Ausgabe 2020
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PROFILE | PROJEKTE | PERSPEKTIVEN | TÄTIGKEITSBERICHT 2019 AUSGABE 2020 NICHTS ERGIBT SINN AUSSER IM LICHT DER EVOLUTION »Nichts ist beständiger als der Wandel.« Charles Darwin (1809–1882) 2 PROLOG NACHDENKEN STATT ls wir am 1. Januar 2020 das diesjährige gbs- Schwer punkt thema „Die hohe Kunst der Ra- tionalität – Fakten, Fakes und gefühlte Wahrhei- NACHBETEN Aten“ im „Haus Weitblick“ vor- stellten, wussten wir noch nichts von der Corona-Krise und den ir- Stiftung stehen. Wir berichten über die Aktivitäten im letzten Jahr rationalen Debatten, die sie aus- (siehe den „Rückblick 2019“ sowie den ausführlichen Bericht über die lösen sollte. „Säkulare Buskampagne“), aber auch über die Themen, die uns derzeit Wir haben schnell reagiert bewegen, beispielsweise die Debatte über die „Neuregelung der Suizid- und mehrere Online-Veranstal- hilfe“. Zwar konnten wir im Februar 2020 mit dem wegweisenden tungen angeboten, die sich kri- Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen wichtigen Etappensieg tisch mit den Verschwörungs- für unsere „Kampagne für das Recht auf Letzte Hilfe“ feiern, doch die mythen auseinandersetzten, Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass der „harte Kampf wel che auf dem Nährboden der um Selbstbestimmung am Lebensende“ noch längst nicht gewonnen Pan demie erstaunliche Populari- ist (lesen Sie hierzu den Artikel auf S. 42). tät erlangten. Allerdings haben Für das Cover des aktuellen Hefts haben wir ein Motiv ausgewählt, wir auch davor gewarnt, Men- das bereits die „Evokids-Wochen“ 2019 in Düsseldorf schmückte. schen mit abweichenden Mei- Mit seiner Hilfe lässt sich nämlich unsere „Stiftungsphilosophie“ des nungen vorschnell in die Ver- evolutionären Humanismus bestens illustrieren. Außerdem hat die schwörungsecke abzuschieben. gbs in den vergangenen 24 Monaten besondere Anstrengungen unter- Denn der wissenschaftliche nommen, um die existenzielle Bedeutung der Evolution ins öffent- Fortschritt lebt von dem „freund- liche Bewusstsein zu bringen (siehe den Artikel „Im Lichte der Evo- lich-feindlichen Wettbewerb“ lution“ auf S. 32). der Ideen. Wird der Meinungs- Wir hoffen, dass Ihnen die vorliegende Ausgabe unseres Jahres- korri dor zu stark eingeengt (et- magazins gefällt. Sollten Sie nach der Lektüre Lust verspüren, sich für wa, indem jegliche Kritik am die Anliegen der Stiftung zu engagieren, können Sie sich jederzeit an Robert Koch-Institut als „Sakri- www.giordano-bruno-stiftung.de uns wenden (siehe die Kontaktadressen auf S. 80). Wir jedenfalls haben leg“ geahndet wird), richtet dies es niemals bereut, die althergebrachten Weltbilder im „Lichte der Evo- möglicherweise größeren Scha- twitter.com/#!/gbs_org lution“ zu hinterfragen. Denn ein solches Nachdenken ist nicht nur den an als die Wahnideen, die vernünftiger als jedes Nachbeten, es macht auch viel mehr Spaß! KenFM, Attila Hildmann oder facebook.com/gbs.org Xavier Naidoo verbreiteten. Wir wünschen eine anregende Lektüre! Wie in der vorangegangenen bruno.-Ausgabe können Sie im aktuellen Jahresmagazin einige der Menschen kennenlernen, Herbert Steffen Michael Schmidt-Salomon die hinter der Giordano-Bruno- Vorsitzender Vorstandssprecher 2020 3 6 Griefahn 2020 DIE THEMEN DES JAHRES PROFILE PERSPEKTIVEN 6 Eine bessere Welt ist möglich 42 Der harte Kampf um Monika Griefahn kämpft Selbstbestimmung für eine zukunftsfähige Das Karlsruher Urteil Politik und seine Feinde 14 » Fakten sind überzeugender 46 Rationalität in der Krise als Meinungen … « Das gbs-Schwerpunktthema Interview mit Carsten Frerk im „Corona-Jahr“ über die „Kirchenrepublik Deutschland“ 22 Menschen, die etwas RÜCKBLICK 2019 beweg(t)en 50 Die Highlights des Jahres Tanja Gabriele Baudson, Über die wichtigsten Horst Marschall, Michael Ereignisse 2019 14 Schmidt-Salomon, Ludger Frerk Lütkehaus, Volker Panzer und viele andere mehr 68 Finanzen und Vermögen Wofür die gbs ihre Mittel PROJEKTE eingesetzt hat 26 100 Jahre Verfassungsbruch Die Säkulare Buskampagne HINTERGRÜNDE 2019 70 Die Giordano-Bruno-Stiftung 32 ›› Im Lichte der Evolution ‹‹ Wer wir sind und Evokids präsentiert den was wir tun „sinnvollsten Lehrpfad aller Zeiten“ 74 Aufklärer*in werden Wie Sie uns 40 ifw & Co. unterstützen können Neues aus den Projekten 80 Kontakt AUFKLÄRER*IN Wie Sie uns erreichen WERDEN & mitmachen bei der gbs! 81 Impressum MEHR INFOS AUF SEITE 74 82 Tillys Nachschlag 4 INHALT 26 32 Buskampagne Evolution 50 46 Highlights Rationalität 42 Selbstbestimmung 2020 5 PROFILE Eine bessere Welt ist möglich Weniger schlecht ist noch lange nicht gut: gbs-Beirätin MONIKA GRIEFAHN kämpft für eine zukunftsfähige Politik 6 7 Sie war die erste Frau im internationalen Vorstand von Greenpeace, Umweltministerin in Niedersachsen, Vorsitzende des „Alternativen Nobelpreis“-Komitees und Gründungsvorsitzende der Cradle to Cradle-NGO: Seit Jahrzehnten kämpft gbs-Beirätin Monika Griefahn für eine menschenfreundliche, zukunftsfähige Politik. Das Portrait einer „notorischen Weltverbesserin“. Wir waren einigen Mächtigen so sehr ein Dorn im Auge, dass sie auch vor Gewalttaten nicht zurückschreckten. 8 PROFILE uf dem Höhepunkt der Popularität der Fridays Der Kontakt mit verfolgten Regimekritikern for Future-Bewegung fragte der STERN die Um- weltschützerin und Greenpeace-Mitbegründe- und politischen Visionären hat meinen Blick rin Monika Griefahn, ob man sie als „Greta Thunberg der 80er-Jahre“ bezeichnen könne. auf die Probleme dieser Welt erweitert. Griefahn entgegnete, dass es zwar Gemeinsam- Akeiten gebe und das Engagement der jungen Generation großartig sei, dass man die Zeiten aber kaum miteinan- der vergleichen könne. So hätten sie und ihre Mitstrei- Südpazifik demonstriert. In Kooperation mit der franzö- ter*innen deutlich mehr riskieren müssen „als bloß sischen Presse konnte Greenpeace in monatelangen Re- einen Eintrag ins Klassenbuch“. cherchen aufklären, dass es sich um einen Anschlag des Das war nicht einfach so dahergesagt. Denn die ers- französischen Geheimdienstes gehandelt hatte. Monika ten Aktionen, die Greenpeace in den 1980er Jahren Griefahn, damals im Greenpeace-Vorstand für die welt- durchführte, etwa die große Kampagne gegen die Dünn- weite Einrichtung neuer Büros zuständig, sagt dazu säureverklappung in der Nordsee, die Monika Griefahn heute: „Wir waren einigen Mächtigen so sehr ein Dorn in den Jahren 1980–83 maßgeblich koordinierte, waren im Auge, dass sie auch vor Gewalttaten nicht zurück- gefährlich. Die Aktivist*innen fuhren mit Schlauchboo- schreckten.“ ten eng an die Schiffe heran und schwammen sogar in unmittelbarer Nähe der Tanker „Kronos“ und „Titan“, ls Monika Griefahn am 3. Oktober 1954 in Mül- die täglich hunderte Tonnen giftiger Chemieabfälle ins heim an der Ruhr geboren wird, deutet wenig Meer pumpten. Ihr mutiger Versuch, die toxische Arbeit darauf hin, dass sie drei Jahrzehnte später eines der Tankschiffe zu behindern und die damit verbundene der bekanntesten Gesichter der deutschen Um- Umweltkatastrophe zu beenden, war letztlich von Erfolg weltbewegung sein würde. Den Eltern schwebt gekrönt: Nachdem die Medien das Thema aufgegriffen jedenfalls ein deutlich anderer Lebensweg für hatten und Greenpeace Alternativen im Umgang mit Aihre Tochter vor. So meint ihr Vater nach dem Abschluss Dünnsäure aufzeigen konnte, stoppte die Kronos Titan der Grundschule: „Die Monika wird sowieso heiraten, GmbH die Vergiftung der Nordsee. die muss nicht auf die höhere Schule!“ Glücklicherweise Doch nicht alle Vertreter*innen des Establishments sieht ihr Opa die Sache anders und meldet die Enkelin zeigten sich so aufgeschlossen – wie die Versenkung des am Gymnasium an. Greenpeace-Schiffes Rainbow Warrior im Juli 1985 zeig- Noch während ihrer Schulzeit beteiligt sich Monika te, bei der der Fotograf Fernando Pereira ums Leben kam. an der Gründung der Mülheimer Ortsgruppe von Am- Stein des Anstoßes: Die Umweltorganisation hatte mit nesty International. Die Gründungsversammlung ist zu- dem Schiff gegen die französischen Atomwaffentests im gleich ihr erster öffentlicher Auftritt, bei dem die erst 2020 9 15-Jährige darlegt, wie sich Amnesty für politische Gefangene einsetzt. Nach dem Abitur studiert Monika Griefahn Sozialwissenschaft und Mathema- tik in Göttingen und schließt ihr Studium 1979 in Hamburg als Diplom-Soziologin ab. Etwa zur glei- Im Grunde denke ich heute chen Zeit erfährt sie von Greenpeace. Das Konzept der Organisation leuchtet ihr sofort ein. Also gründet noch radikaler als früher. sie kurz darauf mit einigen Mitstreiter*innen in Hamburg die deutsche Sektion von Greenpeace. Die ersten Treffen finden in ihrer Küche statt, doch nach ach der erfolgreichen Landtagswahl 1990 den öffentlichkeitswirksamen Aktionen ab 1980 er- wird Monika niedersächsische Umweltmi- hält die Organisation starken Zulauf. nisterin und dadurch Chefin von rund 350 Die Erfolge in Deutschland beeindrucken auch Menschen, die unmittelbar im Ministerium David McTaggart, den Gründer von Greenpeace arbeiten, sowie von weiteren 2.500 Mitarbei- Inter national, der Monika Griefahn 1984 als erste ter*innen in den nachgeordneten Behörden. und einzige Frau in den neu gebildeten Vorstand von NDie Beamtenschaft ist, wie sie schnell feststellt, Greenpeace beruft. „Greenpeace war damals eine „etwas strukturkonservativ“ und die junge, weib- Männerwelt, ein old boys club“, erinnert sie sich heu- liche Ministerin, die das offene Wort pflegt, eine Art te. „Ich hatte drei Handicaps: Weiblich, jung und „Kulturschock“ – zumal sie während ihrer Amtszeit nicht anglophon.“ Aber sie lässt sich davon nicht un- (1990–1998) zwei ihrer drei Kinder zur Welt bringt. terkriegen