Oswald Mathias Ungers 9

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Oswald Mathias Ungers 9 Bauwelt 40--41 | 2007 betrifft Oswald Mathias Ungers 9 Es war, so darf man es sagen, Ungers’ letztes Werk, die Entree- Kaiserthermen. Von der Basilika durch den Barockgarten des situation Kaiserthermen Trier, im April eröffnet. Kein volumi- Kurfürstlichen Palais kommend, nähert sich der Besucher die- nöses Werk; davon gibt es wahrlich nicht wenige in seinem ser Arkade aus rotem Ziegelmauerwerk. Am Ende links ein Oswald Mathias Ungers Œuvre. Ein eher bescheidenes, aber eben sein letztes. Grund etwas höherer Turm für den Gesamtüberblick, daneben acht genug, eine Reise anzutreten, von Köln, Ungers’ Arbeits-, Wohn- offene Felder mit mannshohen beschnittenen Hecken aus Text: Peter Rumpf Fotos: Stefan Müller und Sterbeort, in südwestlicher Richtung. Vor dem inneren Feldahorn, dann drei offene Kuben, vier verglaste mit dem Ein- Auge das Haus Glashütte, Ungers’ Rückzugsort der letzten gang, drei geschlossene, wieder fünf offene und ganz rechts In den Nachrufen der Tageszeitungen wurden das Lebenswerk des Kölner Baumeisters, seine Sammelleiden- Jahre, und an Kaisersesch denkend, seinen Geburtsort, beides dann zweieinhalb geschlossene Felder. „Ein kubisches Basis- schaft, seine Verdienste als Lehrer und auch sein lebenslanger Widerstand gegen die jeweils angesagten Trends eingebettet in die bewegte Landschaft der Eifel. Endbahnhof modell in der Transformation zu einer morphologischen hinreichend kommentiert. Nicht aber seine letzte Arbeit in Trier. ist Trier, jene Stadt, von der OMU geprägt war wie von keiner Reihe“, wie es Ungers nannte. anderen und die den mit historischen Bau- und Stadtbauwer- ken ein Leben lang vertrauten Spurensucher nie losließ. Wie Das Prinzip Würfel erinnert an den Arkadenvorbau der Resi- auch die Kaiserthermen. Sie gehören zu den bedeutendsten denz des Deutschen Botschafters in Washington (1988–94). Badearchitekturen der Römer nördlich der Alpen. 293 n. Chr. Im Grunde erinnert es an nahezu alle Entwürfe und Realisie- im Zuge der Verlegung der Kaiserresidenz von Rom nach Trier rungen, vom Stuhl im Frankfurter Architekturmuseum bis begonnen, ist diese 3,5 Hektar große Anlage nie fertig gewor- zum Wettbewerbsentwurf für das Wallraf-Richartz-Museum in den. Ihre Geschichte ist umso wechselvoller: Bauruine, Ka- Köln. Die Auseinandersetzung mit Geometrie als Ordnungs- serne, Stadttorbefestigung, Müllkippe, Kloster. Die heute aus- und Entwurfsprinzip, Ungers’ lebenslanges Exerzitium. Der gegrabenen und die zum Teil in den 1980er Jahren rekonstru- Besucher in Trier bemerkt zunächst das Quadrat, der Vertraute ierten Monumente sind Ziel täglicher Touristenscharen. So mit seinem Werk wieder das Quadrat. Mancher Kritiker ist viel zur Vorgeschichte des am südlichen Rand der antiken Rö- versucht, Ungers’ Architekturwelt darauf zu reduzieren, und merstadt gelegenen Bauplatzes für ein leistungsfähiges Ein- vernachlässigt dabei zwei fundamentale Quellen: die Materia- gangsgebäude mit allen erforderlichen Funktionen wie Kar- lität und den Bezug zum Ort. Schon bei seinen frühen Wohn- tenverkauf, Information, Lager und Technik. bauten am Kölner Ring aus den späten 50er Jahren ist grob Der Weg dorthin durch die Innenstadt erinnert an zahllose gefugtes Ziegelmauerwerk – in Verbindung mit Sichtbeton – ähnliche Wege durch Fußgängerzonen. Wären da nicht die maßstabgebender Teil der gesamten Kubatur. Das zieht sich in einzigartigen Zeugen einer 1700-jährigen Geschichte abend- Varianten durch das Gesamtwerk, auch mal mittels Natur- ländischer Baukultur: Porta Nigra, Dom, Konstantinsbasilika, steinplatte, doch sehr oft mit Ziegeln. Bis zuletzt hier in Trier. Amphitheater, drei Thermenanlagen. Dieser „Lehrpfad“ vor Die Abmessungen der Würfel-Kanten wie die geschlossenen der Tür hat schon den jungen Oswald Mathias fasziniert, ihn, Flächen werden bestimmt vom Ziegelmaß. Dass die Kanten- der selbst zum fundierten Kenner der Baugeschichte wurde längen des Grundgerüstes sich zudem aus den römischen Be- und 50 Jahre leidenschaftlicher Sammler ihrer Spuren war. In standsmauern im Untergrund ableiten, wie der Erläuterungs- Trier begegnet er uns an drei Orten, mit seiner geometrisch- bericht ergänzt, lässt sich verständlicherweise nicht direkt steinernen Platzarchitektur vor der Basilika (1983), einem rö- ablesen. Aber wie man Ungers’ archäologische Akribie kennt, mische Dimensionen nicht scheuenden Glaskubus über den wird es wohl so sein. Ausgrabungen der Thermen am Viehmarkt (1996) und nun Womit wir beim Bezug zum Ort als seinem dritten Entwurfs- auch mit einem 169 Meter langen Riegel als Eingang zu den prinzip sind. Weniger die Ruinen der Thermen nebenan, die Die Trierer Altstadt von Sü- den. Vorn der Thermenbe- reich mit dem Eingangsriegel, dahinter das Kurfürstliche Palais und der Ziegelbau der Basilika bzw. römischen Palastaula. 10 betrifft Oswald Mathias Ungers Bauwelt 40--41 | 2007 Jetzt anmelden! VELUX Architekten- Wettbewerb 07 velux.de/architektur/ aw07 aufragenden wie die ausgegrabenen, geben das farbliche und der Altstadt, und bei Ungers’ eigenem Bibliothekskubus in formale Vorbild für das Eingangsgebäude ab, sondern das rö- Köln war es die Idee des studiolo Francescos I. Medici im Pa- mische „Pendant“ am anderen Ende der Zugangsachse: die mit lazzo Vecchio in Florenz. ihren aufragenden roten Ziegelwänden einfache und dadurch umso mächtigere Architektur der Basilika, genauer: der Aula Ungers: „Die Einbeziehung des wie auch immer gearteten Ortes Palatina, erbaut als Festsaal von Konstantin dem Großen, der und die räumliche Auseinandersetzung mit den vorgefunde- hier von 306 bis 312 residierte. Hier in Trier wird es sichtbar, nen Gegebenheiten und Bezügen sind Inhalt und zugleich das Prinzip Spurensuche, sei es durch Sichtachsen oder – wie Thema der Architektur.“ Seiner Architektur. Die Krönung die- andernorts – im direkten oder geistigen Bezug zum Nachbarn: ses Glaubenssatzes wäre der Umbau des Pergamonmuseums bei der Landesbibliothek in Karlsruhe war es Weinbrenner, für auf der Berliner Museumsinsel geworden. Oswald Mathias das Wohnprojekt in Marburg war es die Einzelhaustypologie Ungers starb am 30. September im Alter von 81 Jahren. Moderne Tageslicht-Architektur. Realisiert im VELUX Forum Mit dem VELUX Forum im thüringischen Gotha-Sonneborn wurde ein modernes Schulungs- gebäude für Handwerker, Händler und Architekten realisiert. Das Konzept von Heidi Fletcher Die Apsis des Caldariums und Jan Ostermann (Ostermann Architekten, Hamburg) ist ein außergewöhnliches Beispiel von außen. Durch die Bögen für natürliche Klimatisierung und die intelligente Steuerung von Tageslicht. Wir unterstützen erscheinen Teile des Unger’- Sie gern bei Ihrer Planung: [email protected] schen Neubaus; rechts im er- höhten Kubus die Aussichts- velux.de/architektur plattform..
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