«Engeerhöhtdieaggressivität, Weitereduziertstress»
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10 Mittwoch, 21. Juli 2021 Zürich Jacqueline Fehr ruft Migranten zur «Enge erhöht die Aggressivität, Impfung auf Coronavirus Ein Video-Appell Weite reduziert Stress» der Regierungspräsidentin ist in 15 Sprachen untertitelt. Architektur und Psychiatrie Kliniken wie das Sanatorium Kilchberg bauen um, damit sich psychisch kranke «Für uns alle waren die letzten Menschen besser fühlen. Der ärzliche Direktor erklärt, was zeitgemässe Zimmer bieten müssen. Monate anspruchsvoll. Corona hat unser Leben dominiert», mit diesen Worten hat sich Regie- rungspräsidentin Jacqueline Susanne Anderegg «Die Patientinnen Fehr gestern in einer Videobot- schaft an die Zürcher Bevölke- Sie sind oft aggressiv gegen sich und Patienten rung gewendet. selber und gegen andere. Sie lei- Sie bedankt sich darin bei al- den unter Kontrollverlust, kön- monieren, dass sie len Zürcherinnen und Zürchern nen ihr Tun nicht mehr selber nirgendwo für das solidarische Miteinander steuern. Früher wurden schwer und hebt gleichzeitig den imagi- psychisch kranke Menschen allein sein können.» nären Mahnfinger: «Die Gefahr weggesperrt, aus der Gesellschaft ist allerdings noch nicht vorbei, entfernt. Sie verbrachten Monate Peter Hösly die Ansteckungen steigen wie- oder Jahre hinter den dicken Direktor Sanatorium Kilchberg der.» Sie appelliert deshalb im Mauern der psychiatrischen Kli- Namen des Regierungsrats an niken, die im 19. Jahrhundert die Bevölkerung, sich und die ausserhalb der Städte gebaut Mitmenschen weiterhin zu worden waren. Zum Beispiel die schützen. «Und der beste Schutz Waldau bei Bern oder die Zürcher ist die Corona-Impfung.» «Irrenheilanstalt Burghölzli». Diese Kliniken existieren bis bau zur bestehenden Klinik. Im heute. Auch geschlossene Abtei- neuen Haus, das vor drei Jahren lungen gibt es noch immer, doch eröffnet wurde, sind Privatstati- nimmt ihre Zahl ab. Eine ent- onen und eine Station für psy- scheidende Rolle spielt dabei die chisch kranke alte Menschen un- Architektur. Die Psychiatrie be- tergebracht. Es gibt ausschliess- findet sich aktuell in einem Er- lich Einzelzimmer, viel Holz und neuerungsprozess, ähnlich wie überall Pflanzen. er landesweit bei den Akutspitä- Der ärztliche Direktor Wolf- lern in Gang ist. ram Kawohl hält die Architektur «Buchen Sie noch heute einen Am radikalsten ist das Sana- für einen entscheidenden Faktor. Termin»: Jacqueline Fehr. Foto: TA torium Kilchberg. 1867 als «Pfle- An seinem früheren Arbeitsort in geanstalt» eröffnet, wurde es Königsfelden AG hat Kawohl sich Die Impfbereitschaft in Zürich 1904 in «Sanatorium» umbe- dafür engagiert, dass die Ein- sinkt. Es haben sind zwar bereits nannt. Der Name widerspiegelt gangsbereiche der Stationen in 46 Prozent der Bevölkerung voll- den damaligen Kurhauscharak- der neuen Klinik umgeplant wur- ständig impfen lassen. Nur Basel ter der Klinik. 2014 beschloss die den: offener und grosszügiger als und Schaffhausen haben eine ärztliche Leitung, Zwangsmass- zuerst vorgesehen. Jetzt gibt es höhere Quote. Doch inzwischen nahmen zu reduzieren, und liess dort Sitzecken und verglaste Sta- sind die meisten Impfwilligen mehrere geschlossene Abteilun- tionsbüros, von denen aus das geimpft. Das zeigt ein Blick in die gen umbauen. Nun geht das Sa- Personal die Menschen ein und Apotheken und Impfzentren: natorium noch einen Schritt wei- aus gehen sieht. «So kann man Haufenweise Termine sind offen. ter: Es will all seine Gebäude am die Türen offen lassen», sagt Ka- Jetzt gilt es, die Unentschlosse- historischen Standort verlassen wohl. «Wenn ein Patient wegge- nen zu mobilisieren. «Buchen Sie und auf dem Areal des Sanitas- hen will, kann man ihn anspre- noch heute einen Termin oder Spitals ennet dem Hügel eine chen. Das reicht meistens, um gehen Sie spontan in einem moderne Klinik bauen. Das See- ihn zurückzuhalten.» Impfzentrum vorbei», wirbt Fehr. Spital, zu dem das Sanitas seit Das Video ist in 15 Sprachen einigen Jahren gehört, konzent- Umgang mit Freiheit üben untertitelt: Deutsch, Englisch, riert sich auf den Standort Hor- Konsequenterweise würden in Französisch, Italienisch, Alba- gen und hat das Gelände in der neuen Klinik Königsfelden nisch,Arabisch, Spanisch, Portu- Kilchberg ans Sanatorium ver- nun diese Stationen offen ge- giesisch, Kroatisch/Bosnisch/ kauft. Dieses wird das Spital- führt, sagt Kawohl. «Das zeigt, Serbisch, Somalisch, Tamilisch, gebäude abreissen. dass die Architektur zur Gene- Türkisch, Tigrinya, Farsi/Dari sung beitragen kann. Die Patien- und Kurdisch-Kurmanci. Der Re- Raum für den Rückzug ten können üben, mit der Freiheit gierungsrat will in Zürich leben- Der Entscheid überrascht. Liegt umzugehen.» Auch im Schlössli de Ausländerinnen und Auslän- doch das Sanatorium wunder- in Oetwil ist die Eingangshalle der erreichen. Diese wurden in schön über dem Zürichsee, und gross, hell und durchgängig: Ein- den Medien zuletzt als «Impf- die verschiedenen Häuser, locker gang und Ausgang liegen einan- muffel» dargestellt. um einen grossen Park verteilt, der gegenüber. «Es gibt nichts machen einen gepflegten Ein- Beengendes», sagt Kawohl. Unwissenheit bekämpfen druck. Direktor Peter Hösly Noch ganz anders ist dies in Tatsächlich ist in Basel die Impf- nennt den Grund für den Um- der Psychiatrischen Uniklinik quote in der ausländischen Be- zugsentscheid: «Vor allem die Zürich (PUK). Wer das alte Ge- völkerung halb so hoch wie bei Gebäude aus den Sechziger- und bäude auf dem Burghölzli-Hügel den Schweizerinnen.Viele hätten Siebzigerjahren sind nicht mehr betritt, steht vor einer breiten keinen Zugang zu den staatlichen zeitgemäss mit ihren engen steinernen Treppe. Im Empfin- Informationen, sagt Kantonsarzt Zweierzimmern ohne Nasszellen. den der Patientinnen türmt sich Thomas Steffen dem SRF. «Wir Die Patientinnen und Patienten alles auf. Und in den Gängen mit haben eine stattliche Anzahl von monieren, dass sie nirgendwo «Weite reduziert Stress»: René Bridler, ärztlicher Direktor des Sanatoriums Kilchberg. Foto: Sabina Bobst den hohen Decken fühlen sie sich Migranten, die sich aus Unwis- allein sein können.» klein. Auch die Zimmer in der senheit nicht impfen lässt.» Für den ärztlichen Direktor PUK sind nicht mehr zeitgemäss: Vergleichbare Zahlen für Zü- René Bridler ist das ein wichti- Am bisherigen Standort verhin- und die Behandlungsprozesse mehrheitlich Zwei- und Dreibett- rich weist die Gesundheitsdirek- ger Punkt: «Enge erhöht die Ag- Vier Kliniken zur Auswahl dert ein Gestaltungsplan, dass optimal unterstützen.» Will heis- zimmer, viele ohne Nasszelle. tion nicht aus. Doch das Video gressivität. Für die Patienten ist zusätzliche Häuser gebaut oder sen: effiziente Arbeitsabläufe In dem denkmalgeschützten von Regierungspräsidentin Fehr es eminent wichtig, dass sie sich Im Kanton Zürich gibt es vier bestehende aufgestockt werden ermöglichen. Gebäude ist eine Modernisierung zeigt, dass auch Zürich um die in einen persönlichen Raum psychiatrische Kliniken, die einen dürfen. Der Park und ein Teil der Die Kosten für den Neubau nicht möglich. Die PUK will Impfquote der Diaspora besorgt zurückziehen können, um dort Leistungsauftrag des Regierungs Gebäude sind denkmalgeschützt. schätzt Hösly grob auf 100 Milli- deshalb ebenfalls neu bauen. ist. In der vergangenen Woche Ruhe zu finden.» Studien zeig- rats zur Behandlung von grund Hösly wie Bridler betonen, dass onen Franken. Die Investition Das Projekt ist Teil der Gebiets- wurden im Kanton wieder deut- ten, dass damit Aggression und versicherten Patientinnen und vom Umzug nicht nur die Pati- lasse sich auf verschiedene Arten planung Lengg, in die mehrere lich mehr Infektionen mit dem Zwang reduziert werden können. Patienten haben. Zwei gehören entinnen profitieren, sondern finanzieren, etwa durch eine Kre- Kliniken sowie Stadt und Kanton Coronavirus registriert. Jeden Vom Neubau gibt es zwar dem Kanton selber: die Psychiatri ebenso das Personal. Attraktive ditaufnahme auf dem Kapital- Zürich involviert sind. Laut Tag steckten sich zwischen 100 noch keine Pläne, doch zwei Din- sche Universitätsklinik (PUK) Arbeitsbedingungen sind ein markt. Entscheidend sei, dass die PUK-Mediensprecher Marc Stutz und 150 Personen an, gestern ge stehen bereits fest: Es gibt nur mit dem Stammhaus auf dem Vorteil, wenn es darum geht, im Besitzerin – das Sanatorium ist liegt noch kein konkretes Projekt waren es sogar 210. 29 Personen noch Einzelzimmer, und diese Burghölzli und die Integrierte angespannten Arbeitsmarkt für eine familiengeführte AG – sich vor, weshalb er auch nichts zu liegen wegen einer Coronavirus- sind alle gegen die Landwirt- Psychiatrie Winterthur Zürcher Gesundheitspersonal engagierte zum Betrieb bekenne und ihn den Kosten sagen könne. Klar ist Infektion im Spital. schaftszone ausgerichtet. Die Unterland (IPW) mit der Stamm Leute zu finden. Bridler: «Die weiterführen wolle. aber, dass der Neubau haupt- «Lassen Sie sich impfen,wenn Kranken werden also aus dem klinik im Schlosstal Winterthur. Mitarbeitenden haben als Men- sächlich Einerzimmer haben Sie können. Die Impfung ist gra- Fenster ins Grüne blicken. «Der Zwei Kliniken haben eine private schen dieselben Bedürfnisse Viel Holz, überall Pflanzen wird und dass die Patientinnen tis und Termine hat es genug», Bezug zur Natur fördert die Re- Trägerschaft: die Clienia Schlössli wie die Patientinnen und Pati- Bereits gebaut hat die Clienia und Patienten von jeder Station schliesst Jacqueline Fehr. generation, und Weite reduziert in Oetwil und das Sanatorium enten. Die Architektur soll offen Schlössli AG in Oetwil am See, in einen Aussenbereich gelangen Stress», sagt Bridler.