Sonntag | Nr. 34 | 29. August 2010 SPORT Seite 30 Die Träume des 18-jährigen Antworten des Schweizer Weltstars aus einem vor zehn Jahren geführten Interview mit dem «Sportmagazin» – und was inzwischen daraus geworden ist

Traumfrau rin Lüthi schon mal auf, allerdings allen Einladungen folgen, überall schätzt seine jährlichen Einkünfte nicht, wenns auf dem Platz wirklich den Ehrengast spielen. Dennoch ver- im Moment auf 43 Millionen Dollar. «Sie sollte schon hübsch sein. hart auf hart geht. Und dann lassen steckt er sich gerade in der Schweiz Federer nennt inzwischen Häuser So eine Mischung aus Pamela sie auch mal den einen oder ande- gar nicht. Und es gibt wohl kaum ei- und Wohnungen in Oberwil BL, Wol- Anderson und Cindy Crawford, ren Spruch fallen. Ganz im Gegen- nen Spieler auf der Tour, der nach lerau SZ, Valbella GR und Dubai sein das wärs. Aber es müssen satz zu seinem Freund, dem ameri- den Trainings so viele Autogramme Eigen. In seiner Garage stehen Lu- natürlich auch viele andere kanischen Supergolfer Tiger Woods, schreibt wie Federer oder sich auch xusautos. Die Zeiten, als er von Basel Sachen stimmen.» der wegen seiner Affären nun frisch für ein Erinnerungsfoto hinstellt. mit dem Zug zum Turnier nach Lyon Im Kreis der Schauspieler be- geschieden ist, gibts bei Federer bis- Ein Autogramm zu erhalten, ihm da- gefahren ist, sind lange vorbei. Nun wegte sich Federer nicht. So her aber noch keine Anzeichen, dass bei selbst Karte und Stift in die Hand leistet er sich schon mal einen Pri- musste er an einem anderen er auch noch in fremden Revieren drücken, ist kein besonderes Prob- vatjet. Doch er protzt nicht mit Geld. Ort fündig werden. Bei Olym- wildert. lem. Der Fan muss nur einen Anlass pia 2000 in Sydney passierte besuchen, wo Federer ist. Wer etwas es. Federer verliebte sich in Besonderes will, das auch noch ei- Zukunft eine hübsche Tennisspiele- Konkurrenz nem guten Zweck dient, der kann in rin aus der Ostschweiz: Mi- Federers Shop über seine Homepage «Mein Ziel ist es, in diesem Jahr ein roslava, kurz Mirka Vavri- «Ich glaube, Nicolas Kiefer wird in signierte Bälle oder Ausrüstungsge- ATP-Turnier zu gewinnen. Ich habe nec. Es dauerte, bis der 19- den nächsten Jahren mein grösster genstände erwerben. Das Geld fliesst noch keinen Schlag, der völlig aus- Jährige seine Schüchtern- Konkurrent sein. Wenn der einen die Stiftung von Federer. gereift ist, ich habe überall noch heit überwand und die guten Tag erwischt, dann ist er Steigerungspotenzial. Darum liegt drei Jahre ältere Kollegin schwer zu schlagen.» noch vieles drin. Irgendwann mal ansprach. Seither sind die Kiefer gehört zu den Spielern, die Fe- ganz oben zu stehen, davon träume beiden ein Paar, heirateten derer schon mal ärgern können. Von Geld ich schon.» am 11. April 2009, am 23. Ju- fünfzehn Partien hat der vier Jahre Im Jahr 2000 verpasste er sein Ziel, li desselben Jahres kamen ältere Deutsche jedoch nur drei ge- «Wenn ich nach einer Woche mit noch ein ATP-Turnier zu gewinnen. die Zwillinge Charlene Riva wonnen, die Vergleiche zwei bis vier, einem Check nach Hause komme, Er scheiterte in den Finals von Mar- und Myla Rose zur Welt. Mir- zuletzt vor acht Jahren auf Rasen in staune ich jedes Mal und stelle mir seille und bei seinem Heimturnier ka musste aus gesundheitlichen Halle. Die Spieler seiner eigenen vor, was man mit diesem Geld alles in Basel. Auf seinen ersten Triumph Gründen ihre Karriere beenden. Nun Generation wie den Australier Lley- kaufen könnte. Ich habe immer musste er bis Mailand im Februar hält sie Roger in organisatorischen ton Hewitt und auch den Argenti- gern mehr als 50 Franken im Porte- 2001 warten. Drei Siege schaffte er Fragen den Rücken frei und hat gros- nier David Nalbandian dominierte monnaie. Ich fahre ja auch mit dem 2002. Mit dem Triumph bei den Mas- sen Anteil am Erfolg ihres Mannes. Federer nach Anlaufschwierigkeiten Zug und muss zwischendurch mal ters-Series auf Sand in Hamburg er- in seiner besten Zeit praktisch nach wieder etwas essen. Und wenn die zielte er bis dahin sein wertvollstes Belieben. Dass ihm der damals Kreditkarte mal nicht geht, dann Resultat. Im Jahr 2003 startete er mit Frauen allgemein 13-jährige Rafael Nadal einmal vor muss ich schon ein wenig Cash ha- sieben Turniersiegen durch. In Wim- der Sonne stehen könnte, war im ben.» bledon schaffte er den Durchbruch «Ich bin nicht der klassische Jahre 2010 für den Baselbieter na- Inzwischen staunt er wahrscheinlich bei den Grand-Slam-Turnieren. Mit Jäger und Aufreisser. Ich nehme türlich noch nicht abzusehen. Wäre nicht mehr, was für Summen auf dem Triumph beim Masters Cup zu es, wie es kommt. Wenn ich der Spanier vor fünf Jahren nicht den Checks stehen, die er kassiert. Abschluss der Saison war endgültig mich dabei wohl fühlen würde, wie ein Komet am Tennishimmel er- Knapp 57 Millionen Dollar hat er dort angekommen, wo ihn die Ex- dann könnte ich mir auch mal schienen, hätte Federer wohl in den nur an Preisgeld eingespielt. Von perten schon lange erwarteten. An ein kurzes Abenteuer vor- Jahren 2006 und 2007 den Grand den Werbeverträgen gar nicht zu die Spitze der Weltrangliste stürmte stellen, warum nicht. Aber Slam gewonnen und möglicherwei- reden. Das US-Magazin «Forbes» er am 2. Februar 2004. (MIC) ich bin erst 18 Jahre alt. se wäre er immer noch unangefoch- Ich will nicht als Sexsymbol ten die Nummer eins der Welt. dastehen und mich so TURNIERSIEGE VON ROGER FEDERER produzieren. Dann denken die Leute ja: Der Federer, Rummel SiegeSie *bis August 2010 der spinnt.» 12 dadavon Die kurzen Abenteuer hat- «Bis jetzt ist noch alles im Rahmen. GrGrand Slams ten sich nach Sydney erle- Gut, mit der Ruhe ist es vorbei. Ich 10 digt. Seither gilt Federer muss jetzt schon anfangen, mich als treuer und liebender vor gewissen Sachen zu schützen 8 Partner, was natürlich und nicht mehr alles mitzumachen. Von Cindy Craw- 6 ford träumte der nicht ausschliesst, dass Aber der Kontakt mit den Fans ist junge Roger Fe- er durchaus die Schön- natürlich wichtig. Ich unterschreibe 4 derer. Zur einer heit des weiblichen Ge- alle Autogrammkarten selber, lege Beziehung mit schlechts zu würdigen sie dann bereit und meine Eltern 2 dem Model und weiss. Hübsche Zuschau- verschicken sie.» der Schauspiele- erinnen auf der Tribüne Welchen Rummel er mal auslösen rin kam es nicht. fallen ihm und seinem würde, konnte er sich nicht vorstel- 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010*

BILD: MATT SAYLES/KEY Kumpel und Coach Seve- len. Schon lange kann er nicht mehr Quelle: ATP Grafik: Sonntag/Barbara Adank «Federer abzuschreiben, wäre der grösste Fehler» Der Sportpsychologe Christian Marcolli analysiert die Karriere des Tennisstars und rechnet auch in Zukunft noch mit grossen Siegen

Zu Beginn seiner Profi-Karriere tont Marcolli. Der Übergang bei Federer Erfolg zu suchen. sierten Umfeld habe Federer den ganz Marcolli Spekulationen, Federer sei jetzt zählte Roger Federer auch sei fliessend gewesen und gut gelungen, Dies zahlte sich im grossen Erfolg geschafft. «Aber er hat nie Papa und lasse das nun «auspläm- auch, weil Federer schnell wichtige Siege Wimbledonsieg 2003 abgehoben», sieht Marcolli einen Grund, pern». «Ihn abzuschreiben, wäre der während zweier Jahre auf die feierte wie im Februar 1999 gegen Carlos erstmals richtig aus. weshalb Federer so lange Jahre eine so grösste Fehler», betont Marcolli. Dass er Dienste des Sportpsychologen Moya, damals Nummer fünf der Welt. Für Federer selbst sei überragende Rolle spielte: «Roger verkör- nun zum bestehenden Trainerstab auch Christian Marcolli. Dieser ver- Mit den ersten Erfolgen seien die Er- der Achtelfinalsieg in pert immer die Demut und den Respekt mit trainierte, habe ge- folgt nun die Karriere seines wartungen gestiegen. «Aber da gabs kein Wimbledon 2001 zum Spiel.» Er liebe das Spiel über alles zeigt, dass er auch jetzt noch nach neuen Schützlings aus der Distanz. Vorbild in der Schweiz, Roger orientierte Christian über Sampras ein und respektiere vollends die Qualitäten Impulsen suche, ohne das bestehende sich an , oder Marcolli. Meilenstein gewesen. seiner Konkurrenten. Er wisse genau, Umfeld grundsätzlich infrage zu stellen. , die früh grosse Triumphe «Da erlebte er erst- was es brauche, welchen Aufwand, wel- Einige Niederlagen wie die gegen den Relativ reibungslos sei der sehr kritische feierten.» Es gab aber auch viele kritische mals den ganzen che Arbeit und welchen Willen, um eine stark spielenden Robin Söderling in Paris Übergang von der Junioren- auf die ATP- Stimmen, die behaupteten, dass man Rummel, die ganze Wucht der globalen so lange Erfolgsstrecke zu absolvieren. seien kein Drama. Das gehöre dazu. Tour verlaufen. Marcolli wirkte in den mit 20 ein Grand-Slam-Turnier gewin- Medien», sagt Marcolli. Wahrscheinlich Völlig normal findet es Marcolli, Und es wäre auch respektlos gegenüber Jahren 1998–2000 aktiv mit, sorgte un- nen muss, sonst schafft man es nie», habe ihn das im Viertelfinal den Sieg ge- dass Federer nun seine Kräfte etwas ein- den Kontrahenten. «Viele Leute in der ter anderem dafür, dass Federer bei den erinnert sich Marcolli. Doch Federer sei gen gekostet. Doch Federer teilt. Die Belastung zwischen 2004 und Schweiz können nicht einschätzen, was Junioren das Gefühl des Siegens auf- bei seinen Trainern – erst Peter Carter, habe eine neue wichtige Erfahrung ge- 2009 mit teilweise über 90 Matches pro Roger leistet. Er bewegt sich global auf ei- rechterhalten konnte, während er sich dann Peter Lundgren – und nicht zuletzt macht. «Eine seiner absoluten Stärken Jahr sei extrem hoch gewesen wie kaum ner Dimension, die den meisten Leuten gleichzeitig an den wesentlich höheren bei den Eltern stets in guten Händen ge- ist, dass er sich extrem schnell auf Neues bei einem anderen Spieler. «Das ist aber völlig unbekannt ist. Dies hat aber para- Rhythmus der Profis gewöhnte. «Wenn wesen. Die Strategie sei auf den langfris- einstellen kann, wenn er es einmal er- den wenigsten Leuten bewusst – ein Tur- doxerweise auch Vorteile. Roger kann ein Spieler zu früh ausschliesslich bei tigen Erfolg ausgerichtet gewesen, das lebt hat», sagt Marcolli. nier dauert für Roger meistens länger sich hier relativ ruhig bewegen und ei- den Profis spielt und immer verliert, ist ganze Talent in Federer zu wecken und Dank dem gezielten Aufbau, seinen als bei vielen Gegnern, weil er sehr oft im nem Hype, den es in vielen anderen Län- das für die Psyche keine gute Sache», be- zu fördern und nicht nur den schnellen Erfahrungen und seinem individuali- Final steht.» Nicht nachvollziehen kann dern gäbe, aus dem Weg gehen.» (MIC)