgende oder auch mehrere Siedlungsplätze in der Umgebung be- zeitgleiche Befestigungen oder um eine zweiteilige Burg (Vor- legt. 3 und Hauptburg) handelt. Der kleine Ringwall, 1910 „ein flacher Hügel von rundlicher Form“, wurde von W. Bartelt 3 Bartelt/Waase 1910, 36 ff.; Herrmann 1960, 64 f., 153 f. Kat.- und K. Waase (1910, 37) als Bestattungsplatz eingestuft, was Nr. 164, 165; 1968, 186; Plate 1975, 154 ff.; Corpus 3, 1979, aber kaum zutreffen wird. BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337 329

Abb. 2 . Slawenzeitliche Fundplätze an der Dosse und der Kyritzer Seenrinne (Kartierung: Th. Kersting).

(vgl. auch Corpus 3, 1979, 73/72) gekennzeichne- Die Grabungsergebnisse von 2006 ten Burg, die offenbar recht groß war und in klei- nen Erdaufschlüssen starke Kulturschichtpakete Die Siedlungsbefunde mittel- und spätslawischer Zeit mit Fußböden, Im Zuge der Baubegleitung konnte 2006 eine Herdstellen und Aufhöhschichten zeigte (Plate früh- bis mittelslawische, vermutlich unbefestigte 1975, 155 Abb. 2). Siedlung auf der Kuppe nördlich der Kirche Als die Herren im frühen 13. Jh. in nachgewiesen werden. Die Kulturschichten liegen Wusterhausen ihre Herrschaft etablierten, knüpf- äolischen Sedimenten auf. Bei den Siedlungsgru- ten sie an diese Traditionen an. Die Burg des 13. ben handelt es sich meist um muldenförmige Jhs., die – wie die Siedlung – 1232 erstmals ge- Gruben mittlerer Tiefe, die Siedlungsabfall wie nannt wird und Mittelpunkt der 1349 nachgewie- Keramikscherben, Knochen und Fischgräten, senen terra Wusterhausen war, könnte an gleicher Holzkohle, Herdsteine u. ä. enthielten. Einige Stelle wie die spätslawische Befestigung gelegen größere, etwa rechteckige Gruben können als haben, auch wenn archäologische Beweise dafür Grubenhäuser oder eingetiefte Bereiche ebenerdi- fehlen. Wohl seit den 1270er Jahren askanisch, ger Häuser interpretiert werden. Weiterhin sind verlor die Burg bald nach 1293 an Bedeutung, Feuerstellen und Pfostengruben identifizierbar. während sich die Stadt weiter entfaltete (Herr- Die Verteilung der Befunde zeigt eine deutliche mann 1960, 57, 154; 1968, 186; Plate 1979, 265; Konzentration nördlich der Kirche. Anhand der Heinrich 1995, 399). Ihr Kern war die spätslawi- Keramik (v. a. Sukower, Feldberger und Menken- sche Vorburgsiedlung. So ergeben sich in Wust- dorfer Typ) kann diese Siedlung im Schwerpunkt erhausen bemerkenswerte Kontinuitäten zwi- in das 8./9. bis 10. Jh. gestellt werden. Über Teile schen dem spätslawischen Wirtschafts- und Herr- dieses Wohnplatzes erstreckte sich später das schaftszentrum sowie der frühdeutschen Burg Körpergräberfeld. und Stadt. 330 BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337

Nördlich dieses Areals wurden frühdeutsche Abweichung von der eigentlich angestrebten Befunde erfasst: Siedlungsgruben, Feuerstellen West-Ost-Ausrichtung (vgl. Biermann 2003, 617 und der Rest eines Dielenbodens deuten auf eine Anm. 6, 7) und mag somit bereits christliche Ein- Zeilenbebauung des 13. bis 15. Jhs. hin. Ein west- flüsse anzeigen. Grabtiefen von ca. 1 m waren die lich und nördlich der Kuppe verlaufender flacher Regel, doch gab es auch einige bis zu 2 m tiefe Sohlgraben, der bereits Mitte des 13. Jhs. durch Gruben. einen Bohlenweg überbaut wurde (Jahrringdatum 1244/1245; Dr. K.-U. Heußner, Berlin), gehörte zur spätslawischen oder zur frühdeutschen Sied- lungsetappe.

Das spätslawische Gräberfeld Hauptbefund der Grabungen war ein spätslawi- sches Körpergräberfeld, dessen Areal im Mittelal- ter weitgehend unbebaut geblieben war. Es wur- de lediglich bei der Anlage eines Spitzgrabens angeschnitten, und erst eine neuzeitliche Bautä- tigkeit dürfte größere Teile davon zerstört haben. Das Zentrum des Gräberfeldes lag nördlich der Pfarrkirche. Seine Grenzen konnten nur im Westen und Norden ungefähr erfasst werden. Die Bestattungen setzten am Abhang oberhalb der Niederung ein. Im Süden liefen die slawischen Gräber auf der Kuppe aus, etwa in Höhe des Standortes der Kirche St. Peter und Paul. Im nä- heren Umfeld der Pfarrkirche kann es zu Über- schneidungen des slawischen und des deutschen Friedhofes gekommen sein, wobei sich südlich der Pfarrkirche wohl nur noch der deutsche Be- stattungsplatz befunden haben wird. Ob die in ihrem jetzigen Baubestand auf das mittlere 13. Jh. zurückgehende Pfarrkirche (Vinken 2000, 1142 ff.) die Tradition eines slawenzeitlichen Vorgängers aufnahm, konnte bislang nicht geklärt werden. Gut 100 Gräber wurden dokumentiert. Bei et- wa einem Drittel handelt es sich allerdings nur um teilweise angeschnittene Grabgruben ohne Knochen. Auch bei den großflächiger erfassten Abb. 3. Wusterhausen, spätslawisches Gräberfeld. Gräbern sind die Aussagemöglichkeiten unter- Kinderbestattung Bef. 152 (Foto: O. Brauer). schiedlich: Bei manchen wurde nur ein kleiner Teil des Skeletts beobachtet, andere konnten voll- Eine anthropologische Analyse des Knochenma- ständig freigelegt werden. Bei insgesamt 90 Grab- terials steht noch aus. Eine erste Durchsicht der befunden ließ sich eine Orientierung feststellen: Knochen lässt unter Berücksichtigung der Grab- Der größere Teil war nicht exakt West-Ost orien- größen überwiegend Erwachsene, kaum Jugend- tiert, sondern ungefähr Nordwest-Südost, wobei liche und wenige Kinder unter den Bestatteten der Kopf im Osten oder Westen liegen konnte. (Abb. 3) erkennen. In etwa der Hälfte der Gräber Wenige Gräber waren Nord-Süd orientiert. Die waren Holzspuren sichtbar, die von Baumsärgen bereits bei den von C. Plate (1992, 112) publizier- (Abb. 4), Totenbrettern oder gezimmerten Holz- ten Wusterhausener Grabbefunden registrierte einbauten stammten. In zwei Fällen – den noch zu Position der Köpfe in manchen Gräbern im Osten erörternden Schwertgräbern – ist von Holzkam- erscheint im Vergleich mit anderen spätslawi- mergräbern auszugehen. Fast alle Toten lagen in schen Gräberfeldern ungewöhnlich. Eine strenge gestreckter Rückenlage, die Arme lang neben West-Ost-Ausrichtung, wie sie dann für Kirch- dem Körper. Nur in wenigen Fällen befanden sich friedhöfe charakteristisch ist, kann ebenfalls nicht ein Arm oder beide Unterarme auf dem Bauch registriert werden. Die Vorherrschaft der Nord- bzw. Becken. west-Südost-Orientierung ist aber möglicherweise Bei 15 Bestattungen wurden Beigaben bzw. eine auf ungenaue Ausführung zurückführbare Trachtbestandteile gefunden. Einige Metallge- BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337 331 genstände lassen sich als Gürtelteile deuten, dazu Einige Gräber können als Sonderbestattungen kommen in vier Gräbern Messer. In zwei Bestat- bezeichnet werden. Dazu zählen nicht mehr im tungen deuten Schatten auf vergangene Holzge- Verband liegende Skelette von Kleinkindern in fäße hin, in zwei weiteren gab es Münzen. Eine runden bis quadratischen Gruben, die in vier der Münzen war als Obolus einem Toten in den Fällen in den Fußbereichen von Erwachsenengrä- Mund gelegt worden, die zweite fand sich in der bern lokalisiert waren. An einer Stelle wurden Grabgrube eines Erwachsenen in einem Baum- zwei Erwachsene in zueinander entgegen gesetz- sarg (Grab 118). Bei letzterer handelt es sich um ter Orientierung direkt übereinander bestattet, einen „verballhornten Kölner Pfennig“ der Grup- allerdings nicht in derselben Grabgrube. Ob diese pe „Bard?B1“ nach Chr. Kilger (2000, 190 f.), wohl Toten in einer bestimmten Beziehung zueinander eine Prägung aus Bardowieck unter Heinrich IV. standen oder ob die Befundsituation eher zufällig Sie datiert in die Jahre 1060-1080. Die Münzen entstand, muss offen bleiben. Zwei Bestattungen könnten zur Bezahlung der Überfahrt ins Toten- zeigen Spuren von Verbrennungen im Bereich der reich im Sinne eines „Charonspfennigs“ gedient linken Brust. Man kann dies als Indizien für Teil- haben, wobei sich dieser Brauch aus der Antike verbrennungen der Leichen oder bestimmte Feu- über Byzanz, die Awaren und Großmähren oder errituale in der Grabgrube auffassen. über den Ostseeraum an die nördlichen Westsla- wen vermittelt haben dürfte (Gräslund 1965/66; Steuer 1970, 148 f.; Biermann 2003, 622). Man hat auch vermutet, dass die Münzen bildlich einen dem Toten zustehenden Teil des Stammeseigen- tums ausdrücken sollten, als „Wiedergutmachung von Seiten der Überlebenden für den Nachlass des Toten“ (Gräslund 1965/1966, 192). Ferner sollten die Geldstücke möglicherweise die Nah- rungsbeigabe ersetzen, besonders unter Einfluss des Christentums: Bei den Nordwestslawen der spätslawischen Zeit „scheint der Obolus geradezu als Beigabenersatz gedient zu haben“ (Steuer Abb. 5. Wusterhausen, spätslawisches Gräberfeld. 1970, 148 f.). Hockerbestattung Bef. 210 und partielle, verkohlte Bestattung Bef. 212 (Foto O. Brauer).

Die deutlichste Abweichung vom „normalen“ Bestattungsritus stellen eine Hockerbestattung und direkt daneben eine Grablege dar, in der nur Teile eines stellenweise verbrannten Körpers ge- funden wurden (Abb. 5). Bei der Hockerbestat- tung handelt es sich um einen seitlich liegenden Körper mit angewinkelten Beinen; der Tote blickt nach Süden, die Arme sind leicht gestreckt und im Bereich der Handgelenke gekreuzt. Mögli-

cherweise war der Tote gefesselt; Fesselungen Abb. 4. Wusterhausen, spätslawisches Gräberfeld. Bestattung mit Baumsarg im zweiten Planum (Foto: werden oft als Maßnahme gegen Vampire oder O. Brauer). Wiedergänger gedeutet (vgl. Pollex 2001, 114). Die teilweise Verbrennung einer Leiche erfolgte Bei einer Bestattung lag ein kleiner massiver sil- wohl gleichfalls als Anti-Vampirismusmaßnahme. berner Schläfenring mit S-förmigem Ende am Wir kennen dafür spätslawische Parallelen z. B. Schädel, bei einer anderen wurden fünf große von Gustow auf Rügen (Herfert/Leube 1967, 247 Hohlschläfenringe aus Buntmetall geborgen. ff., 252 f. Abb. 167; Warnke 1979, 251) und Zehden ń Letztere entsprechen dem sog. pommerschen in der Neumark (Cedynia; Porzezi ski 1992, 210 Typ, der v. a. für das 12. und frühe 13. Jh. charak- Abb. 9; vgl. Biermann 2004, 12 f.). teristisch ist. Der massive, kleine Schläfenring könnte auch schon in das späte 10. Jh. gehören, doch läuft diese Form ebenfalls noch bis in das 12./13. Jh. (vgl. Bukowski 1957; Ko č ka-Krenz 1993; Biermann 2003, 620). 332 BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337

dem Kopf des Toten stand. Ein zweites, kleineres Holzgefäß stand offenbar am Fußende des Gra- bes; es war nur noch als Schatten erhalten. Dazu kommt ein kleiner eiserner Bügel, bei dem es sich um einen Feuerstahl handeln könnte. Die beiden Schwerter sind durch ihre halbku- gel- bis paranussförmigen Knäufe charakterisiert. Der Griff des Schwertes aus Grab 112 (Abb. 8) ist mit Leder umwickelt. Parierstange und Knauf sind bei dem Exemplar aus Grab 55, das sich auch durch das Goldgewebe auszeichnete, flächig sil- berplattiert (Abb. 7). Es ist somit eine ausgespro- chene Prachtwaffe. Konstruktiv und in den Ab- messungen sind sich die Schwerter recht ähnlich. Sie entsprechen beide dem Spatha-Typ, sind je- weils etwa 1 m lang und haben gerade Parier- stangen von etwa 16 cm Länge. Nach einer ersten typologischen Bewertung können sie als jüngere Variante des Typs X nach J. Petersen (1919) oder einer der darauf basierenden Varianten im Über- gang zu den romanischen Schwertern betrachtet werden. Der Typ X ist eine der häufigsten Schwertarten im ganzen Ostseeraum der jüngeren Wikinger- und Slawenzeit und dominiert – neben

der Variante α nach A. Nadolski (1954, 26 f.) – Abb. 6. Wusterhausen, spätslawisches Gräberfeld. Schwertgrab Bef. 112 im Planum (Foto O. Brauer). auch unter den slawischen Grabfunden an der südlichen Ostseeküste (vgl. Wrzesi ń ski 1997/98,

31). Während J. Petersen (1919, 160 ff.) den Typ X Die Gräber mit Schwertbeigabe v. a. in das 10. und seltener noch 11. Jh. verwies, Zwei Gräber, die Befunde 55 und 112, treten haben u. a. R. Oakeshott (2000, 23 ff.; 2002), A. durch ihre reiche Ausstattung aus der Masse der Nadolski (1954, 256), A. T. Ruttkay (1976, 250 f.), Gräber hervor. Beide Objekte stellten aufgrund V. Kazakevi č ius (1996, 67 ff.) und V. Schmidt ihrer Größe vermutlich Kammergräber dar, wenn (1992, 48) darauf hingewiesen, dass dieser Waf- auch Spuren von Holzeinbauten nicht zweifelsfrei fentypus noch bis in das 12. oder sogar frühere 13. nachgewiesen wurden. Befund 112 war nahezu Jh. lief. Die Wusterhausener Schwerter sind am vollständig erhalten, nur der Fußbereich war ehesten in die Zeitspanne vom späten 11. bis 12. durch eine alte Wasserleitung zerstört. Unter dem Jh. einzuordnen. linken Arm des in gestreckter Rückenlage nieder- gelegten Toten befand sich ein gut erhaltenes Schwert mit Resten der Scheide, unter dem Kör- per ein großes Messer und an der rechten Seite Relikte von weiteren, noch nicht eindeutig be- stimmbaren Beigaben aus organischem Material (Abb. 6). Das zweite Grab, Befund 55, war ursprünglich offensichtlich noch wesentlich reicher ausgestat- tet, jedoch später – aber wohl noch zu slawischer

Zeit – geöffnet und teilweise zerstört worden. Abb. 7. Wusterhausen, spätslawisches Gräberfeld. Dabei war der größte Teil des Leichnams bzw. Schwertgrab Bef. 55, restaurierter Schwertbefund mit Skeletts entfernt worden; zurück blieb nur der auf Goldgewebe (Foto D. Sommer). dem Schwert liegende linke Arm. Ein feines

Goldgewebe, das in drei Streifen in diesem Be- Interessant ist der Eimer aus Grab 55. Eimer bilde- reich gefunden wurde, könnte sowohl vom ten als Element eines Gefäßensembles aus zwei Schwertgehänge als auch von einem Kleidungs- Gefäßen, meist einem Eimer und einer Buntme- stück stammen (Abb. 7). Sicher nachzuweisen tallschale, im skandinavischen und slawischen (durch die erhaltenen Eisenringe und Reste des Milieu des Ostseeraums zusammen ein Hand- Henkels) war ein Daubeneimer, der links neben waschgeschirr für festliche, unter Umständen BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337 333 auch rituelle Anlässe (Müller 1998, 315 ff.; 2002, im nordostdeutschen und westpolnischen Ge- 17). Dies hatte eine große symbolische Bedeutung biet. 4 für die Lebensführung und Kultur der Ober- Die Aufnahme der Körpergrabsitte bei den schicht. Der Eimerfund lässt darauf schließen, Elbslawen wird auf christliche Einflüsse zurück- dass man bei den Eliten der Dossanen die Gepflo- geführt, wobei umstritten ist, ob diese bereits in genheit der rituellen Handwaschung kannte und heidnischer Zeit im Zuge von Akkulturationspro- befolgte, wohl infolge nördlicher Orientierung. zessen zur Geltung kamen oder erst mit der Eimer sind recht häufige Funde in Gräbern des Christianisierung. 5 Jedenfalls gab es regionale 9. bis 12. Jhs. im slawischen Raum und z. B. aus und lokale Unterschiede bei der Durchsetzung Tschechien, Nordostbayern, Thüringen, Großpo- dieses Ritus. Dass das Gräberfeld von Wuster- len, Schlesien und Masowien bekannt. Sie gehö- hausen im 12. Jh. genutzt wurde, ist schon jetzt ren hier teilweise zu ausgesprochenen Prachtgrä- aus dem Datierungsrahmen einiger Beigaben zu bern. Das Exemplar aus Wusterhausen dürfte an entnehmen. Wie weit es in das 11. oder späte 10. die pommersche Verbreitung entsprechender und in das 13. Jh. hineinreichte, und ob es eher als Funde anknüpfen, die dort aus dem „fürstlichen“ Ortsgräberfeld oder vielleicht schon als früher Grab des späteren 12. Jhs. von Denzin (D ę bczyno; Kirchfriedhof angesehen werden kann, wird erst Kó č ka-Krenz/Sikorski 1998, 533 f.), dem reich die nähere Analyse der Befunde und Funde er- ausgestatteten Grab von Barvin (Barwino; Eggers weisen. 1978, 185 f.; 1985, Taf. 95), eventuell aus dem Herausragend sind die beiden Gräber mit Schwertgrab von Techlipp (Cłecholub; Sarnowska vermutlicher Kammerkonstruktion, Schwertern 1955, 277) und einfacheren Bestattungen von Wol- und weiteren, teils wertvollen Beigaben. Sie kön- lin (Wolin), „Mühlenberg“, und Streckentin (Stry- nen durchaus als Prunkgräber bezeichnet werden, kocin; Malinowska-Łazarczyk 1982, 116.) belegt da sie in Grabbau, -größe und Beigabenausstat- sind. tung einen deutlich höheren Standard bestätigen als die üblichen Gräber. 6 Insbesondere das silber- plattierte Schwert ist hier als Statussymbol her- vorzuheben. Zugleich belegt die Mitgabe eines Eimers als vermutlichem Rest eines Handwasch- ensembles, dass diese Elite überregional gültige Sitten einer Oberschicht befolgte und dies in ent- sprechenden Grabbeigaben auch zeigte. Das Abb. 8. Wusterhausen, spätslawisches Gräberfeld. Goldgeflecht aus Grab 155, möglicherweise zu Schwert aus Bef. 112 (Foto D. Sommer). einem Prachtgewand gehörig, illustriert Wohl- stand und den Zugriff auf überregionales Hand- Im Wusterhausener Befund liegt nur ein Eimer werks- und Handelsgut. Es ist somit offenkundig, vor, aber keine Schale. Vielleicht war er eine „pars dass die Wusterhausener Gräber Mitglieder einer pro toto“-Beigabe oder das zweite Gefäß wurde Elite bargen, die ihre Machtstellung maßgeblich bei der späteren Eingrabung geraubt. Man mag auf eine kriegerische Aura gründete und dies in auch erwägen, dass anstelle der sonst oft üblichen ihren Bestattungen zeigte, sei es auf das Dies- Buntmetallschale das zweite Holzgefäß, das am oder das Jenseits gerichtet. Vor dem Hintergrund Fußende der Bestattung abgestellt worden war, von Zeit- und Raumkontext liegt es nahe, in den Verwendung finden sollte. beiden Bestatteten Angehörige einer dossanischen Herrenschicht oder ihres Gefolges zu sehen, de- Kulturhistorischer Hintergrund der Grä- ren Sitz die wichtige Burg von Wus-terhausen ber mit Schwertbeigabe war. Warum lassen sich diese Personen aber in so Das spätslawische Gräberfeld von Wusterhausen später Zeit, in einer spätheidnisch-frühchristli- zeigt in seinem grundsätzlichen Bild typische chen Übergangsperiode, derartig prachtvoll be- Merkmale der Bestattungsplätze des 11. bis frü- statten? hen 13. Jhs. im nördlichen westslawischen Raum: Die beiden Gräber von Wusterhausen schlie- Die Körpergrabsitte, die dichte, aber unregelmä- ßen sich hier einer größeren Gruppe vergleichba- ßige Belegung, die stellenweise durch kleinere rer, reich und insbesondere mit Waffen ausgestat- Reihen unterbrochen wird, die uneinheitliche, 4 meist aber an die West-Ost-Richtung angelehnte Vgl. z. B. Warnke 1979; Malinowska-Łazarczyk 1982; 1985; Porzezi ń ski 1992; Biermann 2004; Pollex 2004; 2007. Orientierung der Gräber, die Holzeinbauten und 5 Vgl. Zoll-Adamikowa 1994; Biermann 2004, 12 ff.; Pollex Baumsärge, die schlichten, aus Messern, Münzen, 2004a, 97 ff.; 2004b, 107 ff.; 2007, 384 ff. Schmuckstücken u. ä. bestehenden Beigaben. 6 Für eine Definition von Prunkräbern vgl. Kossack 1974, 4 f.; Hierfür gibt es zahlreiche Parallelen allein schon Eisenschmidt 1994, 24; Steuer 2006. 334 BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337 teter Gräber im nördlich anschließenden östlichen tianisierung, den militärischen Druck deutscher Mecklenburg und in Pommern an, die ebenfalls in und anderer elbslawischer Mächte etwa im Um- spätslawische Zeit datieren (Biermann 2004, 17 f., feld des „Wendenkreuzzugs“ von 1147, die gene- 24). So wurden in Zehden (Cedynia) mehrere rell einschneidenden politischen Wandlungen Schwertgräber, darunter ein großes Kammergrab jener Zeitspanne; vielleicht traten noch innere (Malinowska-Łazarczyk 1982, 31 f.; 1985, 93), in Wirren hinzu. So entstand bei den Herren das Usedom eine u. a. mit Schwert, Buntmetallschale, Bedürfnis, sich in aufwändigen Begräbnissen Sporen und Steigbügeln ausgestattete Grabkam- ihrer eigenen herrschaftlichen und religiösen mer (Fries 2001, 295 ff.; Biermann 2004, 18 Abb. 9; (heidnischen) Traditionen zu versichern und ihre 2006, 299 f.) und in Usadel an der Lieps, einem Macht zu repräsentierten, gegenüber ihren eige- der Hauptorte der Redarier, zwei Kammergräber nen Gefolgschaften wie auch gegenüber anderen mit Schwertern, Sporen und weiteren Beigaben Machthabern. Gerade den Repräsentations- und geborgen (Schmidt 1992, 47 ff., 75 f., 90 f.). Dazu Legitimationsbedürfnissen von Herrschaften be- kommen mehrere schlichtere Gräber mit Schwert- grenzter Reichweite, deren Stellung in Um- beigabe aus dem 11./12. Jh., so u. a. von Vippe- bruchszeiten in hohem Maße bedroht war, dürf- row, Wahlendow, Gustow, Zudar, Sydow (Zy- ten derartige Prunkgräber entsprochen haben. 8 dowo) und Techlipp (Cłecholub). 7 Nur wenige Insofern werfen sie ein eindrucksvolles Schlag- Kilometer nördlich von Wusterhausen wurde bei licht auf die religiösen und politischen Umbrüche, Kyritz ein spätslawisches Gräberfeld erfasst, das die der nördliche elbslawische Raum zwischen ebenfalls ein Grab mit Schwertbeigabe lieferte dem späten 11. und frühen 13. Jh. erlebte. (Matthes 1929). In diesen Fällen handelt es sich – wie in Wusterhausen – um Waffen- und Ober- Reichtum und Herrschaft schichtsgräber auf größeren Ortsfriedhöfen. In den prächtigen, teils importierten Beigaben der Daneben gibt es in Pommern kleine Bestat- Gräber von Wusterhausen manifestiert sich – tungsplätze mit einem hohen Anteil reich ausges- trotz der politisch bewegten Zeitumstände – eine tatteter Gräber, bei denen es sich um Ober- hohe wirtschaftliche Entwicklung des spätslawi- schichtsnekropolen gehandelt haben dürfte. Das schen Dossanengebietes, die sich auch in anderen gilt für die Gräberfelder von Barvin (Barwino), Funden belegen lässt (Abb. 2). Schon im 19. Jh. Denzin (D ę bczyno) und Neppermin, deren teil- wurden Münzschätze der Mitte bis zweiten Hälf- weise mit Schwertern, Sporen, Schmuck, Eimern te des 11. Jhs. bei Kyritz und Mechow entdeckt, oder Buntmetallschalen ausgestattete Gräber etwa 7 bzw. 10 km von Wusterhausen entfernt. In vorwiegend in das 12. Jh. gesetzt werden können Kyritz waren es 38, in Mechow etwa 240 Sachsen- (Beck 1969, 9; Ko č ka-Krenz/Sikorski 1998, 525 ff.; pfennige (Randpfennige), Prägungen des Magde- Biermann 2004, 17). burger Erzbischofs sowie der deutschen Könige Die herausragenden Wusterhausener Gräber Heinrich II. und III. (Corpus 3, 1979, 73/45, können u. E. in einen ähnlichen kulturhistori- 73/47). schen Kontext gestellt werden wie diese späten 2004 konnte der ehrenamtliche Mitarbeiter der pommerschen Waffen- und Prunkgräber, für die – Bodendenkmalpflege M. Teske bei Plänitz, etwa orientiert an den Vorstellungen Kossacks (1974, 3 3,5 km von Wusterhausen entfernt, einen weite- ff.) zur Prunkgrabsitte (vgl. von Carnap-Born- ren Schatzfund entdecken, der sachgerecht aus- heim u. a. 2006) und an den Interpretationsmus- gegraben wurde. Mit 601 Münzen und einem tern wikingerzeitlicher Kammergräber in Skandi- Medaillon (Gesamtgewicht 650 g) ist es der größte navien (Eisenschmidt 1994, 73 f.; Pedersen 2002, Hort des 11. Jhs. in der Prignitz und im Ruppiner 81 ff.; Roesdahl 2006, 169 ff.) – ein umfassendes Land. Bei den Münzen handelt es sich um Sach- Interpretationsschema entworfen wurde (vgl. sen- bzw. Randpfennige, die im Wesentlichen zu Biermann 2004, 24; 2008). Solch herausragende, zwei Typen gehören. Die erste Variante zeigt auf repräsentative Gräber sind demnach ein Zeichen der Vorderseite ein Kreuz im Kugelkreis, auf der von Umbruchs- und Krisenzeiten, wie sie im Falle Rückseite ein Keilkreuz mit Punkten und Win- der Wusterhausener Gräber gut erkennbar sind. keln und ist vermutlich ab 1060 in der Mark Mei- Die stattlichen Gräber mit wertvollen Waffen und ßen entstanden. Die zweite Spielart hat ein Kreuz Dingen aus Gold und Silber waren eine Reaktion der slawischen, näherhin dossanischen Ober- 8 Dass es im nordwestlichen Brandenburg in spätslawischer schichten auf die Krisensituationen des 12. Jhs., Zeit eher kleinteilige Machtstrukturen gab, könnte aus der wie die als äußere Bedrohung empfundene Chris- nach dem „Wendenkreuzzug“ von 1147 entstandenen, ver- gleichsweise zersplitterten Herrschafts- und Verwaltungsglie- derung geschlossen werden: möglicherweise tradierte sie 7 Beck 1969, 8 f.; Eggers 1978, 178, 181, 187 u. a.; 1985; Bier- ältere Verhältnisse (vgl. Plate 1989; 1998, jeweils basierend auf mann 2004, 17 f.; zu Gustow: Herfert/Leube 1967. Fritze 1981, 63 ff., besonders 67 ff.; zuletzt Kirsch 2008, 126 ff.). BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337 335 mit Kugeln und Ringeln in den Winkeln und auf Biermann 2006 – F. Biermann, Usedom – an early der Rückseite ein Keilkreuz ohne Beizeichen. Sol- and high medieval political and economic cen- che Pfennige prägte man ab etwa 1065 im mittle- tre in the Oder Estuary. In: K. Møller Han- ren Saale-Gebiet. Einige andere Münzen sind älter sen/K. Buck Pedersen (Hrsg.), Across the wes- und stammen aus den Herzogtümern Niederloth- tern Baltic. Proceeding from an archaeological ringen und Sachsen (May/Plate/Schauer 2005, 75 conference in Vordingborg (Vordingborg 2006) f.). Als nichtmonetären Bestandteil enthielt der 293-303. Schatz auch ein außergewöhnliches Medaillon Biermann 2008 – F. Biermann, Early Medieval von 32 mm Durchmesser und 9 g Gewicht. Es Élite Burials in Eastern Mecklenburg and Po- zeigt zwei Figuren unter einem verzweigten merania. Antiquity 82, 2008, 87-98. Kreuz auf der einen Seite, auf der anderen ein Brauer 2007 – O. Brauer, Slawenfürst unter dem Reiterbildnis. Erste Überlegungen zur Ikonogra- Bürgersteig. Prächtig ausgestattete Kammer- phie führen zu der Erkenntnis, dass sich auf dem gräber in Wusterhausen, Lkr. Ostprignitz- Stück Bildtraditionen aus mehreren Kulturkreisen Ruppin. Arch. Berlin u. Brandenburg 2006, und Jahrhunderten vereinigen. Das Stück aus 2007, 64-66. dem nordwestlichen Slawengebiet ist im Über- Brüske 1955 – W. Brüske, Untersuchungen zur schneidungsbereich von Einflüssen aus dem by- Geschichte des Lutizenbundes. Deutsch-wendi- zantinischen Reich, dem russischen und norman- sche Beziehungen des 10.-12. Jahrhunderts nischen Raum und dem Deutschen Reich zu ver- (Münster, Köln 1955). orten; Vorbilder waren möglicherweise byzantini- Bukowski 1957 – Z. Bukowski, Über die frühmit- sche Medaillons (Kersting 2008). Die Schätze und telalterlichen Hohlschläfenringe vom pommer- die Schwertgräber von Kyritz und Wusterhausen schen Typ. Ausgr. u. Funde 2, 1957, 56-60. deuten somit eine Art lokales „Reichtumszent- Carnap-Bornheim et al. 2006 – C. von Carnap- rum“ mit weiträumig gespannten Beziehungen Bornheim/Dirk Krausse/Anke Wesse (Hrsg.), an, das im Raum Kyritz-Wusterhausen während Herrschaft – Tod – Bestattung. Zu den vor- und des 11./12. Jhs. entstanden war. frühgeschichtlichen Prunkgräbern als archäo- In diesem Vorbericht konnte nur ein erster logisch-historische Quelle. Tagungsband Kiel Einblick in die Ergebnisse der Ausgrabungen 2003. Univ.-Forsch. prähist. Arch. 139 (Bonn gegeben werden. Eine ausführliche Auswertung 2006). und Vorlage der Befunde, eine eingehende Unter- Corpus – J. Herrmann/P. Donat (Hrsg.), Corpus suchung der Funde und eine nähere Behandlung archäologischer Quellen zur Frühgeschichte der vielen in diesem Beitrag angerissenen Prob- auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen lemkreise wird an anderer Stelle erfolgen. 9 Republik (7. bis 12. Jahrhundert), 3. Lfg. (Berlin 1979). 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9 Mittlerweile hat die Gerda-Henkel-Stiftung (Düsseldorf) dankenswerterweise eine großzügige finanzielle Förderung der weiteren Arbeiten bewilligt. 336 BUFM 52, Bauer et al., Spätslawische Gräber von Wusterhausen, 327 - 337

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